arbeitswelt - LN

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arbeitswelt - LN
DIE WIRTSCHAFT
Lübeck und Schleswig-Holstein
DIENSTAG, 24. SEPTEMBER 2013
Sparkasse zu Lübeck
ImmobilienCenter
EINZELVERKAUF: 1,90 ß
AUSGABE 02/13
A Auslandsbeziehungen
A Generation Y
A Sepa
A Wein als Geldanlage
Wenn es um den Handel mit fernen Ländern geht, liegen die USA, Russland, China und Indien vorn. Wir geben Einblick in die Bedingungen für
geschäftliche Beziehungen mit diesen Staaten, beschreiben die Perspektiven für einzelne Branchen und lassen Unternehmen aus der Region ihSeiten 4 bis 6
re Erfahrungen schildern.
Leben, um zu arbeiten – das war
einmal. Die „Generation Y“ hat andere Vorstellungen vom Berufsleben als alle anderen Generationen
zuvor. Sie interessiert sich weniger fürs üppige Gehalt oder den
großen Dienstwagen. Stattdessen
prägt sie Begriffe wie „Work-LifeBalance“ und fordert die Digitalisierung der Bewerbungsprozesse
ein. Damit stellt sie nicht nur die
Personalabteilungen unserer Unternehmen vor völlig neue HerausSeiten 9
forderungen.
Im kommenden Februar wird das
neuen Sepa-Zahlverfahren Pflicht
– und zwar für jeden Kontoinhaber. Die Umstellung hat bereits begonnen. Wir erklären, was dabei
Seite 15
wichtig ist.
Manche kennen ihn nur als Getränk. Doch immer mehr Menschen entdecken jetzt, dass Wein
auch ein vorzügliches Renditeobjekt ist. Aber auch dabei kann
man sich gründlich verspekulieren.Wer auf edle Tropfen setzt,
muss vor allem die Abläufe verstehen, mit denen ihr Preis festgelegt
wird und sich über die Jahre entwickelt. Und natürlich einen guten
Lagerort haben. Wie der Lübecker
Weinkenner Carl Johann TesSeite 18
dorpf.
Globale Geschäfte
Der internationale Handel hat Lübeck erfasst. Wie unsere Wirtschaft weltweit verflochten ist.
viele Unternehmen aus Lübeck
und Schleswig-Holstein ins Ausland zieht, gibt es umgekehrt auch
viele ausländische Investoren, die
sich für unsere Region interessieren. Und dahinter stecke eine alte
Geschichte, befindet Jan Herzberg, Projektleiter Unternehmensansiedlung bei der Wirtschaftsförderung Lübeck: „Die hanseatische
Tradition macht Lübeck auch im
21. Jahrhundert zu einem Investitionsstandort erster Güte in Nordeuropa. In unmittelbarer Nähe zu
Hamburg und Skandinavien laufen Logistikströme auf Straße,
Schiene und Wasser zusammen,
große Absatzmärkte in Nord- und
Mitteleuropa können schnell erreicht werden.“
Aber unabhängig davon, in welcher Richtung gehandelt wird:
Zoll- und Kontingentvorschriften,
kulturelle Barrieren und die schiere Distanz hemmen bis heute vielfach den globalen Handel. Die Dynamik der über die EU-Grenzen
hinausgehenden internationalen
Kooperationen zeigt jedoch vor allem eines: Die Entwicklung sicherer und verbindlicher weltweiter
Geschäftsverbindungen ist ein unumkehrbarer Prozess, der sich in
der Zukunft verstärkt fortsetzen
A
wird.
USA, Russland, China –
die Handelsverbindungen
der Unternehmen in
unserer Region gehen weit
über die Europäische
Union hinaus. Und die
ausländischen Investoren
im Großraum Lübeck
kommen längst nicht mehr
nur aus Skandinavien oder
Großbritannien.
Von Oliver Schulz
Lübeck global. Von der Hansestadt und den umliegenden Regionen aus werden im neuen Jahrtausend erfolgreich weltweit Geschäft gemacht.
sächlich einmal knapp unter hohen
Prognosewerten liegt. Dabei lassen sie sich auch nicht von Widrigkeiten entmutigen, die Teil eines jeden schnellen Aufholprozesses in
Schwellenländern sind.“ Aber
auch die USA würden wieder entdeckt: „Neben den bekannten international agierenden Konzernen
aus der Medizintechnik oder dem
Maschinenbau wagen heute erfreulich viele kleine und mittelgroße
Unternehmen den Schritt auf Drittlandsmärkte“, so Friederike C.
Kühn.
In den USA sind heute besonders Hersteller von Lebensmitteln
oder von Maschinen für die Ernährungsindustrie aus unserer Region
stark vertreten. In Russland sind neben den Maschinenbauern Betriebe aus sehr verschiedenen Branchen aktiv – wie etwa Automotive,
Energie, Nahrungsmittel und Gebäudetechnik. In Indien dominieren dagegen Werkzeughersteller,
Produzenten von chemischen Erzeugnissen, die Medizintechnik
und ebenfalls der Maschinenbau.
Doch ob das Logistikunternehmen, das sich in Russland ansiedeln will, oder der Lebensmittelhersteller, der die USA ins Visier
nimmt, ob schlechte Verkehrsinfrastruktur in Indien oder die Copy-
right-Probleme in China: Die Unsicherheiten und Fragen, wenn es
um ferne Investitionsziele geht,
sind zahlreich. Der Beratungsbedarf ist erheblich.
Deshalb unterstützt die IHK zu
Lübeck die internationalen Anstrengungen ihrer Mitgliedsbetriebe durch Einzelberatungen und
Fachseminare zu Fragen der Umsatzsteuerproblematik, der Exportkontrolle bis hin zu Vertragsangelegenheiten und Finanzierungsherausforderungen im Außenhandel.
Auch bei der eigentlichen Erschließung von Auslandsmärkten ist die
IHK Partner ihrer Mitgliedsunternehmen wenn es darum geht, einen geeigneten Markteinstieg
oder den optimalen Vertriebsaufbau zu erörtern.
„Enge Kontakte zu unseren Mitgliedsunternehmen ermöglichen
auch die Produktion fundierter Expertisen und Stellungnahmen“, erklärt Werner Koopmann, Geschäftsbereichsleiter International
der IHK zu Lübeck: „So schreiben
wir gerade im Verbund mit anderen IHKs an einer Empfehlung zu
Details des zu schließenden Freihandelsabkommens zwischen der
EU und den USA.“
Wichtiger Partner der IHK, wenn
es um das Geschäft mit dem nicht
zur Europäischen Union gehörenden Ausland geht, sind das Netz
der 80 deutschen Auslandshandelskammern (AHK) sowie die Wirtschaftsförderung und Technologietransfer
Schleswig-Holstein
GmbH (WTSH). Sie helfen kleinen
und mittelständischen Unternehmen beim Einstieg und loten gemeinsam die spezifischen Optionen aus.
Worauf diese Institutionen weniger vorbereiten, sind indes die kulturellen Besonderheiten in den jeweiligen Zielländern. Besonders in
asiatischen Ländern geben die Umgangsformen vielen Neuinvestoren richtiggehende Rätsel auf.
Gleichzeitig ist aber auch beobachten, dass sich Sitten und Etikette weltweit immer mehr angleichen. Zumindest in den Großstädten entwickelt sich eine internationalen Geschäftsatmosphäre. „Zum
Glück gibt es mittlerweile viele Chinesen, die im Ausland studiert haben, berichtet Business Development Managerin Kathrin Kessler
von der Firma Rako im südstormarnschen Witzhave. „Das erleichtert natürlich die Kommunikation
innerhalb des Unternehmens und
zwischen den Standorten.“
Auslandsgeschäfte sind aber nie
eine Sackgasse. Genauso wie es
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Die Hanse hat es vorgemacht. Vor
mehr als sieben Jahrhunderten brachen niederdeutsche Kaufleute
auf, um von Lübeck und anderen
Städten aus Handel mit den Ländern des europäischen Nordens zu
führen. Aus dem Zusammenschluss von Handeltreibenden, der
vor allem der Sicherung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen im
Ausland diente, entwickelte sich
im Laufe der Jahrhunderte eine internationale Vereinigung von Städten.
Heute scheint die Welt kleiner
geworden zu sein. Globalisierung
ist ein Begriff, der seit Jahrzehnten
auf zahlreiche Lebensbereiche angewendet wird – nicht nur auf ökonomische Beziehungen. Und deshalb ist es auch für die Lübecker
Wirtschaft schlicht gewöhnlich,
nicht nur in den europäischen
Nachbarländern aktiv zu sein. Sondern weltweit.
So stehen Hunderte Unternehmen aus der Region in direkten
Handelsbeziehungen mit Ländern
wie Russland und den USA, China,
Indien und den Länden das Nahen
Ostens. Zahlreiche Firmen haben
Niederlassungen oder Vertretungen in diesen Staaten. Und – ganz
ähnlich wie zu Zeiten der Hanse –
liegt auch heute auf Russland ein
starker Fokus der Lübecker Wirtschaft.
Besonders der Handel schleswig-holsteinischer Unternehmen
mit Nordamerika, dem Nahen und
dem Mittleren Osten sowie den
Staaten der ehemaligen Sowjetunion hat sich nach Angaben des Statistischen Amtes in den vergangenen Jahren dynamisch entwickelt.
Die Wirtschaft aus dem Großraum Lübeck hat daran maßgeblich Anteil. „Die Unternehmen im
IHK-Bezirk Lübeck haben sich in
den vergangenen Jahren von einer
rein europäischen Ausrichtung
weitgehend gelöst“, sagt Friederike C. Kühn, Präses der IHK zu Lübeck. „Sie sind dort präsent, wo
nachhaltig überdurchschnittliches
Wachstum nur noch dann eine
Schlagzeile wert ist, wenn es tat-
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DIE WIRTSCHAFT – Das neue Informationsblatt für Entscheider und Mitdenker in Unternehmen der Region Lübeck und Schleswig-Holstein.
2
Dienstag, 24. September 2013
INTERNATIONALER HANDEL
STANDPUNKT
„Unser Außenhandel
ist ein Erfolgsfaktor“
Von Reimer Böge
Mitglied des
Europäischen Parlaments.
Reimer Böge, Europaabgeordneter für Schleswig-Holstein (CDU).
A IMPRESSUM
DIE WIRTSCHAFT
Verlag und Druck:
Lübecker Nachrichten GmbH
Herrenholz 10-12, 23556 Lübeck
Tel. 0451/144-0
E-Mail: info@die-wirtschaft.info
Redaktion:
Tessa Maiborg (v.i.S.d.P.)
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Christian Risch
Oliver Schulz
Autoren und Fotografen:
Jürgen Adamek, Philipp Aissen,
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ziell der Ostseeraum haben das Potential, sich als zukünftige HauptWachstumsachse in Europa zu
etablieren und Schleswig-Holstein
kann an dieser Entwicklung teilhaben. Dafür müssen aber die richtigen Rahmenbedingungen gesetzt
werden, zu denen in erster Linie
auch eine zukunfts- und leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur gehört. Insofern fordere ich die Landesregierung auf, die 2008 in der
„Ahrensburger Liste“ durch die
norddeutschen Bundesländer beschlossenen Verkehrsprojekte so
schnell wie möglich zur Baureife zu
führen. Nur auf dieser Grundlage
können diese Projekte bei freiwerdenden Mitteln im Bundeshaushalt sofort umgesetzt, EU-Mittel
eingeworben und eine Entlastung
der vorhandenen Verkehrswege
herbeigeführt werden.
Darüber hinaus müssen die norddeutschen Bundesländer gemeinsam mit den nordeuropäischen
Nachbarn einen „Masterplan Nordeuropäische Infrastruktur“ erarbeiten. Zur Durchführung der notwendigen Sanierungs- und Baumaßnahmen ist es erforderlich, alle in
Frage kommenden Finanzierungsmöglichkeiten wie zum Beispiel Öffentlich Private Partnerschaften
oder die Anpassung der Gebühren
für Schwertransporte vorbehaltlos
zu prüfen. Darüber hinaus ist es
dringend notwendig, den anstehenden Finanzbedarf für Infrastrukturprojekte zu ermitteln und zeitnah
sinnvolle, neue Möglichkeiten der
Finanzierung umzusetzen. Außerdem bedarf es schnellerer Planungs- und Vergabeverfahren.
Nur wenn Nordeuropa mobil
bleibt, können wir in der globalisierten Welt des 21. Jahrhunderts
nachhaltigen Wohlstand für Schleswig-Holstein, Deutschland und Europa sichern. Die Landesregierung
muss ihrer Verantwortung für den
Ruf und das Ansehen des Wirtschaftsstandortes Schleswig-Holstein gerecht werden!
FINANZEN &
MARKETING
24 Lübeck regional
Investitionen und Einweihungen: Wichtige UnternehmensAktivitäten der vergangenen
Monate.
INHALT
SCHWERPUNKT
INTERNATIONALER
HANDEL
Seiten 1 bis 8
3 Lübeck international
Ernährungswirtschaft und
Logistik: In welchen Branchen
sich ausländische Unternehmen im Großraum Lübeck engagieren.
4 bis 6 Auslandsaktivitäten
USA und Russland, China und
Indien: In welchen Nicht-EULändern sind Unternehmen aus
unserer Region besonders aktiv? Welche Wirtschaftszweige
bieten die besten Chancen?
Welche Herausforderungen
und Perspektiven gibt es?
8 Der Russland-Experte
Interview mit Lutz Jürgensen,
der seit 1989 als „Türöffner“ für
deutsche Unternehmen in Russland arbeitet: „Die unübersichtlichen und extrem schwierigen
Zeiten sind vorbei.“
Seiten 15 bis 22
15 Sepa kommt
Im kommenden Jahr treten
neue Regeln für Banküberweisungen in Kraft – mit Kontonummern, die 22 Stellen haben.
ARBEITSWELT
Seiten 9 bis 14
16 Strategien und Stichtage
Richtig investieren: Steuern zu
sparen heißt nicht automatisch,
dass sich der Gewinn nach Steuern nachhaltig erhöht.
9 Generation Y
Wie eine neue Generation von
jungen Menschen die Arbeitswelt prägt.
10 Moin España
Mit welchen Angeboten Unternehmen und Institutionen ausländische Fachkräfte in die Hansestadt locken.
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November 2013
Der Außenhandel Schleswig-Holsteins hat sich zu einem wichtigen
Erfolgsfaktor für Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze entwickelt. Die Bedeutung lässt sich
auch anhand der Exportzahlen belegen. Im vergangenen Jahr sind
aus Schleswig-Holstein Waren im
Wert von 18,8 Milliarden Euro exportiert worden, was eine Steigerung von 2,9 Prozent im Vergleich
zu 2011 bedeutet. Seit dem Jahr
2000 stieg der Warenwert im Export ständig, abgesehen von einem Einbruch im Jahr 2009 (14,8
Milliarden Euro). Vor 13 Jahren
lag der Wert noch bei 10,7 Milliarden Euro und stieg bis heute um 74
Prozent.
Gerade dem Handel mit Dänemark kommt eine überragende Bedeutung zu. Dorthin wurden Waren im Wert von 1,5 Milliarden
Euro abgesetzt. Danach folgen die
Vereinigten Staaten (1,32 Milliarden Euro), die Niederlande (1,29
Milliarden Euro) und das Vereinigte Königreich (1,25 Milliarden
Euro). Die bedeutendsten Märkte
für Schleswig-Holstein sind die europäischen Länder, die alle zusammen im vergangenen Jahr Waren
im Wert von 12,7 Milliarden Euro
(68 Prozent der gesamten Auslandslieferungen) aus Schleswig-Holstein bezogen.
Dass der Handel eine wichtige
Bedeutung für Schleswig-Holstein
hat, erklärt sich ebenfalls aus seiner geografischen Brückenfunktion für die gesamte Bundesrepublik. Schleswig-Holstein ist das
deutsche Tor zu den skandinavischen Ländern und gleichzeitig für
unsere nördlichen Nachbarn der
Zugang zu Mittel- und Westeuro-
pa. Dadurch wird ein Großteil des
deutschen Außenhandels über die
Häfen in Schleswig-Holstein, aber
natürlich auch in Hamburg abgewickelt und so ein wichtiger Anteil
am gesamtdeutschen Bundesinlandsprodukt erwirtschaftet.
Experten prognostizieren auch
in den kommenden Jahren einen
weiteren Aufschwung des Handels
in Schleswig-Holstein, auch getrieben durch die Ostseeregion, die
der dynamischste Wirtschaftsraum
in Europa ist. Die Länder im Ostseeraum glänzen durch Wachstum
und Innovation. Durch die europäische Brille betrachtet ist die Ostsee
seit der Erweiterung 2004 nahezu
ein „Binnenmeer“ geworden.
Trotz zahlreicher Unterschiede in
wirtschaftlicher, ökologischer und
kultureller Hinsicht bilden die Ostseeanrainer einen „Binnenraum“
und sind in vielfältiger Weise eng
miteinander verbunden. Eine Erfolgsgeschichte, die stark an jene
der Hanse erinnert.
Aufgrund der „EU-Strategie für
den Ostseeraum“ – übrigens der
ersten spezifischen Regionalstrategie – erfährt die Ostseeregion in
letzter Zeit zusätzliche politische
Impulse und eine erhöhte Aufmerksamkeit. Ziel der Strategie ist es,
die Anstrengungen verschiedener
Akteure auf unterschiedlichen Ebenen aufeinander abzustimmen.
Schwerpunkte zur Zusammenarbeit sind dabei: Bemühungen zur
Steigerung des Wohlstands, bessere Infrastruktur, Förderung der Sicherheit und eine nachhaltige Umwelt. Auch im Hinblick auf die
nächste Förderperiode der EUStrukturpolitik ab 2014 gilt es, diesen Umstand zu nutzen. So werden
verstärkt Initiativen und Projekte
förderfähig sein, die Themenbereiche der EU-Strategie EUROPA
2020 aufgreifen.
Straßen, Brücken, Schienen und
Wasserwege in Schleswig-Holstein sind die Lebensadern ganz
Nordeuropas. Nordeuropa und spe-
11 Eine Kita gründen Dabei gibt es genaue Vorschriften zu beachten.
Manchmal sind Alternativen sinnvoller.
Fotos: Klüver/Adamek/fotolia
3 Lübeck international Der Hafen ist ein wichtiger Standortvorteil.
11 Eine Kita gründen
Bestimmungen und Gesetze:
Was bei der Gründung einer
Kindertagesstätte im Unternehmen zu beachten ist. Und wie
man dafür Unterstützung bekommt.
17 Geld für den Mittelstand
Mit welchen Finanzierungsprogrammen kleine und mittlere
Unternehmen „flüssig“ bleiben
können.
25 Termine
Messen und Veranstaltungen
in der Region
26 Selbstorganisation
Coach Kristine Qualen erklärt,
wie man zwischen E-Mails, Präsentationen und Terminen im
Berufsalltag einen ruhigen Kopf
bewahrt.
27 Mit dem Fischer unterwegs
Quoten, Maschengrößen und
die Frage der Nachhaltigkeit:
Ein Morgen auf Dorschfang mit
einem langjährigen Fischer in
der Lübecker Bucht.
18 und 19 Köstliche Rendite
Kenner setzen auf Wein. Nicht
um ihn zu trinken – sondern zu
lagern. Und damit beträchtliche
Gewinne zu erzielen.
12 und 13 Fremde Sitten
Die Traditionen und die Mentalität in fremden Ländern zu verstehen, ist unerlässlich, um dort
Geschäfte zu machen. Was in
verschiedenen Kulturkreisen
zur Etikette gehört. Und welche
Fettnäpfchen drohen.
20 und 21 Online-Kaufglück
Internet-Shops werden immer
beliebter. Was beim Aufbau des
elektronischen Geschäftes zu
beachten ist.
14 Survival-Training
Frei sein und stark sein – wie
Survival-Training gestressten
Büromenschen hilft, wieder zu
sich selbst zu finden. Eine Reportage über 30 Stunden Überlebensübungen in einem Wald
bei Bad Malente.
Seiten 23 bis 28
PANORAMA
23 Hansebelt
Die Region Hansebelt will im
Verbund mit Hamburg und
dem Öresund Wissensregion
Nummer eins in Europa werden.
20 und 21 Online-Kaufglück
Unternehmen müssen auf digitalisiertes Konsumverhalten reagieren.
DIE WIRTSCHAFT – Das neue Informationsblatt für Entscheider und Mitdenker in Unternehmen der Region Lübeck und Schleswig-Holstein.
Dienstag, 24. September 2013
3
INTERNATIONALER HANDEL
Hafen und Gewerbegebiete, Straßenverbindungen und Naherholungsgebiete machen Lübeck interessant für ausländisches Kapital.
Foto: Jürgen Adamek
AUSLÄNDISCHE UNTERNEHMEN IN LÜBECK
Investitionen in hanseatische Tradition
Im Zentrum europäischer Verkehrsströme und mit starkem Fokus auf die Ernährungswirtschaft lockt die Region ausländische Investoren.
Mehr als 200 000
Einwohner in der Stadt
selbst, ein Einzugsgebiet
von 6,5 Millionen
Menschen, hervorragende
Bildungs-, Kultur- und
Freizeitmöglichkeiten:
Lübeck ist eine attraktive
Region für ausländisches
Investment.
Von Oliver Schulz
Vor allem die Verkehrsinfrastruktur ist ideal: Die Hansestadt ist
gleichzeitig Europas südwestlichster Ostseehafen und verfügt über
eine kurze Anbindung an die Region Hamburg. Als ein zentraler Knotenpunkt liegt Lübeck an der Autobahn 1, die Westeuropa auf einer
geraden Linie mit Skandinavien
verbindet. Die Ostseeautobahn
A20 dagegen öffnet Lübeck auch
auf dem Landwege den baltischen
Raum.
Zudem lockt Lübeck internationale Investoren mit einer großen
Zahl von hoch qualifizierten und
spezialisierten Arbeitskräften. So
studieren rund 8000 Menschen an
den Lübecker Hoch- und Fachhochschulen.
Als „weicher“ Faktor kommt die
hohe Lebensqualität hinzu: Welche Stadt bietet sonst eine solche
Verbindung von Natur direkt vor
der Haustür und einer kulturellen
Tradition, die ihresgleichen sucht?
Bekannte ausländischen Unternehmen, die die Vorteile der Region erkannt haben, sind zum Beispiel die Firmen Campbells und
B/E Aerospace, Honeywell und
SPX aus den USA sowie Bluestar Silicons, die in den USA, China und
Frankreich aktiv sind.
Die meisten Investoren kommen
laut Jan Herzberg, Projektleiter Unternehmensansiedlung bei der
Wirtschaftsförderung Lübeck, aus
den USA, dem Vereinigten Königreich, Schweden und Finnland.
„Die technologische Kompetenz
von Einzelunternehmen führte dazu, dass ausländische Firmen Interesse bekamen und die Unternehmen aufkauften oder als Partner
einstiegen. In Lübeck ansässige
Spezialmaschinenbauer wie Gerstenberg Schröder oder spezialisierte
B2B-Zulieferbetriebe
wie
G. C. Hahn sind gute Beispiele für
das Interesse aus dem angloamerikanischen Raum.“ Gerstenberg
Schröder wurde jüngst von SPX
übernommen, der Lebensmittel-
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von dem britischen Unternehmen
Tate & Lyle.
Schwerpunkte der ausländischen Aktivitäten im Großraum Lübeck sind Spezialmaschinenbau,
Flugzeugteile, Chemie, Ernährung, Logistik und Medizintechnik.
Ein besonderer Fokus liegt auf
der in unserer Region starken Ernährungswissenschaft. Mit etwa
100 Unternehmen stellt sie im Großraum Lübeck nicht nur den größte
Produktions-Cluster sondern auch
den drittgrößten Export-Cluster
dar. Die Wirtschaftsförderung Lübeck beziffert den Branchenumsatz auf jährlich etwa 550 Millionen
Euro.
Für ausländische Investoren besonders interessant ist die exzellente Infrastruktur für diese Branche,
mit einer großen Anzahl von Serviceanbietern und einer starken Zulieferindustrie. Landwirtschaft und
Fischerei, Verpackungsindustrie
und Anlagenbau, der starke Logistiksektor, ein breit aufgestellter Medien- und IT-Sektor sowie Labore
und Forschungseinrichtungen bilden ein hochentwickeltes Netzwerk – und somit eine breite Basis
für die Nahrungsmittelindustrie in
der Region.
Für Schlagzeilen sorgte vor drei
Jahren die Übernahme des Maschi-
nenbauunternehmens
Gerstenberg Schröder durch die amerikanische SPX. Das traditionsreiche Lübecker Unternehmen stellt Maschinen für die Herstellung von Margarine, Butter und andere Produkte
her. Infolge der Übernahme wurden Teile der Produktion aus Lübeck nach Polen verlegt und Mitarbeiter entlassen, Beobachter gehen davon aus, dass der Standort
Lübeck mittelfristig aufgelöst
wird.
Dennoch ist SPX ein gutes Beispiel für das Interesse eines ausländischen Unternehmens im Großraum Lübeck. „Die Region hat eine
lange Geschichte im Lebensmittelbereich, zudem gibt es für diesen
Bereich spezielle Bildungsangebote“, sagt Derek Read, General Manager von SPX Flow Technology in
Lübeck. Entgegen den Annahmen,
der Standort Lübeck könnte geschlossen werden, betont er dessen
Bedeutung: „Unsere Niederlassung in Lübeck ist das Zentrum für
den Verkauf, Projektmanagement,
Konstruktion und Nachrüstung für
einen internationalen Kundenstamm. Sie ist nahe an Hamburg gelegen, was Reisen zu Kunden ermöglicht. Unsere Exporte gehen
entweder über den Hamburger
Flughafen oder den dortigen Hafen.“
Die günstige Verkehrslage be-
dingt auch die Stärke der Logistikindustrie in der Region. Laut Wirtschaftsförderung Lübeck sind
mehr als 5000 Beschäftigte in 140
Unternehmen der Lübecker Logistikwirtschaft tätig, davon arbeitet
ein Großteil direkt mit dem Lübecker Hafen oder den regionalen
Verladebetrieben
zusammen.
Rund 200 000 Neufahrzeuge werden per annum aus in den gesamten Ostseeraum verschifft, 3,5 Millionen Tonnen Papier- und Forstprodukte werden jedes Jahr umgeschlagen.
Entsprechend stark ist auch in
dieser Branche das internationale
Engagement. Ein bekanntes Beispiel ist die B/E Aerospace. Das Unternehmen war bis 2003 Teil der
Dräger GmbH. Heute bietet B/E
Aerospace Lübeck eine große
Bandbreite von Sauerstoffgeräten
an, etwa für den Airbus oder den
Eurofighter. Knapp 300 Angestellte und Zulieferer arbeiten nach Angaben des Unternehmens in Lübeck. Die meisten kommen demnach aus Lübeck und aus Mecklenburg Vorpommern.
Dede Potter, Sprecher von B/E
Aerospace, betont die Bedeutung
des Standorts innerhalb des Konzerns: „In Lübeck geht derzeit die
Entwicklung des Sauerstoffsystems und des Passenger-ServiceUnit-Systems für den Airbus A350
XWB in die Endphase. Da die Zahl
der Auslieferungen des A350 in
den kommenden Jahren ansteigen
werden, wird dies das Wachstum
der Niederlassung beschleunigen.“ Zahlreiche weitere Programme seien in der Entwicklung. „Die
Niederlassung in Lübeck bleibt zudem Weltführer bei der Entwicklung und Produktion von chemischen Sauerstoff-Generatoren für
Flugzeuge und wird diese Expertise ebenso weiter ausbauen wie die
Reparaturkapazitäten für Boeing
in Europa und dem Mittleren Osten.“
Trotz des Interesses ausländischer Investoren und des günstigen Umfeldes bemängelt Jan Herzberg von der Wirtschaftsförderung
Lübeck, dass die Voraussetzungen
für ausländische Investitionen
schlechter würden: „Genehmigungsprozesse für Bauvorhaben
werden komplexer, da die Anforderungen von Seiten der Unternehmen sowie Verwaltung und Verbänden steigen.“ In der Zukunft
würden auch Kaufverträge noch
komplexer, um alle Eventualitäten
abzubilden. „Investitionen werden
damit nicht leichter.“ Gleichzeitig
geht er aber davon aus, dass die
Gründungsneigung im Bereich der
Hochschulen steigen werden: „In
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w w w. j a l o u c i t y. d e
DIE WIRTSCHAFT – Attraktiver Standort: Wie Ernährungswirtschaft und Logistik, Wissenschaft und grünes Wohnen internatioale Investoren locken.
4
Dienstag, 24. September 2013
INTERNATIONA
Ob Moskau oder die Ostseehäfen – Russland war unserer Region schon immer nah. Nach dem WTO-Beitritt im vergangenen Jahr wird eine weitere Intensivierung des Handels erwartet.
Fotos: sborisov, E.O. / Fotolia (2), Archiv / Rako
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Russland ist abhängig von externen Impulsen. Und die heimischen Unternehmen stärken ihre internationale Ausrichtung.
Gut 20 Unternehmen aus dem Bezirk der IHK zu Lübeck
lassen sich in Russland vertreten, weitere fünf sind mit
Niederlassungen präsent, 200 stehen von
Schleswig-Holstein aus in direkten Geschäftsbeziehungen
mit russischen Unternehmen. Darunter sind zunehmend
auch Dienstleister wie etwa Ingenieurbüros.
Von Fabian Joeres
Der Kreis der Unternehmen aus
dem Bezirk der IHK zu Lübeck spiegele die Streuung des Unternehmensbesatzes wider, sagt Werner
Koopmann, Geschäftsbereichsleiter
International bei der IHK zu Lübeck.
„Wir finden also Maschinenbauer
unterschiedlicher Spezialisierung
wie beispielsweise Automotive oder
Energie sowie Nahrungsmittel, aber
auch Gebäudetechnik.“
Russland werde es in den nächsten Jahren nicht gelingen, endogene Wachstumsschübe freizusetzen,
so dass die Abhängigkeit von externen Impulsen hoch bleibt: „Also
nimmt der Druck auf Mittelständler
zu, nicht nur Handel mit Russland zu
treiben, sondern sich vor Ort niederzulassen. Nach wie vor fehlen in
Russland Strukturen und Institutionen, die ein Engagement vor Ort erleichtern würden. Die nicht müde
werdende Hoffnung auf dauerhaftes Wachstum und ein liberales Wirtschaftsregime und nicht zuletzt die
enorm steigende Kaufkraft im Land
bleiben auch für unsere Unternehmen hochattraktiv.
Das bestätigt Mirco Nowak, stellvertretender Vorsitzender der Russisch-Deutschen Handelsgilde in
Hamburg: „Russland ist ein dynamischer Markt mit hervorragendem
Entwicklungspotenzial.“ Und es ist
ein hungriger Markt, der von expansionswilligen Unternehmen der EU,
insbesondere aus Deutschland, bedient werden will.
Um bestehende Handelsbeziehungen zu festigen und Unsicherheiten zu beseitigen, trat Russland im
vergangenen Jahres als 156. Mitgliedstaat der WTO bei. Mit Erfolg,
glaubt man dem Handelsexperten.
„Grundsätzlich besteht in Russland
heute eine wesentlich höhere
Rechtssicherheit bei Transport, Zoll
und Abgaben, als dies noch vor einigen Jahren der Fall war“, so Nowak.
Auch sei man im „Besonderen bestrebt, ausländische Investoren zu
begleiten und gegen Behördenwillkür zu schützen“. Wirtschaftsexperten, wie auch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler, hatten nicht zuletzt aus diesen Sicherheitsgründen
den Beitritt begrüßt. Schließlich sei
mit dem Land auch „die letzte große
Volkswirtschaft der Organisation
beigetreten“.
Die Hoffnungen, den russischen
Markt künftig noch besser bedienen
zu können, waren groß; trug doch allein die deutsche Wirtschaft im Jahr
2012, vertreten durch 6 300 Firmen,
die in Russland aktiv sind, rund
35 Prozent der EU-Exporte nach
Russland. Deutschland ist zweitgrößter Handelspartner Russlands nach
China. Als Initialzündung für den
Ausbau der Beziehungen sollten
gleich nach dem offiziellen Anschluss die Vereinfachung der
Marktzugangsbedingungen ausländischer Firmen in zahlreichen
Dienstleistungssektoren
sorgen,
ebenso wie die Anpassung russischer Außenhandelsprozedere an
WTO-Standards. Auch Senkungen
der allgemeinen Importzölle von
ehemals zehn Prozent auf 7,8 Prozent sollten den Handel beleben. Industriegüter wurden nur noch mit
7,3, statt der ehemals 9,5 Prozent versteuert, Agrarprodukte nur noch mit
10,8, statt der ehemaligen 13,2 Prozent. Insbesondere die deutsche Automobil- und Investitionsgüterindustrie rechnete sich damals massive Exportchancen aus; für deutsche Firmen allein sollten sich jährlich insgesamt rund eine Milliarde Euro an
Zolleinsparungen ergeben. So weit
die Theorie. Doch wie gestaltet sich
der Handel mit Russland in der Praxis, wie bewerten Experten die Handelsbeziehungen mit Russland aus
heutiger Sicht?
Annette Moritz, Außenwirtschaftsberaterin von der Agentur
Wirtschaftsförderung und Technologietransfer in Schleswig-Holstein
(WTSH), hat sich die Pflege der Handelsbeziehungen Schleswig-Holsteiner Unternehmen mit Russland,
aber auch die Erstberatung für an einer Expansion interessierte Firmen
nach Russland zur Aufgabe gemacht. Die Außenhandelsexpertin
erklärt den Ursprung der guten Handelsbeziehungen beider Länder bereits mit den frühen Aktivitäten der
Hanse, der Anschluss des Landes an
die WTO hätte diese Beziehungen
nur noch weiter intensiviert. Insbesondere die Ostseehäfen beider Länder, wie die russische Exklave Kaliningrad und die schleswig-holsteinischen Hafenstädte Kiel und Lübeck,
hätten schon immer Zeugnis für einen intensiven Austausch beider
Länder abgelegt.
Der Handel wächst stetig
Heut wachse der Handel beider
Länder miteinander stetig. Insbesondere Produkte und Leistungen aus
Schleswig-Holstein, wie Güter der
maritimen Wirtschaft, Transport-Logistik, der Ernährungwirtschaft, Medizintechnik und Umwelttechnik,
werden in Russland besonders nachgefragt, so Moritz. Daher suchten
russische Firmen heute stärker aktiv
nach Kontakten zu deutschen Unternehmen, als noch vor fünf bis sechs
Jahren. Sei es über das Internet,
oder aber die klassische Fachmesse.
Moritz erklärt dies mit einer stärkeren internationalen Ausrichtung rus-
sischer Firmen. Auch dies sei dem Internet geschuldet – Kontakte ließen
sich leichter aufbauen und pflegen,
Suchmaschinen erleichterten die
Akquise.
Ein Unternehmen, das sich bereits erfolgreich am russischen
Markt etablieren konnte, ist die Firma dls. Die Logistikexperten mit Firmensitz in Siek erwirtschaften in
Russland im Jahr 2012 bereits 14 Millionen Euro Umsatz – Tendenz steigend. Die Zahlen der Firma spiegeln wider, was sich Wirtschaftsexperten vom Betritt der Föderation an
die WTO erhofft hatten, nämlich einen Ausbau der Geschäftsbeziehungen: „Für uns ist Russland der
Hauptwachstumsmarkt schlechthin“, sagt May-Britt Schrader, Leiterin der Abteilung Seehafen, Stückgut und Vertrieb der Firma dls. „Da
wir die gesamte Logistikkette anbieten, von Transport, über Verzollung
bis hin zur Lagerung, haben wir einen starken Kundenzulauf von deutschen und russischen Unternehmen.“ Aufgrund der großen Nachfrage habe das Unternehmen die
Manpower in Russland erst kürzlich
stark ausgebaut.
Ein Selbstgänger sind diese Aktivitäten allerdings nicht, betont Annette Moritz vom WTSH. „Wirtschaftliches Engagement in Russland kann nur dann erfolgreich sein,
wenn man einige Punkte beherzigt“, so die Außenhandelsexpertin.
„Man muss präsent sein und das bestehende Netzwerk pflegen.“ Außerdem müsse man sich bedingungslos auf das Land und die Mentalität
seiner Bewohner einlassen können.
Dies ließe sich jedoch fast ausschließlich mit russisch-sprachigen Mitarbeitern erreichen, wenn diese auch
mit den Gepflogenheiten vor Ort vertraut seien. Die Beobachtung teilt
auch May-Britt Schrader von der
Firma dls: „Da die Ansprüche in
den Regionen sehr unterschiedlich sind, pflegen unsere Kontakte zu russischen Unternehmen
ausschließlich Mitarbeiter aus
dem jeweiligen Kulturkreis“.
Neben den kulturellen Unter-
schieden als Hemmnis gibt es laut
Moritz für einige Produkte zudem
noch immer Bestimmungen, die den
Handel erschweren. Als Produktgruppen nennt die Wirtschaftsexpertin insbesondere Medizintechnik
und Güter der Ernährungswirtschaft, die teilweise komplizierte
und aufwendige Zertifizierungen
und Registrierungen erfordern.
„Sind diese Bestimmungen jedoch
erfüllt“, so Moritz weiter, „stellen
sich schnell positive Erfahrungen
ein“.
Für interessierte Firmen bieten
die IHK, die Deutsch-Russische Auslandshandelskammer, das WTSH
mit seiner Dependance SchleswigHolstein Business Center (SHBC)
Russland und die deutsch-russische
Handelsgilde zahlreiche Möglichkeiten, potentielle Handelsbeziehungen zu analysieren. Die Dienstleister stellen Know-how zur Verfügung, um Kontakte herzustellen, Geschäftsreisen zu organisieren oder
bei Korrespondenzen zu helfen. A
Ost-Ausschuss der
Deutschen Wirtschaft
Haus der Deutschen Wirtschaft
Breite Straße 29
10178 Berlin
Tel: +49 30 2028-1452
www.ost-ausschuss.de
Industrie- und
Handelskammer zu Lübeck
Fackenburger Allee 2, 23554 Lübeck
Werner Koopmann
Geschäftsbereichsleiter International
E-Mail: koopmann@ihk-luebeck.de
Tel.: 0451 / 60 06 240
Johanna Schubring
Referentin International
E-Mail: schubring@ihk-luebeck.de
Tel.: 0451 / 60 06 243
DIE WIRTSCHAFT – Zunehmende Internationalisierung in Russland, Verhandlungen über Transatlantische Union mit USA, wiedererstarkende Konjunktur in China:
Dienstag, 24. September 2013
ALER HANDEL
5
USA
Der lange Weg
zur Wiederbelebung
Der transatlantische Handel soll frischen Wind bekommen. Noch
hangeln sich deutsche Firmen durch Zölle und Kontingentvorschriften.
Kommt die Transatlantische
Handelsunion? Die USA
sind ein beliebtes Ziel für
Expansionen. Doch der
Handel wird durch ein
Konvolut von Vorschriften
gehemmt.
Von Fabian Joeres
Die Binnenmärkte der USA und Europas haben eine Gemeinsamkeit –
beide schwächeln seit der Krise vor
fünf Jahren. Nun sucht man gemeinsam nach Möglichkeiten, die Märkte wiederzubeleben. Eine Möglichkeit, die zurzeit in Betracht gezogen
wird, ist die Transatlantische Handelsunion.
Die Verhandlungen darüber werden wahrscheinlich Jahre dauern,
der Ausgang ist ungewiss. Und dennoch: Es gilt, dem wirtschaftlich aufstrebenden asiatischen Kontinent,
in erster Linie China und Russland,
Paroli zu bieten und das niedrige
Wachstum der eigenen Binnenmärkte anzukurbeln. Deshalb haben sich
Spitzenvertreter der EU und der
USA im Juli entschlossen, intensiv
über das Abkommen zu verhandeln. Man will Handelshemmnisse
wie Zölle oder Import-Kontingente
abschaffen, um die wirtschaftliche
Integration beider Staatenverbunde
zu fördern.
So führen ständig wechselnde
Einfuhrvorschriften, umfangreiche
Dokumentationspflichten und spezielle Zertifizierungsanforderungen
oft zu Problemen. Das kostet Zeit,
Geld und Nerven. Daher fordern
deutsche Unternehmen die Vertreter der Europäische Kommission
und die Bundesregierung auf, diese
Hemmnisse auf politischer Ebene
anzusprechen auf Erleichterungen
zu drängen.
Trotz dieser Schwierigkeiten standen die USA 2012 für gut ein Drittel
des Exportwachstums SchleswigHolsteins. Rund 30 Unternehmen
aus dem IHK-Bezirk Lübeck sind
mit Auslandsvertretungen und etwa
15 mit einer Niederlassung in den
USA präsent, darunter Hersteller
von Lebensmitteln oder von Maschinen für die Ernährungsindustrie. Insgesamt ist der Maschinenbau stark
vertreten. „Darüber hinaus zählen
wir insgesamt gut 150 Unterneh-
men, die über Handelsbeziehungen, Lizenzen und so weiter mit den
USA verbunden sind“, sagt Johanna Schubring, Referentin des Geschäftsbereichs International der
IHK zu Lübeck: „Treibende Faktoren für den Handel mit den USA
sind die Entwicklung auf den Energiemärkten und eine damit einhergehende ganz grundsätzliche Wiederbelebung der US-Industrie.
Auch der IT-Industrie in den USA
mit ihren Giganten von Apple bis
Google werden wesentliche, von hoher Innovationskraft getragene
Wachstumsschübe vorhergesagt,
die auch andere Wirtschaftszweige
revolutionieren könnten.“
Ein Unternehmen aus unserer Region, das in den Vereinigten Staaten aktiv ist, ist die Firma hela aus
Ahrensburg. Der Hersteller des bekannten Gewürzketchups hat den
US-Markt in den Fokus genommen,
da US-Kunden mit entsprechenden
Konsumgewohnheiten, also mit Interesse an den Produkten der Firma,
aufwarteten. Noch steckt die Unternehmung in den Kinderschuhen.
Stefan Schult Geschäftsführer der
Hela Gewürzwerk Hermann Laue
GmbH ist dennoch optimistisch:
„Der amerikanische Handel ist sehr
anspruchsvoll und selektiert sein
Produktportfolio genau. Als deutscher Hersteller genießen wir aber
einen Vertrauens- und Markenbonus, da deutsche Produkte einen guten Ruf haben.“
Bis ein Produkt aber erfolgreich
am amerikanischen Markt etabliert
ist, sind einige Hürden zu überwin-
den. Im Fall Helas liegen diese besonders hoch. „Um Lebensmittel in
den USA zu verkaufen, ist die Registrierung der Produkte bei der FDA
(U.S. Food and Drug Administration) unerlässlich. Dabei sind spezifische, von der FDA festgelegte Kriterien zu erfüllen, die mittels Fragebogen oder auch durch Besuch eines
Inspekteurs abgeprüft werden“,
sagt Schult.
Der Geschäftsführer empfiehlt an
der Expansion interessierten Firmen den direkten Weg zu Konsulaten oder zu Organisationen wie der
„Food Made in Germany“. Die haben sich darauf spezialisiert, deutsche Lebensmittelhersteller bei
dem Aufbau eines Exportgeschäfts
unter anderem in die USA zu unterstützen.
Und diese Unterstützung ist für
unerfahrene Firmen durchaus hilfreich, denn die Unterschiede sind
vielfältig und beginnen schon bei
den Geschäftsformen von US-Firmen. Da sich diese teilweise sogar
von Bundesstaat zu Bundesstaat unterscheiden, sind kompetente Ansprechpartner vor Ort durchaus sinnvoll, um ein böses Erwachen zu verA
meiden.
ANSPRECHPARTNER
Experten
für Amerika
Industrie- und
Handelskammer zu Lübeck
Fackenburger Allee 2, 23554 Lübeck
Werner Koopmann
Geschäftsbereichsleiter International
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Johanna Schubring
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Mitarbeiter richten ein Etikett an einer Druckmaschine der Firma Rako in Hangzhou im Osten Chinas Landes ein.
CHINA
Auf Erholungskurs
Die chinesische Wirtschaft scheint aus der Talsohle hinaus
zu kommen. Und bietet gute Aussichten für Investoren.
Hatte das chinesische
Wirtschaftswachstum sich
zuletzt abgeschwächt, so
werden jetzt wieder positive
Daten gemeldet. Wer in der
Volksrepublik aktiv ist, darf
sich unter anderem über
einen riesigen Absatzmarkt
freuen. Und über
mangelndes Copyright
ärgern.
Von Oliver Schulz
Nach einer langen Flaute ist endlich
wieder Licht am chinesischen Konjunkturhimmel zu sehen: Die Außenhandelsbilanz für den Juli verzeichnete einen Zuwachs der Exporte um
5,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Auch die Importe stiegen um 10,9 Prozent. Im Juni waren
die Exporte im Jahresvergleich um
3,1 Prozent gesunken.
Die „weichen“ Stimmungsindikatoren hellten sich ebenfalls auf. So
ist nach Angaben der Großbank
HSBC der von ihr ermittelte Einkaufsmanagerindex für die Industrie von Juli auf August um 2,4 Punkte auf 50,1 Zähler gewachsen – der
höchste Wert seit vier Monaten.
Das dürfte sich auch auf den Handel zwischen Schleswig-Holstein
und der Volksrepublik auswirken.
Importe aus China in unser Bundesland hatten nach Angaben des Statistischen Amtes im Jahr 2005 einen
Umfang von 2,8 Milliarden Euro,
2011 betrug das Volumen rund drei
Milliarden Euro. Der Umfang der Exporte zog im selben Zeitraum dagegen deutlicher an: Beliefen sie sich
nach Angaben des Statistischen Amtes im Jahr 2005 noch auf rund 471
Millionen Euro, so lagen sie im Jahr
2011 bereits bei knapp einer Milliarde Euro.
Zu den wichtigsten im vergangenen Jahr aus der zweitgrößten Volkswirtschaft nach Schleswig- Holstein
eingeführten Waren gehörten der
Statistik zufolge Büromaschinen,
Möbel, Rundfunk- und Fernsehgeräte, Uhren, Schuhe, Bekleidung aus
Seide sowie Textilerzeugnisse. Zu
den wichtigsten nach China exportierten Erzeugnissen gehörten Fahrgestelle und Motoren, Kunststoffe
medizinische Geräte, chemische
Enderzeugnisse und Maschinen.
Die schlechten Wirtschaftsdaten
der vergangenen Monate scheinen
indes kaum auf die Erwartungen
deutscher Investoren in China
durchgeschlagen zu haben. Einer
aktuellen Umfrage der German Industry & Commerce Greater China
zufolge erwarten immerhin 40,5 Prozent der befragten Unternehmen,
dass ihr Geschäft sich dort im laufenden Jahr verbessern werde. 38,3 Prozent bewerteten die Aussichten als
unverändert im Vergleich zum Vorjahr.
Zentrum der deutschen Aktivitäten in der Volksrepublik ist der Befragung zufolge Shanghai. 43,2 Prozent aller Unternehmen gaben an,
dort aktiv zu sein. Die Hauptmotive
der Aktivitäten sind der Absatzmarkt (72 Prozent), Nähe zu Großkunden (58 Prozent) und geringe
Produktionskosten (28 Prozent).
Als größte aktuelle Herausforderungen wurden in der Befragung
die gestiegenen Arbeitskosten (81
Prozent) sowie qualifizierte Mitarbeiter zu finden (78 Prozent) oder zu
halten (69 Prozent) angegeben.
Niedrige Rohstoffpreise
Gleichwohl sind geringere Arbeitskosten bis heute für Unternehmen aus unserer Region einer der
wichtigsten Gründe für ihr ChinaEngagement. Ein Beispiel ist CTS
Composite Technologie Systeme
GmbH, die ihr Geschäft dort im Jahr
1990 begannen. In vier Werken lässt
das Unternehmen heute in China
Halbzeug und Bauteile aus Faserverbundwerkstoffen produzieren. „Die
Personal-, Lohnneben- und Sozialkosten sind erheblich günstiger als
in Deutschland. Die Rohstoffe sind
um 20 bis 30 Prozent günstiger als in
Europa“, sagt CTS–Geschäftsführer
Joachim Wilczek. „Die Aktivitäten
haben sich stark entwickelt – von
der abgeschwächten Konjunktur
spüren wir nichts.“
Wovon das Unternehmen aber
deutlich etwas spüre sei, dass Urheberrechte im Land nach wie vor
nicht viel gelten. „Um erfolgreich in
China produzieren zu können, müs-
sen wir sämtliche Rezepturen und
technisches Know-how weitergeben, um ein wettbewerbsfähiges
Produkt herstellen zu lassen. Diese
Informationen nutzen die Chinesen
gerne, um unsere Ideen zu kopieren
und direkt in Europa zu vermarkten.“ Dennoch plane das Unternehmen weitere Investitionen: „Ich beabsichtige, mich mehrheitlich an
zwei chinesischen Unternehmen zu
beteiligen, um mehr Einfluss auf die
Geschäftspolitik und Qualität nehmen zu können.“
Auch die Firma Rako aus Witzhave ist bereits vor längerer Zeit in das
China-Geschäft eingestiegen. 2008
wurde dort die Rako Printing
(Hangzhou) gegründet. Sie druckt
Haftetiketten für unterschiedliche
Branchen (Lebensmittel-, Automobil-, Kosmetik-, Ölindustrie), mehrheitlich aber für den Kosmetikbereich. Das Unternehmen ist eine hundertprozentige Tochter der deutschen Muttergesellschaft. Die Ansiedlung eines international aktiven
Abnehmers war der Grund, weshalb
Rako in der Volksrepublik aktiv wurde. „Einer unserer europäischen
Kunden eröffnete dort ein Werk und
wollte sicherstellen, dass er Etiketten gleicher Qualität in Asien beziehen kann“, erklärt Business Development Managerin Kathrin Kessler. Auch Rako habe die Folgen einer sich abschwächenden Konjunktur nicht gespürt: „2012 steigerte Rako Printing in Hangzhou den Umsatz um etwa 30 Prozent, 2014 sind
40 Prozent Umsatzwachstum geplant.“
Auf ein ähnliches Geschäftsmodell wie Rako setzt auch Nord Drivesystems aus Bargteheide. Das Unternehmen gründete 2001 ein Montagewerk in Peking, dieses zog im Oktober 2012 ins benachbarte Tianjin.
Ein zweites Werk wurde 2004 in Suzhou errichtet. Zudem unterhält das
Unternehmen in China zwölf Vertriebsbüros . Auch für Nord Drivesystems war Kundennähe ein ausschlaggebender Grund für die Ansiedlung in China. Das Engagement
habe sich gelohnt, sagt Jörg Niermann, Bereichsleiter Marketing –
und prognostiziert für China nur gute Perspektiven: „Der nationale
Markt ist nach wie vor sehr stark –
und wächst weiter mit jährlich zweiA
stelligen Zuwachsraten.“
ANSPRECHPARTNER
Fachleute für die Volksrepublik
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: So verschieden die Märkte, so aktiv sind die Unternehmen aus unserer Region im Osten Europas, jenseits des Atlantik und in Asien.
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6
Dienstag, 24. September 2013
INTERNATIONALER HANDEL
INDIEN
Abgeflautes Wirtschaftswunder
Die Wachstumsraten in Indien waren einmal besser. Einzelne Unternehmen steigen aus – viele warten ab.
Art von Investitionen eine sehr solide Basis. Eine Abschwächung der
Konjunktur ist in einem Land wie
Indien sehr relativ. Sechs Prozent
und mehr Wachstum – und dies im
Durchschnitt – sind ja nicht gerade
Sinnbild von einer schwächelnden
Konjunktur. Wir werden nicht
mehr in Indien produzieren. Wir sehen allerdings, ähnlich wie in China, einen sehr interessanten Absatzmarkt dort und werden diesen
A
bedienen.“
Indien galt lange als eine der kommenden
Wirtschaftsmächte. Doch nach den ökonomischen
Liberalisierungen seit den 1990er Jahren ist die Luft
raus. Das indische „Wirtschaftswunder“ hat an Fahrt
verloren. Ausländische Investoren werden vorsichtiger.
Von Oliver Schulz
Das rasante Wachstum des indischen Marktes seit der wirtschaftlichen Öffnung in den 1990er Jahren
hat viele Investoren auf den Plan
gerufen. Bereits in den Jahren 1995
bis 2005 beschleunigte sich das
Wirtschaftswachstum auf 6,4 Prozent im Jahresdurchschnitt. In den
vergangenen beiden Fiskaljahren
erreichte es jedoch nur noch 6,2 Prozent. Heute ist die Wirtschaft gebremst. So prognostiziert die Reserve Bank of India ein Wachstum des
Bruttoinlandsproduktes von 5,7
Prozent für die Jahre 2013 bis 2014.
Die Asian Development Bank und
der International Monetary Fund
erwarten für denselben Zeitraum
ein Wachstum von 6,0 beziehungsweise ebenfalls 5,7 Prozent.
Das spiegelt sich auch im achtjährigen Rückblick auf den Handel
zwischen Schleswig-Holstein und
Indien wider. Nach Angaben des
Statistischen Amtes sind die Einfuhren aus Indien von 116 Millionen
im Jahr 2005 graduell auf rund 172
Millionen im Jahr 2011 gewachsen. Das Ausfuhrvolumen dagegen
ist in diesem Zeitraum förmlich explodiert: Betrug es vor acht Jahren
noch bescheidene 66 Millionen, so
wird es nun auf 254 Millionen Euro
beziffert.
Zu den wichtigsten Importgütern aus Indien nach SchleswigHolstein zählten im vergangenen
Jahr Chemische Vorerzeugnisse,
Textilerzeugnisse und pharmazeutisch Grundstoffe. Bei den Ausfuhren dominierten im vergangenen
Jahr Aluminium und Aluminium-Legierungen, Kupfer und Kupferlegierungen sowie chemische
Vorerzeugnisse.
Unter den rund 20 Unternehmen
des Bezirks der IHK zu Lübeck mit
einer Auslandsvertretung und der
Handvoll Firmen mit Niederlassungen in dem südasiatischen Land finden sich Hersteller von Werkzeu-
gen, von chemischen Erzeugnissen, dem Maschinenbau und der
Medizintechnik. „100 weitere Unternehmen sind im Geschäft mit Indien involviert, sagt Werner Koopmann, Geschäftsbereichsleiter International bei der IHK zu Lübeck.
Aber Indien verliere nach einer
Zeit der Euphorie derzeit an Zuspruch: „Die Gefahr des Kapitalabzugs nach einer in Aussicht stehenden langsamen Normalisierung
des Zinsniveaus in den USA oder
Europa schwächt den Kurs der Rupie enorm. Die terms of trade für
schleswig-holsteinische
Exporteure werden schwächer.“ Gleichzeitig sei aber vielen Beobachtern
klar, dass es vielleicht nur weniger
Drehungen an bestimmten Stellschrauben bedarf, um das Land auf
einen breiten und nachhaltigen
Wachstumskurs zu bringen.
„Vor 15 Jahren, bei unserem
Start in Indien, war Indien die zukunftsträchtigste Entwicklungsnation überhaupt“, sagt Rudolf Weiler, dessen Unternehmen Digisound aus Norderstedt dort eine eigenständige Fabrik hatte, diese
aber in der Zwischenzeit verkauft
hat. „Die größte Demokratie der
Welt, das extrem niedrige Durchschnittsalter der Bevölkerung und
der technische Vorsprung durch
den IT- Bereich versprachen gesunde Entwicklung, besonders gegenüber China. Leider ist im Rückblick
die breite Industrialisierung und
der Ausbau von Großfertigungen
im Serienbereich ausgeblieben –
wieder im Gegensatz zu China.“
Dennoch sind deutsche Investoren laut dem aktuellen „IGCC - Survey“ der Deutsch-Indischen Handelskammer „vorsichtig optimistisch“. Der Studie zufolge passen
die Unternehmen derzeit ihre Strategien angesichts der deutlich gesunkenen Wachstumserwartungen einer veränderten ökonomischen Landschaft an.
Ein großer Teil der befragten Mit-
ANSPRECHPARTNER
Indien-Experten
Deutsch-Indische
Handelskammer
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40213 Düsseldorf
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German House, 2, Nyaya Marg,
Chanakyapuri New Delhi 110 021
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Freizeitvergnügen in der Metropole Hyderabad: Der Mittelstand ist schwächer gewachsen als erwartet.
glieder der Deutsch-Indischen Handelskammer erklärte in der Studie
aber auch, zurückhaltender zu
sein, was Einstellungen, Investitionen und Lohnsteigerungen betrifft.
Gleichwohl sehen viele Unternehmen aus unserer Region in Indien noch immer große Chancen.
Die Firma Tipper Tie aus Glinde ist
seit vier Jahren auf dem Subkontinent aktiv. Das Unternehmen hat
eine Vertretung in Gurgaon im
Großraum Delhi. Das Maschinenbauunternehmen will dort ein Geschäft etablieren, das sich hauptsächlich auf die Fleischverarbeitung konzentriert.
Zwar ist das Wirtschaftswachstum dort in den letzten Jahren etwas ins Stocken geraten, aber mit
1,25 Milliarden Einwohnern hat Indien ein großes Potential“, sagt Dejan Trajkovi, Area Sales Manager
bei Tipper Tie. „Das Land ist noch
sehr unterentwickelt in Bezug auf
die Konsumgesellschaft, das heißt
es gibt kaum Supermarktketten,
wie wir sie kennen.“ Dem Unternehmen gehe es aber nicht nur um
das schnelle Geschäft: „Der Wohlstand nimmt zu, und damit auch
das Bedürfnis an verarbeiteten Lebensmitteln.“ Ein besonders großes Problem im Geschäft mit Indien
sei indes die Logistik. „So verderben etwa 50 Prozent der Früchte
und Gemüse auf dem Transport aufgrund fehlender Kühlung. Somit
wird es für Fleischprodukte nicht
einfacher sein. Die Infrastruktur
muss erst noch erschlossen werden“
Die Nord Drivesystems aus Bargteheide hat seit 2005 in Indien ein
Vertriebsbüro. In der westindischen Stadt Pune wurde im November 2007 zudem ein Montagewerk
mit 4000 Quadratmetern Produktionsfläche eröffnet. Die indische
Nord Drivesystems Pvt. Ltd. ist eine
hundertprozentige Tochter mit etwa 100 indischen Mitarbeitern.
Foto: Schulz
Kundennähe und der Ausbau
der Marktanteile auf den lokalen
Märkten und in der Region seien
der Grund für die Aktivitäten in Indien gewesen, sagt Jörg Niermann, Bereichsleiter Marketing.
„Der Markt wächst sehr schnell
und bietet ein riesiges Potenzial.
Produkte made in Germany sind in
der Industrie gefragt.“ Auch er
sieht die Infrastruktur als einen der
großen Hemmschuhe für die Aktivitäten in Indien. Die schwächelnde
Konjunktur bewertet Niermann dagegen weniger kritisch: „Indien
hat wie China auch gute Wachstumsraten vorzuweisen.“
Rudolf Weiler von Digisound hat
mit der Aufgabe der Produktion in
Indien dagegen drastische Konsequenzen gezogen: „Indien hat
nicht die erwarteten Ziele erreicht.
Das jährliche Wachstum und das
Wachsen der Konsumfreudigkeit
und eines gewissen Mittelstandes
ergeben aber für eine bestimmte
German-Indian Round Table
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Institut für Technologie- und
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DIE WIRTSCHAFT – Indien macht eine Pause. Die Wachstumsraten sind eingeknickt, die Prognosen verhalten.
Foto: inlingua
8
INTERNATIONALER HANDEL
Dienstag, 24. September 2013
MARKTEINSTIEG IN RUSSLAND
„Die Mentalität zu
verstehen, ist der
Schlüssel zum Erfolg“
Foto: Natalia Sadowskaya
Wer als Unternehmer aus
Deutschland auf den
russischen Markt will,
muss wichtige Spielregeln
beachten. Lutz Jürgensen
(68) arbeitet seit 1989
in Russland und war
bereits „Türöffner“
für zahlreiche Firmen.
Herr Jürgensen, Sie sind seit
langem für deutsche Firmen in
St. Petersburg tätig. Wie viele
Unternehmen haben Sie bereits betreut?
Etwa 450 Firmen habe ich in den
vergangenen 25 Jahren hinsichtlich eines Einstiegs in das Russland-Exportgeschäft beraten.
Wie viele davon sind dauerhaft
im russischen Markt erfolgreich?
Etwa 120 Firmen unterschiedlicher
Branchen, zum Teil mit Fertigung
vor Ort, manche Unternehmen als
reine Vertriebsorganisationen mit
Distributionspartnern in verschiedenen Regionen Russlands.
Was tun Sie konkret, wenn
sich ein Unternehmen an Sie
wendet? Welche Dienstleistung bieten Sie an?
Wenn ich das Gefühl habe, dass ein
ernsthaftes Interesse am Einstieg
in den russischen Markt vorliegt,
spreche ich mit dem Management
über die konkreten Ziele des Unternehmens. Ich vergleiche dann aufgrund meiner Erfahrung die Vision
der Manager mit der heute existierenden Lage vor Ort und zeige
dann die verschiedenen Schritte
auf, die notwendig sind, um reale
Ergebnisse erzielen zu können.
Haben Sie Tipps für Anfänger?
Mein ständiger Rat an die Unternehmer: In Russland nur in kleinen, transparenten Schritten vorgehen und Investitionen in einem
Rahmen tätigen, der sich mit dem
tatsächlichen Wachstum vereinbaren lässt. Handelt es sich um ein Unternehmen der Konsumgüterbranche, lasse ich mir einige Muster geben, die ich in Russland präsentiere, um konkrete Chancen für eine
schnelle Aufnahme in die Sortimente zu prüfen. Ist dieser Test positiv
verlaufen und die Bereitschaft zum
Import dieser Produkte vorhanden,
verabrede ich ein Treffen mit dem
deutschen Geschäftsführer und
dem Einkaufsvorstand in Russland,
bei dem dann die Details einer Zusammenarbeit festgelegt werden.
Wie würden Sie den russischen Markt heute einschätzen: Ist es schwierig, dort Fuß
zu fassen?
Es ist wie in jedem anderen Land,
man muss sich nur auf den Weg machen. Die Zeit, wo es extrem
schwierig und unübersichtlich
war, ist längst Vergangenheit.
Über sehr erfolgreiche deutsche
Unternehmen wird leider so gut
wie gar nicht berichtet. Beispiel Otto Versand oder Tchibo. Mein Rat:
Nicht gleich ein Unternehmen in
Russland gründen, sondern erst einmal mit einer Vertriebsorganisation mit russischen Partnern beginnen und eigene Erfahrungen sammeln, assistiert von Sachkundigen.
Was müssen Unternehmen beachten, was sollten sie tun,
was nicht?
Nicht die russischen Unternehmer
unterschätzen! Die Universitäten
bieten eine erstklassige Ausbildung, welche den Vergleich mit europäischen Unis nicht zu scheuen
braucht. Aber bei der Auswahl von
Führungskräften sehr vorsichtig
sein und auf keinen Fall den Personalberatungen in Russland diese
wichtige Arbeit überlassen.
„Dauerhafter Erfolg lässt
sich nur erreichen, wenn
man mit seinen russischen
Partnern auf Augenhöhe
zusammenarbeitet. Sie
wollen Gegenüber, die an
strategischer Kooperation
interessiert sind.“
Wie finden Sie Mitarbeiter?
Wenn ich eine Führungskraft suche, spreche ich mit einem Universitätsprofessor in St. Petersburg
und diskutiere mit ihm die speziellen Anforderungen an eine zukünftige Führungskraft. Nach einigen
Tagen stellt er mir dann Studenten
im letzten Semester vor, mit denen
wir dann gemeinsam sprechen.
Sollten wir das Gefühl haben, eine
oder mehrere Personen könnten
die richtigen sein, bitte ich die deutschen Manager um ein Treffen vor
Ort, um ein Auswahlverfahren zu
starten. Dieses System hat sich in
der Praxis bewährt, ist günstiger
als alle anderen, allerdings auch etwas zeitaufwendiger.
Was ist wichtig, um dauerhaft
Erfolg zu haben?
Dauerhafter Erfolg lässt sich nur erreichen, wenn man mit seinen russischen Partnern auf Augenhöhe zusammenarbeitet. Die heutigen erfolgreichen Unternehmen in Russland wollen Geschäftspartner, die
an einer strategischen Zusammenarbeit interessiert sind. Erforderlich ist auch ein Manager auf der
deutschen Seite, der den Willen
und die Zeit hat, gemeinsam mit
den russischen Partnern eine Vision zu erarbeiten, die beiden gerecht wird. Dazu gehört ein Training für die russischen Partner in
Deutschland, um die Firmenphilosophie kennenzulernen, sowie für
die deutschen Manager eine Visite
in Regionen Russlands, um ein Gefühl für das Land zu bekommen.
Sind russische Sprachkenntnisse unerlässlich oder kom-
men Unternehmer mit Englisch gut zurecht?
Man kann mit Englisch in manchen Branchen die ersten Schritte
machen, da viele Führungskräfte
natürlich heute Englisch sprechen.
Man sollte aber auf jeden Fall jemanden dabei haben, der Russisch
versteht, um auch die Zwischentöne bei Meetings mit russischen Firmen aufzunehmen.
Ein Blick zurück auf die Anfänge: Welche Bedingungen fanden Sie vor?
In den ersten Jahren meiner Tätigkeit haben sehr viele Russen sich
als Unternehmer versucht, um
dann mit Hilfe ausländischer Partner (und auf deren Kosten) eine Zukunft aufzubauen. Es gab Barrieren, die unglaublich hoch waren,
es seien nur die Stichworte Zoll, Administration, Steuerrecht, Lizenzen, Bauvorschriften erwähnt. Heute ist die Praxis transparenter und
berechenbar geworden. Natürlich
gibt es immer noch zuviel Korruption, man kann jedoch täglich in den
Nachrichten sehen, dass dagegen
angekämpft wird. Probleme mit öffentlichen Stellen kann man heute
schneller lösen, in Städten wie St.
Petersburg geht es fast wie in Großstädten in Westeuropa zu.
Wie haben sich diese Bedingungen bis jetzt entwickelt?
In vielen Behörden sitzen heute junge, erstklassig ausgebildete Leiter.
Für Newcomer in Russland ist es
die erste Pflicht, auf der Behördenseite die notwendigen Kontakte zu
knüpfen, um ein Netzwerk für die
tägliche Arbeit aufzubauen. Da
deutsche Unternehmen immer
noch Wunschpartner Nr. 1 sind,
wird es den meisten sehr leicht gemacht, Zugang zu finden.
Wie wichtig ist es, die Mentalität der Geschäftspartner zu
kennen?
Das ist natürlich der Schlüssel zum
Erfolg! Die Einstellung auf die russische Mentalität ist sehr wichtig.
Die Russen sind grundsätzlich sehr
offen, erwarten aber auch von ihrem Gegenüber, dass er etwas von
sich preisgibt. Je mehr man sich
nicht nur auf das Geschäftliche beschränkt, sondern auch die private
Nähe zulässt, wird der Zugang zur
russischen Community einfacher.
Welche großen Zentren außer
St. Petersburg und Moskau
sind wichtig für deutsche Unternehmer?
Die Regionen sind heute sehr viel
interessanter hinsichtlich Wachstum als die beiden großen Städte.
Es gibt in Russland zehn Städte mit
über einer Million Einwohner, dorthin muss man sich unbedingt aufmachen, nachdem man in Petersburg oder Moskau die ersten Schritte gemacht hat. Hier sind nicht so
viele Mitbewerber und hier gibt es
eine Vielzahl von jungen Firmen,
die sich liebend gerne mit einem
deutschen Partner eine Zukunft
aufbauen möchten.
C. Risch
DIE WIRTSCHAFT – Die schwierigen Zeiten in Russland sind lange vorbei, sagt Lutz Jürgensen, der Unternehmen beim Markteinstieg unterstützt.
ARBEITSWELT
9
Y
Das ist die
Generation Y
Im Allgemeinen wird die Generation der zwischen 1980 und 1994 geborenen als Generation Y bezeichnet, also die jungen Menschen, die
entweder kurz vor dem Eintritt in
die Arbeitswelt stehen oder seit einigen Jahren angefangen haben,
zu arbeiten. Man nennt sie auch DiA
gital Natives oder Millenials.
Das erwartet die
Generation Y
Viele junge Absolventen sind gefragt – und können sich ihren künftigen Arbeitgeber aussuchen. Die Generation Y überlegt sich, bei welchem Unternehmen sie arbeiten möchte, informiert sich im
Foto: Tim Jelonnek
Internet, in sozialen Netzwerken oder durch persönlichen Kontakt, zum Beispiel auf Jobmessen. Nur wer als Arbeitgeber sympathisch ist, hat Chancen auf die besten Kräfte.
GENERATION Y
Hart arbeiten? Gern, aber nicht nur!
Eine neue Generation von Arbeitskräften bringt gestandene Personalchefs aus der Fassung.
Mit einem üppigen Gehalt,
Dienstwagen und der
Option, am guten
Unternehmensergebnis
beteiligt zu werden, lassen
sich viele Nachwuchskräfte
nicht mehr locken. Sie
legen Wert auf die
Work-Life-Balance und
noch ein bisschen mehr.
Von Nathalie Klüver
Eine 60-Stunden-Woche, viel
Geld, keine Freizeit? Dafür den
Dienstwagen und den englischen
Titel auf der Visitenkarte? Aber
was ist mit der Work-Life-Balance,
mit der Möglichkeit, mal früher Feierabend zu machen?
Die Karriere wollen die jüngsten
Nachwuchskräfte nicht über alles
stellen. Lieber etwas Sinnvolles
tun. Bei einem Unternehmen, das
sich für Soziales einsetzt. Oder etwas Nachhaltiges produziert. In einer Arbeitsumgebung, die nicht
nur aus Schuhschachtelbüros besteht, sondern in der man in Gruppen Projekte bearbeitet, mal
schnell bei Facebook postet und
auf einem Sofa statt auf einem harten Konferenzstuhl Platz nimmt.
Hierarchien sind übrigens auch
nicht ihr Ding. Und dann ist da
noch die Weltreise: Die soll nicht
erst in der Rente stattfinden, sondern in einem Sabbatical in nicht
allzu ferner Zukunft. Achja, die Elternzeit nicht zu vergessen, da sollen doch bitte auch keine Steine in
den Weg gelegt werden.
Das sind die Anforderungen, mit
denen die Generation Y auf Jobsuche geht – und die bei Bewerbungsgesprächen immer häufiger gefordert werden. Generation Y, englisch ausgesprochen „why“: Diese
Generation stellt alles in Frage,
was die Vorgängergeneration X
aufgebaut hat. Generation Y, zwischen 1980 und 1994 geboren, diejenigen, die kurz davor sind, sich
ins Berufsleben zu stürzen oder seit
einigen Jahren dabei sind. Man
nennt sie auch Millenials (weil die
Jahrtausendwende ein Einschnitt
im Leben markiert) oder Digital Natives (weil sie mit der digitalen
Technik aufwuchsen). Sie sind global orientiert, bestens vernetzt, haben Praxiserfahrungen in Praktika
und im Ausland gesammelt.
Und sie trauen sich, in Bewerbungsgesprächen Dinge zu fordern, mit denen man sich früher ins
sichere Abseits geschossen hätte.
Work-Life-Balance? „Bitte, was?
Die sollen für ihr Geld arbeiten!“,
so hieß es früher aus den Personalerbüros. Doch die Zeiten haben
sich geändert. In einer Umfrage
des Berliner Beratungsinstitutes
Trendence haben 2011 die Hälfte
aller Wirtschafts- und Wirtschaftsingenieursstudenten gesagt, dass
die Work-Life-Balance für sie ein
wichtiger Faktor bei der Arbeitgeberwahl ist. Wichtiger als Karriere
und Geld. Das soll keine strikte
Trennung von Privatem und Beruf
sein, vielmehr ein fließender Übergang: Privates während der Arbeit
erledigen – dafür auch Berufliches
mal am Feierabend.
„Ich will arbeiten
und leben!“
Sagte die Generation X noch „Ich
lebe, um zu arbeiten“, heißt es nun
„Ich will arbeiten und leben“. Dabei geht es um Abwechslung im
Job – das ist die junge Generation
von jeher gewohnt: Projektarbeiten, Praktika, immer etwas Neues
stand auf den Lehrplänen an der
Hochschule. An zweiter Stelle
steht für die jungen Arbeitskräfte
Selbstverwirklichung, erst an dritter Stelle kommt die Karriere.
Dabei geht es nicht darum, sich
vor der Arbeit zu drücken. Der Personalberater Rudolf Kast hat beobachtet, dass die jungen Menschen
gewillt sind, hart und viel zu arbeiten: Aber sie erwarten dafür eine
andere Kompensation als nur ein
entsprechendes Gehalt. Wieso
nicht morgen ein freier Nachmittag, wenn ich dafür heute eine Spätschicht einlege und die Präsentati-
on zu Ende bastle? Wieso nicht einfach früher Feierabend machen –
die Sonne scheint grad so schön –
und dafür am Wochenende ein
paar Stunden am Schreibtisch sitzen? Ja, wieso eigentlich nicht? Es
geht ja ums Ergebnis und nicht
ums Stunden-Abreißen. Doch so
mancher Arbeitgeber muss bei so
vielen selbstbewussten Forderungen erst einmal schlucken.
Sie treten selbstbewusst auf, sie
fordern und sie erwarten Vieles –
sind sie doch diejenigen, die behütet aufgewachsen sind, mit den
„Helikopter-Eltern“ an ihrer Seite,
die ihnen (fast) alle Wünsche erfüllt
haben, sie gefördert haben, von der
Musikstunde zum Leichtathletik
gebracht haben. Sie sind gewohnt,
das zu bekommen, was sie wollen,
und auch für vierte Plätze Lob einzuheimsen. „Diese Generation ist
behütet aufgewachsen. Aufmerksamkeit, Förderung und Lob der Eltern spielen eine große Rolle, später dann Diskussionen mit Lehrern
und Profs“, sagt auch Audi-Personalvorstand Thomas Sigi in einem
Spiegel-Online Interview. Die Millenials sind es gewohnt, mit Autoritäten auf Augenhöhe zu sprechen.
Für sie spricht der demografische Wandel: Bald wird die Generation Y weltweit jeden zweiten Arbeitnehmer stellen. Der Schwede
Anders Parment, der ein Buch über
die Ypsiloner geschrieben hat, prophezeit, dass sie die Arbeitskultur
radikal umkrempeln werden. Viele
sagen, sie haben es bereits getan.
Ein bisschen Skepsis ist angebracht. Klar können sich Ingenieure Stellen aussuchen. Aber was ist
mit den Geisteswissenschaftlern,
die oft prekäre Arbeitsverhältnisse
akzeptieren müssen?
Dennoch: Die Einflüsse der Generation Y sind nicht zu verleugnen. Sie hat die Arbeitswelt verändert. In Zeiten immer knapper werdender Fachkräfte kann man die
Forderungen der neuen Generation nicht mehr einfach als Luxus abtun – wer gute Fachkräfte möchte,
muss ihnen einiges bieten, betont
auch die Lübecker Head Hunterin
Andrea Gensel.
Rund die Hälfte aller Personaler
gab in einer Studie über die Gene-
ration Y des Staufenbiel Instituts
an, dass sie sich mittlerweile bei
den jungen Absolventen bewerben müssen und nicht umgekehrt.
Zwei Drittel der Personaler findet,
dass die Bewerber deutlich selbstbewusster auftreten als früher.
Manchmal schlage dieses Selbstbewusstsein auch in Arroganz um, kritisieren hingegen einige.
Die Neuen möchten
gehätschelt werden
Doch nicht nur die Work-Life-Balance steht im Mittelpunkt der Forderungen der Generation Y. Sie erwarten auch eine Feedback-Kultur, besagen die Statistiken des
Staufenbiel-Instituts. Das Motto
„Nicht geschimpft ist genug gelobt“ kommt bei ihnen gar nicht an.
Seit Kleinauf sind sie es gewohnt,
dass man ihnen Rückmeldungen
gibt, sie lobt und belohnt. So erwarten sie regelmäßige Mitarbeitergespräche, in denen weit mehr als nur
Formulare abgearbeitet werden.
Doch bei allem Wunsch nach
Feedback: Gleichzeitig kritisieren
13 Prozent der Personaler, dass die
junge Generation zwar kein Blatt
vor den Mund nimmt, aber selbst
mit Kritik nicht besonders gut umgehen kann, so das Staufenbiel-Institut. Jeder zehnte Befragte bemängelt gar fehlenden Respekt gegenüber älteren Kollegen.
Dennoch reagieren die Unternehmen. Mehr als 40 Prozent bieten bereits eine bessere Einarbeitung und mehr Fortbildungen an,
37 Prozent auch den Einsatz von
Mentoren, ein Drittel hat die Arbeitszeiten flexibilisiert.
Wer die Generation Y für sich begeistern will, der muss jedoch
schon bei der Suche nach ihnen beginnen. Denn sie erwarten selbstverständlich, dass die Stellen online ausgeschrieben sind, genauso
wie sie vorab im Internet Einblicke
in den Unternehmensalltag erhalten wollen. Ein Unternehmen, das
sich nicht bei Facebook und Xing
präsentiert? Kommt gar nicht gut
an. Man will sich vorher einen genauen Überblick über den zukünftigen Arbeitgeber verschaffen – da-
bei verlangen die Millenials Glaubwürdigkeit.
Doch immer noch erwarten 40
Prozent aller Unternehmen laut Bitkom-Umfrage eine schriftliche Bewerbungsmappe. Vor allem kleinere und mittelständische Unternehmen setzen noch auf das althergebrachte
Bewerbungsverfahren:
Nur ein Drittel von ihnen verlangt
eine elektronische Bewerbung.
Und ganze 18 Prozent nutzen immer noch keinerlei soziale Netzwerke.
Die Ansprüche der Generation Y
verändern die Arbeitswelt: Home
Office, flexible Arbeitszeiten, Betriebskindergärten, Führungsjobs,
die mittels Jobsharing besetzt werden oder Mentoren halten Einzug
in den Unternehmen. Von diesen
Veränderungen profitieren aber
nicht nur die Digital Natives – auch
für ältere Arbeitnehmer rückt die
Work-Life-Balance angesichts der
größer werdenden Arbeitsbelastung immer stärker in den MittelA
punkt.
Y Flexible Arbeitszeiten
Y Home Office
Y Gelockerte Anwesenheitskultur
Y Videokonferenzen statt
ständiger Geschäftsreisen
Y Feedbackkultur auf Augenhöhe
Y Ausgeglichene Work-LifeBalance
Y Glaubwürdige OnlinePräsenz der Unternehmen
Y Vorab Einblicke in die
Unternehmenskultur
Y Projektarbeit in Gruppen
Y Flache Hierarchien
Y Bewertung nach Können
statt nach Betriebszugehörigkeit
Y Selbstverwirklichung
Y Soziales Engagement des
Arbeitgebers
Y Ein individuelles Fort- und
Weiterbildungsangebot
So sucht die
Generation Y Jobs
In einer Umfrage des Studiengangs Personal der Hochschule
Pforzheim unter Studenten gaben
82 Prozent an, dass sie Unternehmenswebseiten als zentralen Rekrutierungskanal sehen, zwei Drittel nutzt Jobportale im Internet. Immer wichtiger für die junge Generation sind Hochschul- und Jobmessen, bei denen man potentielle zukünftige Arbeitgeber eher ungezwungen unter die Lupe nehmen
A
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DIE WIRTSCHAFT – Leben für den Beruf? Was für frühere Generationen der Normalfall war – steht für die „Generation Y“ überhaupt nicht zur Debatte.
10
Dienstag, 24. September 2013
ARBEITSWELT
AUSLÄNDISCHE ARBEITNEHMER
Moin España!
Wie deutsche Institutionen und Unternehmen Willkommenskultur praktizieren.
beim ersten Arbeitstag“, sagt Personalchefin Barbara Lentwojt.
Um also die Kommunikation zu
erleichtern, entwickelt Bockholdt
in Kooperation mit der Lübecker Industrie und Handelskammer (IHK)
und der Fachhochschule Lübeck
(FH) ein Schulungsprogramm für
Tabletcomputer in verschiedenen
Sprachen. „Diese elektronischen
Helfer zeigen zum Beispiel, welche
Schritte für eine Sanitärreinigung
notwendig sind und welche Arbeitsschutzmaßnahmen einzuhalten sind“, so Lentwojt. Von der neuen Technik profitieren die zumeist
im Außendienst eingesetzten Reinigungskräfte vermutlich ab nächstem Jahr.
Wachstumspotenziale jenseits
der deutschen Grenzen erschließt
die auf Gebäudetechnik spezialisierte R+S solutions Holding AG
durch die Akquise von Arbeitnehmern aus Osteuropa. Um diesen
Menschen, die ihr Heimatland und
damit ihr familiäres Umfeld verlassen haben, einen perfekten Start
für eine gelungene Karriere zu bieten, wurde die R + S-Akademie in
Fulda gegründet. Dort wurden seit
Januar neun rumänische Ingenieure und Monteure für zwei bis sechs
Monate – je nach Vorkenntnissen –
für die Arbeit im Betrieb fit ge-
Die Hansestadt Lübeck
ist in einigen Branchen
schon heute auf Fachkräfte
aus dem Ausland
angewiesen. Um die
Hürden des deutschen
Alltags- und Berufslebens
zu meistern, benötigen
diese oft spezielle
Hilfestellungen – vom
Sprachkurs bis zur
Patenschaft.
Von Philipp Aissen
Weil im Handwerk immer mehr
Lehrstellen unbesetzt bleiben, hat
die Lübecker Handwerkskammer
(HWK) gemeinsam mit ihren Netzwerkpartnern das Projekt „Moin
España“ ins Leben gerufen. Die im
Juni angelaufene Initiative soll 22
jungen Spaniern aus der Region
Murcia eine berufliche Perspektive
geben. Sie werden nach Sprachkurs und erfolgreichem Praktikum
ab September eine Ausbildung in
einem Lübecker Handwerksbetrieb beginnen.
„Damit sich die Spanier ganz auf
die Ausbildung konzentrieren können, müssen sie sich wohlfühlen.
Dazu gehört, dass wir sie bei Familien unterbringen, sie in das kulturelle Leben einbinden und ihnen betriebliche Paten zur Seite stellen“,
erklärt die Moin-España-Projektkoordinatorin Berit Harms. Kammerpräsident Horst Kruse sieht die 22
Spanier als „Vorhut“ der 5000 jungen Menschen aus Spanien an, denen Deutschland in den nächsten
vier Jahren eine Ausbildung oder
Beschäftigung bieten will. Die Erfahrungen der am Projekt beteiligten angehenden Azubis und Betriebe sollen laut Kruse genutzt werden, um eine sogenannte Willkommenskultur aufzubauen.
Ein entscheidender Bestandteil
dieser Willkommenskultur ist der
Abbau von Sprachbarrieren. Das
hat auch die Firma Bockholdt erkannt. Das Dienstleistungsunternehmen für Gebäude- und Industriedienste mit Hauptsitz in Lübeck
beschäftigt deutschlandweit etwa
7000 Arbeitnehmer – davon
stammt mehr als jeder siebte aus
dem Ausland, der Großteil aus Ghana, Polen und der Türkei. „Die Verständigung ist mitunter ein Problem. Häufig begleitet der deutschsprechende Ehemann seine Frau
beim Vorstellungsgespräch oder
macht. Die Osteuropäer erhielten
in der Akademie Deutschkurse,
machten Probearbeiten und lernten nicht nur etwas über deutsche
Normen, Richtlinien und Standards sondern auch über Kultur
und regionale Gepflogenheiten.
Außerdem wurden sie bei der Wohnungssuche unterstützt.
Projektleiter Herbert Schneider
hat die Akademie
entwickelt. Er erklärt: „Wir sind
uns sehr bewusst,
dass die Integration der kritische,
aber auch der
wichtigste Teil des
Programms ist und
haben dafür die Position des Integrationsbeauftragten
im Akademieteam
geschaffen.“ Die Spezialisten werden in absehbarer Zeit in ganz
Deutschland – auch in Lübeck – eingesetzt. So kann
sich Torsten Krumpas, technischer Geschäftsleiter Gebäudetechnik bei der Lübecker Tochtergesellschaft R+S Stolze GmbH, auf
gut ausgebildete Fachkräfte freuen. „Die Herkunft spielt keine Rolle. Hauptsache die Leistung
stimmt.“
Für die Leistungsträger von morgen hat die Fachhochschule Lübeck (FH) den deutsch-chinesischen Studienaustausch mit der
Partneruniversität ECUST (Shanghai) initiiert. „Wir haben regelmä-
Vesna Krasteska braucht kein Tablet mehr, um die Abläufe
im Job zu verstehen. Sprachdefizite konnte sie bei der
Firma Bockholdt und der VHS schnell abbauen. Als
Vorarbeiterin wird die Mazedonierin nun ihre Kollegen mit
weniger guten Sprachkenntnissen anleiten.
Fotos: Tessa Maiborg, Jérôme Rommé / Fotolia
ßig etwa 80 chinesische Studenten
aus den Bereichen Informationsund Umwelttechnik auf unserem
Campus. Um ihnen ein freundliches Gesicht in der Fremde zu zeigen und sie in der Eingewöhnungsphase zu unterstützen, wurde das
Projekt Chinabuddies ins Leben gerufen“, sagt Frank Mindt, Pressesprecher der FH. Sogenannte Study buddies – zu deutsch: Studienkumpel – zeigen den Neuankömmlingen den Campus sowie
Einkaufsmöglichkeiten,
stellen ihnen den Hochschulsport vor oder nehmen sie mit auf Partys
oder einen Stadtbummel.
Außerdem werden an
der FH interkulturelle
Trainees angeboten. In
Zusammenarbeit mit der
WTSH (Wirtschaftsförderung und Technologietransfer in Schleswig -Holstein) bereitet die Sinologie-Expertin Nicole Graessner die Studenten aus
Fernost auf das Praktikum in einem
deutschen Betrieb vor, in dem sie
auch ihre Abschlussarbeit schreiben. In den Trainingseinheiten erfahren die angehenden Fachkräfte
etwas über die Gepflogenheiten
der deutschen Geschäftswelt, aber
auch Betriebe können lernen, auf
welche kulturellen Eigenarten sie
sich einzustellen haben.
Ein Lübecker Unternehmen, das
vom deutsch-chinesischen Studienmodell profitiert, ist Euroimmun.
Die Medizinische Labordiagnostik
AG ist bereits seit 1995 in China ak-
tiv. Geschäftsführer Dr. Winfried
Stöcker erklärt: „Wir streben an,
mehr und mehr der weltweiten Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in unsere Niederlassungen in
Peking und Hangzhou zu verlagern. Wir unterstützen das
deutsch-chinesische Studienmodell, weil jede Kooperation zwischen beiden Ländern nützlich ist,
außerdem rechnen wir damit, dass
dadurch qualifizierte chinesische
Ingenieure auf unser Unternehmen aufmerksam werden und sich
bei uns bewerben.“
Einen Beitrag zur hanseatischen
Willkommenskultur wollte auch
die IHK leisten und regte im vergangenen Jahr den Bau einer internationalen Schule an. Diese Pläne
sind vom Tisch, im Gespräch ist
laut Dr. Ulrich Hoffmeister, Geschäftsbereichsleiter der IHK, allenfalls die Gründung einer bilingualen Schule. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass Integration in Lübeck zumeist keine institutionalisierten
oder zentralisierten Formen kennt.
Häufig läuft sie unter dem Radar
der öffentlichen Wahrnehmung ab.
Mitunter drückt sich die vielbeschworene
Willkommenskultur
auch einfach im persönlichen Engagement der Bevölkerung aus. So
unterstützte etwa die Tochter von
Björn Jacobsen, Prokurist der Wirtschaftsförderung Lübeck, einen
der Moin-España-Teilnehmer, indem sie ihm ihr Fahrrad für die tägliche Fahrt zur Praktikumsstelle
zur Verfügung stellte.
Auch die Firma Brüggen rührte
nicht groß die Werbetrommel bei
der Einstellung der Kolumbianerin
Diana Beatriz Schüler. Das kolumbianische Studium der Lebensmitteltechnikerin wurde in Deutschland zunächst nicht anerkannt. Also nahm der Leiter der Produktentwicklung Arne Jensen Kontakt zu
Behörden sowie deutschen Hochschulen auf, kümmerte sich um die
Formalitäten und sorgte so für die
Anerkennung. Nach einem Praktikum im Jahre 2009 entwickelt die
zweifache Mutter, die nach der gescheiterten Studienanerkennung
zunächst als Sprachlehrerin arbeitete, heute erfolgreich Müsliriegel
für Brüggen. Ausländische Arbeitnehmer haben in vielen Betrieben
längst keinen Sonderstatus mehr.
Genau wie deutsche Mitarbeiter
haben sie einfach einen gewissen
Schulungsbedarf. Spezielle „Ausländerprogramme“ sucht man daher oft vergebens. Bei Dräger
nimmt jeder Mitarbeiter – egal welcher Herkunft – an einer Integrationswoche teil. Die interkulturelle
Kompetenz fördert dort das allen
Beschäftigten zugängliche Luna-Freizeitprogramm
durch
Sprachkurse und weitere Angebote.
Euroimmun stellt jedem Neuankömmling einen Paten für die ersten Wochen und Monate zur Verfügung. Björn Jacobsen, erklärt: „Die
Integration ausländischer Arbeitnehmer gehört heute einfach zum
Tagesgeschäft. Zukunftsorientierte Unternehmen machen darum
A
kein großes Aufheben. “
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PlUSS Lübeck
Spanische Fachkräfte
für deutsche Pflegeeinrichtungen
Als Spezialist für Personallösungen in Medizin und Pflege will die
seit 1984 bestehende PLUSS Personal Leasing und System Service
GmbH mit dem Fachbereich Care
People ihren Teil zur Linderung
des Fachkräftemangels beisteuern
und weiterhin mit ausreichend Potenzial als zuverlässiger Partner
bei einem Mitarbeiterausfall oder
-engpass zur Verfügung stehen.
Das Unternehmen setzt dabei
zum einen auf ein hausinternes
Kompetenzzentrum mit Angeboten für Qualifizierung, Beratung
und Entwicklung von Pflegekräften und zum anderen auf ein Paket
von Konditionen und Rahmenbedingungen, das den Pflegeberuf sowie die tägliche Arbeit für Berufstätige unter anderem durch flexible
Beschäftigungsmodelle und Arbeitszeiten attraktiv gestaltet.
Durch nachhaltiges Personalmarketing werden sowohl vorhandene
Ressourcen für das Unternehmen
gewonnen und gleichzeitig neue
Potenziale für eine Tätigkeit in der
Pflege interessiert und qualifiziert.
Weiterhin steht die kontinuierliche
Fort- und Weiterbildung eigener
Mitarbeiter im Fokus.
Neue Wege beschreitet PLUSS
Care People seit Anfang des Jahres
mit einem Modellprojekt zur Rekrutierung spanischer Fachkräfte für
den deutschen Arbeitsmarkt und
setzt sich damit parallel zur verstärkten Qualifizierung der eigenen Zeitarbeitnehmer für die Integration ausländischer Fachkräfte
ein. In Gesprächen wurden im Februar in Murcia sechs Kandidaten
mit fachlicher und persönlicher Eignung ausgewählt. Bis heute wurden sie gemeinsam mit Kooperati-
onspartnern begleitet, um Sprache
inklusive Fachvokabular zu erlernen, in Deutschland „anzukommen“ und die kulturellen wie gesetzlichen Hürden zu überwinden.
„Dieses Projekt ist sehr erfolgreich angelaufen und hat sicherlich Vorbildfunktion für die künftige Personalgewinnung“, beurteilt
Jörg-Peter Otto, Geschäftsführer
der Lübecker PLUSS Niederlassung, die gesammelten Erfahrungen. Das Unternehmen sucht dauerhaft Pflegekräfte aller Fachrichtungen zur Festanstellung.
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DIE WIRTSCHAFT – Gastarbeiter waren gestern. Heute wirbt die Wirtschaft in der Region aktiv um Personal aus dem Ausland.
Foto: Pluss
Dienstag, 24. September 2013
11
ARBEITSWELT
TIPPS FÜR GRÜNDER
KITA-GRÜNDUNG
Zehn Schritte
zur Kita
Kinderbetriebsglück
Das Bundesfamilienministerium
rät zu folgenden zehn Schritten,
um eine Kita zu gründen:
Wie Unternehmen einen Kindergarten einrichten können.
Immer mehr Unternehmen
setzen darauf, die Kinder
ihrer Mitarbeiter vor Ort zu
betreuen. Bei der
Gründung einer Kita gibt
es genaue Vorschriften zu
beachten. Manchmal
bieten sich auch
Alternativen an.
Von Nathalie Klüver
Die Vereinbarkeit von Beruf und
Familie ist ein Thema, das viele junge Eltern beschäftigt. Wo bringe
ich mein Kind unter, wenn ich wieder arbeiten gehe? Finde ich überhaupt einen Krippenplatz? Am besten einen Platz ganz in der Nähe
von der Arbeit, so dass man kei-
ne Umwege fahren muss. Mit Betreuungszeiten, die optimal an die
Arbeitszeiten angepasst sind und
einem Umfeld, in dem man sein
Kind gerne lässt. Doch oft genug
müssen Kompromisse eingegangen werden, die manchmal dazu
führen, dass man trotz der angepeilten 30 Stunden nur 20 Stunden arbeiten kann.
Will man als Unternehmer seine
Arbeitnehmer an sich binden oder
neue Arbeitnehmer für sich begeistern, sind Betriebskindergärten ein
immer stärkeres Argument. Sie helfen auch, Arbeitnehmerinnen
schneller aus der Elternpause in
den Beruf zurückzuholen, oft auch
zu mehr als nur 20 Stunden. So können die Potenziale besser genutzt
werden. Und wer sein Kind gut und
ortsnah betreut weiß,der kann sich
natürlich auch besser auf seinen
Job konzentrieren. Wer nicht
gleich einen ganzen Kindergarten
gründen möchte, der kann beispielsweise Plätze in nahegelegenen Kindertageseinrichtungen exklusiv für die Mitarbeiter reservieren oder sich mit anderen Unternehmen zusammenschließen und
eine gemeinsame Kita gründen.
Möglichkeiten gibt es viele. Zu
beachten gibt es aber auch so einiges.
Laut Statistischen Bundesamt
gibt es rund 600 privatwirtschaftliche Kitas in Deutschland – mit gut
9400 Plätzen. Das entspricht 2,6
Prozent aller Kleinkinder in diesen
Einrichtungen.
Doch die Tendenz ist steigend.
Auch wenn die Hürden hoch sind
und eine Kita nicht von heute auf
morgen eröffnet werden kann, sondern einiger Planung bedarf.
Das Bundesfamilienministerium
hat einen Ratgeber für die KitaGründung herausgegeben und rät
zu folgender Vorgehensweise:
Zunächst muss die Frage geklärt
werden, wie groß eigentlich der Betreuungsbedarf ist: Wie viele Mitarbeiter mit Kindern gibt es? Besteht
ein regelmäßiger Betreuungsbedarf oder nur ein punktueller? Soll
es eine betriebseigene Einrichtung
sein oder wird die Zusammenarbeit mit mehreren Firmen angestrebt? Will man einen Dienstleister beauftragen oder lieber alles
selbst in die Hand nehmen? Gesetzliche Vorschriften für eine Kindertageseinrichtung finden sich im Sozialgesetzbuch VIII, unter anderem
in den Paragraphen 22 ff. und 45.
Weitere Einzelheiten werden in
den jeweiligen Kindertagesstätten-Gesetzen der Bundesländer geregelt.
Eine Möglichkeit kann auch
sein, beschäftigte Eltern bei
der Gründung einer Elterninitiative zu unter-
stützen: durch Sachmittel, Spenden, Spielmaterialien, Renovierungsarbeiten von firmeneigenen
Handwerkern oder eine Kantinenmitnutzung. Auch die Zusammenarbeit mit Tagespflegepersonen
kann eine kleine, flexible Kinderbetreuung sicherstellen, die besonders für kleine Unternehmen interessant sein kann. Dabei kann der
Betrieb beispielsweise die Räumlichkeiten zur Verfügung stellen.
Wie die Räume auszusehen haben, wird genau durch Landesgesetze geregelt, besonders ist an die
Fluchtwege im Brandfall und an eine kindsichere Umgebung zu denken, aber bei einer U-3-Betreuung
auch über Schlafmöglichkeiten,
schließlich halten die lieben Kleinen auch ihren Mittagsschlaf in der
Krippe. Nicht nur innen sollte es
ausreichend Platz zum Toben geben, auch an ein geeignetes Außengelände sollte gedacht werden,
ebenso wie an eine abgetrennte
Kochecke und eine Garderobe sowie an kindgerechte Toiletten und
Wickelplätze.
Ganz am Anfang der Planungen
sollte, so raten Familienministerium und Jugendämter, die Finanzierung stehen. Zwar gibt es die Möglichkeit von Anschubfinanzierungen durch Förderprogramme, aber
Ziel sollte es immer sein, kostendeckend zu arbeiten, um die Betreuung auf Dauer sicherzustellen, rät
beispielsweise die ARAG.
Eine unbürokratische Möglichkeit, Kinder zu betreuen, können
auch Spielgruppen sein, die zum
Beispiel nachmittags eine Alternative sein können, wenn die normalen Kindergärten bereits ihre Türen schließen. Spielgruppen gelten
als Nachbarschaftshilfe und brauchen keine besondere Erlaubnis.
Um die Eltern in Notfällen zu unterstützen, wenn Kindergärten oder
Tagesmütter Urlaub haben oder
wegen Krankheit geschlossen
sind, können auch ein Spielzimmer
oder eine Wickelecke mit Spielmöglichkeiten für die Eltern eine
große Erleichterung sein.
A
STAATLICHE HILFE
MITARBEITERBINDUNG
Möglichkeiten
der Förderung
Lübecker Unternehmen blickt auf mehr als
ein Jahrzehnt Kita-Erfahrung zurück
Kinder im Betriebskindergarten von Euroimmun.
Foto: Nathalie Klüver
Bereits vor elf Jahren gründete das
Lübecker Unternehmen Euroimmun einen Betriebskindergarten,
von Anfang an auch mit einer U-3Betreuung. Mittlerweile bietet der
Betriebskindergarten mit Krippe,
Kita und Hort auf dem Firmengelände 80 Plätze für die Kinder der
Mitarbeiter. „Bei uns arbeiten viele
Frauen, denn der Laborberuf wird
vor allem von Frauen gewählt“, erklärt Susanne Aleksandrowicz, Mitglied des Vorstandes und zuständig für Personal. Wenn diese Frauen dann drei Jahre in Elternzeit gingen, tat sich viel in der Laborwelt
und der Wiedereinstieg gestaltete
sich entsprechend schwer. „Wir
wollten einfach nicht mehr auf diese qualifizierten, gut eingearbeiteten Frauen verzichten“, so Aleksandrowicz.
Und so wurde der Betriebskindergarten gegründet, der von Anfang an „rege angenommen“ wurde. Er ist direkt auf dem Firmengelände angesiedelt, so dass die Wege zum Arbeitsplatz kurz sind und
man auch mal schnell da sein kann,
sollte etwas sein: „Das gibt den
Müttern zusätzlich ein beruhigendes Gefühl.“ Der Kindergarten ist
nur für Mitarbeiterkinder gedacht.
Ein weiterer Vorteil: Er ist durch
die firmeneigene Förderung nicht
nur günstiger als ein Platz in einer
städtischen oder kirchlichen Einrichtung, die Öffnungszeiten sind
auch noch an die Arbeitszeiten angepasst. „Und niemand muss mit
Zeitdruck im Nacken arbeiten,
weil er das Kind auf die Minute genau abholen muss“, so Aleksandrowicz.
Im Schnitt betrage die Elternzeit
heute ein Jahr, doch wolle man mit
der Kita nicht nur Eltern früher wieder in den Beruf zurückholen, es gehe auch darum, eine gute Arbeitsatmosphäre zu schaffen: „Wir stehen
voll hinter dieser Sache.“
Fördermöglichkeiten bietet das Unternehmensprogramm „Betriebliche Kinderbetreuung“ des Bundesfamilienministeriums, das die Einrichtung neuer Betreuungsgruppen für Mitarbeiterkinder bis zum
dritten Lebensjahr unterstützt. Stiftungen, Vereine, Berufsverbände
oder Hochschulen und Behörden
an dem Progamm teilnehmen Die
Anschubfinanzierung erfolgt für
die ersten zwei Jahre.
Weitere Informationen und eine
Broschüre mit Hilfestellungen und
Checklisten: www.bmfsfs.de. Weitere Tipps und Checklisten insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen gibt es auf www.mittelstand-und-familie.de.
BRANCHEN & MÄRKTE
Anzeige
Mit „Mobiler Website“ fit für Smartphone & Co
Mit zunehmender Verbreitung von
Smartphones ändert sich gleichzeitig das Nutzungsverhalten für das
Internet. Fakt ist: Der mobile Zugriff wird immer wichtiger. Ob im
Bahnhof, an der Bushaltestelle, am
Arbeitsplatz, beim Einkaufen, im
Auto, beim Spazierengehen, in Restaurants, Bars oder beim Sport –
egal, wo Smartphone-Besitzer sich
aufhalten, sie nutzen das Internet.
Selbst zuhause greifen 92 Prozent*
von ihnen zu diesem Zweck zum
Smartphone.
Mobile Besucher wollen sich
schnell informieren, eine schlanke
Optik, unkompliziert anfragen, reservieren oder bestellen. Sie suchen nach Geschäften, Veranstaltungen, Restaurants, Bars, Ärzten,
Apotheken, Hotels, Handwerkern
und weiteren Dienstleistungen.
Obgleich sich das mobile Internet als wichtiger Kanal für Online-Konsumenten etabliert hat, tragen viele Unternehmen dieser Entwicklung noch keine Rechnung.
Mit ihrer bestehenden DesktopWebsite werden sie der mobilen Internet-Nutzung in der Regel nicht
gerecht. Die mobile Nutzung hat eigene, schnelle Regeln und redu-
zierte Anforderungen, um die Bedürfnisse der Online-Besucher zu
erfüllen.
Mobile Websites sind eine Präsenz im Internet, die speziell für die
Nutzung mobiler Endgeräte optimiert sind. Sozusagen reduzierte
Versionen der eigentlichen Websites als mobile Ergänzung zur Homepage. Eine Web-App ist flexibel,
schnell produzierbar und günstig.
Als neues Marketing-Instrument
wird sie den veränderten Marktanforderungen gerecht und fördert
die Kontakte mit Kunden und neuen Kundenkreisen.
Beispielseite
Die Lübecker Nachrichten tragen dieser Entwicklung Rechnung
und haben jüngst ihr Produkt-Portfolio um die Erstellung von „Mobilen Websites“ erweitert. Die neue
Media-Leistung ist ein wichtiger
Schritt in die mobile Zukunft. Wir
machen jeden Internet-Auftritt fit
für Smartphones, Tablets und Laptops.
A Mobile Websites
Ansprechpartnerin bei den LN:
Katja Wendt
katja.wendt@LN-Luebeck.de
Telefon 04 51 / 144 - 22 05
* Quelle: TNS Infratest Mobile Club – März 2013
DIE WIRTSCHAFT – Kitas werden gefordert. Und gefördert. Wer einen Betriebskindergarten gründen möchte, kann staatliche Mittel nutzen.
12
Dienstag, 24. September 2013
ARBEITSWELT
Vorsicht Fettnäpfchen!
Im US-Business gehören Schlagfertigkeit und Humor zur Tagesordnung.
Doch bei aller Lockerheit sind die Gepflogenheiten dort strenger, als man denkt.
Wer in den USA Geschäfte machen
will, sollte wissen, dass es bei der
Etikette große Unterschiede im Vergleich zum eigenen Land gibt. „Oft
sind es die Ahnungslosigkeit und
der Irrglaube an kulturelle Ähnlichkeiten, die deutschen Geschäftsleuten im US- Business zum Verhängnis werden können“, sagt Dr. rer.
pol. Marc-Andreas Prill, Professor
an der FH Lübeck mit dem Schwerpunkt „International Management
and Business“.
In Deutschland ist der geschäftliche Umgang sehr direkt. Probleme
werden unumwunden angesprochen. Das ameri-
kanische Geschäftsleben hingegen wirkt
nicht nur unkompliziert,
sondern vor allem locker. Schnell
entwickelt sich ein scheinbar
freundschaftliches Verhältnis und
man spricht sich mit dem Vornamen an. Die Hierarchien sind relativ flach und nicht immer auf den
ersten Blick erkennbar.
Deutschen Geschäftspartnern
fällt es in den USA oft schwer zu entscheiden, wie sie sich verhalten sollen. Denn so umgänglich Amerikaner wirken, wollen sie doch den nötigen Abstand wahren. Auch körperlich: Zu Geschäftspartnern sollte mindestens eine Armlänge Abstand gehalten werden. Direkte Berührungen beeinträchtigen schnell
ihre Distanzzone.
„Wenn man gefragt wird, ob
man nicht mal zum Essen vorbeikommen möchte, heißt das noch
lange nicht, dass man auch willkommen ist“, erzählt Prill. Erwidert
man die Einladung mit Wohlwollen und konkreten Terminvorschlägen, fühlen sich die Amerikaner
eher überrumpelt. Auch die Floskel „How are you“ stellt nichts weiter als eine höfliche Nachfrage dar
und sollte mit einem kurzen „Fine,
thanks, and you?“ beantwortet werden.
Wer sich also im Smalltalk übt,
mit Superlativen wie „great“,
„wonderful“ oder „outstanding“
großzügig umgeht und unverbindliche Zusagen trifft, kann gewisse
Unannehmlichkeiten vermeiden,
auch wenn er sich grundsätzlich ge-
gen
Oberflächlichkeit
sträubt. Politische Themen, Gespräche über Religion, Sexualität
oder Krankheit sind dabei absolut
tabu und sollten tunlichst vermieden werden. Ebenso unangebracht
sind anzügliche Komplimente gegenüber Kollegen des anderen Geschlechts oder diese allein beispielsweise zum Essen einzuladen.
Bezüglich der Pünktlichkeit sind
die Amerikaner ebenso streng und
akkurat wie die Menschen hierzulande. So sollte auch zum Erscheinen bei einem Geschäftsessen stets
die verabredete Uhrzeit eingehalten werden. Darüber hinaus sollten
einige Regeln beachtet werden.
Beim Betreten des Restaurants
wird der Besucher vom Gastronomiepersonal begrüßt und zum
Platz geleitet. Während des Essens
ist es für Amerikaner üblich, das bestellte Fleisch zunächst in einzelne
Teile zu schneiden und danach das
Messer zur Seite zu legen. Die
nicht benötigte Hand wird auf dem
Schoß abgelegt. Wer jedoch so tafelt, wie es zu Hause gebräuchlich
ist, begeht damit keinen sittenwidrigen Fehler.
Wenn die Amerikaner Europäern auch nicht in jeder Hinsicht als
locker erscheinen – so gelten umgekehrt Deutsche in den USA als Pedanten und Bremser. Wobei die
Korrektheit vielfach auch positiv
gesehen wird. Wer diese Eigenschaft mit einer großen Portion
Humor verbindet, kann bei
den Amerikanern richtig auftrumpfen. Denn Schlagfertigkeit und Witz sind im US-Business auch rhetorischer Hebel.
Und es empfiehlt sich, seine
persönlichen Eigenheiten nicht
zu verschleiern, sondern diese gelegentlich selbstironisch auf die
Schippe zu nehmen.
Denn Individualität ist in den
USA ein hohes Gut: „Im Gegensatz
zu anderen Ländern leben die USAmerikaner den Individualismus
dem Sprichwort zufolge, dass jeder
seines eigenen Glückes Schmied
ist“, erläutert Prill. Arbeit und Privatleben sind strikt voneinander
getrennt. Der Amerikaner definiert
sich nicht über seinen Beruf, der lediglich finanzielle Sicherheit gewährleistet. Auf welche Weise die
individuelle Karriereleiter erklommen wird, spielt keine Rolle. So erweist sich auch Teamarbeit nur
dann interessant, wenn jeder einzelne davon profitiert.
Im Allgemeinen ist die persönliche Beziehung zum Geschäftspartner in den USA deshalb von geringer Bedeutung. Im Vordergrund
steht meist das Erreichen der Verhandlungsziele.
Und während in Deutschland
ein Geschäft von A bis Z konzipiert
wird, sind Amerikaner eher Macher. Entstehen im Laufe der Umsetzung Probleme, wird erst dann
nach Lösungen gesucht. „ Zeit ist
Geld und schnelle Resultate sind
wichtiger als Langfristigkeit von
Geschäftsbeziehungen“, so Prill.
Wer Geschäfte im Ausland tätigen möchte, sollte sich mit den dortigen Sitten vertraut machen, denn häufig fangen Missverständnisse schon bei der Begrüßung an.
Foto: Minerva Studio / Fotolia, Grafiken: Anne Fidelak, leestat / Fotolia
BUSINESSETIKETTE
Fremde Länder,
fremde Sitten
Wer international Geschäfte macht,
sollte die Sitten in seinem Zielland kennen.
Von Anne Fidelak
Verborgene Strenge in
den USA, komplizierte
Kulturen in Indien,
Gesichtswahrung in China
– die Globalisierung hat
die Umgangsformen in
fernen Ländern kaum
angeglichen. Und stellt
Geschäftsleute
vor Herausforderungen.
Das Ausland bietet attraktive
Wachstumsmärkte, Möglichkeiten
für Outsourcing und Einkauf. Und
„Made in Germany“ ist bis heute
ein international geachtetes Gütesiegel. Doch ein ausgeklügeltes Geschäftsmodell, qualifizierte Mitarbeiter und ein langer Atem reichen
längst nicht aus, um in fernen Lädern erfolgreich zu sein. Denn was
in Deutschland üblich ist – sogar
manch unbefangene Geste – mag
anderswo als Affront gelten.
Das Wissen über kulturelle Unterschiede ist deshalb eine entscheidende Basis, um in der Ferne
Fuß zu fassen. Verständnis für fremde Sitten und eine andere Kommuninkationsweise sind unerlässlich,
um in fremden Kulturkreisen Geschäfte zu machen. Und um Fettnäpchen zu umgehen.
Deshalb sollte jeder sich im Vorwege über Traditionen und Etikette in seinem Zielland informieren.
Die wichtigsten Tipps und Tricks
für einige Regionen haben wir
A
hier zusammengestellt.
Alles im Einklang
In China sehen sich die Menschen weniger als Individuum, sondern als Teil einer Gemeinschaft.
Harmonie, Gleichgewicht, Tradition und das Wahren des Gesichts haben oberste Priorität.
Bereist man das „Land des Lächelns“ lautet das oberste Kriterium, einen Chinesen nie dazu zu
bringen, sein Gesicht zu verlieren –
etwa durch die direkte Äußerung
von Kritik. Oder durch das Übergehen der Hierarchie.
Denn im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten ist die Akzeptanz
von Macht- und Hierarchieunterschieden in China ziemlich hoch.
Schon beim Betreten eines Meeting-Raumes lässt sich die Rangordnung chinesischer Geschäftspartner ablesen. In der chinesischen
Kultur ist Alter mit Erfahrung und
Entscheidungsbefugnis gleichgesetzt und der Ranghöchste einer
Gruppe, der meistens auch der Älteste ist, wird zuerst begrüßt.
Dieses extrem ausgeprägte Hierarchie- und Klassenbewusstsein
spiegelt sich auch in den Lehren
des chinesischen Philosophen Konfuzius wider, die bis heute großen
politischen und kulturellen Einfluss auf China ausüben. Auf seinen Lebensweisheiten basiert
auch das Streben der chinesischen
Bevölkerung nach Einklang und
Balance. Ein Zitat von Konfuzius besagt: „Der Edle strebt nach Harmonie, nicht nach Gleichheit. Der Gemeine strebt nach Gleichheit, nicht
nach Harmonie.“ Zusammengefasst vom holländischen Kulturwissenschaftler Geert Hofstede „basiert die Stabilität der chinesischen
Gesellschaft auf ungleichen Beziehungen zwischen Menschen.“
Die Chinesen sehen sich als Teil
eines oder mehrerer Kollektive
und definieren sich beispielsweise
über Familie oder die Unternehmenszugehörigkeit. Dem Individualismus wird keine große Bedeutung beigemessen. Vielmehr
nimmt das Wohlergehen des Kollektivs mit all seinen Werten und
Normen die höchste Priorität ein.
Kommt es durch irgendwelche Umstände dazu, dass ein Chinese sein
Gesicht verliert, so leidet die ganze
Gruppe darunter.
In einer Studie im naheliegenden Südkorea befragte man südkoreanische Schüler, ob sie bei
Schuldfragen lieber einen „Blauen
Brief“ oder eher die direkte Bestrafung bevorzugen würden. Die
Mehrheit sprach sich für die direkte Bestrafung aus, da durch einen
„Blauen Brief“ die Schuld auch auf
die Familien zurückführt. „Ich bin
mir sicher, dass eine derartige Umfrage in China zu ähnlichen Resultaten führen würde,“ versichert Dr.
rer. pol. Marc-Andreas Prill, Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, der „International Management and Business“ im Fachbereich Maschinenbau und Wirtschaft an der Fachhochschule Lübeck unterrichtet.
Aufgrund der bedeutsamen Rolle der Familie hat auch der Nachname in China eine wichtigere Bedeutung als der Vorname – und wird,
anders als in Deutschland, zuerst
genannt.
Auch die Begrüßung unter einander folgt anderen Regeln. Mittlerweile hat sich der Handschlag
durchgesetzt, der jedoch viel weicher und sanfter ist. Berührungen
am Kopf sollten vermieden wer-
den, denn dieser beherbergt nach
traditioneller chinesischer Vorstellung die Seele und den Geist. Werden Gäste mit einem Applaus willkommen geheißen, sollten sie diesen erwidern.
Generell legen die Chinesen ein
ausgeprägtes indirektes Verhalten
an den Tag und beziehen sich sehr
stark auf ihre Körpersprache. Deshalb fällt es ausländischen Gästen
sehr schwer, die Mimik und Gestik
zu deuten sowie Aussagen zwischen den Zeilen zu erkennen.
Bei Verhandlungen empfiehlt es
sich grundsätzlich, einen Übersetzer miteinzubeziehen und wichtige Aussagen durch wiederholtes
Nachfragen abzuklären. Dadurch
werden die Verhandlungsposition
gestärkt und Missverständnisse
verhindert. Chinesen feilschen gerne. Als Europäer sollte man wissen,
dass es sich dabei als besonders
wichtig erweist, Emotionen zu vermeiden.
Zudem setzen Chinesen Schweigen gelegentlich als Verhandlungsstrategie ein und erwarten vom Gegenüber Geduld und Ausdauer.
Wer sich dieser Langatmigkeit und
Zeitlosigkeit nicht beugen kann,
hat schlechte Karten auf einen Nenner zu kommen.
Desweiteren steht vor jedem Geschäftsabschluss die persönliche
Beziehung. „Das berufliche und
private Leben ist in China sehr ineinander verwoben“, betont Prill.
Nicht selten bezieht sich ein Kundenstamm direkt auf einzelne Mitarbeiter als auf das Unternehmen
an sich. Wechselt ein Angestellter
also das Unternehmen, verliert der
ehemalige Arbeitgeber oftmals einzelne Geschäftspartner.
Um diese persönliche Bindung
untereinander zu festigen, werden
Einladungen ausgesprochen, die
auf keinen Fall abgelehnt werden
dürfen. „Nein“ sagen gilt als respektlos und ist verpönt. Besuche sollten zudem mit
Pünktlichkeit und einem
Gastgeschenk
einhergehen.
Doch auch dabei ist die Gefahr, in Fettnäpfchen zu
treten relativ
groß. Das Präsent muss in jedem Fall Wertigkeit
besitzen.
Messer und scharfe Dinge mit Klinge
symbolisieren
Trennung und sind daher tabu.
Auch Blumen sollten nicht verschenkt werden. Zudem darf es
nichts Weißes sein, da diese Farbe
für Trauer und Tod steht.
Ein Beispiel für diese Problematik ist der klassische MarlboroCowboy. „Der wirkte für die Chinesen wie ein armer Schlucker, der
verschwitzt schmutziger Arbeit
nachgeht. Die Zigarettenmarke
fühlte sich genötigt, ihren Cowboy
für den asiatischen Markt zu verjüngen. Zudem setzten sie ihn in einen
Truck, da er auf einem schwarzen
Pferd ritt, welches für Chinesen Unglück bedeutet. Denn im chinesischen Kulturkreis gilt Schwarz un-
ter anderem als Symbol für Dunkelheit, Ehre und Winter. Also nicht
zwingend negativ, aber in der Gesamtkomposition der Marlboro-Werbung doch so empfunden,“
erzählt Prill. „Auch sollte die
Zahl Vier in jeglicher Form vermieden werden. Diese heisst
auf chinesisch „si“ und wird
wie das chinesische Wort für „Tod“
ausgesprochen. Ein Stockwerk
oder Hotelzimmer mit der Zahl
Vier gibt es daher eher selten“,
fügt Prill hinzu.
Wird man in China zum Essen
eingeladen, so werden den Gästen
unzählige Speisen gereicht, die es
mindestens zu probieren gilt. Wer
satt ist, muss etwas übrig lassen.
Wird der Teller leer gegessen, symbolisiert dies den Wunsch nach ei-
ner Zugabe. Gerne testen die Chinesen auch die Trinkfestigkeit von
Ausländern. „So klischeehaft es
auch klingen mag, bei einem Geschäftsessen wird oft ordentlich gebechert und wer trinkfest ist,
hat einen gewissen Vorteil“,
fügt Prill hinzu. Alkohol
und Zigaretten gehören allen: Die
Schachtel wird dabei offen auf den
Tisch gelegt und somit allen Gästen zugänglich gemacht.
Gesprächsthemen wie
die Familie, das Wetter
oder Hobbys kommen
immer gut an. Aktuelle
Geschehnisse dagegen
bergen Fettnäpfchen.
Wertediskussionen oder politische Themen gelten
ebenfalls als Tabu-Themen.
Ansehen, Werte und Rituale spiegeln sich auch im
Austausch von Visitenkarten wider, sind von großer Bedeutung und daher ebenfalls
mit einer gewissen Etikette verknüpft. Überreicht sowie entgegengenommen werden die Karten mit
beiden Händen und der chinesischen Schrift nach oben. Als optimal gilt, wenn eine Seite in englischer und die andere in chinesischer Sprache bedruckt ist. Nach
der Übergabe gehört es sich, diese
genau zu studieren und ausreichend zu würdigen, denn auch das
zeugt von großer Wertschätzung
und Respekt seines Gegenübers.
DIE WIRTSCHAFT – Die umgänglichen Amerikaner wollen eigentlich Abstand bewahren. Die Chinesen sehen sich als Teil des Kollektivs.
Dienstag, 24. September 2013
Zwischen Tradition und Moderne
Das starke Traditionsbewusstsein der Inder prägt auch das Geschäftsleben.
„Wie das Land, so die Kleider“, lautet ein Sprichwort auf Hindi. Und
entspricht damit unserer Wendung
„Fremde Länder, fremde Sitten“
fast exakt. Zumal Kultur und Tradition in dem südasiatischen Land
mit seinen vielen Völkern und Religionen eine sehr hohe Bedeutung
haben. Wer Indien besucht, ist deshalb gut beraten, dafür viel Wertschätzung aufzubringen.
So sollte vor allem vermieden
werden, zu belächeln, was Indern
heilig ist. „Es ist zum Beispiel völlig
normal, dass Kühe mitten auf der
Straße spazieren gehen oder sich
einfach hinlegen und dem hektischen Treiben der Großstadt
zuschauen“, sagt Prof. Dr.
med. Dipl.-Ing. Oliver
Rentzsch, Professor für
Marketing an der Fachhochschule Lübeck. Als
Mitverantwortlicher eines
Austauschprojektes für indische und deutsche Studenten,
das vom Deutschen Akademischen Austausch Dienst (DAAD)
gefördert wird, weiß er, dass die
Kuh eine besondere Stellung in der
Tradition der Hindus hat. Spöttische Bemerkungen sind deshalb
fehl am Platz.
Zur Tradition gehören auch hierarchische Strukturen. Entscheidungen werden nur auf oberster
Ebene getroffen und es kommt
nicht selten vor, dass Abmachungen im Sande verlaufen, weil Geschäftspartner mit niedrig gestellten Kollegen verhandeln.
Eine weitere kulturelle Besonderheit ist, dass Inder vermeiden
„Nein“ zu sagen.„Wird einem
nach einer Verhandlung die Wendung ,No Problem’ entgegengebracht, kann man sich darauf einstellen, dass bei einer Kooperation
Schwierigkeiten zu erwarten
sind“, betont Professor Karen Cabos vom Fachbereich Maschinenbau und Wirtschaft an der Fachhochschule Lübeck. Kritik wird nur
indirekt geäußert. Wer unzufrieden ist, fragt eher nach einem Alternativvorschlag.
Essen ist ein Teil der indischen
Kultur, der als besonders wichtig
gilt. Bei Geschäftsessen sollte man
deshalb nach Möglichkeit keine angebotenen Speisen verwehren.
Dies gilt auch für Kleinigkeiten, die
nebenbei gereicht werden. Das Essen sollte vielmehr als Aushängeschild der Gastfreundlichkeit gewürdigt werden. „Inder erwarten
von ihren Gästen auch, dass sie
sich lobend über die Speisen äußern. Das ist ihnen
sehr wichtig“, so
Karen Cabos.
Traditionell werden viele Gerich-
te in Indien bis heute mit den Fingern verzehrt. In
der Regel wird
Westlern jedoch
Besteck angeboten. Wird allerdings auf Messer
und Gabel verzichtet,
sollte ausschließlich mit der rechten Hand gegessen werden, da die
linke als unrein gilt.
Die Begrüßung entspricht dagegen heute der im Westen: Der
Handschlag ist die gängige Form.
Ist der Gegenpart jedoch weiblich,
sollte abgewartet werden, bis die
Frau ihre Hand von sich aus reicht,
da es eigentlich tabu ist, Frauen in
der Öffentlichkeit zu berühren.
Gegenüber ausländischen Gästen verhalten sich Inder sehr weltoffen und interessiert. Jedes Geschäft beginnt auch in Indien üblicherweise mit einem eher oberflächlichen Smalltalk, beispielsweise über die Anreise oder Erfahrungen in Indien, um zu schauen, ob
die Chemie zwischen den Kooperationspartnern stimmt. Themen, mit
13
ARBEITSWELT
denen man im weiteren Gesprächsverlauf auf jeden Fall bei Indern
punkten kann, sind etwa Sport
oder persönliche Angelegenheiten
wie Familie und Hobbys.
Besonders schwer zu verstehen
sind für westliche Geschäftsparner
oft die Mimik und Gestikder Inder.
So bedeutet ein Kopfwackeln nach
rechts und links, das eher einer europäischen Verneinung ähnelt, Zustimmung – und kann somit schnell
zu Missverständnissen führen. Aufgrund unterschiedlichen Körpersprache ist es ratsam, auf eine ausgeprägte Gestik zu verzichten.
Ein weitere wichtige Besonderheit, mit der ausländische Geschäftspartner
in Indien rechnen sollten, ist, dass es oft zu Verspätungen kommt. Besonders viel Geduld verlangt
westlichen Geschäftspartnern aber in Indien die Bürokratie
ab – ob auf Postämtern, bei einer Visumverlängerung, im Krankenhaus oder in Geldinstituten: Wer
kein Durchhaltevermögen aufbringt und sich hitzig zeigt, wird
weitestgehend ignoriert.
Neben den offiziellen Strukturen gibt es auch ein stark ausgeprägtes informelles Netzwerk. Wer
geschäftlich in Indien Fuß fassen
möchte, sollte sich in dieses soziale
Geflecht integrieren. Ausreichende Kontakte und das Wissen über
personelle Zuständigkeiten erleichtern nicht nur behördliche Prozesse, sondern sorgen für die nötige
Unterstützung, um persönliche Ziele zu erreichen, wie zum Beispiel
ein Gespräch mit einem Entscheidungsbefugten. „Es sollte jedoch
klar sein, dass für einen Gefallen
auch immer eine Gegenleistung erwartet wird“, erläutert Rentzsch.
In einer Hinsicht ist Indien aber
speziell – seine kulturelle Vielfalt
ist unüberschaubar: „So gut Unternehmer, die in Indien Geschäfte tätigen wollen, sich mit den jeweiligen kulturellen Konveetionen vertraut gemacht haben – Ein Patentrezept für den Umgang mit indischen
Kooperationspartnern gibt es
nicht“, betont Karen Cabos.
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Größe ist das zentrale Thema, wenn man in Russland Geschäfte macht.
Russland und Größe stehen in einem engen Zusammenhang. Die
Föderation ist flächenmäßig das
größte Land der Welt. Groß ist auch
das Selbstbewusstsein der Russen,
das sie gern über Statussymbole
präsentieren. Das wirkt sich auf
das Geschäftsgebaren aus.
„In politischer und wirtschaftlicher Hinsicht werden Entscheidungen auf oberster Ebene getroffen:
Und Kompetenzen werden in der
Regel nicht nach unten delegiert.
Befindet sich etwa der Chef im Urlaub, werden auch keine Entscheidungen gefällt,“erklärt Wladimir
Nikitenko, stellvertretender Leiter
der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer. Darin ähnelt Russland Ländern wie Indien.
Nicht ganz untypisch für das russische Geschäftsleben ist bis heute
die Korruption. Manche Entscheidungen und Verhandlungen gehen immer noch mit monetärer Einflussnahme einher. Es ist zwar kein
Geheimnis, dass Bestechung vielfach dazu gehört – doch jeder verschweigt, wenn er in korrupte Machenschaften verstrickt ist.
Wer in Russland Geschäfte
macht, sollte auch wissen,
dass viele Dinge nicht zum
gewünschten Zeitpunkt erledigt werden. „Zawtra“
ist dort eines der meist
genutzten Wörter und
kann mit „morgen“
übersetzt
werden.
Ebenso werden Termine oft nicht eingehalten und Verspätungen nicht so eng gesehen.
Eine weitere Besonderheit –
sowohl im russischen Alltag, als
auch im Geschäftsleben – ist die
Bedeutung von persönlichen Beziehungen. Russen gelten als kontakt-
freudig und offen. Bevor sie ein Geschäft abschließen, möchten sie ihr
Gegenüber erst einmal kennenlernen. Die formelle Anrede Frau oder
Herr wird dabei selten benutzt.
Doch Vorsicht vor einer Fehleinschätzung: Zwar werden Menschen in Russland nur mit ihrem
Vor- und Vaternamen angesprochen, jedoch überwiegend in Verbindung mit der Anrede „Sie“–
ganz gleich, ob die Kooperationspartner schon lange miteinander
befreundet sind oder sich erst kennenlernen.
Am Anfang von Geschäften
steht in Russland immer der Smalltalk. Russen gelten als sehr belesen
und kulturell bewandert. Wer bei
den enstprechenden Themen mitreden kann, erntet großen Respekt.
Direkte Kritik und pauschale Behauptungen sollten aber unterlassen werden. Es empfiehlt sich, lieber einen Gegenvorschlag zu äußern, als Beanstandungen kundzugeben. Zu den Tabuthemen gehören Kriminalität, Staatshaushalt,
Kommunismus oder Unglücke wie
etwa der Untergang
des Atom-U-Bootes
Kursk. Auch das
Wort „Toilette“ sollte tunlichst vermieden werden. Besser ist es, nach
einem Ort zum Händewaschen zu
fragen. Wer sich am Tisch die Nase
schnäuzt, begeht ebenfalls einen
Fauxpas.
Russen sind auch sehr abergläubisch. Um Unglück zu vermeiden,
ist desweiteren zu beachten, dass
beim Betreten des Hauses die Schuhe auszuziehen sind und im Türrahmen nie die Hände geschüttelt werden dürfen. Außerdem gilt für Russland, dass man einer Frau nur dann
die Hand geben darf, wenn die Initiative von ihr ausgeht. Ansonsten
wird sich auf eine verbale Begrüßung oder ein Kopfnicken beschränkt.
Der Beschluss einer geschäftlichen Kooperation wird ordentlich
mit Wodka begossen – ein Klischee, das sich hält. Man muss
zwar nicht raue Mengen Alkohlol
trinken, aber wenn ein Wodka gereicht wird, sollte er nicht ausgeschlagen – und auf jeden Fall in einem Zug geleert werden. Übrigens
heißt der russische Trinkspruch
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DIE WIRTSCHAFT – Jede indische Ethnie hat ihre eigenen Sitten. Und in Russland zählt weit mehr als die Trinkfestigkeit.
14
Dienstag, 24. September 2013
ARBEITSWELT
SURVIVAL–TRAINING ALS STRESSTHERAPIE
Frieren, stark sein, improvisieren –
und sich wieder lebendig fühlen
Wer im Survivalcamp in Bad Malente mitmacht, muss sich ungewöhnlichen Herausforderungen stellen.
Dafür lernt er, Beruf und Alltag in einem ganz neuen Licht zu sehen.
Leben und Überleben im
Wald – was für den einen
pure Abenteuerlust
bedeutet, ist für den
anderen Mittel zum Zweck:
um den Zwängen des
Berufslebens zu entfliehen
und das eigene Leben neu
zu sortieren.
Von Anne Fidelak
Mit Leibeskräften stemmt sich der
Mann gegen die hohe Lärche. Er
verzieht das Gesicht, stöhnt und
drückt, dann ein letzter Ruck – der
Stamm bricht kurz über der Wurzel
ab und fällt zu Boden. Mit Schweißperlen auf der Stirn, aber einem Lächeln im Gesicht, nimmt er die
Komplimente der Gruppe entgegen. Das Feuerholz für die Nacht
ist gesichert.
Doch einen Baum zu fällen, ist
nicht die einzige Herausforderung,
die es hier zu meistern gilt. Im Wald
zu übernachten ohne zu wissen,
wann es das nächste Mal etwas zu
essen gibt und auch ohne sanitäre
Anlagen zur Verfügung zu haben,
bringt Menschen an ihre Grenzen.
Und das ist ein wichtiger Teil des
Programms von Detlef Kamerau. In
einem ausgedehnten Waldstück in
Bad Malente, im Herzen der Holsteinischen Schweiz, führt der Survivaltrainer in Überlebensstrategien in der Wildnis ein.
Die Zivilisation ist zwar in den
Wäldern
der
Holsteinischen
Schweiz durchaus nah, aber Kamerau führt die Gruppe in Gebiete,
wo man vergisst, dass die nächste
Straße kaum einen Kilometer entfernt vorbeiführt. Sie könnten ebensogut auch am Ende der Welt liegen. Die sechs teilnehmenden Männer und zwei Frauen werden hier
auf keinen einzigen Spaziergänger
treffen – dafür aber auf jede Menge
Tierspuren, Wildwechsel und Pflanzen, von deren Nutzen die meisten
Teilnehmer bislang keinen Schimmer hatten.
Es gibt viele Gründe, zwei anstrengende und außergewöhnliche
Tage in der „Wildnis“ zu buchen.
Führungskräfte und Wirtschaftsmanager lernen sich und ihre Fähigkeiten völlig losgelöst vom hektischen beruflichen Alltag in vertrauter Umgebung kennen. Das Trainings-Camp bietet aber auch angehenden Aussteigern, Selbstversorgern oder Adventure-Touristen
wichtige Grundlagen, ohne Hilfsmittel zu überleben. „Oft genug ist
das Survival-Camp der Auslöser
für einen persönlichen Neubeginn,“ erzählt Kamerau.
Genau diesen Erfahrungswert
sucht auch Nils Tiedemann bauen.
Der 34-Jährige ist Projektkoordinator in einem Handwerksbetrieb für
erneuerbare Energien. Die Auftragslage und damit der zeitliche
Aufwand hätten von Jahr zu Jahr
zugenommen, erzählt Tiedemann:
„Deshalb verbrachte ich immer
mehr Zeit in der Firma. Und selbst
wenn ich zu Hause bei Frau und
Kind war, kreisten meine Gedanken stets um die Arbeit im Betrieb.“ Als sein Chef krank wurde
und Tiedemann quasi zwei Jobs zu
verrichten hatte, steuerte er auf einen Burnout zu, unter dem auch seine Familie leidet. Im SurvivalCamp will er runterfahren.
Menschen wie Nils Tiedemann
nehmen besonders oft an unserem
Trainings-Camp teil“, sagt Kamerau. Im Einklang mit der Natur,
dem Rauschen der Bäume, dem
Plätschern der Bäche und dem Einatmen der frischen Luft finden sie
nach langer Zeit ihre innere Ruhe
wieder. Ohne mobile Endgeräte,
Wer beim Überlebenstraining teilnimmt, muss sich einigen Herrausforderungen stellen. Hier überprüft Nils Tiedemann, ob das selbstgebaute Nachtlager der nächtlichen Witterung Stand halten kann.
Fotos: Anne Fidelak
Für Marc Riemer ist das Überlebenstraining ein großes Abenteuer.
Mit Wildkräutern oder Tannennadeln
lassen sich leckere Tees zubereiten.
Kleintierfallen können in einer Notsituation Menschenleben retten. Im Survivalcamp Malente dienen sie aber mehr der Gruppendynamik.
Hoch konzentriert: Nils Tiedemann
und Marc Riemer beim Wasserholen.
ohne selbstdefinierende Accessoires, Termine und Konsum besinnen sie sich dabei auf alles, was der
Mensch eigentlich zum Leben
braucht. Etwa Wärme, Nahrung,
Schutz und Licht.
Doch Kamerau bezieht sein Angebot auch gern auf berufliche
Sichtweisen: „Aus der Ingenieursperspektive betrachtet, geht es
hier darum, möglichst lange, mit
möglichst wenig energetischen
Aufwand zu überleben: Im Mittelpunkt steht das eigene Leben und
das der Teammitglieder – nicht
mehr und nicht weniger“, sagt Kamerau. So geht es im Survivalcamp
auch darum voneinander zu profitieren, sich gegenseitig zu helfen,
zu stützen und gemeinsam einen
Lösungsweg zu entwickeln.
Die Gruppe rund um Niels Tiedemann muss nun unter der Anleitung von Detlef Kamerau eine
schützende Übernachtungsmöglichkeit errichten.
Eine alte Plane, ein paar Schnüre
und jede Menge Geäst sollen als
Material für die Schlafbehausung
dienen, der Rest ist Teamwork. Einzeln oder als Team machen sich die
Teilnehmer auf, um passende Äste
und Baumstämme zu suchen. Sie
bilden das Skelett des Unterschlupfes. Aus dünneren Zweigen und
der Plane wird eine Wand als Windschutz errichtet.
Letztlich besteht das Nachtlager
nur aus einem einseitigen Schrägdach. Ohne Schlafsäcke oder Matten zur Verfügung zu haben, wird
nur der Boden mit Gras, Laub und
Moos gepolstert. Doch die Begeisterung ist groß, als das Werk mit gemeinsamer Kraft und nach einigen
Änderungen der Konstruktionspläne geschafft ist. Nils Tiedemann
und sein Freund Marc Riemer widmen sich erstmal dem Probeliegen.
Seit Stunden denkt keiner von beiden mehr an seinen Alltagsstress.
Doch um sich auszuruhen, bleibt
keine Zeit. Zunächst müssen aus
kleinen Zweigen mit viel Geschick
und noch mehr Geduld Fallen gebaut werden, um Kleintiere fangen
zu können. Kamerau verzichtet allerdings darauf, die Tauglichkeit
der Geräte tatsächlich auszuprobieren, denn auf Mäuse und Ratten
hat in dieser Gruppe ohnehin niemand wirklich Appetit.
Und ein echter Notfall sieht auch
anders aus: An diesem Abend können die Teilnehmer auf die Nahrungssuche verzichten. Denn Kamerau hat rohes, ungewürztes
Hähnchenfleisch in seinem Rucksack mitgebracht.
„Wir brauchen auch sauberes
Wasser“, mahnt er jetzt. Und die
Gruppe läuft zu einem See in der
Nähe. Wieder ist gegenseitige Unterstützung gefragt. Tiedemann
und Riemer zeigen sich als eingespieltes Team und füllen nicht nur
die eigene Vorratsflasche, sondern
auch die der anderen. Durch ein
sauberes Tuch gefiltert und abgekocht, soll daraus Trinkwasser werden, mit Tannennadeln sogar ein
schmackhafter Tee. Zwischendurch erläutert Kamerau die verschiedenen Pflanzen im Wald,
die das Abendessen ergänzen. Zum Beispiel
Raus aus der Sackgasse, das
Neue suchen, das sei eine Erfahrung, die viele im Leben machen,
sagt Kamerau. „Wenn nichts mehr
geht, muss man gehen“, ermuntert
er. Schließlich stoßen die Überlebenskünstler etwa drei Kilometer
weiter auf eine bestens geeignete
Wasserstelle.
Zurück im Lager, muss das Wasser abgekocht werden, um bakterielle Infektionen auszuschließen.
Doch dabei gibt es das nächste Problem: Wie kann ein Feuer entfacht
werden, wenn keine Streichhölzer
oder Feuerzeuge vorhanden sind?
Wie war das noch mit dem Zweig,
der auf einem anderen Holz stehend schnell zwischen den Händen gerieben wird und sich dadurch entfachen soll?
Tiedemann, Riemer und die anderen Campteilnehmer probieren
eine Methode aus, die allgemein
bekannt ist – aber nicht zum Erfolg
zum Erfolg führt: Sie schlagen Steine aneinander. Doch peinlich ist
das niemandem. Alle wirken, als
wären die Angst, Fehler zu begehen, und Tendenzen zur Selbstdarstellung schon zu Beginn der Tour
zurückgelassen worden. Es erweist
sich sogar als förderlich, Unwissenheit zu bekennen. Schließlich zieht
Kamerau einen Feuerstein aus der
„Hier im SurvivalCamp möchte ich mich
und meinen Körper
nullen – und mich in den
Reset-Zustand
versetzen.“
Nils Tiedemann,
Projektkoordinator
Knoblauchrauke und Spitzwegerich. Außerdem erfahren die Teilnehmer auf dem Weg zum See, wie
man aus einer Birke Wasser gewinnt, wie man ihre Äste zur Zahnbürste umfunktioniert, wo man ein
natürliches Kaugummi findet und
wie man in einem Baumpilz mehrere Stunden lang Glut speichert.
Doch am See kommt erst mal
Frust auf: Es stellt sich heraus, dass
Strömung und Wind das Wasser so
verunreinigt haben, dass es nicht
trinkbar ist. Die Gruppe muss weiter ziehen, eine Stelle mit weniger
Algen und Partikeln im Wasser suchen.
Tasche. Das hebt die Laune bei angekündigten sechs Grad Temperatur für die Nacht enorm.
Die Camp-Teilnehmer kochen
nun Tee mit Tannen-, Brennesseloder Löwenzahnaroma. Weder der
Schmutz noch herumkrabbelnde
Insekten stören jetzt noch. Nils Tiedemann schaut zu, wie sein Wasser
langsam zu kochen beginnt und
blickt nachdenklich ins Feuer.
„Das Survivaltraining fördert
nicht nur die geistige Flexibilität,
sondern ebenso die Kreativität. Der
freiwillige Verzicht auf Komfort
und Sicherheit trägt dazu bei, persönliche Lebensweisen und Alltäglichkeiten neu zu bewerten und gegebenenfalls zu verändern“, erklärt Kamerau. „Bei den CampTeilnehmern beobachte ich häufig,
dass diese hier völlig aufgeregt
und angespannt auftauchen und
am Ende der zwei Tage fast tiefenentspannt nach Hause fahren. Manche beschließen, auch weiterhin
am Wochenende ihr Mobiltelefon
auszuschalten. Einige stellen überrascht fest, welche Leistungsfähigkeit sie tatsächlich aufbringen können, um ein Ziel zu erreichen, andere kämpfen in den inszenierten Notsituationen erfolgreich gegen ihren eigenen Schweinehund und
sind danach überglücklich.“
Als die eiskalte Nacht überstanden ist, bleibt bei der Zubereitung
der Morgenmalzeit keine Zeit zum
Klagen – frohen Mutes und voller
Energie packen wieder alle mit an.
Zwei holen frisches Wasser, zwei
andere zermahlen Körner, um daraus kleine Fladen zu backen, und
auch die aufgestellten Kleintierfallen werden kontrolliert. Andere
kümmern sich um das Instandhalten des Feuers. Etwa zwei Stunden
dauert es, ehe endlich gefrühstückt
werden kann. In mittlerweile vertrauter Runde sprechen die
Camp-Teilnehmer über die gemeinsam verbrachte, bitterkalte
Nacht, über die ungewohnte Dunkelheit, die Geräusche des Waldes.
Nach dem Essen wartet eine
neue Aufgabe auf die Gruppe. Kamerau gibt eine Einweisung in die
Jagd. In Deutschland ist es verboten, wild zu jagen. Deshalb besteht
Kameraus Wild aus Styropor. Die
Campteilnehmer bauen sich aus
dem Material, das der Wald hergibt, Waffen. Sportlichkeit und Geschick ist für den Jagderfolg notwendig. Die Freude über jeden
Treffer ist groß – über jeden eigenen und über den eines anderen.
Denn: Im Fall des Falles würde das
erlegte Tier ja schließlich eine
Mahlzeit für alle bedeuten.
Etwas müde, etwas dreckig und
ein wenig zerzaust, aber mit ganz
neuen Erkenntnissen über sich
und andere verlassen die CampTeilnehmer den Malenter Wald.
Ein Selbsterfahrungstripp über
knapp 30 Stunden liegt hinter ihnen – Stunden, die ihr Leben verändern könnten. Das gilt auch für Nils
Tiedemann: „Ich habe Momente erlebt, in denen ich wirklich über
nichts nachdachte. Dann wiederum habe ich meine Lebenssituation genau vor mir gesehen“, sagt er.
„Aber ich betrachte meinen Alltag
jetzt mit anderen Augen. Ich werde
auf jeden Fall viel mitnehmen.“
SURVIVAL-SCHULE MALENTE
Die Wildnis-Experten
Detlef Kamerau ist
hauptberuflich Survival-Trainer.
Detlef Kamerau war 15
Jahre Vorarbeiter in einem Garten- und Landschaftsbauunternehmen,
und dort für die Aus- und
Weiterbildung der Mitarbeiter im Handwerk zuständig. Nach seiner Zeit
als Bundeswehrsoldat
trainierte er junge Streit-
kräfte, um sie für ihren Dienst und
ihre Einsätze zu spezialisieren.
Nicole Adler ist Berufssoldatin
und Rettungssanitäterin. Durch
zahlreiche Expeditions- und Abenteuerreisen konnten sowohl sie als
auch Detlef Kamerau ihr Knowhow für eine Survival-Spezialisierung stets erweitern und geben diese Kompetenzen gern an andere
Menschen weiter. Gemeinsam führen sie die Survivalschule in Bad
Malente.
Survival-Schule Malente
Detlef Kamerau, Nicole Adler
Haferkamp 3a,
23714 Bad Malente/Kreuzfeld
Tel.: 0 45 23 / 20 71 50
www.survival-malente.de
DIE WIRTSCHAFT – Elementare Erlebnisse: Survival stärkt das Empfinden für das Wesentliche. Und lässt berufliche Herausforderungen neu erleben.
FINANZEN & MARKETING 15
EINHEITLICHER EUROPÄISCHER ZAHLUNGSVERKEHR
Sepa: Firmen müssen dringend handeln
In vier Monaten werden Überweisungen auf das neue System umgestellt. Viele kleinere Unternehmen sind noch nicht vorbereitet.
Ein harmlos klingendes Kürzel sorgt
bei vielen Menschen zurzeit für Kopfzerbrechen:
„Sepa“ steht für „Single Euro Payments Area“, zu
Deutsch: „einheitlicher europäischer Zahlungsraum“.
Schon zum 1. Februar 2014 tritt das neue
System in Kraft. Auch für Privatleute, die nur eine
überschaubare Anzahl von Überweisungen tätigen,
ist die Umstellung schon enorm: Sie müssen statt
Kontonummer und Bankleitzahl dann den
22-stelligen Iban-Code auf die Vordrucke schreiben.
Gerade kleinere Firmen stehen aber vor einem viel
größeren Problem: Sie müssen ihre komplette
Buchhaltung für Sepa fit machen. Die Zeit drängt.
Von Christian Risch
Die Wirtschaft in Europa wächst immer stärker zusammen. Das EuroBargeld gehört seit mehr als zehn
Jahren zu unserem Alltag, aber wie
Überweisungen und Lastschriften
genau auszusehen haben, ist bisher innerhalb der Europäischen
Union sehr unterschiedlich geregelt. Auf dem Weg zu einer noch
stärkeren Vernetzung in Europa ist
das Sepa-System ein weiterer, sinnvoller Schritt.
Doch je näher das Datum rückt,
desto lauter werden die warnenden Stimmen: Es gibt insbesondere
bei kleineren Firmen großen Nachholbedarf, um am Stichtag für den
einheitlichen Zahlungsverkehr gerüstet zu sein. Denn ab 1. Februar
2014 dürfen Kreditinstitute Überweisungen und Lastschriften nur
noch im Sepa-Format annehmen.
Das gilt nicht nur für Zahlungsverkehr mit dem Ausland, sondern
auch für alle Zahlungen innerhalb
Deutschlands.
Der Start dürfte holprig werden.
„Knapp ein halbes Jahr vor Inkrafttreten des einheitlichen europäischen Zahlungsraums läuft noch
ein Drittel der europäischen Unternehmen Gefahr, die Umstellung
nicht bis zum Stichtag 1. Februar
2014 zu schaffen“, erklärte vor kurzem die Wirtschaftsprüfungs- und
Beratungsgesellschaft PwC.
Bundesbank: Bisher
ist wenig passiert
Auch die Deutsche Bundesbank betrachtet die zögerliche Umstellung
mit Sorge. „Der Countdown läuft.
Es sind nur noch etwas mehr als
200 Tage, bis Sepa gilt. Doch bisher
ist wenig passiert“, schrieb sie in einer Presseerklärung. Wie viel
Nachholbedarf bestehe, zeige ein
Zahlenvergleich: Es gibt über vier
Millionen Unternehmen und Vereine in Deutschland, aber bis Mitte
des Jahres habe die Bundesbank
nur rund 542 000 Gläubiger-Identifikationsnummern vergeben. Und
genau diese Nummer benötigen alle, die ab 1. Februar 2014 weiterhin
am Sepa-Lastschriftverfahren teilnehmen wollen. „Deshalb müssen
die Firmen das Thema schnellstens
angehen, um in vier Monaten kein
böses Erwachen zu erleben“,
schreibt die Bundesbank. Die Gläubiger-Identifikationsnummer muss
elektronisch bei der Bundesbank
beantragt werden.
Auch die Banken und Sparkassen investieren im Moment viel
Zeit darauf, ihre Privat- und Firmenkunden auf die neue Zeitrechnung
vorzubereiten – mit Beratungsund Informationsveranstaltungen.
„Die Zeit drängt, was die Vorbereitung der Unternehmen angeht“,
sagt Jörg Otten, Firmenkundenbetreuer und Sepa-Experte der Deutschen Bank in Lübeck. Am 1. Februar 2014 verlören nationale Lastschriften und Überweisungen ihre
Gültigkeit. „Um zahlungsfähig zu
bleiben, müssen Firmen ihren Zah-
lungsverkehr rechtzeitig umstellen. Ansonsten besteht das Risiko,
dass zum Beispiel Gehaltszahlungen nicht mehr überwiesen werden können. Oder Rechnungen lassen sich nicht mehr über das Lastschriftverfahren begleichen. Im
schlechtesten Fall bedeutet dies
Zahlungsstillstand“, warnt Otten.
Es gebe spürbare Unterscheide.
Große Unternehmen seien in der
Regel bereits gut vorbereitet, viele
kleinere hätten allerdings Nachholbedarf. „Das Enddatum der SepaUmstellung wurde relativ spät fixiert. Ohne diese rote Linie hatte
Sepa in vielen Unternehmen bislang keine hohe Priorität. Momentan sehen wir allerdings, dass sich
die meisten Firmen mit Hochdruck
vorbereiten“, erklärt Experte.
Um den Aufwand der Umstellung zu ermitteln, empfehle die
Deutsche Bank Lübeck den Unternehmen drei grundlegende Schritte: „Zunächst sind alle Konten in
Deutschland und anderen SepaLändern zu ermitteln. Dann wird
analysiert, welche Zahlverfahren
mit welchem Volumen auf den betreffenden Konten genutzt werden. Im Anschluss gilt es, die genutzten Buchhaltungs- und Zahlungsverkehrssysteme auf SepaFähigkeit zu überprüfen“, sagt Otten. Diese Bestandsaufnahme gebe einen allgemeinen Überblick darüber, in welchem Maß ein Unternehmen von Sepa betroffen ist. Gerade die Umstellung der IT-Systeme dürfe nicht unterschätzt werden. Wer jetzt die Einführung organisiere, sollte die Erfahrungen der
Unternehmen nutzen, die schon
länger damit befasst sind.
Auch die rund 576 500 Handwerksunternehmen in Deutsch-
„Firmen müssen ihren
Zahlungsverkehr rechtzeitig
umstellen. Sonst besteht
zum Beispiel das Risiko,
dass Gehalt nicht mehr
überwiesen werden kann.
Im schlechtesten Fall
gibt es Zahlungsstillstand.“
Jörg Otten
Deutsche Bank Lübeck
Die Zeit der herkömmlichen Überweisungen und Lastschriften in Deutschland ist in wenigen Monaten vorbei. Dann gilt Sepa, das neue einheitliche europäiFoto: Fotolia
sche Zahlungssystem. Vor allem Firmen müssen sich gründlich auf das Datum vorbereiten.
land sind hier gefordert. Denn unabhängig davon, ob ein kleines
Handwerksunternehmen nur wenige Lastschriften einzieht – Gehaltszahlungen, Einkäufe und damit
Überweisungen werden auf jeden
Fall getätigt und empfangen. Deshalb ist in jedem Fall die Umstellung auf Sepa notwendig.
Handwerkskammer
bietet Informationen
„Wir appellieren an die Handwerksbetriebe, nicht bis zur letzten
Minute zu warten mit den nötigen
Umstellungen“, sagt Ulf Grünke,
Sprecher der Handwerkskammer
Lübeck, „aber leider stellen wir
fest, dass viele Betriebe immer
noch zögern.“ Deshalb biete die
Handwerkskammer in der ersten
Novemberhälfte sechs Informationsveranstaltungen zum Thema
Sepa an – in Lübeck, Eutin, Kiel,
Neumünster, Bad Oldesloe und
Elmshorn. An allen Orten arbeitet
die Handwerkskammer mit regionalen Kreditinstituten und den
Kreishandwerkerschaften zusammen. „Wir haben die Sorge, dass es
zu Liquiditätsengpässen kommen
könnte, wenn Betriebe sich nicht
rechtzeitig vorbereiten. Wir können in vielen Bereichen helfen,
aber abarbeiten müssen die Betriebe die Checkliste schon selbst“,
sagt Grünke. Mit der Sepa-Umstellung müsse zum Beispiel auch das
Firmen-Briefpapier auf Iban-Nummern umgestellt werden.
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Lübeck bedauert,
dass viele Unternehmen die Tragweite der Umstellung auf das europaweit einheitliche Zahlungsverfahren „leider noch nicht erkannt“
haben. „Der Vorbereitungs- und
Umstellungsaufwand in den Betrieben ist nicht zu unterschätzen. Die
Buchhaltungen müssen die Kontodaten und die Formate der Finanzdatensätze ändern. Alle Kunden
müssen angeschrieben werden
und die Einzugsermächtigung auf
Sepa-Mandate umstellen“, sagt
der amtierende IHK-Hauptgeschäftsführer Lars Schöning. Versiegten Finanzströme, drohen Liquiditätsengpässe, warnt er. „Die
Zeit bis zum 1. Februar 2014 ist
knapp – es ist quasi zehn vor zwölf.
Wir fordern unsere Mitglieder auf,
rechtzeitig mit der Sepa-Umstellung zu beginnen“, sagt Schöning. Parallel dazu baue die IHK
ihre Beratungsangebote hier weiter aus.
Sepa sollte nicht als Bedrohung,
sondern als Chance gesehen werden, sagt die Deutsche Bundesbank. „Für Firmen gibt es durch
das neue System viele Vorzüge
und Möglichkeiten. So wird die
technische Standardisierung zu
mehr Wettbewerb bei den Anbietern von Zahlungsdiensten führen
und die Konditionen für Unternehmen europaweit verbessern“,
schreibt die Bundesbank. International tätige Unternehmen – und davon gebe es im Exportland Deutschland auch im Mittelstand einige
Tausende – könnten dann ihren
Zahlungsverkehr europaweit ausschreiben. „Es wird nicht mehr nötig sein, im Euroraum in den einzelnen Ländern eigenständige Kontoverbindungen zu unterhalten und
verschiedene Verfahren und Standards zu nutzen.
Mittelfristig dürften sich effizientere Zahlungsverfahren herausbilden, die mit geringeren Prozesskosten für die Nutzer verbunden
sind“, sagen die Währungshüter in
Frankfurt am Main voraus. Damit
biete Sepa auch die Gelegenheit,
„das unternehmenseigene CashManagement-System zu optimieren“. Vorausgehen müsse allerdings der Anpassungsprozess auf
das neue Zahlverfahren. „Und hier
sollten Firmen und Betriebe, nicht
bis zur letzten Minute zu warten.
Denn je nach Größe und Vernetzungsgrad des jeweiligen Unternehmens kann der Umstellungsaufwand gewaltig sein“, mahnen die
Experten der Bundesbank. Nicht
nur Software müsse neu ausgerichtet werden, bei Lastschriften müssen Unternehmen die Zahlungspflichtigen kontaktieren, um sie
über die Verfahrensumstellungen
zu informieren. „All das kostet
Zeit, und davon steht nicht mehr
viel zur Verfügung.“
Innerhalb der Europäischen Union ist Deutschland das größte Land
nach Einwohnerzahl, Bruttoinlandsprodukt – und auch in Bezug
auf den Zahlungsverkehr. Pro Ar-
beitstag werden nach Angaben der
Bundesbank hierzulande 24 Millionen Überweisungen und 35 Millionen Lastschriften abgewickelt, das
entspricht einem Viertel aller Überweisungen und rund 40 Prozent
der Lastschriften in der Europäischen Union. Das zeigt, wie wichtig es für die Einführung des einheitlichen europäischen Zahlungsverkehrs ist, dass Sepa in Deutschland gelingt.
Doch obwohl die Infrastruktur
bei den Banken schon seit Jahren
steht, waren im ersten Quartal
2013 nur knapp neun Prozent der
Überweisungen und ernüchternde
0,14 Prozent der Lastschriften Sepa-fähig. In den kommenden Monaten stehe „ eine Beschleunigung
von fast null auf hundert an“, resümiert die Bundesbank und appelliert an die Betriebe: „Starten Sie
jetzt!“
Th. Meyne GmbH
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DIE WIRTSCHAFT – Zeit zum Umdenken: Ab 1. Februar 2014 dürfen Kreditinstitute Überweisungen und Lastschriften nur noch im Sepa-Format annehmen.
16
FINANZEN & MARKETING
Dienstag, 24. September 2013
FORMFRAGE
INVESTITIONEN
Welche Steuern
gelten bei welcher
Gesellschaftsform?
Strategien, Stichtage
und Steuervorteile
Wer Anschaffungen plant, sollte überlegen, welchen Mehrwert sie bringen. Und dann erst Steuerersparnisse erwägen.
Jetzt noch schnell eine
neue Maschine oder ein
Auto anschaffen, um im
nächsten Jahr Steuern zu
sparen oder aktuelle
Steuervergünstigungen zu
nutzen? Das ist der falsche
Ansatz, sagen Experten.
Von Nathalie Klüver
„Die Entscheidung für eine Investition sollte erst einmal strategisch
und operativ Sinn machen“, betont
Professor Nils Balke von der FH Lübeck. Eine eventuelle Steuerersparnis hingegen sollte erst im weiteren
Entscheidungsprozess eine Rolle
spielen. Der Professor für Controlling, Investitionen und Finanzierung im Fachbereich Maschinenbau und Wirtschaft weist daraufhin, dass die zentrale Frage einer Investition immer sein sollte, ob sie
insgesamt betriebswirtschaftlich
Sinn macht, also einen Mehrwert
liefert.
Dabei stehen zunächst strategische Fragen im Mittelpunkt wie: Ist
der Absatzmarkt vorhanden, wenn
wir mit einer neuen Maschine ein
neues Produkt produzieren? Kann
man mit der Maschine in konkurrenzfähiger Qualität und zu Marktpreisen produzieren? Passt das
neue oder veränderte Produkt zu
meinem Unternehmensprofil oder
zu meiner Strategie? Welcher
Know-how-Erwerb ist mit der Investition verbunden?
Handelt es sich um eine Ersatzinvestition, geht es meistens eher um
operative Fragen:Welche Vorteile
bringt eine Ersatzinvestition wie
ein neueres Modell einer alten Maschine mit sich? Steigt die Qualität,
die Flexibilisierung, die Umweltfreundlichkeit oder die Produktionsgeschwindigkeit?
Erst wenn diese Kriterien analysiert sind, geht es in die finanzielle
Bewertung, bei der man Steuerrechtliches nicht außer Acht lassen
kann – genauso wenig wie den richtigen Zeitpunkt für die Investition.
„In alle Berechnungen und Planungen fließen die Steuern mit ein“,
sagt Investitionsbewertungsexperte Balke.
Neben der Besteuerung der mit
der Investition erzielten Gewinne,
können das Steuern sein, die beim
Erwerb anfallen – wie die Grunderwerbsteuer, die in der Regel beim
Man sollte nie übereilt investieren. Denn Steuern zu sparen heißt nicht automatisch, dass sich der Gewinn nach
Foto: Tobif82 / Fotolia
Steuern nachhaltig erhöht.
Kauf von Grundstücken und Immobilien anfällt. Zudem sind bestimmte Zulagen oder Investitionszuschüsse zu berücksichtigen, die
meistens auch steuerlich eine Rolle
spielen, etwa wenn sie gesondert
absetzbar sind.
Auch die Art der Finanzierung
beeinflusst die steuerliche Analyse, so Balke. Erfolgt die Finanzierung mittels Fremdkapital, zum Beispiel einem Bankkredit, so sind die
Zinsen innerhalb gewisser Grenzen (die sogenannte Zinsschranke)
vom Ergebnis abzugsfähig und
mindern damit die Steuerzahlungen. Bei Finanzierung mittels Eigenkapital ist diese Abzugsfähigkeit nicht gegeben. Bei Wahl einer
sogenannten mezzaninen Finanzierung (stille Beteiligung, Genussrechte) ist zu prüfen, ob sie steuerlich als Eigen- oder Fremdkapital
angesehen wird, um die steuerli-
chen Auswirkungen zu beurteilen.
Ein weiterer steuerrelevanter Effekt sind bei dem Erwerb von Sachanlagen die Abschreibungen, welche in den kommenden Jahren, je
nach Abschreibungsart und -dauer, das Jahresergebnis mindern
und damit auch die Steuerzahlungen reduzieren.
Bei der Ermittlung der durch eine Investition verursachten Steuerzahlungen ist die Gesamtertragssi-
tuation zu berücksichtigen. So wirken zum Beispiel nur bei ausreichend hohem Gewinnniveau Abschreibungen und Zinsen unmittelbar steuermindernd.
Gibt es für bestimmte Fördermaßnahmen Termine, die einzuhalten
sind, laufen Zulagen zu einem
Stichtag aus, dann sollte man natürlich die Investition bis zu diesem
Stichtag tätigen, rät Balke. Er
warnt aber davor, Fördermaßnahmen als dauerhaft in die Kalkulation mit einzubeziehen: „Hier sollte
man immer überprüfen, ob die Förderung einen Bestandsschutz hat
oder nicht doch durch einen Regierungswechsel plötzlich wegfallen
kann.“ Das sollte dann als Risikoabschlag bei den Zahlungen in der Investitionsbewertung berücksichtigt werden.
Wer in Schleswig-Holstein ohnehin vorhat, ein Grundstück oder eine Immobilie zu erwerben und sich
schon für ein Angebot entschieden
hat, sollte den Kauf möglichst auch
vor dem Jahreswechsel über die
Bühne bringen, da ab Januar voraussichtlich ein höherer Grunderwerbsteuersatz fällig wird.
Aber ansonsten rät Balke dazu,
nicht übereilt zu investieren. Steuern sparen heiße schließlich nicht
automatisch, dass sich der Gewinn
nach Steuern nachhaltig erhöht.
Für eine größere Investition sollte eine vollständige Zahlungsplanung für die Laufzeit der Investition erstellt werden, in der die mit ihr
verbundenen operativen Ein- und
Auszahlungen, Finanzierungszahlungen und die sich ergebenden
Steuerzahlungen berücksichtigt
sind. Diese Bewertung zeigt, ob die
Investition einen Mehrwert für das
Unternehmen schafft. Nicht zu vergessen ist, dass sich Steuergesetze
häufig einmal ändern können.
Soll die Investition im Ausland erfolgen, wird es noch komplizierter:
Denn jetzt geht es nicht mehr nur
darum, welche Steuern in Deutschland anfallen. Was ist in dem anderen Land fällig? Gibt es Doppelbesteuerungsabkommen? Nun muss
man sich auch mit den Steuergesetzen eines anderen Landes auseinandersetzen – und kann die deutschen Gesetze dennoch nicht außer Acht lassen.
Wer investieren will, kommt also
um das Thema Steuern nicht herum, sagt Balke. Aber die oft gehörte Aussage: „Ich investiere mal, um
Steuervorteile zu nutzen“ greife zu
kurz: „Steuern spielen immer eine
Rolle – aber steuerliche Vorteile
sollten nicht der ausschlaggebenA
de Investitionsgrund sein.“
Je nach Gesellschaftsform des Unternehmens fallen unterschiedliche Steuern an. Alle Unternehmensformen sind von der Grunderwerbsteuer, der Umsatzsteuer (die
aber nur einen durchlaufenden Posten darstellt), der Grundsteuer, der
Gewerbesteuer (ausgenommen bestimmte Freiberufler) und dem Solidaritätszuschlag betroffen. Personengesellschaften müssen eine Einkommenssteuer zahlen, Kapitalgesellschaften die Körperschaftssteuer. Bei der Ausschüttung der Gewinne einer Kapitalgesellschaft an
die Anteilseigner erfolgt zusätzlich
eine Besteuerung mittels Kapitalertragssteuer beziehungsweise gemäß dem Teileinkünfteverfahren.
PERSPEKTIVFRAGE
Was bedeuten
Steuerobjekt und
Steuersubjekt?
Bei den Begriffen Steuerobjekt und
Steuersubjekt kann man leicht
durcheinander kommen. Das Steuersubjekt ist die Rechtsperson, der
ein Steuerobjekt und damit die verbundene Steuerschuld zugerechnet wird, das kann eine Person
oder Kapitalgesellschaft (GmbH,
AG) sein. Es geht hier also darum,
wer der Steuerschuldner ist.
Das Steuerobjekt ist der Gegenstand, der zur Steuer herangezogen wird – also das, was besteuerbar ist. Das kann zum Beispiel das
Einkommen sein (Einkommenssteuer), aber auch das Halten eines
Autos (Kraftfahrzeugsteuer).
Professor Nils Balke ist Professor für
Controlling, Investitionen und Finanzierung an der FH Lübeck. Der promovierte Wirtschaftsingenieur verstärkt seit 2008 den Fachbereich Maschinenbau und Wirtschaft.
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der Kontoauszüge, die digitale Belegerfassung, bei der viele Belege
revisionssicher gescannt werden
oder der in Kürze nach Unternehmesangaben jederzeit sichere Zugriff der Kunden auf einen Kundenserver, um standortunabhängig Buchungen vorzunehmen oder Auswertungen anzuschauen. „Wir
sind hier immer up-to-date“, sagt
Frank Marquardt, „die Sicherheit
der Mandantendaten ist dabei unser oberstes Ziel.“
„Die intensive Schulung der Mitarbeiter auch in handelsrechtlichen Fragen wird durch die Wirtschaftsprüfung stark unterstützt",
erläutert der Wirtschaftsprüfer
Jörn Schröder. Das Optimum für jeden einzelnen Kunden herauszuholen, sei Ansporn für das Team.
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BTR SUMUS auf hohem Niveau. Als
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Dienstag, 24. September 2013
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FINANZEN & MARKETING
GELD UND FINANZEN
Frisches Geld für den Mittelstand
Verschiedene Finanzierungsprogramme sorgen für Liquidität – mitunter auch ohne Einbeziehung der Hausbank.
Ansprechpartner
Der Zugang zu frischem
Geld ermöglicht Wachstum
und Investitionen. Die
Ablehnung eines
Kreditantrags stellt deshalb
kleine und mittlere
Unternehmen vor große
Herausforderungen. Mit
zum Teil unbürokratischen
Finanzierungsprogrammen
bleiben Betriebe dennoch
flüssig.
IHK zu Lübeck
Service-Center
Fackenburger Allee 2
23554 Lübeck
Tel.: 0451/ 6006-0
service@ihk-luebeck.de
www.ihk-schleswig-holstein.de
Handwerkskammer
Stefan Seestädt
Leiter Betriebsberatung
Breite Str. 10-12
23552 Lübeck
Tel.: 0451 / 1506-230
sseestaedt@hwk-luebeck.de
www.hwk-luebeck.de
Von Philipp Aissen
Basel III heißt das Schreckgespenst, das als Reaktion auf die Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2007
beschlossen wurde. Das Reformpaket der Bank für Internationalen
Zahlungsausgleich (BIZ) schreibt
seit Anfang des Jahres höhere Eigenkapitalrücklagen für das Kreditgeschäft der Banken vor. Ein knapperer Kreditspielraum und schlechtere Konditionen für Firmenkunden sind vielfach die Folgen.
Lars Schöning, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer zu Lübeck (IHK), warnt jedoch vor Panikmache: „Eine Kreditklemme war und ist in der Region
kein Thema. Zwar zeigt die IHKKonjunkturumfrage für das erste
Quartal 2013 einen verhaltenen
Start, die Gesamtlage der Schleswig-Holsteinischen
Kreditwirtschaft ist aber ganz überwiegend
zufriedenstellend. Die Kreditvergabe an Unternehmen für Investitionen konnte im Vergleich zum vorigen Quartal sogar gesteigert werden.“ Laut Schöning hätten sich
die Banken in Bezug auf Basel III
bereits angepasst und gut vorbereitet.
Das bestätigt auch Thomas
Timm, Abteilungsdirektor für das
Firmenkundengeschäft bei der Lübecker Sparkasse: „Wir sind seit jeher gut ausgestattet mit Eigenkapital. Daher sehen wir den neuen Basler Richtlinien gelassen entgegen.
Die Sparkasse Lübeck ist – der Krise zum Trotz – bereits seit zehn Jahren auf Wachstumskurs. Eine Verknappung des Kreditangebots ist
für uns nicht erkennbar.“
Auf absehbare Zeit bleibt die
Hausbank gerade für kleinere Unternehmen der zentrale Geldgeber
für Finanzierungsvorhaben. Über
die Hausbank läuft auch die Antragsstellung für den klassischen
UNTERNEHMERKREDIT der
Kreditanstalt für Wiederaufbau
(KfW). Dieser ermöglicht eine mittel- und langfristige Fremdkapitalfinanzierung von Investitionen und
Betriebsmitteln mit bis zu 25 Millionen Euro Kreditsumme. Kleine und
mittlere Unternehmen (KMU) profitieren dabei von zusätzlich vergünstigten Konditionen und einem
effektiven Jahreszins ab einem Prozent.
Bei der Aufnahme von Krediten
trägt das durchleitende Kreditinstitut oft ein hohes Risiko. Um Banken
beziehungsweise Sparkassen zu
motivieren, dieses Förderprogramm im Auftrag ihrer Kunden in
Anspruch zu nehmen, teilt die KfW
das Risiko und gewährt eine 50-prozentige Haftungsfreistellung für
Kredite an Unternehmen und Freiberufler, die seit mindestens zwei
Jahren am Markt tätig sind.
Ob mit oder ohne eine partielle
Haftungsfreistellung – Kreditanträge werden von der Hausbank häufig abgelehnt. „Die Ausschlusskriterien sind vielfältig. Ein schlechter
Schufa-Score, mangelnde Rücklagen oder ein aufgrund von Forderungsausfällen und Zahlungsverzögerungen kurzfristig überzogenes
Geschäftskonto kann die Bonität
empfindlich einschränken und insbesondere kleine Betriebe in Bedrängnis bringen“, sagt Stefan Seestädt, Leiter Betriebsberatung bei
der Handwerkskammer Lübeck
(HWK).
Mikrokredit
Mikrokredit Schleswig-Holstein
GmbH
Philipp Eitel
Ndl. Lübeck / Ostholstein
Schönböckener Str. 102
23556 Lübeck
Tel.: 0451 / 58 59 222
info@mikrokredit-sh.de
www.mikrokredit-sh.de
Investitionsbank
Schleswig-Holstein
Christian Hank, Susann Henning,
Ulrike Kiehne, Katharina Preusse
Fleethörn 29-31
24103 Kiel
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foerderlotse@ib-sh.de
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Jens Hornemann nahm jetzt bereits zum zweiten Mal einen Mikrokredit in Anspruch – und sicherte damit seine gute Auftragslage.
Foto: Tessa Maiborg
Schnell und unkompliziert: 20 000 Euro zur Auftragssicherung
Jens Hornemann ist einer von über
500 Unternehmern im Lübecker
Raum, die in den vergangenen
zweieinhalb Jahren einen Mikrokredit in Anspruch genommen haben. Mit seinem Kranunternehmen
KranProfi muss er auf kurzfristige
Aufträge reagieren.
Für größere Arbeiten benötigt er
Geldmittel außer der Reihe, um zusätzlich zu seinen eigenen drei
Kranfahrzeugen weitere Krane
Um die Bonität zu erhöhen, können Unternehmen auch AUSFALLBÜRGSCHAFTEN nutzen. Die
Bürgschaftsbank Schleswig-Holstein (BüBa) haftet mit ihren Programmen für bis zu 80 Prozent und
bis maximal eine Million Euro Kreditsumme. In besonders eiligen Fällen wird über eine Bürgschaft bis
zu einer Kreditsumme von 150 000
Euro innerhalb von nur 24 Stunden, bei Existenzgründern innerhalb von 14 Tagen, entschieden.
Für Darlehen und Kredite in wirtschaftspolitisch relevanten Fällen
stehen Bürgschaften des Landes bereit.
Eine andere Möglichkeit, flüssig
zu bleiben, sind STILLE BETEILIGUNGEN der Mittelständischen
Beteiligungsgesellschaft Schleswig-Holstein mbH (MBG). „Unser
Programm ,Kapital für das Handwerk / Handel und Gewerbe’
stärkt das Eigenkapital, erfordert
keine Sicherheiten und erleichtert
so den Zugang zu einer Krediterweiterung. Es eignet sich für Unternehmen, die seit mindestens zwei
Jahren bestehen und eine positive
wirtschaftliche Aussicht haben“, erklärt Brigitta Lubomierski, Kundenbetreuerin bei der MBG, und betont die schlanken Antragsformalitäten. „Ein Business-Plan ist nicht
notwendig. Nach dem Ausfüllen eines fünfseitigen Formulars wird innerhalb von zwei Wochen über den
Antrag entschieden.“
Lars Derlin ist Nutznießer dieses
Programms. Für seine in Travenbrück ansässige Firma Derlin Haustechnik nahm er eine Beteiligung
in Höhe von 50 000 Euro – die Hälfte des Höchstsatzes – in Anspruch.
„Wir machen Winterdienst bei den
BMW-Autohäusern in Hamburg.
Durch Investitionen in unseren
und Fahrer anmieten zu können.
„Da kommen schnell Beträge von
3000 bis 4000 Euro pro Tag und
Kran zusammen“, sagt der Stockelsdorfer. Um die guten Geschäftsbeziehungen zu den befreundeten
Kranunternehmen
nicht zu gefährden, zahle er seine
Rechnungen pünktlich, obwohl er
auf das Geld seiner Kunden noch
warten müsse.
Um die Zeit bis zur Rechnungsbe-
IHK-Sprechtag
Finanzierung
Für Jungunternehmer aber auch erfahrene Geschäftsleute, die sich im
Finanzierungsdschungel zurechtfinden möchten, veranstaltet die
IHK zu Lübeck zusammen mit der
IB.SH an jedem ersten Dienstag im
Monat einen kostenlosen Finanzierungssprechtag. In Einzelterminen
wird über Themen wie den Aufbau
von Konzepten und Businessplänen, öffentliche Finanzierungsund Fördermöglichkeiten sowie
die Notwendigkeit der offenen
Kommunikation mit der Bank gesprochen. Diesen Service gibt es
auch in den Geschäftsstellen in Ahrensburg und Norderstedt. „Insgesamt haben wir in diesem Jahr weit
über 2000 Beratungen zu Finanzierungs- und Förderfragen durchgeführt“, sagt IHK Geschäftsführer
Lars Schöning.
Fuhrpark waren wir nicht mehr ausreichend flüssig“, sagt der Geschäftsführer. Die Beteiligungsdauer beträgt dabei zehn Jahre, die Tilgung läuft ab dem sechsten Jahr.
Die Zinsen sind bonitätsabhängig
und reichen von acht bis zehn Prozent.
Größere Investitionsvorhaben
deckt der MITTELSTANDSFONDS
SCHLESWIG-HOLSTEIN (MSH) ab. Er unterstützt
mittelständische
Unternehmen,
die in Schleswig-Holstein etabliert
sind oder im Land investieren wollen und über einen Jahresumsatz
von zehn bis 100 Millionen Euro
gleichung durch seine Kunden zu
überbrücken, reicht sein unternehmerischer „Dispo“ bei der Hausbank nicht aus. „Zur Erhöhung der
Kreditlinie wäre bei meiner Hausbank ein hoher bürokratischer Aufwand notwendig. Da gehen Wochen ins Land“, erklärt Hornemann. Mit dem Mikrokredit sei er
flexibler.
2011 hat er ihn zum ersten Mal in
Höhe von 20 000 Euro in Anspruch
genommen und innerhalb eines
Jahres zurückgezahlt. Ebenso läuft
auch der zweite Mikrokredit, den
er im März dieses Jahres aufgenommen hat. „Innerhalb einer Woche
hatte ich die Zusage und das
Geld“, erzählt der Unternehmer.
Die Mikrokredit S-H habe lediglich eine Selbstauskunft und die Betriebswirtschaftliche Auswertung,
die sein Steuerberater ohnehin regelmäßig erstelle, benötigt.
TM
verfügen mit stillen Beteiligungen
zwischen 0,75 und zwei Millionen
Euro. Diese können zur Finanzierung von Investitionen, Umsatzwachstum, Eigenkapitalstärkung,
Management-Buy-Out oder -Buy
-In bereitgestellt werden. Alle Institutsgruppen der Kreditwirtschaft
stellen neben dem Land Schleswig-Holstein, der KfW sowie der
IB.SH als dem zentralen Förderinstitut des Landes von 2008 bis Ende
2013 insgesamt 30 Millionen Euro
bereit. In Lübeck profitierten bereits die Firmen Gabler und Euroimmun vom Mittelstandsfonds. Ansprechpartner sind die Geschäftsführer des MSH – Uwe Thomsen,
Prokurist der MBG, und Holger Zervas, Firmenkundenleiter bei der
IB.SH.
Passen Kredite aus unterschiedlichen Gründen nicht ins Portfolio
der Hausbank oder will diese nicht
das alleinige Risiko tragen, sorgt
das IB.SH WACHSTUMSDARLEHEN dafür, dass die Finanzierung
zustande kommt. Seit dem 1. Juni
dieses Jahres können Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten, die etwa ihren Maschinenpark
erneuern wollen oder Betriebsmittel benötigen, direkt bei der IB.SH
Darlehen zwischen 25 000 und
100 000 Euro erhalten. Anträge
können über die Hausbank, über
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater
oder Unternehmensberater bei der
IB.SH gestellt werden. Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten können Darlehen bis 200 000
Euro bekommen, die die IB.SH konsortial mit der Hausbank – welche
auch den Antrag entgegen nimmt –
vergibt. Der jährliche Zinssatz liegt
bonitätsabhängig zwischen 3,95
und 7,95 Prozent.
In kleineren Größenordnungen –
das sagt schon der Name – bewegt
sich der MIKROKREDIT. In
Asien, Afrika und Südamerika als
Instrument der Entwicklungspolitik längst etabliert, wird der unbürokratisch vergebene Kredit auch
in Deutschland zunehmend beliebter. „Die Kredite werden seit 2010
aus einem bundesweiten Mikrokreditfonds gespeist. KO-Kriterien
gibt es hierbei nicht. Vieles hängt
vom persönlichen Gespräch ab“, erklärt Stefan Seestädt von der HWK.
Für die Vergabe der Kredite zuständig sind Mikrofinanzinstitute, die
vom Deutschen Mikrofinanz Institut (DMI) akkreditiert sind.
Führender Anbieter in Norddeutschland ist die Mikrokredit
Schleswig-Holstein GmbH. Geschäftsführer Philipp Eitel sagt:
„Wir haben seit Anfang 2011 über
500 Darlehen von 1000 bis zu
20 000 Euro für Existenzgründer
und kleinere Investitionen von Bestandsunternehmen vergeben.“
Für Farben und Lacke erhielt etwa
der Lackierer Kai Miethling 6000
Euro. Für seine Hausbank hätte
sich der Kredit alleine schon wegen des kostspieligen Kredit-Prüfungsverfahrens nicht gerechnet.
Der vergleichsweise hohe Zinssatz
von 8,9 Prozent spiegelt dabei auch
das Risiko des Mikrofinanzinstituts
wider. Mikrokredite gewährt auch
die IB.SH.
Neben diesen eher konventionellen Programmen beobachtet die
IHK auch zunehmend alternative
Finanzierungsformen. „Das sogenannte
Crowdfunding,
die
Schwarmfinanzierung, oder die
Vergabe von Venture-Capital können für den einen oder anderen
Existenzgründer oder Unternehmer durchaus interessant sein“, so
A
Lars Schöning.
IB.SH
Wachstumsdarlehen
Investitionsbank
Schleswig-Holstein
Christian Hank, Susann Henning,
Ulrike Kiehne, Katharina Preusse
Fleethörn 29-31
24103 Kiel
Tel.: 0431 / 9905-3365
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Bürgschaften
Bürgschaftsbank Schleswig-Holstein
GmbH
Jürgen Wilkniß
Lorentzendamm 22, 24103 Kiel
Tel.: 0431 / 5938-133
juergen.wilkniss@bb-sh.de
www.bb-sh.de
Kapital für das
Handwerk, Handel und
Gewerbe
Mittelständische
Beteiligungsgesellschaft
Schleswig-Holstein mbH
Brigitta Lubomierski
Lorentzendamm 21
24103 Kiel
Tel.: 0431 / 66701 3597
brigitta.lubomierski@mbg-sh.de
www.mbg-sh.de
Sparkasse zu Lübeck
Thomas Timm
Leiter FirmenkundenCenter
Breite Straße 18 - 28
23552 Lübeck
Tel. 0451 147-125
firmen@sparkasse-luebeck.de
www.spk-luebeck.de
Mittelstandsfonds
Mittelstandsfonds SchleswigHolstein GmbH
Lorentzendamm 21
24103 Kiel
Geschäftsführer:
Uwe Thomsen
Tel.: 0431/667 01 35 85
uwe.thomsen@mbg-sh.de
Holger Zervas
Tel.: 0431/ 99 05 30 38
holger.zervas@ib-sh.de
KfW-Unternehmerkredit
KfW Mittelstandsbank
Palmengartenstraße 5-9
60325 Frankfurt am Main
Tel.: 069/7431-0
www.kfw.de
Antrag und Vergabe in der Regel
über die niedergelassenen Banken
und Sparkassen oder
KfW-Partnerinstitute vor Ort
DIE WIRTSCHAFT – Kredite, Bürgschaften, Beteiligungen: Der Mittelstand ist auf Liquidität angewiesen. Die Möglichkeiten sind vielfältig.
18
Dienstag, 24. September 2013
FINANZEN & M
GELDANLAGE WEIN
Köstl
Anleger entdecken den Wein. Wer sich verkalkulier
Paris hat jüngst seine erlesensten Tropfen veräußert, um
die Staatskasse zu füllen. Carl Johann Tesdorpf vom
gleichnamigen Lübecker Weinhaus sammelt die
geistigen Getränke wohltemperiert im Keller. Vor allem
Bordeaux gilt als Wein mit hohem Auktionspotenzial. Aber
wer in das Geschäft einsteigen will, muss nicht nur
lernen, wie man die Flaschen richtig lagert, welche Sorten
und Jahrgänge aussichtsreich sind. Sondern vor
allem den Handel mit einem speziellen Produkt verstehen.
Von Nathalie Klüver
Traditionelles Ambiente: Carl Johann Tesdorpf lagert – auch für seine Kunden – ausgesuchte Weine.
Man soll sein Geld streuen, raten Anlageberater. Und mit diesem Hinweis sind längst nicht mehr nur verschiedene Festgeldkonten und
Fonds gemeint. Antiquitäten, Kunst
und Schmuck sind die traditionellen
alternativen Geldanlagen. Oldtimer, Rennpferde, Whisky oder gar
Bonsais und Kois laufen ihnen vielleicht bald den Rang ab. Doch spätestens seit im Mai die französische
Regierung mit dem Verkauf von teuren Weinen aus dem Staatsweinkeller Schlagzeilen machte, ist es kein
Geheimtipp mehr: Mit alten Weinen
kann man richtig Geld machen.
Paris trennte sich im Frühjahr von
1200 Flaschen und nahm dafür stattliche 718 000 Euro ein. Das Geld soll
die Staatsfinanzen aufbessern. Außerdem sollte Platz im staatlichen
Weinkeller geschaffen werden: In
Zukunft will die Regierung auf
günstigere Weine setzen, der
Sparzwang erreicht selbst
Frankreichs Wein-Gourmets.
Lohnt sich es sich also,
mal den eigenen Weinkeller auszumisten und ein paar alte, verstaubte
Flaschen an den Mann zu bringen?
Ganz so einfach ist es in den meisten
Fällen nicht. Aber wenn man einiges beachtet und vor allem einen langen Atem hat – dann eignen sich
Weine durchaus als alternative Geldanlage zu Aktien oder Sparkonten.
Die Nachfrage nach Weinen als
Geldanlage steigt, hat Carl Johann
Tesdorpf vom gleichnamigen Lübecker Weinhaus beobachtet. Da immer mehr Kunden auch nach einer
optimalen Umgebung zum Lagern
fragten, hat er eigens einen „Weintresor“ eingerichtet, in dem die Kunden ihre teuren Getränke lagern lassen können. Unter optimalen Bedingungen, geschützt und zu Marktpreisen versichert. Denn so muss
der Wein nicht unnötig transportiert
werden, Bewegungen der Flaschen
und
Temperaturschwankungen
werden vermieden. Dinge, die
Einfluss auf die Qualität des Weines
haben. Falsch gelagerter Wein kann
im schlimmsten Fall ungenießbar
sein – wer will das schon?
Nicht jeden Wein kann man zum
Geldvermehren benutzen. Denn
nur einige Sorten sind so gefragt,
dass ihr Wertzuwachs nennenswert
ist. Doch sie erzielen bei Weinauktionen hohe Preise.
Das sind vor allem Bordeaux-Weine, die lange lagerbar sind: „450
namhafte Gewächse gibt es, aber
nur etwa 60 davon zählen zur
Crème de la Crème“, so Tesdorpf.
Und selbst von diesen 60 haben nur
wenige Châteaux extrem hohe Wertzuwächse, darunter die ChâteauxLaFite Rothschild, Montrose, Haut Brion, Margaux, Latour, Palmer, Cheval Blanc, Petrus und Cos d’Estournel.
Der Handel mit diesen Weinen ähnelt dem an der Börse: Zuerst bieten
die Châteaux eine erste Tranche
zum Verkauf an. Das ist schon sechs
Monate nach der Ernte, im April,
wenn der Wein noch im Fass liegt.
Subskription nennt man diesen Einkauf, bei dem man den Wein etwa
18 Monate später erhält. Das hat für
den Winzer den Vorteil, dass er das
Geld schon früh erhält – und nicht
erst nach der Flaschenabfüllung.
„Von dieser ersten Tranche gibt
es nur eine begrenzte Menge,
entsprechend groß ist der Run
auf sie“, erklärt Tesdorpf, der für
seine Kunden auch bei diesen ersten Tranchen mitbietet. Wenn
ein schneller Abverkauf erfolgt,
Große Auswahl: Von Anbaugebieten und Jahrgängen hängt ab, ob ein Wein ein Renner im finanziellen Sinne wird.
UNTERNEHMEN
Anzeige
Colibri
Einblick in die Arbeitswelt
„Ein Praktikum in der Schulzeit ist
ein wesentliches Instrument für die
Berufsfindung“, sagt Walter Hermann von Colibri. „Weil Praktika also ein wichtiger Bestandteil der
Schnittstelle zwischen Bildung und
Beruf sind, gehört das Angebot von
Praktikumsplätzen schon seit Jahren zu unserer Philosophie als mittelständisches Unternehmen.“
Ein Praktikum bei Lübecks erfolgreichem Optiker soll jungen
Menschen praktische Kenntnisse
und Erfahrungen sowie die damit
verbundenen Anwendungskompetenzen vermitteln. „Und zwar dort,
wo die Arbeit anfällt, wo reale Ergebnisse sichtbar werden und in betrieblicher Zusammenarbeit entstehen.“
In der Klassenstufe 9 oder 12 hat
ein Praktikum Qualifizierungs- und
Orientierungsfunktion: Die jungen
Teilnehmer erfahren in dieser Phase, ob sie in die Branche oder zum
Team passen. Und ob es ihnen überhaupt liegt, Brillen und Kontaktlin-
sen anzubieten und anzufertigen.
Zudem lernen sie dabei, wie ein mittelständisches Unternehmen funktioniert.
„Uns sind unsere Praktikanten so
wichtig, dass wir sie speziell betreuen, anleiten und ihnen einen grundsätzlich festgelegten Praktikumsablauf anbieten“, sagt Walter Hermann. „Das machen wir seit Jahren
so.“ Mitarbeiter, auch Auszubildende, führen sie durch verschiedene
Funktionen, Arbeitsbereiche und
Prozessschritte, so dass sie nicht nur
das Berufsfeld kennenlernen, sondern zudem das Unternehmen und
ihre Mitwirkung in einem solchen
Betrieb einordnen können.
Die Schüler verbringen etwa
zehn Tage bei Colibri in der Wahmstraße und demnächst auch in einer
eigens dafür eingerichteten Lehrwerkstatt bei Rheingans Brillen in
der Hüxstraße. „Ein gut organisiertes Praktikum bringt sowohl den jungen Menschen als auch uns einen
Nutzen“, weiß Walter Hermann aus
Erfahrung. „Wir erleben Unterstützung im operativen Tagesgeschäft,
aber auch bei begleitenden Recherchetätigkeiten und umfangreicheren Datenanalysen, bei Tätigkeiten
also, für die sonst meist keine Ressourcen vorhanden sind. Auf dieser
Grundlage können wir neue Pläne
und Strategien entwickeln.“
Ein Praktikum bei Colibri dient
zugleich dafür, den Fachkräftebedarf des Lübecker Unternehmens
zu sichern. „Geeignete Nachwuchskräfte können frühzeitig erkannt
und an das Unternehmen gebunden werden“, so Hermann. „Auf diese Weise werden nicht nur die Kosten für Personalsuche verringert,
sondern auch das Risiko, die falsche
Bewerberin oder den falschen Bewerber einzustellen.“
A Colibri Contactlinse und Brille GmbH
Wahmstrasse 29
’23552 Lübeck
Tel.: 0451 / 77 6 55
www.colibri.de
Praktikantin Lena-Sophie Küster und Walter Hermann.
Foto: cp
DIE WIRTSCHAFT – Man kann in alte Autos investieren oder in Antiquitäten. Besonders angesagt ist derzeit aber, sein Geld in feine Weine zu investieren. Besonder
Dienstag, 24. September 2013
MARKETING
19
liche Rendite
rt, hat einen Vorteil – er kann sein Investitionsobjekt einfach wegschlürfen.
dann wird einige Monate später die
zweite Tranche zum Verkauf angeboten, die schon zu höheren Preisen
verkauft wird. Erst dann wird der
Hauptwein auf den Markt gebracht.
Ob es ein guter Jahrgang wird,
lässt sich meistens schon bei der Ernte im Oktober absehen: Die durchschnittliche
Sonnenscheindauer,
der Niederschlag und auch die Temperaturschwankungen nehmen Einfluss auf die Qualität des Jahrgangs.
„Nach sechs Monaten kann man
dann deutlich sehen, wo der Wein
hingeht“, so Tesdorpf.
Die Preise für die Tranchen bestimmen Weinjournalisten, die die
ersten Weine verköstigen und bewerten, allen voran der Amerikaner
Robert Parker, der das Weinmagazin „WineAdvocat“ herausbringt
und eine eigene Skala zur Weinbewertung herausgebracht hat. Weine mit 99 oder 100 von 100 Parker-Punkten gelten als äußerst
risikoarme Investition.
Über den Abgabepreis entscheiden also mehrere Faktoren: der Jahrgang, die Klassifizierung des Weingutes, die
verfügbare Menge – und die
Parker-Punkte. Nach diesen Punkten richtet sich
auch Carl Johann Tesdorpf bei den Weinkäu-
fen: „Sie haben eine ungeheure Aussagekraft für den Markt.“
Die Preise für diese Weine liegen für die erste Tranche bei bis
zu 450 bis 650 Euro pro Flasche,
bei der zweiten Tranche steigen
sie schnell auf 1000 Euro. Bei
Weinauktionen werden die
Weine dann einige Jahre später angeboten, immer häufiger auch in Deutschland,
nicht mehr nur bei Sotheby’s
und Christie’s.
Erst nach sieben bis
zehn Jahren gewinnen die Flaschen
wirklich an Wert. Die Preissteigerungen können dann immens sein. So
wurden für einen 1989er Châteaux
Haut Brion etwa 50 Euro bei der Subskription bezahlt – der heutige Verkaufspreis liegt bei 1000 Euro – die
Flasche. Wer also damals eine Kiste
mit zwölf Flaschen gekauft hat, lagert demnach 12 000 Euro im Weinkeller! Vorausgesetzt, die Flaschen
wurden noch nicht geleert.
Weitere Beispiel für die oft rasante Preisentwicklung sind der 1982er
Châteaux Lafite Rothschild, der bei
der Subskription 80 Mark pro Flasche kostete – und heute einen Verkaufspreis von etwa 2100 Euro hat.
Oder auch der entsprechende
1986er Jahrgang, der bei der
Subskription noch 85 Mark
kostete und heute für 2200
Euro pro Flasche gehandelt wird. Für einen
1990er
Châteaux
Montrose bezahlte
man bei der Subskription
nur
42 Mark.
Heute
kann man sie für etwa 450 Euro veräußern.
Vor allem die Asiaten treiben zurzeit
die Preise hoch und
haben die Weinspekulation für sich entdeckt.Mittlerweile gibt
es auch Weinfonds, in
die man investieren kann
„Man muss den Wein liegen lassen können“, sagt
Tesdorpf. Geduld sei wichtig – wie bei den meisten
Geldanlagen. Handelt es sich
um einen guten Jahrgang,
dann werde er immer teurer –
denn mit den Jahren gebe es
schließlich immer weniger Flaschen davon auf dem Markt.
Schließlich werden Weine
nicht nur als Geld zur Seite gelegt, sondern nach wie vor genussvoll getrunken.
Bis zu 60 Jahre kann so ein
Wein lagern, wenn er denn
richtig lagert: „Die Weine werden immer besser, da etwa die Gerbstoffe geringer werden“, sagt Weinexperte Tesdorpf. Das Kratzige verflüchtige sich. Man kann diese Geldanlage also nicht nur als Geldwert
betrachten – sondern vor allem auch
genießen. „Denn das Schöne ist:
Selbst wenn der Wert nicht so steigt
wie erwartet, hat man immer noch
den Wein, den man trinken kann“,
so Tesdorpf. Nicht wie bei einer Aktie, wo das Geld und der Gegenwert
sich bei einem Kursverlust einfach
A
in Luft auflösen.
Die richtge Lagerung entscheidet. Falsch gelagerter Wein kann im schlimmsten Fall ungenießbar sein. Schlecht für den Geldbeutel – oder den Gaumen.
Französische Geldquelle: Vor allem die Weine aus Bordeaux gelten als ausFotos: Olaf Malzahn
sichtsreiche Spekulationsobjekte.
UNTERNEHMEN
LindMarq
„Relocation“
leicht gemacht
Anzeigen
Cavier & Sohn
Experten für
Dachflächen
In Zeiten der Globalisierung und Internationalisierung hat sich „Relocation“ zum Begriff für die allumfassende Organisation eines Ortswechsels
etabliert. Viele Firmen – nicht nur internationale Konzerne – haben
längst die Bedeutung erfolgreicher
Mitarbeiterintegration erkannt, und
nutzen die professionelle Unterstützung von Unternehmen wie LindMarq Relocation Service.
Die Firma LindMarq Relocation
Service aus Lübeck bietet Firmen
ebenso wie Privatpersonen einen
umfassenden Service der bürokratische Hürden aus dem Weg räumt
und sich flexibel an Bedürfnissen
und Lebenslagen ausländischer Mitarbeiter orientiert.
Starkregen nimmt in unseren Breitengraden immer größere Ausmaße
an. Dadurch steigt das Risiko bei der
Entwässerung großer Dachflächen.
Doch Regenrinnen und Gullys müssen einwandfrei funktionieren, um
die steigenden Wassermassen bewältigen zu können. Die DIN 1986-100
schreibt mittlerweile Notüberläufe
als „Frühwarnsystem“ vor. Ähnliches gilt für Schnee. Diese Risiken
lassen sich am besten mit einem Wartungsvertrag eindämmen. Sicherungsmaßnahmen wie Wartungswege oder Anschlagpunkten sorgen für
nachhaltige, schadensfreie Erreichbarkeit. Cavier & Sohn Bedachungen steht dabei als Fachmann zur
Verfügung.
A LindMarq Relocation Service
Rosenstr. 29, 23552 Lübeck
Tel.: 0451 / 140 34 26
www.lindmarq.com
A Cavier & Sohn Bedachungen
Zeißstraße 2, 23560 Lübeck
Tel.: 0451 / 580 530
E-Mail: info@cavier.de
rs lecker ist das auch.
Das AgenturHaus GmbH
Weihnachtsfeiern mit Pfiff
Kaum ist der Sommer vorbei, steht
ganz unvermittelt und überraschend die Weihnachtszeit vor der
Tür. . . Plötzlich sind originelle Ideen für die alljährliche Weihnachtsfeier gefragt.
Da kommen die Eventspezialisten der Lübecker AgenturHaus
GmbH genau richtig. Sie entführen
in eine zauberhafte Winterlandschaft mit den attraktivsten Teamevents zwischen Kiel und Wismar,
zwischen Küste und Binnenland.
Dabei immer im Focus: das Team,
das durch die gemeinsamen Erlebnisse noch besser und inspirierter
zusammenarbeitet.
Schluss mit Kegeln und Co. Ob 30
oder 300 Personen, die Palette der
Angebote ist ausgesucht und wird
auf die Bedürfnisse und Wünsche jedes Unternehmens zugeschnitten.
Nach draußen entführt die
„GPS-Weihnachtsrallye“, bei der
mit technischer Unterstützung und
viel Grips alle an einem Strang ziehen müssen, um des Rätsels Lösung
zu ertüfteln. „A Tännschen please“
bringt den Weihnachtsbaumwald
direkt aufs Firmengelände, samt
knisterndem Lagerfeuer und Grillstationen.
Und bei der „Winterwanderung“
kann man sich inmitten von Feldern
und Wiesen an den Raststationen
mit verschiedenen Glühweinkreationen und rustikalen Leckerbissen
verwöhnen lassen. Wer es lieber kuschelig warm hat, genießt bei der
„Karibischen Nacht“ tropische
Schlemmereien und fruchtige Cocktails.
Die Möglichkeiten sind groß,
doch eines haben alle Erlebnisse gemeinsam – sie kommen richtig gut
an und machen einen Riesenspaß.
So kann das neue Jahr kommen. . .
A Das AgenturHaus GmbH
Spenglerstraße 43
23556 Lübeck
Tel.: 0451 / 899 06 -493
events@das-agenturhaus.de
www.das-agenturhaus.de
Die Zeit naht, um die Weihnachtsfeier zu planen.
Foto: Fotolia / DasAgenturHaus
20
Dienstag, 24. September 2013
FINANZEN & MARKETING
Die Welt ist digital geworden. Das Einkaufen auch. Für das laufende Jahr wird im deutschen Online-Handel ein Umsatz von mehr als 33 Milliarden Euro prognostiziert.
Foto: Grafvision/ Fotolia, Do Ra / Fotolia
E-COMMERCE
Kaufglück per Mausklick –
die neue Dimension des Handels
Der Internethandel boomt, die Zahl der Online-Shops wächst stetig.
Doch wer sich in dem Geschäft behaupten will, muss sich auf mächtige Konkurrenz einstellen.
Shoppen am Feierabend,
stöbern am Wochenende:
Mit dem Internet-Boom hat
Einkaufen eine
elektronische Dimension
bekommen, die kein
Unternehmen ignorieren
kann. Und Experten sehen
immer noch einige
Nischen, die bis
heute unbesetzt sind.
Nathalie Klüver
Mal schnell ein paar neue Schuhe
bestellen und den Bestseller-Roman, den man schon immer lesen
wollte? Ein paar Mausklicks genügen, und am nächsten Tag
bringt der Postbote das
Paket vorbei – auf
Wunsch sogar als Geschenk verpackt: Online shoppen wird immer einfacher und alltäglicher.
Der
Online-Handel
boomt. Laut Handelsverband Deutschland HDE stieg der
E-Commerce-Umsatz in den vergangenen Jahren kontinuierlich.
Waren es vor zehn Jahren noch
11 Milliarden Euro Umsatz, lag der
Umsatz im vergangenen Jahr
schon bei 29,5 Milliarden Euro. Für
2013 prognostiziert der HDE einen
Umsatz von 33,1 Milliarden Euro.
Marktführer der Branche ist
Amazon.de mit 3,43 Milliarden
Euro in 2011. Nummer zwei in
Deutschland ist Otto mit in 2011 erwirtschafteten 1,5 Milliarden Euro.
Unter den deutschen Top 20 finden
sich außerdem Textilketten wie
Bon Prix oder Esprit, die Versandapotheke Sanicare, Apple und Tchibo.
Der Online-Handel bietet nicht
nur den Vorteil, dass man auch
nach Feierabend shoppen kann,
nicht extra für ein neues Buch in
die Stadt fahren muss und Dinge
findet, die man in der heimischen
Fußgängerzone nicht unbedingt
antrifft.
Ein großer Vorteil sind auch die
guten Vergleichsmöglichkeiten im
Netz, sagt Holger Schneider, Professor für E-Commerce. Der Leiter
des Studiengangs „E-Commerce
an der FH Wedel in Hamburg
nennt Elektronikprodukte als Beispiel, bei denen man mit wenigen
Mausklicks herausfinden kann,
welcher Händler welches Produkt
am günstigsten anbietet. Ein großer Vorteil für den Kunden, aber
nicht unbedingt für den Händler.
Der zieht aber andere Vorteile aus dem Online-Geschäft. Schließlich erreicht er Kunden, die er
geografisch sonst nicht
erreichen würde. Er
kann Geschäfte auch außerhalb der üblichen Ladenöffnungs- und Arbeitszeiten generieren. Und: Er
lernt seine Kunden bestens kennen. Denn beim Stöbern in den Online-Shops hinterlassen sie ihre
Spuren. Mit jedem Mausklick.
Denn der Shop ist nicht nur das,
was die Kunden auf dem Computerbildschirm sehen. Es steckt ein ganzes System dahinter. Ein sehr komplexes.
Auf welcher Seite steigen Kunden ein? Haben sie über einen Werbebanner, einen Newsletter-Link
oder Suchmaschinensuche zu mir
gefunden? Nach welchen Suchbe-
griffen wird gesucht? Welche Produkte sind besonders gefragt, welche weniger? Welche werden gerne zusammen bestellt, auf welchen
Seiten brechen die Besucher ihre
Sitzung ab? Es sind unzählige Daten, die gesammelt werden können. Freilich dürfen nicht alle ohne Einverständnis
des Users gesammelt und
ausgewertet
werden,
aber dennoch: Es kommen viele interessante Informationen zusammen.
„Die Kunst ist es, die Daten richtig zu messen und
nutzbringend auszuwerten“,
sagt Holger Schneider. Das sei es,
was die erfolgreichen Unternehmen ihrer Konkurrenz voraushaben. Die Webseiten müssen ständig aktualisiert und den Auswertungen angepasst werden, so dass
der Benutzer auch das findet, was
er sucht: Und zwar schnell und
selbstverständlich ohne technische
Probleme. Denn was nützt es,
wenn der Kunde zwar brav den Warenkorb einpackt, aber dann am Ende den Kaufvorgang abbricht, weil
die Bezahlseite nicht aufgebaut
wird?
„Das Ziel sollte sein, dass die Analyse der Daten im ganzen Unternehmen genutzt wird“, sagt E-Commerce-Experte Schneider. Die Erkenntnisse sollten in die gesamten internen Prozesse einbezogen werden,
so sollte beispielsweise die Abteilung, die das Sortiment plant, unkomplizierten Zugriff auf die Besuchszahlen aller Produktseiten haben. Viele Firmen seien der Ansicht, dass es reiche, ein Tracking
zu haben, hat Schneider beobachtet. „Aber man muss sich auch die
daraus resultierenden Fragen stellen: Was bedeutet eine Abbruchrate von X Prozent an einer bestimmten Stelle im Kaufprozess?“
Doch um diese Fragen zu stellen
– und natürlich zu beantworten,
brauchen Unternehmen Know–
how und Mitarbeiter, die sich mit
diesen Auswertungen befassen. Eine saubere Datenbasis helfe aber
auch, gezielt Filter zu setzen und
die Suche für Kunden zu erleichtern. „Eine gute Datenbasis ist momentan
ein großer Wettbewerbsvorteil“,
hebt
Schneider hervor.
Die Qualität der Online-Shops habe sich in
den vergangenen Jahren
verbessert, hat Schneider beobachtet. Umfragen haben gezeigt,
dass die Zufriedenheit der Kunden
gestiegen sei. Ein Problem sei aber
immer noch, dass insbesondere
neue Anbieter die Funktion der Suche unterschätzen und mehr auf
Navigation in Kategorien setzen, in
der Hoffnung, dass die Kunden
„sich auf der Seite treiben lassen“
und beim Stöbern noch mehr Produkte einkaufen, als sie ursprünglich wollten. Dabei sucht die Hälfte
der Kunden gezielt über Stichwörter, denn sie wissen genau, was sie
wollen – nur 50 Prozent suchen in
Kategorien.
Im Kommen sei die Personalisierung: „Kunden, die dieses Produkt
kauften, interessierten sich auch
für dieses und jenes“. Das sei eine
Entwicklung, die sich bei immer
mehr großen Anbietern beobachten lässt, genauso wie die stetige
Verbesserung der Lieferkonditionen. In einigen großen Städten ist
bereits eine „Same-Day-Delivery“
möglich: eine Lieferung am selben
Tag gegen einen Aufpreis.
Ein Thema, das in der Welt des
E-Commerce immer spannender
werde, sei das Internationale Einkaufen, das durch weltweite Logistiknetzwerke kein Problem mehr
sei. Bei Ebay etwas bestellen und
es schnell und versandkostenfrei
aus China geschickt zu bekommen, wird immer selbstverständlicher. „Die Welt wächst noch ein
Stück weiter zusammen. Hier wird
sich noch einiges tun“, so Holger
Schneider. Doch für kleinere Händler wachse so natürlich die Konkurrenz und es werde immer schwieriger, sich in diesem Umfeld zu behaupten.
Die Zahl der Online-Shops
wächst dennoch stetig. Doch auch
wenn es mittlerweile Baukastensysteme gebe,
mit denen sich Online-Shops samt Bezahlsystemen und ansprechenden Layouts
einfach aufbauen lassen, warnt Schneider
davor, den Aufwand zu
unterschätzen.
Nötig seien ansprechende Bilder
der Produkte, passende Beschreibungen, schlüssige Kategorien,
Suchfunktionen und Filter, sichere
Bezahlvorgänge – und nicht zu vergessen, das Konfektionieren und
Versenden der Waren: „Das ist ein
großer Aufwand und nicht mal so
eben nebenher zu betreiben.“ Informationen müssen ehrlich und
umfassend sein, die Produkte optimal dargestellt – gerne auch von allen Seiten, denn böse Überraschungen, weil die Schuhe eine grüne
Sohle haben, mit der man nicht gerechnet hat, möchte kein Käufer erleben.
Auch was Preise und den Service
wie Retouren und Versandzeit betrifft, sei es schwer, mit großen
Händlern mitzuhalten. Das sei bei
Nischenprodukten oder Eigenmarken vielleicht etwas anders, aber
beispielsweise bei Elektronikartikeln oder Büchern sei die Konkurrenz stark und professionell aufge-
stellt. Vor allem die Neukundengewinnung sei sehr aufwändig. Eine
Möglichkeit sei es aber, statt eines
eigenen Online-Shops zunächst
über Marktplätze wie bei Amazon
oder Dawanda zu vertreiben.
Und eines sollte keiner vergessen: Wer online Produkte vertreibt,
kann sich keine schlechte Leistung
erlauben. „Die Leistungen sind
transparent“, sagt Schneider. Allgemein sieht Schneider im OnlineGeschäft noch Luft nach oben.
Noch unterrepräsentiert im E-Commerce seien Möbel und Autos,
wobei es bei Möbeln die ersten Versuche gebe. „Aber
man kann schon sagen:
Online-Shops sind ein
Einkaufskanal wie jeder
andere auch.“
STUDIUM
Meister des
elektronischen
Handels
Den Bachelor- und darauf aufbauenden Masterstudiengang E-Commerce gibt es seit Oktober 2011 an
der FH Wedel. Im Bachelor sind vor
allem Informatik- und wirtschaftliche Aspekte Schwerpunkt des Studiums, im Master strategische Aspekte. Der Studiengang wurde auf
Initiative der Otto Group eingerichtet, die einen wachsenden Bedarf
an E-Commerce-Experten und einen Mangel an qualifizierenden
Ausbildungen dafür sah. Professor
Dr. Holger Schneider war zuvor Leiter des Business Development New
Media der Otto Group. Das Studium ist auch als dualer Studiengang
möglich, hier bietet die FH Wedel
ein eigenes Modell an.
DIE WIRTSCHAFT – Der elektronische Handel wächst rapide. Und stellt vor allem kleine und mittlere Unternehmen vor neue Aufgaben.
Dienstag, 24. September 2013
21
FINANZEN & MARKETING
ONLINE-SHOPS
Der richtige Start in den elektronischen Handel
Wer einen Online-Shop gründen
will, der braucht ein ansprechendes und übersichtliches Layout.
Und natürlich sollte die Seite technisch einwandfrei funktionieren.
Doch auch rechtlich gibt es einiges
zu beachten.
So kann Werbung in Form eines
Newsletters nicht einfach jedem
Kunden zugeschickt werden, sondern erst, wenn dieser eingewilligt
hat. Unzulässig ist, den Kunden ein
vorgesetztes Häkchen entfernen
zu lassen, wenn er keine E-Mails
wünscht. Empfehlenswert ist dafür
das sogenannte Double-OptIn-Verfahren: Nach der Anmeldung oder dem Setzen eines Häkchens erhält der Kunde eine
E–Mail, in der er einen Bestätigungslink anklicken muss.
Auf der Webseite darf ein Impressum nicht fehlen: Es muss leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar sein. Auch beim Umgang mit den Kundendaten ist Vorsicht geboten. Wenn ein Artikel verkauft wird, dürfen alle personenbezogenen Daten gespeichert werden, die für die
Abwicklung des Kaufs benötigt werden. Die Daten dürfen jedoch nur für diesen konkreten Kauf verwendet werden und
müssen danach gelöscht werden –
es sei denn der Benutzer willigt ein,
am besten ebenfalls im DoubleOpt-In-Verfahren. Eine Datenschutzerklärung, die am besten neben dem Impressum platziert
wird, muss offenlegen, wie
die Daten verwendet werden. Diese darf nicht einfach in den AGB untergebracht sein.
Bei der Bebilderung
des Shops ist natürlich
auf Bildrechte zu achten. Preise müssen gegenüber dem Endverbraucher
Bruttopreis inklusive Mehrwertsteuer sein. Sie müssen zudem
eindeutig erkennbar sein, ebenso
wie die Versandkosten. Sie müssen
EINSTEIGER I
transparent erkennbar sein und
sich in unmittelbarer Nähe zum
Preis befinden. Ebenfalls eine
Pflichtangabe: Lieferzeiten.
Dem Verbraucher muss, bevor
er den Bestellbutton drückt, noch
einmal folgende Informationen hervorgehoben werden: Produktbeschreibung, Laufzeit des Vertrags,
Gesamtpreis, Versand- und Zusatzkosten. Außerdem muss der Kunde
vor der Bestellung auf sein 14-tägiges Widerrufsrecht hingewiesen
werden, ein weiterer Hinweis auf
das Widerrufsrecht muss in der Bestätigungsemail oder Rechnung stehen. Hierbei kann auf Musterwiderrufsbelehrungen zurückgegriffen
werden.
EINSTEIGER II
Selbstgenähtes aus dem Netz
Nach ihrer zweiten Schwangerschaft entschied sich Stella Wagner, die ersten drei Jahre Elternzeit
zuhause zu verbringen. Und so begann sie das Nähen. Aus dem
Hobby entwickelte sich eine Geschäftsidee: Die selbstgenähten
Kleider und Accessoires für ihre
Tochter stießen auf so großes Interesse, dass die 42-Jährige 2009 begann, selbstgenähte Unikate auf
dem Online-Marktplatz Dawanda
einzustellen, ein Marktplatz für
Selbstgemachtes.
„Zum Einsteigen ist so ein Online-Marktplatz der beste Weg“,
sagt Stella Wagner. Schließlich
übernimmt der Marktplatz die gesamte Verwaltung, der Shopbetreibende selbst muss nur die Ware fotografieren, beschreiben und einstellen – und versenden, sobald eine E-Mail-Benachrichtigung von
Dawanda und der Geldeingang
des Kunden kommen. Wie viel und
was man einstellt, bleibt einem
selbst überlassen.
Die Nachfrage wurde immer größer und die Resonanz war gut. Als
ihre Tochter in den Kindergarten
kam, entschloss sich die Lübeckerin, einen eigenen Laden in der Lübecker Altstadt aufzumachen. Ihr
Ladenatelier in der Schlumacherstraße in Lübeck öffnete im vergangenen Juli. Dort fertigt und verkauft sie ihre Ware, liebevoll selbstgenähte Kinder- und Babykleidung und Accessoires wie Wimpelketten, Aufbewahrungstaschen,
Kuscheltiere, Kissen oder Umhängetaschen.
„Der Online-Shop und der Laden ergänzen sich perfekt“, sagt
Stella Wagner. Mit dem Laden erreiche sie die Menschen aus der
Umgebung, die die Ware anfassen
wollen, die Stoffe und Farben nicht
nur auf dem Foto sehen wollen.
Aber sie gibt auch zu bedenken,
dass man den Aufwand der Onlineverkäufe nicht unterschätzen dürfe
– das Fotografieren, das Einstellen
der Ware, das Versenden und
auch das Anfertigen auf
Bestellung.
Nun will sie ein
neues Angebot des
Online-Marktplatzes nutzen: eine eigene Webseite, die
sie selbst gestaltet
und in die sie den Dawanda-Shop integriert.
Das ist ein Mittelding zwischen eigenem Shop und Marktplatz, denn die komplette Verkaufsabwicklung übernimmt immer
noch der zwischengeschaltete
Marktplatz.
A karlotto
Kronsforder Allee 33c
23560 Lübeck
www.karlottos-laden.de
NETWORKING
Boomende Online-Collection
Als Wiebke Becker-Ritterspach mit
ihrer Glockengiesser Collection
um die Jahrtausendwende online
ging, war sie mit unter den Ersten
im E-Commerce. Es war die
Zeit, als das Internet zu boomen begann und die ersten Online-Shops öffneten. Der Online-Shop
der Glockengiesser Collection ersetzte nach und
nach die Kataloge, die
das Lübecker Unternehmen vorher versendet hatte.
Die Geschichte des Ladens in
der Glockengießerstraße beginnt
aber bereits 1980, als Wiebke Becker-Ritterspach gemeinsam mit
zwei anderen Frauen das „Glockengießer Fenster“ eröffnete, einen Laden an derselben Stelle in
der Lübecker Altstadt.
Mit selbst produzierten Artikeln
fing es an: Zinnleuchter, Batik, Blumenkränze. Das Geschäft wuchs,
die Vorstellungen der drei Gründerinnen gingen auseinander, die Wege trennten sich und 1994 eröffnete
Wiebke Becker-Ritterspach mit eigenen Ideen die Glockengiesser
Collection – zusammen mit dem
Entwurf ihrer ersten eigenen Textil-Kollektion.
Da sie und ihr Mann lange im
Ausland, unter anderem in Nepal,
lebten, hatten sie viele Kontakte in
den asiatischen Raum, so dass sie
Produzenten in Indien fanden, die
die farbenprächtigen Kollektionen
umsetzen – Designs für Kissen, Gardinen, Tischwäsche und andere
Wohnaccessoires, die immer noch
einen Hauch Asiens spüren lassen
haben. Seit 2004 entwirft die Lübeckerin auch Designs für ihre Kinderkollektion und hat Kinderbettwäsche und hat Kinderkissen in ihr
Sortiment aufgenommen.
Zwischen 1998 und 2006 war das
Unternehmen auch auf Messen in
Frankfurt und Paris vertreten, gewann Designpreise und vertrieb
die Ware nicht nur an Privatkunden, sondern auch an den Einzelhandel in Deutschland und insbesondere in Südeuropa. „Der Online-Shop ist dabei eine wichtige Ergänzung gewesen“, so Wiebke Becker-Ritterspach.
Heute ist es ein wenig ruhiger
um das Lübecker Unternehmen geworden, aus Altersgründen hat
sich die 67-Jährige ein wenig vom
Geschäft zurückgezogen. Was jedoch nicht Ruhestand bedeutet:
Einmal im Jahr entwirft sie noch
neue Kollektionen, die es in dem
Ladengeschäft in der Altstadt und
natürlich im Online-Shop zu erwerben gibt.
A Glockengiesser Collection
Glockengießerstraße 36
23552 Lübeck
www.glockengiessercollection.de
DAS PROGRAMM
„Die Kraft des Marketings“
Das neunte Marketing-Forum am 29. Oktober in Lübeck.
VORTRÄGE:
14 bis 14.45 Uhr
Dr. Stefan Goes,
communicare
Mit Ruhe und Kraft durch die
nächste Verhandlung
Dr. Walter Hollender & Stefan
Stengel, MZZ &glocalconsult
Matrix reloaded?
Bei einer der größten
Marketing-Veranstaltungen
Schleswig-Holsteins dreht
sich dieses Jahr alles um
Frage nach dem „Wie“:
Wie viel und welche Kraft
braucht gutes Marketing
überhaupt? Finanzkraft,
Arbeitskraft, Schubkraft
oder Innovationskraft?
Oder von allem etwas?
Namhafte Referenten werden am
Dienstag, 29. Oktober, in den media docks Lübeck Vorträge halten
und Workshops leiten. Höhepunkt
ist die Verleihung des MarketingAwards.
Um 14 Uhr starten spannende
Vorträge wie „Matrix reloaded –
wie verändert die digitale Revolution unser Leben“ oder „ImageCheck – der gute Ruf auf dem Prüfstand“ Bei der Verleihung des Marketing-Awards (17 bis 18 Uhr) wird
die stärkste Marketing-Idee des
vergangenen Jahres gekürt. Der
Preis ist mit einer Medialleistung in
Höhe von 25 000 Euro vom Medienhaus der Lübecker Nachrichten
ausgeschrieben.
Von 18 bis etwa 19.30 Uhr
spricht der Top-Referent des
Abends, Dr. Hans-Georg Häusel.
„Wir sind sehr glücklich, mit ihm einen einen sehr hochkarätigen Sprecher gewonnen zu haben“, sagt Rüdiger Bachorski Vorstand des Marketing-Forums.
In seinem Vortrag „Brain Power
– Wie Hirnforschung die Kraft des
Marketings verstärken kann. . .“
stellt Professor Häusel die neues-
Kundendaten, Impressum, Preisbezeichnung: Im Internet-Handel gibt es viele
Bestimmungen, die Gründer beachten müssen. Foto: IckeT / Fotolia, Nathalie Klüver
GerritHardkop,
LDB Mica Research GmbH
ImageCheck – Ein guter Ruf zahlt
sich aus
15.30 bis 16.15 Uhr
Prof. Dr. Thomas Gey
Nordakademie – Hochschule
der Wirtschaft
Brand ist (k)eine Kopfsache
Alexander Hahn,
Deutsche Post
Augenkamera – Blickverlauf in
der Werbung
Ihre Steuerberatung vor Ort!
Erfahrung, die sich für Sie auszahlt.
Steuerberatung für Oldenburg und Umgebung
Wir beraten Mandanten aller Branchen und Rechtsformen in steuerlichen
und betriebswirtschaftlichen Angelegenheiten. Die individuelle und persönliche Betreuung durch unsere Steuerberatungskanzlei vor Ort und das breite
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Sven Hemprich, Inton
Erfolgsfaktor Stimme im
Marketing
18 bis 19.30 Uhr
Dr. Hans-Georg Häusel
„Brain Power – Wie Hirnforschung
die Kraft des Marketings verstärken kann. . .“
WORKSHOPS:
Dr. Hans-Georg Häusel referiert am 29. Oktober in den media docks über
Hirnforschung als Basis für ein effektives Marketing.
Foto: Häusel
ten Erkenntnisse der Hirnforschung für Marketing und Verkauf
vor. Anhand vieler Fallbeispiele
können die Teilnehmer in den media docks erfahren, was zu beachten ist, wenn man einen Logenplatz im Gehirn des Kunden besetzen will.
Diplom-Psychologe Dr. HansGeorg Häusel zählt zu den führenden Experten in der Marketing-,
Verkaufs- und Management-Hirnforschung. Durch seinen faszinierenden Ansatz und seinen unterhaltsamen Vortragsstil ist er auf vielen nationalen wie internationalen
Veranstaltungen ein gefragter Keynote-Speaker. Ab 19.30 Uhr stehen
dann Essen und Chill-Out auf dem
Programm.
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14 bis 15.30 Uhr
Sönke Petersson,
EXEO GmbH
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Marketing und Werbung
Die Kraft der Präsentation
17 bis 18 Uhr
Award-Verleihung
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Essen und Chill-Out
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DIE WIRTSCHAFT – Namhafte Referenten informieren am 29. Oktober beim neunten Marketing-Forum in den media docks.
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PANORAMA
23
HANSEBELT
Die Potenziale des Mittelstands nutzen
Mit drei Projekten bringt die IHK zu Lübeck Wirtschaft und Wissenschaft zusammen.
Die Region Hansebelt will
im Verbund mit Hamburg
und dem Öresund
Wissensregion Nummer
eins in Europa werden.
Nathalie Klüver
Innovative Unternehmen und
Hochschulen sind ein Wachstumsfaktor für eine Region. Die Wirtschaft braucht die Wissenschaft für
neue Ideen und Produkte, gerade
kleinere und mittelständische Unternehmen, die keine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung haben. Ideeninput von außen
statt hausgemacht. Doch die Region um Lübeck hat starke Konkurrenz: von Hamburg auf der einen
Seite genauso wie von der Metropolregion um Kopenhagen.
„Um die Position unserer Region
im Wettbewerb der Standorte zu
festigen, müssen wir Kooperationen zwischen Wissenschaft und
Wirtschaft ausbauen und dabei die
Potenziale der ansässigen kleinen
und mittelständischen Firmen nutzen “, sagt Eva Lankau, Geschäftsführerin von Optomedical Technologies, die zusammen mit Brüggen-Geschäftsführer Jochen Brüggen die Patenschaft für drei Hansebelt-Projekte in diesem Bereich
übernommen hat. Die Hansebelt-Region zwischen den Metropolregionen Hamburg und Kopenhagen solle eine „gute Adresse für
Forschung und Entwicklung“ werden, so Brüggen. Um das zu erreichen, hat die IHK zu Lübeck drei
Projekte im Bereich „Wirtschaft
und Wissenschaft“ initiiert.
Das Projekt „Unternehmensgründungen aus Hochschulen“
soll das Gründungsmanagement
auf dem Lübecker BioMedTec-Wissenschaftscampus etablieren und
fester Bestandteil der akademischen
Ausbil-
dung werden. Das „Kommunikatilaufstelle für Gründer auf dem
onsnetzwerk für die TechnologiereCampus.
gion Hansebelt“ will Wirtschaft
Unterstützung soll auch ein Menund Wissenschaft besser vernettorenprogramm bieten, das erfahrezen.
ne Gründer an die Seite von
Doch die Forschung soll nicht
„Frischlingen“ stellt. Die IHK entnur in der Region gestärkt werden,
wickelt einen Praxisleitfaden „Aussondern auch grenzüberschreigründungen aus Lübecker Hochtend: Mit dem Projekt „TransTechschulen“, der auch online erhältTrans
im
Fehmarnbelt-Örelich sein soll.
sund-Korridor“, einer länderüberDas „Kommunikationsnetzwerk
greifende Initiative, die den Techfür die Technologieregion Hansenologietransfer über Fachkräfte vobelt“ soll die Region als attraktive
ranbringen soll. Damit soll, so die
Technologieregion für WissenIHK Lübeck, der Hansebelt im Verschaftler, Unternehmer und Fachbund mit Hamburg und dem Örekräfte etablieren. Ein abgestimmsund Wissensregion Nummer eins
tes Marketing bewirbt den Standin Europa werden. Ende Juni gab
ort als erste Adresse für praxisnahe
es den offiziellen Startschuss zu dieZusammenarbeit von Hochschusem Projekt.
len und Wirtschaft. Im Fokus steht
Ziel des deutsch-dänisch-schwedabei vor allem die schnelle Umdischen Projektes: eine finanzielle
setzung von ForschungsergebnisUnterstützung grenzüberschreitensen.
der Forschungs- und EntwicklungsHierfür soll zunächst ein Kommuprojekte zwischen Unternehmen
nikationskonzept erstellt werden,
und Forschungseinrichtungen. Eiin dem die Stärken und Schwäne Jury aus Projektpartnern und
chen der Region im Vergleich zu
Foto: Fotolia / Collage: Fotolia / af
Kooperationsmitgliedern entschei- Grenzüberschreitend werden in der Region Forschung und Wissenschaft gefördert.
anderen Orten analysiert werden.
det, wer finanziell gefördert wird.
Im folgenden Schritt werden die
„Mit dieser neuen Initiative ver- rium für Forschung, Innovation tiative durch Mitglieder in der Jury „Unternehmensgründungen aus passenden Kommunikationskanäeinfachen wir den grenzüberschrei- und Weiterführende Bildung, der und als nationale Kontaktstelle für Hochschulen“ soll auf dem Cam- le und eine Strategie erstellt. Das
tenden Technologietransfer zwi- Rat der südschwedischen Region Bewerber in Schweden, Dänemark pus Lübeck die Themen Grün- von der IHK initiierte Projekt soll
schen Schweden, Dänemark und Skåne sowie das Ministerium für und Deutschland.
dungsförderung und –kultur veran- Wirtschaft und Wissenschaft stärDeutschland erheblich“, betonte Wirtschaft, Arbeit, Transport und
Ein weiteres Projekt soll das kern: Hierfür soll eine Stiftungspro- ker vernetzen und durch eine direkFriederike C. Kühn, Präses der IHK Technologie des Landes Schles- Gründungsklima in der Region ver- fessur „Entrepreneurship Educati- te Ansprache und Praxisbeispiele
zu Lübeck, bei der Auftaktveran- wig-Holstein das Projekt. Die däni- bessern und den Unternehmer- on“, an der sich die IHK Lübeck be- auch für kleinere Unternehmen
staltung. Ausgangspunkt des Ko- schen Organisationen Biopeople geist an Hochschulen fördern. Das teiligt, und ein Gründungsinstitut aufzeigen, wie der Technologieoperationsprojekts ist die geplante und Netmatch, Medicon Village in Ziel sind mehr technologieorien- eingerichtet werden.
transfer funktioniert. Eine Plattfeste Fehmarnbelt-Querung. „Sie Schweden und Life Science Nord tierte und wissensbasierte UnterSeit 2012 berät die IHK Lübeck form für Wirtschaft und Wissenwird das neue, starke Band zwi- in Deutschland unterstützen die Ini- nehmensgründungen. Das Projekt im „GründCube“, eine zentrale An- schaft soll so geschaffen werden. A
schen Norddeutschland und dem
südlichen Skandinavien sein, das
nicht nur Güter, sondern auch Ideen und damit vielversprechende
Forschungs- und Entwicklungsprojekte zwischen den Ländern befördert.“
Eine Art Reisestipendium soll es
sein, ein Austausch von F&E-Mitarbeitern über drei Grenzen hinweg.
Davon erhoffen sich die Projektpartner neue Ideen für gemeinsame Projekte, eine gegenseitige Befruchtung, aber auch die Identifizierung von neuen Finanzierungsquellen.
Ein transnationaler Fonds unterstützt durch drei Sponsoren, die
sich mit je 15 000 Euro beteiligen,
hen starten ihre
soll neun bis 22 F&E-Experten bei
Firmen mit Köpfc
ihrem Austausch fördern. In der
einjährigen Pilotphase ist der
Fonds für die Lebenswissenschaften geöffnet. Dabei werden Forg.
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Infos
gebung, Labore und Kollegen bes22 41 34
und Tel. 0451/1
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ser kennenzulernen.
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Neben der IHK zu Lübeck unterstützen auch das dänische Ministe-
St. Annen-Museum
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WEI
STRATEGIE 2030
DER VEREIN
Eine starke
Region
Gemeinsam
gestalten
„Schleswig-Holstein wird Zuzugsland“: Das ist das Ziel der Strategie
2030, die die IHK Schleswig-Holstein auf den Weg gebracht hat, um
das nördlichste Bundesland im regionalen und internationalen Wettbewerb an die Spitze zu bringen.
Aus der Strategie 2030 hat die
IHK zu Lübeck ergänzende Maßnahmen abgeleitet, die insbesondere für die Hansebelt-Region zwischen Öresund und Hamburg eine
wichtige Bedeutung haben. Neun
Projekte aus den Themenfeldern
„Fachkräfte und Lebensqualität“,
„Mobilität und Energie“ sowie
„Wirtschaft und Wissenschaft“ sollen die Region für die Zukunft stark
machen. In den folgenden Ausgaben wird „Die Wirtschaft“ die Projektfelder detailliert vorstellen.
Im Verein HanseBelt engagieren
sich Vertreter führender Unternehmen in der Region zwischen der
Hansestadt Hamburg und dem Fehmarnbelt sich für eine pulsierende
Region, die sich mit der geplanten
Fehmarnbeltquerung in einer nachhaltigen Umbruchsituation befindet. Um diese Entwicklung aktiv
mitzugestalten, haben sich die Unternehmen auf Impuls der IHK zu
Lübeck zu einem Initiativkreis zusammengeschlossen. Seit 2010 ist
aus der HanseBelt Initiative ein
Verein geworden.
Der Fokus liegt auf der wirtschaftlichen Entwicklung. Ziel ist
es, das Zukunftspotenzial des Wirtschaftsraums zu nutzen.
ab 10.11.13
in Lübeck
WAS MACHT DAS
ZEBRA AN DER KRIPPE?
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DIE WIRTSCHAFT – Die Wirtschaft braucht die Wissenschaft. Die IHK bringt beide Bereiche in der Region Hansebelt zusammen.
30.08.13 10:45
24
HANDWERK
Übergaben,
Neubauten, Jubiläen
Günther Wulf übergibt den Betrieb – Nach 30 Jahren hat Günther Wulf seinen Betrieb in Göhl im
Kreis Ostholstein an Holger Wildelau (48) und Simon Behnk (27) übergeben. Die beiden, die bislang zu
den Mitarbeitern gehörten, firmieren künftig unter Timm Bedachungs- und Installationstechnik
GmbH. Am 1. Juli 1983 kauften die
Brüder Andreas und Günter Wulf
den Betrieb von Elektromeister
Claus Timm, der wiederum die Firma 1952 von Willi Dürbrook übernommen hatte. Nach zwei Jahren
schied Andreas Wulf aus, Bruder
Günter blieb Geschäftsführer. Tätig ist der Fachbetrieb im Raum Ostholstein und Lübeck. Zu den Arbeitsbereichen des Unternehmes
gehören
Elektro-Installationen,
Elektrogeräte, Starkstromanlagen,
Heißwassergeräte, Leuchten, Antennen, Bauklempnerei, Pumpen,
Öl-, Gas- und Elektroheizungen sowie Fassadenbekleidungen und
Bedachungen.
Dachdeckerei baut neue Halle
– Dachdeckermeister Thomas Eissing aus Wesenberg im Kreis Stormarn hat im Juli eine neue Lagerund Ausstellungshalle im Reinfelder Gewerbegebiet, Heiweg, eröffnet.
50 Jahre Birkhahn Bau – Das Familienunternehmen Birkhahn Bau
GmbH aus Lübeck, das Diplom Ingenieur Carsten Birkhahn in dritter
Generation führt, feiert in diesem
Jahr 50-jähriges Jubiläum. Ihm stehen 25 hochqualifizierte Mitarbeiter zur Seite. Einer der Hauptauftraggeber ist die Hansestadt Lübeck.
25 Jahre Fliesenleger Jörg
Priebe – Mit neun Mitarbeitern
und dem Fliesenlegermeister
Frank Lübke, der vor 13 Jahren ins
Unternehmen in der Gutenbergstraße 5 in Bad Schwartau kam,
baut der Handwerksbetrieb auf ein
kompetentes Team. Der Fliesenleger arbeitet auch in Kooperation
mit der Hand-in-Hand-Werker
GmbH.
ECC – EVENT & CONGRESS-CARREE LÜBECK
35 Millionen für Eventzentrum
Architekt Heinz Besser baute seinen Hanseatischen Hof in Lübeck prunkvoll aus.
2300 Quadratmeter
Veranstaltungsfläche, eine
ausgefeilte Licht- und
Akustiktechnik,
Restaurants, Bar, Lounge
und Hotelzimmer – der
Hanseatische Hof in
Lübeck avanciert zur
neuen Adresse für
anspruchsvolle Kongresse.
Der Architekt und Kaufmann
Heinz Besser investierte in der Lübecker Wisbystraße ganz in der Nähe des Hauptbahnhofes rund 35
Millionen Euro in den Um- und Ausbau des Hanseatischen Hofes zum
2300 Quadratmeter großen Eventzentrum. Highlight des neuen ECC
ist der große Festsaal, in dem bis zu
1200 Personen Platz finden. Auf
drei Etagen befinden sich weitere
vier Veranstaltungsräume. Hinzu
kommen die elf Tagungs- und
Gruppenräume im verbundenen
Hotel Hanseatischer Hof. Demnächst soll die Skybar mit Panoramablick über Lübeck eröffnet werden. Der Hotelbereich wurde um
85 Zimmer auf 205 Zimmer erweitert. Zur Entspannung steht Hotelund den Tagesgästen der Beautyund Spa-Bereich zur Verfügung.
IMMOBILIEN I
IMMOBILIEN II
HKL in der
Lohgerberstraße
Neugründung:
Im Norden
Die Namen sind in der Immobilienund Finanzbranche bekannt: Eberhard Rupprecht, Martin Ohm und
Peter Rave firmieren seit Jahresanfang gemeinsam unter „Im Norden
Immobilien GmbH“ in Eutin. Das
Büro ist in der Plöner Straße 50.
Dort geht es um Immobilien und deren Finanzierung sowie Wertgutachten.
www.im-norden-immobilien.de
weit über seine Karriere hinaus bodenständig und bescheiden gilt.
Diese Grundhaltung soll trotz der
Modernisierung in der Sportschule
nicht aufgegeben werden.
„Wir sind künftig ein Haus der
Kategorie Drei-Sterne-Plus“, sagt
Björn Silz, Kaufmännischer Leiter
der Anlage. Der vielbeschworene
„Geist von Malente“ soll nicht
mehr nur der Fußball-National-
mannschaft vorbehalten bleiben.
Die Starkicker residieren ohnehin
nur noch in Luxushotels, der gesamte Tross der Mannschaft ist zu umfangreich für die Fußballschule geworden. Im Uwe Seeler Fußball
Park schwört man dagegen auf den
verbindenden Charakter des Zusammenlebens. „Das wird für Firmen, Familien und Vereine wieder
wichtiger“, schätzt Silz.
Citti-Markt für Großkunden
Der Citti-Markt in Lübeck Herrenholz hat im Juni das neue Großverbraucher-Zentrum nach knapp einjähriger Bauzeit eingeweiht.
Die umfangreichen Um- und
Neubauten haben nach Auskunft
von Oliver David, Geschäftsführer
der Citti-Unternehmensgruppe, einen siebenstelligen Betrag beansprucht. Entstanden ist ein großzügiger Bereich für die Großkunden
mit separater Zufahrt. Auch ein eigenes Parkhaus mit 40 Plätzen und
weitere 100 Parkplätze stehen für
Großkunden zur Verfügung. Zufahrt gewährt ihnen die Großverbraucher-Kundenkarte, mit der sie
die Schranke passieren können.
Im Großverbraucherzentrum stehen Hallenleiter Olaf Haut sowie
die Großkundenbetreuer Julian
Schulte und Dennis Hartmann montags bis sonnabends jeweils von 7
bis 18 Uhr ihren Kunden mit Rat
und Tat zur Seite.
Parallel dazu wurde auch der Bereich für den Bestellservice Citti24.de umgestaltet.
LMK Einkaufswelt wird 200
Ein außergewöhnliches Jubiläum
begeht LMK Einkaufswelt aus Eutin in diesem Jahr. Vor 200 Jahren,
im Jahre 1813, gründeten die Familien Löffler, Menke und Koch das
heute größte Kaufhaus in Eutin
und gaben ihm ihre Initialen als Name. Das Geschäft präsentiert sich
in der Eutiner Peterstraße auf rund
10 000 Quadratmetern, davon
7000 Quadratmeter Verkaufsfläche. Bis heute ist die Familie Menke, genauer gesagt Thomas und
Karl-Wilhelm Menke, Inhaber des
Unternehmens. Andreas Booke
und Ralf Splettstößer-Preuß leiten
die Geschäfte.
Das Haus beschäftigt 180 Mitarbeiter, darunter auch 20 bis 30 Auszubildende.
JUBILÄUM
50 Jahre Steffen Tierzuchtgeräte
Die Fußballschule Malente heißt jetzt „Uwe Seeler Fußball Park“. Neben
Foto: Neelsen
Sport sind dort auch Feiern und Seminare möglich.
Lübecks „arme“ Stadtteile sollen
für Bewohner attraktiver werden
Wieder wird ein lübscher Stadtteil
schöner: Diesmal ist St. Lorenz Süd
an der Reihe. Dort investiert die
städtische
Grundstücksgesellschaft „Trave“ 17,6 Millionen
Euro. An zwei Standorten, die jahrelang brachlagen, an der Stettiner
und an der Märkischen Straße.
Dort errichtet die „Trave“ jetzt
Wohnungen für 250 Lübecker. Es
wird ein Mix aus Sozialwohnungen,
Mittelschicht-Apartments
Foto: Archiv
HANDEL
Neuer Fußball-Park
Malente eingeweiht
Seit März befindet sich HKL, der
Marktführer für Miet-Baumaschinen, am neuen Standort in der Lohgerberstraße in Lübeck. Das ehemalige Gelände am Citti-Park in
Lübeck wurde aufgegeben. HKL
hat dort etwa 10 000 Quadratmeter
Fläche zur Verfügung. Zu dem Unternehmen, das rund 1100 Mitarbeiter beschäftigt, gehören 130 Niederlassung, davon zehn in Schleswig-Holstein.
SERVICE
Für Kongresse und Veranstaltungen im Großraum Lübeck gibt es mit dem ECC eine feine, neue Location.
SPORT UND VERANSTALTUNG
Fußball ist längst ein Multimillionen-Spiel geworden, oft weit entfernt von der klassischen „ElfFreunde-Theorie“ mit dem Ball im
Mittelpunkt. Dem Trend hat sich
auch die berühmte Fußballschule
Malente nicht verweigern können.
Für mehrere Millionen Euro ist
die Fußballschule mit Jugendherbergscharakter umgebaut und umbenannt worden. „Uwe Seeler Fußball Park“ heißt die Anlage nun, in
der künftig „Fußball, Feiern und
Fortbildungen“ gepflegt werden.
Kern der Erweiterung ist ein moderner Bettentrakt, in dem außerdem
Seminar- und Wellness-Räume untergebracht sind. Neben den Aufgaben der klassischen Sportschule
als Ort für Trainingslager, Übungsleiter-Fortbildungen und Spielstätte für Auswahlmannschaften sind
im „Fußball Park“ nun auch Feiern
von Firmen, Familien und Gesellschaften ebenso möglich wie kurzzeitige Seminare und Besprechungen. Sporthalle und -plätze können
zusätzlich genutzt werden, von Malente aus können außerdem Wald-,
Küsten- und Seenlandschaften in
Schleswig-Holstein bequem erreicht werden.
Der
Schleswig-Holsteinische
Fußballverband als Betreiber der
Sportschule hat sich gezielt den Ehrenspielführer Uwe Seeler als Namenspaten ausgesucht, der als
100 Jahre Druckhaus Engel –
Die Unternehmerfamilie Engel aus
Bad Schwartau schrieb im Juni
2013 einhundert Jahre Firmengeschichte. Gegründet wurde die Firma 1913 von Wilhelm Engel in der
Lübecker Straße Nummer 6. Seit
1974 produziert das Unternehmen
mit rund 45 Mitarbeitern im Gewerbegebiet „Auf der Wasch“, heute
unter der gemeinsamen Regie der
Brüder Karl-Wilhelm und Ulrich Engel als Geschäftsführende Gesellschafter.
Dienstag, 24. September 2013
PANORAMA
und Senioren-Unterkünften. Starten soll es in diesem Jahr, Ende
2014 können die ersten Mieter einziehen.
Auch Moisling steht oben auf der
„to do“-Liste der „Trave“. 1900
Wohnungen hat die „Trave“ dort –
1800 stammen noch aus den frühen
60er Jahren. Sie sollen allesamt
runderneuert werden. 150 Millionen Euro beträgt das Investitionsvolumen bis 2030. Davon werden
knapp 60 Millionen Euro bis 2016
verbaut. Bis dahin sollen 600 „Trave“-Apartments auf Vordermann
gebracht worden sein.
8500 Wohnungen in Lübeck gehören der städtischen Grundstücksgesellschaft „Trave“, 1900 in Moisling, 1600 in St. Lorenz Nord, 1300
in St. Gertrud und je 1000 in Kücknitz und Buntekuh. 900 sind in St.
Lorenz Süd, der Rest verteilt sich
im Stadtgebiet.
Die Erfolgsgeschichte der Firma
Steffen beginnt im Jahr 1963. Damals übernahm der Melkmaschinen-Verkäufer
Hans-Hermann
Steffen von Emil Elwert das Fachgeschäft für Tierzuchtgeräte.
Aus dem Einzelunternehmen
wurde Hans-Herman Steffen und
Sohn GbR und schließlich die heutige Firma Hans-Jürgen Steffen, die
rund ein Dutzend Mitarbeiter beschäftigt.
Seit dem Jahr 2000 befindet sich
der Firmensitz in der Taschenmacherstraße in Lübeck, im Gewerbegebiet Roggenhorst an der A1.
TOURISMUS
Bungsberg wird Freizeitzentrum
Touristisch ist die höchste Erhebung in Schleswig-Holstein ein
Magnet. Nun wird der Bungsberg
noch attraktiver. Kürzlich erfolgte
dort das Richtfest für ein Bildungsspaßgebäude und eine Waldschänke, die zum Jahresende den Betrieb aufnehmen sollen.
Das Projekt „Bildungsspaß Ostholstein“ soll Grundschulen und
Kindergärten einmal im Jahr einen
außerschulischen Lernort kosten-
DIE WIRTSCHAFT –Eventzentrum, Fußball-Park, Wohnungsbau: Wichtige Investitionen in der Region in den vergangenen Monaten.
frei ermöglichen. Aber auch für Erwachsenen-Seminare sind die neuen Veranstaltungsräume vorgesehen. Die nahe „Waldschänke“ bietet Touristen ein Ausflugsziel.
Das Projekt kostet 4,4 Millionen
Euro. Kooperationspartner sind die
Sparkassen-Stiftung Ostholstein
und der Zweckverband Bungsberg
mit Hilfe der Sparkassen-Kulturstiftung, Landesforsten und Aktiv-Region Holsteinische Schweiz.
Dienstag, 24. September 2013
25
PANORAMA
MESSEKALENDER
27. bis 29. September 2013
Rostock
ROBAU
23. Landesbauausstellung
Mecklenburg-Vorpommern
HanseMesse Rostock
Zur HanseMesse 1-2
18106 Rostock
6. Oktober 2013
Hannover
BIO NORD
Die große Messe für den
Biofachhandel
Deutsche Messe Hannover
Messegelände
8. bis 10. Oktober 2013
Hamburg
Intermodal Europe
Logistik-Fachmesse
Hamburg Messe und Congress
Messeplatz 1
20357 Hamburg
11. bis 13. Oktober 2013
Schwerin
14. Bauen & Sanieren
– Eigenheim Schwerin
21. Mecklenburger
Handwerksmesse
„Handwerk 2013“
10 – 18 Uhr, Fr 13 – 18 Uhr,
Sport- und Kongresshalle
Wittenburgerstraße
19059 Schwerin
26. Oktober bis 3. November 2013
Hamburg
HANSEBOOT
Internationale Bootsmesse
10 – 18 Uhr, Mi. 10 – 20 Uhr
Hamburg Messe und Congress
Messeplatz 1
20357 Hamburg
2. und 3. November 2013
Heiligenhafen
NEU: WARDERMESSE
Handwerk und Gewerbe aus
Heiligenhafen
Aktiv-Hus Heiligenhafen
Heiligenhafener Verkehrsbetriebe
GmbH & Co. KG
LN-AKADEMIE
Am Yachthafen 4a
23774 Heiligenhafen
1. bis 2. November 2013
Husum
NORDLICHTER
Event-Ausstellung rund
ums Thema Licht
16 – 24 Uhr
Messe Husum & Congress
NordseeCongressCentrum
Am Messeplatz 12 - 18
25813 Husum
8. bis 10. November 2013
Bremen
CARAVAN Bremen 2013
Fachausstellung für Caravans,
Reisemobile und Zubehör
SlowFisch
ReiseLust
10 bis 18 Uhr
Messe Bremen, Halle 5 – 7
Findorffstraße 101
28215 Bremen
10. bis 13. November 2013
Rostock
GASTRO
Fach- und Erlebnisausstellung für
Hotellerie, Gastronomie und Einzelhandel
HanseMesse Rostock
Zur HanseMesse 1-2
18106 Rostock
26.bis 27 November 2013
Kiel
jobmesse kiel
Messe für Ausbildung, Weiterbildung, Studium und Beruf
Mercedes-Benz-Niederlassung
Kiel
6. bis 7. November 2013
Kiel
Gebäude & Energie
Schleswig-Holstein
Cruise Terminal Ostseekai
Düsternbrooker Weg
24105 Kiel
5. bis 8. Dezember 2013
Hannover
UNTERNEHMEN
Anzeige
Für Manager
und Verkäufer
PFERD & JAGD
Europas größte Ausstellung für
Reiten, Jagen, Angeln
Deutsche Messe Hannover
Messegelände
10. bis 11. Februar 2014
Husum
NordGastro & Hotel
Fachmesse für Hotellerie
und Gastronomie
Messe Husum & Congress
NordseeCongressCentrum
Am Messeplatz 12-18
25813 Husum
8. bis 9. März 2014
Lübeck
jobmesse lübeck
Messe für Beruf, Ausbildung,
Trainee und Praktika
Mercedes-Benz Niederlassung
Fackenburger Allee 66
23554 Lübeck
12. bis 13. März 2014
Neumünster
wirtschaftNORDGATE
Dialog – Business – Kontakte –
Business to Business-Messe
Messegelände Holstenhallen
12. März, 10 bis 19 Uhr,
13. März, 10 bis 17 Uhr
Justus-von-Liebig-Straße 2-4
24537 Neumünster
In der MuK in Lübeck steht unter anderem die Fachmesse für Ausbildung
Foto: Ulf-Kersten Neelsen
und Studium auf dem Programm.
VERANSTALTUNGEN
26. September 2013, Lübeck
Innovatives Management
10.30 Uhr bis 17 Uhr, anschließend
Buffet. Erfahrungsaustausch für
Führungskräfte aus der öffentlichen Verwaltung
media docks
Willy-Brandt-Allee 31
23554 Lübeck
20. bis 23. März 2014
Husum
New Energy Husum
internationale Messe für
erneuerbare Energien
Messe Husum & Congress
NordseeCongressCentrum
Am Messeplatz 12-18
25813 Husum
3. bis 4. Juni 2014
Lübeck
nordjob Lübeck
Fachmesse für Ausbildung
und Studium
Musik- und Kongresshalle Lübeck
Willy-Brandt-Allee 10
23554 Lübeck
26. September 2013, Lübeck
Mit Mehrwert-Argumentation
mehr verkaufen
18 bis 20 Uhr, Kosten: 10 Euro inkl.
Snack und Getränke
Finder’s Haus, An der Untertrave 96
23552 Lübeck
10. Oktober 2013, Lübeck
Willkommen zum Aufstieg!
10 bis 14 Uhr
Kostenlose Veranstaltungsreihe
zum Start in die Selbständigkeit
IHK zu Lübeck
Fackenburger Allee 2
23554 Lübeck
24. Oktober 2013, Lübeck
Jung im Kopf – Wie denkt,
lernt und lenkt unser Gehirn
in der Zukunft“
Vortrag von Prof. Dr. Martin Korte
media docks
Willy-Brandt-Allee 31
23554 Lübeck
Einlass 18.30 Uhr, Beginn 19.30 Uhr
Eintritt: 69,90 Euro, mit LN-Card
5 % Rabatt. Info: LN-Akademie.de
7. November 2013, Lübeck
Vertrieb geht heute anders
Vortrag von Andreas Buhr
media docks
Willy-Brandt-Allee 31
23554 Lübeck
Einlass 18.30 Uhr, Beginn 19.30 Uhr
Eintritt: 69,90 Euro, mit LN-Card
5 % Rabatt. Info: LN-Akademie.de
Die LN-Akademie bietet im Oktober gleich zwei Seminare an, die
sich mit der Rolle als Führungskraft
und der Kommunikation beschäftigen – die Seminare ergänzen sich
hervorragend, können aber auch
einzeln gebucht werden.
Am Dienstag, 22. Oktober, geht
es im persolog-Persönlichkeitsmodell (DISG) um die eigenen
Stärken als Führungskraft. Die Teilnehmer lernen, die Verhaltensstile
und Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter
zu erkennen und so in ihrer Rolle
als Führungskraft noch besser auf
ihre Mitarbeiter einzugehen.
Im zweiten Seminar geht es am
am 23. und 24. Oktober mit dem
Leader Effectiveness Training
um ein Kommunikationsmodell,
das die Gestaltung eines wertschöpfenden Miteinanders am Arbeitsplatz, die Förderung der Mitarbeiterzufriedenheit und die effiziente Lösung von Konflikten im Fokus hat. Projektabläufe, die Leitung von Führungsgremien oder
auch die Beilegung eines Konflikts
werden erfolgreich erarbeitet
An Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Verkauf – insbesondere
an Berufsanfänger – richtet sich dagegen das Seminar Erfolgreich
verkaufen – durch persönliche
Kundenbeziehung am Dienstag,
29. Oktober. Für den Verkaufserfolg ist nicht nur ein gutes Produkt,
sondern auch die Leistung der Mitarbeiter als Verkäufer gefragt. Mit
diesem praxisorientierten Training
gewinnen die Teilnehmer Kunden
und steigern ihren Erfolg im Verkauf.
Alle Veranstaltungen finden im
Verlagsgebäude der Lübecker
Nachrichten, Herrenholz 10-12,
23556 Lübeck, statt.
www.ln-akademie.de
LEBENSMITTELBRANCHE
Neue Räumlichkeiten
– neue Namen
Viel Bewegung gab es in den vergangenen Monaten im regionalen Einzelhandel.
Nico Wieczorek (l.) und Jens Gradtke bieten seit zehn Jahren Service rund
um Lack und Karosserie bis hin zur Fahrzeugaufbereitung.
Foto: pa
Die Konkurrenz im
Lebensmittelbereich im
Großraum Lübeck wächst.
Neue Anbieter kommen
hinzu – die
alteingesessenen bauen
unterdessen aus oder
bekommen neue Namen.
tauer Fleischermeister Ralf
Cordts Ende August seinen Fleischereibetrieb im neuen und modernen Design vor. Das neue Raumkonzept umfasst hochwertige Designfußböden und neue Akustikdecken mit LED-Lichttechnik. Durch
eine neue Struktur und Raumteiler
sind neben Schnellplätzen für eilige Gäste auch Ruhezonen entstan-
den. In der Lounge gibt es schöne
Rückzugsmöglichkeiten vom hektischen Alltag.
Aus Plaza wurde unterdessen
Sky. Warenhausleiterin Gaby Rugullies und Warenhausleiter Detlef
Zappe präsentieren seit August ihre Lübecker SB-Warenhäuser in
der Kantstraße auf Marli und in der
Ziegelstraße in Buntekuh unter ei-
nem neuen Namen. Aus Plaza wurde jetzt sky-XXL. „Aber bis auf
den Namen ist in unseren Warenhäusern für die Kunden alles beim
Alten geblieben“, betont Detlef
Zappe, der den Markt in der Ziegelstraße leitet. Eine Anzahl neuer Produkte – unter anderem Fleisch aus
der Region – ist gleichwohl dazu geA
kommen.
Gradtke & Wieczorek
Fahrzeuglackierung und
Unfallinstandsetzung
Seit nun bereits zehn Jahren bieten
Jens Gradtke und Nico Wieczorek
kompetenten Service in den Bereichen Fahrzeuglackierung und Unfallreparatur. Mit der Erweiterung
der Werkstattfläche in der Revalstraße konnten sich die beiden Lackierermeister in diesem Jahr zusätzliche Kapazitäten erschließen.
„Wir haben uns flächenmäßig
auf fast 1000 Quadratmeter verdoppelt und auch personell verstärkt.
Unsere Kunden profitieren nun
von einem vergrößerten Leistungsspektrum“, sagt Jens Gradtke. Unterstützt wird sein Team seit Kurzem von Karosseriebauern und Mechanikern, so dass neben den üblichen Lackiererarbeiten auch der
Austausch von Scheiben und anderen Ersatzteilen angeboten wird.
Zu den Hauptkunden der Fahrzeuglackierung GmbH gehören
Autohäuser und gewerbliche Auftraggeber. „Wir betreuen eine Vielzahl namhafter Kunden, beheben
Unfallschäden und bereiten Leasingrückläufer fachgerecht auf. Dazu gehört die Innen- und Außenreinigung sowie gegebenenfalls Dellenbeseitigung und Spot Repair bei
Kleinstschäden,“ erklärt Nico Wieczorek.
Bevor ein Fahrzeug an den Kunden ausgeliefert wird, findet eine
Endkontrolle durch einen der
Handwerksmeister statt. Die beiden Geschäftsführer, die sich auf
der Meisterschule kennengelernt
haben, sind täglich in der Werkstatt anzutreffen. Sie arbeiten
Hand in Hand mit ihrem zwölfköpfigen Team, inklusive zweier Auszubildender, zusammen, um ein optimales Ergebnis zu erzielen.
A Gradtke & Wieczorek
Fahrzeuglackierung GmbH
Revalstraße 2, 23560 Lübeck
Tel.: 0451 / 290 37 32
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Im Herzen der Stadt Oldenburg
gibt es seit Juli wieder einen Edeka-Markt. Inhaber des 1800 Quadratmeter großen Markts ist Nils
Weinberg. Zuvor hat der 23-Jährige eine Ausbildung bei Edeka gemacht und das Geschäft seines Vaters in Grube geleitet. Rund um
den Edeka-Markt sollen weitere
Geschäfte im Stadtmarktzentrum
entstehen.
Die 1988 gegegründete Erzeuger- und Verbrauchergenossenschaft (EVG) Landwege in Lübeck wächst weiter. Im März eröffnete Landwege in Bad Schwartau
ihren ersten Markt außerhalb Lübecks. Im Herbst wird an der Ziegelstraße nähe Fackenburger Allee in Lübeck in einem markanten
Jugendstil-Gebäude dann bereits
der fünfte Markt eröffnet. Alle
Landwege Bio-Märkte bieten ein
umfangreiches Bio-Vollsortiment
und täglich frische Produkte von
den rund 30 Landwege-Mitgliedshöfen aus der Lübecker Umgebung. Die EVG Landwege wurde
mehrfach für ihre Produkte und für
ihr Konzept ausgezeichnet.
Nach umfangreichen Renovierungsarbeiten stellte der Schwar-
Oldenburg hat wieder einen Edeka-Markt in der Innenstadt. Inhaber ist Nils Weinberg. Rund um den Markt sollen
weitere Geschäfte entstehen.
Foto: Holger Marohn
DIE WIRTSCHAFT – Messen und Termine: Wo Unternehmer in den kommenden Monaten die besten Informationen bekommen.
26
Dienstag, 24. September 2013
PANORAMA
ZEITFRESSER
SELBSTORGANISATION
Die Bürotür
einfach mal
zumachen
Die Kunst, den
richtigen Takt zu finden
Sortieren, planen – und auch mal „Nein“ sagen: Um effektiv zu arbeiten, muss man wissen,
welche Aufgaben Vorrang haben. Aber auch, was einem selbst wichtig ist.
Immer schön der Reihe
nach: Wer im Job
Wichtiges und Unwichtiges
verwechselt, der gerät
schnell mit seinen
Aufgaben ins Hintertreffen.
Eine Psychologin gibt
Tipps, wie man im Beruf
die Eigenregie übernimmt.
Nathalie Klüver
Der Schreibtisch ist voll und müsste eigentlich auch mal aufgeräumt
werden. Die Kollegen stehen ständig in der Tür mit neuen Bitten, die
E-Mails laufen im Minutentakt auf
und der Chef will morgen unbedingt die Präsentation sehen, die
natürlich wieder auf dem letzten
Drücker entsteht. Und der normale
Berufsalltag? Der zieht sich wieder
mal bis spät abends hin, so dass von
dem guten Vorsatz, die neuen Joggingschuhe auch mal zum Laufen
auszuführen wieder nichts über
bleibt.
Wie schafft man es aber, dem alltäglichen Chaos Herr oder Frau zu
werden? Strukturiert zu arbeiten,
alles pünktlich abzuliefern, den
nörgelnden Kollegen auch mal ein
charmantes „Nein“ entgegenzuwerfen und dabei sich selbst und
die eigenen Ziele nicht aus den Augen zu verlieren? Nur mit To-DoListen und noch mehr Fleiß ist es
nicht getan. Zu einem funktionierenden Selbstmanagement gehört
da schon mehr. Und es geht auch
über die Selbstorganisation am Arbeitsplatz hinaus.
Die Hamburger Psychologin Kristine Qualen berät Arbeitnehmer,
Führungskräfte und Selbständige,
wie man sich selbst und seine Arbeit besser organisiert. Mehr als
die Hälfte ihrer Coachings befassen sich mit Stress- und Zeitmanagement und dem Umgang mit hohen Anforderungen. Beruftstätige
praktizieren oft jahrzehntelang gewohnte Strategien für die Arbeitsorganisation, ohne dabei den eigenen Leistungsaufwand zu hinterfragen: „Viele stellen fest, dass die eigenen Ziele und Bedürfnisse keinen Platz mehr im Arbeitsalltag finden.“
Einer der häufigsten Fehler, die
man mache, sei es, zu stark ad hoc
zu arbeiten und sich dabei von anderen steuern zu lassen, meint die
Dozentin der Universität Hamburg: „Es wird oft einfach abgearbeitet, was auf dem Schreibtisch
oder im E-Mailpostfach landet.“
Ohne zu strukturieren oder eigene
Akzente zu setzen.
Das Phänomen sei seit Einführung der E-Mail noch stärker geworden. Die elektronische Post vermittle den Eindruck von Dringlichkeit, von einer Erwartung, man
müsse schnell antworten – eine Erwartung, die oftmals gar nicht
stimmt, aber nicht überprüft wird.
Ist ja auch eigentlich nicht so
schlimm, mal eben ein paar Zeilen
tippen, nach den zwei Minuten
kann man doch einfach weiterarbeiten? Die Konzentration und der
Arbeitsfluss sind unterbrochen, die
gute Idee, die man gerade hatte,
hat sich in Luft aufgelöst. Ebenso
verhält es sich mit Kollegenanfragen. „Wir lassen uns oft zu sehr von
außen steuern“, so Kristine Qualen.
Ein weiteres Problem sei eine
übermäßige Perfektion. Anstatt zu
überprüfen, was als Ergebnis erwartet wird, setzten sich viele mit
überhöhten eigenen Ansprüchen
an die Aufgaben. Da werde oft im
ersten Anlauf zu viel Zeit und Energie reingesteckt, so Qualen. Wenn
dann an der Arbeit noch etwas geändert wird, die Präsentation überarbeitet, der Text noch einmal von
einem Kollegen ergänzt, dann entstehe oft das Gefühl, die eigene Arbeit werde nicht genügend wertgeschätzt. Das ist eine zusätzliche Belastung, die Motivation rauben
kann.
„Wichtig ist, vorher zu klären,
was erwartet wird und wer noch an
der Aufgabe beteiligt ist“, rät Kristine Qualen. Oft gewinne man dann
die Erkenntnis, dass mit 20 Prozent
des Aufwands 80 Prozent Ergebnisqualität zu leisten sind – und meistens reichen eben diese 80 Prozent.
Ein weiterer typischer Fehler sei
es, sich zu viel auf einmal vorzunehmen, den eigenen Terminkalender
zu eng zu takten. „Man braucht Pufferzeiten“, mahnt die Unternehmensberaterin. Kein Tag verläuft
wie geplant. Ein Meeting dauert
länger als die angesetzte Stunde.
Kommt schnell mal vor. Ein unvorhergesehenes Telefonat, weil ein
Kollege mal schnell eine Zahl
braucht. Je mehr Unplanbares von
außen kommen kann, umso mehr
Pufferzeiten sollte man ansetzen.
Nicht zuletzt brauche man auch
Phasen, in denen man den Kopf
mal frei bekommen kann, sich mit
Kollegen austauschen kann – umso
Kraft zu tanken oder auf neue Ideen zu kommen.
„Oft werden aber auch die Prioritäten falsch gesetzt. Dringlichkeit
und Wichtigkeit werden häufig verwechselt“, nennt Kristine Qualen
einen weiteren Irrtum. Dringende
Themen seien termingebunden –
aber könnten auch manchmal banale Dinge sein. Wichtig seien Dinge, die einen näher ans Ziel heranbringen. Aber: Je länger man etwas vor sich herschiebt, umso
dringlicher wird es. Dann kann
auch eine eigentlich banale Sache
die Arbeit aufhalten – und in Stress
ausarten lassen.
Deshalb sollten Deadlines immer rückwärts organisiert werden
– nicht ohne die Pufferzeiten zu vergessen. Zwischenschritte sollten
geplant und ausreichend Zeit dafür
gelassen werden, die einzelnen
Schritte zwischendrin noch einmal
zu überarbeiten. „Wenn man im-
Wenn überall die Uhren ticken, ist es nicht leicht, das eigene Tempo zu halten.
mer alles auf den letzten Drücker
erledigt, dann sollte man sich fragen, woran es liegt“, sagt Kristine
Qualen. Viele sagen, sie könnten
erst unter Zeitdruck effektiv arbeiten – aber oft verbirgt sich dahinter
eine Entschuldigung.
Wobei man mit der „Aufschieberitis“ nicht alleine dasteht: Schon
Hemingway sagte auf die Frage,
wie man einen Roman schreibt „Zu-
„Oft werden Prioritäten
falsch gesetzt. Dringlichkeit
und Wichtigkeit werden
verwechselt. Entscheidend
ist, im eigenen Leben
wieder die Regieposition
einzunehmen.“
Kristine Qualen,
Psychologin
nächst taut man den Kühlschrank
ab.“ Psychologen schätzen, dass
weltweit etwa jeder Fünfte unter
chronischer Prokrastination, so der
Fachausdruck, leidet.
Auch die Eigenschaft, nicht
„nein“ sagen zu können, kann einem den Arbeitsalltag schwer machen. Oft ist es eine Art Mechanismus. Man fühlt sich geschmeichelt,
dass die eigene Hilfe gebraucht
wird. Man will natürlich auch nicht
unhöflich sein. „Aber wenn es gar
nicht passt, dann ist es besser, jemanden auf eine spätere Stunde zu
vertrösten und es dann in Ruhe zu
erklären“, so Qualen.
Kristine Qualen rät dazu, regelmäßig zu fragen: „Was brauche
ich, um mich bei der Arbeit wohlzufühlen?“ Aufwand und Ergebnis
der Arbeit sollten immer im vernünftigen Verhältnis zueinander
stehen. Doch viele stellten sich diese Frage erst, wenn der Leidensdruck zu groß ist, hat Qualen beobachtet. „Die eigenen Bedürfnisse
muss man ernst nehmen.“ Dazu gehört, sich ein eigenes Bild zu machen: Wie möchte ich arbeiten?
Welche Stimmung möchte ich bei
der Arbeit haben? Was möchte ich
nach Feierabend noch machen?
Welche Rolle soll das Privatleben
spielen?
„Malen Sie sich ein Idealbild aus
und stellen Sie es sich vor Ihrem inneren Auge vor“, ist der Tipp der
Psychologin. Das Privatleben sei
dabei nicht zu vernachlässigen:
„Stärkendes und Schönes darf man
nicht aus den Augen verlieren.“
Aus diesem Idealbild lassen sich
dann die eigenen Ziele ableiten.
Ziele, die Privates und Berufliches
betreffen, vereinen. Diese sollte
man in kleine Teilziele aufteilen,
die man erst einmal erfüllt auf dem
Weg zum großen Ziel. So hat man
Erfolgserlebnisse, die einen bei der
Stange halten. Anstatt gleich den
Halbmarathon anzustreben, sollte
also vielleicht erst einmal wöchentlich eine kleine Joggingrunde auf
dem Plan stehen. Und diese Termine gehören in den Kalender. So
schaffe man eine innere Verpflichtung, so Qualen.
Foto: Fotolia, privat, Grafik: Fotolia / af
Dabei gelte es natürlich, die Ziele so zu formulieren, dass sie im eigenen Handlungsbereich liegen.
Sich als Ziel zu setzen, am Ende des
Jahres Lottomillionär zu sein, ist
schön und gut – nur leider kann
man da selbst außer dem Ankreuzen der sechs Zahlen nicht viel zu
beitragen.
Cristine Qualen spricht dabei
von drei Phasen der Zielfindung:
Zunächst sollte man mit der Brille
des Optimisten die Träume ausmalen. Dann durch die Brille des Pessimisten überprüfen, was schiefgehen könnte. Dann kann man mit
dem Blick des Realisten das Ziel
noch einmal anvisieren: Was kann
getan werden, damit die pessimistischen Befürchtungen nicht eintreten?
„Es geht darum, im eigenen Leben wieder die Regieposition einzunehmen“, so Kristine Qualen. Bei
ihren Coachings hat sie oft festgestellt, dass die Besinnung auf eigene Ziele und die Stärken und
Schwächen zu einer beruflichen
Umorientierung führte.
Ruhigere Phasen im Jahr sollte
man immer wieder für eine Bestandsaufnahme nutzen. Was ist
gut gelaufen? Was hat mich beim
Erreichen der Ziele gehindert? Wie
kann ich das in Zukunft verhindern?
„Diese Zwischenbilanztermine
sollte man sich fest vornehmen“,
sagt Coach Qualen. Am besten eigne sich dafür eine Art Erfolgsjournal, in dem man seine Gedanken
schriftlich festhält – denn so bleibt
A
es besser im Gedächtnis.
Kristine Qualen
COACHING
PROKRASTINATION
Organisation
ist lernbar
Erst mal die Stifte anspitzen. . .
Das kennt wohl jeder: Wichtige
Aufgaben werden einfach immer
wieder aufgeschoben. Erst mal den
Geschirrspüler ausräumen statt die
Steuererklärung zu machen. Erst
mal die Stifte anspitzen, anstatt
sich an die Präsentation zu setzen.
Deutsche und amerikanische
Psychologen wollen herausgefunden haben, dass weltweit fast jeder
Fünfte an einer chronischen Form
Die Psychologin Kristine Qualen
rät im Umgang mit Zeitfressern
über einige Tage einige Tage zu dokumentieren: Was oder auch wer
sind die Zeitfresser? Oft wird man
dann entdecken, dass eine Unternehmenspolitik „der offenen Tür“
einer der Zeiträuber ist. „Jeder ist
jederzeit ansprechbar“ ist schön
und gut – aber reißt auch jederzeit
aus dem Arbeitsfluss. „Wenn man
sein Leistungshoch hat oder gerade an einer kniffligen Aufgabe
sitzt, dann kann man auch mal die
Bürotür schließen“, so Qualen.
Und so signalisieren: Ich konzentriere mich gerade, bitte jetzt nicht
stören. Dann stehen die Kollegen
nicht plötzlich vor dem Schreibtisch, sondern stecken nur den
Kopf durch die Tür – da fällt es leichter, auf später zu vertrösten. Sind
geschlossene Türen nicht erwünscht, kann man auch für bestimmte Tätigkeiten ein entfernt liegendes Büro aufsuchen. Oder Tagesrandzeiten nutzen: früher kommen, später gehen oder die Mittagspause verschieben.
Laut Studie des Software-Anbieters officetime.net sind das die
schlimmsten Zeiträuber:
der „Aufschieberitis“ leidet. Prokrastination nennt man diese Problematik, das Wort kommt aus
dem Lateinischen: Procastinatio
heißt Vertagung. Zur Prokrastination neigen laut deutschen Forschungen etwa die Hälfte aller Arbeitnehmer.
Die Gründe dafür sind vielfältig.
Der US-Psychiater Ned Hallowel
sagt, dass es daran liege, dass die
Menschen heute viel zu viel zu tun
haben. Oft werden unangenehme
oder langweilige Arbeiten vor sich
hergeschoben. Die Harvard-Professorin Teresa Amabile sieht in der
Angst vor der Schwierigkeit einer
bestimmten Aufgabe den Grund
für Prokrastination.
Hier und da einmal eine Aufgabe aufzuschieben – das macht wohl
jeder mal. Aber wenn sich zu viele
unerledigte Aufgaben kurz vor
knapp auf dem Schreibtisch türmen, kann das sogar zu gesundheitlichen Probleme führen.
Gegen das Aufschieben lästiger
Aufgaben kann die Drei-Minuten-Regel helfen: Aufgaben, die
nur wenig Zeit und Energie kosten,
schnell erledigen. Außerdem sollten Dinge auf eine To-do-Liste –
das ist verbindlicher, als sich nur im
Kopf etwas vorzunehmen. Kleine
Etappen, nach denen man sich belohnt, etwa mit einer Tasse Kaffee
oder einem Stück Kuchen, helfen
außerdem, eine große Aufgabe zeitig zu bewältigen.
Und wer glaubt, er könne nur unter Druck gut arbeiten, der sollte es
einmal anders versuchen: Vielleicht klappt es ohne Druck ja genauso gut? Oder sogar besser?
DIE WIRTSCHAFT – E-Mails, Deadlines, To-do-Listen. Wie man die Anforderungen des Büroalltag übersichtlich strukturiert.
Kristine Qualen hat Psychologie
mit Schwerpunkt Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie in Kiel studiert und ist als Unternehmensberaterin und Coach in
Hamburg tätig, außerdem ist sie
Lehrbeauftragte an der Uni Hamburg. Neben Beratungen zu Umstrukturierungen und Neuorganisationen in Unternehmen bietet sie
Coachings und Seminare an.
Dienstag, 24. September 2013
27
PANORAMA
FISCHEREIWIRTSCHAFT:
Bescheidene Fänge
Drei Netze und knapp zwanzig Dorsche: Auf Fahrt mit einem langjährigen Fischer in der Lübecker Bucht.
Quotenregelung,
gestiegene Betriebskosten:
Die Fischer in der Region
haben es schwer. Der
Autor war an einem
Morgen mit einem
erfahrenen Fischer aus
Niendorf unterwegs.
Von Oliver Schulz
Um kurz vor fünf herrscht gedämpfte Geschäftigkeit im Niendorfer Hafen. Zwei große Fischkutter laufen
aus, ein Mann fährt mit einem Gabelstapler zwischen Verkaufsbuden und Kai herum. Möwen schreien, Seile klackern im leichten Wind
gegen Masten, Boote quietschen in
den Tauen.
Um kurz nach fünf rollt Reinhard
Rahn auf dem Moped ein. „Vorher
darf ich damit nicht fahren“, sagt
er. „Das hat die Gemeinde verboten.“ Rahn trägt einen Blaumann
mit hochgeschlagenen Beinen, ein
rot-kariertes Hemd und eine Schiffermütze. Mit Ohrring und grauem
Bart wirkt der 72-jährige wie der
Prototyp des deutschen Fischers.
Und es ist vermutlich auch nicht untypisch, dass Verbote und Regelungen noch öfter sein Thema werden
an diesem Tag.
Denn seit der Einführung eines
Quotensystems in den 1980er Jahren klagen die Fischer in der Lübecker Bucht wie in ganz Deutschland über das wachsende Ausmaß
der Bürokratie. Gleichzeitig sinkt
ihre Zahl beständig. Gab es bundesweit 1970 noch 7003 Beschäftigte
in der Branche, so waren es 2011
nur noch 2685.
„Je mehr tote Fischer, desto
mehr Fisch“, sagt Rahn harsch, als
die „Hauke“ aus dem Niendorfer
Hafen läuft. „Das scheint für viele,
die das Sagen haben, das Motto zu
sein.“ Und er schimpft auf jene, die
Nachhaltigkeit propagieren: auf
die Grünen und den World Wildlife
Fund. Auf Minister, die ihr Handwerk nicht verstünden. „Warum“,
fragt er, „muss jemand, der für
Landwirtschaft zuständig ist, eigentlich nicht Agrarwirtschaft studiert haben?“
Vor allem die komplizierten Bestimmungen machten den Fischern heute das Leben schwer:
„Früher hat man hat sich einfach
ein Boot gekauft und ist raus gefahren.“ Heute gebe es Quoten und
Management-Pläne, Regularien
und komplizierte Gesetze: „Aal
darf nur bis eine Meile vom Land
ab gefangen werden, und Dorsch
nur noch fünf Tonnen im Jahr.“
Dennoch geht es heute genau
um diesen Fisch. „Das Meer ist
glatt“, sagt Rahn, während er die
„Hauke“ der Sonne entgegen, die
zwischen zwei Bänken dunkler
Wolken aufsteigt, aufs offene Meer
hinaussteuert. „Es ist dunkel und
es hat geregnet. Es könnte ein guter Tag werden.“ Ein guter Tag, erklärt Rahn, das wären 25 bis 30 Kilo. Auch das sei einmal anders gewesen.
Drei Netze hat der Mann, der aus
einer Fischerfamilie in Ostpreußen
stammt, ausgelegt. 110 Millimeter
sind die Maschen groß, mit denen
er die Knochenfische aus der Tiefe
holen wird: „Früher hat im Sommer
keiner Dorsch gefischt. Heute will
niemand was anderes.“ Denn der
Fisch sei leicht zu essen: „Gabel
rein und gut.“ Er selbst fängt deshalb kaum mehr Plattfisch. Und
Aal ohnehin schon lange nicht
mehr.
Die Sonne hebt sich über den Horizont und Rahn hievt den ersten
„Helfer“, wie er die mit Fahnen besetzten Schwimmer nennt, die die
Stellnetze markieren, an Bord. Er
setzt die Maschine in Gang, die das
15 mal 50 Meter große Netz zwischen zwei Rollen an einer Eisenkette an Bord zieht. Und ist enttäuscht: Seetang hängt darin, Muscheln und selten etwas Beifang.
So vergehen einige Minuten, bis
Blick von der kleinen Brücke: Reinhard Rahn ist früher mit einem Kollegen fischen gefahren. Heute macht er seinen Job in der Lübecker Bucht allein.
Fotos: Oliver Schulz
nat. & int. Kurier- und Expressfahrten
Ehlerstorf 3
23758 Wangels/OT Ehlerstorf
Mobil +49(01)1 74 - 1 61 80 12
www.mh-kurierdienst.de
Zurück in den Niendorfer Hafen: Die „Hauke“ nimmt Kurs auf die Anlegestelle, wo Rahn den bereits ausgenommenen Fisch für den Verkauf filetiert.
der erste Dorsch zum Vorschein
kommt, den er mit ein paar gekonnten Griffen aus dem Netz befreit
und in eine Kiste wirft. Immer wieder muss er zwischendurch das
Boot gegen die starke Strömung
drehen.
„In einer Generation
weiß keiner mehr, was
eine Scholle ist.“
Reinhard Rahn,
Fischer
Er wirft das Netz neu aus, steigt
in das kleine Führerhäuschen und
manövriert die „Hauke“ weiter
durch die nur leicht wogende Ostsee. An der Wand hinter ihm stecken Blinker und schwarzweiß-Foto von seiner Mutter an einem Pinboard, Seile und eine Angel hängen an der Wand, aufgerollte Seekarten klemmen in einer Luke.
Mit etwa einem halben Jahrhundert Berufserfahrung spiegelt Reinhard Rahns Karriere die Entwicklung einer Branche wider, die sich
grundlegend verändert hat. 1958
hat er begonnen zu fischen. Ein
paar Jahre fuhr er als Matrose zur
See, bevor er sich 1966 mit einem eigenen Boot als Fischer selbständig
machte. Zwei weitere Boote hat er
seither gekauft – die „Hauke“ 1981
im Rahmen eines EU-Förderprogramms. „Die wollten damals von
der Schleppfischerei zur Netzfischerei kommen und haben das unterstützt.“
Vor allem der Absatz der Fische
hat sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert. Bis in die
1980er-Jahre verkaufte der Niendorfer Fischer an eine Erzeugergemeinschaft. „60 Pfennig gab es damals pro Kilo Dorsch. Der Fisch
ging in die Industrie.“ Doch mittlerweile haben fast alle Verarbeitungsbetriebe in Deutschland ihr
Geschäft eingestellt. Die Vermarktungsstrukturen haben sich verändert. Wurde vor 20 bis 30 Jahren
vor allem auf regionalen Märkten
verkauft, so wird der Fisch heute
größtenteils auf Handelsplattformen in Holland und Dänemark abgesetzt. Derzeit würde Rahn pro Kilo etwa 1,50 Euro bekommen.
Nicht viel angesichts der Quotenregelung. Deshalb verkauft er die Ware lieber für fünf Euro an der Bude
im Hafen.
Aber heute fährt er nicht viel ein.
Das zweite Netz ist das beste an diesem Tag, immerhin ein knappes
Dutzend kräftige Dorsche hängen
darin. Im dritten sind es nur sieben
Stück. „Irgendwas war nicht ganz
richtig heute Nacht“, sagt er. „Als
wären die alle runtergegangen.“
Für ihn sei es kein großes Problem, wenn er mal weniger fange.
Dicker Fang – doch an diesem Tag
gehen nur wenige Dorsche ins Netz.
„Ich arbeite ja nur halbtags, um
meine Rente aufzustocken.“ Für
die Kollegen sehe das ganz anders
aus, sagt er. Die Preise für Treibstoff und alle weiteren Betriebsmittel sind gestiegen. Er zeigt hinaus
zu einem weiteren Fischerboot, auf
dem ein Mann ein Netz einholt.
„Die Anderen haben ihre Sozialabgaben, die haben Kredite laufen.“
Und dann erzählt von dem Eiswinter, in dem sein Boot an die Kette genommen wurde, weil er seinen Verpflichtungen nicht nachkommen konnte. „Für 200 000
Mark hatte ich das Boot gekauft.
Für 25 000 wollten sie es versteigern.“ Sein Steuerberater habe die
Wogen im letzten Moment geglättet. Zum Glück, sagt er, sei diese
Zeit für ihn vorbei.
Weil er „nur“ seine Rente mit der
Arbeit aufstocken muss, ist es erst
8.30 Uhr, als Reinhard Rahn fast
mit seiner Arbeit fertig ist. Vor der
Rückkehr setzt er vor dem Brodtener Ufer ein Schollennetz. Noch gebe es dafür ja wenigstens einige
Kunden, meint er, als die „Hauke“
wieder Kurs auf den Niendorfer Hafen nimmt. „Aber in einer Generation weiß wahrscheinlich keiner
mehr, was eine Scholle ist.“
Doch als er den Korb mit den Dorschen von Bord hievt, gibt er indirekt zu, dass die wirtschaftliche Situation auch noch schlimmer sein
könnte: „Aber ein Fischer muss immer meckern“, sagt er zum AbA
schied. Und grinst.
Hüxterdamm 2b · Lübeck · Parkhaus gegenüber
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Di – Fr 10 – 18.30, Sa 10 – 14 u. nach Vereinb.
DIE WIRTSCHAFT – Fischerei im Wandel: Keiner will mehr Plattfisch essen. Und verkauft wird die Ware nach Dänemark – oder direkt im Hafen.
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