Effiziente Aufsicht über kirchliche Banken
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Effiziente Aufsicht über kirchliche Banken
ISSN 2195-2922 KCU KompetenzCentrum für Unternehmensführung & Corporate Governance der FOM Hochschule für Oekonomie & Management KCC KompetenzCentrum für Corporate Social Responsibility der FOM Hochschule für Oekonomie & Management FOM Hochschule KCU KCU | Band 6 Peter Ruhwedel (Hrsg.) Band 6 Effiziente Aufsicht über kirchliche Banken Anforderungen an die Mandatsträger und die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien ~ Weitere Informationen finden Sie unter fom.de/KCU KCU_Schriftenreihe_Band_06_15_01_23_RZ.indd 1 KCU Schriftenreihe Weitere Informationen finden Sie unter fom.de KCU Schriftenreihe | Effiziente Aufsicht über kirchliche Banken – Anforderungen an die Mandatsträger und die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien Da die Bildungslebensläufe der Menschen hierzulande immer unterschiedlicher geworden sind, können Studierende an der FOM heute verschiedene Wege gehen, um den Bachelorabschluss zu erlangen: Die FOM Open Business School wendet sich an Studierende ohne klassische Hochschulzugangsberechtigung, die School of Engineering vereint alle Ingenieursprogramme in sich, die School of Dual Studies richtet sich an Studierende in der Ausbildung und die School of Health & Social Management bündelt das Studienangebot im Bereich Gesundheitswesen. Das KCU KompetenzCentrum für Unternehmensführung & Corporate Governance (KCU) ist eine wissenschaftliche Einrichtung der FOM Hochschule und arbeitet anwendungsorientiert und fachübergreifend. Das KCU zielt auf die Entwicklung anwendungsorientierter und fachübergreifender Forschungsergebnisse in den Bereichen Unternehmensführung und Corporate Governance. Hierfür arbeitet das KCU intensiv mit einem Netzwerk aus Unternehmen, Fachverbänden und wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen zusammen. Über die Einbindung von Experten aus unterschiedlichen Fachbereichen und gesellschaftlichen Gruppen werden aktuelle Herausforderungen einer „guten Unternehmensführung und -überwachung“ einer kritischen Analyse und Bewertung unterzogen, um Antworten auf zentrale Fragestellungen einer „Good Governance“ zu entwickeln. In der KCU-Schriftenreihe werden aktuelle Ergebnisse der Tätigkeit des KCU veröffentlicht. FOM – eine Hochschule, viele Möglichkeiten. Die mit bundesweit über 31.000 Studierenden größte private Hochschule Deutschlands führt seit 1993 Studiengänge für Berufstätige durch, die einen staatlich und international anerkannten Hochschulabschluss (Bachelor/Master) erlangen wollen. Thomas Suermann de Nocker KCU KompetenzCentrum für Unternehmensführung & Corporate Governance der FOM Hochschule für Oekonomie & Management 23.01.2015 11:06:52 Thomas Suermann de Nocker Effiziente Aufsicht über kirchliche Banken Anforderungen an die Mandatsträger und die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien KCU Schriftenreihe der FOM, Band 6 Essen 2015 ISSN 2195-2922 © 2015 by MA Akademie Verlagsund Druck-Gesellschaft mbH Leimkugelstraße 6, 45141 Essen Tel.0201 81004-351 Fax0201 81004-610 Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urhebergesetzes ist ohne Zustimmung der MA Akademie Verlags- und DruckGesellschaft mbH unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Oft handelt es sich um gesetzlich geschützte eingetragene Warenzeichen, auch wenn sie nicht als solche gekennzeichnet sind. KCU_Schriftenreihe_Band_06_15_01_23_RZ.indd 2 23.01.2015 11:06:52 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Vorwort Nicht zuletzt aufgrund zahlreicher Skandale und in Folge der großen Finanzund Wirtschaftskrise der Jahre ab 2008 ist der Ruf nach besserer Qualifikation von Aufsichtsräten immer lauter geworden. Noch mehr: Aufsichtsräte sollen bei Fehlentwicklungen haften. Sie sollen den Anforderungen einer gendergerechten Gesellschaft genügen und einen Frauenanteil von zumindest 30% aufweisen. Den Exzessen bei der Gehaltsentwicklung von Managern sollen sie wehren. Unter den Aufsichtsräten soll zumindest einer ein ausgewiesener Finanzexperte sein („Financial Expert“). Gegenüber den Gesellschaftern wirken Aufsichtsräte als Bindeglied. Sie sind für nicht nur für Überwachung und Kontrolle zuständig, sondern sind auch erste Ansprechpartner zur strategischen Ausrichtung des Unternehmens und für die Transparenz seines Geschäftsgebarens. Wie aber wirkt sich diese große gesellschaftliche Forderung nach Professionalität, Transparenz und Verantwortung auf Kirchenbanken aus? Wie stark haben sie Anteil an den Verwerfungen des Bank- und Finanzwesens speziell nach den staatlichen Rettungsaktionen für systemrelevante Banken wie in Deutschland etwa der Hypo Real Estate und auch der Commerzbank? Welche Reformen haben sie besonders intensiv unternommen oder unterlassen? Auch aus einem anderen, eher kirchlich-theologischen Blickwinkel verdienen kirchliche Banken besondere Aufmerksamkeit. Sie sind ja von Haus aus eine Schnittstelle und ein Brennglas für das Verhältnis von Kirche und Welt, von religiöser Gemeinschaft und kirchlicher Zivilgesellschaft, speziell im Blick auf Fragen von Geld, Finanzierung und materieller Ausstattung religiöser Gruppierungen. KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Die meisten Kirchenbanken werden dem genossenschaftlichen Bankensektor zugerechnet. Und dies ist eine dritte Perspektive, die Beachtung verdient. Denn wir leben in einer Welt der Renaissance von Genossenschaften, auch weil sich mit ihnen der Traum von einem anderen Wirtschaften verbindet. Genossenschaften sind aus dem Gedanken der Selbsthilfe heraus entstanden. Sie folgen vom Grundsatz her demokratischen Prinzipien, weil eben jeder Genosse oder Anteilseigner genau eine Stimme hat. Niemand kann also wie beim Mehrheitsaktionär in einer Kapitalgesellschaft mit seiner Stimmenmehrheit Entscheidungen erzwingen. Trotzdem gibt es auch bei Genossenschaftsbanken große Unterschiede. Während bei Volks- und Raiffeisenbanken meist tatsächlich mehrere hundert Genossen über die Geschicke der Bank abstimmten, verhält es sich anders bei Kirchenbanken, deren Genossen ihrerseits Körperschaften wie eine Diözese, ein religiöser Orden, eine evangelische Landeskirche oder eine freikirchliche Gemeinschaft ist. Das demokratische Genossenschaftsprinzip kann dann gewissermaßen überlagert werden durch die Interessen der Verantwortlichen in den Trägerinstitutionen. Soll die Bank helfen, eigene Interessen zu bündeln? Ist sie eine Art Spezialbank für kirchliche Organisationen? Oder geht es um ein „Gegenmodell“ zu den Geschäftsbanken, etwa weil auf eine ethische Geldanlage, eine gute Unternehmensführung im Sinn der „Good Corporate Governance“ besonderer Wert gelegt wird? Oder, theologisch ausgedrückt: Ist eine Kirchenbank Ausdruck für die frühere Theorie der Kirche als vollkommen ausgestattetem Gemeinwesen im Sinn der Lehre der „societas perfecta“? Oder soll sie in pastoraltheologischer Wirkabsicht das „Salz der Erde“ auf ihrem spezifischen Fachgebiet sein und werden? Anders gesagt: Sind Kirchenbanken „diakonisch“ wirksam oder reicht es aus, sie als verlängerten Arm der jeweiligen Kirchenleitung zu betrachten? In der gelebten Praxis mischen sich all diese Aspekte - und sie wirken sich auf die Besetzung und die Praxis von Aufsichtsräten deutlich aus. Kompetenzanforderungen und Kompetenzwahrnehmung streuen breit. Insgesamt scheint die Forderung nach „Transparenz“ und „Professionalität“ noch nicht überall in der Tiefe angekommen zu sein. Dennoch sind Kirchenbanken eben nicht nur Teil des Handelns von Kirchenleitungen oder speziellen Institutionen, sondern eben auch Teil der kirchlichen Zivilgesellschaft in ihrer Vielfalt. II KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Sie veranschaulichen, wie Kirche mit Geld umgeht und in welchem Ausmaß sie in der Lage ist, neu und anders zu wirtschaften als andere. Die Spannung zwischen dem „Homo oeconomicus“, dem am eigenen Vorteil ausgerichteten, zweckrational handelnden Menschen, und dem „Homo cooperativus“, dem Sinn und sozialen Anschluss suchenden Menschen, kommt auch hier zum Ausdruck (vgl. U. Hemel, Die Wirtschaft ist für den Menschen da, Ostfildern 2013). Und wo anders als in eigenen, wirtschaftlich handelnden Institutionen kann Kirche zeigen, wie ernst sie es meint mit einem ganzheitlichen Bild des wirtschaftlich handelnden Menschen? Thomas Suermann de Nocker hat sich der verdienstvollen Aufgabe unterzogen, Aufsichtsräte in Kirchenbanken zum Thema werden zu lassen. Seine Anfragen an die Kompetenz, die Unabhängigkeit und die Besetzungspraxis für Aufsichtsräte in Kirchenbanken verdienen es, von allen Verantwortlichen ernst genommen zu werden. Denn schließlich und endlich liegt in kirchlichen Banken auch ein Hoffnungspotenzial für eine neue Rolle von Kirche in der Welt- in einer Welt und in einer Kirche, die eben nicht nur von materiellen Interessen geprägt ist. 29.11.2014 Prof. Dr. Dr. Ulrich Hemel Direktor Institut für Sozialstrategie III KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Zusammenfassung Im deutschsprachigen Raum finden sich insgesamt 14 Banken, die mehrheitlich kirchliche Besitzer haben und daher als kirchliche Banken bezeichnet werden können. Die Aufsichtsräte dieser Institute stehen zuvorderst unter einer doppelten Beobachtung: Zum einen wird in Kirche, Caritas und Diakonie seit einigen Jahren ein stärkeres Gewicht auf belastbare und unabhängige Aufsichtsstrukturen der wirtschaftlichen Unternehmungen gelegt. Zum anderen stehen seit der Finanzkrise die Aufsichts- und Leitungsgremien der Banken unter intensiver Beobachtung durch staatliche Bankenaufsichtsbehörden. Die Entwicklung eines Anforderungsprofils für den Aufsichtsrat einer kirchlichen Bank zeigt, dass in der aktuellen Situation drei Kriterien neben der Erfüllung der rechtlichen Voraussetzungen besonders wichtig sind: Zu den personenorientierten Anforderungen gehört vor allem, dass ein angemessener Anteil der Mandatsträger1 unabhängig ist, d. h. keine persönliche und geschäftliche Beziehung zu der Bank hat. Die zentrale managementbezogene Anforderung ist die notwendige fachliche Kompetenz bei der Aufsicht einer kirchlichen Bank. Dazu gehört die angemessene Verteilung von vier Fachdisziplinen im Aufsichtsrat: Neben den zentralen Wirtschaftswissenschaften auch Jura, Theologie und eventuell eine branchenspezifische Disziplin der Hauptkunden, um deren Geschäft ausreichend verstehen zu können. Idealerweise finden sich diese Kompetenzen in einem Gremium mit insgesamt weniger als zehn Mitgliedern, um arbeitsfähig zu sein und effektiv mit dem Vorstand zusammen arbeiten zu können. Dazu kommt der Anspruch der Diversität im Aufsichtsrat: Beide Großkirchen in Deutschland legen einen großen Wert auf Geschlechtergerechtigkeit. Daneben sollen aufgrund einer Altersdiversität auch jüngere Personen in die Gremien einziehen. 1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht. V KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Ein Abgleich mit der aktuellen Besetzung der insgesamt 148 Aufsichtsmandate zeigt, dass sich in den drei Kriterien große Unterschiede bei den einzelnen Banken offenbaren: Viele kirchlichen Banken haben keine oder nur sehr wenige unabhängige Mandatsträger. Oft gleicht der Aufsichtsrat einer Versammlung der Großkunden. Hier besteht die Gefahr eines Interessenskonflikts. Teilweise finden sich die Berufserfahrungs- und Studienhintergründe der Aufsichtsratsmitglieder in sehr unausgeglichenem Verhältnis: Zum einen sind sehr viele Mandatsträger in den Kirchenverwaltungen oder der Seelsorge beschäftigt und wenige in der Caritas/Diakonie oder der freien Wirtschaft, zum anderen ist zu Lasten der anderen fachlichen Kompetenzen auf katholischer Seite oft die Theologie der dominierende Studienhintergrund, während es auf evangelischer Seite die Rechtswissenschaften überaus stark vertreten sind. Mit bis zu 17 und durchschnittlich fast 11 Mitgliedern sind daneben viele Aufsichtsräte für eine produktive Zusammenarbeit zu groß. Die Gesamtfrauenquote liegt nur bei 10 %, hierbei ist die Quote bei den großen evangelischen Banken (5 %) im Schnitt deutlich geringer als bei den katholischen Schwesterinstituten (13 %). Keiner der Aufsichtsräte wird von einer Frau geleitet. Es wird abschließend vorgeschlagen, die Aufsichtsräte zu verkleinern und bewusst die Kompetenzen in den Blick zu nehmen, die das Gremium für seine Arbeit benötigt. Dabei soll die Unabhängigkeit möglichst vieler Mitglieder gegenüber Proporzgesichtspunkten und Aspekten der Kundenbindung stärker in den Vordergrund treten. Während der Aufsichtsrat die rechtlichen und wirtschaftlichen Aufgaben verantwortet, kann ein Beirat etabliert werden, der den Vorstand und Aufsichtsrat eng begleitet. Der kirchliche Bankensektor ist eine wichtige Unterstützung für Kirche, Caritas und Diakonie. Aufsichtsstrukturen, die helfen, Risiken zu verringern und den Vorstand eng begleiten, sind unerlässlich, damit die Banken diesen Dienst auch in der Zukunft in hohem Maße leisten können. Die vorliegende Studie steht unter www.fom.de/kcu kostenfrei als Download zur Verfügung. Weiterführende Informationen können unter thomas.suermann-denocker@fom.de beim Autor erfragt werden. VI KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis ....................................................................................... IX Abbildungsverzeichnis ......................................................................................... X 1 Einleitung .........................................................................................................1 1.1 Situationsbeschreibung ...........................................................................1 1.2 Problemaufriss .........................................................................................2 1.2.1 Verantwortung für größere wirtschaftliche Einheiten in heraus forderndem Marktumfeld ...................................................2 1.2.2 Stärkere staatliche Regulierung und Rollenfestlegung .................2 1.2.3 Nachdrücklichere kirchliche Empfehlungen zur Corporate Governance ..................................................................3 1.2.4 Bleibende Vorgaben und Aufsichtsbeschränkungen durch den Status als Genossenschaftsbanken .............................4 1.3 Forschungsfragen ....................................................................................5 2 Beschreibung der kirchlichen Bankenlandschaft ............................................7 2.1 Kategorisierung der einzelnen Banken....................................................7 2.1.1 Große genossenschaftliche Kirchenbanken .................................7 2.1.2 Katholisch Ordensbanken .............................................................8 2.1.3 Freikirchliche Banken ....................................................................9 2.1.4 Ökumenische Bank im Wohlfahrtssektor ....................................10 2.2 Wettbewerbssituation ............................................................................10 3 Entwicklung eines Anforderungsprofils für den Aufsichtsrat einer kirchlichen Bank ............................................................................................12 3.1 Personenorientierte Anforderungen ......................................................13 3.1.1 Rechtliche Anforderungen an die Qualifikation und Begrenzungen mehrerer Mandate ..............................................13 3.1.2 Anforderungen an die Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder ................................................................14 3.2 Managementorientierte Anforderungen .................................................17 3.3 Diversität ................................................................................................19 VII KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken 3.3.1 Alter ............................................................................................ 19 3.3.2 Internationalität ........................................................................... 20 3.3.3 Geschlecht .................................................................................. 20 3.4 Benchmarks .......................................................................................... 21 4 Prüfung der erarbeiteten Kriterien ................................................................ 23 4.1 Personenbezogene Anforderungen ...................................................... 23 4.2 Managementbezogene Anforderungen ................................................ 27 4.3 Diversity ................................................................................................ 31 5 Fazit .............................................................................................................. 33 6 Exkurs zur Rolle von Beiräten ...................................................................... 37 6.1 Abgrenzung und gegenseitige Ergänzungen von Aussichtsund Beiräten .......................................................................................... 37 6.2 Beobachtung ......................................................................................... 38 6.3 Folgerung .............................................................................................. 40 7 Ergebnis ........................................................................................................ 41 7.1 Grundsätzliche Gedanken .................................................................... 41 7.2 Auswertung nach Bankengruppen ........................................................ 42 7.2.1 Große genossenschaftliche Kirchenbanken ............................... 42 7.2.2 Katholische Ordensbanken ........................................................ 45 7.2.3 Freikirchliche Banken ................................................................. 46 7.2.4 Ökumenische Bank im Wohlfahrtssektor ................................... 46 7.3 Exkurs zur Vergütung und Haftung der Aufsichtsratsmitglieder ........... 47 8 Handlungskonsequenzen bei anstehenden Neubesetzungen ..................... 49 8.1 Ist eine Wiederbesetzung des Mandates notwendig? .......................... 49 8.2 Welche Kompetenzen werden im Aufsichtsrat benötigt? ..................... 49 8.3 Ist die Anzahl der unabhängigen Mandatsträger angemessen? .......... 50 8.4 Hat ein Kandidat die nötigen zeitlichen Ressourcen für die Aufsichtsarbeit? .................................................................................... 51 8.5 Wie sieht die Geschlechter- und Altersverteilung im Gremiumaus? ....................................................................................... 51 8.6 Wie effizient arbeitet der aktuelle Aufsichtsrat? .................................... 52 Literatur .............................................................................................................. 55 VIII KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Abkürzungsverzeichnis AH: Arbeitshilfe AktG: Aktiengesetz BaFin: Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BfS: Bank für Sozialwirtschaft BIB: Bank im Bistum Essen BilMoG: Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz BKC: Bank für Kirche und Caritas, Paderborn DBK: Deutsche Bischofskonferenz DCGK: Deutscher Corporate Governance Kodex DGK: Diakonischer Governance Kodex DKM: Darlehnskasse Münster EDG: Evangelische Darlehnsgenossenschaft EKK: Evangelische Kreditgenossenschaft GenG: Genossenschaftsgesetz KD-Bank: Bank für Kirche und Diakonie, Dortmund KWG: Kreditwesengesetz öAktG: österreichisches Aktengesetz OLG: Oberlandesgericht Ordensbank: Bank für Orden und Mission, Idstein SBK-Bad Homburg: Spar- und Kreditbank Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden, Bad Homburg SBK-Witten: Spar- und Kreditbank des Bundes freier evangelischer Gemeinden, Witten Schelh. & Sch.: Bankhaus Schelhammer & Schattera, Wien VAG: Versicherungsaufsichtsgesetz IX KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Anteile der Mandatsträger mit kirchlichem Arbeitgeber ............. 24 Abbildung 2: Anzahl der Mandatsträger im Aufsichtsrat ................................. 27 Abbildung 3: Studienhintergründe der Mandatsträger ..................................... 28 Abbildung 4: Anteil Mandatsträger mit wirtschaftswissens. Studienhintergrund ..................................................................... 29 Abbildung 5: Berufsfelder der Mandatsträger .................................................. 30 Abbildung 6: Frauenquoten in den einzelnen Aufsichtsräten .......................... 31 Abbildung 7: Struktur an Beiräten in den kirchlichen Banken ......................... 38 X KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken 1 Einleitung 1.1 Situationsbeschreibung In Deutschland und Österreich finden sich insgesamt 14 Banken, die als kirchliche Banken bezeichnet werden können. Diese Banken bilden das Rückgrat des caritativen und diakonischen Engagements der Kirchen in der Finanzierung der mehr als 50.000 kirchlichen Sozial- und Gesundheitseinrichtungen in Deutschland und Österreich und agieren weitgehend als Hausbanken der katholischen Bistümer und evangelischen Landeskirchen. Die kirchlichen Banken agieren im Spannungsfeld von Ökonomie und Theologie. Sie erfüllen im Alltagsgeschäft ein wirtschaftliches Ziel: Kirchliche Institutionen und die kirchennahen Privatanleger, oftmals kirchliche Mitarbeiter, sollen mit Krediten versorgt werden und Möglichkeiten einer attraktiven und nachhaltigen Geldanlage erhalten. Hier agieren die Banken in direkter Konkurrenz mit den anderen, weltlichen Bankhäusern der jeweiligen Geschäftssegmente. Der Auftrag der kirchlichen Banken wird aber in einem theologischen Kontext gesehen: Die Banken sollen Dienstleiter sein für den Dienst am Menschen. Ihr Daseinszweck ist nicht primär die Erwirtschaftung von Gewinnen, sondern die bestmögliche Unterstützung der jeweiligen Kunden, Mitglieder oder Anteilseigner. Zumindest indirekt sind alle kirchlichen Banken gemeinnützig, da die Eigentümer bzw. Genossenschaftsmitglieder als kirchliche Institutionen auch gemeinnützig sind: Diözesen, Krankenhäuser, Pfarreien, kirchliche Hilfswerke etc. Diese Gemeinnützigkeit wird in der Kirche theologisch bestimmt. Auch wenn ökonomische Entscheidungen den Alltag der Bank bestimmen, sind strategische Entscheidungen und vor allem die Existenz der Banken theologisch hergeleitet. Hier zeigt sich eine starke Parallele zu konfessionellen Krankenhäusern, die wirtschaftlich im Gesundheitsmarkt agieren aber deren Ausrichtung und strategische Zukunft theologisch bestimmt wird. (Fischer 2009) Kirchliche Banken sind keine Einrichtungen, die primär mit Ihren Gewinnen die Kassen der Kirchen füllen sollen, sie haben über ihre Dienstleistungen einen pastoralen und ethischen Auftrag. So sprach der damalige Münsteraner Bischof Tenhumberg bei der Jubiläumsfeier der katholischen Darlehnskasse Münster 1971: „Hier wird eine Diakonie des Darlehns sichtbar. Die heutige Gesellschaft ist ohne den Handel des Geldes nicht denkbar. Das Geld der Kirche muss aber ein Instrument des Dienstes an den Menschen sein.“ (Darlehnskasse Münster 2011, S. 1 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken 9) Kardinal Lehmann stellte anhand der Steyler Bank mit Ihrem Schwerpunkt in der ethischen Geldanlage heraus, wie Kirche auch im Finanzsektor sichtbar werden könne: „Die Steyler Bank ist Exot und Stachel zugleich in einer Bankenwelt, in der oft die Rendite über allem steht. Sie zeigt, dass Christen anders handeln können und es auch tun.“ (Steyler Bank 2004, S. 2) 1.2 Problemaufriss Eine zentrale Rolle für die Ausrichtung der kirchlichen Banken spielen die jeweiligen Aufsichtsräte. Die Anforderungen an diese Aufsichtsräte haben sich in den letzten Jahren verändert. Dieses lässt sich in vier Feldern erkennen: 1.2.1 Verantwortung für größere wirtschaftliche Einheiten in herausforderndem Marktumfeld In den letzten Jahren ist die Geschäftstätigkeit der kirchlichen Banken komplexer geworden, das erhöht auch die Ansprüche, die an den Aufsichtsrat gesetzt werden: Der Geschäftsumfang der Banken ist gewachsen: Von 2005 bis 2012 erhöhte sich die zusammengefasste Bilanzsumme aller aufgeführten kirchlichen Banken von ca. € 31 Mrd. auf ca. € 41 Mrd., das ist eine durchschnittliche jährliche Steigerung von 4 %. Zudem ist das Hauptgeschäftsfeld der meisten kirchlichen Banken die Finanzierung von kirchlichen Sozial- und Gesundheitseinrichtungen wie z. B. konfessionelle Krankenhäuser. Besonders der Gesundheitsmarkt ist in den letzten Jahren ein mehr und mehr herausforderndes wirtschaftliches Umfeld geworden, in dem den betreuenden Banken viel Kompetenz abverlangt wird. 1.2.2 Stärkere staatliche Regulierung und Rollenfestlegung Die Rechte und Pflichten der Bankaufsichtsräte wurden erhöht. Zum Beispiel hat das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) von 1998 die Unternehmensplanung zur gemeinsamen Aufgabe von Vorstand und Aufsichtsrat gemacht. Durch die Finanzkrise ist diese Entwicklung nochmal gestärkt worden: Der Aufsichtsrat ist mehr gefordert, die Arbeit des Vorstandes intensiv zu begleiten und bei Bedarf zu hinterfragen. Dieses hat in vielen Gremien zu einem Professionalisierungsschub geführt. Mit einem Mehr an Aufgaben kam es auch zu einem Mehr an Haftungsrisiken. Durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts 2 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken (UMAG) von 2005 wurde die Beweislast umgekehrt, so dass Aufsichtsräte im Fall der Fälle beweisen müssen, dass sie bei ihrer Tätigkeit die Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit des ordentlichen Geschäftsleiters beachtet haben. Diese Vorgaben im Aktienrecht haben auch einen mittelbaren Einfluss auf andere Rechtsformen. (Vogelbusch 2013, S. 131) Die aktuellen Änderungen im Kreditwesengesetz (KWG) haben daneben die Verantwortungen speziell von Bankaufsichtsräten und damit auch die Haftungsrisiken erhöht. (Ruhwedel 2014) Der Gesetzgeber hat in den letzten Jahren mit der Festlegung der Aufgaben und Pflichten, so Grundei, „den Einfluss des Aufsichtsrats ausgeweitet und seine Distanz zum Vorstand reduziert.“ (Grundei 2011, S. 283) Der Überwachungsauftrag beschränkt sich auch nicht auf bereits abgeschlossene Vorgänge, sondern dem „präventivem Teil der Überwachung“ kommt eine besondere Bedeutung zu. (Grundei 2011, S. 283 u. a. mit Verweis auf Oetker 2009) Das hat Einfluss darauf, wie die Aufsichtsratsmitglieder arbeiten: Die Aufsichtsarbeit ist von intensivem Dialog geprägt und damit zeitaufwändiger, ein detaillierteres Verständnis über die Geschäftstätigkeit der Bank ist notwendig etc. Insgesamt wurden in zahlreichen Elementen die Regelungen zur Corporate Governance und zum Aufsichtsrat verändert, dabei lag ein wesentlicher Fokus auf der Unabhängigkeit und Qualifikation der Mandatsträger. (Ruhwedel 2011, S. 189) 1.2.3 Nachdrücklichere kirchliche Empfehlungen zur Corporate Governance Zu den rechtlichen Vorgaben kommt, dass im kirchlichen Kontext allgemein die Rolle von Aufsichtsgremien stärker in den Vordergrund gerückt wird. Sowohl die evangelische als auch die katholische Kirche haben in den letzten Jahren mit eigenen Corporate Governance Kodizes Leitlinien für eine professionelle Aufsicht ihrer caritativen und diakonischen Einrichtungen aufgestellt. Die katholische Version, die Arbeitshilfe 182 der Deutschen Bischofskonferenz (AH 182) mit dem Titel „Soziale Einrichtungen in katholischer Trägerschaft und wirtschaftliche Aufsicht“ spricht selbstkritisch davon, dass „ein Wandel kirchlicher Organisationskulturen erforderlich“ sei: „Diese legen bisher auf persönliche Beziehungen und Vertrauensverhältnisse (zum Beispiel zwischen Geschäftsführung und Aufsichtsgremien) großen Wert. Die Erfahrungen innerhalb der Kirche, aber auch Erfahrungen der Organisationskultur außerhalb des kirchlichen Raumes zeigen, dass formalisierte, personenunabhängige Verfahren […] wichtig sind, 3 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken um Fehlentwicklungen frühzeitig erkennen zu können und zu vermeiden.“ (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz 2007, S. 9f) Als Hypothese sei festgehalten, dass sich Facetten dieser Beobachtung auch bei katholischen Banken wiederfinden. Auf evangelischer Seite wurde mit dem Diakonischen Corporate Governance Kodex (DGK) ein ähnlicher Leitfaden entwickelt. Gerade in puncto von Transparenz über kirchliche Finanzen sind die Ansprüche der Gläubigen in den letzten Jahren stark gestiegen. Unabhängige Aufsichtsgremien und wirksame Kontrollinstanzen sind ein Mittel, um die kirchliche Zivilgesellschaft einzubinden, wie Hemel beschreibt: „So wie es in den letzten Jahren – von der Öffentlichkeit fast unbemerkt – trotz allem einen Professionalisierungsschub in der kirchlichen Finanzverwaltung gegeben hat, so ist auch die Frage nach Compliance in der Kirche und für die Kirche vor dem Hintergrund der Frage nach Kirchenleitung und Kirchenführung neu zu stellen. Ins Spiel kommt dann etwa die kirchliche Zivilgesellschaft, die legitime Anforderungen an ihre Kirchenleitungen stellt.“ (Hemel 2013, S. I) 1.2.4 Bleibende Vorgaben und Aufsichtsbeschränkungen durch den Status als Genossenschaftsbanken Die große Mehrzahl der kirchlichen Banken ist als Genossenschaftsbank firmiert, sie ist dadurch einer Unternehmenskontrolle durch den Kapitalmarkt entzogen. Dieser würde eine Kontrollfunktion übernehmen und z. B. Profitabilitätsoder Effizienzdefizite unmittelbar anzeigen. Es fehlt in Genossenschaften die Anbindung an den „market for corporate control“ um damit der Eigentümerperspektive gegenüber dem Management Gehör zu verleihen. Die Möglichkeit, wie bei Familienunternehmen die Kontrolle des Kapitalmarktes durch die Identität von Eigentümer und Manager auszugleichen, ist aufgrund der Eigentümerstruktur ebenfalls nicht möglich. Somit kommt dem Aufsichtsrat bei Genossenschaftsbanken eine besondere Rolle in der Unternehmenskontrolle und -steuerung zu. (Böhm et al. 2012, S. 140f) Kirchliche Banken unterliegen dem Genossenschaftsgesetz (GenG), welches bestimmte Spezifika in Bezug auf die Corporate Governance mit sich bringt. Zentrales Merkmal aller Genossenschaft ist das gleiche Stimmgewicht aller Genossen („Eine Stimme pro Genosse“). Bei kirchlichen Banken nutzen die Kunden aber oft in höchst unterschiedlichem Umfang die Dienste der Bank: Eine Diözese trägt deutlich mehr zum Gesamtgeschäft bei als zum Beispiel ein einzelner kirchlicher Mitarbeiter, der der Genossenschaft auch beigetreten ist. 4 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Zu prüfen ist, in wie weit den einzelnen Bedürfnissen der zum Teil heterogenen Mitgliederschaft zur Einflussnahme auf die zukünftige Ausrichtung der Bank Rechnung getragen werden kann, dieses aber gleichzeitig im Einklang mit den Grundsätzen einer Genossenschaft steht. Die Fragestellung hat sich nicht in den letzten Jahren entwickelt, sondern ist zeitlos aktuell. Aufgrund des Wachstums der Institute und dem komplexeren Wirtschaftsumfelde gewinnt diese aber an Bedeutung. 1.3 Forschungsfragen Die folgende Studie widmet sich zwei Fragen: Zum einen sollen Grundlagen eines Anforderungsprofiles für den Aufsichtsrat einer kirchlichen Bank entwickelt werden. Dieses soll sich ganz bewusst von den gesetzlichen Mindestanforderungen abheben, denn diese stellen lediglich die Basis für ein Anforderungsprofil dar. (Ruhwedel 2011, S. 193) Es soll definiert werden: Welche Kompetenzen müssen im Aufsichtsrat einer kirchlichen Bank vorhanden sein und welche Faktoren sind für die Zusammensetzung des Gremiums wichtig? Zum anderen sollen die aktuellen Gremien der kirchlichen Banken auf die entwickelten Kriterien hin empirisch überprüft werden, um Schlussfolgerungen ziehen zu können: Wie sieht der Status Quo aus und welche Handlungskonsequenzen für die Zukunft können formuliert werden? Dazu werden die unterschiedlichen Vorgaben betrachtet, die für die kirchlichen Banken von Relevanz sind. Das umfasst die rechtlichen Vorgaben wie zum Beispiel das Kreditwesengesetz (KWG), kirchliche Handlungsempfehlungen wie zum Beispiel den Diakonischen Governance Kodex (DGK) als auch weitere Quellen für die Entwicklung eines Anforderungsprofils. Das Anforderungsprofil lässt sich entsprechend in verschiedene Kategorien einteilen. Grundlage des empirischen Studienteils sind öffentlich zugängliche Dokumente der einzelnen Banken, vor allem die Geschäftsberichte 2013. Zusätzlich wurden Interviews mit aktuellen Aufsichtsratsvorsitzenden der Institute geführt. Dadurch sind an einzelnen Stellen Konkretisierungen möglich. Ebenfalls können die Eindrücke der Befragten die anschließende Entwicklung von Handlungskonsequenzen unterstützen. Durch den Abgleich des Anforderungsprofils mit den empirischen Befunden lassen sich Punkte aufzeigen, wo Nachjustierungen bzw. Veränderungsschritte zu empfehlen sind. Es wurde an sämtliche Aufsichtsratsvorsitzende der kirchlichen Banken eine Interviewanfrage geschickt. Bei der Bank für Kirche und Caritas (BKC), der Evangelischen Kreditgenossenschaft 5 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken (EKK), der Evangelischen Darlehnsgenossenschaft (EDG), der Bank für Kirche und Diakonie (KD-Bank), der Ordensbank und der Steyler-Bank war ein entsprechendes Gespräch möglich. Den Gesprächspartnern sei hierfür herzlichen gedankt. 6 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken 2 Beschreibung der kirchlichen Bankenlandschaft 2.1 Kategorisierung der einzelnen Banken Besonders in Deutschland existiert eine vielfältige Landschaft kirchlicher Banken, die zum Teil auf eine fast 100-jährige Tradition zurückblicken, dazu existiert auch in Österreich eine konfessionell geprägte Bank. Banken, die mehrheitlich von nicht-christlichen Religionsgemeinschaften getragen werden, existieren im deutschsprachigen Sprachraum nicht, können infolgedessen auch nicht betrachtet werden. Folgende Banken unterschiedlicher Kategorien werden in dieser Studie als kirchliche Bank betrachtet: 2.1.1 Große genossenschaftliche Kirchenbanken Die LIGA Bank eG aus Regensburg, die PAX-Bank eG mit Sitz in Köln, die Bank im Bistum Essen eG (BIB), die Darlehnskassen Münster eG (DKM), die Bank für Caritas und Kirche eG in Paderborn (BKC), die Bank für Kirche und Diakonie eG in Dortmund (KD-Bank) sowie die Evangelische Darlehnsgenossenschaft eG aus Kiel (EDG) und die Evangelische Kreditgenossenschaft eG mit Sitz in Kassel (EKK), welche beide 2014 zur Evangelischen Bank eG mit Hauptsitz in Kassel fusionierten, sind Genossenschaftsbanken. Genossenschaftsmitglieder sind zum einen kirchliche Institutionen (Bistümer, Landeskirchen, Pfarreien, konfessionelle Einrichtungen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft, Hilfswerke etc.) zum anderen je nach Satzung auch kirchennahe Privatpersonen, wobei hier unterschiedliche Anforderungen an die natürlichen Personen gestellt werden. Bei der BIB reicht eine ehrenamtliche Tätigkeit in der Kirche (Bank im Bistum Essen eG o. J.), bei der LIGA können nur Priester und Diakone Mitglied werden. (LIGA Bank eG o. J.) In einem Teil der Banken gilt das kirchliche Arbeitsrecht. (Lötz o. J.) 2.1.1.1 Katholische Kirchenbanken Die hier zahlenmäßig größte Gruppe ist die der Banken, die sich mehrheitlich im Besitz katholischer Diözesen und davon abhängiger Körperschaften befinden. Diese fünf Institute bieten ihre Dienste primär institutionellen Kunden aus dem kirchlichen und caritativen Umfeld und deren Mitarbeitenden an. Zum Teil können andere Privatpersonen ohne kirchlichen Arbeitgeber Kunde der Bank werden, die Bank im Bistum Essen z. B. hat sich diesbezüglich geöffnet. 7 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Alle Institute sind Genossenschaftsbanken. Mit einer Bilanzsumme von € 4-5 Mrd. im Jahr 2013 sind die LIGA-Bank in Regensburg, die DKM in Münster, die BIB in Essen und die BKC in Paderborn ähnlich groß, die Pax-Bank in Köln ist mit € 2,3 Mrd. etwas kleiner. Die fünf Banken agieren vorrangig regional. Die Liga-Bank bedient Kunden aus Süddeutschland und Österreich, die Pax-Bank ist im Rheinland zuhause und hat eine Geschäftsstelle in Berlin und die DKM deckt den nordwestdeutschen Raum ab. Die Bank im Bistum Essen und die BKC in Paderborn haben ihren Kundenstamm zum Großteil in ihrem Heimatbistum. Über ihrer regionalen Kerngeschäftsbereiche hinaus sind die Banken aber auch überregional aktiv und stehen in einem latenten Konkurrenzverhältnis. 2.1.1.2 Evangelisch Kirchenbanken Auch die drei evangelischen Banken, die sich mehrheitlich im Besitz einer evangelischen Landeskirche bzw. davon abhängiger Körperschaften und z. T. kirchennaher Privatpersonen befinden, sind Genossenschaftsbanken und besitzen mit € 3-5 Mrd. in 2013 eine ähnlich hohe Bilanzsumme wie ihre katholischen Schwesterinstitute. Durch die Fusion der EKK in Kassel und der EDG in Kiel entstand im Sommer 2014 mit der Evangelischen Bank die nach Bilanzsumme größte Kirchenbank Deutschlands. Die institutionellen Kunden dieser Banken kommen zum Großteil aus Einrichtungen der Kirche und Diakonie, kirchliche Mitarbeiter können ebenso Kunde werden. Auch die evangelischen Banken haben Deutschland regional aufgeteilt, die EKK hat zusätzlich eine Repräsentanz in Wien. Trotz aller regionalen Verortung haben sie aber grundsätzlich ein bundesweites Geschäftsgebiet. 2.1.2 Katholisch Ordensbanken Zwei katholische Ordensgemeinschaften haben in Deutschland eigene Banken gegründet. In St. Augustin bei Bonn sitzt die Steyler Bank GmbH, die zu 98% der Ordensgemeinschaft der Steyler Missionare gehört. Die Bank für Orden und Mission (kurz: Ordensbank) ist rechtlich gesehen keine eigenständige Bank, sondern eine Zweigniederlassung der VR Bank Untertaunus eG. Diese wurde auf Anregung der Missionszentrale der Franziskaner in Bonn, dem Hilfswerk der Franziskaner im mitteleuropäischen Raum, 2003 gegründet. (Bank für Orden und Mission o. 8 J.) KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Mehrheitlich in Besitz von Ordensgemeinschaften ist auch das Bankhaus Schelhammer & Schattera AG in Wien: Gut 50 % der Anteile werden von der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften Österreichs gehalten, 10 % liegen in den Händen der Erzdiözese Wien und weitere 20 % sind in Besitz von unterschiedlichen katholischen Institutionen in Österreich. (Bankhaus Schelhammer Schattera AG 2014) Alle drei Banken haben keinen regional eingegrenzten Kundenstamm und sprechen kirchliche Institutionen und uneingeschränkt Privatkunden an. Die jeweiligen Bilanzsummen liegen im dreistelligen Millionenbereich. Bezüglich der Aufsichtsstruktur bringen diese drei Banken Besonderheiten mit sich: Die Steyler Bank hat keinen Aufsichtsrat, dafür aber einen achtköpfigen Beirat, der zum Teil dessen Aufgaben übernimmt. Die Ordensbank der Franziskaner ist keine selbstständige Bank, ihre Arbeit wird entsprechend vom Aufsichtsrat der vr-bank Untertaunus eG mitbeaufsichtigt. Zusätzlich hat die Ordensbank einen vierköpfigen Beirat gebildet. In dieser Studie werden für diese beiden Banken beim Vergleich der Aufsichtsräte als nicht anders erwähnt jeweils diese Beiräte betrachtet. Die österreichische Bank Schelhammer & Schattera hat einen Aufsichtsrat, der als einziger in dieser Studie zur Hälfte aus Arbeitnehmervertretern besteht. 2.1.3 Freikirchliche Banken Seit der Zeit der Weimarer Republik besitzen zwei Vereinigungen evangelischer Freikirchen je eine eigene Bank, die sich an die jeweiligen Kirchen und Gemeindemitglieder richtet. Die beiden Genossenschaftsbanken haben jeweils eine Bilanzsumme von € 100-200 Mio. Die Spar- und Kreditbank EvangelischFreikirchlicher Gemeinden eG mit Sitz in Bad Homburg (SKB-Bad-H.) und die Spar- und Kreditbank des Bundes freier evangelischer Gemeinden eG in Witten (SKB-Witten) werden von freikirchlichen Glaubensgemeinschaften getragen. (Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland o. J., Bund Freier evangelischer Gemeinden in Deutschland o. J.) Die Mitglieder sind die jeweiligen kirchlichen Institutionen und Gläubige. 9 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken 2.1.4 Ökumenische Bank im Wohlfahrtssektor Eine gewisse Sonderrolle hat die Bank für Sozialwirtschaft AG, die ausschließlich institutionelle Kunden aus dem Gesundheits- und Sozialsektor betreut. Mit je 25,5 % sind die katholische und evangelische Kirche über die Caritas und Diakonie zusammen Mehrheitsaktionär, daher wird diese Bank bei der Betrachtung kirchlicher Geldinstitute mit aufgeführt. Mit einer Bilanzsumme von € 7,3 Mrd. ist die Bank im Vergleich zu den anderen kirchlichen Banken sehr groß. 2.2 Wettbewerbssituation Vordergründig könnte der Eindruck entstehen, dass die kirchlichen Banken den Markt überschneidungsfrei untereinander aufgeteilt hätten. Zwischen den kirchlichen Banken besteht aber bei allen regionalen und konfessionellen Schwerpunkten ein Wettbewerb. Beispielhaft soll verdeutlicht werden, dass die Grenzen der Tätigkeitsfelder nicht trennscharf zu ziehen sind. 10 Durch die Fusion der EDG und der EKK zur Evangelischen Bank verbleiben mit der KD-Bank nur zwei große evangelische Kirchenbanken. Bei allen regionalen Verankerungen besteht gerade bei institutionellen Kunden ein Wettbewerb unter den Instituten. Das gilt auch auf katholischer Seite. Die Bank für Sozialwirtschaft hat Kunden beider Konfessionen und ist deutschlandweit aktiv. Im Geschäft mit institutionellen Kunden aus der Gesundheits- und Sozialwirtschaft steht sie mit allen kirchlichen Banken in Konkurrenz. Die Steyler-Bank und die Ordensbank der Franziskaner werben genau wie andere kirchliche Genossenschaftsbanken damit, Privatkunden ethische und nachhaltige Finanzprodukte anzubieten. Durch die modernen technischen Möglichkeiten können Banken auch ohne ein großes Filialnetz als Direktbanken antreten und sind nicht auf einen örtlichen Aktionsradius begrenzt. Neben dem Wiener Bankhaus Schelhammer & Schattera haben auch die Liga-Bank, die EKK und die Steyler-Bank Repräsentanzen in Österreich. Der Geschäftsführer des katholischen Marienhospitals in Hamburg ist Aufsichtsratsmitglied der Evangelischen Darlehnsgenossenschaft und das Krankenhaus ist auch Kunde der Bank. Auch wenn von allen Banken die meisten Kunden der jeweils gleichen Konfession zugehörig sind, so gibt es gerade in Diasporagebieten Ausnahmen. KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Auch wenn dem Namen nach zu urteilen die Bank im Bistum Essen nur Kunden im Ruhrgebiet haben könnte, ist bis auf die Gebiete der Bistümer Münster und Paderborn die gesamte Bundesrepublik in fünf Regionen aufgeteilt und hat jeweils eigene Kundenansprechpartner. Auch andere kirchliche Banken sind offen für Kunden jenseits ihrer eigenen Schwerpunktregionen. Die Pax-Bank aus Köln hat auch in Essen eine Filiale, die in direkter Nachbarschaft zur Bank im Bistum Essen residiert. Die kirchlichen Banken stehen auch mit anderen Banken in Konkurrenz: Viele Pfarrgemeinden oder kleine kirchliche Einrichtungen führen ihre Konten bei den örtlichen Sparkassen oder Volksbanken. Über Kirchenvorstände etc. existieren viele persönliche Kontakte zu den Banken vor Ort. Manche Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft ziehen andere Geschäftsbanken vor, wenn sie den Service oder die Konditionen als vorteilhafter erachten und ihnen attraktive Angebote gemacht werden. Zudem haben viele kirchliche Unternehmen auch mehrere Banken. Das bekannteste kirchliche Wirtschaftsunternehmen in Deutschland, der Weltbild-Verlag, ist z. B. auch Kunde der Commerzbank Augsburg. Ein Vorstandsmitglied der Commerzbank sitzt auch im WeltbildAufsichtsrat. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die kirchlichen Banken zwar Spezialbanken mit einem eingeschränkten Kundenfokus sind, aber in ihren Märkten auch Konkurrenz haben. Hier gibt es keinen Unterschied zu anderen, nichtkirchlichen Banken. Verglichen mit den großen Geschäftsbanken in Deutschland sind die kirchlichen Banken klein und ihre Geschäftsfelder beschränkt; die Bilanzsumme der Deutschen Bank ist z. B. ungefähr vierzig Mal größer als die Gesamtbilanzsumme aller kirchlichen Banken zusammen. Als in den sechziger Jahren unterschiedliche kirchliche Banken gegründet wurden, gab es aber kritische Anfragen, die in den neuen Geldinstituten eine Konkurrenz sahen. Die IHK ließ in Münster mitteilen, dass „aus Kreisen der Wirtschaft und des Mittelstandes … Fragen dahin gestellt worden wären, ob etwa die katholische Kirche auf dem Wege sei, eine wirtschaftliche Macht zu entwickeln. Man habe die Befürchtung ausgesprochen, dass die Gründung dieser Darlehnskasse nur ein erster Schritt sei, dem zu gegebener Zeit die Gründung von Wirtschaftsgenossenschaften für die kirchlichen Einrichtungen folgen könnte“ ((Darlehnskasse Münster 2011, S. 7) nach dem Bistumsarchiv, Generalvikariat A101/392) 11 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken 3 Entwicklung eines Anforderungsprofils für den Aufsichtsrat einer kirchlichen Bank Mit Zaumseil lassen sich haftungsbegründete Pflichten des Aufsichtsrats aufstellen. Diese Pflichten beziehen sich insbesondere auf folgende Bereiche: (Zaumseil 2011, S. 427) „Überwachung des Risikomanagements des Vorstands, Überwachung der Geschäftspolitik des Vorstands, Zustimmungsvorbehalte für bestimmte Geschäfte des Vorstands, regelmäßige eigene Unterrichtung über die Tätigkeit des Vorstands.“ Nach Ruhwedel können zwei Hauptgruppen von Anforderungen unterschieden werden: Personenbezogene und managementbezogene Anforderungen. (Ruhwedel 2011, S. 191ff) Zu den personenbezogenen Anforderungen gehören alle Anforderungen, die sich aus der Person oder der Beziehung zur sonstigen Umwelt ergeben. Erfasst werden damit vor allem die rechtlichen Anforderungen an die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder und die Forderungen nach Unabhängigkeit und den nötigen zeitlichen Ressourcen. Die managementbezogenen Anforderungen zielen auf die inhaltliche Eignung zur Wahrnehmung des Mandats: Die Mandatsträger sollen die notwendigen Kompetenzen mitbringen. Diese Unterscheidung der notwendigen Kompetenzen hat große Schnittmengen mit dem Ansatz Leubes, der die Anforderungen an den Aufsichtsrat und seine Mitglieder von drei maßgeblichen Einflussfaktoren abhängig macht (Leube 2011, S. 204f): Erstens der (regulatorische) Kontext der Unternehmensaufsicht und Governance, wodurch ein großer Teil der personenbezogenen Anforderungen erfasst ist, zweitens den strategischen und drittens den organisatorischen Herausforderungen, die zusammen die managementbezogenen Anforderungen darstellen können. Leube folgend lassen sich die wesentlichen Anforderungen an ein Aufsichtsratsmitglied zweistufig beschreiben. (Leube 2011, S. 208) Die Grundlage sind Qualifikation, Unabhängigkeit und das individuelle Verhalten. In der konkreten Arbeit werden diese Grundlagen in den vier relevanten Feldern Komplexitätsmanagement, Lenkung, Kontrolle und Transparenzstreben deutlich, in denen sich die Überwachungseffizienz äußert. Die hier vorliegende Studie beurteilt nicht die tatsächliche geleistete Arbeit als Aufsichtsrat, nimmt entsprechend nicht die vier aufgeführten relevanten Felder in den Blick, sondern macht die grundsätzlichen Anforderungen zum Thema, 12 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken die Bedingungsfaktoren darstellen. Dazu gehören hier u. a. die fachliche Qualifikation, die Unabhängigkeit und die rechtlichen Anforderungen. Getrennt nach personenbezogenen und managementbezogenen Anforderungen sollen im Folgenden Anforderungen für die Besetzung der Aufsichtsräte kirchlicher Banken entwickelt werden. Anforderungen an die Diversität der Gremienmitglieder werden gesondert in einem dritten Abschnitt behandelt, da sie als Gesamtheit nicht eindeutig den personen- oder managementbezogenen Anforderungen zugeordnet werden können: Die Anforderungen an eine Gleichverteilung der Geschlechter wird aktuell stark rechtlich eingefordert und gehört somit eher zu den personenbezogenen Anforderungen, aber der Ruf nach einer internationaleren Besetzung von Aufsichtsräten deutscher Firmen, die den Großteil ihres Umsatzes im Ausland machen, ist z. B. eher managementbezogenen Ursprung, da hier eine bestimmte fachliche Kompetenz im Vordergrund steht. Zusätzlich sind zur Orientierung in einem vierten Abschnitt Benchmarks aufgeführt, die aus benachbarten Branchen Vergleichszahlen anbieten. 3.1 3.1.1 Personenorientierte Anforderungen Rechtliche Anforderungen an die Qualifikation und Begrenzungen mehrerer Mandate Das Aufsichtsratsmitglied muss eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. (§ 100 Abs. 1 Aktiengesetz (AktG)) Gemäß § 36 Abs. 3 Satz 6 Kreditwesengesetz (KWG) und § 7 a Abs. 4 Satz 4 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) dürfen einzelne Personen zudem nicht mehr als fünf Kontrollmandate bei unter der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) stehenden Unternehmen ausüben. (BaFin 2012) Das Aktiengesetz sieht die maximal zulässige Anzahl an Mandaten in gesetzlich zu bildenden Aufsichtsräten bei zehn, wobei Vorsitze doppelt gezählt werden. (vgl. § 100 Abs. 2 AktG) Der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) empfiehlt darüber hinaus maximal drei Aufsichtsratsmandate für aktive Vorstände von börsennotierten Unternehmen. Die BaFin verlangt von allen Bankaufsichtsräten einen Nachweis ihrer Sachkunde. Diese Sachkunde kann über eine Berufserfahrung begründet werden, die „über einen längeren Zeitraum maßgeblich auf wirtschaftliche und rechtliche Fragestellungen ausgerichtet und nicht völlig nachgeordneter Natur war oder ist.“ (BaFin 2012) Diese geforderte Sachkunde ist als Mindestanforderung zu verstehen und verspricht nicht automatisch die nötige fachliche Kompetenz, 13 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken eine Bank zu beaufsichtigen. Zum Beispiel ist die geforderte Sachkunde automatisch bei allen Kaufleuten und buchführungspflichtigen Land- und Forstwirten anzunehmen. Auch bei Hauptverwaltungsbeamten einer Gebietskörperschaft (z. B. Landrat) „wird die Sachkunde regelmäßig angenommen“. Diesem formalen Nachweis der Sachkunde steht der Anspruch des Gesetzgebers zur Seite, dass die Aufsichtsratsmitglieder sich bei allen wichtigen Unternehmensgeschäften eine eigene Meinung bilden. Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart weist darauf hin, dass dieses zu den „Kardinalpflichten“ aller Aufsichtsratsmitglieder gehört: „Bei Geschäften, die wegen ihres Umfangs, der mit ihnen verbundenen Risiken oder ihrer strategischen Funktion für die Gesellschaft besonders bedeutsam sind, muss jedes Aufsichtsratsmitglied den relevanten Sachverhalt erfassen und sich ein eigenes Urteil bilden; dies umfasst regelmäßig auch eine eigene Risikoanalyse.“ (OLG Stuttgart 2012) Gerade für Aufsichtsräte einer Bank, die über keine eigene Finanzmarkterfahrung verfügen, bedarf dieser Anspruch eines nicht zu unterschätzenden Aufwands. Die aufgeführten Anforderungen gelten für alle Gremienmitglieder gleichsam. Mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) von 2009 muss zusätzlich in den Aufsichtsräten mindestens ein Finanzexperte sitzen, der herausgehobene Kenntnisse im Bereich Bilanzierung und Rechnungslegung hat. Dieses gilt auch für Genossenschaftsbanken (Genossenschaftsgesetz (GenG) §36 4) und Aktiengesellschaften in Österreich (öAktG § 92 Abs. 4). 3.1.2 Anforderungen an die Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder Grundsätzlich ist die Abhängigkeit eines Aufsichtsratsmitgliedes kein Hindernisgrund, in ihr besteht nur das Potential zur Interessenskollision. In dem Fall kann es dazu kommen, dass die Interessen des beaufsichtigten Unternehmens zu Gunsten anderer Interessen abgewogen werden. Bei seiner Organtätigkeit darf sich ein Aufsichtsratsmitglied aber nur von der Leitmaxime des Vorrangs des Unternehmensinteresses leiten lassen, außerhalb der Mandatsausübung können auch andere Interessen verfolgt werden. (Mohr 2011, S. 241) Der DCGK verlangt, dass dem Aufsichtsrat „eine nach seiner Einschätzung angemessene Anzahl unabhängiger Mitglieder angehören“ (DCGK 5.4.2). Das bedeutet konkret: „Ein Aufsichtsratsmitglied ist im Sinn dieser Empfehlung insbesondere dann nicht als unabhängig anzusehen, wenn es in einer persönlichen oder einer geschäftlichen Beziehung zu der Gesellschaft, deren Organen, 14 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken einem kontrollierenden Aktionär oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen steht, die einen wesentlichen und nicht nur vorübergehenden Interessenkonflikt begründen kann.“ Die europäische Bankenaufsicht fordert in ähnlicher Weise, dass die Mitglieder im Aufsichtsrat über ausreichende Unabhängigkeit verfügen. (Europäische Bankenaufsichtsbehörde 2011, S. 15f) Die BaFin weist darauf hin, dass eine Problematik darin besteht, wenn ein Kunde einer Bank ein Aufsichtsratsmitglied stellt: „Ein Interessenkonflikt kann auch vorliegen, wenn das Mitglied – oder das Unternehmen, für das es tätig oder an dem es beteiligt ist – ausfallgefährdeter Kreditnehmer des zu überwachenden Unternehmens ist.“ (BaFin 2012) Bezogen auf kirchliche Banken könnte ein Aufsichtsratsmitglied z. B. nicht bei einer kirchlichen Einrichtung beschäftigt sein, die Kunde der jeweiligen Bank ist, um als „unabhängiger Dritter“ zu gelten. Der DGK empfiehlt, dass der Anteil der geborenen Aufsichtsratsmitglieder nicht ein Drittel übersteigt. (DGK 2.4.1) Die Tatsache, dass eine Genossenschaftsbank den Genossen gehört und nur diese über Aufsichtsratsmandate an den Entscheidungen der Bank teilhaben, berührt eine grundsätzliche Governance-Problematik, da für gewöhnlich Genossen auch selbst Kunden sind und demnach potentielle Interessenskonflikte vorherrschen. Eine Möglichkeit, das Risiko von Interessenskonflikten zu verringern, liegt darin, dass die Aufsichtsratsmitglieder keine relevanten Kernkunden darstellen oder repräsentieren. Die Unabhängigkeit kann auch dann als eingeschränkt angesehen werden, wenn ein direkter Wettbewerber eines Aufsichtsratsmitgliedes bzw. einer von dessen Arbeitgeber Kunde bei der Bank ist, da somit sensible Informationen erlangt und Entscheidungen beeinflusst werden könnten. Denkbar ist solch eine Konstellation bei überregional tätigen kirchlichen Gesundheitseinrichtungen, die im Wettbewerb stehen. Anders als territorial begrenzte Diözesen oder Landeskirchen kann hier ein klares Konkurrenzverhältnis ausgemacht werden. Die Einbeziehung von Experten der Gesundheits- und Sozialwirtschaft ist für die Aufsichtsräte der kirchlichen Banken von hoher Bedeutung, da sie Kompetenz in dem Bereich benötigen, um die Chancen und Herausforderungen der Bankkunden aus dem Bereich einschätzen zu können. Die Benennung von Führungskräften einzelner Einrichtungen und z. B. deren Einbindung in den Kreditausschuss bringt aber die Gefahr mit sich, dass sich Konkurrenzunternehmen von der Bank abwenden, da sie ihre vertraulichen Daten vor der Konkurrenz schützen wollen. 15 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Als ein Kennzeichen für eine potentielle Abhängigkeit kann bei der Betrachtung von Aufsichtsratsmitgliedern kirchlicher Banken das Vorhandensein eines kirchlichen Arbeitgebers angesehen werden. Da die kirchlichen Banken institutionelle Kunden fast ausschließlich aus dem kirchlichen Umfeld haben, kann an der Quote des kirchlichen Arbeitsverhältnisses näherungsweise abgelesen werden, wie unabhängig die Mandatsträger sind. Abgesehen davon können die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder auch privat Geschäftsbeziehungen mit der jeweiligen Bank haben, das ist zwar bei allen Banken (bis auf die Bank für Sozialwirtschaft) möglich, wird aber hier als Abhängigkeitskriterium außer Acht gelassen. Selbstverständlich können auch Personen ohne ein kirchliches Arbeitsverhältnis abhängig sein, z. B. wenn sie als Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalt oder Unternehmensberater für eine kirchliche Organisation arbeiten. Ebenso können kirchliche Mitarbeiter unabhängig sein, wenn in ihr Arbeitsfeld keinerlei bankrelevanten Fragen fallen. Nichts desto trotz soll in dieser Studie die Quote der Mandatsträger mit kirchlichem Arbeitgeber als eine Annäherung und grobe Kennzahl für die Unabhängigkeit der Mandatsträger dienen. Ein weiteres Problem für eine wirksame Aufsicht können Überkreuzverflechtungen darstellen: Ein Vorstandsmitglied des Unternehmens A soll nicht Aufsichtsrat von Unternehmen B sein, wenn ein gesetzlicher Vertreter von B bereits im Aufsichtsrat von A sitzt (AktG § 100 Abs. 2 Nr. 3). Somit wäre es kritisch zu betrachten, wenn Aufsichtsratsmitglieder und Vorstände der einen kirchlichen Bank ein Aufsichtsratsmandat in einer anderen kirchlichen Bank innehaben. Dem DCGK folgend soll ein Aufsichtsratsmitglied keine Organfunktion bei einem wesentlichen Wettbewerber innehaben (vgl. DCGK 5.4.2). Dem Gebot der Organintegrität folgend darf darüber hinaus der gesetzliche Vertreter eines abhängigen Unternehmens kein Aufsichtsratsmitglied einer Obergesellschaft sein (vgl. § 100 Abs. 2 Nr. 2 AktG). Daneben wird es im Allgemeinen kritisch wird gesehen, wenn ehemalige Vorstandsmitglieder ohne ausreichende „Abkühlphase“ zeitnah in den Aufsichtsrat wechseln. Der DCGK empfiehlt eine Frist von zwei Jahren, wobei es Ausnahmeregelungen gibt. (vgl. DCGK 5.4.4) 16 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken 3.2 Managementorientierte Anforderungen Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass Aufsichtsratsmitglieder notwendigerweise Fachkompetenz haben: Von einem Aufsichtsrat einer kirchlichen Bank wird gefordert, dass er die nötige Sach- und Fachkenntnis vereint, um die wirtschaftlichen Aktivitäten des Bankhauses verstehen und bewerten zu können um so die Bank mit zu lenken. Hinreichend sind die managementorientierten Anforderungen aber erst dann erfüllt, wenn auch sichergestellt ist, dass der Aufsichtsrat die Bank in der Erfüllung des kirchlichen Auftrages beaufsichtigt. Während die erste Aufgabe klar zu beschreiben ist und vor allem eine entsprechende Ausbildung bzw. Erfahrung benötigt, ist die „Erfüllung des kirchlichen Auftrages“ schwerer zu umreißen: Hierunter kann sowohl fallen, dass nur solche Anlageprodukte angeboten werden, die den ethischen Standards der jeweiligen Kirche entsprechen, dazu gehört aber auch, dass kirchliche Institutionen als Miteigentümer den Anspruch haben, den Kurs der Bank aktiv mitzubestimmen können. Damit soll die Passgenauigkeit der Bank auf die sich wandelnde pastorale und caritative bzw. diakonische Landschaft mit Ihren jeweiligen Bedürfnissen nachhaltig erfüllt bleiben. Dieses gilt grundsätzlich für alle Gruppierungen von kirchlichen Banken, wobei die Akzente unterschiedlich stark ausgeprägt sind: Eine Bank, die stark auf eine Ordensgemeinschaft bezogen ist, wie z. B. die Steyler-Bank sieht für sich einen anderen kirchlichen Auftrag als die kirchlichen Aktionärsvertreter in der Bank für Sozialwirtschaft: Eine Bank, die besonders stark im caritativen Sektor aktiv ist, benötigt andere Kompetenzen als eine Bank, bei der verschiedene Produkte der ethischen Geldanlage für Privatanleger eine besondere Rolle spielen. Der DGK fordert, dass sich die Mitglieder des Aufsichtsgremiums eines diakonischen Unternehmens in vier Kompetenzbereichen ergänzen: „fachspezifische Kompetenz, theologische/diakonische Kompetenz, ökonomische Kompetenz und juristische Kompetenz“ (DGK 2.4.1). Dieser Anforderungskatalog kann auf kirchliche Banken übertragen werden, da sich auch kirchliche Banken als Teil des diakonalen bzw. caritativen Arms der Kirchen sehen. Wie in jeder Bank benötigt es ökonomische und juristische Kompetenz in der Aufsicht, dazu kommt die fachspezifische Kompetenz, die sich darin zeigt, ein Verständnis für die Arbeit einer Bank und das Geschäftsfeld der Kunden zu haben. Im Unterschied zu anderen Banken kommt bei kirchlichen Banken noch die theologische Kompetenz hinzu. 17 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Im Aufsichtsrat einer Bank muss betriebswirtschaftliche Kompetenz und bankfachliches Wissen vorhanden sein, um wirksam mit der Geschäftsführung in einen Dialog zur zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung treten zu können. Ebenso muss dort die bankfachliche Kompetenz abgebildet werden können, um die Einhaltung bestehender Regeln und Vorgaben auch in Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsprüfern überwachen zu können. Vor dem Hintergrund der strengeren Vorschriften zur Bankenregulierung – Stichwort Basel III – gewinnt dieser Punkt stark an Bedeutung. Der Rat muss Kenntnis über die Bedürfnisse und Herausforderungen der caritativen bzw. diakonischen und kirchlich-pastoralen Institutionen haben. Das setzt eine Branchenkompetenz im Gesundheits- und Sozialsektor sowie ein Wissen um die Finanzierung der pastoralen Arbeit voraus. Berufserfahrung in kirchlichen Gesundheits- und Sozialeinrichtungen oder in der Leitung bzw. Verwaltung von pastoralen Organisationseinheiten ist dafür hilfreich. Ein Aufsichtsrat nimmt stellvertretend die Interessen der Anteilseigner bzw. Genossenschaftsmitglieder bei der Aufsicht der Geschäftsführung wahr. Entsprechend ist es verständlich, wenn größere Anteilseigner oder zentrale Genossenschaftsmitglieder wie z. B. Landeskirchen oder Caritasverbände im Aufsichtsrat einen Repräsentanten stellen wollen. Somit können die Eigentümerinteressen direkt in die Entscheidungsprozesse eingebracht werden. Hierbei ist aber zu beachten, dass dieses Mitglied auch zu den oben aufgeführten Kompetenzen beitragen können soll und ein angemessenes Verhältnis zur Anzahl an unabhängigen Aufsichtsratsmitgliedern besteht. Für die Abschätzung, ob und wie christliche Werte in der Arbeit der Bank zu Tage treten und wie ethisches Verhalten sichergestellt und gestärkt werden kann, ist eine theologische Ausbildung und eine kirchliche Verbundenheit von Vorteil, um eine theologische Reflexionsfähigkeit vorzuhalten. Kirchenrechtlich bestehen konfessionsübergreifend keinerlei Vorgaben zur Besetzung der Aufsichtsgremien in kirchlichen Banken. Als Aufsicht über eine kirchliche Institution sollten die Gremienmitglieder auch eine entsprechende Werteorientierung mitbringen. Als konfessionell getragene Tendenzbetriebe ist es für manche kirchliche Banken mit dem Arbeitsrecht vereinbar, eine bestimmte Religionszugehörigkeit zur Bedingung für ein Angestelltenverhältnis zu machen. Es ist verständlich, wenn bei der Bestellung von Aufsichtsräten auch die Konfession von Bedeutung ist. 18 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Kirchliche Banken haben anders als ihre private Konkurrenz im Kern einen wichtigen christlichen Auftrag, so dass Papst Benedikts Worte aus der Enzyklika „Deus caritas est“, die an die Mitarbeitenden der Caritas gerichtet sind, auch für die Aufsichtsratsmitglieder sämtlicher kirchlichen Banken Relevanz haben können: „Berufliche Kompetenz ist eine erste, grundlegende Notwendigkeit, aber sie allein genügt nicht. Es geht ja um Menschen, und Menschen brauchen immer mehr als eine bloß technisch richtige Behandlung. Sie brauchen Menschlichkeit. Sie brauchen die Zuwendung des Herzens. Für alle, die in den karitativen Organisationen der Kirche tätig sind, muß es kennzeichnend sein, daß sie nicht bloß auf gekonnte Weise das jetzt Anstehende tun, sondern sich dem andern mit dem Herzen zuwenden, so daß dieser ihre menschliche Güte zu spüren bekommt. Deswegen brauchen diese Helfer neben und mit der beruflichen Bildung vor allem Herzensbildung.“ (Textabschnitt Nr. 31) 3.3 Diversität Die Frage nach „diversity“ wird in der breiten Diskussion oftmals auf das Geschlechterverhältnis eingegrenzt, hat darüber hinaus aber den grundsätzlichen Anspruch, eine Vielfalt an Kompetenzen zu gewährleisten. Für einen Aufsichtsrat bedeutet dieses zuerst einmal, dass neben Generalisten auch Spezialisten im Aufsichtsrat vertreten sind, die mit ihren individuellen Kompetenzen dafür sorgen, dass im Gremium eine breite Wissens- und Erfahrungsbasis vorliegt. Zweitens sollen im Aufsichtsrat verschiedene Perspektiven vertreten sein: Das sind neben einer angemessenen Vertretung beider Geschlechter auch Mitglieder unterschiedlichen Alters und eventuell auch internationale Hintergründe bei einem angemessenen Teil der Mandatsträger. 3.3.1 Alter Um eine hohe Altersdiversität im Aufsichtsrat zu erreichen, bietet sich als eine Option die Festlegung einer Altershöchstgrenze an. (Ruhwedel 2013, S. 33) Das Durchschnittsalter der Aufsichtsräte von DAX-Unternehmen betrug im Jahr 2013 58 Jahre, bis auf die Firma K+S verfügen alle wie vom DCGK empfohlen (DCGK 5.4.1) über eine verbindliche Altersgrenze, die dort zumeist bei ca. 70 Jahren liegt. Auch im Kodex des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverbandes (DGRV) wird eine Altersgrenze gefordert, aber nicht näher bestimmt. Die DBK-Arbeitshilfe 182, der Governance-Kodex der katholischen Kirche, empfiehlt auch eine verbindliche Altersgrenze, nennt aber kein Alter. Dem 19 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken evangelischen DGK folgend sollen Mitglieder von Aufsichtsräten „bei ihrer Wahl das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.“ (DGK 2.4.1) Dieses Zahl kann für die evangelischen Banken eine Leitlinie und für die anderen eine Orientierung darstellen. 3.3.2 Internationalität Als positiv wird im Allgemeinen vermerkt, wenn international tätige Unternehmen auch über einen hohen Internationalitätsgrad in den Aufsichtsräten verfügen, der dem Anteil an Auslandsaktionären und dem Auslandsumsatz entspricht. Die kirchlichen Banken haben ihr Geschäftsfeld fast ausschließlich im Inland mit der Ausnahme einiger deutscher Banken, die auch österreichische Kunden haben oder sich im Mikrofinanzbereich in Entwicklungsländern engagieren. Auch finden sich fast keine Auslandsaktionäre. Dieser Punkt wird demnach im Folgenden nicht weiter betrachtet. 3.3.3 Geschlecht Die aktuelle Diskussion um die gesetzliche Frauenquote von 30% bei Aufsichtsratsmandaten trifft die kirchlichen Banken nicht direkt, da diese zuerst nur in 110 voll mitbestimmungspflichtigen und börsennotierten Unternehmen gelten soll. Aber erklärtes Ziel der evangelischen als auch katholischen Kirche ist es abseits aller europa- und bundespolitischen Vorgaben sowieso, den Anteil von weiblichen Führungskräften zu erhöhen. Auf der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz 2013 widmeten die Bischöfe einen Studientag diesem Thema und beschlossen: „Das Wirken von Frauen in der Kirche soll sichtbarer werden, ihr Anteil an Leitungsaufgaben, die nicht die Weihe voraussetzen, deutlich erhöht werden.“ (Deutsche Bischofskonferenz, S. 5) Bereits 1989 hat sich die EKD auf ihrer Synode für einen höheren Anteil weiblicher Führungskräfte in der Kirche ausgesprochen und sogar eine 40%-Quote gefordert: "Es ist anzustreben, dass in die Leitungs- und Beratungsgremien der evangelischen Kirche Frauen und Männer in gleicher Zahl gewählt oder berufen werden. Dies gilt auch für Dienststellen sowie die Einrichtungen und Werke im Bereich der EKD. (…) Die Synode sieht einen Anteil von mindestens 40 % Frauen als Zielvorgabe an, die in zehn Jahren erreicht werden sollte." (Kampf 2011) Auch wenn die Ziele bislang noch nicht flächendeckend erreicht wurden, 20 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken bleiben sie bestehen. Ein möglichst gleiches Geschlechterverhältnis im Aufsichtsrat einer kirchlichen Bank ist demnach positiv zu bewerten. 3.4 Benchmarks Die bereits aufgeführten unterschiedlichen Kompetenzen sollen in angemessener Weise im Aufsichtsrat vertreten sein. Eine Aufsichtsratsstudie bei (zumeist konfessionellen) Gesundheitsund Sozialunternehmen der BPGUnternehmensberatung gibt Aufschluss über die jeweiligen beruflichen Hintergründe der Mandatsträger. In den Aufsichtsräten der 50 betrachteten Einrichtungen (27 Krankenhäuser und 23 Sozialeinrichtungen) ist in 75% der Gremien mindestens ein Wirtschaftswissenschaftler und 73% der Gremien mindestens ein Jurist vertreten. Ebenso findet sich in 47% der Räte mindestens ein Geistlicher. (BPG Unternehmensberatung 2014, S. 21) Ähnliche Werte lassen sich aus einer ähnlich konzipierten Studie der Unternehmensberatung Curacon ablesen, die 298 Unternehmen aus dem Sozial- und Gesundheitsbereich in den Blick genommen haben: In 85% der Gremien findet sich ökonomisch Kompetenz, in 71% fachspezifische Kompetenz (z. B. Medizin), in 68% juristische und in 62% theologische Kompetenz. (Borchers 2013, S. 36) Um einerseits genügend Kompetenzen im Aufsichtsrat zu versammeln und anderseits eine arbeitsfähige Größe mit überschaubarem Koordinierungsaufwand zu behalten, ist die richtige Anzahl an Mandatsträgern im Aufsichtsrat mit Bedacht festzulegen. Mithilfe der bereits erwähnten Studien der Unternehmensberatungen Curacon und BPG lassen sich Vergleichswerte für den (zumeist konfessionellen) Sozialund Gesundheitssektor angeben: Bei der BPG bestehen die Gremien aus durchschnittlich 8,3 Mitgliedern, bei einer Streuung von 2-20 Personen. (BPG Unternehmensberatung 2014, S. 21) Bei der Curacon zeigt sich, dass mit 53% mehr als die Hälfte der 298 betrachteten Einrichtungen eine Aufsichtsratsgröße von 6-11 Mitgliedern hat, 25% liegen unter der Spanne und 22% darüber. (Borchers 2013, S. 36) Eine Umfrage unter Aufsichtsräten in börsennotierten Unternehmen sprachen sich 58% der Befragten für eine ideale Größe von 10-15 Mitgliedern aus. (Welge und Eulerich 2011, S. 158) 2013 betrug die durchschnittliche Gremiengröße bei DAX-Unternehmen 16,8 Personen (Vorjahr 17,3) und bei MDAXUnternehmen 11,9 (Vorjahr 12,2). Die Anzahl variiert von 3-21 Mitgliedern. (Ruhwedel 2013, S. 15) Dabei ist zu beachten, dass hier meist die Kapitalseite 21 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken nur die Hälfte der Aufsichtsratsmandate übernimmt, anders als bei den nichtmitbestimmungspflichtigen Aufsichtsräten der kirchlichen Banken in Deutschland. Die Fachliteratur führt die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) als Negativbeispiel zur Struktur des Aufsichtsgremiums auf. (Hau und Thum 2008) Die KfW ist die nach Bilanzsumme drittgrößte Bank Deutschlands und firmiert als Anstalt öffentlichen Rechts. Die Aufgaben des Aufsichtsrates übernimmt in der Rechtsform ein Verwaltungsrat. Dieser umfasst bei der KfW 37 Personen, neben je 7 Mitgliedern des Bundeskabinetts und verschiedener Landeskabinette, 6 weitere Bundestagsabgeordnete, 15 Vertreter unterschiedlicher gesellschaftlicher Organisationen (z. B. Gewerkschaften) sowie 5 Repräsentanten von Bankenverbänden. Hau und Thum schreiben: „Von den 37 Aufsichtsratsmitgliedern der KfW können bestenfalls fünf Finanzmarkterfahrungen vorweisen. Fast alle Vertreter sind entweder Politiker oder Interessenvertreter öffentlicher Verbände und Gewerkschaften. Mit einer kritischen Bewertung und Kontrolle von internationalen Investitionsstrategien sind solche Vertreter angesichts der enorm gewachsenen Komplexität in den Finanzmärkten völlig überfordert. Die erstaunliche Größe des Aufsichtsrates allein legt schon nahe, dass hier sicher kein Manager mit kritischer Kontrolle seiner Investitionspolitik zu rechnen hat.“ Abgesehen davon ist die Frauenquote mit 5 % in dem Gremium deutlich geringer als das politische Ziel im Bereich „gender diversity“. Die Zusammensetzung des Gremiums ist politischen Motiven geschuldet und soll sicherstellen, dass ein bestimmter Kreis an Institutionen in die Geschäftsentscheidungen eingebunden sein darf. Die Größe des Gremiums und die fehlende Kompetenz der Mitglieder erschweren die Kontrolle und stehen dem eigentlichen Zweck der Aufsicht und einer kritischen Begleitung der Geschäftsführung diametral gegenüber. Für Kirchenbanken, denen eine wirksame Aufsicht wichtig ist, sind entsprechend solche großen und politisch besetzten Gremien nicht empfehlenswert. 22 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken 4 Prüfung der erarbeiteten Kriterien Aufbauend auf den im letzten Kapitel erläuterten Kategorien wird die Aufsicht empirisch untersucht. Sämtliche Daten sind den Geschäftsberichten 2013 der 14 untersuchten kirchlichen Banken in Deutschland und Österreich entnommen, eine Ausnahme bilden die beiden freikirchlichen Banken, die zum Untersuchungszeitraum August 2014 noch keine Jahres- bzw. Geschäftsberichte veröffentlicht haben; hier wurde auf die Daten aus dem Vorjahr zurückgegriffen. 4.1 Personenbezogene Anforderungen Um Aussagen zur potentiellen Abhängigkeit der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder zu erlangen, wurden die aktuellen Tätigkeitsfelder der insgesamt 147 verschiedenen Mandatsträger erfasst und in sechs Kategorien sortiert: Tätigkeit in der Seelsorge (z. B. Pfarrer), Wahrnehmung einer Aufgabe in der kirchlichen Verwaltung (z. B. Kirchenpräsident), Tätigkeit in einem kirchlichen Sozial- und Gesundheitsunternehmen (z. B. Geschäftsführer eines konfessionellen Krankenhauses), eine Position ein einem anderen kirchlich getragenen Wirtschaftsunternehmen (z. B. Vorstandsmitglied einer kirchlichen Versicherung), eine Berufstätigkeit in der freien (nicht kirchlichen) Wirtschaft oder eine Position im öffentlichen Dienst (z. B. an einer staatlichen Hochschule). Die ersten vier Kategorien bedeuten ein kirchliches Arbeitsverhältnis, die letzten beiden zeugen von einem nicht-kirchlichen Arbeitgeber. Die aufgeführten Schaubilder zeigen von links nach rechts zuerst die fünf großen katholischen Genossenschaftsbanken, dann die drei großen evangelischen Genossenschaftsbanken, anschließend die drei Ordensbanken, denen sich die beiden freikirchlichen Banken und die Bank für Sozialwirtschaft anschließt. Da die Steyler-Bank und die Ordensbank über keinen eigenen Aufsichtsrat verfügen, wird wie bereits erwähnt in dieser Untersuchung stattdessen der Beirat betrachtet. 23 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Abbildung 1: Anteile der Mandatsträger mit kirchlichem Arbeitgeber Auffällig ist, dass gerade bei den drei Ordensbanken und den beiden freikirchlichen Banken der Anteil an kirchlich Beschäftigen vergleichsweise gering ist, vor allem wenn man sich beim Bankhaus Schelhammer & Schattera auf die Vertreter der Kapitalseite beschränkt, so beträgt dort der Anteil an Mandatsträgern mit kirchlichem Arbeitgeber wie bei den beiden anderen ordensgetragenen Banken 50%. Die Besetzung des Aufsichtsrates folgt in vielen der großen kirchlichen Genossenschaftsbanken nach dem Prinzip, (Erz-)Bistümer und Landeskirche einzubinden. Einige Beispiele seien aufgeführt: 24 Die LIGA-Bank veröffentlicht in Ihren Geschäftsberichten bei der Auflistung der Mandatsträger direkt die Institution, die das jeweilige Mitglied vertritt. Vertreten werden zum einen die (Erz-) Diözesen Augsburg, Dresden und Meißen, Regensburg, Würzburg, München und Freising, Görlitz, Rottenburg-Stuttgart, Passau, Eichstätt, Speyer sowie Bamberg, zum anderen die Bayrische Finanzdirektorenkonferenz, die Diözesanleitungen, die Frauenorden, die Männerorden und der Deutsche Caritasverband. Zusätzlich gehört der Vorsitzende des Klerusverbandes dem Gremium an. Die Pax-Bank hat Filialen in sieben (Erz-)Diözesen. Jedes dieser Bistümer wird im Aufsichtsrat durch mindestens eine Führungskraft aus dem örtlichen Generalvikariat vertreten. KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Die DKM, deren Geschäftsbereich neben dem Bistum Münster vor allem auch den Norddeutschen Raum umfasst, wird unter anderem von den Finanzchefs der Bistümer Münster, Osnabrück, Hamburg, Hildesheim sowie des Offizialats Oldenburg beaufsichtigt. Die KD-Bank versammelt in ihrem Aufsichtsrat hohe Verantwortungsträger aus der ev. Kirche in Mitteldeutschland, der ev. Kirche von Westfalen, der ev.-luth. Landeskirche Sachsens, der Lippischen Landeskirche sowie der ev. Kirche im Rheinland. Die EDG wird zu einem hohen Anteil von Führungskräften der ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, der Nordkirche, der ev. Kirche in Oldenburg, der ev.-luth. Kirche in Norddeutschland und der ev.-luth. Landeskirche Hannovers beaufsichtigt. Im Aufsichtsrat der EKK finden sich Leitungspersonen der ev. Kirche in Hessen und Nassau, der ev. Kirche in Mitteldeutschland, der ev. Kirche in Württemberg, der ev. Kirche von Kurhessen-Waldeck, der ev.-luth. Landeskirche Hannovers und der Nordkirche. Somit ist ein Großteil der (Erz-)Bistümer und Landeskirchen über ein Aufsichtsratsmandat in einer kirchlichen Bank vertreten, das Bistum Essen und die Nordkirche, die ev. Kirche in Mitteldeutschland sowie die ev.-luth. Landeskirche Hannovers sogar in zwei Aufsichtsräten. Einigen Aufsichtsräten gehören Geschäftsführer von großen Gesundheits- und Sozialeinrichtungen an, deren Wettbewerber auch Kunden der Bank sein könnten. Dadurch könnten beispielsweise an folgenden Stellen Loyalitätskonflikte entstehen: Dr. Rainer Norden gehört dem Vorstand der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel an, einer überregional tätigen Einrichtung mit dem Schwerpunkt in der Behindertenhilfe an. Gleichzeitig beaufsichtigt er die KD-Bank. Die kreuznacher diakonie ist eine kirchliche Stiftung, die in mehreren Bundesländern schwerpunktmäßig in der Unterstützung von behinderten und pflegebedürftigen Menschen tätig ist. Ihr Vorstandsmitglied Dr. Frank Rippel gehört ebenfalls dem Aufsichtsrat der KD-Bank an. Dem Aufsichtsrat der EKK gehört mit Klaus Hekking ebenfalls ein Geschäftsführer eines eigenständigen diakonischen Unternehmens an. Die SRH Holding ist schwerpunktmäßig im Gesundheits- und Bildungsbereich tätig. 25 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Dem Aufsichtsrat der BKC in Paderborn steht mit Dr. Georg Rüter der Geschäftsführer des Franziskus-Hospitals in Bielefeld vor. Dr. Klaus Goedereis beaufsichtigt die DKM und ist Vorstandsvorsitzender der Franziskus-Stiftung in Münster, der größten Krankenhausgruppe Nordwestdeutschlands. Die Unabhängigkeit von einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern könnte dadurch eingeschränkt sein, dass Vorgesetzte mit ihnen in dem Gremium sitzen. Das Liga-Bank-Aufsichtsratsmitglied Prälat Michael Fuchs ist Generalvikar im Bistum Regensburg und damit de facto indirekter Vorgesetzter des Aufsichtsratsvorsitzenden Prälat Johann Strunz. Im Aufsichtsrat der Pax-Bank sitzen sowohl der Aachener Generalvikar Manfred von Holtum als auch sein direkter Mitarbeiter, Finanzdirektor Joachim Eich. Den Aufsichtsrat der DKM leitet der Münsteraner Generalvikar Norbert Kleyboldt. Sein direkter Mitarbeiter, Hauptabteilungsleiter Ulrich Hörsting, gehört ebenso dem Gremium an wie Propst Josef Leenders und der Finanzchef des Oldenburger Teils der Diözese, August Dasenbrock. Für beide ist der Generalvikar de facto ein indirekter Vorgesetzter. Dem Aufsichtsrat der BKC in Paderborn gehört der dortige Generalvikar Alfons Hardt an. Dem Gremium gehören auch der Finanzdirektor Dirk Wummel und der Hauptabteilungsleiter für pastorale Dienste, Prälat Thomas Dornseifer an, beides direkte Mitarbeiter des Generalvikars. Zusätzlich ist aus der Diözese Pfarrer Ralf Dunker Mitglied des Gremiums. Mit Benno Wagner findet sich im Aufsichtsrat der PAX-Bank und der DKM ein identischer Mandatsträger, sonstige personelle Verquickungen in den Organen der kirchlichen Banken gibt es nicht. Bei der Bank für Sozialwirtschaft ist die Betrachtung der Unabhängigkeit im Vergleich zu den anderen kirchlichen Banken anders zu identifizieren, da neben der (kirchlichen) Caritas und Diakonie auch andere nicht-kirchliche Wohlfahrtsverbände an ihr beteiligt sind. Ein Drittel der Mandatsträger haben einen kirchlichen Arbeitgeber, nimmt man die Mandatsträger dazu, die innerhalb eines nicht konfessionellen Wohlfahrtsverbandes beschäftigt sind, ergibt sich, dass 3 Mandatsträger (25%) als unabhängig zu betrachten sind, da sie in keinem Arbeitsverhältnis zu einem der Wohlfahrtsverbände stehen, die die Bank besitzen und aus deren Reihen die Kunden kommen. Erwähnenswert bei der Bank für Sozi- 26 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken alwirtschaft ist, dass obwohl der kirchliche Besitzanteil an der Bank deutlich über 50% liegt, nur ein Drittel der Mandatsträger einen kirchlichen Arbeitgeber haben. Das lässt unter der Prämisse, dass die kirchlichen Anteilseigner proportional zu ihren Besitzanteilen den Aufsichtsrat besetzen, darauf schließen, dass die von kirchlicher Seite entsandten Aufsichtsratsmitglieder nur zu weniger als zwei Dritteln auch einen kirchlichen Arbeitgeber haben. 4.2 Managementbezogene Anforderungen Bevor die Verteilung der unterschiedlichen Kompetenzen untersucht wird, wird in einem ersten Schritt die Größe der Aufsichtsgremien aller 14 kirchlichen Banken betrachtet. Abbildung 2: Anzahl der Mandatsträger im Aufsichtsrat Die durchschnittliche Anzahl der Mandatsträger über alle kirchlichen Banken liegt bei 10,6, werden der mitbestimmungspflichtige Aufsichtsrat des Bankhauses Schelhammer & Schattera sowie die beiden Beiräte der Ordensbank und Steyler Bank herausgenommen, steigt die durchschnittliche Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder auf 11,5. Damit ist der Aufsichtsrat dieser kirchlichen Banken im Durchschnitt um circa drei Personen größer als der aufgeführte Benchmark von konfessionellen Sozial- und Gesundheitseinrichtungen. 27 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Die Ausbildungs- und Studienhintergründe sämtlicher 147 Mandatsträger in den 14 Banken wurden recherchiert. Orientiert an den bereits analysierten notwendigen fachlichen Kompetenzen wurde ein theologisches, juristisches oder wirtschaftswissenschaftliches Studium differenziert. Gesondert erwähnt wurden Personen, die über Studienabschlüsse in zwei der Bereiche verfügen. Abbildung 3: Studienhintergründe der Mandatsträger Bis auf den Beirat der Ordensbank gibt es kein Gremium, in dem nicht mindestens ein studierter Wirtschaftswissenschaftler vertreten ist. Daneben finden sich bis auf den Aufsichtsrat der freikirchlichen SBK-Witten in jedem Gremium mindestens zwei Theologen. In den großen, genossenschaftlichen Kirchenbanken sind auf katholischer Seite Theologen und auf evangelischer Seite Juristen vergleichsweise stark vertreten: Während auf katholischer Seite (LIGA-Bank, PAX-Bank, BIB, DKB, BKC) circa fünfmal mehr Theologen als Juristen zu finden sind, beaufsichtigen mehr als doppelt so viele Juristen wie Theologen die entsprechenden evangelischen Banken (KD-Bank, EKK, EDG). 28 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Abbildung 4: Anteil Mandatsträger mit wirtschaftswissens. Studienhintergrund Wirtschaftswissenschaftliches Wissen gehört zu einer zentralen Kompetenz bei der Aufsicht über eine Bank. Auffällig ist, dass zwar 60 der insgesamt 147 Aufsichtsratsmitglieder Wirtschaftswissenschaftler sind (41%), die Vertretung diese Personengruppen aber sehr stark auch innerhalb der einzelnen Gruppen variiert. Während z. B. bei der Pax-Bank oder der DKM mehr als die Hälfte der Aufsichtsräte Wirtschaftswissenschaftler sind, beschränkt sich die wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung aller 17 Aufsichtsratsmitglieder der LIGA-Bank auf eine Person mit betriebswirtschaftlichen Studium. Studienhintergründe können Kennzeichen für eine bestimmte fachliche Kompetenz sein. Ein weiteres Kennzeichen kann das Tätigkeitsumfeld der Mandatsträger sein. Wie zuvor erwähnt, wurden die jeweiligen Tätigkeitsfelder der 147 Aufsichtsratsmitglieder sechs Kategorien zugeordnet: Tätigkeit in der Seelsorge (z. B. Pfarrer), Wahrnehmung einer Aufgabe in der kirchlichen Verwaltung, Tätigkeit in einem kirchlichen Sozial- und Gesundheitsunternehmen, eine Position ein einem anderen kirchlich getragenen Wirtschaftsunternehmen, eine Berufstätigkeit in der freien (nicht kirchlichen) Wirtschaft oder eine Position im öffentlichen Dienst. Diese sechs Kategorien wurden zu drei Bereichen zusammengefasst: Tätigkeit in der verfassten Kirche (Seelsorge oder kirchliche Verwaltung), Tätigkeit in kirchlichen Unternehmen (kirchliche Sozial-, Gesundheits- und sonstige Wirtschaftsunternehmen) sowie eine Tätigkeit außerhalb von Kirche 29 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken (freie Wirtschaft oder öffentlicher Dienst). In den drei Bereichen werden unterschiedliche Erfahrungen gesammelt: In der verfassten Kirche steht die Seelsorge und pastorale Arbeit im Vordergrund mitsamt der Frage, wie diese gestaltet und erbracht werden kann. Im kirchlichen Unternehmen steht das wirtschaftliche Handeln vor allem im Gesundheits- und Sozialbereich unter dem ethischen Anspruch der Kirchen stärker im Vordergrund, durch Erfahrungen in der freien Wirtschaft oder dem öffentlichen Dienst können Erfahrungen aus anderen Bereichen in das kirchliche Umfeld eingebracht werden. Abbildung 5: Berufsfelder der Mandatsträger Auffallend ist, dass bei den großen katholischen Genossenschaftsbanken Vertreter der kirchlichen Verwaltung und Seelsorge mit 71% deutlich stärker vertreten sind als bei den drei evangelischen Schwesterinstituten mit 51%. Dafür sind die Vertreter von kirchlichen Sozial- und Gesundheitseinrichtungen und sonstigen kirchlichen Unternehmen mit 39 % auf evangelischer Seite stärker vertreten als mit 17% auf katholischer Seite. 30 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken 4.3 Diversity Die Diversität im Aufsichtsgremium ist ein Qualitätsmerkmal für eine gute Zusammensetzung der Mitglieder. Betrachtet wird die Verteilung der unterschiedlichen Geschlechter und Facetten der Altersstruktur. Abbildung 6: Frauenquoten in den einzelnen Aufsichtsräten Die Gesamtfrauenquote in den Aufsichts- bzw. Beiräten der kirchlichen Banken beträgt 10%, keines der Gremien wird von einer Frau geleitet. Hierbei zeigen sich bei den jeweiligen Banken Unterschiede. Auffällig ist, dass gerade im Vergleich zu den anderen konfessionellen großen Genossenschaftsbanken die Frauenquote bei der Bank im Bistum Essen mit 43% (3 Frauen bei 7 Mandatsträgern insgesamt) besonders hoch ist. Dieser ist fast dreimal so hoch wie der zweithöchste Wert aus dieser Gruppe an Banken, welcher bei der Pax-Bank 15% beträgt (2 Frauen bei 13 Mandatsträgern insgesamt). Auch wenn im Allgemeinen der Anteil an weiblichen Führungskräften in der katholischen Kirche aufgrund der Geschlechterbeschränkung im Priesteramt geringer ist als in der evangelischen Kirche, zeigt sich, dass in den Aufsichtsräten der großen Genossenschaftsbanken auf katholischer Seite mit insgesamt 13% deutlich mehr Frauen vertreten sind als mit 5 % auf evangelischer Seite. 31 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Mit jeweils 25% ist der Anteil von Frauen bei den beiden freikirchlichen Banken besonders hoch. In den Aufsichts- bzw. Beiräten der drei Banken von katholischen Ordensgemeinschaften findet sich insgesamt nur eine Frau. Das führt zu einem Gesamtfrauenanteil in dieser Gruppe von 5%. Über die Altersdiversität können nach vorliegendem Datenmaterial keine empirischen Aussagen gemacht werden. Bezüglich der Internationalität ist ähnlich wie das Geschäftsfeld der kirchlichen Banken auch die Zusammensetzung der Aufsichtsratsgremien stark auf den nationalen Kontext beschränkt. Eine Ausnahme bildet die EKK, die auch ausdrücklich österreichische Kunden anspricht. In ihrem Aufsichtsrat sitzt der Präsident der Diakonie Österreichs. 32 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken 5 Fazit Es fällt auf, dass die Anzahl der Mandatsträger in vielen Aufsichtsräten vergleichsweise groß ist und im Durchschnitt die Größe vergleichbarer Gremien in kirchlichen Gesundheits- und Sozialeinrichtungen deutlich übertrifft. Hier sei angefragt, ob in Gremien mit 15 oder mehr Mitgliedern eine effektive Aufsicht und Kontrolle des Bankvorstandes geleistet werden kann. Dr. Georg Rüter, Aufsichtsratsvorsitzender der BKC in Paderborn stellt in einem studienbegleitenden Interview fest: „Für den Aufsichtsrat wäre eine Mitgliederanzahl von 5-9 ausreichend.“ In 11 der 14 untersuchten Gremien haben mehr als die Hälfte der Mitglieder einen kirchlichen Arbeitgeber. Viele von Ihnen repräsentieren eine bestimmte Institution, die auch meistens ein bedeutender Kunde der Bank ist. Der Beobachtung schließt sich auch Ulrich Seelemann an, Aufsichtsratsvorsitzender der EDG: „Im Aufsichtsrat werden bestimmte Institutionen repräsentiert, die die Kernkundengruppen aus Kirche und Diakonie widerspiegeln, da die Bank einen relativ geschlossenen Geschäftsbereich hat.“ Diese Aufsichtsratsmitglieder zeichnen sich nicht durch eine uneingeschränkte Unabhängigkeit aus. Dr. Martin Grimm, der dem Aufsichtsrat der KD-Bank vorsteht, sieht da Verbesserungspotential: „Eine höhere Anzahl an wirklich unabhängigen, d.h. interessenfreien Mitgliedern im Aufsichtsrat, wäre gut.“ In der Hälfte der untersuchten Banken kommen auch nur weniger als 20% der Aufsichtsratsmitglieder aus der freien Wirtschaft. Da die freie Wirtschaft nicht zu den Kunden gehört, könnten ihre Vertreter neben fachlicher Kompetenz auch ihre Unabhängigkeit einbringen. An insgesamt 14 unterschiedlichen Stellen in den einzelnen Aufsichtsräten ist im Einzelfall zu prüfen, wie potentielle Interessenskonflikte oder Abhängigkeiten zu bewerten sind. (vgl. Kapitel 4.1) Hier geht es um Mandate in mehr als einer kirchlichen Bank, potentielle Interessenskonflikte beim Einblick in interne Daten von Bankkunden, die in Konkurrenz zu einem Unternehmen von einem bestimmten Aufsichtsratsmitglied stehen oder ein direktes berufliches Abhängigkeitsverhältnis zweier Aufsichtsratsmitglieder. Bezogen auf die Gesamtzahl von 147 Aufsichtsratsmitgliedern ergibt sich ein Anteil von 10%, wo potentielle Interessenskonflikte oder Abhängigkeiten zum Problem werden können. 33 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Orientiert man sich am DGK, so sind wirtschaftswissenschaftliche, juristische, theologische und fachspezifische (bezogen auf die Branche der Kunden) Kompetenzen unter den Mandatsträgern notwendig. Für die Aufsicht einer Bank sind gerade die wirtschaftswissenschaftlichen Kompetenzen mit der Kenntnis von Finanz- und Bankwirtschaft zentral. Auffällig ist, dass etliche der Aufsichtsräte mit Personen besetzt sind, bei deren Betrachtung der Ausbildung und Arbeitshintergründe es nicht offensichtlich ist, dass diese über die nötige fachliche Kompetenz verfügen, eine große Bank zu beaufsichtigen. Da es zur „Kardinalpflicht“ aller Aufsichtsratsmitglieder gehört, bei allen zentralen Entscheidungen die Sachverhalte soweit zu verstehen, dass ein eigenes Urteil gebildet werden kann, ist jeweils individuell zu prüfen, ob diese Pflicht immer erfüllt werden kann. (vgl. das beschriebene Urteil des OLG Stuttgarts in Kapitel 3.1.1) Das Defizit an wirtschaftswissenschaftlicher Fachkompetenz ist bei den großen Banken nicht geringer als bei den kleinen Banken. In Abstrichen kann ein Defizit auch bei den Rechtswissenschaften beobachtet werden, deren Vertreter sich z. B. in 4 Aufsichtsräten gar nicht finden lassen. Dahingegen sind theologische und pastorale Kompetenzen anhand der Berufsund Studienhintergründe in der Breite nachweisbar: Über 80% der Gremienmitglieder haben ihre Haupttätigkeit in der kirchlichen Verwaltung oder Pastoral, mit 48 Personen verfügt ein Drittel der Mandatsträger über ein Theologiestudium. Das lässt das Kompetenzprofil der Gesamtmitgliederschaft in einzelnen Aufsichtsräten entsprechend einseitig erscheinen. Dr. Martin Grimm, Aufsichtsratsvorsitzender der KD-Bank gibt folgendes zu bedenken: „Von der Ausbildung der Aufsichtsratsmitglieder lassen sich zwar nicht zwangsläufig Schlüsse auf die fachliche Kompetenz als Aufsichtsratsmitglied einer Bank ziehen, aber grundsätzlich wären Personen mit kaufmännischem oder juristischem Hintergrund und/oder Bankerfahrung oder fachspezifischer Ausbildung wünschenswert.“ Die Ausbildungs- und Berufshintergründe auf die insgesamt 147 Aufsichtsratsmitglieder zeigen, dass bei den wenigsten die von der BaFin geforderte grundsätzliche Sachkunde angezweifelt werden könnte. Rein rechtlich bringen die Aufsichtsratsmitglieder mit der Erfüllung der BaFin-Richtlinien ausreichende Kompetenz und Erfahrung mit. Dabei ist aber anzumerken, dass der Sachkundenachweis keine hohe Hürde darstellt und kein Garant dafür ist, dass die Kompetenz zur Aufsicht einer Bank auch ausreichend ist. 34 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Während sich bis zu Anfang dieses Jahrtausends in einzelnen kirchlichen Banken noch ehrenamtliche Vorstandsmitglieder fanden, die ansonsten hauptamtlich als Seelsorger wirkten (z. B. Pfarrer Karl Holthaus bei der DKM oder Ehrendechant Peter Haanen bei der Pax-Bank), finden sich heute in den Bankvorständen keine Ehrenamtlichen mehr. Hier hat eine Professionalisierung stattgefunden. Die gesetzlich festgeschriebene stärkere Rolle der Aufsichtsräte, die in der Finanzkrise offenbar gewordenen Risiken für Banken mit der daraus folgenden komplexen Regulierung sowie die wirtschaftlichen Herausforderungen im Gesundheits- und Sozialsektor haben die fachlichen Anforderungen in den letzten Jahren deutlich erhöht. Bei der Neu- und Wiederbesetzung von Aufsichtsratsmandaten sollte verstärkt darauf geachtet werden, dass bestehende und potentielle Mitglieder zu den komplexen fachlichen Fragen bei der Führung eines zum Teil sehr großen Bankhauses fundiert Stellung beziehen können. Der Aufsichtsratsvorsitzende hat gegenüber den anderen Mandatsträgern eine herausgehobene Rolle. (Trögel 2013) In dieser Person ist es besonders wichtig, dass die nötigen Kompetenzen vorhanden sind, der Aufsichtsfunktion wirksam nachzukommen. Auffällig ist, dass die Aufsichtsräte von vier der fünf großen katholischen Genossenschaftsbanken von Priestern geleitet werden, nur dem Gremium der BKC steht ein Wirtschaftswissenschaftler vor, der erste NichtPriester, der einen Aufsichtsrat aus der Gruppe dieser Banken leitet. Auf evangelischer Seite werden die Organe von zwei Juristen und einem Wirtschaftswissenschaftler geleitet, wobei mit der KD-Bank und der EKK zwei Institute auch Aufsichtsratsvorsitzende haben, die aus der freien Wirtschaft kommen. Die Aufsichtsratsvorsitzende der beiden freikirchlichen Banken und der BfS sind alles Wirtschaftswissenschaftler, die entsprechenden Personen bei den drei ordensgetragenen Banken sind Theologen, wobei P. Gerdes von der SteylerBank zusätzlich auch Betriebswirt ist. 35 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Ein Blick auf die Besetzung des Aufsichtsratsvorsitz zeigt unterschiedliche Traditionen: Auf Seiten der katholischen Banken ist dieses gemeinhin ein Priester, auf evangelischer Seite findet sich kein Theologe. Für die EKK kann der dortige Aufsichtsratsvorsitzende Jürgen Kösters sagen: „Der Vorsitzende des Aufsichtsrates der EKK ist traditionell ein Bankfachmann.“ Aufgrund der gestiegenen Anforderungen der Bankenaufsicht und der gestiegenen Komplexität im Wirtschaftsumfeld sind in den letzten Jahren die Argumente für die Entscheidung gewachsen, eine Person mit explizit bankfachlicher Expertise mit dem Aufsichtsratsvorsitz zu betrauen. Auch wenn sich viele kirchliche Banken intensiv darum bemühen, den Anteil weiblicher Aufsichtsratsmitglieder zu steigern, sollten diese Bemühungen weiter hoch bleiben. Sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche bliebe sonst auch in Zukunft hinter Ihren selbst gesteckten Zielen weit zurück, Frauen stärker mit Führungspositionen zu betrauen. 36 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken 6 6.1 Exkurs zur Rolle von Beiräten Abgrenzung und gegenseitige Ergänzungen von Aussichts- und Beiräten Aufsichtsräte sollen eine wirksame Aufsicht sicherstellen. Wenn Aufsichtsratsmandate primär nach der Maßgabe vergeben werden, bestimmte Institutionen an die Bank zu binden und der Verbundenheit mit der Bank Ausdruck zu verleihen, so wird dieses Ziel unterminiert, da Interessenskonflikte auftreten können. Eine Alternative bieten Beiräte: Anstatt in einer Genossenschaftsbank z. B. Vertreter wichtiger Kunden durch ein Mandat im Aufsichtsrat in Entscheidungen einzubeziehen, könnte eine Mitgliedschaft in einem exklusiven Kundenbeirat den Interessensaustausch ebenfalls ermöglichen. Beiräte sind ein wichtiges Instrument für Banken, um Stakeholder einzubinden und spezielle Expertise in die Entscheidungsfindung einfließen zu lassen. Es kann sich um Kunden- oder Regionalbeiräte handeln, wo Fragestellungen diskutiert werden, die speziell für die jeweiligen Gremiumsmitglieder relevant sind. Darüber hinaus gibt es auch Beiräte, die bestimmte Grundsatzfragen thematisieren, wie z. B. ein Ethikbeirat. Es gibt keine gesetzlichen Vorschriften zur Errichtung von Beiräten, rechtliche Regularien wie es sie zu Aufsichtsräten gibt, finden sich dort entsprechend auch nicht. Beiräte können keine Aufsichtsräte ersetzen, sondern sie höchstens unterstützen. Die rechtlich vorgeschriebene Aufgabe der Aufsicht und Kontrolle über die Geschäftsführung mitsamt den entsprechenden Entscheidungsbefugnissen obliegt ausschließlich dem Aufsichtsrat. Vogelbusch sieht besonders im Non-Profit-Sektor die Notwendigkeit, den Anforderungen der Aufsichtsratsprofessionalisierung durch eine entsprechende strukturelle Veränderung Rechnung zu tragen: (Vogelbusch 2013, S. 133) Es sei erforderlich, dass die Aufsichtsgremien fachkundiger in Bezug auf rechtliche und wirtschaftliche Fragestellungen besetzt werden, gleichzeitig müsse die Arbeitsweise hinsichtlich Sitzungsturnus, -vorbereitung und Stringenz deutlich profiliert werden. Grundsätzlich sieht er zwei Modelle, die auch für die Ansprüche an die Aufsicht kirchlicher Banken denkbar wären: Modell 1 sieht einen Aufsichtsrat vor, der einen professionell besetzten Finanzausschuss hat, der für die Vorbereitung der ökonomischen Entscheidungen sowie der Personalauswahl und Führung verantwortlich ist. Die restlichen Mit- 37 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken glieder des Aufsichtsrates sehen ihre Aufgabe vorrangig in der „Vernetzung mit der Zivilgesellschaft“ und in der „Pflege der normativen und fachlichen Grundlagen“. Obwohl die zentralen wirtschaftlichen Fragen im Finanzausschuss behandelt werden, müssten sich aber alle Aufsichtsratsmitglieder dazu eine eigene Position gebildet haben und wären im etwaigen Schadensfall auch haftbar zu machen. Als Alternative sieht Modell 2 einen deutlich kleineren Aufsichtsrat vor, der für die Erfüllung der rechtlichen und wirtschaftlichen Aufgaben verantwortlich ist. Daneben wird für die „Entwicklung und laufende Begleitung des Vorstands und Aufsichtsrats hinsichtlich der normativen und fachlichen Grundlagen“ ein Beirat eingerichtet. Vogelbusch spricht sich abschließend für das Modell 2 aus, das er als konsequente Weiterentwicklung der Aufsichtsratspraxis in dem Bereich ansieht. 6.2 Beobachtung Ein Teil der kirchlichen Banken führt einen oder mehrere Beiräte als zusätzliches Organ auf. Hier gibt es aber große Unterschiede zur Anzahl und Größe der Gremien innerhalb der kirchlichen Bankenlandschaft (Stand August 2014): Abbildung 7: Struktur an Beiräten in den kirchlichen Banken 38 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Wie erwähnt haben die Steyler-Bank und die Ordensbank keinen eigenen Aufsichtsrat. Bei der Steyler-Bank übernimmt der Beirat viele Aufgaben des Aufsichtsrats, bei der Ordensbank arbeitet der Beirat eng mit dem Aufsichtsrat der vr-bank Untertaunus zusammen, zu der die Ordensbank rechtlich gehört. Der Beirat der Ordensbank sieht seinen Auftrag laut seiner Geschäftsordnung darin, die Bank „in christlichen und ethischen Fragen“ zu unterstützen. Die Pax-Bank und die EKK verfügen über mehrere Regionalbeiräte. Insgesamt finden sich bei der Pax-Bank in den acht Regionalbeiräten (Aachen, Berlin, Erfurt, Essen, Köln, Mainz, Trier, Auslandskunden) 95 Mitglieder. Dazu kommt noch ein Ethik-Beirat mit 4 Mitgliedern. Die EKK hat in den vier Regionalbeiräten (Nord, Mitte, Süd, Österreich) insgesamt 57 Beiratsmitglieder. Auffällig ist somit, dass die großen katholischen Genossenschaftsbanken mit Ausnahme der Pax-Bank über keine Beiräte verfügen, die evangelischen Schwesterbanken allesamt Beiräte haben. Des Weiteren hat die Bank für Sozialwirtschaft einen 34-köpfigen Zentralbeirat, die EDG einen Beirat mit 28 Mitgliedern, die KD-Bank ernannte 41 Personen zu Beiratsmitgliedern und das Bankhaus Schelhammer & Schattera hat einen Beirat mit 20 Mitgliedern, zusätzlich zu einem Konzern-Ethikbeirat mit 10 Personen. Einen ethisch-orientierten Beirat hat mit dem achtköpfigen Ethik-Anlagerat auch die Steyler-Bank. Die BKC in Paderborn besitzt einen Nachhaltigkeitsrat, der fallweise zu konkreten Fragestellungen zusammenkommt und zu dessen Sitzungen auch der Aufsichtsrat eingeladen wird. Alle anderen Banken haben keine Beiräte. 39 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken 6.3 Folgerung Wenn auf die anfangs skizzierte Idee von Vogelbusch zurückgegriffen werden soll, die Aufsichtsräte zugunsten von Beiräten zu verkleinern, so muss darauf geachtet werden, dass diese Beiräte nicht zu groß werden und ihnen eine gewisse Exklusivität und Entscheidungseinbindung bleibt, um eine gewisse Nähe zur Unternehmensleitung sicherzustellen. Zum Vergleich: Die Deutsche Bank hat alleine in Deutschland ca. 500 Beiratsmitglieder. (Deutsche Bank AG) Eine Mitgliedschaft hier wird gewiss anders wahrgenommen als ein Aufsichtsratsmandat. Den Beiräten müssen satzungsgemäß bestimmte Rechte zugesprochen werden, Sitzungen müssen oft und regelmäßig stattfinden, so dass sie auch eine Rolle als ein wichtiges Organ spielen können. Eine gleichzeitige Existenz von „Kundenbeiräten“ und „Ethikbeiräten“, wie es aktuell schon vereinzelt zu beobachten ist, kann zudem eine gute Möglichkeit sein, eine Arbeitsteilung der Organe zu befördern, die grundsätzlich auch Dr. Martin Grimm, Aufsichtsratsvorsitzender der KD-Bank, anregt: „Die ideale Größe für einen derartigen Aufsichtsrat im engeren Sinne läge m.E. bei 9-12 Personen, daneben könnte es einen (kirchenpolitischen) Beirat und einen kundenorientierten Beirat geben.“ 40 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken 7 7.1 Ergebnis Grundsätzliche Gedanken „Ich bin erfreut zu sehen, dass die deutschen Katholiken alle Möglichkeiten nutzen, um die Not in der Welt zu lindern.“ (Darlehnskasse Münster 2011, S. 5) So äußerte sich 1968 Papst Paul VI. bei einer Audienz über die Darlehnskasse Münster und die anderen katholischen Banken in Deutschland. Die kirchlichen Banken haben eine wichtige Bedeutung für den kirchlichen Sozial- und Gesundheitssektor und die Seelsorge, mit ihrer Branchenkompetenz und ihren auf die Bedürfnisse zurechtgeschnittenen Dienstleistungen sind sie wichtige Unterstützer der deutschen Kirchen. Das Wirken der Banken ist nicht nur von zentraler Bedeutung, sondern – wie alle Finanzierungsfragen – grundsätzlich mit Risiken verbunden, die enorme Auswirkungen haben können. Das stetige Wachstum des kirchlichen Bankensektors kommt dazu; Ende 2013 fanden sich 8 kirchliche Banken unter den 30 größten Volks- und Raiffeisenbanken in Deutschland. (Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken) Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass sämtliche Kirchenbanken einen hohen Wert auf Professionalität legen. Bei der Professionalisierung sind auch die Aufsichtsräte zu erwähnen, deren Wirken in den letzten Jahren als immer wichtiger wahrgenommen wird. Die Analyse der aktuellen Aufsichtsstrukturen zeigt, dass Verbesserungspotentiale erkennbar sind, wenn man an den Ansprüche Maß nimmt, die einerseits an die Aufsicht über kirchliche Institutionen und andererseits an Bankinstitute gestellt werden. Hier sind nicht nur die rechtlichen Anforderungen im Blick, sondern auch darüber hinaus Empfehlungen, die in einer wirksamen Aufsicht einen Schlüssel zum nachhaltigen Unternehmenserfolg sehen. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass durch die praktische Umsetzung eines fokussierten Verständnisses einer professionellen Aufsicht deren Wirksamkeit deutlich erhöht werden könnte. Dieses Fazit gilt selbstverständlich für einige Banken mehr als für andere. Hemel merkt grundsätzlich mit Blick auf die kirchliche Leitungsstruktur an, dass es „geradezu ein Paradox der Kirchengeschichte [ist], dass nun sozusagen ,von außen‘ Compliance und Good Corporate Governance von der Kirche eingefor- 41 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken dert werden müssen.“ (Hemel 2013 S. I) Mit Blick auf die Aufsichtsstruktur über kirchlichen Banken kann diesem nicht grundsätzlich widersprochen werden. Die beobachteten Hauptkritikpunkte sind, dass die Gremien oftmals zu groß sind, zu wenig Gremienvertreter unabhängig sind und die fachliche Kompetenz in den Gremien - soweit das ein Blick von außen auf Ausbildung und Berufserfahrung erlaubt - nicht in allen Fällen ausreicht, wirksam Aufsicht zu betreiben und mitzuentscheiden. Aufsichtsräte werden zuweilen eher nach Gesichtspunkten zusammengesetzt, die bei Kundenbeiräten angelegt werden sollten. Der Vernetzungsgedanke und die Kundenbildung sollten in Zukunft gegenüber der fachlichen Kompetenz und der Unabhängigkeit stärker in den Hintergrund treten. Über Beiräte könnten sich dann Alternativen ergeben, Kundenvertreter einzubinden. Selbstverständlich können nur Genossenschaftsmitglieder den Aufsichtsräten angehören; wenn diese aber in einzelnen Banken in zu hohem Maße zentrale Großkunden repräsentieren, ergeben sich wie bereits geschildert Schwierigkeiten in der Corporate Governance. 7.2 Auswertung nach Bankengruppen 7.2.1 7.2.1.1 Große genossenschaftliche Kirchenbanken Katholische Kirchenbanken Innerhalb der fünf Banken dieser Kategorie ist die Zusammensetzung des Aufsichtsrates der Bank im Bistum Essen positiv hervorzuheben. Der Aufsichtsrat ist mit 7 Personen relativ klein, was einen fokussierten Dialog mit dem Bankvorstand erlaubt. Immerhin drei der Mandatsträger haben keinen kirchlichen Arbeitgeber, sondern sind Führungspersonen aus der freien Wirtschaft. Das verspricht ein hohes Maß an Unabhängigkeit, ein wichtiges Kriterium für die Arbeit in einem Aufsichtsrat. Positiv an den Aufsichtsräten der Pax-Bank und der DKM ist der hohe Anteil an studierten Wirtschaftswissenschaftlern (60% bzw. 62%), die entsprechende Fachexpertise mitbringen können. Als einziger Aufsichtsrat in dieser Gruppe an Banken wird das Gremium der BKC in Paderborn auch von einem Wirtschaftswissenschaftler und nicht von einem Theologen geführt. Um das Veränderungspotential zu verdeutlichen, welches in der Aufsicht liegen kann, sei die Liga-Bank als Beispiel herangezogen, immerhin die größte Genossenschaftsbank Bayerns: Unter den 17 Mandatsträgern findet sich neben 15 42 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Theologen nur ein Wirtschaftswissenschaftler. In solch einem großen Gremien und unter der Annahme, dass aus der Art der Ausbildung Schlüsse auf die fachliche Kompetenz der Gremienmitglieder gezogen werden kann, ist ein intensiver inhaltlicher Dialog mit dem Bankvorstand, in dem gemeinsam unter Einbeziehung aller Strategien überlegt und Risiken abgeschätzt werden, nur begrenzt möglich. Alle 17 Mitglieder sind einer bestimmten kirchlichen Institution oder Vereinigung zuzuordnen, die sie repräsentieren und deren Interessen sie folglich auch vertreten mögen; die allgemein geforderte „angemessene“ Anzahl an Unabhängigen kann nach aktueller Informationslage nicht gefunden werden. Besonders der Anteil an Unabhängigen ist bei den Banken auch ein Kritikpunkt: Bis auf das Gremium der BIB haben jeweils 80% oder mehr der Aufsichtsratsmitglieder einen kirchlichen Arbeitgeber. Gerade bei der Pax-Bank und der DKM finden sich Repräsentanten verschiedener Diözesen, die gleichzeitig Großkunden sind und entsprechen Partikularinteressen verfolgen könnten. Diese beiden Banken haben mit 15 bzw. 13 Mandatsträgern auch eine Größe, die für eine effektive Zusammenarbeit nicht förderlich ist. Außer der Pax-Bank, die in regional gegliederten Beiräten insgesamt 95 Personen führt, hat keine andere Bank einen Beirat. Wenn ein Aufsichtsrat zukünftig stärker sowohl nach den Kriterien Unabhängigkeit als auch finanzwirtschaftliche Fachkompetenz besetzt werden soll, könnte ein neu eingerichteter Beirat mit klaren Befugnissen eine Option sein, Kunden weiterhin an die Bank zu binden. Beim Anteil an weiblichen Gremienmitgliedern ist die BIB mit 43 % wieder eine Ausnahme, alle anderen Banken haben Anteile zwischen 6% und 13%. Vor dem Hintergrund der Bestrebungen der Deutschen Bischofskonferenz, den Anteil an Frauen in Führungs- und Aufsichtspositionen zu steigern, ergeben sich hier Aufgaben für die Zukunft. Nach verfügbaren Informationen kann keine Aussage über die Altersstruktur der Aufsichtsratsgremien gemacht werden. Auffällig ist, dass vier der fünf großen katholischen Genossenschaftsbanken von Personen geleitet werden, die ihr 70. Lebensjahr bereits überschritten haben: Dompropst Dr. Norbert Feldhoff bei der Pax-Bank, Dekan Johann Strunz bei der LIGA-Bank, Generalvikar Norbert Kleyboldt bei der DKM und Pater Dietmar Weber bei der Bank im Bistum Essen. Bis auf den Beiratsvorsitzenden der Ordensbank sind alle anderen Gremienvorsitzende der kirchlichen Banken deutlich jünger. In Anbetracht der Altersgrenzen wird es in diesen Gremien in den nächsten Jahren zu einem Generationenwechsel kommen. 43 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken In den letzten Jahren wurden mit Verweis auf den demographischen Wandel bei manchen Instituten die Altersgrenzen erhöht, bei der Pax-Bank sogar 2010 und wieder 2013 von 70 Jahren auf 73 Jahre und dann auf 75 Jahre (vgl. die Niederschriften der ordentlichen Generalversammlungen am 21.6.10 und 26.6.13). Grundsätzlich sei die Notwendigkeit dieser Erhöhungen anzufragen. 7.2.1.2 Evangelische Kirchenbanken In diese Kategorie fallen mit der EKK, der EDG und der KD-Bank drei Banken. Die Analyse bezieht sich auf Daten, die auf die Zeit vor der Fusion der EKK und der EDG zur Evangelischen Bank im Sommer 2014 erhoben wurden. Entsprechend dienen die Ergebnisse nicht der Weiterentwicklung der Aufsichtsarbeit an der EKK und EDG, sondern können für die Etablierung der Aufsichtsstrukturen der Evangelischen Bank genutzt werden. Bedenkt man die Gremientradition in der evangelischen Kirche, verwundert es nicht, dass die drei Aufsichtsräte mit 12 (EDG), 13 (EKK) und 16 (KD-Bank) Mitgliedern recht groß sind. Eher verwundert es, dass der Frauenanteil jeweils unter 10% liegt, bei der EDG sogar bei 0 %, da das Thema Geschlechtergerechtigkeit in den evangelischen Kirchen schon viel länger und intensiver diskutiert wird als im katholischen Bereich. Anders als bei den katholischen Schwesterbanken finden sich mit jeweils nur zwei Theologen weniger Personen dieser Profession in den drei Aufsichtsräten, keines der Gremien wird von einem Theologen geleitet. Der Anteil der Wirtschaftswissenschaftler variiert mit 17% (EDG), 31% (EKK) und 56% (KD-Bank) zwar stark und sollte grundsätzlich erhöht werden; die unterschiedlich hohe Quote an Mandatsträger mit einer juristischen Ausbildung stellt aber zumindest sicher, dass jeweils mindestens zwei Drittel der Personen über eine wirtschaftswissenschaftliche oder juristische Ausbildung verfügen. Beide Disziplinen spielen für die Aufsicht einer Bank eine herausgehobene Rolle. Auffällig ist auf evangelischer Seite, dass deutlich mehr Vertreter aus dem kirchlichen Sozial- und Gesundheitssektor anzutreffen sind als im katholischen Bereich, wo ihr Anteil nie mehr als 23% betrug. Demgegenüber finden sich bei allen drei evangelischen Banken zu 38-42% Vertreter aus diesem Sektor in den Aufsichtsräten. Somit wird eine hohe Branchenkompetenz im diakonischen Sektor sichergestellt, der sich mit seinen strukturellen Veränderungen und wirtschaftlichen Herausforderungen als anspruchsvolle Branche zeigt. 44 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Problematisch ist der geringe Anteil an Unabhängigen in den Aufsichtsgremien, also Personen ohne ein kirchliches Arbeitsverhältnis. Ihr Anteil liegt nie höher als 20%, bei der EDG sogar bei 0%. Immerhin wird bei der KD-Bank und der EKK das Gremium von einem Unabhängigen geleitet. In den drei Aufsichtsräten sind jeweils Führungskräfte aus mindestens fünf unterschiedlichen Landeskirchen vertreten, die auch im Einzugsgebiet der Bank liegen. Trotz der relativ hohen Anzahl an Mandatsträgern in den Aufsichtsräten verfügen alle drei Banken auch über große Beiräte mit insgesamt 28 (EDG), 41 (KDBank) und 57 (EKK) Mitgliedern. Sollte eine Professionalisierung der Aufsichtsratsstrukturen dazu führen, dass diese verkleinert und nach anderen Kriterien besetzt werden, so ist darüber nachzudenken, wie die Beiräte im Nachgang auch neu konzipiert werden können. 7.2.2 Katholische Ordensbanken Die drei untersuchten Ordensbanken haben Aufsichtsstrukturen mit rechtlich sehr unterschiedliche Hintergründen: Die österreichische Schelhammer & Schattera AG hat drei Arbeitnehmervertreter in ihrem Aufsichtsrat, die Ordensbank der Franziskaner firmiert als unselbstständiges Institut unter dem Dach der vr-bank Idstein und führt keinen eigenen Aufsichtsrat, sondern lediglich einen ergänzenden Beirat. Die Steyler-Bank hat keinen Aufsichtsrat, sondern nur einen Beirat, der dessen Aufgaben zum Großteil übernimmt. Die recht unterschiedlichen Gremien sind allesamt sehr klein mit jeweils 4-9 Mitgliedern, der Anteil der Wirtschaftswissenschaftler variiert zwischen 0-50%. Auffällig ist, dass der Anteil an Unabhängigen deutlich höher ist als bei den anderen Banken: Bei der Ordensbank und Steyler-Bank je 50%, beim Bankhaus Schelhammer & Schattera 33% (entsprechend 50% der Kapitalvertreter). Durch die Tatsache, dass Männerorden die drei Banken mehrheitlich tragen, lässt sich vielleicht erklären, dass in den drei Gremien insgesamt nur eine Frau vertreten ist: Die Aufsichtsratsvorsitzende der vr-bank in Idstein ist geborenes Mitglied im Beirat der Ordensbank. Alle drei Banken werben Bankkunden mit dem Angebot von ethisch zertifizierten Geldanlagen. Entsprechend haben das Bankhaus Schelhammer & Schattera und die Steyler-Bank eigene Ethik-Beiräte. Daneben hat der Beirat der Ordensbank satzungsgemäß seine zentralen Aufgaben auch in einer ethischen Aufsicht der Bank. 45 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken 7.2.3 Freikirchliche Banken Die beiden freikirchlichen Banken verfügen jeweils über eine lange Tradition der Selbstständigkeit und gehören bei der Betrachtung der Bilanzsumme zu den kleineren Kirchenbanken. Während die 8 großen konfessionellen Genossenschaften zu den 30 größten der 1076 Volks- und Raiffeisenbanken in Deutschland gehören, rangiert die SKB Bad Homburg auf Platz 787 und die SKB Witten auf Platz 897. (Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken) Nach den hier untersuchten Kriterien bietet die Aufstellung ihrer Aufsichtsgremien aber verglichen mit den anderen Banken mit die besten Voraussetzungen für eine wirksame Aufsicht. Die Gremien sind mit 4 (SKB-Witten) bzw. 8 (SKB-Bad-H.) relativ klein und zu 100% bzw. 75% mit Unabhängigen besetzt, die über kein kirchliches Arbeitsverhältnis verfügen. Der Anteil an Wirtschaftswissenschaftlern ist mit 75% bzw. 63% hoch, geleitet werden die Gremien auch jeweils von unabhängigen Wirtschaftswissenschaftlern. Abgesehen von der Bank im Bistum Essen ist der Anteil von Frauen in den Aufsichtsgremien mit jeweils 25% der höchste unter den kirchlichen Banken. 7.2.4 Ökumenische Bank im Wohlfahrtssektor Die Bank für Sozialwirtschaft AG ist nach Bilanzsumme mit Abstand die größte der 14 untersuchten Banken, nur die im Sommer 2014 durch eine Fusion der EKK und EDG entstandene Evangelische Bank ist etwas größer. Der Aufsichtsrat besteht aus 12 Mitgliedern, die von den unterschiedlichen Wohlfahrtsverbänden entsandt werden, die Besitzer der Bank sind. 9 Mitglieder haben ein Arbeitsverhältnis in einem der Wohlfahrtsverbände, vier davon bei Caritas oder Diakonie. Drei Mitglieder (zwei Wirtschaftsprüfer und ein Banker) sind entsprechend als unabhängig zu betrachten, einer von denen leitet den Aufsichtsrat. Das Gremium besteht zu 75% aus studierten Wirtschaftswissenschaftlern. Die anderen großen kirchlichen Banken firmieren alle als Genossenschaftsbanken, während die Bank für Sozialwissenschaft eine AG mit unterschiedlich großen Anteilseignern ist. Die Eignerstruktur spiegelt sich nicht eins zu eins im Aufsichtsrat wider, anderenfalls gäbe es keine unabhängigen Vertreter. Da nur vier Vertreter direkt der Caritas und Diakonie zuzuordnen sind, obwohl die beiden kirchlichen Wohlfahrtsverbände zusammen eine deutliche Aktienmehrheit haben, ist zu folgern, dass sich besonders die kirchlichen Institutionen für unabhängige Aufsichtsratsmitglieder stark machen. 46 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken 7.3 Exkurs zur Vergütung und Haftung der Aufsichtsratsmitglieder Die Aufsichtsratsmitglieder von kirchlichen Organisationen und Einrichtungen erfüllen ihr Mandat zumeist ehrenamtlich (AH 182 3.3, DGK 2.4.5), während die Mandatsübernahme im privatwirtschaftlichen Bankensektor gewöhnlich vergütet wird. (Ruhwedel 2013, S. 33) Anzumerken ist, dass die Vergütung der Aufsichtsräte von Genossenschaftsbanken nicht abhängig vom Geschäftsergebnis erfolgen darf. (GenG §36 2) Mit dem Wachstum der kirchlichen Banken in den letzten Jahren und der steigenden Verantwortung der Aufsichtsratsmitglieder mit entsprechenden Haftungsrisiken wuchs die Bedeutung der Frage, ob und wie die Dienste der Aufsichtsratsmitglieder vergütet werden können. Während manche Banken ein festes Sitzungsgeld bezahlen und Fahrtkosten erstatten, sind anderen Banken dazu übergegangen, einen bestimmten Satz für die gesamten Kosten zur Verfügung zu stellen, die mit der Aufsichtsratstätigkeit verbunden sind. Die Bank im Bistum Essen verfügt in ihrer Satzung vom 13.6.2013 darüber, dass für die Vergütung und Pauschalerstattung von Auslagen für den gesamten Aufsichtsrat maximal 0,2% des haftenden Eigenkapitals nach dem zuletzt festgestellten Jahresabschlusses verwendet werden dürfen. Andere Banken setzen einen Anteil der Bilanzsumme fest, bei der BKC in Paderborn liegt dieser seit der Mitgliederversammlung 2012 bei 0,05‰ (TOP 9 im Protokoll), wovon aber nur ein Teil wirklich abgerufen wird. Zum Beispiel erhält der Aufsichtsratsvorsitzende neben einem Sitzungsgeld von jeweils € 400 einen jährlichen Pauschalbetrag von € 4.000. Wieder andere Banken verzichten ganz auf ein Sitzungsgeld und vergüten die Aufsichtsratsmitglieder mit einem Jahresfixbetrag: Der Aufsichtsratsvorsitzende der Bank für Sozialwirtschaft erhält z. B. jährlich € 30.000, einfache Mitglieder € 15.000, wobei die Zugehörigkeit zu bestimmten Ausschüssen zusätzlich vergütet wird. (TOP 6 der ordentlichen Hauptversammlung vom 3.6.2014) Die beispielhaft erwähnten Vergütungssummen der verschiedenen Banken bewegen sich trotz des allgemeinen Anstiegs in den letzten Jahren deutlich unter dem Vergütungsniveau vergleichbar großer privater Banken. 47 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Eine verantwortungsvolle Aufsicht über eine der untersuchten Bank – gerade bei Bilanzsummen im Milliardenbereich – erfordert einen erheblichen zeitlichen Aufwand, profunde Fachkenntnisse und ein professionelles Engagement. In den letzten Jahren sind mehr und mehr Institute dazu übergegangen, die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder zu erhöhen. Bei der Größe der Institute, den eigenen Haftungsrisiken der Mitglieder und dem nötigen Know-how ist diese Investition sicher ein wichtiges Signal, um unabhängige und fachkundige Personen zur Mandatsübernahme zu bewegen. Gerade wenn verstärkt Personen für die Übernahme eines Aufsichtsratsamtes angesprochen werden sollen, die keine berufliche Verbindung zur Kirche oder der konfessionellen Sozialwirtschaft haben, würde dieses schnell ein sehr zeitaufwändiges und anspruchsvolles Ehrenamt. Sollte sich die Vergütung auf eine eher symbolische Aufwandsentschädigung beschränken, wächst die potentielle Gefahr, dass der Dienst nicht mit dem nachdrücklichen Eifer geleistet werden würde, der unter anderen Bedingungen an den Tag gelegt werden könnte. Die Neufassung des Gesetzes zur Stärkung des Ehrenamtes von 2013 legt in § 31a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) fest, dass Organmitglieder die mit nicht mehr als € 720 pro Jahr vergütet werden nur dann für einen bei der Wahrnehmung ihrer Pflichten verursachten Schaden haften, falls Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit vorliegt. Die Beweislast liegt bei der jeweiligen Institution, die die Person in Dienst genommen hat. Für Aufsichtsratsmitglieder, die höher vergütet werden, gilt diese Regelung nicht. 48 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken 8 Handlungskonsequenzen bei anstehenden Neubesetzungen Aus den Beobachtungen und Analysen ergeben sich primär Handlungskonsequenzen für die Genossenschaftsmitglieder und Anteilseigner der Banken. Ihnen gehört die Bank und ihnen obliegt es, den Aufsichtsrat zu besetzen. Aus den Ergebnissen dieser Studie können sechs Prüffragen bei der Neubesetzung von Aufsichtsratsmandaten formuliert werden: 8.1 Ist eine Wiederbesetzung des Mandates notwendig? Im Vergleich zu vergleichbaren kirchlichen Wirtschaftsunternehmen haben einige kirchliche Banken einen relativ großen Aufsichtsrat. Die Nichtwiederbesetzung von freiwerdenden Mandaten mit einer Verringerung der Anzahl an Mandatsträgern könnte ein effektives Arbeiten und eine wirksamere Aufsicht des Bankvorstandes besser ermöglichen. 8.2 Welche Kompetenzen werden im Aufsichtsrat benötigt? Bei der Besetzung eines Mandates sollte das vorrangige Auswahlkriterium darin liegen, den Bedarf an fehlenden Kompetenzen im Aufsichtsrat zu erfüllen. Dabei sollten die für eine wirksame Aufsichtsarbeit notwendigen Kompetenzen identifiziert werden. Die erwähnte Klassifizierung des DGK, nach dem Kompetenzen in fachspezifischen, ökonomischen, juristischen und theologischen Bereichen notwendig sind, kann hier leitend sein. Zu beachten ist, dass aufgrund des Anspruchs des Gesetzgebers, dass alle Aufsichtsratsmitglieder sich zu allen zentralen Geschäftsvorgängen ein eigenes Urteil bilden müssen und die wirtschaftliche Entwicklung der Bank mit dem Vorstand zusammen bestimmen, bankfachliche Kenntnisse und Erfahrungen eine besondere Rolle spielen. Wichtig ist die für das jeweilige Institut individuell richtige Ausgewogenheit der Kompetenzen. Diese grundsätzlichen Anforderungen müssen den Kompetenzen gegenübergestellt werden, die bereits im Aufsichtsrat vorgehalten werden. Aus den fehlenden Kompetenzen ergibt sich dann das Anforderungsprofil eines möglichen Kandidaten für die Übernahme eines Mandates. 49 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Sekundär bei der Bestellung eines neuen Mandatsträgers sollte die Frage sein, welche Institution oder Organisation in der Genossenschaft durch diese bestimmte Person repräsentiert wird. Solche proporzpolitischen Überlegungen sind verständlich, für die Qualität des Aufsichtsrates aber nicht unbedingt förderlich. Fragen, wie stark die Caritas bzw. die Diakonie in den Gremien gegenüber der pastoralen Kirche bzw. Kirchenverwaltung vertreten ist, beantworten sich durch die notwendigen Kompetenzen: Ist es aufgrund der Kundenstruktur der Bank im Aufsichtsrat erforderlich, z. B. mehr Wissen und Erfahrungen aus der Sozialund Gesundheitsbranche vorzuhalten, so sollte die Wahl auf einen Experten aus dem Feld fallen. Fehlen nötige Kompetenzen zur Begleitung von pastoralen Institutionen, so fiele die Wahl anders aus. Als grober Orientierungswert sollte bei den Banken, die ihre Kunden zu bedeutenden Anteilen sowohl im pastoralen als auch diakonisch/caritativen Sektor haben, der Aufsichtsrat zu jeweils ca. einem Drittel aus Mitgliedern bestehen, die über ausgewiesene Kompetenzen und Erfahrungen in den Bereichen verfügen. 8.3 Ist die Anzahl der unabhängigen Mandatsträger angemessen? Die angemessene Anzahl an unabhängigen Mandatsträger ist ein wichtiges Qualitätskriterium für eine wirksame Aufsicht und wird sowohl vom DCGK als auch von der BaFin und der europäischen Bankenaufsicht in ihrer Bedeutung unterstrichen. Großkunden, die auch Mandatsträger sind, können bei Aufsichtsratsentscheidungen in einen Interessenskonflikt geraten. Das gilt ebenso für Personen, die auch Unternehmen in direkter Konkurrenz beaufsichtigen oder für ihre eigentliche Berufstätigkeit vertrauliche Informationen aus dem Aufsichtsrat nutzen könnten. Gerade in der Rechtsform einer Genossenschaft ist es unumgänglich, dass Aufsichtsratsmitglieder als Genossen auch Kunden der Bank sind. Auch daher liegt die Anforderung nicht in der ausschließlichen Besetzung des Gremiums mit Unabhängigen, sondern in einer angemessenen Zahl. Wie hoch der Anteil ist, muss jedes Institut mit Blick auf das eigene Geschäftsfeld und die eventuell auch nur leichten Abhängigkeiten der bestehenden Mandatsträger individuell beantworten. In der Tendenz ist der Anteil an Unabhängigen aktuell gerade bei 50 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken größeren kirchlichen Banken zu gering. Grundsätzlich kann als erste Orientierung gelten, dass mindestens ein Drittel der Mandatsträger in dem Sinne unabhängig sind, dass sie über keinen kirchlichen Arbeitgeber verfügen. 8.4 Hat ein Kandidat die nötigen zeitlichen Ressourcen für die Aufsichtsarbeit? Die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied ist eine verantwortungsvolle und vor allem auch zeitaufwändige Tätigkeit. Sie beschränkt sich keineswegs auf einen Sitzungsnachmittag pro Quartal, sondern umfasst das Studium von Sitzungsvorlagen, die Arbeit in den Ausschüssen und regelmäßige Fortbildungen. Auch fünfstellige Vergütungen pro Jahr resultieren in nicht horrenden Stundensätzen, wenn die Aufsicht gewissenhaft und gründlich durchgeführt wird. Bei der Suche nach einem möglichen Kandidaten für die Mandatsübernahme ist zu beachten, welche Zeit die Person für das Mandat aufwenden könnte. Es gibt gesetzliche Vorschriften für die Maximalanzahl an Aufsichtsratsmandaten, die angenommen werden dürfen, dazu kommt die Frage, wie stark die Person aktuell schon beruflich eingebunden ist und welcher zeitliche Spielraum übrig bleibt. 8.5 Wie sieht die Geschlechter- und Altersverteilung im Gremium aus? Es ist den jeweiligen Banken zwar grundsätzlich individuell überlassen, welche Bedeutung sie einer möglichst ausgeglichenen Geschlechterverteilung im Aufsichtsrat zukommen lassen und ob sie eventuell mit Rücksicht darauf auch ein geringeres Maß an inhaltlicher Kompetenzen in Kauf nehmen würden. Festzuhalten ist aber, dass sowohl in der katholischen als auch evangelischen Kirche ein deutlicher Wille vorhanden ist, mehr Frauen mit Führungspositionen zu betrauen und entsprechend die kirchlichen Organisationen auch angehalten werden, ihre Personalpolitik daran auszurichten. Die Forderung nach einer Altersdiversität hat ihren Grund nicht in der Sorge um Alters- oder Jugenddiskriminierung, sondern darin, dass sich eine angemessene Ausgewogenheit im Alter der Aufsichtsratsmitglieder positiv auf die Qualität der Arbeit auswirkt. Die Forderung des DGK, die Altersgrenze für Aufsichtsräte auf 65 Jahre zu beschränken, mag manche Genossen zu sehr in der Auswahl von erfahrenen Kandidaten einschränken, kann aber als Erinnerung dienen, dass es für die 51 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Arbeit eines Aufsichtsratsmitglieds im Allgemeinen positiv gesehen wird, wenn es noch im aktiven Berufsleben steht. 8.6 Wie effizient arbeitet der aktuelle Aufsichtsrat? Der Aufsichtsrat steht in der Pflicht der Mitglieder. Diese vertrauen darauf, dass das Gremium seinen Aufgaben mit dem nötigen Einsatz nachkommt. Aus diesem Grund liegt es auch in ihrem Interesse, sich über dessen Arbeit in regelmäßigen Abständen ein Bild zu machen. Die Effektivität der Aufsicht kann von außen schwer gemessen werden. Möglich ist es aber, sich über die Effizienz der Aufsichtstätigkeit ein Urteil zu bilden. Der Gesetzgeber verlangt zum Beispiel mit der Neufassung des § 25d KWG, dass sich der Aufsichtsrat einer jährlichen Effizienzprüfung unterzieht und die Geschäftsführung bewertet. Auch wenn die Ergebnisse der Untersuchung eher der Selbstvergewisserung dienen anstatt der Berichterstattung gegenüber den Anteilseignern und Genossen, so lassen sich abseits dessen bestimmte Kennzahlen erfassen, die eine Orientierung über die Effizienz geben können. Dazu gehören zu allererst Anwesenheitsquoten der Mandatsträger zu den Sitzungen. Grundsätzlich kann die Sitzungshäufigkeit des Aufsichtsrates und die Anzahl gebildeter Ausschlüsse Tendenzaussagen über die Intensität der Aufsichtstätigkeit ermöglichen. Der DGK spricht sich für mindestens vier Aufsichtsratssitzungen pro Jahr aus (DGK 2.4.2). Der katholischen Arbeitshilfe 182 nach haben sich drei bis sechs Sitzungen pro Jahr bewährt. (3.2) Aufsichtsräte von großen börsenorientierten Unternehmen tagen durchschnittlich sechs Mal pro Jahr (DAX 6,3; MDAX 6,2). (Ruhwedel 2013, S. 12) Die schon an vorheriger Stelle erwähnten Studien der beiden Unternehmensberatungen Curacon und BPG zeigen, dass die Aufsichtsräte von (konfessionellen) Einrichtungen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft zumeist 3-4 Mal pro Jahr tagen (BPG-Studie 40% der befragten Einrichtungen, Curacon 56% der befragten Einrichtungen), daneben finden sich auch viele Einrichtungen, die 5-6 Mal pro Jahr zusammenkommen (40% BPG; 21% Curacon). ((Borchers 2013, S. 36); (BPG Unternehmensberatung 2014, S. 20f)) 52 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Gerade bei großen Aufsichtsräten sind Ausschüsse wesentlich für eine angemessene Überwachung. (Ruhwedel 2013, S. 15) Im Rahmen einer europaweit stärkeren Regulierung von Kreditinstituten verpflichtet das CRD IVUmsetzungsgesetz die Aufsichtsräte grundsätzlich zur Einrichtung eines Risiko-, Prüfungs-, Nominierungs- sowie eines Vergütungskontrollausschusses. (KWG-E § 25d Absatz 7 bis 12) Hierbei gibt es aber etliche Ausnahmen, die bei den kirchlichen Banken greifen, z. B. ist die Einrichtungspflicht abhängig von der Größe und Geschäftskomplexität des Kreditinstituts. (Brandi 2013) Für Genossen oder Anteilseigner ist die Frage interessant, wie intensiv die Ausschussarbeit ist. Sitzungen des Aufsichtsrats ohne den Vorstand sind eine wichtige Voraussetzung für eine vom Vorstand unabhängige Überwachungstätigkeit. (Ruhwedel 2013, S. 15) Verschiedene relevanten Kodizes sprechen sich für diese Möglichkeit aus: Bei Bedarf soll der Aufsichtsrat ohne den Vorstand tagen. (DGRV 3.6, DCGK 3.6) Der katholische Governance Kodex spricht sich auch dafür aus, dass das Aufsichtsratsgremium bei Bedarf auch ohne die Geschäftsführung tagen kann (5.2), im DGK findet sich keine entsprechende Bemerkung. Es muss kein Zeichen von fehlendem Vertrauen sein, wenn der Aufsichtsrat ohne den Vorstand tagen will. Die Tatsache, dass solche Sitzungen möglich sind, spricht eher für Professionalität. Eine Reflexion über die vergangene Aufsichtsratstätigkeit kann demnach ein wichtiges Kriterium bei der Frage einer Neubesetzung von Mandaten sein. 53 KCU - Schriftenreihe Bd. 6, Suermann de Nocker: Aufsicht über kirchliche Banken Literatur BaFin (Hg.) (2012): Merkblatt zur Kontrolle der Mitglieder von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und VAG. Online verfügbar unter http://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Merkblatt/mb_12 1203_kontrolle_ar_vr_ba_va.html?nn=2818474#doc3446848bodyText23/1 0. Bank für Orden und Mission (Hg.) (o. J.): Unsere Initiative. 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Band 6 Effiziente Aufsicht über kirchliche Banken Anforderungen an die Mandatsträger und die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien ~ Weitere Informationen finden Sie unter fom.de/KCU KCU_Schriftenreihe_Band_06_15_01_23_RZ.indd 1 KCU Schriftenreihe Weitere Informationen finden Sie unter fom.de KCU Schriftenreihe | Effiziente Aufsicht über kirchliche Banken – Anforderungen an die Mandatsträger und die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien Da die Bildungslebensläufe der Menschen hierzulande immer unterschiedlicher geworden sind, können Studierende an der FOM heute verschiedene Wege gehen, um den Bachelorabschluss zu erlangen: Die FOM Open Business School wendet sich an Studierende ohne klassische Hochschulzugangsberechtigung, die School of Engineering vereint alle Ingenieursprogramme in sich, die School of Dual Studies richtet sich an Studierende in der Ausbildung und die School of Health & Social Management bündelt das Studienangebot im Bereich Gesundheitswesen. Das KCU KompetenzCentrum für Unternehmensführung & Corporate Governance (KCU) ist eine wissenschaftliche Einrichtung der FOM Hochschule und arbeitet anwendungsorientiert und fachübergreifend. Das KCU zielt auf die Entwicklung anwendungsorientierter und fachübergreifender Forschungsergebnisse in den Bereichen Unternehmensführung und Corporate Governance. Hierfür arbeitet das KCU intensiv mit einem Netzwerk aus Unternehmen, Fachverbänden und wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen zusammen. Über die Einbindung von Experten aus unterschiedlichen Fachbereichen und gesellschaftlichen Gruppen werden aktuelle Herausforderungen einer „guten Unternehmensführung und -überwachung“ einer kritischen Analyse und Bewertung unterzogen, um Antworten auf zentrale Fragestellungen einer „Good Governance“ zu entwickeln. In der KCU-Schriftenreihe werden aktuelle Ergebnisse der Tätigkeit des KCU veröffentlicht. FOM – eine Hochschule, viele Möglichkeiten. Die mit bundesweit über 31.000 Studierenden größte private Hochschule Deutschlands führt seit 1993 Studiengänge für Berufstätige durch, die einen staatlich und international anerkannten Hochschulabschluss (Bachelor/Master) erlangen wollen. Thomas Suermann de Nocker KCU KompetenzCentrum für Unternehmensführung & Corporate Governance der FOM Hochschule für Oekonomie & Management 23.01.2015 10:57:11