Personenzentrierte Planung – Personenzentrierte Finanzierung

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Personenzentrierte Planung – Personenzentrierte Finanzierung
Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste
der Universität Siegen
Personenzentrierte Planung
– Personenzentrierte
Finanzierung.
Neue Wege zu hilfreichen
Arrangements für Menschen
mit geistiger Behinderung
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz zur
Qualitätsentwicklung in der Behindertenhilfe an der
Universität Siegen am 15. / 16. März 2005
Johannes Schädler
Hanna Weinbach
Laurenz Aselmeier
In Kooperation mit Inclusion Europe und dem Ministerium
für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes
Nordrhein-Westfalen
Schädler, Johannes; Weinbach, Hanna; Aselmeier, Laurenz (Hg.):
Personenzentrierte Planung – Personenzentrierte Finanzierung.
Neue Wege zu hilfreichen Arrangements für Menschen mit geistiger Behinderung.
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz zur Qualitätsentwicklung in der
Behindertenhilfe an der Universität Siegen am 15./16. März 2005
Siegen, 2005
Universität Siegen
Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste
Adolf-Reichwein-Str. 2
57068 Siegen
Tel.:
Fax:
0271 / 740-2228
0271 / 740-2228
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E-Mail: sekretariat@zpe.uni-siegen.de
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Vorwort
Die entscheidende Herausforderung für eine zeitgemäße Behindertenhilfe besteht
darin, Hilfen für Menschen mit Behinderungen personenzentriert zu leisten. Die bis
heute die Hilfelandschaft in Deutschland und anderen EU-Staaten prägenden Strukturen zeichnen sich durch einen hohen Grad an Angebotszentrierung aus: Menschen
mit Behinderungen werden nach wie vor mehrheitlich zur Annahme pauschaler Unterstützungsangebote in Form von Heimplätzen verpflichtet. Diese orientieren sich
zumeist standardisiert an einem angenommenen gruppenspezifischen Hilfebedarf
und weniger an der individuellen Lebenssituation, den Wünschen, Bedürfnissen und
Zielen des Einzelnen. Die Wahlmöglichkeiten für Betroffene hinsichtlich des Lebens
in einer eigenen Wohnung oder in einer Wohngruppe in einem Heim sind nach wie
vor eingeschränkt, obwohl Vergleiche mit anderen, insbesondere skandinavischen
Staaten zeigen, dass Menschen trotz schwerster Behinderung und einem großem
Unterstützungsbedarf in hohem Maße selbstbestimmt leben können, wenn entsprechende individuelle Hilfearrangements geschaffen werden.
Die Behindertenhilfe muss grundlegend umstrukturiert werden, wenn sie den fachlichen Anforderungen des so genannten ,Paradigmenwechsels’ von der Versorgung
zur Unterstützung, vom pauschalen Leistungsangebot zum individuell hilfreichen Arrangement Rechnung tragen will. Sie muss sich von einem Denken in ‚Plätzen’, ‚Leistungstypen’ und ‚Hilfebedarfsgruppen’ verabschieden und sich konsequent an den
Personen, für die und mit denen sie Leistungen erbringt, orientieren. Konkret bedeutet das, dass die Hilfen für Menschen mit Behinderungen sowohl im Bereich der personenzentrierten Planung und Finanzierung als auch auf der Ebene der örtlichen
Angebotsplanung weiterentwickelt werden müssen.
Die 3. Europäische Konferenz zur Qualitätsentwicklung in der Behindertenhilfe griff
diese Thematik auf und war entlang der genannten Dimensionen - personenzentrierte Planung, personenzentrierte Finanzierung, örtliche Angebotsplanung - konzipiert.
Insgesamt 300 Fachleute aus Organisationen der Behindertenhilfe und Sozialverwaltung, einschlägig interessierte Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sowie Studierende aus Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Großbritannien,
Irland, den Niederlanden, Österreich, Schweden, Spanien und Ungarn gingen während der zweitägigen Konferenz anhand dieser zentralen Punkte der Frage nach, wie
‚Neue Wege zu hilfreichen Arrangements für Menschen mit geistiger Behinderung’
gestaltet werden können und welche Erfahrungen diesbezüglich in verschiedenen
europäischen Ländern vorliegen.
Wir freuen uns, dass die Konferenz bundesweit und über die Grenzen Deutschlands
hinaus auf breite Resonanz gestoßen ist. Der Dank der Veranstalter gilt allen, die die
Konferenz engagiert mitgestaltet haben und zu einer konstruktiven Auseinandersetzung mit der Thematik beigetragen haben.
Siegen, im Juli 2005
Die Herausgeber
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Inhalt
Prof. Dr. Gero Hoch
Begrüßung des Prorektors der Universität Siegen ..................................................... 6
Ingrid Körner
Begrüßung der Vizepräsidentin von Inclusion Europe................................................ 8
Ulf Stötzel
Begrüßung des Bürgermeisters der Stadt Siegen .................................................... 11
Prof. Dr. Norbert Schwarte
Personenzentrierung als Herausforderung für Planungsansätze im Hilfesystem für
Menschen mit geistiger Behinderung ....................................................................... 12
Birgit Fischer
Herausforderungen und politische Antworten im Bereich der Hilfen für Menschen mit
geistiger Behinderung in NRW ................................................................................. 19
Stefan Göthling
Personenzentrierte Planung und Finanzierung aus der Sicht von Netzwerk People
First Deutschland e.V. .............................................................................................. 25
Michael Conty
Voraussetzungen für eine gelingende Einführung des Persönlichen Budgets und
Systemwirkungen des neuen Leistungselements..................................................... 27
Kerstin Steinfurth
Personenzentrierte Planung und Finanzierung von Leistungen für Menschen mit
geistiger Behinderung in Rheinland-Pfalz................................................................. 37
Martina Hoffmann-Badache
Personenzentrierte Planung und Finanzierung von Diensten für Menschen mit
geistiger Behinderung aus der Perspektive des Landschaftsverbandes Rheinland . 41
Prof. Dr. Anders Gustavsson
Gelebte Identität und Bürgerstatus ........................................................................... 45
Dr. Julie Beadle-Brown, Paul St.Quintin
Personenzentrierte Planung – ein Beispiel aus England .......................................... 57
Cecilia Blanck, Anna Ingren
Personenzentrierte Planung – ein Beispiel aus Schweden ...................................... 66
Maarit Aalto
Personenzentrierte Planung – ein Beispiel aus Finnland ......................................... 71
Jos van Loon
Personenzentrierte Planung – ein Beispiel aus den Niederlanden ........................... 75
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Dr. Albrecht Rohrmann
Personenzentrierte Hilfen – Verpreislichung und Finanzierung ................................ 93
Cecilia Blanck
Personenzentrierte Finanzierung – ein Beispiel aus Schweden ..............................100
Kristel Gevaert
Personenzentrierte Finanzierung – ein Beispiel aus Belgien...................................107
Johan Knollema
Personenzentrierte Finanzierung – ein Beispiel aus den Niederlanden ..................118
Steen Bengtsson
Personenzentrierte Finanzierung – ein Beispiel aus Dänemark ..............................127
Paul St.Quintin, Dr. Julie Beadle-Brown
Personenzentrierte Finanzierung – ein Beispiel aus England..................................130
Ingrid Körner
Personenzentrierte Planung und Persönliches Budget – Ist die
Selbstbestimmungsbewegung am Ende ihrer Träume angelangt? .........................135
Prof. Jim Mansell
Risks and opportunities of personal plans and budgets ..........................................139
Walter Rossi
Partizipation und Planung – Örtliche Gestaltung sozialer Dienste in GovernanceKonzepten ...............................................................................................................149
Ingemar Färm
AGENDA 22 - UN Standard Rules and local disability planning ..............................162
Marco Garrido Cumbrera
DESDE – ein kartographisches Instrument zur örtlichen Hilfeplanung ...................171
Laurenz Aselmeier, Timo Wissel
Örtliche Behindertenhilfeplanung nach dem Konzept „Netzwerke Offener Hilfen
(NetOH)“ ..................................................................................................................183
Klaus Kniel
Örtliche Behindertenhilfeplanung im Kreis Ahrweiler...............................................191
Paul Cambridge
Exploring the Relationship between Person-centred Planning and
Care Management in England .................................................................................205
Dr. Johannes Schädler
Von der Angebotsplanung zum örtlichen Teilhabeplanung – Perspektiven der
örtlichen Behindertenhilfeplanung ...........................................................................221
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Begrüßung des Prorektors der Universität Siegen
Prof. Dr. Gero Hoch
Universität Siegen
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
ich möchte Sie im Namen des Rektorats der Universität Siegen zu dieser Europäischen Konferenz ganz herzlich begrüßen. Schön, dass Sie den Weg hierher nach
Siegen gefunden haben. Für viele von Ihnen, die Sie aus Deutschland kommen, hat
dies zwar eine lange Anreise bedeutet, aber Siegen liegt ja in der Mitte und ist daher
immerhin ein geographisch gerechter Ort, so dass man in Kauf nehmen kann, dass
er nicht an einer Hauptbahnlinie liegt und nicht an einem großen Flughafen. Wir freuen uns besonders, heute Gäste aus Belgien, Bulgarien, Dänemark, England, Finnland, den Niederlanden, Schweden, Spanien und Tschechien begrüßen zu können.
Siegen liegt, ich glaube, das kann man sagen, auch in der Mitte Europas: Es ist uns
eine Freude, dass Sie der Einladung des ZPE gefolgt sind und entweder als Referentinnen und Referenten oder als Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dieser Konferenz mitwirken werden. Um eines werden wir, werden sich besonders die Kollegen
vom Zentrum für Planung und Evaluation sozialer Dienste ganz besonders bemühen,
nämlich, gute Gastgeber zu sein.
Meine Damen und Herren, ‚Personenzentrierte Planung – Personenzentrierte Finanzierung. Neue Wege zu hilfreichen Arrangements für Menschen mit geistiger Behinderung’, so lautet das Thema ihrer Konferenz! Ich habe vernommen, dass diese
Konferenz ein Gemeinschaftsprodukt ist. Sie wird von unserer Universität in Kooperation mit ‚Inclusion Europe – the European Association of Societies for Persons with
Intellectual Disabilities’ und dem Ministerium für Gesundheit und Soziales, Frauen
und Familie des Landes Nordrhein-Westfalen durchgeführt. Bei beiden Konferenzpartnern möchte ich mich ganz herzlich für diese Kooperation und für die damit verbundene Unterstützung bedanken.
Ich freue mich sehr, dass Sie, Frau Ingrid Körner, als ‚president elect’, als künftige
Präsidentin von Inclusion Europe persönlich nach Siegen gekommen sind und sich
aktiv an der Konferenz beteiligen. Genauso freue ich mich, dass Frau Ministerin Fischer Zeit gefunden hat, zu dieser Konferenz an unsere Universität zu kommen,
auch um anschließend die fachpolitische Sicht ihres Ministeriums darzulegen. Herzlich willkommen Frau Ministerin. Immerhin seit 1997 kooperiert das nordrheinwestfälische Sozialministerium mit dem Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer
Dienste (ZPE) in der Behindertenpolitik, aber auch in verschiedenen anderen sozialpolitischen Feldern. Insgesamt – so darf ich wohl sagen – zu beiderseitigem Nutzen.
Wir sind als Universität darauf durchaus auch ein wenig stolz. Gleichzeitig möchten
ich mich im Namen dieser Hochschule auch für das Vertrauen bedanken, das Sie
unserer wissenschaftlichen Kompetenz in Ihrem Bereich entgegenbringen. Ganz besonders herzlich möchte ich auch den Herrn Bürgermeister begrüßen. Lieber Herr
Stötzel, sie sind uns immer ganz besonders willkommen, nicht nur als derzeitiger Beiratsvorsitzender sondern auch als echter Freund und Förderer der Siegener Universität und natürlich als Träger unseres Ehrenrings. Besonders begrüßen darf ich auch
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Herrn Landtagsabgeordneten Moritz. Herzlich willkommen Herr Moritz, wir freuen uns
über ihre vielfach bewiesene Verbundenheit.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir an dieser Stelle ein kurzes Wort zu den
Inhalten dieser Konferenz. Meines Erachtens werden Sie in den nächsten beiden
Tagen hier offensichtlich sehr feldspezifische Fragen erörtern, wie z.B. institutionelle
Konsequenzen ‚personenzentrierte Planungsprozesse’ oder verschiedene ‚Finanzierungsmodalitäten im Hilfesystem für Menschen mit geistiger Behinderung’ oder auch
die Frage, wie man ‚kartographische Elemente in der regionalen Hilfeplanung’ einsetzen kann. Offensichtlich Fragen, die in Ihrem Feld der Hilfen für Menschen mit
geistiger Behinderung derzeit eine bedeutsame Rolle spielen, sonst wären Sie wohl
nicht hierher gekommen. Sehen Sie mir nach, dass ich mich zu diesen spezifischen
Fragen als gelernter Ökonom und in Anbetracht der hier vertretenen Fachlichkeit bei
der vertiefenden Diskussion eher zurückhalten möchte. Gleichwohl meine ich, in den
Themen Ihrer Konferenz Fragestellungen zu erkennen, die von grundsätzlicher Bedeutung und aktuell sind. Zum einen die Frage: Wie können die Chancen einer sich
individualisierenden Gesellschaft für alle Gesellschaftsmitglieder, d.h. auch für Menschen mit Behinderungen zugänglich gemacht werden - ohne Diskriminierung und
Barrieren? Zum anderen aber: Wie können die damit verbundenen Lebensrisiken bei
Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung mehr als andere sozial abhängig sind, so
abgesichert werden, dass sozialstaatliche Garantien zum Tragen kommen, ohne
dass die davon abhängigen Menschen auf Respekt, auf ihre Integrität und auf ihre
Selbstbestimmungsrechte verzichten müssen?
Der hier angedeutete Prozess der Individualisierung ist selbstredend nicht nur ein
deutsches Phänomen, sondern beschreibt eine Tendenz in allen westlichen Ländern.
Nimmt man die damit verbundenen Analysen ernst und fragt nach ihren Konsequenzen für die sozialen Sicherungssysteme in Europa, dann ist man mitten in der Diskussion um die Perspektiven dessen, was man – bei aller Unterschiedlichkeit – das
europäische ‚Wohlfahrtsstaats-Modell’ nennt. Es gehört zum Konsens der Europäischen Union, dass sich diese zunehmend politisch formierende Gemeinschaft als
soziales Staatsgebilde versteht, das seinen Bürgerinnen und Bürgern ein Mindestmaß an sozialer Sicherheit garantiert. Dies ist als nationale und europäische Aufgabe
zu bestärken. Aber es entbindet uns nicht davon, kritisch darüber nachzudenken, wo
die individuellen Rechte und Pflichten von hilfebedürftigen Bürgerinnen und Bürgern
neu definiert werden müssen und wie öffentliche Mittel so eingesetzt werden können,
dass sie für die davon abhängigen Personen von möglichst hohem Nutzen sind. Sie
diskutieren mit Ihrem Thema der ‚personenzentrierten Hilfen’ für Menschen mit geistiger Behinderung gesellschafts- und sozialpolitische Fragen im europäischen Kontext, was mich als überzeugten Europäer sehr freut. Dass dies hier an unserer
Hochschule und in diesem großen und kompetenten Rahmen geschieht, freut mich
erst recht und noch viel mehr.
Ich möchte mich beim ZPE und insbesondere bei Herrn Prof. Dr. Norbert Schwarte
und seinem Team für sein Engagement für diese Konferenz bedanken. Ihnen allen
wünsche ich ein gutes Gelingen dieser Konferenz und einen schönen Aufenthalt in
Siegen. Nochmals ein herzliches Willkommen im Namen der Hochschulleitung und
danke für Ihre Aufmerksamkeit!
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Begrüßung der Vizepräsidentin von Inclusion Europe
Ingrid Körner
Inclusion Europe
Sehr geehrte Damen und Herren,
es ist für mich eine große Freude und Ehre, Sie im Namen von Inclusion Europe
herzlich zu unserer Europäischen Konferenz zu begrüßen. Der Verein Inclusion Europe ist einer der beiden Kooperationspartner dieser Konferenz und damit sie ein
wenig mehr über den Konferenzpartner wissen, werde ich Ihnen nach wenigen Vorbemerkungen unseren Verein Inclusion Europe kurz vorstellen:
Auf der gesellschaftlichen Ebene wird es immer wichtiger, eine Gesellschaft für alle
Bürger zu konstruieren, die flexibel genug ist, um Unterschieden und unterschiedlichen Fähigkeiten Rechnung zu tragen. Wo behinderte Menschen bisher oft ausgegrenzt waren, besonders in der Bildung und dem Zugang zu Beschäftigung, fordern
die Betroffenen nun, in allen Bereichen gesellschaftlichen Lebens selbstverständlich
einbezogen zu sein. Hier setzt auch das Wort “mainstreaming” an, für das es leider
keine gute deutsche Übersetzung gibt. Die personenzentrierte Planung und Finanzierung kann die richtige Antwort auf die Forderung von behinderten Menschen sein.
Aus politischer Sicht geht es darum, dass Behindertenpolitik als selbstverständliche
Querschnittsaufgabe aller Regierungsstellen zu sehen ist. Ferner müssen alle Verwaltungen und öffentliche Dienste auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene die
Interessen von behinderten Menschen selbstverständlich in ihre Arbeit einbeziehen.
Davon sind wir in Deutschland noch weit entfernt.
Um die Arbeit von Inclusion Europe besser einordnen zu können, ist es wichtig zu
verstehen wie der soziale Dialog auf europäischer Ebene in die Gesamtstruktur der
Behindertenverbände eingebettet ist.
Beginnen wir mit der lokalen Ebene, wo Menschen mit Behinderungen und ihre Familien Mitglieder von lokalen Behindertenorganisationen sind. Diese sind zumeist
behinderungsspezifisch organisiert und in vielen Fällen auch Träger von Einrichtungen der Behindertenhilfe. Behinderungsspezifische lokale Organisationen sind dann
jeweils in nationalen Behindertenverbänden organisiert, die die politische Interessenvertretung, aber auch andere übergreifende Aufgaben übernehmen. In Deutschland
und einigen anderen Ländern ist aufgrund einer föderalen Struktur noch eine Landesebene zwischengeschaltet. Im Bereich der geistigen Behinderung ist die entsprechende nationale Struktur die ‚Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit
geistiger Behinderung’, in der ich die Ehre habe, zur stellvertretenden Vorsitzenden
gewählt worden zu sein. Die Verbandsstrukturen im Behindertenbereich bilden in den
meisten Fällen die jeweiligen politischen Strukturen der Länder ab.
Somit ist es folgerichtig, dass auch auf europäischer Ebene entsprechende behinderungsspezifische Organisationen etabliert wurden. Dieses gilt übrigens ebenso auf
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
der internationalen Ebene, auf der die UN und ihre Organisationen die wichtigsten
Gesprächspartner sind.
Inclusion Europe ist Teil eines sozialen Dialoges, der europäische Politik mit den Bedürfnissen und Interessen behinderter Menschen auf lokaler Ebene verbindet. Inclusion Europe wurde 1989 gegründet und ist die Vertretung der weltweiten
Organisation Inclusion International auf europäischer Ebene. Wir haben Mitglieder in
allen 25 EU Ländern, sowie in Rumänien, Bulgarien, der Schweiz, Norwegen, Weißrussland und Israel. Weiterhin gehören 6 Organisationen zu unserem Netzwerk, die
ausschließlich von Menschen mit geistiger Behinderung getragen sind.
Die Grundwerte, die von allen Mitgliedern unserer weltweiten Bewegung von Menschen mit geistiger Behinderung und ihrer Familien vertreten werden, sind Respekt,
Solidarität und Inklusion:
• Respekt für Menschen mit geistiger Behinderung gründet sich auf Wissen und
Verständnis für die Situation der Betroffenen. Respekt führt zu Toleranz und der
Akzeptanz von Menschen mit geistiger Behinderung als gleichberechtigte und anerkannte Mitglieder der Gesellschaft. Respekt für ihre Meinungen und Wünsche
ist die Basis für Selbstbestimmung und die Vertretung ihrer Interessen.
• Solidarität zwischen schwächeren und stärkeren Menschen und Organisationen
ist der Kern unserer Bewegung. Solidarität in unseren Gesellschaften garantiert
die notwendigen Dienstleistungen für und den sozialen Schutz von Menschen mit
geistiger Behinderung.
• Inklusion in allen Bereichen der Gesellschaft ist das Ergebnis von Respekt und
Solidarität. Inklusion ist die Grundlage für die Ausübung der Menschenrechte und
für den Kampf gegen die Diskriminierung von Menschen mit geistiger Behinderung und ihrer Familien.
Der Austausch von Erfahrungen ist eins unserer wichtigsten Arbeitsgebiete. Es hat
sich in vielen Fällen gezeigt, dass Erfahrungen aus anderen Ländern wichtige Entwicklungen angestoßen haben. Ein Beispiel dafür sind die personengebundenen
Budgets, mit denen die Position behinderter Menschen wesentlich gestärkt wird. Es
ist viele Jahre her, dass ein Budgetnehmer aus den Niederlanden auf einer unserer
großen Jahreskonferenzen darüber berichtet hat und nun – endlich – ist diese Idee
auch in Deutschland angekommen.
Die Mitglieder von Inclusion Europe sollen aber auch direkt von ihrer Mitgliedschaft
profitieren:
• Fachliche und finanzielle Vorteile durch Projekte,
• Unterstützung von nationaler Politik auf europäischer Ebene,
• Training von Mitarbeitern und Freiwilligen in Seminaren,
• Informationen über EU Politik, Strukturen und Finanzierung,
• Teilnahme in Austauschaktivitäten und
• Publikationen,
alles das sind Aufgaben von Inclusion Europe.
Schließlich hat Inclusion Europe eine wichtige Rolle in der Gestaltung europäischer
Politik. Wir vertreten die Interessen von Menschen mit geistiger Behinderung in Brüssel und arbeiten zu diesem Zweck eng mit der Kommission, dem Parlament, dem
Europarat und anderen NRO zusammen.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Dabei bilden folgende Politikfelder einen Schwerpunkt, weil sie für behinderte Menschen in Europa besondere Bedeutung haben:
• Nichtdiskriminierung
• Soziale Einbeziehung
• Grund- und Menschenrechte
• Selbstbestimmung
• Zugänglichkeit (im Sinne von Barrierefreiheit)
• Erweiterung der Europäischen Union
Alle diese Themen spielen eine wichtige Rolle für die nächsten zwei vor uns liegenden Tage. Ich freue mich, bei Ihnen sein zu dürfen und ich freue mich auf die Vorträge, Erfahrungen und Diskussionen. Ich wünsche uns allen Erkenntnisgewinne und
einen guten Tagungsverlauf.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Begrüßung des Bürgermeisters der Stadt Siegen
Ulf Stötzel
Stadt Siegen
Ich begrüße alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der „3. Europäischen Konferenz
zur Qualitätsentwicklung in der Behindertenhilfe“ in Siegen.
In Kooperation mit dem Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie
des Landes Nordrhein-Westfalen bietet das Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste (ZPE) der Universität Siegen einen innovativen Kongress mit einem
arbeitsintensiven, aber auch abwechslungsreichen Programm. So wird neben praxisnahen Foren und Diskussionsgruppen der gemeinsame Kulturabend sicherlich eine
bleibende Erinnerung bilden.
In Siegen finden Sie ideale Bedingungen für Konferenzen und Kongresse vor. Neben
zahlreichen Tagungsräumen, einem breiten Übernachtungsangebot und dem direkten Draht zur Universität, finden Sie auch für das Rahmenprogramm zahlreiche Ideen
aus dem Bereich Kultur und Erholung.
Mit dem Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste (ZPE) der Universität
Siegen obliegt die Organisation der Konferenz zudem einem erfahrenen und professionellen Team.
Ich wünsche allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine erfolgreiche „3. Europäische Konferenz zur Qualitätsentwicklung in der Behindertenhilfe“ sowie neue Ideen
und Anstöße für die zukünftige Arbeit.
Nehmen Sie einen sehr guten Eindruck von Siegen mit und kommen Sie bald wieder!
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Personenzentrierung als Herausforderung für
Planungsansätze im Hilfesystem für Menschen mit
geistiger Behinderung
Prof. Dr. Norbert Schwarte
Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste der Universität Siegen
„Personenzentrierte Planung - Personenzentrierte Finanzierung - Neue Wege zu hilfreichen Arrangements für Menschen mit geistiger Behinderung“, lautet der Titel der
3. Europäischen Konferenz zur Qualitätsentwicklung in der Behindertenhilfe.
Sind die Wege, die da angesprochen werden, wirklich so neu, wie im Titel dieser Tagung behauptet? Im fachlichen Diskurs zweifellos nicht, in der sozialpolitischen Rhetorik auch nicht, aber in der Umsetzung des Paradigmenwechsels von der Fürsorge
zur Teilhabe, von der Angebots- zur Nachfrageorientierung, vom dominanten Institutionsbezug zur Ausrichtung auf offene und flexible individuelle Hilfearrangements
stehen wir hierzulande in der Tat und – wie ich meine – nur infolge eines anhaltenden ökonomischen Drucks am Anfang eines Weges in einem an Widersprüchen reichen Feld.
In verschiedenen Forschungsprojekten und im Blick über die Grenzen ist uns bewusst geworden, dass die Durchsetzung des Vorrangs offener Hilfen und die Überwindung der Dichotomie „ambulant – stationär“ von drei Voraussetzungen abhängt:
1. überzeugenden Verfahren der Individuellen Hilfeplanung,
2. von der Schaffung eines angemessenen Finanzierungssystems, das falsche
Anreize überwindet, die Selbstbestimmung der Anspruchsberechtigten fördert
und mehr Steuerungsmöglichkeiten eröffnet, und
3. einer qualifizierten örtlichen Behindertenhilfeplanung.
An diesen Kernpunkten entlang haben wir den Ablauf der Tagung geplant.
Das erste Drittel dient der Auseinandersetzung mit Voraussetzungen, Bedingungen
und Beispielen der Individuellen Hilfeplanung: Wie kann es gelingen, die Hilfen tatsächlich von einem dynamischen Hilfebedarf her zu konzipieren und kontinuierlich
darauf zu beziehen?
Das zweite, morgen Vormittag anstehende Drittel der Tagung ist der Verpreislichung
und Finanzierung personenzentrierter Hilfen gewidmet: Wie kann die personenbezogene Planung der Hilfen in einer entsprechenden personenzentrierten Finanzierung
die strukturelle Verankerung finden, die sie zu ihrer Realisation braucht? Dabei spielt
die Diskussion um das Persönliche Budget eine herausragende Rolle.
Der dritte, abschließende Teil der Tagung ist schließlich der kommunalen bzw. regionalen Hilfeplanung gewidmet: Welche regionalen Voraussetzungen müssen gegeben
sein und wie kann die Mitwirkung der verschiedenen zu beteiligenden Akteure so
gestaltet werden, dass sie personenzentrierte Hilfen ermöglicht?
Das alles ist vom Zeitbudget her knapp kalkuliert, zumal es auch darum geht, diese
Fragestellungen angemessen sozialpolitisch zu rahmen und die verschiedenen Ak-
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
teure im Feld neben den europäischen Beispielen, die im Mittelpunkt der Foren stehen, zur Sprache kommen zu lassen.
Wir wollten mit dieser 3. Europäischen Konferenz, so wie mit den beiden vorausgegangenen, sowohl Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Sozialverwaltungen als
auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Einrichtungen und Diensten der Behindertenhilfe ansprechen und miteinander ins Gespräch bringen. Der große Zuspruch zu
dieser Tagung und die Teilnehmerliste machen deutlich, dass uns das gelingen
kann.
Personenzentrierter Ansatz und gesellschaftlicher Wandel
Mit dem Ansatz der Personenzentrierung reagiert das professionelle Hilfesystem auf
Aspekte des gesellschaftlichen Wandels, in deren Zentrum Prozesse der Individualisierung stehen. Sie lassen den Einzelnen stärker als verantwortlichen Gestalter seines Lebenslaufs hervortreten. Chancen größerer Selbstbestimmtheit verbinden sich
dabei sichtbar für alle Mitglieder der Gesellschaft mit Risiken der Überforderung, des
Scheiterns und der Erosion stabiler, Sicherheit spendender sozialer Milieus und tradierter gesellschaftlicher Strukturen. Wie die riskanten neuen Freiheiten mit der fortbestehenden Angewiesenheit auf tiefere Bindungen – Dahrendorf spricht in diesem
Zusammenhang von Ligaturen – austariert werden können, ist keine Frage, die nur
Menschen mit Behinderungen betrifft.
Für Menschen mit einer geistigen Behinderung gilt, dass sie in diesen Modernisierungsprozessen als äußerst verletzlich und gefährdet anzusehen sind: Ihr Lebenslauf
und ihre Entwicklungschancen sind zum einen maßgeblich von sozialpolitischen Vorgaben und professionellen Entscheidungen abhängig, zum anderen ist ihre Fähigkeit
zur Übernahme von Selbstverantwortung aufgrund ihrer Behinderung eingeschränkt.
Daneben ist Personenzentrierung auch als Gegenentwurf zu dem seit mehr als 30
Jahren in der Kritik stehenden psychiatrischen und in verwandten Einrichtungen und
Diensten anzutreffenden Institutionalismus zu verstehen, also als Bestandteil der unzutreffender Weise so genannten Deinstitutionalisierung. Worum es in diesem Zusammenhang ging und immer noch geht, hat Peter Kruckenberg, der maßgeblich an
der Entwicklung und Differenzierung dieses Ansatzes beteiligt war, so beschrieben:
„Als Kontrapunkt zu ‚institutionszentriert’ und ‚mitarbeiterzentriert’ geht es ... darum,
den hilfsbedürftigen Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, ... d.h. das Hilfesystem
so zu entwickeln, dass ... sich auf seine individuellen Bedürfnisse in seinem persönlichen Umfeld ausrichtet und dabei die Grenzen von festgefahrenen Gewohnheiten,
festgelegten Angeboten und einengenden Finanzierungen überwindet“ (Soziale Psychiatrie 4/2004, S.39). Diese Perspektive gilt für psychisch kranke Menschen und für
Menschen mit geistiger Behinderung gleichermaßen.
Wie denn überhaupt in diesem Zusammenhang zu betonen ist, dass der Personenzentrierte Ansatz für Menschen mit geistiger Behinderung in den Feldern der Sozialen Arbeit nicht isoliert steht. Zu verweisen ist auf die Jugendhilfe, vor allem aber auf
die Sozialpsychiatrie, die hier mit dem IBRP, dem Instrument der Hilfeplankonferenz
und der beispielhaften regionalen Vernetzung eine wichtige Orientierungsfunktion
hat.
Es hieße das Rad neu erfinden wollen, wenn diese Ansätze in den Überlegungen zur
Entwicklung hilfreicher Arrangements für Menschen mit geistiger Behinderung keine
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Berücksichtigung fänden. Allerdings müssen die spezifischen Voraussetzungen und
Bedürfnisse dieser Zielgruppe angemessen berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang scheinen mir folgende Punkte vor allem bedeutsam.
1. Menschen mit einer geistigen Behinderung sind in der Regel dauerhaft, sehr
häufig von Geburt an auf komplexe und kontinuierliche Unterstützungsleistungen angewiesen. Diese Hilfen werden – was gelegentlich im Blick auf Frühförderung und vieles mehr vergessen wird – überwiegend von der
Herkunftsfamilie erbracht. Daraus ergibt sich vielfach für die heranwachsenden Menschen mit geistiger Behinderung bis weit in das Erwachsenenalter
hinein ein anderes Verhältnis zur Herkunftsfamilie als bei der Mehrzahl ihrer
nicht behinderten Altersgenossen. Im Personenzentrierten Ansatz müssen
daher neben der prinzipiellen Lebenslauforientierung Besonderheiten der Familiendynamik, der Bindungs- und Ablösungsprozesse wie auch Übergänge
vom Elternhaus in selbständige Lebensformen berücksichtigt werden.
2. Menschen mit geistiger Behinderung benötigen zur Artikulation ihrer Bedürfnisse, erst recht zur Entwicklung persönlicher Perspektiven Aufmerksamkeit
und Zeit. Vielfach benötigen sie zu deren Erkundung und Artikulation die intensive Unterstützung vertrauter Personen. Sie sind stärker als andere auf geschützte, vertrauensvolle und stabile Beziehungen angewiesen. Das Institut
der gesetzlichen Betreuung soll sie vor den Risiken undurchschauter rechtsverbindlicher Handlungen schützen und eine anwaltschaftliche Funktion wahrnehmen. Es stellt sich in diesem Zusammenhang nicht die Frage, ob diese
Funktionen notwendig sind, sondern ob sie im Rahmen der gesetzlichen
Betreuung hinreichend wahrgenommen werden. So oder so: der Personenzentrierte Ansatz muss sich im Hinblick auf Menschen mit geistiger Behinderung den Problemen dauerhaft eingeschränkter Selbstvertretung stellen.
3. Die Mehrzahl der erforderlichen Hilfen bezieht sich nicht auf akute Krisen o. ä.,
sondern auf langfristig geltende Bedarfslagen. Es geht deshalb oft um Entscheidungen, die die individuellen Perspektiven auf sehr lange Sicht nahezu
unumkehrbar konfigurieren: Für viele Menschen mit einer geistigen Behinderung wird bereits mit dem Besuch eines Sonderkindergartens über eine Zukunft in Sondereinrichtungen entschieden. Das muss nach den geltenden
Bestimmungen so nicht sein, es ist aber faktisch in der Mehrzahl der Fälle so.
Demnach muss der Personenzentrierte Ansatz auch darauf gerichtet sein, an
möglichst vielen Übergängen im Lebenslauf vom je spezifischen individuellen
Bedarf her Alternativen zu eröffnen und Möglichkeiten des Erprobens, des
Verwerfens und des Anpassens bieten: Offene Hilfen sind revidierbare Hilfen.
Dies setzt eine sorgfältige, behutsame und auf Teilhabe der Betroffenen ausgerichtete individuelle Hilfeplanung voraus, die sich zugleich ihrer begrenzten
Möglichkeiten bewusst ist: Hilfeplanung ist keine Lebensplanung und die planerische Allmachtsphantasien sind hier so wenig angebracht wie überall.
Der Personenzentrierte Ansatz grenzt sich gegen zwei entgegen gesetzte Reaktionsweisen auf die virulenten Modernisierungsprozesse ab: zum einen gegenüber
einer nicht nur denkbaren, sondern wie ausländische Beispiele auch belegen durchaus nachweisbaren Ignoranz gegenüber den besonderen Bedürfnissen von Menschen mit geistiger Behinderung, die sie damit zwangsläufig in das Heer der
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Modernisierungsverlierer einreihen. Zum anderen aber auch gegen eine Position, die
Menschen mit geistiger Behinderung eine Sonderwelt als einzig angemessen vorschreibt, die sie gegen die Risiken der Modernisierung um den Preis des Ausschlusses aus anderen gesellschaftlichen Bezügen absichert.
Zum Personenzentrierten Ansatz gehört unverzichtbar die Akzeptanz des Bürgerstatus von Menschen mit geistiger Behinderung und die Betonung ihrer Bürgerrechte.
Natürlich wurden sie in hochgestimmter Rede auch früher schon gelegentlich als Mitbürger bezeichnet, aber irgendwelche Auswirkungen auf ihren realen Status und die
Fundierung ihrer sozialrechtlichen Unterstützung hatte das nicht. Die seit den neunziger Jahren in Gang gebrachten sozialrechtlichen Reformen betonen dagegen in
Übereinstimmung mit international geltenden Vorgaben wie den ‚standard rules’ der
Vereinten Nationen diesen Aspekt. Dabei lassen sich zwei Ebenen unterscheiden:
-
die Ebene der Zugänglichkeit der öffentlichen Infrastruktur, die durch Inklusion, näherhin Gleichstellungsvorschriften und Sanktionierung von Diskriminierung sicherzustellen ist, und
-
die Ebene der individuellen Hilfen, die dadurch nicht verzichtbar wird, sich aber auch auf das Ziel der gesellschaftlichen Teilhabe ausrichten muss und,
wie gesagt, sorgfältiger Planung bedarf.
Anforderungen an die Individuelle Hilfeplanung
Um dem Ansatz personenzentrierter Hilfe gerecht zu werden, muss die Individuelle
Hilfeplanung einer Reihe von Ansprüchen genügen:
Zunächst und vor allem gilt, dass Hilfeplanung nicht auf einen Bestandteil der Antragsbearbeitung für eine isoliert zu gewährende Hilfe verkürzt werden darf. Durch
diese in der Praxis häufige Verengung bleiben die Wirkungen Individueller Hilfeplanung äußerst begrenzt.
Bei der Individuellen Hilfeplanung für Menschen mit geistiger Behinderung handelt es
sich im Idealfall um eine die Übergänge im Lebenslauf kontinuierlich begleitende Tätigkeit. Dies beginnt häufig schon im frühen Kindesalter. Mit dem Auftreten der Behinderung im familiären Kontext entwickelt sich ein Bild von der Behinderung und
ihren Auswirkungen auf die Perspektiven der Betroffenen. Hier bildet sich eine Wahrnehmung der Behinderung entweder vornehmlich als Defizit aus, auf das traditionell
mit aussondernden Hilfen reagiert wird oder es entwickelt sich eine Wahrnehmung
der Behinderung als Teil der Persönlichkeit, die den Möglichkeitsraum individueller
Entfaltungen zwar beeinflusst und in der Regel auch einschränkt, nicht aber vollständig bestimmt. Dabei werden bereits wichtige und im positiven wie im negativen Fall
häufig zukunftsbestimmende Erfahrungen mit dem Hilfesystem gemacht.
Die Einführung von Verfahren der Hilfeplanung wird zumindest in der Bundesrepublik
Deutschland insbesondere im Zusammenhang der Beantragung von wohnbezogenen Hilfen diskutiert. Das ist angesichts der beabsichtigten Umsteuerung der Hilfen
gegenwärtig nachvollziehbar, kann aber auf Dauer nicht als optimaler Zeitpunkt für
den Einstieg in die Hilfeplanung gelten: In vielen Fällen hat sich zu diesem Zeitpunkt
die Vorstellung über zukünftige Wohnformen sowohl bei den Menschen mit Behinderung, als auch bei ihren Angehörigen und schließlich auch in ihrem sozialen – professionellen und nicht-professionellen – Umfeld schon so weit verfestigt, dass
Alternativen nur noch sehr eingeschränkt zugelassen werden. Die Hilfeplanung setzt
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
insofern häufig zu spät ein, obwohl schon über viele Jahre Beziehungen zum professionellen Hilfesystem bestanden.
Hilfeplanung setzt eine intensive und unmittelbare Auseinandersetzung mit dem Hilfesuchenden voraus. Der Anspruch personenzentrierter Hilfen kann nur dann eingelöst werden, wenn auch in dem Verfahren der Hilfeplanung der Mensch mit
Behinderung im Mittelpunkt steht.
Dies ist für alle Beteiligten ungewohnt. Für die Antragsbearbeitung in der Verwaltung
waren die Antragssteller bisher Fälle ohne Gesicht, über die buchstäblich ohne Ansehen der Person nach Aktenlage zu entscheiden war. Es bedurfte scheinbar objektiver Merkmale, die zumeist in der medizinischen Diagnostik gesucht wurden, um
über die Bewilligung der Hilfe zu entscheiden. Für die Hilfeerbringung war der Rahmen durch professionelle Standards, Regeln und Routinen in Einrichtungen vorgegeben.
In jedem Einzelfall nicht danach zu fragen, passt der Anspruchsberechtigte oder der
Klient in das Programm, sondern umgekehrt, welche Hilfe bringt diese individuelle
Person wirklich weiter, ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Sie wird dadurch erschwert,
dass Menschen mit geistiger Behinderung hinsichtlich ihrer Ziele und Bedürfnisse nur
eingeschränkt artikulationsfähig sind. Sie sind leichter als andere manipulierbar und
fügen sich häufig freiwillig in einen Rahmen, der den fachlichen Vorstellungen der
Professionellen und den Sicherheitsvorstellungen ihrer Angehörigen folgt.
Soll die Beteiligung von Menschen mit Behinderung an der Hilfeplanung nicht nur
eine formelle sein, so sind dafür geeignete Methoden erforderlich. Es wäre daher
falsch, die Hilfeplanung auf einen einmaligen Akt, beispielsweise die gemeinsame
Bearbeitung eines noch so elaborierten Fragebogens zu verkürzen. Hilfeplanung
muss auf dauerhafte Begleitung des Hilfeprozesses angelegt sein. Sie fragt systematisch immer wieder nach, ob die aktuelle Hilfe die richtige ist und wie sie angepasst
werden kann. Sie sollte sich, je nach individuellen Fähigkeiten, nicht nur auf verbalisierte Informationen im Hilfeplangespräch stützen, sondern setzt gegebenenfalls eine
umfassende Erkundung des Lebensumfeldes voraus. Hilfeplanung wird somit zu einer gemeinsamen Aufgabe von Sozialleistungsträgern und Anbietern. Sozialleistungsträger können nur punktuell in die Hilfeplanung einbezogen sein. Sie müssen
ihr Verfahren abstimmen mit den Verfahren der unterstützenden Dienste und Einrichtungen.
Zugleich muss aber die Unabhängigkeit der Hilfeplanung von den Interessen der
beiden sichergestellt sein. In dem vom ZPE entwickelten Verfahren wird vorgeschlagen, die Aufgaben des Assessments, der Feststellung des Hilfebedarfes und der Beratung bei der Zusammenstellung eines individuell hilfreichen Arrangements, die
Aufgaben der Gesamtplanung, der Klärung der sozialrechtlichen Ansprüche und die
Aufgaben der Umsetzungsplanung deutlich zu unterscheiden.
Es sind unterschiedliche Formen der Organisation denkbar, wichtig ist jedoch, dass
es für den Menschen mit Behinderung einen verlässlichen Ansprechpartner für die
Hilfeplanung gibt, der im Zweifelsfall für ihn im Umgang mit dem Kostenträger und
mit dem Anbieter von Hilfen Partei ergreift.
Das Hilfeplanverfahren muss realistische Perspektiven und Alternativen eröffnen.
Das gegenwärtige Hilfesystem leidet darunter, dass immer noch angebotsorientiert
von den Formen der Hilfe her gedacht wird. Es hängt möglicherweise mit der sehr
eigentümlichen Tradition des deutschen Fürsorgesystems zusammen, dass es eine
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
starre Unterscheidung zwischen ‚ambulanten’ und ‚stationären’ Hilfen gibt. Bei ambulanten Hilfen handelt es sich um aufsuchende Dienste in der eigenen Wohnung, bei
stationären Hilfen um Hilfen in Sondereinrichtungen (Diese Unterscheidung hat beispielsweise zu begrifflichen Kuriositäten wie dem ‚dezentralen stationären Einzelwohnen’ geführt). In dieser starren Gegenüberstellung drohen Hilfeplanverfahren, zu
einer Platzierungsentscheidung ‚ambulant oder stationär’ zu verkommen. Dies ist
nicht im Sinne des personenzentrierten Ansatzes.
Wird die Hilfe konsequent von den individuellen Bedürfnissen und Möglichkeiten –
also ausdrücklich nicht defizitorientiert – aus geplant, verschwindet die der Institutionenlogik geschuldete Unterscheidung zwischen ambulant und stationär.
Es kann im Einzelfall erwünscht und angemessen sein, dass eine Person dauerhaft
oder für eine bestimmte Zeit mit anderen zusammenlebt und eine Wohngemeinschaft
bildet. In einem anderen Fall kann es dem Wunsch entsprechen, für eine gewisse
Zeit oder dauerhaft allein oder mit einem Partner bzw. einer Partnerin zusammen zu
wohnen. Im Sinne des personenzentrierten Ansatzes geht es nicht um die Wohnform, die möglichst flexibel sein sollte. Dies kann auch viele Ängste nehmen, die mit
dem so genannten Ambulant Betreuten Wohnen verbunden sind. Es geht nicht darum, mit einer minimalen Unterstützung allein in einer Wohnung zu Recht zu kommen,
sondern darum, ein individuell passendes hilfreiches Arrangement zu finden.
Dazu ist es entscheidend, die Finanzierung der Hilfe zu trennen von der Finanzierung
des Wohnraums, in dem diese Hilfe stattfindet. Es gehört zu dem Bürgerstatus, dass
Menschen mit geistiger Behinderung wie alle anderen Menschen auch Mieter oder
Eigentümer ihres Wohnraumes sind. Salopp formuliert: Ziel der Individuellen Hilfeplanung ist nicht der Abschluss eines Mietvertrages, sondern eine Beschreibung der
Hilfen, die benötigt werden.
Grenzen der Individuellen Hilfeplanung
Im Bereich der Sozialpsychiatrie wird der personenzentrierte Ansatz mittlerweile einer grundlegenden Kritik unterzogen. Klaus Dörner geißelt den personenzentrierten
Ansatz „als eine von vielen Ausdrucksformen des gesamtgesellschaftlichen Prozesses der Vermarktlichung des Sozialen“(Soziale Psychiatrie 3/2004, S.41). Dieser Kritik ist grundlegend zu widersprechen. Damit wird ein Verständnis von Hilfe als
paternalistische Zuwendung idealisiert, die sich ihren Ort außerhalb der realen Gesellschaft sucht.
Der Ansatz personenzentrierter Hilfen reagiert dagegen auf gesellschaftliche Herausforderungen und sucht nach praktikablen Lösungen, die den realen Bedingungen
und Möglichkeiten des Hilfesystems Rechnung tragen.
Die konkrete Kritik, die auf ersten Erfahrungen mit der Individuellen Hilfeplanung im
Bereich der Sozialpsychiatrie beruht, muss jedoch ernst genommen werden. Sie bestätigt an manchen Stellen Dörners Mutmaßungen und kann bei der Erprobung von
Verfahren der Hilfeplanung im Bereich der Hilfen für Menschen mit geistiger Behinderung bedeutsam werden. Sie verweist auf die Grenzen der Implementation des personenzentrierten Ansatzes in das Unterstützungssystem:
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
1. Es besteht die Gefahr, dass die Individuelle Hilfeplanung ausschließlich auf
die Ermittlung des sozialrechtlichen Anspruchs beschränkt wird und diese
letztendlich über eine Beschreibung der Defizite zu einer pauschalen Zuordnung zu Gruppen vergleichbaren Hilfebedarfs führt.
2. Die Individuelle Hilfeplanung kann den personenzentrierten Ansatz derart verengen, dass der Hilfebedarf der einzelnen Person losgelöst von dem Unterstützungsbedarf und den Ressourcen ihres individuellen Lebensumfeldes
(beispielsweise der Familie) wahrgenommen wird und notwendige Veränderungen in der Infrastruktur gar nicht in den Blick geraten.
3. In den Hilfeplankonferenzen wird nicht in erster Linie nach einem hilfreichen
Arrangement für den einzelnen Hilfesuchenden gefragt, sondern es findet ein
Tauschhandel zwischen den Beteiligten statt. Das korporatistische Aushandlungsmodell, das bislang die Beziehungen zwischen Kostenträgern und Leistungsträgern geprägt hat, setzt sich dann auf der Mikro-Ebene des einzelnen
Falles fort.
4. Das Hilfeplanverfahren setzt keine Potentiale künftiger Entwicklung frei, sondern schreibt eine Momentaufnahme fest und engt die Dynamik hilfreicher Arrangements und Beziehungen durch starre Vorgaben ein.
Das alles kann so vorkommen, kommt auch so vor, ist aber nach den Eindrücken, die
wir bisher gewonnen haben, weder die Regel noch zwingend so defektiv, wie es in
der Fundamentalkritik aufscheint.
Fazit:
Individuelle Hilfeplanung ist ein Kernstück des personenzentrierten Ansatzes. Es
lohnt sich – sowohl in fachlicher als auch in finanzieller Hinsicht – in eine intensive
Auseinandersetzung mit den Hilfesuchenden zu treten, anstatt beispielsweise per
Federstrich über eine lebenslange Hilfe in einer Wohneinrichtung zu entscheiden.
Der Aufwand, der damit verbunden ist, ist kein schlagendes Argument gegen Individuelle Hilfeplanung.
Schwieriger hingegen ist es, eine angemessene Form und ein angemessenes Verfahren zu finden. Für keines der entwickelten und eingesetzten Verfahren kann beansprucht werden, die letztgültige Form gefunden zu haben. Wir befinden uns in
Deutschland weithin in einer Phase des Entwickelns und Erprobens.
Diese Konferenz – insbesondere die Arbeit in den Foren – bietet die Chance, dabei
den Blick über die Landesgrenzen auf Erfahrungen in anderen europäischen Ländern auszuweiten, die im Hinblick auf die angesprochenen Themenkreise – Individuelle Hilfeplanung, Verpreislichung der Hilfen und Persönliches Budget sowie
regionale Hilfeplanung – auf breitere Erfahrungen zurückblicken. Darauf, denke ich,
dürfen wir gespannt sein.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Herausforderungen und politische Antworten im Bereich
der Hilfen für Menschen mit geistiger Behinderung in NRW
Birgit Fischer
Sozialministerin des Landes Nordrhein-Westfalen
Ich freue mich, mit Ihnen heute gemeinsam an dieser Europäischen Konferenz zur
Qualitätsentwicklung in der Behindertenhilfe teilzunehmen. Der Universität Siegen
und besonders Herrn Prof. Dr. Schwarte und dem ZPE danke ich herzlich für die Organisation der Konferenz. Sie haben durch Ihre Forschungsarbeiten vielfältige Impulse für Veränderungen in der Behindertenhilfe gegeben. Für mein Ministerium ist
diese Konferenz besonders wichtig, denn wir stehen bei den Hilfen für Menschen mit
einer geistigen Behinderung vor fachlichen und strukturellen Herausforderungen.
Die Zahl der Menschen, die Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten, wächst kontinuierlich. Allein im Zeitraum 2002 bis 2007 rechnen die überörtlichen Träger der
Sozialhilfe mit einer Steigerung von 21 %. Die Ausgaben der Eingliederungshilfe sind
zwischen 1994 und 2003 um 66 % gewachsen. Wir stehen heute vor einer doppelten
Herausforderung: Es geht um Strukturverbesserungen, die Teilhabe sichern und
Kosten begrenzen. Dabei geht es um „ambulante vor stationären“ Leistungen, den
Ausbau ambulanter betreuter Wohnformen, das persönliche Budgets und um „Hilfe
aus einer Hand“. Um diese Veränderungen gestalten zu können, bedarf es der kontinuierlichen Reflexion unserer Ziele und der Mittel und Wege, die wir einsetzen bzw.
beschreiten.
Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern können eine breitere Wissensgrundlage für unsere eigenen Anstrengungen schaffen: Wir können Anregungen erhalten, Bestätigung finden, aber auch Hinweise, die uns davor bewahren, Wege
einzuschlagen, die sich anderswo bereits als „Holzwege“ herausgestellt haben. Vor
diesem Hintergrund begrüße ich es sehr, den europäischen Rahmen dieser Konferenz. Die Beteiligung von „Inclusion Europe“ als bedeutendste europäische Nichtregierungsorganisation in diesem Bereich ist mir besonders wichtig.
Menschen mit Behinderungen haben das selbstverständliche Recht, akzeptiert zu
werden.
Sie wollen
•
•
als gleichberechtigte Partner in Familie, Beruf und Gesellschaft anerkannt und
in ihren Bemühungen, Barrieren abzubauen, unterstützt werden.
Damit meine ich nicht nur funktionale Barrieren, sondern auch Barrieren in den Köpfen und Herzen vieler Menschen. Es ist Aufgabe der Politik, insbesondere der Sozialpolitik, die oft unbeabsichtigten oder unbedachten Diskriminierungen, denen
Behinderte begegnen, in die gesellschaftliche Diskussion zu tragen und Hindernisse
und Barrieren abzubauen. Normalität bedeutet eben nicht, den Durchschnitt zum
Maßstab zu erklären und als „normal“ zu definieren, sondern die Vielfalt und Individualität der Menschen als Realität zu begreifen. Dabei ist es wichtig, auf die Solidarität der Gesellschaft bauen zu können. Hilfen müssen dazu befähigen, das Leben
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
nach eigenen Zielen zu gestalten. Menschen mit Behinderungen müssen dieselben
Chancen haben wie nicht behinderte Menschen. Eines ist entscheidend: Es geht
nicht um Hilfe, die bevormundet, sondern um Hilfe zum selbstständigen Leben, damit
das Recht auf uneingeschränkte Teilhabe, Gleichstellung und Selbstbestimmung zur
Geltung kommt.
Wir können unsere behindertenpolitischen Vorstellungen allerdings nicht losgelöst
von den Herausforderungen formulieren, die sich unserem Sozialstaat als Ganzes
stellen. Wir wissen, dass die sozialen Sicherungssysteme den Herausforderungen
der demographischen Entwicklung, Globalisierung und Beschäftigungssituation angepasst werden müssen. Wir haben bereits weit reichende Reformen in der Rentenversicherung und in der Krankenversicherung umgesetzt. In der Unfallversicherung
und der Pflegeversicherung haben wir die Reformen noch vor uns. Gerechte und
gleichberechtigte Lebenswelten für alle zu schaffen ist und bleibt auch unter veränderten Bedingungen das Ziel. Um dies zu erreichen, müssen unsere großen Sicherungssysteme weiterentwickelt werden.
Weil sich die Lebensbedingungen der Menschen gravierend verändert haben, ist es
nicht in erster Linie eine Frage des „Mehr“ oder „Weniger“ sozialer Angebote, sondern vor allem eine Frage des „Wie“. Der Reformbedarf der Infrastrukturen vor Ort ist
kaum geringer als in den großen Sicherungssystemen. Wir müssen uns jedoch fragen: Was und wie können wir etwas ändern, um gezielt und wirksam den Erfordernissen gerecht zu werden? In Nordrhein-Westfalen haben wir einen Weg
eingeschlagen zu mehr Selbstbestimmung, Teilhabe und Solidarität.
Wir haben uns
• gegen eine Beschränkung bzw. Deckelung der Ausgaben für Leistungen der Eingliederungshilfe und
• für strukturelle Verbesserungen im System der Leistungsgewährung und Leistungsvergütung ausgesprochen.
In unseren Bemühungen, gleichberechtigte Lebenswelten für alle Menschen zu
schaffen lassen wir uns gerade angesichts des Reformdrucks von den Grundsätzen
einer zeitgemäßen Sozialpolitik leiten:
• Aktivieren statt bevormunden
Sozialpolitik muss zuvorderst Chancenpolitik sein. Es geht mir nicht um eine staatliche Fürsorgepolitik, sondern um die Befähigung und Unterstützung, das Leben
selbst zu meistern. Der Staat darf Bürgern nicht die Verantwortung für ihr Leben abnehmen, sondern muss Rahmenbedingungen schaffen, unter denen sie ihr Leben
eigenverantwortlich gestalten können. Wir müssen weg von einer „reparierenden“
fürsorgenden Sozialpolitik hin zu einem gleichermaßen aktiven und aktivierenden
Sozialstaat, der die Fähigkeit und die Bereitschaft der Menschen stärkt, sich selbst
zu helfen, der auf effektive Hilfe, auf Prävention, Partizipation und Teilhabe zielt.
• Hilfe ganzheitlich gestalten
Der Begriff „Case Management“ mag manchen Bürgern suggerieren, hier verkomme
der Mensch zum sozial-bürokratischen Fall. Das Gegenteil ist richtig. Die einzelnen
Bedarfe und Lebensaspekte zu erkennen, ist wichtig, aber ebenso kommt es auf de20
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
ren Wechselspiel und Wechselwirkungen an. Erst eine ganzheitlich angelegte soziale
Infrastruktur rückt wieder den Menschen und nicht die Einrichtung in den Mittelpunkt.
Gerade bei der Behindertenhilfe, die nicht bevormundende, sondern selbstbestimmende Hilfestellung im ambulanten Bereich leisten will, kommt es darauf an, Einzelmaßnahmen nicht unverbunden aneinander zu reihen. Sie müssen auf den Einzelfall
abgestellt sein und die personenbezogenen Bedarfe als sektorenübergreifende Versorgungskette verbinden. Das dient nicht nur den behinderten Menschen, es entspricht auch dem Erfordernis der Wirtschaftlichkeit einer optimalen Versorgung und
Hilfestellung.
• Administration verändern
Wenn wir Sozialpolitik an mündigen Bürgern orientieren und nicht auf Objekte ausrichten, brauchen wir eine starke Zivilgesellschaft, in der Staat und Politik nicht hoheitlich lenken, sondern als Partner agieren. Wir müssen Teilhabe und Partizipation
ermöglichen, Sozialstaatlichkeit gewährleisten, aber auch Eigenverantwortung einfordern. Innovative, passgenaue Lösungen lassen sich nicht von oben herab vorschreiben. Die Politik ist auf die Ideen, das Wissen und die Erfahrungen der
Menschen vor Ort angewiesen. Eine Politik konkreter Chancen muss deshalb vor Ort
ansetzen. Gerechtigkeit und gleiche Lebenschancen enden nicht an den Grenzen
der Städte und Gemeinden. Hier sind die Länder gefordert, Einheitlichkeit zu wahren,
interkommunale Vernetzungen zu organisieren, Impulse für eine Weiterentwicklung
zu setzen und den Erfahrungstransfer zu organisieren.
In den nächsten Jahren wird die Zahl der Menschen mit Behinderungen, die Hilfen,
Förderung und Betreuung benötigen, deutlich steigen. Das ist nicht zuletzt auf die
Fortschritte in Medizin und Betreuung zurückzuführen. Das derzeitige DurchschnittsAlter von Heimbewohnern beträgt 40 Jahre. Das niedrige Durchschnitts-Alter hat zur
Folge, dass in den kommenden Jahren weniger Menschen mit Behinderungen stationäre Einrichtungen verlassen, als neue Bewohner hinzukommen. Das führt zu drastisch steigenden Fallzahlen und damit verbundenen Kosten. Viele behinderte
Menschen, die stationär betreut werden, bedürfen eigentlich keiner stationären
Betreuung. Sie verbleiben aber dort, weil oftmals vor Ort ambulante Betreuungsmöglichkeiten fehlen. Ein flächendeckender Ausbau dieser Betreuungsmöglichkeiten unterblieb bisher, obgleich gerade das selbstständige Wohnen die Autonomie von
Menschen mit Behinderungen stärkt und auch die Praxis zeigt, dass das ambulante
Wohnen kostengünstiger sein kann als das stationäre.
Wenn ich die Situation der Hilfen zum Wohnen für Menschen mit geistiger Behinderung in Nordrhein-Westfalen beschreibe, gilt das in vielen Aspekten weit über die
Landesgrenzen hinaus. Erfreulicherweise haben wir mittlerweile eine recht präzise
und differenzierte Datenlage. Ich kann mich dabei auf erste Ergebnisse der Begleitforschung des ZPE zur Zuständigkeitsveränderung bei der Eingliederungshilfe in
NRW stützen. Sie werden derzeit für eine landesweite Auswertung aufbereitet.
Zum 30.06.2003 gab es in Nordrhein-Westfalen etwa 30.300 Plätze in stationären
Einrichtungen für Menschen mit einer geistigen Behinderung. Diese Zahl ist das Ergebnis eines ständigen Ausbaus stationärer Plätze, der in den zurückliegenden Jahren bei 4 bis 8 % lag. Der seit Beginn der 80er Jahre sozialrechtlich gültige
Grundsatz „ambulant vor stationär“ hat auf diese Entwicklung offensichtlich nur wenig
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Einfluss genommen. Dem Subsidiaritätsprinzip entsprechend werden die Angebote
zu über 80 % von Freien Trägern vorgehalten und mit 16,4 % von öffentlichen Trägern. Demgegenüber haben sich die Hilfen zum ambulant betreuten Wohnen für
Menschen mit geistiger Behinderung nur sehr zögerlich entwickelt.
Der Anteil der Hilfen für Menschen mit geistiger Behinderung an allen wohnbezogenen Hilfen macht lediglich etwa 8 % aus.
Es fehlen in den meisten Gebietskörperschaften übergreifende Planungsstrukturen.
Es fehlt die Orientierung an einem Netzwerk von Hilfen, das Menschen mit geistiger
Behinderung erst in der Gesamtheit eine überzeugende Alternative zur stationären
Einrichtung eröffnet. Die Annahme, Menschen mit einer geistigen Behinderung,
bräuchten per se einen Heimplatz, wenn sie nicht mehr in der Familie leben können,
ist bei vielen Akteuren noch weit verbreitet. Dies wird u.a. daran deutlich, dass viele
Träger und Planungsverantwortliche einen Bedarf zum weiteren Ausbau stationärer
Angebote sehen. Stationäre Angebote sind meist moderne bzw. modernisierte Gebäude mit angemessener Ausstattung und interner Wohngruppenstruktur:
• Die meisten geistig behinderten Menschen leben in Gruppen bis zu 8 Personen
zusammen, allerdings mehr als 15 % von ihnen auch mit mehr als 12 Personen in
einer Wohngruppe.
• Etwas über 70 % der geistig behinderten Heimbewohner haben ein Zimmer für
sich, ca. 25 % leben in einem Doppelzimmer, der Rest in Dreier- und Viererzimmern,
die zwar sehr selten geworden, aber immer noch vorhanden sind.
• Dabei gilt: Je kleiner die Einrichtung, umso größer ist die Anzahl der Bewohner,
die aus der Region kommen, in der die Einrichtung liegt.
• 75 % des Personals in den Einrichtungen hat eine einschlägige Fachqualifikation,
d.h. Fachschul- oder Hochschulausbildung.
Die eben skizzierte Entwicklung ist widersprüchlich. Positiven Momenten stehen
problematische Aspekte gegenüber.
Die Ausgaben für die Eingliederungshilfe in NRW sind im Zeitraum von 1999 bis
2003 um 22 % auf 2,35 Mrd. Euro gestiegen. Auch wer diese „Investition“ stützt,
muss fragen, wofür, d.h. für welches Konzept wird das Geld ausgegeben? Erhalten
die behinderten Bürgerinnen und Bürger, für die der Staat durchschnittlich 40.000
Euro pro Jahr aufwendet, tatsächlich die individuell abgestimmten Hilfen, die sie
wünschen und die ihrem Bedarf entsprechen?
Ich komme zu dem Fazit: Wir brauchen nicht primär zusätzliche Heimplätze, sondern
andere Konzepte.
Die guten Erfahrungen mit individueller Hilfe in der eigenen Wohnung oder in kleinen
Wohngemeinschaften in anderen europäischen Ländern, besonders in Skandinavien,
bieten Anlass, auch bei uns grundlegende Veränderungen einzuleiten:
Weg von der Konzentration auf Einrichtungen,
hin zu einer personenzentrierten Planung, die sich an individuellen Bedürfnissen und
Möglichkeiten orientiert.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Dieser Perspektivenwechsel gilt nicht nur den Menschen mit einer leichteren Behinderung, er muss allen Menschen mit einer geistigen Behinderung gelten. Nicht in jedem Einzelfall, aber doch im Durchschnitt, sind ambulante Hilfen auch
kostengünstiger. Wir brauchen zum Beleg mittlerweile gar nicht mehr über die Grenzen unseres Landes schauen. Auch in Nordrhein-Westfalen gibt es viele Beispiele
ambulanter Betreuung, die positive Orientierungen bieten können. Ich denke z.B. an
die Kontakt-, Koordinierungs- und Beratungsangebote, die der Landschaftsverband
Rheinland fördert. Frau Hoffmann-Badache wird uns gleich sicher noch näheres dazu
berichten. Wenn die ambulanten Hilfen auch in quantitativer Hinsicht unterentwickelt
sind, so gilt das in qualitativer Hinsicht ganz und gar nicht! Ambulante Dienste haben
in ihrer noch kurzen Entwicklungsgeschichte eindrucksvoll gezeigt, dass sie eine überzeugende Alternative zur stationären Unterbringung anbieten können, wenn die
Rahmenbedingungen stimmen.
Zu diesen Rahmenbedingungen zählen neben einer angemessenen Finanzierung
1. Vorbereitende Hilfen, die in familiären Bezügen auf ein selbständiges Leben
vorbereiten und auch die Angehörigen ermutigen, sich auf neue Formen der
Unterstützung einzulassen. Die Landesregierung hat dazu durch ein Förderprogramm zum Aufbau Familienunterstützender Dienste Impulse gegeben.
2. Ein Gemeinwesen, das sich den Belangen von Menschen mit geistiger Behinderung öffnet. Barrierefreiheit heißt nicht zuletzt Geduld und Aufmerksamkeit
im Umgang mit Menschen mit Behinderungen und ihre Einbeziehung in das
öffentliche Leben. Die Landesregierung hat dafür mit dem LandesBehindertengleichstellungsgesetz den rechtlichen Rahmen hergestellt, der
nun mit Leben gefüllt werden muss. (Inkrafttreten: 1. Januar 2004).
Mit der zum 1. Juli 2003 in Kraft getretenen Zuständigkeitsveränderung in der Eingliederungshilfe (Änderung der VO zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes,
AV-BSHG) haben wir den Weg zu mehr ambulanten Wohn- und Unterstützungsangeboten eröffnet. Die Zuständigkeit in der Eingliederungshilfe für das selbstständige
Wohnen behinderter Menschen wurde nach intensiver Diskussion zeitlich befristet
bei den Landschaftsverbänden – den überörtlichen Trägern der Sozialhilfe in NRW –
zusammengeführt. Mit dieser Bündelung verbinden sich nach dem übereinstimmenden Willen des Landes, der kommunalen Spitzenverbände und der Landschaftsverbände weitreichende behindertenpolitische Reformziele. Gemeinsam wollen wir:
• den bedarfsgerechten Ausbau ambulanter Hilfen verbessern,
• gemeindenah und flächendeckend eine verlässliche Infrastruktur aus ambulanten
Diensten zur Verfügung stellen, die flexible Hilfen für Menschen mit Behinderung im
Alltag ermöglichen,
• die soziale Integration und selbstbestimmtes Leben in der Heimatgemeinde ermöglichen,
• dem Anstieg der Fälle und der Kosten im stationären Bereich entgegen wirken,
• eine finanzielle Entlastung herbeiführen und
• eine Versorgungsstruktur entwickeln, die effektiv und effizient optimale Hilfe anbietet.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Diese Ziele sind nahezu gleichlautend Gegenstand der im Frühjahr 2004 zwischen
den Kommunalen Spitzenverbänden und den Landschaftsverbänden ausgehandelten Zielvereinbarung „Eingliederungshilfe Wohnen“. Das Land hat sich dafür entschieden, die Zuständigkeitsverlagerung auf die Landschaftsverbände auf sieben
Jahre bis zum 30.06.2010 zu befristen. Auf der Basis der Erfahrungen und Erkenntnisse soll dann eine dauerhafte Regelung erfolgen.
Das Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste (ZPE) der Universität Siegen begleitet diesen Prozess wissenschaftlich und evaluiert die Wirkungen der Neuregelung. Dabei soll auch ermittelt werden, wie am ehesten eine bedarfsgerechte,
zielgenaue, effektive und kosteneffiziente Hilfe geleistet werden kann, die dem Anspruch behinderter Menschen auf Selbstbestimmung gerecht wird. Für mich ist dieses innovative Projekt der richtige Weg, behinderte Menschen bei der Entfaltung
ihrer Selbstbestimmung stärker zu unterstützen.
Eine Sache ist es, fachpolitische Ziele zu formulieren, eine andere Sache ist es, diese Ziele – seien sie noch so klug – in alltägliche Praxis umzusetzen. Veränderungen
sind oft mühsam. Die Themen dieser Konferenz, die personenzentrierte Hilfeplanung
und Finanzierung sowie örtliche Planung von Angeboten und Teilhabemöglichkeiten
für Menschen mit Behinderungen sind zentrale Ansatzpunkte für die angestrebten
Veränderungen.
Mit dem Finanzierungsinstrument des Persönlichen Budgets für Hilfeempfänger werden allen Beteiligten neue Handlungsmöglichkeiten eröffnet, die vor allem die Betroffenen stärken können. Dies gilt aber nicht voraussetzungslos. Spezifische Formen
der Information, Beratung und Unterstützung sind erst noch zu erarbeiten und zu erproben. Auch das ist ein Thema, dem Sie sich im Rahmen dieser Konferenz stellen
und an dem sich mein Ministerium aktiv beteiligen möchte.
In der Theorie der Organisationsentwicklung heißt es, dass es bei solchen Veränderungsprozessen darum gehen muss, möglichst viele Beteiligte zu Gewinnern zu machen, also „win-win“-Situationen herzustellen. Wir sollten dieses Prinzip beherzigen,
es soll möglichst viele Gewinner geben.
Ich werde mich vor allem dafür einsetzen, dass eine Gruppe in Nordrhein-Westfalen
auf jeden Fall zu diesen Gewinnern gehört: Die Bürgerinnen und Bürger mit geistiger
Behinderung.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Personenzentrierte Planung und Finanzierung aus der
Sicht von Netzwerk People First Deutschland e.V.
Stefan Göthling
Netzwerk People First Deutschland e.V.
Heute hörte ich hier auf dieser Tagung in Siegen schon sehr oft diesen Begriff „geistige Behinderung“. Wir vom Netzwerk People First Deutschland e.V. finden diesen
Begriff diskriminierend. Wer hat das Recht einen Mensch „geistig behindert“ zu nennen? Wer legt dafür die Messlatte an? Nach was soll der Geist eines Menschen berechnet werden? Aus diesem Grund benutzen wir den Begriff „Menschen mit
Lernschwierigkeiten“, weil wir sehr oft nicht die Möglichkeit hatten, die wir gebraucht
hätten, so zu lernen, wie es für uns passt.
Nun ein paar Ideen zu dieser Tagung, wie ich mir es vorstelle, was so meine Gedanken, meine Sorgen sind. Wir sind Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten und
jeder Mensch hat eine eigene Persönlichkeit. Aus diesem Grund muss nach Modellen geschaut werden, die für jeden passen, denn jeder Mensch ist verschieden und
jeder Mensch hat andere Bedürfnisse, Wünsche, Träume und Ziele. Heute habe ich
Ihnen hier eine Strumpfhose mitgebracht, dran steht eine Größe für alle. Eine Größe
für alle zum Preis von 3,99, aber dieses Modell, dieses passt nicht für Menschen mit
Behinderung. Ich meine nicht die Strumpfhose in dem Sinne, sondern das, was Menschen mit Behinderungen manchmal angeboten kriegen, weil man meint, das passt
schon, das ist schon das Richtige. Aber Menschen mit Behinderungen haben ganz
andere Wünsche, Träume und Ziele. Deswegen möchte ich Ihnen so ein paar Gedanken jetzt von mir zu heute und zur Zukunft geben.
Wir reden hier für Menschen im Heim. Ich frage mich: Ist dieser Begriff Heim nicht
benutzt worden, müssen wir nicht von Anstalten für Menschen mit Behinderungen
reden? Erlauben Sie mir, dass ich kurz meine Gedanken Ihnen dazu erkläre. Heim.
Ich habe einmal in meiner Frühzeit in einer Anstalt gewohnt für Menschen mit Behinderung. Die lag über 50 km von zu Hause weg und ich konnte nur in den Ferien nach
Hause geholt werden. Meine Mutter sagte sehr oft zu mir: In den Ferien holen wir
dich heim. Das Heim, was damit eigentlich gemeint ist, mit dem Wort Heim seh ich
so: Heim, Geborgenheit gleich Liebe, Anerkennung. Aber davon können wir ja nicht
reden, wenn wir die Heime in Deutschland meinen. Denn da ist doch das Wort missbraucht worden. So sollte dieser Begriff Heim einmal ganz schnell neu überdacht
werden.
Jetzt ein paar Zahlen, die ich mir besorgt hab, extra heute für diesen Vortrag.
160.000 Menschen mit Behinderungen leben in Anstalten, davon 20% in Drei- und
Mehrbettzimmern, 41% in Zweibettzimmern. Jetzt eine Frage an Sie, liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser Tagung: Möchten Sie in einem Drei- oder Mehrbettzimmer leben oder möchten Sie immer mit einer Person, die Sie vielleicht gar nicht
sich ausgesucht haben, zusammen leben? Bestimmt nicht! Auch gleich noch eine
Frage anschließend: Ist Ihnen beim Kochen schon einmal ein Missgeschick passiert,
das Essen angebrannt oder das Essen gar nicht gelungen? Ach so, Sie, wenn ich so
ins Publikum gucke, da haben eben einige genickt. Aber bei Menschen mit Lern25
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
schwierigkeiten sagt man: Na ja, noch nicht fit genug, muss noch in der Anstalt bleiben oder im Heim, wie sie sagen. Oder beim Wäsche waschen, schon mal eine Maschine voll verfärbt oder etwas zu heiß gewaschen und einige Pullover oder Jacken
oder Hosen waren zwei Nummern zu klein? Bestimmt! Aber bei Menschen mit Lernschwierigkeiten wird so was alles verlangt. Man sagt: Wenn Du das nicht kannst,
dann bist du noch nicht fit gemacht. Also müsste ich ja jetzt auch zu Ihnen sagen:
Wenn das Ihnen passiert, dann sind Sie noch nicht fit genug und Sie müssten zurück
oder auch Sie müssten ins Heim.
Aber nun genug zum Zahlen und zu dem, wie man mit Menschen mit Lernschwierigkeiten zusammen arbeitet und wo man meint, dass so genannte Profis wissen, was
für uns gut ist. Ich will jetzt in die Zukunft sehen und möchte hier heute einige Vorschläge machen, wie könnte es anders sein, was muss sich verbessern oder was ist
für uns für Wahlmöglichkeiten wichtig. Es soll oder es kommt 2008 das Persönliche
Budget. Man muss dieses so gut vorbereiten, dass alle Menschen mit Behinderungen etwas davon haben. Ich meine das so, auch die Menschen mit höherem Unterstützungsbedarf, so nennen wir sie bei People First, denn wir finden den Begriff fit
und schwach nicht gut. Es wertet Menschen ab. Also Menschen mit höherem Unterstützungsbedarf müssen durch Unterstützungspersonen oder durch Fachpersonen
so unterstützt werden, dass sie an dem Persönlichen Budget teilnehmen können.
Das kann z.B. sein, wenn man nicht reden kann, dass man mit Symbolen arbeitet
oder guckt Daumen hoch, Daumen runter, oder eine Kiste für die Person hat, wo sie
ihre persönlichen Wünsche rein tun kann, die sie vielleicht mal in einer Zeitschrift
ausgeschnitten hat und vielleicht sind Bilder drinne zum Wohnen, was dieser Person
für Möbel gefallen oder oder oder. Also man muss da ganz genau aufpassen und
vielleicht andere Wege gehen, wie bis jetzt gegangen worden sind.
Noch ein paar Ideen zum Persönlichen Budget. Ich stelle mir vor, dass beim Persönlichen Budget, wenn das eingeführt wird, ich als Mensch mit Lernschwierigkeiten wie
in ein Kaufhaus gehe, wo ganz verschiedene Sachen angeboten werden zum Persönlichen Budget, wo ich mir die Sachen kaufen kann, die ich unbedingt benötige,
um ein gleichberechtigtes Leben führen zu können. Unterstützung und Hilfen, die
sollen da angeboten werden und ich, als Mensch mit Lernschwierigkeiten, geh durch
das Kaufhaus durch und gucke mir die verschiedenen Angebote an, so dass, ich
werde nur das nehmen oder das vom Persönlichen Budget mir nehmen, was passt.
Nicht wie die Strumpfhose eine für alle, denn das Modell ist ein Auslaufmodell. Wir
brauchen ganz verschiedene Sachen beim Persönlichen Budget. Der eine braucht
Unterstützung, meinetwegen beim Schreiben oder Vorlesen, der andere braucht Unterstützung im täglichen Leben, beim Einkaufen oder oder. Es muss ganz verschiedene Sachen in diesem Kaufhaus geben und ich bin sozusagen der Kunde und kann
mit dem Persönlichen Budget meinen Einkaufszettel abarbeiten und alle die Hilfsmittel aussuchen oder Personen, die mir ein gleichberechtigtes Leben und allen anderen Menschen mit Behinderung ein gleichberechtigtes Leben ermöglichen.
Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und noch einmal bei diesem
Veranstalter dieser Tagung, dass ich als Vertreter vom Netzwerk People First
Deutschland e.V. die Möglichkeit hatte, hier zu Ihnen zu sprechen und möchte Sie
bitten, überlegen Sie einmal meine Gedanken. Vielleicht können Sie den einen Gedanken mit mir teilen und Menschen mit Lernschwierigkeiten auf ihrem Weg unterstützen. Danke!
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Voraussetzungen für eine gelingende Einführung des
Persönlichen Budgets und Systemwirkungen des neuen
Leistungselements
Michael Conty
von Bodelschwinghsche Anstalten Bethel
Rehabilitation und Teilhabe – das Sozialgesetzbuch IX
Das für Menschen mit Behinderung in Deutschland bedeutsame Sozialgesetzbuch
Neun (SGB IX) „Rehabilitation und Teilhabe“ stellt seit Juli 2001 auf individuelle Sozialleistungen ab, um behinderungsbedingte Einschränkungen in medizinischer, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht so weit wie möglich zu beseitigen.
Nach dem Willen des Gesetzgebers soll das SGB IX eine gemeinsame Plattform errichten, „auf der durch Koordination, Kooperation und Konvergenz ein gemeinsames
Recht und eine einheitliche Praxis der Rehabilitation und der Behindertenpolitik“ entstehen können. Lachwitz1 weist darauf hin: „Das Sozialrecht hat sich durch diese gesetzgeberischen Maßnahmen erheblich verändert. Dennoch haben Bundestag und
Bundesrat an einem wesentlichen Strukturmerkmal des Deutschen Sozialstaats festgehalten: Am gegliederten System der Sozialen Sicherung, d. h. an der Unterscheidung zwischen Leistungen der Sozialversicherung (Gesetzliche Krankenversicherung, Gesetzliche Rentenversicherung, Gesetzliche Unfallversicherung, Gesetzliche Arbeitslosenversicherung, Soziale Pflegeversicherung u. a.), Leistungen der
Fürsorge (Sozialhilfe, Jugendhilfe u. a.) und sozialen Entschädigungsleistungen
(Bundesversorgungsgesetz, Opferentschädigungsgesetz u. a.).“
Die grundsätzliche Problematik der verschiedenen Leistungsstränge und ihrer inneren Differenzierung führt dazu, dass es unterschiedliche Behinderungsbegriffe und
Leistungszugänge gibt, dass Menschen mit Behinderung sich mehrfacher Begutachtung aussetzen müssen und dass ihre persönliche Lebenslage nicht einheitlich und
ressourcenorientiert bei der Ermittlung der notwendigen Unterstützungsleistungen in
den Blick genommen wird. Trotzdem: die mit dem SGB IX eingeschlagene Richtung
stimmt. Das Gesetz muss in Richtung auf ein einheitliches Leistungsgesetz weiter
entwickelt werden. Hierfür haben die Fachverbände schon früh Vorschläge gemacht.2
Voraussetzungen für eine gelingende Einführung des trägerübergreifenden
Persönlichen Budgets
Das Herzstück des SGB IX ist das trägerübergreifende Persönliche Budget, das seit
Juli 2004 nach § 17 SGB IX auf Antrag gewährt werden kann. Folgende Merkmale
kennzeichnen ein Persönliches Budget:
1
Klaus Lachwitz, Überblick zu den wichtigsten Neuregelungen und Änderungen in den Sozialgesetzbüchern SGB II, IX, XII einschließlich der Auswirkungen der Gesundheitsreform auf die Hilfen für
Menschen mit Behinderung und psychischer Erkrankung - Fachtagung: Einstieg in den Durchblick am
08. und 09. Juni 2004 in Berlin
2
4 Fachverbände, Diskussionspapier zur Weiterentwicklung und Vereinfachung der Strukturen von
Teilhabe- und Rehabilitationsleistungen für Menschen mit Behinderung, 12/2003
27
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
1. Bislang im Wege der Sachleistung durch den zuständigen Sozialleistungsträger erbrachte Rehabilitations- und Teilhabeleistungen werden auf pauschalierte Geldleistungen (und/oder „Ziehungsrechte“) umgestellt.
2. Diese Geldmittel fließen dem Hilfeberechtigten direkt zu (Umlenkung des Mittelflusses).
3. Diese Geldleistung ist kein erweitertes „Taschengeld“, sondern soll für einen
definierten, nicht zu kurzen Zeitraum den regelmäßig erwartbaren Unterstützungsbedarf durch selbstbeschaffte Dienstleistungen decken (Bedarfsdeckung
über einen längeren Zeitraum).
4. Das zur Verfügung gestellte Budget ist weitgehend frei disponibel, so dass
dem Leistungsberechtigten wesentliche Entscheidungsspielräume bei der
Auswahl von Unterstützungsleistungen eröffnet werden. (Wahlmöglichkeiten)
Mit dem trägerübergreifenden Persönlichen Budget ist die strukturelle Zumutung verknüpft, dass das, was der Staat mit seinem Rechtssystem nicht herzustellen vermag,
nun individuell von den Menschen mit Behinderung überbrückt werden soll. „Seine
herausragende Bedeutung erlangt das Persönliche Budget (…) dadurch, dass es bei
erfolgreicher Anwendung und konstruktiver Mitwirkung der verschiedenen Rehabilitationsträger einen wesentlichen Beitrag dazu leisten kann, die verkrusteten Strukturen
des gegliederten Systems der sozialen Sicherung aufzubrechen“.3
Das Persönliche Budget soll, auf einen Leistungsberechtigten4 bezogen, eine Integration von aus verschiedenen Systemen mit unterschiedlichen Zugangsvoraussetzungen gewonnen Leistungskomponenten schaffen, indem diese in Geld
pauschaliert werden und die konkrete Leistungskonfiguration und -ausgestaltung
dem Mensch mit Behinderung überlassen werden. Das Persönliche Budget ist der
Versuch, den Super-GAU des zersplitterten Sozialleistungssystems konstruktiv zu
überwinden. Es bietet neben allen Zumutungen auch Chancen, die unbedingt genutzt werden sollten.
Dabei bleibt das Persönliche Budget allerdings jederzeit nur eine Form der Leistungserbringung klassischer Teilhabe-„Systemleistungen“ wie die entsprechenden
System-Sachleistungen auch: also eine auf spezifische Weise gestaltete ziel- und
maßnahmeorientierte Teilhabeleistung, die keine allgemeine und unspezifische
Nachteilsausgleichfunktion hat.
Wenn das Persönliche Budget aber nur eine Form der Leistungserbringung ist, muss
man unbedingt bedacht sein, eine mögliche Kritik auch hierauf zu konzentrieren und
nicht auf andere im individuellen Prozess vorgelagerte Fragestellungen zu beziehen.
Vor der Entscheidung über die Form der Leistungserbringung liegt die Klärung der
Leistungsberechtigung und des Bedarfs sowie der notwendigen Leistung:
3
4
Klaus Lachwitz, a. a. O.
wegen der besseren Lesbarkeit wird durchgängig die männliche Form verwendet
28
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Leistungsberechtigung - Bedarfsfeststellung - notwendige Teilhabeleistungen Leistungsform
Die Integrationsfunktion des Persönlichen Budgets hat jedoch auch Bezug auf vorgelagerte Aspekte. So muss insbesondere die Art der Bedarfsfeststellung eine integrierte Sicht auf die Lebenssituation und die individuellen Unterstützungsnotwendigkeiten
ermöglichen. Fehlt diese Komponente oder ist sie wie derzeit bei uns nicht zufrieden
stellend entwickelt, sind mögliche sich hieraus ergebende Probleme nicht der Methodik des Persönlichen Budgets anzulasten. Das gleiche gilt für eine noch nicht zufrieden stellend entwickelte Kooperationskultur zwischen des Sozialleistungsträgern und
Unschärfen hinsichtlich der Ausgestaltungsfreiheit von Sozialversicherungsleistungen
im Rahmen eines Persönlichen Budgets.
Notwendige Voraussetzungen für die gelingende Einführung des Persönlichen Budgets sind in der Folge aufgeführt. Manche davon sind heute bereits ganz oder teilweise gegeben. Manche werden wir uns leider erst im Prozess der Einführung bzw.
im Laufe der Arbeit mit diesem Instrumentarium erarbeiten können, d. h. die Implementation wird es wegen teilweise nicht gegebener Voraussetzungen schwer haben.
Folgende Voraussetzungen müssen aus meiner Sicht gegeben sein:
1. Komplex: Zugang und Rechtsanspruch
Das Persönliche Budget ist für jeden leistungsberechtigten Menschen mit Behinderung unabhängig von Art und Schwere der Behinderung und dem sich hieraus ergebenden quantitativen und qualitativen Unterstützungsbedarf auf der Basis eines
Rechtsanspruchs zugänglich.
29
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
2. Komplex: Bedarfsdeckung und Wahlmöglichkeiten
Die Leistungen für Menschen mit Behinderung sind individuell vollständig bedarfsdeckend und werden durch Form ihrer Erbringung prinzipiell nicht geschmälert.
Ein Persönliches Budget orientiert sich in der Höhe in der Regel an ggf. entsprechend einzusetzenden Sachleistungen, damit dem Hilfeberechtigten tatsächlich eine
Wahlmöglichkeit bei der Auswahl von Unterstützungsleistungen eröffnet wird. Jeder
Leistungsberechtigte kann wählen, ob er seinen Anspruch im Wege eines Persönlichen Budgets, einer Kombination aus Teil-Budget und ergänzenden Sachleistungen
oder vollständig auf Basis von Sachleistungen realisieren will.
3. Komplex: Bedarfsermittlung und Verfahren
Jeder Leistungsberechtigte erhält die Hilfe „aus einer Hand“. Die Klärung und vollständige Realisierung der individuellen Unterstützung im Einzelfall obliegt einem Sozialleistungsträger als universellem und verantwortlichem Leistungskoordinator für
den Menschen mit Behinderung. Im Verfahren besteht Sicherheit für alle potentiellen
Budgetnehmer, ausreichend Unterstützung bei der Durchsetzung ihrer berechtigten
Interessen zu erhalten. Dies schließt auch einfache Beschwerde- und Überprüfungswege ein (Rechtswahrung). Der Unterstützungsbedarf wird in unmittelbarem Austausch mit dem Leistungsberechtigten (bzw. unter Hinzuziehung seiner
Vertrauenspersonen5) ermittelt. Bei der Ermittlung des Unterstützungsbedarfs sind
die persönliche Situation, die Lebensumstände und die persönlichen Wünsche des
Menschen mit Behinderung zu berücksichtigen. Zur Bemessung des Persönlichen
Budgets wird eine unabhängige, ICF6-basierte Unterstützungsbedarfsermittlung
(ressourcenorientiert, nachvollziehbar, sachkundig und interdisziplinär) herangezogen.
4. Komplex: Unterstützungsplanung und Verwendungsüberprüfung
In unmittelbarem Austausch mit dem Leistungsberechtigten (bzw. seinen Vertrauenspersonen) erfolgt „auf Augenhöhe“ (kein Expertentribunal!) eine auf der Ermittlung des Unterstützungsbedarfs aufbauende, integrierte und entwicklungsoffene
Unterstützungsplanung. Das Persönliche Budget ist von dem Leistungsberechtigten
zielorientiert einzusetzen. Es wird vom Budgetnehmer in eigener Verantwortung (ggf.
mit Unterstützung durch Vertrauenspersonen) verwaltet. Eine enge und rigide Zielvereinbarungs- und Kontrollpraxis macht nicht nur die Inanspruchnahme eines Persönlichen Budgets unattraktiv, sie verhindert auch die Entwicklung und Wahrnehmung
von Regiekompetenz und Wahlmöglichkeiten, also letztlich: individuell passgenaue
Teilhabeleistungen. Die Gutscheinregelung für Pflegeversicherungsleistungen ist ebenso kontraproduktiv, wie eine starke Zielvereinbarungsbindung an spezifische
Leistungserbringung. Die zielorientierte Verwendung wird regelmäßig in einem Gespräch zwischen dem Budgetnehmer (ggfs. unter Hinzuziehung seiner Vertrauenspersonen) und Sozialfachleuten (im Auftrag des beauftragten Leistungsträgers)
reflektiert.
5
gemeint sind gesetzliche Betreuer und auf Wunsch des Betroffenen zuzuziehende Angehörige,
Freunde, Vertreter von Selbsthilfeorganisationen oder beauftragten Diensten
6I
International Classification of Functioning, Disability and Health / Internationale Klassifikation der
Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit der WHO
30
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
5. Komplex: Budgetverwendung
Das persönliche Budget wird in Form eines Geldbetrags (i. d. R. monatlich) ausgezahlt.7Dem individuellen Informations- und Schulungsbedarf wird Rechnung getragen.
Budgetberatung
und
Verwendungsunterstützung
durch
Personen,
Organisationen oder Dienste des Vertrauens sind in der Budgetbemessung bei Bedarf enthalten. Die Entwicklung eines Verbraucherschutzsystems (Leistungsberatung, Marktvergleich, standardisierte Leistungsverträge) wird öffentlich gefördert.
6. Komplex: Infrastruktur
Regional ist eine vertrauensvolle Kooperation zwischen den Sozialleistungsträgern
zur integrierten Leistungserbringung entwickelt. Zur praktischen Umsetzung ist für
den Budgetnehmer unerlässlich, dass es professionelle Unterstützungsmöglichkeiten
(Dienste und Einrichtungen) ebenso gibt wie die Möglichkeit, vertraglich gesichert
eigene Assistenzkräfte anwerben zu können.
Ich befürworte die Einführung Persönlicher Budgets. Mit diesem neuen Unterstützungsinstrumentarium sind mehr Chancen als Risiken verbunden. Die gern angeführte Missbrauchsvermutung als Hindernis für die Einführung Persönlicher Budgets
diskreditiert m. E. in erster Linie diejenigen, die a priori hiervon ausgehen. Natürlich
wird einiges schief gehen und natürlich wird es Probleme geben. Manches davon
wird behinderungsbedingten Problemen geschuldet sein, manches einer klientenorientiert weiter zu entwickelnden Verwaltungspraxis, manches der wirtschaftlichen Lage behinderter Menschen und dem Stand ihrer gesellschaftlichen Inklusion. Die
Lebenslage von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung ist in Deutschland
nicht rosig, sie leben in Deutschland i. d. R. von Sozialhilfe, also an der Armutsgrenze, und sind häufiger sozial ausgegrenzt als bereitwillig in das Leben der Gesellschaft aufgenommen. Deshalb geht es darum, ihre Bewegungsräume zu erweitern.
Ohne Risikobereitschaft ist mehr Freiheit und Selbstbestimmung, mehr individuelle
Verantwortungsübernahme für das eigene Leben aber nicht zu erlangen. Über eine
bedarfsdeckende finanzielle Pauschalleistung können Menschen mit Behinderung in
die Lage versetzt werden, die für sie individuell notwendigen Unterstützungsleistungen selbst einzuwerben und zu konfigurieren. So kann m. E. die Souveränität der
leistungsberechtigten Menschen mit Behinderung gestärkt und eine Steigerung der
Passgenauigkeit der Hilfen erreicht werden. Der notwendige Lernprozess für alle Beteiligten ist genauer in den Blick zu nehmen und mit den notwendigen Ressourcen zu
unterstützen.8
Systemwirkungen des Persönlichen Budgets
Im Folgenden werden Auswirkungen der neuen Leistungsform auf das sozialrechtliche Leistungsdreieck dargestellt. Ich beschränke die Betrachtung hier beispielhaft
auf die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach § 53 ff. SGB XII.
7
Als besonderer Mangel ist derzeit die Gutscheinlösung für die Sachleistungen der Pflegversicherung
anzusehen.
8
z. B. Förderung zeitgemäßer erwachsenenbildnerischer Angebote zum Persönlichen Budget
31
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Beziehung: Leistungsberechtigter - Sozialleistungsträger
Allgemein ist zu sagen: Wenn heute ein Mensch mit wesentlicher Behinderung Unterstützung benötigt, so ist er im Rahmen unseres Sozialleistungssystems in der Regel auf die Sozialhilfe angewiesen. Im Rahmen der Eingliederungshilfe kann er
gegenüber dem zuständigen Sozialhilfeträger die notwendigen Hilfen beanspruchen.
Dieser öffentlich-rechtliche Rechtsanspruch besteht individuell seitens des Leistungsberechtigten gegenüber dem Sozialhilfeträger. Gebunden an das Prinzip der
Bedarfsdeckung muss der Sozialhilfeträger dem Hilfeberechtigten dessen Einzelanspruch auf Deckung des individuellen Hilfebedarfs bei Vorliegen der Voraussetzungen befriedigen. Wie der Sozialhilfeträger seiner Pflicht zur Bedarfsdeckung
nachkommt, obliegt seiner in pflichtgemäßem Ermessen getroffenen Entscheidung.
Wenn Eingliederungshilfe zu leisten ist, deckt der Sozialhilfeträger den vorhandenen
Hilfebedarf in der Regel nicht selbst, sondern trägt die Kosten für die Leistungserbringung durch einen Dienst oder eine Einrichtung.
Beziehung: Sozialleistungsträger - Einrichtung
Zur Regelung ihres Verhältnisses treffen Sozialhilfeträger und Einrichtungsträger öffentlich-rechtliche Vereinbarungen über die zu erbringenden Leistungen, ihre Vergütung und die Prüfung von Wirtschaftlichkeit und Qualität, die eingebettet sind in
Empfehlungen und Rahmenvereinbarungen auf Bundes- und Landesebene (§ 75
SGB XII).
Nach § 76 SGB XII müssen im Rahmen der Leistungsvereinbarung die wesentlichen
leistungsbeeinflussenden Merkmale festgelegt werden.9 Mit dieser Vorschrift möchte
9 Hierzu gehören mindestens die betriebsnotwendigen Anlagen (also beispielsweise das Heim und
seine Einrichtung), der zu betreuende Personenkreis, Art, Ziel und Qualität der Leistung, die Qualifika-
32
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
der Gesetzgeber sichern, dass der Leistungsrahmen und seine Qualität genau beschrieben und festgelegt werden, damit letztlich Leistungssicherheit für die betreuten
Menschen entsteht. Gleichzeitig steht diese Leistungsvereinbarung natürlich in engstem Zusammenhang zur Vereinbarung einer Vergütung. Die Leistungsvereinbarung
legt zusammen mit der Vergütungsvereinbarung den Leistungsstandard fest.
Der Gesetzgeber hat die Leistungen und damit die Vergütungen auch begrenzt. In §
76 SGB XII heißt es u.a.: „Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und
wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.“ Es ist
klar, dass hiermit „Luxusleistungen“ zu Lasten der Sozialhilfe ausgeschlossen werden. Aber was denn das Maß des Notwendigen ist, darüber streiten sich Leistungsberechtigte mit ihren Vertrauenspersonen, Freie Wohlfahrtspflege und die
Sozialhilfeträger immer wieder. Aus unserer Sicht ist immer alles das notwendig, was
zur Bedarfsdeckung im konkreten Einzelfall erforderlich ist (§ 9 SGB XII). Das Maß
des Notwendigen ist also immer der einzelne hilfebedürftige Mensch selbst.
Beziehung: Hilfeberechtigter - Einrichtungsträger
Die Beziehung zwischen Einrichtungsträger und Hilfeberechtigtem wird durch einen
privatrechtlichen Vertrag (z.B. Heimvertrag) geregelt. Hierin sind die Vereinbarungen
zwischen beiden Vertragspartnern festzuhalten. Gerade diese Vertragsgestaltung hat
auch unter Gesichtspunkten von Schutz von Klientenrechten (Verbraucherschutz)
und den veränderten Anforderungen, die Menschen mit Behinderung und ihre Vertrauenspersonen berechtigterweise an Einrichtungen stellen, neue Bedeutung gewonnen. Es sollte beschrieben werden, welche Art der Unterstützung, in welchem
Umfang und in welcher Qualität diese Unterstützung geleistet werden soll, damit für
beide Seiten Klarheit besteht. Für den Klienten geht es um Leistungssicherheit. Die
Einrichtung muss in eigenem Interesse ihre Leistungen klar umreißen. Sie muss
mindestens ein Leistungsspektrum anbieten, das durch die Vereinbarung mit dem
Sozialleistungsträger festgelegt worden ist und auch vergütet wird. Sie muss sich
andererseits aber auch vor Überforderung schützen, damit sie nicht für Leistungen in
Anspruch genommen wird, die außerhalb des möglichen Leistungsrahmens liegen.
Das Dreieck – eine Linie?
Wir kommen aus einer Tradition – auch innerhalb der Diakonie –, die uns nicht nur
stolz macht. In der Vergangenheit kam die öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehung
zwischen Leistungsberechtigten und Sozialhilfeträger kaum in den Blick. Als Mittler
zwischen beiden wurde regelmäßig der Einrichtungsträger tätig. Fast könnte man
meinen, dass das Dreieck zusammengedrückt worden sei, gleichsam auf eine Linie
gestaucht.
tion des Personals sowie die erforderliche sächliche und personelle Ausstattung.
33
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Der Einrichtungsträger betreute im Auftrag des Sozialhilfeträgers den Leistungsberechtigten und verwaltete dessen Bedarfsdeckung. Nicht selten führten falsche Bescheidenheit und Sparsamkeit zusammen mit der paternalistisch-entmündigenden
Tradition der Behindertenhilfe zu einer Verkürzung der Rechtsansprüche der Leistungsberechtigten. Wir haben versucht, uns in den vergangenen 30 Jahren hiervon
zu lösen. Gerade damit, dass die Freie Wohlfahrtspflege die Rechte behinderter
Menschen sowie ihre Autonomie und Selbstbestimmung immer ernster genommen
hat, haben wir dazu beigetragen, dass dieses sozialhilferechtliche Dreieck ein Dreieck wurde und keine Linie blieb. Im Zuge der Umsetzung der pauschalierten Leistungsentgelte in den letzten 10 Jahren konnte man den Eindruck gewinnen, nun
seien es die Sozialleistungsträger, die eine Rückkehr zum linearen Verhältnis anstrebten. Pauschalierung und finanzielle Deckelung boten immer weniger Spielraum
für individuell abweichende Lösungen.
Das Persönliche Budget entzieht dem Dreieck aber in anderer Weise die Luft und
reduziert es auf eine andere Linie.
34
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Das Persönliche Budget ist eine bedarfsdeckende Geldleistung, die der Sozialleistungsträger dem Leistungsberechtigten zur eigenverantwortlichen Gestaltung des
eigenen Unterstützungsszenarios überlässt. Die Verantwortung für Sachleistungen
verbleibt im System heute beim jeweils zuständigen Sozialleistungsträger (§ 17 Abs.
1 SGB IX). Dies ist für die Leistungserbringung im Rahmen eines persönlichen Budgets nicht vorgesehen (§ 17 Abs. 2 SGB IX). Die Verantwortung geht an den Budgetnehmer über. Der Sozialleistungsträger hat keine weitergehende Verantwortung10.
Sofern insbesondere bei Sozialversicherungsleistungen doch eine besondere leistungsrechtliche Festlegung besteht, müsste in der Zielvereinbarung fixiert sein, dass
die in Frage stehende Leistung unter spezifischen Konditionen (z.B. durch einen besonderen Dienst oder durch eine geeignete Fachkraft etc.) erbracht werden muss.
Lässt man diesen Sonderfall außer Acht, klappt das Leistungsdreieck im Falle des
Persönlichen Budgets auf eine Linie zusammen: der Leistungsberechtigte realisiert
seinen öffentlich-rechtlichen Leistungsanspruch gegenüber dem Sozialleistungsträger; der Leistungsberechtigte gestaltet seine Bedarfsdeckung eigenverantwortlich
und geht ggf. mit Dritten (natürlichen oder juristischen Personen) privatrechtliche
Dienstleistungsverhältnisse ein, die gänzlich unabhängig von Vereinbarungen zwischen Dienstleistungserbringern und dem Sozialleistungsträger sind. Da es in
Deutschland im engen Sinne kein allgemeines Lizenzierungssystem zur Erbringung
personaler Dienstleistungen11 im sozialen Bereich über normale betriebliche Anforderungen12 hinaus gibt, können die notwendigen Dienstleistungen von jedem Budgetnehmer bei jedem am Markt erreichbaren Dienstleister eingekauft werden.13
Es bleibt die Frage zu klären, ob eingeführte Dienste und Einrichtungen die fest im
Rahmen des Sachleistungsprinzips vereinbarten Leistungen gänzlich frei und zu veränderbaren Konditionen anbieten können, wenn diese Leistungen im Rahmen eines
Persönlichen Budgets nachgefragt werden. Ohne jeden Zweifel ist dies möglich,
wenn es sich um modifizierte Leistungen mit wesentlichen Abweichungen gegenüber
den Standardleistungen handelt. Ich gehe auch davon aus, dass dies aus Gründen
der gleichen Bedingungen für alle Marktteilnehmer auch für Standardleistungen gelten muss, kann mir jedoch vorstellen, dass hier interessegeleitet Widerspruch eingelegt werden wird. In der Praxis wird das wohl kaum eine Rolle spielen, denn
Standardleistungen zu einem höheren Preis als im Sachleistungssystem anzubieten,
beleidigt die praktische Intelligenz von Budgetnehmern und führt mit Sicherheit zu
sinkender Nachfrage. Standardleistungen zu einem gegenüber der Sachleistung geminderten Preis anzubieten, macht den erbringenden Träger unglaubwürdig und
zieht mit Sicherheit interessante Vergütungsverhandlungen mit dem Sozialleistungsträger nach sich.
10
Dies ist zumindest der Wille des Gesetzgebers (vgl. Vortrag von Ministerialdirektor R. Wilmerstadt
anlässlich der BAGüS-Fachtagung „Trägerübergreifendes Persönliches Budget am 3./4. Juni 2004 in
Münster); ob der Rechtsrahmen allerdings entsprechend belastbar ist, ist noch klärungsbedürftig.
11
Zulassungen nach spezifischen Leistungsgesetzen im Zusammenhang mit der Erbringung von
Sachleistungen bezie-hen sich nicht auf allgemeine personale Unterstützungsleistungen, sondern auf
spezifische Leistungen (z.B. Behand-lungspflege).
12
Natürlich sind zudem verschiedene Rechtsaspekte zu bedenken, z. B. Gemeinnützigkeits- und
Steuerfragen, berufs- und haftungsrechtliche Gesichtspunkte usw.
13
Es kann weder erwünscht noch dürfte es praktisch möglich sein, mit jedem Leistungserbringer im
Rahmen eines Persönlichen Budgets zunächst eine Vereinbarung nach § 75 ff. SGB XII zu schließen.
35
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Weil das Persönliche Budget das Leistungsdreieck aufhebt, die Verantwortung des
Budgetnehmers und seine Wahlmöglichkeiten in den Mittelpunkt stellt, bleibt bei dieser Konstellation unter den gegenwärtigen gesetzlichen Bedingungen kein Raum für
steuernde Eingriffe etwa im Wege von staatlicher Versorgungsplanung oder Leistungsvergabe (z.B. durch Ausschreibung). Die Zulassung der Leistungserbringer und
die Leistungsvergabe erfolgt dezentral – durch jeden einzelnen Budgetnehmer.
Bleibt abschließend zu fragen, ob es nicht doch zur Sicherung einer unteren Qualitätsgrenze personaler Unterstützungsleistungen, zum Schutz von Budgetnehmern
und auch zur Abwendung von Schwarzarbeit klug wäre, auf gesetzlichem Weg geeignete Rahmenbedingungen zu fixieren. Ich meine, hierüber muss nachgedacht
werden.
...zum Schluss
Ich glaube nicht, dass das Persönliche Budget in fünf Jahren das Sachleistungssystem abgelöst haben wird. Es wird zunächst ein relativ kleines Leistungssegment neben den weiterhin dominierenden Sachleistungen ausmachen. Allerdings wird der
„Geist“ des Persönlichen Budgets ausstrahlen, nämlich, dass die Verfügung über die
notwendigen Unterstützungsressourcen in der Hand des Menschen mit Behinderung
liegt. Das halte ich für eine sehr wünschenswerte Entwicklung.
Das persönliche Budget ist ein geeignetes Mittel, um Selbstbestimmung und Teilhabe von Menschen mit Behinderung zu stärken. Diese europäische Erkenntnis zeigt
sich auch in den deutschen Modellversuchen. Wenn das ganze Unternehmen jedoch
Erfolg haben soll, muss es bei potentiellen Budgetnehmern bekannt sein14, einfach
handhabbar, von der Verantwortung her überschaubar und sicher sein. Es muss dem
KISS-Prinzip (Keep It Simple and Stupid) folgen.
14
zielgruppenorientierte und -adäquate Informationsoffensive
36
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Personenzentrierte Planung und Finanzierung von
Leistungen für Menschen mit geistiger Behinderung in
Rheinland-Pfalz
Kerstin Steinfurth
Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit Rheinland-Pfalz
Ich möchte mich recht herzlich bei dem Veranstalter dieser Tagung bedanken, dass
ich die Gelegenheit habe, Ihnen von den Erfahrungen der personenzentrierten Hilfeplanung und dem Persönlichen Budget in Rheinland-Pfalz zu berichten. Ich will meine Ausführungen in drei Punkte gliedern:
Hintergrund für die Einführung der personenzentrierten Hilfeplanung und des
Persönlichen Budgets
Einführung und Umsetzung
Herausforderung.
-
Hintergrund für die Einführung der personenzentrierten Hilfeplanung und des
Persönlichen Budgets in Rheinland-Pfalz
Rheinland-Pfalz ist ein Flächenland mit ca. 4 Millionen Einwohnern. Die Versorgung
der Menschen mit Behinderungen fand in den letzten 50 Jahren überwiegend in
Großeinrichtungen der freien Wohlfahrtspflege statt. Diese lagen eher dezentral in
ländlichen Regionen. Es herrschte eine Wertevorstellung, wonach die beste Versorgung für einen Menschen mit Behinderung in einem Heim mit einer Rund - um - dieUhr - Betreuung bestehe.
Während das BSHG und jetzt das Nachfolgegesetz SGB XII bereits von jeher den
Vorrang ambulanter Hilfen beinhaltete und damit dem fachlichen Gebot „ambulant
vor stationär“ Rechnung trug, verkehrte sich die Realität in das Gegenteil. Dies wurde
bestärkt durch die in Rheinland-Pfalz vorhandene getrennte Kostenträgerschaft für
ambulante und stationäre Leistungen. Während die ambulanten Leistungen zu 100
Prozent von den örtlichen Sozialhilfeträgern im Rahmen der Eingliederungshilfe zu
leisten sind, werden die stationären und teilstationären Leistungen zu jeweils 50 Prozent von den örtlichen und dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe, also von Kommunen und Land, gemeinsam finanziert. Dies bewirkte, dass keinerlei Anreize für die
Kommunen vorhanden war, ambulante Leistungen zu fördern.
Durch die Psychiatriereform in Rheinland-Pfalz vor gut 10 Jahren kam mit der Auflösung der Langzeitbereiche der großen Kliniken zum ersten Mal Bewegung in die
Versorgungslandschaft. Am Vorbild anderer Länder begann man, Wohnformen wie
das „betreute Wohnen“ einzuführen. Allerdings ist auch hier zu beobachten, dass
diese Wohnform bei der Vergütung quasi wie ein stationäres Angebot gepflegt wurde. Rein rechtlich gesehen handelt es sich jedoch um ein ambulantes Angebot, bei
dem das Land freiwillig als überörtlicher Kostenträger zu 50 Prozent die Leistungen
übernimmt. Dadurch gelang es relativ schnell in den neunziger Jahren 1500 Plätze
im Betreuten Wohnen anzubieten. Derzeit leben jedoch immer noch mehr als 10.000
Menschen mit Behinderungen in Rheinland-Pfalz in Heimen beziehungsweise ange37
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
gliederten Außenwohngruppen, über 12.000 Menschen arbeiten in anerkannten
Werkstätten für behinderte Menschen.
Vor diesem Hintergrund entstand die Überlegung, weitere Anreize für Menschen mit
Behinderungen zu schaffen, außerhalb von Heimen zu leben. Mit einer verstärkten
Forderung der Selbsthilfe nach selbstbestimmtem Leben, dem gesetzlichen Auftrag,
Rahmenvereinbarungen für die voll- und teilstationären Leistungen zu schließen und
dem ausdrücklichen politischen Willen der Landesregierung, die Situation von Menschen mit Behinderungen in Einrichtungen zu verändern, ist die individuelle Hilfeplanung und das Persönliche Budget entstanden.
Einführung und Umsetzung
Die LIGA der freien Wohlfahrtspflege, die Kommunalen Spitzenverbände und das
Land Rheinland-Pfalz haben in einem gemeinsamen Prozess ein System der individuellen Hilfeplanung entwickelt. Dieses System basiert auf den Wünschen der betroffenen Person, ihren Zielen zur Lebensgestaltung. Während der Lebensweg bei
Menschen mit einer seelischen, geistigen oder mehrfachen Behinderung häufig
durch Angehörige und Betreuer vorgegeben wurde, basiert die Hilfeplanung auf der
Basis der individuellen Wünsche der betroffenen Person. Sie hat die Möglichkeit, für
alle Lebensbereiche, wie Wohnen, Arbeiten, Freizeitgestaltung, soziale Kontakte ihre
Ziele zu äußern. In einem zweiten Schritt werden dann die Ressourcen und Fähigkeiten sowie die Defizite erörtert. Angelegt an den Maßstab der persönlichen Lebensziele werden dann die notwendigen Maßnahmen beschrieben, um die Bedarfe
sicherzustellen. Wenn dieser Schritt der Hilfeplanung fürs erste abgeschlossen ist,
wird unter Leitung der Kostenträger in einer regionalen Hilfeplankonferenz über mögliche Leistungen entschieden. Auf eine solch individuelle Planung lediglich mit dem
Angebot auf einen Wohnheimplatz oder einem Platz im Betreuten Wohnen zu reagieren, würde die gesamte Planung ad absurdum führen.
Die Ausgestaltung der individuellen Hilfeplanung stelle ich Ihnen gerne detailliert in
einem Forum heute Nachmittag vor. 1999 begannen vier Kommunen in RheinlandPfalz mit der Erprobung eines persönlichen Budgets, um individuelle Hilfen ambulant
sicher zu stellen. Durch eine freiwillige 50 prozentige Landesbeteiligung an den Kosten der Persönlichen Budgets konnte endlich ein Durchbruch im Ausbau ambulanter
Leistungen gelingen. Allerdings war man zunächst zögerlich und verknüpfte die Leistung eines persönlichen Budgets mit der Bedingung, eine drohende Heimunterbringung zu vermeiden oder einen Heimaufenthalt zu beenden. Weiterhin sollte es drei
Stufen des Persönlichen Budgets geben, das Maximum lag bei 1500 DM (heute 770
€).
Es zeigte sich bald, dass die ersten Überlegungen zur Finanzierung sehr restriktiv
konzipiert waren. So wurde nach und nach die Einteilung in die drei Stufen aufgehoben; zuerst wurden Korridore vereinbart, heute wird das Persönliche Budget nach
dem individuellen Hilfebedarf ausgerichtet und in Stundensätzen vergütet.
Die Einführung des Persönlichen Budgets wurde wissenschaftlich begleitet. Wie die
Evaluation zeigte, waren rund 50 % der Personen, die das Budget erhielten, psychisch behindert, rund 30 % hatten eine geistige, 20 % eine körperliche Behinderung.
Dieses Verhältnis veränderte sich auch nicht durch die landesweite Einführung des
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Persönlichen Budgets. Die Einführung erfolgte schrittweise ab dem Jahre 2002 bis
2004. Heute haben alle Menschen mit Behinderungen in Rheinland-Pfalz die Möglichkeit, notwendige Leistungen der Eingliederungshilfe als Persönliches Budget zu
erhalten. Eine letzte Untersuchung vor der Jahreswende 2003/2004 zeigte, dass zum
damaligen Zeitpunkt rund 900 Personen das Persönliche Budget nutzten, um außerhalb von Einrichtungen ihr Leben zu gestalten. Ich gehe davon aus, dass sich die
Zahl bis Ende diesen Jahres verdoppelt hat.
Nach der Entscheidung über die notwendige Maßnahme in der Hilfeplankonferenz
wird die Höhe der Stunden und die Höhe der Vergütung festgelegt. Gleichfalls erfolgt
eine Vereinbarung über den Auszahlungsmodus. Dabei ist in der Regel die betroffene Person, der gesetzliche Vertreter und die Person, die die Leistung erbringt, anwesend. Festzustellen war, dass sich bei den Menschen mit Behinderungen durch den
Einkauf der Leistungen auch ein Kundenverhalten entwickelte. So prüfen manche
sehr genau, ob die von ihnen eingeforderten und finanzierten Leistungen auch erbracht werden. Selten ist ein Missbrauch der Geldmittel zu beklagen. Die derzeit geführten Diskussionen befassen sich mehr mit der Frage der Vergütung, also mit der
Höhe der Stundensätze und der indirekten Leistungen wie Fahrtzeiten, Vorbereitungen, Team, usw.. Insgesamt bewertet, ist die Eingliederungshilfe in Rheinland-Pfalz
nicht mehr ohne ein persönliches Budget vorstellbar.
Welche Herausforderungen haben wir zu bewältigen?
Die Gesellschaft sollte sich am Umgang mit ihren „schwächsten“ Mitgliedern messen
lassen. Welche Verantwortung kommt der Politik zu, wenn sie ein neues System
schafft, das nicht auch dem Schwierigsten, dem Bedürftigsten in unserer Gesellschaft gerecht wird?
Welche Maßnahmen sind notwendig, welche Infrastruktur brauchen wir und was
können und wollen wir uns finanziell leisten, um Menschen mit Behinderungen, auch
denen mit einem sehr hohen Hilfebedarf, außerhalb von Einrichtungen ein gesellschaftliches Leben zu ermöglichen?
Besteht die Chance, das gesicherte Finanzierungssystem von Einrichtungen, das
heißt, die berechenbare Größe der monatlichen Einnahmen der Träger und damit der
gesicherten Löhne der Mitarbeiter, zu durchbrechen und die Träger zu wirtschaftlichem Verhalten im Hinblick auf individuelle Leistungen aufzufordern?
Wird es gelingen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Heimen zu bewegen, ihren
täglichen Arbeitsrhythmus zu verändern und sich außerhalb der Einrichtungen zu den
Menschen zu begeben und dort ihre professionellen Leistungen zu erbringen?
Die ersten zaghaften Schritte sind durch eine individuelle Hilfeplanung und eine individuelle Leistungsfinanzierung mittels eines Persönlichen Budgets getan. RheinlandPfalz gibt derzeit ca. 500 Millionen Euro als Landesanteil für die Eingliederungshilfe
aus. Die gleiche Summe wird nochmals von den Kommunen aufgewendet. Wir arbeiten derzeit daran, dass durch ein verändertes Finanzierungssystem der stationären
Leistungen, Anreize geschaffen werden, ambulante Leistungen zu erbringen. Da unsere Mittel endlich sind, ist ein weiterer Ausbau ambulanter Leistungen nur möglich,
wenn keine Ausweitung im stationären Bereich mehr erfolgt. Hierzu bedarf es großer
39
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Anstrengungen, denn nicht nur die Leistungsanbieter, auch Angehörige und Betreuer
liebäugeln noch immer mit der „problemlosen Entsorgung“ von Menschen mit Behinderungen in Heimen. Ich möchte dabei deren Anliegen und Sorge nicht in Abrede
stellen, aber sehe eindeutig unseren Auftrag, das zu unterstützen, was der Mensch
mit Behinderung sich selbst als Lebensziel gesetzt hat. Letztlich bedeutet das aber
auch, dass wir unsere Ideen einer Politik für Menschen mit Behinderungen mit Anbietern, Angehörigen, Einwohnern der Kommunen diskutieren müssen. Gleichzeitig besteht eine weitere Hauptaufgabe darin, eine Strukturveränderung herbeizuführen, bei
der das Gesamtsystem mit Sicherheit, Verlässlichkeit und Transparenz, aber auch
mit Flexibilität für Menschen mit Behinderungen, Leistungserbringer und Kostenträger ausgestattet ist. Wenn uns dies gelingt, haben Menschen mit Behinderung eine
Chance, „inklusiv“ zu leben.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Personenzentrierte Planung und Finanzierung von
Diensten für Menschen mit geistiger Behinderung aus der
Perspektive des Landschaftsverbandes Rheinland
Martina Hoffmann-Badache
Landschaftsverband Rheinland
Ich bin als Leiterin des Dezernates Soziales und Integration des Landschaftsverbandes Rheinland gebeten worden, über unsere Erfahrungen bei der Einführung personenzentrierter Planungsansätze zu berichten. Von besonderem Interesse sind dabei
natürlich die Wirkungen, die diese Art der Planung erzeugt.
Ich bin der Einladung sehr gerne gefolgt und möchte die Gelegenheit nutzen, Ihnen
in aller gebotenen Kürze die Grundgedanken, wesentlichen Instrumente und die erkennbaren Effekte unseres Handelns im Bereich der Eingliederungshilfen – hier vor
allem der Hilfen zum selbständigen Wohnen – für Menschen mit Behinderungen vorzustellen.
Der Begriff der personenzentrierten Planung erfasst aus meiner Sicht nur unzureichend den Prozess, in dem wir uns als überörtlicher Träger der Sozialhilfe seit einigen Jahren befinden. Er hat einen gewissen technokratischen Beiklang, so als
sollten Personen zentriert und verplant werden. Genau das Gegenteil ist aber der
Fall, der Leistungsträger Sozialhilfe organisiert sich seine eigenen Strukturen und
Arbeitsweisen so, dass Menschen mit Behinderungen in der Lage sind, im Rahmen
ihrer jeweils individuellen Möglichkeiten über ihre Lebensgestaltung selber zu entscheiden. Teil davon ist auch die Verhandlung „auf Augenhöhe“ über die individuell
erforderlichen Assistenzleistungen mit den Trägern und Erbringern dieser Leistungen.
Zielvorstellung dabei ist, dass der Mensch mit Behinderung nicht passiver Empfänger
von gewährten Hilfen ist, sondern aktiv die für ihn erforderlichen Leistungen steuert.
Der Sozialhilfeträger befindet sich somit in einer Dienstleistungsfunktion, ohne natürlich die Rahmenbedingungen seines Handelns zu verleugnen, die von ihm eine sorgfältige Prüfung verlangen, ob überhaupt Leistungen der Sozialhilfe erforderlich sind,
welchen Inhalt und Umfang sie haben müssen und in welcher Form sie am wirtschaftlichsten zu erbringen sind.
Gerade die extrem angespannte Situation der öffentlichen Haushalte, die Erwartung
kontinuierlich steigender Fallzahlen in der Eingliederungshilfe und die damit verbundenen Kostensteigerungen bei den insbesondere stationären Angeboten für Menschen mit Behinderungen haben diese Neuorientierung der Eingliederungshilfe
befördert, ganz im Sinne eines von Klaus Dörner geprägten Wortes, dass es darum
gehe, „aus leeren Kassen Kapital zu schlagen“:
Seit Mitte des Jahres 2003 hat der Landschaftsverband Rheinland die Instrumente in
der Hand oder selber geschaffen, die ihm personenzentriertes Handeln im oben genannten Sinne ermöglichen:
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• die zunächst bis 2010 befristete Zuständigkeit für alle Hilfen zum Wohnen, also
nicht nur – wie bisher – die stationären Hilfen, sondern auch die ambulanten Hilfen
die für Menschen mit Behinderung geleistet werden, um selbständiges Wohnen zu
ermöglichen oder zu sichern
• die Ausfüllung dieser ambulanten Zuständigkeit mit Hilfe einer flexiblen, individuellen Finanzierung über sog. Fachleistungsstunden, welches rheinlandweit gilt mit
einem einheitlichen Stundensatz von 47,50 €
• die Unterstützung der individuell zu beantragenden Hilfen beim Wohnen durch
regionale Koordinierungsleistungen, Angebote des Kontaktes und der niedrigschwelligen Beratung in speziellen Anlaufstellen
• die regionale Weiterentwicklung der erforderlichen Unterstützungsangebote für
Menschen mit Behinderungen im Sinne von „ambulant vor stationär“ durch sog. Regionalkonferenzen
• die Umstrukturierung des für die Steuerung der Eingliederungshilfeleistungen zuständigen Rheinischen Sozialamtes in meinem Dezernat in Sinne einer regionalisierten Teamstruktur mit Fallmanagerinnen und –managern als verlässlichen
Ansprechpartnern für alle am Leistungsprozess Beteiligten.
Diese Rahmenbedingungen sind aus meiner Sicht unverzichtbar für die angestrebte
Neuorientierung, aber das „Herzstück“ eines personenzentrierten Arbeitsansatzes ist
unser Verfahren zur individuellen Hilfeplanung.
Der Landschaftsverband hat, begleitet von intensiven Diskussionen, Schulungsmaßnahmen und wechselseitigem Sammeln von Erfahrungen ab Sommer 2003 sein eigenes Hilfeplanungs-Instrument eingeführt und zum Jahreswechsel 2004/2005 eine
überarbeitete Version vorgestellt. Dieser Hilfeplan ist verbindlicher Teil jedes Antrages auf Leistungen der Eingliederungshilfe an den Landschaftsverband.
Und dies unabhängig davon, welche Art von Behinderung vorliegt, ob sich der Betreffende erstmals an den Sozialhilfeträger wendet oder bereits Leistungen erhält, zum
Beispiel für das Wohnen in einem Wohnheim. Wir gehen davon aus, dass der
Mensch mit Behinderung dort, wo er Beratung und/oder Assistenz erhält, bei der Erstellung seines Hilfeplanes unterstützt wird. Unser Hilfeplaninstrument ist als dialogisches Verfahren angelegt, es dient nicht als „Antragsformular“, sondern als
Grundlage eines intensiven Austausches über die Ziele, Bedürfnisse und Unterstützungsbedarfe des Menschen mit Behinderung. Seine persönliche Sicht ist Ausgangsund Bezugspunkt der Hilfeplanung, Sichtweisen der Professionellen ergänzen diese;
es ist nahe liegend, dass die Sichtweisen häufig nicht übereinstimmen werden, aber
genau diese Transparenz und das Verhandeln über die für alle Beteiligten vorstellbaren Zielsetzungen und Maßnahmen ist von uns ausdrücklich gewünscht.
Folgerichtig benötigen wir für die fachkompetente Beratung über den vom Menschen
mit Behinderung formulierten Hilfebedarf und die Möglichkeit ein entsprechendes
Angebot zu machen, ein taugliches Instrument. Wir gehen nicht davon aus, dass die
Entscheidung auf der Basis vorgelegter Hilfeplan-Unterlagen von SozialhilfeSachbearbeitern „im stillen Kämmerlein“ getroffen werden soll, sondern von den
Fallmanagern nach einer Besprechung in der sog. Hilfeplankonferenz. Eingereichte
Hilfepläne werden von den Fallmanagern vorgeprüft und in die Konferenz eingebracht; diese findet in eng umgrenzter regionaler Zuständigkeit vor Ort statt, es nehmen Vertreter des örtlichen Sozial- und Gesundheitsamtes sowie der regionalen
Leistungsanbieter teil. Die Teilnehmerzahl ist möglichst gering zu halten, um den
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Menschen mit Behinderung die Teilnahme und Vertretung ihrer Interessen in der
Konferenz nicht erschwert wird.
In der Konferenz wird also auf der Basis vorgeprüfter Hilfepläne beraten
• welche Hilfen erforderlich sind
• ob es sich um Leistungen der Sozialhilfeträgers oder anderer Leistungsträger
handelt
• ob diese Leistungen von einem Fachdienst erbracht werden müssen oder z.B. im
sozialen Umfeld leistbar sind
• welchen Umfang erforderliche Hilfen haben müssen
• welche Hilfeform angemessen ist
• und wo und durch wen die Hilfen erbracht werden können.
In der Regel trifft der Vertreter des Landschaftsverbandes nach dieser Beratung seine Verwaltungsentscheidung in der Sitzung. Dieses Verfahren ist aufwändig und wir
sind bereit, unseren Anteil zu leisten, um flächendeckend diese Konferenzen aufzubauen. Wir wollen mit diesen Konferenzen erreichen,
• dass Verwaltungsentscheidungen auf einer gemeinsam entwickelten fachlichen
Basis getroffen werden,
• dass die beteiligten Leistungsträger und Leistungserbringer zusammen ihre Verantwortung für eine adäquate Unterstützung jedes Menschen mit Behinderung in ihrer Region praktisch wahrnehmen,
• dass eine große Transparenz über die Angebote und Entwicklungsnotwendigkeit
in der Region entsteht,
• dass sich Entscheidungswege verkürzen und
• dass vor allem die Leistungsberechtigten selber ihre Interessen in anderer Form
als bisher vertreten können.
Wo stehen wir in der Umsetzung dieser ehrgeizigen Zielvorstellungen nach etwa 2
Jahren intensivster Arbeit? Dazu will ich Ihnen nicht viele Zahlen, sondern vor allem
Eindrücke mit in die Diskussion geben:
• Das sog. Betreuten Wohnens ist von einer pauschal finanzierten freiwilligen Leistung mit festen Personalschlüsseln und kontingentierten Platzzahlen umgestellt auf
das System der Fachleistungsstunden je nach individuellem Bedarf
• Derzeit nehmen diese Leistung etwa 6300 Menschen in Anspruch, die Zahl steigt
langsam, aber stetig; ca. 400 von ihnen haben vorher in einem Wohnheim gelebt; sie
erhalten im Durchschnitt 3,5 Fachleistungsstunden wöchentlich zur Unterstützung
beim selbständigen Wohnen; für diese Leistungen stehen ihnen im Rheinland knapp
450 Anbieter zur Verfügung
• in nur einem Jahr ist es gelungen, flächendeckend die Grundlagen für die Einrichtung von Koordinierungs-, Kontakt- und Beratungsstellen für Menschen mit geistiger
Behinderung zu schaffen
• es werden weiterhin keine zusätzlichen Heimplätze außer bereits längerfristig
bewilligten geschaffen, im Gegenteil werden die Bemühungen intensiviert, gemeinsam mit den Heimträgern alle Möglichkeiten der Weiterentwicklung des Heimsystems
im Sinne von Wohnverbünden mit zunehmendem ambulanten Anteil auszuloten und
zu unterstützen
• der Hilfeplan ist als Grundlage eines Antrages auf Leistungen der Eingliederungshilfe eingeführt, er löst vor allem intensive wechselseitige Bemühungen aus,
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
ihn im Sinne der Menschen mit Behinderung zu nutzen; unbestreitbar existiert aber
noch das Missverständnis, er sei lediglich eine „neue Antragsvariante“ zur Erlangung
eines Heimplatzes oder zur Realisierung von Einnahmen unabhängig vom individuellen Hilfebedarf
• die Kontakte zwischen meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und sowohl den
Menschen mit Behinderung als auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der
Dienste und Einrichtungen vor Ort nehmen ständig zu; dabei geht es natürlich vorrangig um die Klärung von Fragen im Einzelfall, aber man trifft sich auch zu gemeinsamen Diskussions- und Fortbildungsveranstaltungen sowie anderen Formen des
Erfahrungsaustausches – man lernt sich zunehmend persönlich kennen, nachdem
man evtl. schon lange miteinander zu tun hatte
• die ersten Runden der Regionalkonferenzen sind durchgeführt, auch hier war die
wesentliche Erkenntnis, dass man zunächst mit gesunder Vorsicht betrachtet, mit
welchen Absichten der Landschaftsverband hier tätig wird; es ist für alle Beteiligten
eine neue Arbeitsweise, nicht mehr in bilateralen Verhandlungen über den Ausbau
der Versorgungsangebote zu reden, sondern dies als Auftrag einer sozialräumlichen
Planung zu verstehen und die trägerspezifischen Interessen hierin einzubinden
• die Umorganisation des Rheinischen Sozialamtes ist in vollem Gange, in der
zweiten Jahreshälfte werden die neuen Regionalteams mit den Fallmanagerinnen
und -managern als Ansprechpartner zur Verfügung stehen und vor Ort wirken
• die Hauptaufgabe in den nächsten Monaten ist der konsequente Aufbau der Hilfeplankonferenzen; seit dem letzten Jahr sind wir ein wesentliches Stück auf dem
Wege zu einem flächendeckenden Aufbau vorangekommen, vielerorts nachhaltig
unterstützt von unseren Partnern beim örtlichen Sozial- und Gesundheitsamt und den
Fachleuten der Dienste und Einrichtungen; aber es werden ebenso noch heftige Diskussionen in einigen Städten und Kreisen über die Erfordernis, die Effektivität und
Effizienz der Konferenz geführt; meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ich stehen zu diesen Diskussionen zur Verfügung, wir waren und sind immer bereit, flexibel
regionale Strukturen zu berücksichtigen, aber das Ziel ist unverändert: die Hilfeplankonferenzen als wesentliches Steuerungsinstrument für Leistungen der Eingliederungshilfe vor Ort einzusetzen und dabei die regionalen Partner zu beteiligen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hoffe, ich konnte Ihnen deutlich machen, dass personenzentrierte Arbeitsweisen aus Sicht des Landschaftsverbandes
vor allem anderen eine durch Strukturen und Instrumente unterstützte Veränderung
von Haltungen ist: hin zu einem aktiven, persönlichen Kontakt zwischen den Beteiligten, zu einem Verhandeln auf Augenhöhe über erforderlich Leistungen. Und dabei
wird nicht bestritten, sondern transparent gemacht, unter welchem enormen finanziellen Druck der Landschaftsverband sein Handeln gestaltet.
Ich bin ganz sicher, dass wir auf dem eingeschlagenen Wege einer partnerschaftlichen Weiterentwicklung unserer Arbeitsweisen das gewünschte Ergebnis erzielen
werden: die vorhandenen Kompetenzen und Ressourcen besser bündeln, den Menschen mit Behinderung einen Zugewinn an Lebensqualität ermöglichen und trotzdem
Geld sparen – aus leeren Kassen Kapital schlagen eben!
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Gelebte Identität und Bürgerstatus
Prof. Dr. Anders Gustavsson
Universität Stockholm
From a citizenship discourse to an
identity discourse
• 1970s-1980s
Disabled people have
difficulties in
everyday functioning
and they are therefore
entitled to special
support and services.
• 1990sDisabled people are
excluded through
stigmatization and
’othering’: We (nondisabled people) and
They (disabled
people).
Two Foci of Identity
• The personal identity,
i.e. the subjective
experience of who I
am.
• The social identity, i.e.
experiences of myself
as an object of
people’s perspectives.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Current policy, legislation and how rights are
fulfilled
The public identity
The subjective
experience of
citizenship
The objective
experience
of citizenship
Everyday interaction with significant others
What is a citizen?
The individual’s relation to the state:
• Rights (Marshall)
• Obligations (Stone)
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The distributive dilemma
Stone (1984)
• The work system:
people working for
their own living
• The needs system:
youth, old age,
widowhood, sickness,
disability (means
special needs)
Two ways of managing the distributive
dilemma
• The traditional
distinction between first
and second class
citizenships
• You have to qualify to be
recognized as a full
citizen
• The welfare state
categorical exemption
• A special citizenship, in
the sense stronger, but
also…
• Long-term social
benefits means loosing
the right to vote, etc
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
… a threat to the public identity
• As the categorical exemption is often
based on a medical or psychological
assessment of dysfunction or weakness
• As the categorical exemption demands a
‘low-enough’ standard of living
… meaning second class public identity
A Swedish study of disabled
people’s influence on public
services (Söder et al 1990:1),
illustrating different types of
public identity
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The influential consumers
Taken for granted rights and often satisfaction with the
services they have got.
… sometime dissatisfied
trying to influence
success
satisfaction
A strong, positive, public identity based on a strong
faith in special rights to people with special needs
The rebel
Taken for granted rights but
… often dissatisfaction
trying to influence
dissatisfied with the result
continued fight
An ambivalent public identity, founded both on a
strong faith in rights to service and on a threat to the
specific type of identity maintained by the rebels
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The powerless
Taken for granted rights but
… often dissatisfaction
no success
trying to influence
trying to influence
A public identity with some strength but exposed to a
certain threat
The resigned I
Little faith in one’s own right
Dissatisfaction
trying to influence
resignation because of poor support
Spoiled public identity
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no success
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
The resigned II
Little faith in one’s own right
Dissatisfaction
trying to influence
no success
resignation because of one’s own shortcomings
Spoiled public identity
The silent consumer
The seem to take their rights for granted and seem satisfied with
the services they have got
Probably a public identity based on a strong faith in
special rights to people with special needs
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Three types of threats to the citizenship/ public
identity
Second class
citizenship is a
weakened public
identity
The categorical
exemption is
often understood
as a second
class public
identity
The basic
definition of
citizenship in
terms of
cognitive
competence and
rationality
weakens the
public identity of
intellectually
disabled people
Déconstruire le Handicap
(Deconstruct the Handicap)
Roland DEMONET &
Louis MOREAU de BELLAING
Published by the CTNERHI, Paris
Collection Etudes et Recherches
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Adam Smith 1723-1790
The citizenship as an obligation to contribute
to the common good
’Society is maintained through mutual
obligations of the citizens to contribute to a
common good
’Work makes the human being a citizen.
’‘The productive work in the common interest is
the result of the hability, skill and intelligence by
which it is carried out’.
Citizenship and Reason
Citizenship is defined
in terms of :
• Equality
• Brotherhood
• Freedom
But some citizens are
more
• Equal
• Brothers/sisters
• Free
than others!
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
The classical definitions of citizenship/public
identity
Unreason
Noncitizen
Reason
- Abnormal
- Dependent
- Incapable of
social contract
- Normal
- Autonomous
- Capable of
social contract
Citizen
Thomas Hobbes 1588-1679
The citizenship as a social pact
’Human beings are in perpetual fight
with each other
’In order to protect themselves they
enter into social pacts
’‘The power of these pacts is
unknown to children and idiots.’
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Johan Locke 1632-1704
The citizenship as the basis for the freedom
of the individual human being
’Human beings have the natural right to freedom
and property.
’These rights are maintained through mutual
consent among citizens.
’Only reasonable and rational human beings can
come to mutual consent.
’ In describing the necessary conditions for
citizenship, Locke outlines a distinction between
imbecility and madness.
Jean-Jacques Rousseau 1712-1778
The citizenship as a social contract between
equal people
’It is natural for equal human beings to enter
into social contracts that constitute the basis for
civil society and its laws.
’However, civil society and law must be founded
on reason and rationality.
’‘Law can not be grounded on madness
(unreason)!’.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Conclusion
•Is citizenship unachievable for
intellectually disable people?
•No, but we seem to need a new
concept of citizenship, less founded
on work and cognitive
competence!!
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Personenzentrierte Planung – ein Beispiel aus England
Dr. Julie Beadle-Brown, Tizard Centre/University of Kent at Canterbury
Paul St.Quintin, Somerset Social Services
Outline
Introduction to PCP in England
Some examples of how PCP is used
Implementation
Link to funding arrangements
Link to other person-centred
approaches
ƒ Somerset example
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Introduction to PCP in England
ƒWhat is PCP
“Person centred planning is a process for continual listening and
learning, focussing on what is important to someone now and in
the future, and acting upon this in alliance with their family and
friends. This listening is used to understand a person’s capacities
and choices. Person centred planning is the basis for problem
solving and negotiation to mobilise the necessary resources to
pursue a person’s aspirations. These resources may be obtained
from someone’s own network, service providers or from nonspecialist and non-service sources”. (PCP guidance, p12)
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
PCP…..
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Places the person at the centre (based on rights
independence and choice)
Involves family members and friends as full partners in
the planning
It reflects the person’s capacities, what is important to
the person (now and in the future) and specifies the
support they require to make a valued contribution to
their community
It builds a shared commitment to action that will uphold
the person’s rights
It leads to continual listening, learning and action and
helps the person to get what they want out of life.
(adapted from PCP Guidance for implementation (pages
13-14)
PCP is….
A family of approaches and techniques
ƒ Essential lifestyle planning
ƒ PATH
ƒ Maps
ƒ Personal Futures Planning
O’Brien and Lovett (2000)
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History and Policy
ƒ Individualised planning systems have been around
for 30 years (USA first)
ƒ Individual Programme plans (Houts and Scott,
1975; Blunden, 1980)
ƒ Individual service plans (Brost et al., 1982;
Emerson et al., 1987)
ƒ Case/care management (Challis and Davies, 1986)
In 2001, the white paper “Valuing People” put forward
PCP as one of the central tools for achieving the
vision of rights, independence, inclusion and choice
for all people with intellectual disability. Central to
the building of person-centred approaches to help
people life fulfilling lives.
Is it different from previous systems?
Yes, in intensity/emphasis placed on:
ƒ Service user voice – considers aspirations
and capacities expressed by service users
or their advocates rather than needs and
deficiencies.
ƒ Involvement of families and wider social
network in addition to resources in
statutory system.
ƒ The support required to achieve goals
rather than limiting goals to what
services can provide - the “readiness
model” is replaced by the “support
model” (Sanderson, 2000)
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
How is it different?
ƒ “It is not simply a collection of new
techniques for planning to replace
Individual Programme Planning. It
is based on a completely different
way of seeing and working with
people with disabilities, which is
fundamentally about sharing power
and community inclusion”
(Sanderson, 2000, p.2)
Link to person-centred finances
ƒ Direct Payments – payments made
directly to the person to purchase their
own support/services. Sometimes
payments made via a trust.
ƒ Independent Living Fund – money to pay
for personal and domestic care to enable
severely disabled people to live at home.
ƒ Indirect payments – individual payments
made to an agency or service provider.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Does it make a difference on an
individual basis
Anecdotal evidence that it does make
a difference in individual cases.
Susan
Alan
(from PCP Implementation Guidance)
Does it happen and does it make a
difference on the wider scale?
ƒ Evidence from previous forms of
individual planning is that implementation
is poor (See Mansell and Beadle-Brown,
2004, for review)
ƒ Little research evidence that PCP is
implemented or makes a real difference
on a large scale
ƒ Emerson et al. (in press)
ƒ Somerset
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Barriers to implementation
ƒ Kinsella (2000)
Lack of evidence base
Complex process
History
Misconception that only one type of
planning possible
ƒ In UK, process led by service staff
ƒ Not really been taken on board by selfadvocacy/family groups/ national
parent organisations.
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Barriers to implementation?
Mansell and Beadle-Brown (2004)
ƒ Resource constraints (rationing of resources –
danger of shifting responsibility for some goals
from services to circle of support),
ƒ No legal mandate that says plans must be acted
upon, even where there is then often delay and
limitations applied (e.g. in education)
ƒ Expenditure constraints
ƒ Skill shortages in staff
ƒ Services themselves not really person-centred.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Person-centred planning and
person-centred action
Person-centred
planning
Informs about individual
strengths, possible
directions and aspirations,
grounded in reality
Informs about longerterm direction, the
bigger picture
Person-centred action
ƒ Active support
ƒ Total communication
ƒ Positive behaviour
support
Person-centred approaches
ƒ
Active Support is….
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Positive Behaviour Support is…
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Providing enough help to enable people to participate successfully in meaningful
activities and relationships
So that people gain more control over their lives, gain more independence and
become more included as a valued member of their community
Irrespective of degree of intellectual disability or presence of extra problems
A way of working with people who present challenging behaviour, which doesn’t
focus narrowly on the challenging behaviour and trying to reduce it
Focuses on preventative and educational approaches.
Involves careful assessment of the function of the challenging behaviour,
changing the situation so that triggering events are removed, teaching new skills
that replace challenging behaviour, minimizing natural rewards for challenging
behaviour and an emphasis on improving overall lifestyle quality.
Total communication is…
ƒ
ƒ
ƒ
A way of supporting people with communication difficulties.
Involves the complementary use of signs, symbols, pictures, photographs and
objects, as well as speech to improve understanding, expression and literacy or
other forms of verbal communication such as vocalisations or humming.
Involves ensuring that everyone providing support uses the same methods and
that all means of communication are valued and responded to.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
An example from Somerset –
Person Centred Approaches
ƒ These ensure that services are responsive to
individual needs. Examples are:
ƒ Communication Development Plans: all staff
teams need to report on how they are
encouraging choice and control for individuals
ƒ Housing Associations offering tenancy
agreements
ƒ Somerset Leisure Access Project recruits local
volunteers to support people into activities of
their choice – 100 matches
An example from Somerset –
Planning with Individuals
ƒ Somerset will be piloting an approach involving
a person with a learning disability and their
family carer working together with care staff to
develop a person centred plan
ƒ My Health Book is an example of individual
planning to meet the health needs of a person
with a learning disability
ƒ Transitions Personal Advisors are using PCP
for all young people making the transition from
Children to Adult Services.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
An example from Somerset –
Training & Information
ƒ Awareness of the need for individual planning will be
integral to induction training for all new Social
Services staff. It will include “Value Base” training
delivered by people with LD
ƒ PCPs with young people coming into services:
presentations are being made to students in schools
and parents of people with a learning disability
covering the individual planning options such as
Direct Payments
Conclusion – key issues
ƒ Making PCP fit with assessment and
care management
ƒ Developing mainstream services for
people to access
ƒ Support for users and affordability
of Direct Payments
ƒ Cultural change
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Personenzentrierte Planung – ein Beispiel aus Schweden
Cecilia Blanck, Anna Ingren
Jämlikhet Assistans Gemenskap (JAG)
The name of the organisation we represent is JAG. The word means I or me in
Swedish. It stands for the right to be a subject – not an object in ones own life, but it
is also short for Equality, Assistance and Inclusion. Anna Ingren at my side is vice
chairman of the board of the Association JAG.
JAG was started in 1992, and it is a national non-profit organisation. According to the
charter, only persons with several large functional impairments, of which one is an
intellectual impairment, can become members with a right to vote. An intellectual impairment can be caused by for example mental retardation, autism, psychological
disease or a brain injury. The members are the persons in Sweden who has the largest and most severe impairments of all. They are both children and adults, and live all
over the country. Parents, staff and other can never become members with a right to
vote. They can only become supportive members. Most of the members in JAG have
no speech, but express themselves in their own very personal way. They often need
help from someone who can interpret their wishes and needs. Because of their intellectual impairments they also need support in taking decisions in abstract and comprehensive questions, and to predict consequences of their actions.
In Sweden we have a system for legal representation. When an adult person needs a
legal representative, a “good man” is usually appointed by the court. He or she is
supposed to be more of an advisor than a guardian. Most of the adult members in
JAG has a “good man”. The association JAG is a civil rights organisation and part of
the international Independent-Living movement. The main subject is to defend the
swedish right to personal assistance for persons with intellectual impairments. But we
also work against discrimination in society, and against the questioning of the members’ human value and right to life.
Personal assistance/LSS
In 1994 personal assistance became a legal right for people with certain impairments
through a social reform. A new law, LSS, gave individual rights to a defined group of
people. In the Forum tomorrow I will explain the details of that system and how the
financing procedures are designed.
Briefly, the law gives the right to personal assistance to people with notable and lasting disabilities and an extensive need for support and services. There shall be a need
for support and service for basic needs, like personal hygiene, dressing, eating and
communicating with others. The local community is responsible for the service, but
there is state funding through the social insurance system when assistance is needed
for more than 20 hours per week. Funding is given with a fixed sum per hour, that
shall cover all costs. The amount of hours is not limited. The system allows the user
to decide how the service is to be organised and designed. He or she can choose the
local community as a service provider, a non-profit co-operative like JAG or a private
company. The user is also free to choose the assistants him- or herself.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Personal assistance according to JAG
Most of the members in the Association JAG have also chosen JAG as the employer
for their personal assistants. For that role, JAG started a user-cooperative in 1994.
Today the user-cooperative has more than 350 members and 2500 employed personal assistants, who together give about 1,7 million hours of assistance. The annual
turnover for the user-cooperative is about 50 million euro.
If the user, with help from his or her legal representative, decides to choose JAG as
the provider for his or her personal assistance, an agreement is made between the
user and JAG. JAG is employer of the assistants, pays wages, unsocial working
hours supplement, insurance, education etcetera. We must follow the laws about
working hours, working environment and agreements of the labour market.
Many members of the JAG co-operative are entitled to personal assistance 168
hours per week or more. Some of them need help from two assistants in certain
situations. In Sweden an employed person is allowed to work 40 hours per week.
That means that most members has a personal staff of between 4 and 10 assistants.
And upon that, they need some extra-assistants to call if someone is absent.
Self-determination in the personal assistance.
The user is the subject and has the right to decide how to live his life. The assistants
have an individual commission from the user and are not part of a staffgroup. The
service shall be organised on the user’s conditions. He or she has a right to decide:
•
•
•
•
•
• WHO should give him/her assistance
• WHEN assistance is needed
• WHERE assistance is needed
• With WHAT assistance is needed
• In what WAY the assistance should be given
Service-guarant
Since the JAG-model is designed specially for users with intellectual disabilities, we
have a special solution for supervision. The user and the legal representative choose
someone to be the supervisor for the assistants, and guarantee that the service is
provided, no matter what happens. We call this person the service-guarant, and this
is partly a voluntary position. He or she is responsible for carrying out the user’s will
in the assistance. He or she has to have deep knowledge about the users wishes
and needs and be well familiar with the assistants tasks. Many of JAG’s members
have chosen a close relative to be service-guarant, some have chosen a friend or
personal assistant they trust.
The duties of the service-guarant are defined in a contract. He or she is responsible
for recruiting, instructing, supervising and scheduling the assistants. In this work the
user’s preferences and interests must always be put first. Without this support, the
members of JAG could never achieve a personally designed, user-controlled assistance. The service-guarant also guarantees the continuity and safety of the assistance. In this way he or she functions as the “safety-net” of the assistance. For many
of the members in JAG to be left alone for a single moment could be life-threatening,
and where for some reason one assistant does not come at the appointed time, the
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
JAG member is unable to use the telephone to call a substitute. The service-guarant
do therefore always have to be available, and has the responsibility to get a substitute – or to give the assistance herself. Without this back-up, the assistance could not
be safe.
Education and formation
There are no demands for formal qualifications on personal assistants in JAG. But of
course the single member sets up his or her personal demands when recruiting a
new assistant. A new assistant works together with an experienced assistant, and
learn how the member want the assistance to be given. The user-cooperative JAG
regularly arrange courses for assistants, about the law and the profession, and about
the confidentiality which applies even between assistants. But also about assisting
when the user is eating, assisting with alternative communication, or how to assist
when the user has a serious epilepsy. The member decides which courses that are
relevant for his or her assistants.
We also educate the service-guarants in the laws and agreements in the labour market, and in leadership. They can always ask for support in their role from our seven
advisors at the main office.
A free life
With personal assistance the user is able to live like other in society. Not at an institution. She or he don’t have to be depending on help from the family, unless both the
user and the family want to. Many of the adult members of JAG live in their own apartments or houses. They often choose to live near their friends and relatives, but can
live their own free life. Without personal assistance, many of the members in JAG
would be forced to live in group-homes and other institutions. Some of them would
even have to live at hospitals.
I want to conclude by telling you a story about a young man, a member of JAG, who
uses personal assistance. Some time ago he met a girl he liked. They decided to go
to a movie on friday. She did not have personal assistance, and lived in a grouphome. When the young man came with his assistant to her apartment on friday evening to pick her up, the whole group-home were waiting for him, ready to go to the
movie… There wasn’t staff enough to both go with her on the movie, and to help the
rest at home at the same time. The romance didn’t last very long…
Personal assistance - a presentation made by Anna Ingren
Background:
I´m a 31 year old woman that received a brain injury in a car accident at 12 years of
age. I´m the youngest of three siblings. My sister and brothers has families with two
children in each. To one of the children, a boy, I’m the godmother.
The injury that I received made me severely impaired, blind, unable to talk and I need
help with most of my movements. I do understand things people tell me and I´m able
to answer with an mmh.. that means yes.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
It makes a big deferens to me if people understand the way I communicate and ask
the questions so I have a chance to answer them with my mmh (= yes). That way I´m
able to control both my situation and life.
My living situation:
I lived in my childhood home with my parents until I was 26 years of age. Since I
have personal assistance I’m free to choose like everybody else.
Five years a go I moved to a house of my own that is completely suited to my needs,
it feels great! It’s situated just outside of Stockholm with beautiful nature right on one
of Sweden’s largest lakes called Mälaren. I’m able to take long walks all year around
with the help of the personal assistance.
My assistants:
I have chosen to live close by my parents and I have hired my mother as a Serviceguarant. That means that she is the one that sees to that I always have a personal
assistant by my side. If everybody else fails she’s the one that comes and work that
is part of our agreement and the contract I sign with the Service-guarant. I also have
the need of an good man and I have chosen my mother since she is the one with the
longest history together with me and I do trust her with my life. She helps me make
decisions and gets practical things done regarding my daily life.
I also need the service-guarant to be a work leader to my assistants. To work together with newly hired assistants until they are secure in there work. Make work
schedules that applied Swedish laws and regulations. It’s important that she makes
sure that the assistance is given the way I like it to be given. I have the right to live
my life the way I choose with out the interference of personal assistants that put there
own values in to my life how ever good there reasons are.
My language:
I communicate by sound not words. Even though mmh means yes to the people I
meet during a day, it also means a whole lot more to the personal assistants and my
family depending on little changes in my expression or how much pressure I put behind the sound. Therefore it is of the greatest importance that the assistants get the
opportunity to really know my way of communicating before they are fully trained.
Since I have trouble seeing I need my assistants to let me know what’s going on, who
we might meet and how things look on the way etc. I really dislike when somebody
puts there hands on my body with out asking for permission first.
My daily activities:
I have a night assistance that helps me when I want to turn to another side during the
night. She also helps me with my morning activities when I decide to get out of bed.
After my morning chores and breakfast I train with the help of the day assistant that
just arrived. Around 11.00 am I leave for work, it’s a special work place for people
that have functional impairments like mine. In Sweden we call it “Daily activity centre“. At the centre there is personnel that works together with me to customize the
activities. My personal assistant is with me and assists me when I need some extra
support, and also let the centre know what my interests are so I feel stimulated to
make that little extra effort.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
At my “office” I might put address labels on outgoing mail, run errands, check out how
simple it is to get around with an wheelchair in the city.
Sometime there might be a excursions or a trip to a museum or an exhibition. Music
and wheelchair dancing are things I also enjoy.
My spare time:
I have a lot of friends that I meet during my spare time either at my place for tea or
supper or out dancing. I take pleasure in going to concerts I really enjoy music since
my hearing is fine tuned, I do relay a lot on my hearing since I’m blind. My older sister
lives 600 km from my home so I usually fly when I visit with her and her family. She
has two little girls that love horseback riding, I get to come with them to the stable
witch I really enjoy. Before my accident I used to “live” in the stable, horses was a big
part of my life.
I enjoy going abroad for vacation. Spain is one of my favorite countrys. For 12 years
I’ve been going between one and twice a year for sunbathing, dips in both the pool
and the Mediterranean. On a trip like that I need personal assistance that can cover
all the hours of day and night. During the day I sometimes need two at the same time
to make my day and there work environment safe and without strain. Before I live I
need the service-guarant to make a special work schedule for the personal assistance the weeks I’m away. It’s important that the assistants are happy with there
schedules so I can concentrate on having a nice vacation. The service-guarant has
to prepare the staff for the different work environment, how to help me without most
of my technical aids. I like to lay on an ordinary sun bed, take a dip in the pool or
maybe lay flat on the grass. Just to get in to an ordinary bed is hard for the personal
assistants if they don’t know how. It’s important to both them and me that they stay
healthy and not strain there backs.
The importance of personal assistants in my life:
The personal assistants roll is to help me become an independent person with out
the interference of anybody. Nobody else can know what I want with my life except
me. Even though I have less possibilities because of my impairment it’s important
that I’m the centre of my life, simple things like deciding when I want to use the bathroom is of most importance. To be able to choose food, clothing, amusements, activities and friends. To be able to choose when and were and not be forced in to
situations is freedom. To be with my family, my siblings and my nieces. All my nieces
are used to my wheelchair so it’s not strange for them to climb up in my chair for
hugs and kisses.
To show you the freedom I have because of my personal assistance I have counted
the times I left my home last year. More than 110 times to work, dancing and concerts 40 times, exhibitions and museum more than 30 times, the hairdresser more
than 60 times. I counted it to be more than 370 times. Outside of that I have gone for
vacation abroad twice and I’ve travelled inside Sweden on more than one occasion.
Even though I have my impairment does having personal assistance give me the
same freedom to live my life like everybody else. This is what I wish for everyone in
the same situation as me.
70
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Personenzentrierte Planung – ein Beispiel aus Finnland
Maarit Aalto
Förbundet De Utvecklingsstördas
When I was planning this presentation I was aware of the ambitious task I had got
and wanted to pick up, in my way to see it, the most central aspects of Person centred Planning. In the discuss Person Centred Planning we come into different levels
and dimensions:
The first is social policy questions; questions of how do the society look at the persons w. intellectual disabilities – What do we find if we study more deeply the social
policy and the position of the person w. intellectual disabilities?
In the history we could find discrimination and unfair treatment and today still, with in
more discreet forms. The goal now is that persons with Intellectual disabilities are
citizens in the society. Can we say that the person w. intellectual disability is a citizen
in the way everyone else is?
As one example in the Finnish society was the change both with responsibility for
services for persons w. intellectual disability and financial policy – the change 1993
when Finland moved from the centralization to a local decision making system, which
mean that the 447 municipalities (local authorities) got the responsibility and the
“money” for the social field. This was a change towards more person centred social
policy. To move the decision making and money more near the citizens.
The second aspect is when we discuss person centred planning is the service structure and how the service structure satisfy the goals in person centred life quality.
Earlier we had only the institutions and parents, who took care of the family member
w. intellectual disability. Now the services are on the way to support more the person
centred planning, which is in Finland represented of a development process:
1. from institution (unfortunately we have 2900 of 28000 persons w. still in institutions) to group homes. Now is also on going to built apartments or combined
apartments for persons with intellectual disabilities, also for severe intellectual
disabled persons. Not to forget the early investigations of deinstitutionalisation in
Sweden, that severe intellectual disabled persons should move out first and get a
“tailor made” environment. The institutional environment have specially negative
consequensies to them, because they experience the environment so concrete.
The structure change of services and more alternatives started already 1980th is giving more space to realise person centred housing. And the next step in this development process is of course to look at the services quality aspects. And the law support
the persons with disabilities in the planning process. They cannot be left outside
when individual plans is done (the law for social clients, handicap service law).
The person centred planning process is also represented of other development processes for persons with intellectual disabilities:
71
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
2.
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
from sheltered workshops to
open labour market and
supported employment
changes supplied with new laws, which is connected to make it easier with pension-salary combinations, to find a new role for workshops; more a role of employment service; to become more an multi activity centre.
Creations of a new professional area with job coachers as support persons at the
working place
3. from collective treatment to get a personal assistant if needed already in the
school and vocational school system, in housing and partly in the work situation
4. and finally the development from nothing to financial support (a law which came in
1980th) to change housing to disabled friendly, transport financial support, get a
car for motorical disabled persons, support employers to make the work environment fit to the disabled persons need and get aids when needed.
I see all these-above mentioned- changes and development as supporting changes
to realize at structural level to person centred –solutions. And it make it happened
from the service providing aspect, but also to guarantee that the disabled person
have the right to be involved in his own life.
But in time my four points is a distance of 20 years development and there are more
to be done. To realize person centred planning it is a question of
-
structures (societal, political, financial and service structures), where we in planning principles and in organizing the intellectual disabled persons lives and have
the person centred viewpoints as a goal. The person with intellectual disability is
(or should be) in the centre.
Still is existing strong systems as for example the institutional system (2900 p.w.ID)
with the power and the personal centred consequensies are negative. The characteristics of the institutional systems/structures are hierarchical, the planning and decision making is in professionals hands, with collective, repeating and routinized
treatments and existing traditional attitudes is on going and the person with intellectual disability become an outsider of his own life. Instead we try to reach structures
with systems for empowerment, personalized life conditions, meet the person not
only his disability, networking, quality insurance, support the person with intellectual
disability to plan and make decisions of his own, and educate staff towards their new
staff role.
Awareness of the obstacles, which I see mostly connected to our attitudes, how we
see the persons with intellectual disability. The attitudes and notions of the person
with intellectual disabilities influence to staffs, parents, politicians etc. activities, decisions and treatment.
I mean that the traditional attitudes strongly is connected to look at the intellectual
disabled persons for ex. to see the person with intellectual disabled person as a
“child” (ex. when You go to a workshop for ID persons often the decorations are as in
a day care centre for children) , as an agreement-object (professionals discuss and
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
do not ask the person him/her self), look from the medical viewpoints, which is influencing to his all parts of life, like “teraphy” all over.
Person centred planning start from different starting points, to realize life situations
from the values respect and equality. The basic values to become a “Person”. I for
ex. interviewed over 30 persons with intellectual disability and was amazed how the
traditional attitudes still influence to there lives. They told of many different life situations where they where not listen too, they felt like outsiders in their own questions,
they where treated like children and told how they should behave and so on. There
must be awareness of the need of education and development projects in the change
toward person centred planning.
And one very important topic in this is what I call a deeper understanding of he
needed competence for professionals to realize person centred way to work, make
the goals for quality real for the person with intellectual disability.
I see that the social policy, social structure is strongly linked to the professionals
competence to realize the person centred goals and rights. And that is not happening
just by an occasion, it must be a done with a sense of direction and an awareness
what the main activity, tools and way of thinking should be. I see that the person centred way of work need a special education both for leaders and staff. And parallel
actions should be done for the parents involved.
I base this to the idea that a lot of the decisions, how You work and meet persons
with intellectual disability is based on emotions, the support is not any more a practical support (to compensate the disability), it is also emotional and structural support.
And that means that we must have a closer look of what do Ifor ex. as a staff offer
and use my work time to with the person with intellectual disability and does it follow
the goal of person centred rights. So, in this way to think, I mean that there must be a
stronger education and awareness of the following:
-
education and raising awareness of staffs etc. own emotions, how do I understand my own emotions and how to use and control them in the work and also to
have the competence to make consciousness and convenient solutions from my
emotions. A lot of the work is to interprete and understand the intellectual disabled
persons needs, wishes, experiences and emotions and we should not only be
reasonable in this task we should be excellent to do this. But without awareness
staff come to a problem, because they must use themselves as a tool in the workthe emotions is the work tool.
All emotions and the staffs (and others involved) life (private life, leisure time, childhood etc.) - they take with them to the work situation. It is not the same for ex. for a
car repairer – he/she have other tools to use.
And when we start to realize more person centred solutions, above mentioned things
- in my opinion become more and more important. Of course it was also earlier, but
we have not discussed, that so much in the traditional connections.
73
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
So, the emotions in the work situation as a tool means that we must more also think
of how we transfer emotions - our movements, voice, style of communications and
only the intuitive transfer, which is connected to atmospheres /climate. To understand
how important emotions are in human work, we can think of contrasts as people
with “burn out” -when the emotions are “empty”, depression – when the emotions are
negative, people with psychiatrical problem – when the emotions are unrealistic and
stress – when the emotional experience is decreasing.
Personal centred way to work really need awareness of staffs (and other involved)
own emotions specially in problematic situations because it had to do also with:
- how do You react in conflict – and problematic situations, ( or for ex. are we suddently associating to the dominating father from our childhood and the emotions/reaction become stronger and unsuitable in this situation etc.)
- how do You use power (where goes the limits? Do we legitimate he use of power
in different unrealistic ways in pedagogical treatments or in communication, rules
etc.)
- how do You listen to the person w. intellectual disability; it is a difference to just
hear or be an active listener
- and how we take responsibility, seen from the intellectual persons viewpoint. This
is connected to emotions and our motivation in the work and what we see is important and the professional level of person centred way to work have to do with
your self sureness and empathy.
I hope this can give You an idea of many of the links/areas connected to person centred solutions and rights. We need only our imagination to found new ways and follow
the same direction.
74
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Personenzentrierte Planung – ein Beispiel aus den
Niederlanden
Jos van Loon
Stichting Arduin
Arduin
Selbstbestimmung von Menschen
mit einer geistigen Behinderung als
Ausgangspunkt für Unterstützung
Emanzipation von Menschen mit einer Geistigen
Behinderung
und das Auflösen einer Anstalt
Jos van Loon
Ich gebe hier eine Beschreibung von den Veränderungen in Arduin, weil:
"It is so easy to change our language
without changing our structure or our
culture" ~John O'Brien
Grundlagen für personen-zentriertes Denken:
• Empowerment:
Menschen
mit
dem
Label
“Behinderung” ermächtigen
• gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen
• Individuelle Potentiale von Menschen verwirklichen
helfen
• Ziel ist Inklusion: Menschen mit Behinderungen als
anerkannte Mitglieder der Gesellschaft
• "System-zentrierte" Organisationen können keine
personen-zentrierten Dienstleistungen anbieten!
75
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Arduin: wie es war und wie es ist:
•
•
•
1994: Eine Anstalt mit
ungenügender Qualität der
Betreuung in mehrerer Hinsicht:
sehr wenig Tagesstruktur; 280
Klienten in großangelegten
Wohnabteilungen auf dem Gelände
Leitmotiv für die Änderungen:
– Emanzipation und
Selbstbestimmung sind für
alle Menschen grundlegend
für eine optimale
Lebensqualität
Entwicklung: Von Betreuung zur
Unterstützung
•
•
•
•
•
•
•
•
Eine transmurale Organisation Wohnen, Arbeit/Tagesbeschäftigung,
Unterstützung und Schulung
Zulassung als Tagesstätte: 71
Erwachsene
Zulassung als Kindertagesstätte: 20
Kinder
Intramural / Die Anstalt: 390 Klienten
920 Mitarbeiter
112 Wohnungen
Vollwertige
Arbeit/Tagesbeschäftigung für jeden
in mehr als 20 Betrieben und 5
Tageszentren
Die Arduinse Schule mit mehr als 50
Kursen
Die Niederlande
• 2002: 133 Anstalten für Menschen mit geistiger
Behinderung
• 33.694 Plätze
• 36.502 Vollzeit-Mitarbeiter
• 37 % außerhalb von Anstalten, in der Gesellschaft
• 1/3 in Gruppen von <6; 1/3 in Gruppen von 6-9;
1/3 in Gruppen von >10
76
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Der Prozess der Emanzipation
und des Sich-Bewusst-Werdens in Arduin
• Der Klient: Von Abhängigkeit zur
Selbstbestimmung
• Die Organisation: Von Betreuung zur
Unterstützung
• Verbesserung der Betreuung in Anstalten ist nicht
mehr möglich
• Anstaltsbetreuung ist nicht mehr zeitgemäß
von:
•Institutionalisierung, über
•Deinstitutionalisierung zu
•Rekommunalisierung
Wichtige Elemente in diesem
Prozess
¾ Entwicklung der Betrachtungsweise: Emanzipation
von Menschen mit geistiger Behinderung und die
Auswirkung auf die Lebensqualität
¾ Auflösung der Anstaltsbetreuung und gleichzeitige
Entwicklung eines Unterstützungsmodells
¾ Arbeiten an Inklusion und Gemeinwesenentwicklung
77
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Hintergründe
*Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
(UNO)
*Neue Definition Geistige Behinderung
AAMR, 1992 / 2002
*Gesellschaftlich-kritische Auffassung über
das Verständnis von Behinderung
*Kritik der Institutionellen (Einrichtungs-)
Betreuung
*Paradigma-Verschiebung
*Lebensqualität
Dimensionen von “Lebensqualität”
(Schalock)
•
•
•
•
•
•
•
•
Emotionales Wohlbefinden
Interpersönliche Beziehungen
Materielle Wohlfahrt
Persönliche Entfaltung
Körperliches Wohlbefinden
Selbstbestimmung
Soziale Inklusion / Zur Gesellschaft gehören
Rechte
78
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Zentrale Dimensionen
bei der notwendigen Erneuerung
• Inklusion
• Selbstbestimmung
• Persönliche Entwicklung
Es ist wichtig, dass dieser Nachdruck auf Emanzipation, auf
diese Dimensionen von Lebensqualität , bei allen
Entscheidungen konsequent durchgeführt wird, die man
trifft:
•in Bezug auf Wohnen und Arbeiten, also: Auflösen der
Anstaltsbetreuung und gleichzeitige Entwicklung eines
Unterstützungsmodells
•die Auffassungen der Klienten / Kunden spielen eine wichtige
Rolle bei der Gestaltung der Organisation
•UND ES GIEBT KEIN “ABER”……………..
Leben nach eigener Wahl:
Selbstbestimmung
• Lernen, seine Wahl zu treffen
• Jeder Klient kann seine Wahl treffen in Bezug auf
das, was für ihn wichtig ist
• Wohnen, so wie man will
• Arbeiten, so wie man will
• Information: Informationsladen
• Empowerment: Schulung
• Persönliche Assistenz
79
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Inklusion
•Normale Wohnungen und
Arbeit
•Dazu gehören: Familie,
Schule, Arbeit, Freizeit, usw.
•Eine inklusive Gesellschaft
•Kein “wir” und “sie”
Normale und vollwertige Arbeit
Vollwertige Arbeit oder
Tagesbeschäftigung für jeden
Klienten
Völlig getrennt vom Wohnen
80
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Partizipation der Klienten
Die Klienten sollen mehr strukturellen
Einfluss auf ihr Leben haben :
–
–
–
–
–
Persönliche Assistenz
Persönlicher Plan
Wohnbüro
Vakanzbank
Schulung
Das Extranet von Arduin bietet hierzu
Unterstützung!
Wohnbüro Arduin &
Vakanzbank Arduin auf das
Extranet
• Statt eine Einteilungskommission die bestimmt,
sucht der Klient (mit Unterstützung) seinen eigene
Wohnung in der Wohnungführer von das
Wohnbüro
Woonbureau
auf Internet
• Statt eine Einteilungskommission die bestimmt,
sucht der Klient (mit Unterstützung) seinen eigene
Arbeits-oder Tagesbeschäftigungstelle
auf Internet
81
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Entfaltung und Entwicklung
• Lernen durch Erfahrung
• Lernen durch Ausbildung und Schulung:
“Arduinse School”:
– Emanzipation en Sich-Bewusst-Werden
– Mehr als 50 Kursen fur alle Klienten: Algemeine
Bildung, Soziale Bildung, Gesellschaftliche Bildung,
Arbeitsbildung, Kreatieve Bildung
– Lernen zu lernen
– Einen Rückstand aufholen
Normalerweise in den
Niederlanden: der
Betreuungsplan
•
•
•
•
•
Geschrieben durch Professionelle
Fokus auf Qualität der Betreuung
Erfordernisse, vor allem instrumentell
Ziele, Aktionen, Evaluationen
Juristische Erfordernisse
82
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Arduin: Von Betreuungsplan zum
Persönlichen Plan mit Fokus auf
Lebensqualität: auf Selbstbestimmung
Wie es war
Wie es ist
Die Professionellen
schrieben den
Betreuungsplan und
bestimmten die Inhalte,
um eine gute Qualität der
Betreuung zu bekommen
Der Klient sagt, was
er sich wünscht und
was er braucht für
eine gute
Lebensqualität
Der Klient schreibt
seinen eigenen
Persönlichen Plan
Vom Betreuungsplan zum
Persönlichen Plan
Wie es war
Eine Mappe mit dem
Betreuungsplan
Wie es ist
Persönlicher Plan
Dialog mit dem Klienten
Was wünschst Du Dir?
Eine Besprechung unter
Professionellen
Die Professionellen
bestimmten
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Was wünschst Du Dir?
In diesem Teil des Persönlichen Plans werden die
Wünsche der Klienten formuliert
Diese Wünsche beziehen sich auf die Bereiche
Wohnen, Arbeit/Tagesbeschäftigung, Freizeit,
Schulung und Bildung
In einem Dialog werden die Wünsche der
Klienten und ihrer Eltern durch den Persönlichen
Assistenten formuliert.
84
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Wie wünschst Du es Dir?
Auf welche Weise sollen / können die
Wünsche der Klienten ausgeführt
werden?
Dieser Teil wird durch die Klienten
und/ oder den persönlichen Assistenten
ausgefüllt.
Bekommst Du,
was Du Dir wünschst?
Hier werden alle Evaluationen ausgefüllt
Denke an:
•Berichte von Besprechungen
•Gespräche der persönlichen Assistenten
mit den Klienten
• Kontakte mit der Verwandtschaft
• usw...
Diese Evaluationen werden durch die
Klienten und/ oder die persönlichen
Assistenten zugefügt.
85
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Personenbeschreibung
Dieser Teil wird durch den Heilpädagogen /
Psychologen und / oder den persönlichen
Assistenten geschrieben.
Hier steht kurz und bündig beschrieben, wer
der Klient ist, was er braucht und was seine
Talente sind.
Informationskarte Wohnen
Diese Informationskarte ist für die
Mitarbeiter, die den Klienten im
Bereich Wohnen unterstützen.
Hierdurch wird vorgebeugt, dass
jeder Mitarbeiter seine eigenen
Angaben macht, in Bezug auf das,
was der Klient braucht.
Was der Klient braucht, bestimmt
welche Unterstützung er bekommt.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Informationskarte Wohnen
Die Informationskarte kann die folgende Themen beinhalten:
das allgemeine Bild,
Verhalten
‹ Können
‹ Kommunikation
‹ soziale Kontakte
‹ Arbeit
‹ Medikation
‹ (Protokoll für
Medikation in
Krisensituationen)
‹ Gesundheit
‹
juristische Vorschriften
in Bezug auf Sicherheit
und Beschränkungen
‹ Hilfsmittel
‹ Freizeitbeschäftigung
‹Willenserklärung (und
Religion)
‹Tagesprogramm
‹ usw.
‹
Informationskarte Arbeit
Diese Informationskarte ist für die
Mitarbeiter, die den Klienten bei seiner
Arbeit unterstützen
Hier stehen nur die Informationen, die für
den Bereich der Arbeit oder
Tagesbeschäftigung notwendig sind
87
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
So geht es im Wohnen / bei der Arbeit /
der Tagesbeschäftigung
Hier berichten die Mitarbeiter aus den
Bereichen Wohnen / Arbeit auf der Grundlage
der Themen von den Informationskarten.
Die Konsequenz der neuen
Betrachtungsweise:
Von “Betreuung” zur
“Unterstützung”:
Supported Living!
88
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Unterstützung (Supports)
organisiert
• Unterstützung durch einen Persönlichen
Assistenten und Unterstützung von „Support
Workers”
• 7 x 24 Stunden Erreichbarkeit: ein Orthopedagoge
(Heilpädagoge), zwei Coaches (von denen einer
immer Krankenpfleger ist) und ein Manager
• Eine virtuelle Organisation mit Hilfe des Internet:
www.arduin.nl
• Medizinische Betreuung von
Allgemeinmedizinern mit der Unterstützung von
Spezialisten: A.V.G.
Unterstützung
(Supports) zielt auf
Inklusion:
Community Support!
Unterstützung bei der
Teilhabe als Bürger in der
Gesellschaft!
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Hier liegt auch eine Herausforderung
für die Gesellschaft:
Gemeinwesenentwicklung:
Arbeiten an der Gesellschaft mit
der Gesellschaft selbst als
Ausgangspunkt:
Arbeiten am Sozialen Kapital!
Weitere logische Schritte für
Arduin im Prozess der
Rekommunalisierung
Weitere Auflösung als Betreuungsorganisation :
• Betreuung geht zur Heimpflege
• Wohnungen an die gemeinnützigen
Wohnungsgesellschaften
• Arbeit an die Betriebe und Arbeitsbeschaffung
• Freizeit in der Gesellschaft
¾ Was bleibt: eine Organisation zur Unterstützung
von behinderten Bürgern bei der Partizipation in
der Gesellschaft als Kernaufgabe
90
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Fachliche Standards für professionnelle
Unterstützung
• Unterstützung findet in normaler, integrierter Umgebung
statt
• Unterstützungs-Aktivitäten werden ausgeführt durch
normale Personen, die arbeiten, leben, ausbilden oder sich
erholen in integrierten Umgebungen
• Unterstützungs-Aktivitäten gehen vom Individuum aus
• Unterstützung wird koordiniert durch einen
Unterstützungsmanager
• Die Wirkungen der Unterstützung werden im Hinblick auf
Qualitätskriterien anhand individueller Einschätzungen
evaluiert.
• Art und Umfang der Unterstützung können je nach
individuellen Situationen variieren.
• Unterstützung soll kontinuierlich und verlässlich erfolgen.
Veränderungen sind dann möglich, wenn sich der
Unterstützungsbedarf verändert. Dies erfordert
systematisches Monitoring.
Unterstützung gegründet auf
Gleichheit
• Unterstützung gründet sich auf personenzentrierter Planung
• Unterstützung wird gegründet auf die Kraft von
Self-advocacy und Empowerment
• Unterstützung gründet sich auf personalreferenced outcomes / Persönliche Ergebnisse (die
die Rechte, Werte, Vorzüge der Individuuen
reflektieren und die verbunden sind mit Inklusion
und Partizipation)
91
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Der nächste Schritt, an dem wir jetzt arbeiten:
Individuelle Unterstützungs Pläne
•Auf der Grundlage der Support Intensity Scale
von der AAMR (Unterstützung Intensität Skale)
•Durch Gespräche mit der Person und ihren Eltern /
ihrer Familie bzw. anderen Personen die sie gut
kennen
•Um grundlegend die Klienten zu ermächtigen
Komponente 1
Beschreibe die Wünsche und die Ziele, die die Person
in ihrem Leben hat.
* Unterstützungsbereiche:
Wohnen
Arbeit / Tagesbeschäftigung Gesundheit und Sicherheit
Gesellschaft
Verhalten
Erziehung/Training Sozial
Entwicklung
Schutz
*Die acht Dimensionen von Lebensqualität
Komponente 2
Feststellung der Bedeutung der notwendigen Unterstützung
* Unterstützungsbereiche:
Wohnen
Arbeit / Tagesbeschäftigung Gesundheit und Sicherheit
Gesellschaft
Verhalten
Erziehung/Training Sozial
Entwicklung
Schutz
Unterstützungsfrequenz
Unterstützung
Zeit
Unterstützungsart
Komponente 3
Entwicklung eines individuellen Unterstützungsplans
Stell die Prioritäten fest, in Bezug auf die Wünsche und die Ziele.
Benutze die Support Intensity Scale um festzustellen, welche UnterstützungsQuellen notwendig sind und bereits benutzt werden.
Was hat die Prorität?
Schreibe einen Individuellen Unterstützungsplan
Komponente 4
Kontrolliere die Ergebnisse
In welchem Maße werden
die Wünsche realisiert?
In welchem Maße bleiben
die Wünsche relevant?
In welchem Maße ist der Individuelle
Unterstützungsplan implementiert
Evaluation des Individuellen Unterstützungsplans
92
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Personenzentrierte Hilfen – Verpreislichung und
Finanzierung
Dr. Albrecht Rohrmann
Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste der Universität Siegen
1. Einführung - Kritik der einrichtungszentrierten Finanzierung sozialer Dienste
Mit der Forderung nach personenzentrierten Hilfen verbindet sich die Forderung einer entsprechenden personenzentrierten Finanzierung. Die Bemühungen um Personenzentrierung der Hilfen laufen in Leere, wenn sie sich nicht mit entsprechenden
Finanzierungsmodalitäten verbinden. Alle Erfahrungen zeigen, dass fachliche Impulse nicht greifen, wenn sie nicht mit entsprechenden Finanzierungsstrukturen und anreizen verbunden sind. Die Forderung nach einer personenzentrierten Finanzierung geht von einer mehrfachen Kritik am gegenwärtigen Finanzierungsmodell der
Behindertenhilfe - der einrichtungszentrierten Finanzierung - aus:
•
Die einrichtungsbezogene Finanzierung blockiert die Selbstbestimmung und
Selbstverantwortung der Anspruchberechtigten: Unabhängig von ihren individuellen Möglichkeiten und Präferenzen werden sie auf die Inanspruchnahme
von pauschalen, mehr oder weniger standardisierten Unterstützungsangeboten verpflichtet. Diese Angebote stehen zumeist nur in Sondereinrichtungen
zur Verfügung und lassen sich nur schwer in das normale Alltagsleben integrieren.
•
Die einrichtungsbezogene Finanzierung bietet im Hinblick auf die Allokation
von öffentlichen Mitteln sowohl für die Politik als auch für die Sozialverwaltung
nur geringe Steuerungsmöglichkeiten. Es bleibt vage, welche Leistung auf der
Grundlage eines pauschalen Kostensatzes erbracht wird. Die Leistungen, die
in unterschiedlichen Einrichtungen und Diensten erbracht werden, sind nicht
vergleichbar. Es fehlen Anreize für Innovation und Effizienz. Finanzierungszusagen begründen sich nicht durch beschriebene Leistungen sondern durch
den Status des Anbieters und seine Durchsetzungsfähigkeit im politischen
Feld.
•
Die einrichtungsbezogene Finanzierung führt zur Vernachlässigung der individuellen Förderung: Pauschale Sätze bedingen eine Mischkalkulation. Sie
funktionieren als Satz für Gruppen, die sich aus Personen mit mehr und weniger Hilfebedarf zusammensetzen. Daher konkurriert das Ziel der individuellen
Förderung mit der Notwendigkeit, gerade die so genannten 'Fitten' in der pauschalen Finanzierung zu halten und das Angebot zu standardisieren.
Die Kritikpunkte an der einrichtungsbezogenen Finanzierung können drei unterschiedlichen fachlichen bzw. sozialpolitischen Diskursen zugeordnet werden, die
selbstverständlich Überschneidungen aufweisen.
•
Die Forderung nach mehr Selbstbestimmung und Selbstverantwortung bei der
Finanzierung kann dem gesellschafts- oder sozialpolitischen Diskurs der Aktivierung zugerechnet werden. Nicht mehr umfassende Fürsorge, sondern ei93
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
nerseits der Anspruch auf Teilhabe und andererseits die Inpflichtnahme des
Individuums ist leitend für ein neues Verständnis der Sozialpolitik, das in der
Bundesrepublik mit den Schlagworten 'fördern' und 'fordern' beschrieben wird.
In der Behindertenpolitik geht es dabei zum einen darum, Vorkehrungen gegen die Diskriminierung durch gesellschaftliche Institutionen zu treffen und
zum anderen darum, dem Individuum Ressourcen zu erschließen, die seine
Teilhabechancen erhöhen. Dies drückt sich in Finanzierungsformen aus, die
zugleich die Individuen in die Pflicht nehmen sollen. Sozialstaatliche Programme zielen auf die Aktivierung von Potentialen des Gemeinwesens und
des Individuums und gehen einher mit einem Rückzug des Sozialstaates aus
einer umfassenden Versorgung.
•
Die Frage von verbesserten Steuerungsmöglichkeiten ist insbesondere für die
Sozialleistungsträger von hohem Interesse. In vielen europäischen Ländern ist
zu beobachten, dass in den unterschiedlichen Sektoren der Wohlfahrtsproduktion Elemente des Wettbewerbs eingezogen werden, am deutlichsten wohl im
Gesundheitswesen. Dabei wird davon ausgegangen, dass eine Marktsteuerung
der
Steuerung
durch
staatliche
Planung
überlegen
ist.
Mit der Einführung von Wettbewerbselementen werden im Bereich der Behindertenhilfe zwei unterschiedliche Ziele verfolgt. Zum einen soll der Wettbewerb Impulse zur Innovation geben. Insbesondere die Sozialhilfeträger
erhoffen sich davon eine weitere Dezentralisierung und Ambulantisierung der
Hilfen. Dies fördert den personenzentrierten Ansatz. Zum anderen soll der
Wettbewerb angesichts des Kostendrucks durch Effizienzgewinne Einsparungen ermöglichen. Die von dieser Seite geäußerte Kritik an der einrichtungsbezogenen Finanzierung lässt sich dem Diskurs über 'Neue Steuerung' (‚new
public management’) in der öffentlichen Verwaltung zuordnen.
•
Die individuelle Förderung ist fachliches Ziel jeder Intervention Sozialer Arbeit.
Dazu gehört insbesondere auch die Befähigung zum selbstständigen Leben,
möglichst unabhängig von fremder Hilfe - die Hilfe zur Selbsthilfe. Die Realisierung dieses Zieles ist jedoch nicht nur von der Bereitschaft und den Möglichkeiten der Klientel abhängig, sondern auch von institutionellen
Rahmenbedingungen. Helfende Organisationen entwickeln eine Eigenlogik.
Sie sind insbesondere am Ziel der Selbsterhaltung oder sogar der Expansion
orientiert. Dies kann in ein Widerspruchsverhältnis zu dem Ziel der individuellen Förderung geraten. Die vor dem Hintergrund geübte Kritik an der institutionsbezogenen Finanzierung lässt sich daher dem fachlichen Diskurs der DeInstitutionalisierung bzw. der Suche nach geeigneten institutionellen Settings
für Soziale Arbeit zuordnen.
Im Folgenden möchte ich in Bezug auf diese drei Diskurse die Möglichkeiten und
Grenzen einer personenzentrierten Finanzierung diskutieren. Zunächst zur gesellschaftlichen Ebene, der sozialpolitischen Aktivierung.
94
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
2. Ansätze und Probleme der personenzentrierten Finanzierung
2.1 Selbstbestimmung und Aktivierung durch persönliche Budgets
Antidiskriminierung, Selbstbestimmung und Teilhabe sind Leitbegriffe einer neuen
Behindertenpolitik, die sich in Fragen der Finanzierung mit der Idee des 'Persönlichen Budgets' verbinden. Die Anspruchsberechtigten sollen vom Sozialleistungsträger mit einem Budget ausgestattet werden, mit dem sie selbst wirtschaften. Das
Budget soll sie in die Lage versetzen, Diensten und Einrichtungen gegenüber als
Kundinnen und Kunden aufzutreten.
Ohne Zweifel wird mit der Einführung Persönlicher Budgets ein erheblicher Reformimpuls für die Behindertenhilfe gesetzt. Mit solchen Budgets kann unter bestimmten
Bedingungen tatsächlich ein hohes Maß an Personenzentrierung der Hilfen erreicht
werden, da die Anspruchsberechtigten nun allein oder mit einer entsprechenden
Budgetassistenz ganz neue Möglichkeiten haben, ein für sie passenden Unterstützungsarrangement zu entwickeln. Dies belegen die Erfahrungen in einer Reihe von
europäischen Ländern. In Deutschland stellt sich die Einführung Persönlicher Budgets vor dem Hintergrund der bisherigen Finanzierungsregelungen als ein ungemein
schwieriger und zäher Prozess dar. Aber auch in der Bundesrepublik Deutschland
wird der Reformimpuls, der vom Persönlichen Budget ausgeht, von niemandem
grundsätzlich bestritten.
Ich möchte jedoch im Folgenden Grenzen des Persönlichen Budgets hinsichtlich der
personenzentrierten Hilfen für Menschen mit geistiger Behinderung aufzeigen.
Im Persönlichen Budget verbindet sich der Anspruch auf Selbstbestimmung und die
Forderung nach Selbstverantwortung. Die Sozialleistungsträger decken den sozialrechtlichen Anspruch durch ein pauschales Budget ab. Die Verantwortung dafür dieses Budget effizient, also für die optimale Deckung des individuellen Bedarfes
einzusetzen liegt bei dem Anspruchberechtigten, der nun Kunde auf dem Markt sozialer Dienstleistungen wird. Das Kundenverhältnis reicht allerdings nicht aus, um die
Komplexität der Hilfen für Menschen mit geistiger Behinderung zu beschreiben. Dies
gilt in drei Hinsichten:
1. Der Kunde trägt mit dem Persönlichen Budget das Risiko dafür, dass die für ihn
notwendige Hilfe erbracht wird. Dabei handelt es sich allerdings nicht um eine punktuelle, leicht beschreibbare und daher gut zu verkaufende Dienstleistung. Menschen
mit geistiger Behinderung sind von den Hilfen, die sie bekommen, in der Regel existentiell abhängig. Die Hilfen müssen einhergehen mit einer aktiven Sorge und der
Wahrnehmung von Verantwortung seitens des Dienstleisters. Es ist unwahrscheinlich, dass sich für eine derart komplexe und schwer kalkulierbare Dienstleistung ein
Anbietermarkt entwickelt, der sich über Preise reguliert und gleichzeitig attraktive
Wahlmöglichkeiten für Betroffene eröffnet. Es besteht also ein hohes Risiko der Unterversorgung gerade für den Personenkreis mit einem hohen und komplexen Hilfebedarf, wenn die Angebotsentwicklung ausschließlich über das Persönliche Budget
gesteuert werden soll.
2. Die Übernahme von Verantwortung für die Gestaltung des eigenen Hilfearrangements muss einhergehen mit entsprechenden Kompetenzen. Die Erlangung solcher
Kompetenzen ist ein Ziel der Hilfen für Menschen mit geistiger Behinderung. In vielen
Fällen wird dieses Ziel nicht oder nur mit Einschränkung erreicht. Eine gesetzliche
95
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Betreuung zur Erledigung von Rechtsgeschäften bleibt dauerhaft notwendig. Viele
Menschen mit geistiger Behinderung können daher ein Persönliches Budget nur mit
Unterstützung ihrer gesetzlichen Betreuer/innen oder einer Budgetassistenz in Anspruch nehmen. Dies ist der Hintergrund, warum in vielen der bisherigen Projekte
zum Persönlichen Budget Menschen mit geistiger Behinderung explizit ausgeschlossen waren oder faktisch kein Persönliches Budget in Anspruch genommen haben.
Menschen mit geistiger Behinderung allerdings grundsätzlich vom Persönlichen Budget auszuschließen, würde gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen. Die Ausgestaltung des Persönlichen Budgets, insbesondere die Verbindung mit einem ‚case
management’ oder einer Budgetassistenz, muss den spezifischen Bedürfnissen von
Menschen mit geistiger Behinderung gerecht werden.
3. Für die Sozialleistungsträger bleiben die Inhalte der finanzierten Leistungen vage.
Sie müssen nun nicht mehr mit den Trägern von Diensten und Einrichtungen verhandeln, wie sie das Geld im Sinne der Anspruchsberechtigung einsetzen, sondern mit
den Anspruchsberechtigten selbst. Sie müssen sich - und das ist zumindest in der
Bundesrepublik eine weitgehend neue Aufgabe - ein genaues Bild über den Hilfebedarfes verschaffen, um die Höhe des Budgets festzulegen. Des Weiteren müssen sie
in angemessener Weise überprüfen, ob das Budget tatsächlich für die vereinbarten
Ziele eingesetzt wird.
Dies bedeutet, dass das Thema der Qualität und der Standards Sozialer Arbeit keineswegs an Bedeutung verliert. Die Standards Sozialer Arbeit waren bisher weitgehend von einem fachlichen und einem fiskalischen Diskurs dominiert. Es ist positiv,
wenn sie durch das Persönliche Budget stärker auf individuelle Lebensqualität bezogen werden können. Damit wird allerdings die Notwendigkeit, Qualität und Standards
im Sinne der Qualitätssicherung beschreibbar zu machen, nicht einfacher. Der Standard der individuellen Lebensqualität, der mit dem Persönlichen Budget stark betont
wird, ist sehr hoch zu bewerten. Er darf jedoch nicht gegen andere fachliche Standards ausgespielt werden.
Die Ausführungen verdeutlichen: Das Persönliche Budget bietet Chancen, die Rolle
der Anspruchsberechtigten im Sozialleistungsdreieck zu stärken. Es bietet große
Chancen für die Entwicklung von personenzentrierten Hilfen. Dazu sind allerdings
bezogen auf den Personenkreis von Menschen mit geistiger Behinderung eine verlässliche Infrastruktur sozialer Dienste und Ansätze der Unterstützung wie beispielsweise die Budgetassistenz notwendig. Das Persönliche Budget kann daher - so die
zusammenfassende Einschätzung - nicht als Alternative, sondern nur als Ergänzung
zu anderen Finanzierungsformen verstanden werden. Seine Stärke kann es insbesondere in einer an Personenzentrierung und individueller Lebensqualität orientierten
Diskussion über Qualität und Standards entfalten.
2.2 Steuerung der Hilfen durch Markt und Wettbewerb
Es ist vergleichsweise neu, sozialstaatliche Hilfen als soziale Dienstleistungen zu
verstehen und nach Analogien zur Erbringung privater Dienstleistungen zu fragen.
Es muss daher als erstes eine wichtige Einschränkung gemacht werden.
Gegen eine vorschnelle Vermarktlichung bzw. eine reine Marktrhetorik in der Behindertenhilfe sperrt sich zum einen der Umstand, dass es sich um Leistungen handelt,
auf die ein individueller Rechtsanspruch besteht. Zum anderen spaltet sich die Rolle
96
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
des ‚Kunden’ auf in den Sozialleistungsträger, der bezahlt und in die Rolle des Nutzers, der konsumiert. Eine Steuerung durch Angebot und Nachfrage bricht sich an
den unterschiedlichen Interessen auf der Seite der Nachfrage. Wettbewerb wird so
immer zum inszenierten Wettbewerb.
An dieser Stelle ist zu betonen, dass der individuelle Rechtsanspruch des einzelnen
Bürgers mit Behinderung gegenüber der staatlichen Gemeinschaft ein hohes Gut
darstellt, das nicht zur Disposition gestellt werden darf. Auch nicht durch idealisierende Diskurse um Community Care und Sozialraumbudgets.
Dennoch ist es zweifellos gerade im Kontext konservativ geprägter wohlfahrtsstaatlicher Strukturen sinnvoll zu fragen, ob nicht auch in diesem Bereich gezielt eingesetzte Instrumente von Markt und Wettbewerb zu Innovation und Effizienz führen können
und Chancen für die Überwindung einer einrichtungszentrierten Finanzierung bieten.
Den Beteiligten sollte jedoch klar sein, dass es sich dabei immer – wie gesagt - nur
um einzelne Elemente im Rahmen eines inszenierten Wettbewerbes in einem Feld
handelt, das insgesamt nicht hinreichend durch Markt und Wettbewerb geordnet
werden kann.
In unterschiedlicher Weise bemühen sie die nationalen Gesetzgeber Elemente von
Markt und Wettbewerb in das Feld sozialer Dienste einzuführen. Für die Bundesrepublik sind in dem Feld der Behindertenhilfe die Einführung der Pflegeversicherung
und die Reform des Sozialhilferechts von 1996 von besonderer Bedeutung. In beiden
Fällen wurde ein Verfahren der Zulassung von Diensten und Einrichtungen eingeführt und ein Verfahren zur Festlegung von Leistungen und Kosten. Im Bereich der
Eingliederungshilfe wurde das Selbstkostendeckungsprinzip abgelöst durch eine
prospektive Budgetierung. Die durch Verfahren der Zulassung und Leistungsvereinbarung hergestellte Transparenz und Vergleichbarkeit sollte einen verstärkten Wettbewerb initiieren. Die Leistungen und Kosten sollen dabei im Sinne des
personenzentrierten Ansatzes nicht mehr in pauschalen Pflegesätzen beschrieben,
sondern in Leistungsmodulen bzw. Leistungstypen für Gruppen mit einem vergleichbaren Hilfebedarf.
Insbesondere im Bereich der Eingliederungshilfe sind die bisherigen Erfahrungen
ernüchternd. Es ist bisher nur in Ansätzen gelungen, die Leistungstypen mit vergleichbaren Preisen zu hinterlegen. Schwerer noch wiegt der Einwand, dass sich für
die Nutzer/innen von Diensten und Einrichtungen überhaupt nichts verändert. Etwas
stärker personenzentriert sind vielleicht die Abrechnungsmodalitäten zwischen Anbietern und Sozialleistungsträgern geworden, sicher aber nicht die Hilfen. Die Beschreibung der Leistungsmodule und die Beschreibung der Leistungstypen in der
Eingliederungshilfe erfolgt nach einem abstrakten und standardisierten Modell, mit
dem sich das ‚wirkliche’ Leben nicht abbilden lässt.
Die eingeführten Elemente des Wettbewerbs zeigen hinsichtlich innovativer Zielsetzungen auch deshalb wenig Wirkungen, weil es bislang nur unzureichend gelungen
ist, die Wettbewerbsinstrumente mit den Interessen der Nutzer/innen abzustimmen
und sie als Nachfrager der Leistungen in den Wettbewerb einzubeziehen. Sie bleiben
in allen bisherigen Ansätzen verpflichtet auf die Inanspruchnahme vordefinierter Leistungsmodule oder Leistungstypen. Dennoch bleibt die Herstellung einer Vergleich-
97
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
barkeit von Leistungen eine wichtige Voraussetzung zur Umsetzung einer personenzentrierten Finanzierung.
2.3 Personenzentrierte Finanzierung und Ambulantisierung von Hilfen
Im Mittelpunkt der Diskussion um personenzentrierte Hilfen steht die Individuelle Hilfeplanung. Individuelle Hilfeplanung wird in der Bundesrepublik Deutschland bislang
in erster Linie als ein fachliches Instrument zur Ermittlung des Hilfebedarfes verstanden. Im personenzentrierten Ansatz verbinden sich mit dem Instrument der Hilfeplanung aber auch Bestrebungen zu Ermittlung der Kosten für die Hilfen. Es gibt
Instrumente, in denen auf der Grundlage einer individuellen Hilfeplanung Zeitwerte
ermittelt werden, die Mitarbeiter/innen mit unterschiedlichen Qualifikationen zugeordnet werden. Diese Instrumente befinden sich allerdings in der Bundesrepublik
Deutschland noch im Stadium erster Erprobungen. Auch seitens der Träger gibt es
Bemühungen, die für eine einzelne Person erbrachte Leistung so detailliert zu erfassen und zu beschreiben, dass daraus die individuell anfallenden Kosten ermittelt
werden können.
Bei einer derartigen Ermittlung der Kosten wird ganz im Sinne der Personenzentrierung davon ausgegangen, dass die Hilfe und die anfallenden Kosten vollständig auf
fachlich begründete Leistungen bezogen werden können. Die eigentliche Leistung
kann so unabhängig vom Ort und sozialen Kontext der Hilfeerbringung verpreislicht
werden. Anreize zur Immobilienfinanzierung und zur Standardisierung der Hilfen
könnten entfallen. Die individuelle Hilfe wird beschrieben, ohne sie zugleich standardisierten Modulen zuzuordnen.
In diesem Ansatz sind allerdings noch viele Fragen ungeklärt:
1. Was für das Hilfeplanverfahren insgesamt gilt, gilt für eine darauf bezogene Finanzierung besonders. Der Hilfebedarf ist dynamisch. Er lässt sich nicht quasi unter Laborbedingungen objektiv feststellen, sondern ist abhängig von den konkreten
Lebensumständen. Zugleich verändert sich der Hilfebedarf im Zeitverlauf erheblich
und nur in Ausnahmen im Sinne einer gradlinigen Verselbständigung.
2. Der individuelle Hilfebedarf lässt sich nur sehr begrenzt unabhängig vom Ort der
Hilfe beschreiben. Im Kontext einer Familie oder eines Zusammenlebens mit einem
Partner werden andere Hilfen benötigt als in einer Situation des Alleinlebens oder
dem Leben in einer institutionalisierten Wohngruppe.
3. Es gibt neben den unmittelbar auf Nutzer/innen bezogenen Tätigkeiten noch indirekte Tätigkeiten, die für einen Dienst oder eine Einrichtung zu erledigen sind. Hierzu
zählen insbesondere Vorhaltekosten und Kosten für Information und Beratung, die
sich nicht einzelfallbezogen abrechnen lassen.
4. Grundsätzlicher ist allerdings die Frage, wie sich eine sehr weitgehende Verpreislichung von Hilfen auf die Beziehung zwischen den Nutzer/innen und den Mitarbeiter/innen auswirkt. Eine Tätigkeit, die von einem hohen Maß an Verantwortung und
einer dichten Beziehung gekennzeichnet ist lässt sich nur bedingt in einzelne,
abgrenz- und abrechenbare Verrichtungen gliedern. Ein personenzentriertes Preissystem muss zwar passgenau sein, aber auch Raum lassen für Flexibilität, spontan
notwendige Tätigkeiten und den Aufbau einer verantwortlichen und vertrauensvollen
Beziehung zwischen Mitarbeiter/innen und Nutzer/innen.
98
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Zusammenfassend möchte ich die Impulse und Schwierigkeiten aller drei Diskurse
nochmals aufnehmen. Ich möchte dabei die Reihenfolge der soeben beschriebenen
Ansätze umkehren.
1. Mit personenzentrierter Hilfeplanung werden Leistungen, die für eine Person erforderlich sind, beschreibbar. Somit können auch die dafür entstehenden Kosten einer
einzelnen Person zugerechnet werden. Es stellt sich jedoch die Frage, wie eine
Verpreislichung des individuell ermittelten Bedarfs operationalisiert werden kann und
wie weit sie gehen darf, ohne individuell hilfreiche Beziehungen zwischen Mitarbeiter/innen und Nutzer/innen sozialer Dienste zu gefährden. Ich möchte die These aufstellen, dass die Ermittlung der notwendigen Kosten auch zukünftig
Verhandlungssache bleibt und lediglich einen Rahmen für die Hilfe beschreiben
kann. Weder ein amtliches Feststellungsverfahren, noch eine fachliche Hilfeplanung
noch der Wettbewerb ersetzt die auf den konkreten Einzelfall bezogene Verhandlung
zwischen Betroffenen, Anbietern und Kostenträgern über die notwendigen und angemessenen Hilfen. Unter personenzentrierter Perspektive muss es darum gehen,
Formen zu institutionalisieren, die die Interessen der Betroffenen in den Mittelpunkt
stellen und ihre Verhandlungsmacht stärken.
2. Mit der Inszenierung von Wettbewerb durch Verfahren der Zulassung (‚licensing’)
und dem Abschluss von Leistungsvereinbarungen (‚contracting’) werden Leistungen
der Behindertenhilfe vergleichbar. Dies ist bislang aber nur unzureichend gelungen.
Es ist insbesondere bei den zentralisierten, überörtlichen Sozialverwaltungen
zugleich eine Beschränkung auf standardisierte Leistungsmodule festzustellen, die
dem Ansatz der Personenzentrierung widerspricht. Es stellt sich die Frage, wie unter
sozialadministrativen Gesichtspunkten die ‚notwendigen’ Leistungen ermittelt werden
können und welche organisatorischen und instrumentellen Voraussetzen dafür erforderlich sind. Zu fragen ist auch danach, wie indirekte Leistungen eines Anbieters, die
nicht unmittelbar auf die einzelne Person bezogen sind - keinen face-to face- Kontakt
beinhalten, aber dennoch für eine gute Hilfe erforderlich sind - kalkuliert und finanziert werden können.
3. Die Ansätze zur Herstellung von Vergleichbarkeit und zur Beschreibung von Leistungen laufen zusammen in den Bemühungen, weg zu kommen von pauschalen
Pflegesätzen. Fachleistungsstunden und abgrenzbare Leistungsmodule gewinnen für
die personenzentrierten Hilfen eine zentrale Bedeutung. Es ist allerdings bislang
nicht gelungen, hieraus ein einheitliches Finanzierungssystem für alle Unterstützungsbereiche zu entwickeln. Dies erscheint mir als eine der wichtigsten Herausforderungen für die Weiterentwicklung von Ansätzen einer personenzentrierten
Finanzierung.
4. Durch das Persönliche Budget kann die Position von Menschen mit Behinderung
in dem Beziehungsdreieck zwischen Anspruchsberechtigten, Anbietern und Sozialleistungsträgern gestärkt werden. Damit rücken die Fragen der individuellen Lebensqualität in den Mittelpunkt um Qualität und Standards. Es stellt sich jedoch die Frage,
wie die Verbindlichkeit dieser Qualitätsstandards hergestellt werden kann. Es stellt
sich auch die Frage, wie insbesondere in Bezug auf Menschen mit geistiger Behinderung die Verfügbarkeit der notwendigen Hilfen im sozialräumlichen Kontext ihres
Gemeinwesens und ein Sicherheit gebendes Netzwerk an Hilfen entwickelt werden
kann.
99
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Personenzentrierte Finanzierung – ein Beispiel aus
Schweden
Cecilia Blanck
Jämlikhet Assistans Gemenskap (JAG)
This forum is about the legal right to personal assistance in Sweden, and about the
financing procedures. The swedish laws in this field are called LSS and LASS. I am
working at JAG; one of Sweden’s first and largest private providers of personal assistance, a user-cooperative.
I want to start with some history. Sweden has traditions in the social service sector,
that have been both a strength and a weakness, when reforming the services for persons with disabilities.
- One of the aspects is the tradition of social engineering, that authorities through
planning and other measures should persuade people to make certain choices in life.
- Another is the belief in experts, that almost all problems can be solved by educated
staff.
- And third, we have a special liking of general solutions. When something is good for
someone, it must be for everyone… But on the other hand, this third tradition helped
us out from this situation…
During the last century we placed many, many persons with intellectual disabilities at
institutions. The peak was in the early 1970:s. 1968 the first law of rights for this
group was introduced, which for example gave a right to education. But the most important factor was all the families who refused to give away their children. Their fighting in the swedish handicap-movement started here. 1986 came a new law - against
institutions for persons with intellectual disabilities. It contained a timetable for the
deinstitutionalisation, and a right to good living standards. This was very controversial, but possible. All institutions was run by the county councils, and the government
could decide to close them. And since the handicap movement didn’t run them, it
could be united and clear in the demands. 1994 came the laws I will concentrate on
here, which also gave the right to a personalised support.
LSS gives the right to support and services.
LASS regulates the financial responsibility.
These laws stands for a completely new perspective. They are based on the view
that disability exists in relation to the environment, and that support and services, like
technical aids, mainly are ways to change the environment, the conditions, to in fact
reduce the disability. These laws are also written in a manner that emphasise that
people with disabilities are citizens and have civil rights. And there is also a change in
how you look at the individual – he or she is now a subject, who uses the services.
The keywords are constantly recurring in the government bill proposing the law.
100
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
LSS is a law that gives individual rights to people with disabilities. The law defines the
group of people who are entitled to the services, it defines the services, and it gives
possibilities to appeal against the authorities’ decisions. If the right to a service is
stated, but not carried out, the state can impose sanctions on the authorities and
even order them to pay a fine.
The group of people who are entitled to services according to LSS are divided into
three:
1 – persons with developmental, intellectual dysfunctions and persons with autism or
similar conditions.
2 – adults with notable and lasting intellectual dysfunctions after damage to the brain
brought about by violence or physical illness.
3 – physical or psychological disabilities that are clearly not linked to normal ageing, if
they are extensive and lead to significant daily living difficulties and create a need for
support or service
LSS also defines 10 different services. One of them is personal assistance:
1.counseling and other personal support services
2.personal assistance
3.escort services
4.contact persons
5.respite care in the home of a parent
6.respite care outside the home of a parent
7.after-school recreation for children over age 12
8.housing in special apartments for adults
9.family homes for children who needs it
10.daily activity centres *
Some of these services exclude each other. If you for example live in a special housing which offers care services, you cannot also use personal assistance. The last
service, daily activities, is limited for group 1 and 2, persons with intellectual disabilities.
All services according to LSS are free of charge. An exception is if the service contains housing, when a reasonable rent can be charged. An important aspect is that a
person must apply for the requested services. The authorities cannot give another
service instead, if you have not applied for it. It emphasizes that the user is a customer, not an object of care. LSS also gives a right to an individual plan, to them who
request it. Very few persons have actually requested an individual plan according to
LSS, only about 5% of the persons using one or several of the services. We don’t
know why. Maybe, with these strong individual rights, planning has become private.
When you are ready for it, you just apply for the service.
• Freedom of choice
• Self-determination
101
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
• Personal integrity
The principles of personal assistance is the freedom of choice, I’ll return to that. The
self-determination is not a condition for the service, but an overall aim with it. Therefore there are no demands of being “able and willing” like I know there are in other
countries. And the need to keep ones personal integrity is recognized in the law, and
one of the aims with the service.
Freedom of choice is a central principle. The user decides
- who – recruitment, work scheduling. Assisting at Christmas eve with the family is
completely different from assisting at the discotheque at friday night. All assistants
have individual commissions from the user, and do not have to be in contact with
each other, unless the user wants them to. The user is also free to choose friends or
family members as personal assistants.
- when – flexibility to use the assistance when you need it. Of course you may have
to plan the occasions, to schedule the assistants. But it is the user’s needs that rules.
- where – assistants are not employed to work somewhere specified. The workplace
is defined as “wherever the user is”. The work as an assistant can mean travelling
around the world or being redirected to another address by a phone call a moment
before your shift starts.
- with what – anything the user would have done if she or he had not had the disabilities. It can be cleaning, cooking and babysitting, or qualified tasks like preparing
medicine, or assisting with technical aids for breathing or eating.
- in what way – this is what gives the user self-determination in the assistance. Small
details that people without impairments don’t even consider. Brush the teeth before
or after the shower? A wish to participate in using the ceiling hoist by pushing the
button him/herself. Or how much butter you want on your bread.
There is a divided financial responsibility for the personal assistance. The local municipality pays for needs up to 20 hours per week. The state pays for needs exceeding that. This is a way to mark that the local community has a responsibility for all
citizens, but avoiding problems with having one or two inhabitants in a municipality
that costs half the social budget. There is no upper limit, which is important. Twenty
years ago, authorities and professionals in Sweden thought the week had 40 hours.
Parents and families knew that wasn’t true, but it took until 1994 and the introduction
of LSS until it was officially recognised that the week has 168 hours.
To be entitled to assistance funding according to LASS you must need personally
designed support with basic needs more than 20 h/week:
•personal hygiene
•dress and undress
•eat
•communicate with others
•other qualified needs, for example breathing problems, epileptic attacks or fits of
rage
102
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
When applying for personal assistance an assessment is made of the basic needs.
This is called the needles eye, because if you pass it you are entitled to personal assistance to cover the complete need, not only for these basic ones. But the point is to
see if the person needs a individually designed service with the most private and personal tasks in life, or if she or he can settle with ordinary home service.
Persons over 65 can not be entitled to new hours of assistance, only keep the hours
they had when they were 64. If you don’t pass the needles eye, you can still use personal assistance, but in practice it will be on the municipality’s conditions.
There is no legal right to cash payment, even if most municipalities pay the same
amount as the state does through LASS.
There are also some exceptions of where the service can be used – time spent in
school, at hospital, daycare-center etc, unless the user have special needs
The LASS funding is administrated by the national social insurance system. The user
is free to choose any organiser of the assistance. The local municipality is responsible for the service, unless the user chooses another organiser.
user-cooperative 12%
private company 23%
local municipality 62%
own employer 3%
There is a standard amount in LSS, which for 2005 is set to 23 euro per hour. No account of the money is demanded, only that the number of hours is really used. If you
have higher costs than the standard amount you can apply for increased payment,
maximum 12% or about 2,75 € extra. If entitled to this increased payment a detailed
account of all costs is demanded every 6 months, besides the account of hours. That
demands a completely different administration of the money, as well as restriction of
the freedom and flexibility, which makes people hesitate before applying. It is also
seen as an injustice and discrimination of persons with large and complicated impairments, who have a more expensive assistance.
The assessment of an application of increased payment is thorough, and there are
only some accepted special needs. The most common are these three:
• assistants need special qualifications (higher salary or further training costs)
• supervision, when the user cannot instruct the assistants her-/himself
• exceptionally high costs for unsocial working hours supplementThe money paid
shall cover all costs:
• salary and taxes
• unsocial working hours supplement
• social fees
• supervision
• administration
• recruitment costs
• insurance
103
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
• further education for assistants
• staff expenses
• assistant’s expenses
The assessment procedure can take quite long. Sometimes, the locial municipality
pays for the assistance during the assessment. There is only an assessment of the
number of hours needed, unless the application is about increased payment. The
assessment is conducted by trained staff at the Social Insurance. It is not meanstested, and funding is not taxable income. This means the payment is not depending
on the user's or her/his family's income or wealth.
The basic principle is that the payment is made to the user, unless the user has requested for something else. But most often payment is made to the organiser.
Each month a signed statement specifying amount of money received and number of
hours used for that month shall be sent to the Social Insurance office. Every 6
months they demand a report of hours not used. The amount of money equivalent to
these hours is subtracted from the next payment. This means you can save hours
over months, until every six months, when you must pay back money for hours not
used. If user have increased payment, he or she also have to make an account of
money spent on different costs and activities.
I want to show you some figures about the use of assistance in Sweden:
Receivers of assistance funding (LASS) 1994-2003:There are about 12000 users of
14 000
12 000
10 000
8 000
6 000
4 000
2 000
0
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
personal assistance, which is twice as much as at the start 11 years ago. About 40
percent of these are persons in group 1 and 2, persons with intellectual disabilities.
104
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Receivers of assistance funding (LASS), average number of hours/week:
120
100
80
60
40
20
0
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002 2003 5)
The average number of hours per week have also been increasing. Today it is almost
100 hours per week. Considering there are 12000 users, that means there are about
45 000 personal assistants in Sweden today. It is a new profession.
Recievers of assistance funding (LASS), age and group
For us working with assistance for persons with intellectual disabilities this is interesting figures. This shows that persons in group 1 and 2 (persons with intellectual disabilities) are the young users of personal assistance, while group 3, mainly persons
with only physical impairments, are older. There are several explanations to this, of
course. But it seems possible that the percentage share of group 1 might increase in
the future.
105
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Finally I would like to share some experiences from our eleven years with a national
personal assistance system. It has been a revolution for persons with large impairments. It has brought us much closer the overall aim that persons with disabilities
should have the same opportunities as others. The have freedom of choice in life,
they can live like others, in families or on their own.
As I mentioned it has been made visible that the week has 168 hours. Much of the
work that families did for free before, is now paid work. It costs more, but it makes the
user independent. Even if he or she chooses the familymembers as assistants, he or
she can replace them as assistants anytime.
LASS with the freedom to choose how to organise the assistance means freedom
from authorities power. Many of the users have bad experiences from the time before
LSS, and don’t trust professionals. To be able to form their own service-organisation,
and be free from judgements of their or their families’ lifestyle is relieving.
But introducing LSS and LASS has not been free from problems. When institutions
closed down there where suddenly many professionals out there without institutions.
They form a resistance against the power of the user, against the right to choose any
assistants you trust, against the fact that personal assistance is not a treatment, and
do not have to show results in the users abilities or skills. This has to be ignored. Any
compromises would result in lower quality for the users. This fight is still going on in
Sweden, and persons with and without intellectual disabilities stand united against
these old values.
A limit in the number of hours was for a short time on the agenda in Sweden. But it
was soon clear that it would exclude the group that needed the assistance most, the
persons with the largest and most complicated needs. Any limits should be in the
other direction, of persons who can manage with less personalised services.
There has to be control over the money, to keep the public’s confidence. But at the
same time the user’s integrity must be protected. This is a balance that has to be
made.
And finally control of quality. You must begin with defining quality in this kind of service. As I said, assistance is not a treatment, and shuld not have to show results.
Sometimes we define quality in a service as predictability. That would really be a contradiction here, when we are talking about quality as flexibility and individually designed services. We would say that quality is just the user’s experienced quality. Ask
the user, if you want to measure quality.
106
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Personenzentrierte Finanzierung – ein Beispiel aus Belgien
Kristel Gevaert
Vlaams Fonds
This presentation is largely based on the findings of Prof. Dr. J. Breda and his colleagues. Under the authority of the VF (Flemish Fund for the Social Integration of
Disabled Persons), the team from the University of Antwerp carried out extensive
research into the use of the direct payments scheme (PAB) in Flanders.
In addition, the inspectors of the VF combined their findings in a report and I would
like to cite a few of their conclusions for your information.
I. ARGUMENTS IN FAVOUR OF THE DIRECT PAYMENTS SCHEME (PAB)
Freedom of choice for the direct payments user
In the past, society preferred to put disabled people in institutions. That way, they
disappeared off the street, which seemed the best solution to the problem. As the
disability sector developed, more freedom of choice emerged as disabled people or
their next-of-kin became able to choose from a wider range of provisions. The arrival
of the direct payments scheme opens up a score of new possibilities. Anyone choosing to be cared for in their own environment, or even by the people they are familiar
with, chooses to manage their own care. Self-managed care involves the disabled
person taking control of the organisation of his own support, choosing his carers and
managing his budget. In the case of people with intellectual disabilities, the choices
are evidently made by their legal representatives. The direct payments scheme
(PABs) can furthermore be used to make pragmatic combinations of familiar informal
carers for practical support with functional tasks and external professionals for specific person-centred care tasks.
Empowerment of the direct payments user
The user, in particular the adult direct payments (PAB) user, aims to lead an independent life under his own control in order to achieve a more ‘normal existence’.
Informal care
On the one hand, people choose to manage their own budget in order to relieve the
informal carers in their immediate environment. They deliberately set out to find expert personal carers in order to relieve their family or friends at regular intervals.
On the other hand, people may choose to retain their informal carers while paying
them more for the support they give. At this moment paying the informal care is one
of the most important elements in discussions about personal budgets. There is a
purpose to limit the informal care at 40 % of the budget.
Prevention
The original intention of the direct payments scheme (PAB) was to get people out of
residential care services and to shift provisions from residential institutions to the
home environment. It eventually transpired that the direct payments scheme is of less
107
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
interest to people already residing in institutions. The scheme actually has a preventative effect: it keeps people away from institutions for longer, or even for ever. The
person with a disability will set out to build up his own network to surround himself
with care and will only consider an institution if these attempts fail.
Tailor-made care
This principle also constitutes a starting point in the care provisions. Considering the
size of various provisions and the limited staff ratio per group, this starting point can
not be universally achieved.
If someone is allowed to manage their own budget, they will obviously try and manage their care as much as possible to suit them, in the way they prefer it and with the
care assistants of their choice.
II. LAUNCH OF THE DIRECT PAYMENTS SCHEME (PAB)
Mid 1997, a pilot project was started in Flanders, working with cash benefits that
were paid directly to the person with a disability, following on from initiatives taken in
other countries. Fifteen people with a motor disability received a budget of between
10,000 and 29,700 euros. Later on, both the duration and target group of the pilot
project were extended, as it was widened to include people with an intellectual impairment and people with a sensory impairment.
After these pilot projects, a decree was issued laying the legal foundations for the
direct payments scheme (PAB). The conditions were set out in December 2000, in an
order of the Flemish Executive.
Target group of the Direct Payments Scheme (PAB)
Applicants wishing to join the Direct Payments Scheme (PAB) must meet the following requirements:
-
Provide proof that he/she can manage in a home environment with reasonable
support
-
Formulate a proposal regarding the nature and extent of the desired support, including the way in which the support will be organised
-
Be prepared to organise the support him/herself.
At the moment, 820 people in Flanders receive direct payments (PAB). In the period
between January 2001 and September 2004, 3936 applications were received to join
the Direct Payments Scheme. Some 1800 people completed the application procedure. One hundred and fifty people who received direct payments pulled out of the
scheme (died, couldn’t find an assistant, couldn’t manage the budget,…) Some 2600
people are on the waiting list. The planning of our Minister is an increase with 300
budgets in 2005, 700 in 2006 and another 700 in 2007.
108
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Scope of use
Personal care assistants can be called on for help and/or support with
-
housework
activities of daily living (ADL)
journeys
ADL-assistance at school or at work
daily activities inside and outside the home
pedagogic support
specialised child care (max. 4 hrs/week)
The budget must not be used for:
-
the purchase of technical aids
medical and paramedical treatment
education and didactical support which overlaps with provisions available from the
education system.
support which overlaps with the Pathway to work service
debt counselling
The PAB must not be combined with a provision or foster family already subsidised
by the VF either. However, combinations with day centres for adults or non school
attending children are permitted to some extent. A maximum of 5% can be spent on
indirect costs, e.g. train tickets or cinema tickets for the assistant, etc. Budgets currently vary between approximately 7,500 euros and 34,700 euros. Sixty percent of
budgets amount to 25,000 euros or more.
Lessons learned from the pilot projects
In general, the direct payments scheme (PAB) leads to a comprehensive reorganisation of the care provisions. On average, the personal care assistants provide
-
40 hours of care per week for people with motor impairments
23 hours of care for people with an intellectual impairment
9 hours of care for people with a sensory impairment
The personal care assistants tend to take over hours of care from the informal circuit
(informal care).
On the other hand, the scheme brought three less positive results for the government:
-
the intention to withdraw direct payments users from institutions failed. Only 6%
moved away from a residential setting.
the system is very expensive because it partially pays for services which were
formerly offered in kind
109
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
-
the rights of personal care assistants are not always safeguarded.
It is difficult to control the quality of the delivered care
Findings from research conducted by Prof. Breda after 3 years of the Direct
Payments Scheme (PBA)
The profile of the typical direct payments user is as follows:
-
-
-
approximately an equal proportion of men and women
25% minors and 75% adults, half of which are aged between 22 and 50
58% have a motor impairment, 20% have a single or multiple intellectual impairment; the remainder consists of people with other disabilities (autism, cognitive
impairment due to non-hereditary brain damage, etc)
the group with an intellectual impairment is dominant among the minors
the group with a physical impairment is dominant among the adults
25% of the users live alone; these are the largest group without a paid informal
carer
60% have a regular daily activity outside the house: 35% attend school or go to
work, 11% attend a day centre or a provision for non-school attending children
and 14% have another regular activity outside the house
on average, a direct payments user contracts personal assistance 37 hours a
week
the tasks for which assistance is sought are mainly support with making journeys
outside the house, recreational activities and daily household chores
The profile of the personal care assistant:
-
-
more personal assistants from outside the natural support network among minors
in 48% of cases, the paid informal carer is one of the parents
in 26% of cases, it is the partner
81% are women
personal assistants from outside the natural support network tend to be under 40,
informal carers over 40 years old
no great differences in the educational attainment of informal carers and personal
assistants outside the natural support network; personal assistants of young
people with a disability tend to have a higher educational attainment
39% combine their personal care work with another job
74% of informal carers and 62% of personal assistants outside the natural support
network improve their financial position
Adults more often use several assistants due to:
-
their care involving different clusters of tasks
the continuity in the care provision
the assistants opting to work part-time
110
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
On average, a personal assistant performs 17 hours a week: a paid informal carer
works on average 26 hours a week while personal assistants from outside natural
support networks take on average 14 hours a week for their account.
Income of the personal assistant:
-
on average, 1,108 euros per month
50% of personal assistants earn a maximum of 1,000 euros
the average salary of the personal assistant from outside natural support networks lies below the salary earned by informal carers, particularly by informal carers who are living with the user.(this is also a discussion in Flanders because
sometimes a mother earns a salary like someone who went to the university while
she is only doing assistance in daily living activities)
Motivation of the Direct Payments (PAB) User
-
to organise better personal support and to avoid admission to a residential institution (74%)
to choose individual support and to increase their independence (72%)
to implement their own choices (66%)
to spend time in a meaningful way and in an inclusive environment (64%)
to relieve informal carers
Motivation for recruiting a paid informal carer:
-
shortage of other assistants
interim solution in the first three months after the application
no stranger in the home, a relationship of trust
using up the remaining budget for a specific calendar year
flexibility of the care provision
Motivation to recruit personal care assistants from outside natural support networks
-
no natural support network, or they are not available or capable (particularly the
case for adult disabled people)
preference for new professional care assistants (particularly the case for minor
disabled people)
Motivation of the personal assistant
For paid informal carers:
-
provide the best care for the person with a disability
continue existing care arrangements
a duty of care
111
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
For personal care assistants from outside the natural support network:
-
paid work
an interesting job
a complementary job
a job involving a one-to-one relationship
Reasons to discontinue the contract of a personal assistant:
-
the contract was only a temporary solution
the assistant was insufficiently qualified
tension between the assistant and the disabled person or his environment
change in personal circumstances
EVALUATION OF THE DIRECT PAYMENTS SCHEME (PAB)
Implications for the user
80% of the named direct payments users make their own decisions. Their role is
more involved than simply organising the care. The direct payments user must decide what support he wishes to receive, who he wants to receive it from and when.
Users often devolve the payroll-management to an employers’ social-accounting secretariat. The task of being budget manager and employer is often experienced as
irritating, difficult and complex. It requires the direct payments user to be wellorganised and punctual, as well as able to understand and apply legal texts.
A certain level of educational attainment is clearly required in order to function as a
direct payments user. Forty-four percent of direct payments users hold a certificate of
upper secondary school and 36% of them have followed higher education.
A direct payments user is also better off with leadership skills in order to deal appropriately with his personal care assistants. The research showed that many direct
payments users adopt quite a rigid attitude as ‘the boss’.
Some organisational skill does not go amiss. After all, direct payments users need to
draw up a time schedule, often for several assistants. Managing the resources requires some organisation, too, and the hours worked need to be calculated and paid.
Sixty-five percent of the direct payments users are satisfied with the budget allocated.
In the case of a paid informal carer, the budget is even more adequate than when all
the support needs to be organised with assistants from outside the natural support
network.
Thirty-five percent claim that they are unable to put all their preferences into practice
based on the budget allocated (including some of the people who currently receive
the highest payments).
Fifty-five percent of current users want to combine the direct payments scheme fulltime or part-time with services in residential institutions. A very clear demand exists
for combining the direct payments scheme (PAB) with respite care and home-based
112
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
professional intervention. The ceiling of 5% for indirect costs also causes some resentment.
The users pronounce themselves largely satisfied with the care and living arrangements but less so with the administrative burden.
Conclusion: the direct payments scheme (PAB) allows great freedom of choice but it
requires considerable knowledge, skills, assertiveness and energy.
Implications for the assistants
The research demonstrates that
-
assistants carry out varied work with demonstrable results
the direct payments users takes the wishes and needs of the assistants into account
the job often entails important responsibilities
The work offers less scope for development, creativity and learning, particularly
among adults. Personal assistants don’t tend to have a great deal of autonomy over
how they carry out their work. This is in line with the intention of the direct payments
scheme (PAB), which is to give the decision-making authority to the user.
In general, a personal assistant puts in 17 hours a week. As far as the pay is concerned, the average hourly rate for assistants is 13 euros for informal carers and 10
euros for assistants from outside the natural support network. The assistants are
more likely to receive an employment contract for an indefinite period when caring for
adults, but for minors, the assistants tend to be recruited on a temporary or free-lance
basis. Approximately 1 in 5 of all assistants are dissatisfied with the pay they receive.
Assistants have few opportunities to receive training. Furthermore, they have little
chance to exchange knowledge and experience with their colleagues due to the oneto-one relationship with the client.
Direct payments users and personal assistants are more likely to have a positive relationship in the case of minors: 78% compared to 57% of adults. Then again, assistants enter into the private realm of the person with a disability and the mutual
relationship is often so intense that the borderline between employer-employee and
friendship fades and at times even disappears.
Implications for care services and for the government
The outflow from care services due to the direct payments scheme (PAB) proved to
be minimal. Instead, the system tends to work in a preventive way. Although one
hour of the direct payments scheme is cheaper for the government than one hour of
formal care, the fact that little substitution of the formal circuit takes place means that
the government needs to commit more resources.
The direct payments scheme (PAB) entails complementary expenditure for the government, involving individual payments on top of collective provisions. The long-term
113
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
viability and financial feasibility of the system is therefore called into question. After
all, the direct payments scheme (PAB) generates additional demand which affects
the financial manageability.
Residential provisions will need to change the way they operate only when the extended direct payments scheme (PGB) will be fully in place. At that point, they will
need to develop a flexible range of services at a transparent, fair tariff.
Support
It has quickly become obvious that the direct payments scheme (PAB) involves a
considerable set of extra tasks for the direct payments user. The administrative burden arising from being an employer should not be underestimated. A direct payments
user needs many skills to cope with it all. For that reason, a strong need for support
has arisen. On the one hand, people need general information. On the other hand,
they have specific needs for support in connection with the administrative process,
the search for assistants, to remain abreast of changes in regulations, etc.
Firstly, there are associations of direct payments users. These are currently still subsidized, contrary to the original regulations. Their objective is to give advance information and to support users in their employer’s role. Furthermore, there are care
counsellors attached to professional home care services with a fairly similar mission
to the associations of direct payments users. In addition, the users can call on the
employers’ social accounting secretariat which looks after payroll administration. Finally, channels exist to help with finding assistants. However, it remains a segment of
the labour market which is insufficiently known and trusted. This is partly due to the
lack of an adequate workers’ statute for assistants.
Advantages
-
-
the scheme reinforces user-led service provision
more autonomy for the person with a disability
a means of empowering the person with a disability, tailor-made care
already allows far-reaching diversity as a result of the client’s freedom of choice
promotes inclusion and opportunities for personal development
a direct payments (PAB) user can fluently combine various circuits: both informal
and formal care provision, in order to address the issue of mobility, among other
problems.
defers or avoids going into residential care
more inclusion
Disadvantages
-
The search for suitable personal assistants is often cumbersome
The budget is perceived as insufficient to meet all requirements
The administrative burden requires the budget holder to have multiple skills
A tightly regulated system with a complex control system
114
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
-
Working conditions for personal care assistants have not yet been finalised and
are repeatedly breached
Tensions between the direct payments scheme (PAB) and other social and tax
regulations
A hugely expensive system which will eventually become prohibitive
Cannot be sufficiently combined with other (residential) care provisions
Dubious distinction between employer-employee relationship and friendship
Doubts about the quality of the delivered care
No statute for the assistant yet
Some people cannot manage their budget; they have to pay the money back but
they have spent the money on other things than care Æ social disasters
How can you define ‘capable’?
III. THE EXTENDED DIRECT PAYMENTS SCHEME (PGB)
The extended direct payments scheme (PGB) aims to provide equal treatment and
financing for equal needs and requirements, regardless of where the care is provided
and of the type of carers used.
Increasing the range of options
The decree on the extended direct payments scheme (PGB) aimed to widen the
scope of the direct payments scheme.
In practice, a system is conceived allowing people with a disability to use their personal budgets to buy technical aids, to appoint personal assistants or to buy care
from a recognised care service. This should make it easier for the direct payments
user to organise his support and to find personal care assistants. If the possibility exists to stay in a residential institution part-time, combined with support in the home
environment, more tailor-made care can be provided for the person with a disability.
To this effect, the care provisions can be expected to become more flexible and to
change the mentality into person centered care.
Better developed structures
Also based on the findings from the direct payments scheme (PAB), awareness grew
that clients considering becoming a direct payments user need more support and
guidance. This already matters from the information-gathering stage onwards. Many
direct payments scheme (PAB) users don’t realise what they will be faced with when
they apply to join the direct payments scheme. For that reason, a well structured application procedure is essential (and not only for the direct payments users). It is important to build up a full picture of the person in question, of his skills and
shortcomings. The assessment will be used to judge the capacity of the direct payments user and the best way to meet his support needs. In addition, direct payments
users need structures to help them manage the scheme and to fulfil the administrative responsibilities of an employer.
115
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
New way of financing the care provisions
Residential institutions must devise a detailed set of tariffs calculated on the basis of
services rendered, specifically to adjust to direct payments users. In addition, detailed
tariffs are important to establish the total budget for a direct payments scheme per
person. The breakdown of charges will also serve to calculate how to finance the system taking account of the relevant level of care, both for residential customers and for
extended direct payments (PGB) users. A detailed analysis of the charges will help to
build up a more transparent funding system.
In practical terms, the funding would entail that the direct payments user enters into a
contract with a care service, on the basis of which a price is agreed for the care
package the user wishes to buy. The price may vary from one service to another,
since the experience of the staff, the scale of the service, additional investments
made in the accommodation facilities, etc. all play a role in determining the price.
Also important in the new system of financing the institutions is the distinction between care-costs, which are subsidised, and the living costs, that are paid by the client.
IV. RECOMMENDATIONS AT THE LAUNCH OF THE EXTENDED DIRECT
PAYMENTS SCHEME (PGB)
Opening up the option of the extended direct payments scheme (PBG) has several
unmistakable advantages. However, it should also be made clear that the system
cannot be applied on a large scale or by just anyone.
It is therefore important to clearly demarcate the target group. People with a motor
impairment and sufficient organisational skills mostly manage to take control of their
own support system. In that case, the budget holder is usually the actual person with
a disability, taking decisions for himself.
In other cases, we notice that the person with a disability is often not the budget
holder and that decisions therefore need to be made by someone else than the client. This already deviates to a larger extent from the original objective of selfmanagement and empowerment.
In view of the complexity encountered with regulations, employer-related obligations
and organisation, it is advisable to restrict the scope at first. As more mix-and-match
options become available, the (financial) management will also become more complex. On the one hand, it will lead to more rules, on the other hand, the system will
become less transparent and less manageable. It is very important for the user that
the system won’t become too wrapped up in red tape, making it much more timeconsuming to manage.
It is also advisable to examine in advance which existing regulations will also apply to
extended direct payments users, both from a social and tax point of view. It would be
best to bring the regulations in line with each other, to avoid the user being penalised
in the long run.
As time progresses – and as soon as the ambulant and (semi)residential sector has
been able to reorganise itself in the context of the extended direct payments scheme
(PBG) – the system could be broadened to allow more wide-ranging combinations.
116
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
With a view to financial manageability, the impact of paid informal care should be
carefully thought through. It has already emerged as additional expenditure because
it involves a new target group. Allowing care within the familiar context certainly provides benefits. However, it deserves careful reflection whether some budgets can
reasonably be entirely allocated to informal care. Maybe some restriction could be
incorporated in the scheme, without completely abolishing it. In Flanders informal
care is now limited until 40 % of the budget. Also the level of the pay is limited.
On the other hand, we must dare to address the question as to whether we would be
prepared to go as far as allowing the cost of extended direct payments schemes
(PGB) to exceed the cost of the most expensive place in institutions. One-to-one relationships are beneficial, but they are unfeasible for long-term care and for a wider
target group. It is a fact that the wishes are endless but the budget is not. You have
to define the highest budget to keep it manageable.
Information and support for the budget holder are also crucial in order to avoid any
misunderstandings. Help with finding personal care assistants and with employerrelated tasks are also crucial. In my opinion, this should be managed by organisations other than the Government. These organisations would ask a fee on the budget
holder, payable from the budget. Furthermore, mainstream bodies should be able to
assist the budget holder. After all, the system is aimed at integration, implying it
should involve setting up as few separate circuits as possible.
Another recommendation is to have a good, objective and independent assessment,
based on a multi-disciplinary method with the advices of a doctor, a psychologist, a
social worker. An assessment has also to be based on the activities someone is doing ( and not on the things he can’t do anymore.) After that you need to define the
total need of care so you can find out what kind of activities can be done by the family of relatives (without paying for it), what kind of care can be delivered by the regular
sector and finally what can be done by the disability sector.
At the finish the person himself can make his choice: an institution, a personal budget
or a combination.
The organisation of personal budgets needs also a good control-system: not to complex but just enough to conclude that the money is used in a correct way. At the end
personal budgets in Flanders are paid with money of the whole society.
Last but not least, for me it stays important that in every system you keep the possibility for everyone to make their own choices.
117
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Personenzentrierte Finanzierung – ein Beispiel aus den
Niederlanden
Johan Knollema
College voor Zorgverzekeringen
Ich werde diesen Vortrag, den man für mich übersetzt hat, in Deutsch halten. Vorlesen in Deutsch, das werde ich schaffen. Und wenn Sie mir Fragen stellen möchten,
können Sie das auch auf Deutsch tun. Sie müssen sich allerdings darauf einstellen,
dass ich Ihnen wahrscheinlich in Englisch antworten werde. Und wenn ich von meinem schriftlichen Text abweiche, muss ich das wahrscheinlich auch in English machen. So don’t be surprised if suddenly I switch from German to English.
Ich bin Ausführungskoordinator für das persönliche Pflegebudget (abgekürzt PGB)
beim College voor zorgverzekeringen, auf Deutsch Kollegium für Krankenversicherungen.
Im Auftrag des Ministeriums für Gesundheit, Gemeinwohl und Sport sorgen wir für
die Ausführung von zwei Gesetzen; das sind:
•
•
das Krankenkassengesetz;
das Allgemeinen Gesetz über besondere Krankheitskosten (abgekürzt AWBZ).
Beim Krankenkassengesetz können Sie ganz allgemein an Krankenhäuser, Arzneimittel und Ärzte für Allgemeinmedizin denken.
Das Allgemeine Gesetz über besondere Krankheitskosten bezieht sich in der Hauptsache auf Altenheime, Pflegeheime, Behindertenfürsorge und häusliche Pflege.
Das persönliche Pflegebudget ist in den Niederlanden eine Regelung auf Grund des
AWBZ. Es handelt sich also um eine nationale Regelung, auf die sich jeder Bürger
der Niederlande berufen kann.
Beim AWBZ müssen wir zwischen Aufnahme in eine entsprechende Einrichtung und
Leistungen, die in der eigenen Wohnumgebung erbracht werden, unterscheiden. Bei
Aufnahme in eine Einrichtung ist ein PGB nicht möglich. Dann werden alle Leistungen durch die Einrichtung erbracht. Das PGB ist auf Pflegebedürftige beschränkt, die
in einer normalen Wohnung wohnen.
Für Menschen, die in ihrer eigenen Wohnung wohnen, bietet das AWBZ sechs Funktionen oder Leistungsformen:
1.
2.
3.
4.
Haushaltspflege (Hausputz);
Persönliche Versorgung (Waschen, Hilfe beim Essen);
Krankenpflege (Wundversorgung, Injektionen);
Unterstützende Begleitung (Unterstützung, mit deren Hilfe Menschen besser die
Regie über ihr eigenes Leben führen können);
5. Aktivierende Begleitung (richtet sich auf Veränderung des Verhaltens oder das
bessere Umgehen mit Verhaltensproblemen);
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
6. Behandlung (zum Beispiel Rehabilitation nach einem Schlaganfall).
Für Behandlungen ist ein PGB nicht möglich. Für diese Form der Versorgung möchten wir nämlich sicher gehen, dass die Leistungen durch einen sachkundigen und
registrierten Leistungserbringer erbracht werden. Das PGB richtet sich also auf die
ersten fünf der genannten Formen der Versorgung.
Wie funktioniert das PGB?
Ich möchte mit Ihnen die acht Schritte des PGB im D-Zugtempo durchlaufen.
1. Der Versicherte (der Bürger) beantragt beim Zentrum für Indikationen in der Versorgung (kurz CIZ genannt) eine Indikation.
2. Das CIZ stellt fest, wie viel Versorgung der Versicherte benötigt. Das CIZ stellt
fest, welche Form und welcher Umfang der Versorgung notwendig ist. Das CIZ arbeitet unabhängig, ist jedoch an Richtlinien gebunden.
3. Der Versicherte entscheidet sich zwischen Sachleistungen und PGB. Es kommt
zum Beispiel oft vor, dass ein Versicherter für die Haushaltshilfe ein PGB haben
möchte, es jedoch angenehmer findet, wenn die Krankenpflege von einer Organisation für häusliche Pflege ausgeführt wird.
4. Die Ausführungsinstanz AWBZ (wir nennen diese Instanz zorgkantoor) weist dem
Versicherten das PGB zu; er wird ab diesem Zeitpunkt als Budgetnehmer bezeichnet. Auf der PGB-Tarifliste können Sie gut sehen, wie das im Vorstehenden
Beschriebene funktioniert: es gibt verschiedene Funktionen mit unterschiedlichen
Klassen. Und zu jeder Klasse gehört ein bestimmter jährlicher Betrag. Die Tarife
sind um 25 Prozent niedriger als die Tarife für entsprechende Sachleistungen. Es
kostet die Allgemeinheit in den Niederlanden sehr viel weniger, wenn sich jemand
für ein PGB an Stelle von Sachleistungen entscheidet. Daraus ergibt sich das folgende Paradox: je mehr das PGB kostet, desto billiger wird es.
5. Die Ausführungsinstanz überweist das Budget auf das Bankkonto des Budgetnehmers. Es handelt sich also um richtiges Geld, das wirklich an den Budgetnehmer ausgezahlt wird.
6. Der Budgetnehmer kauft Leistungen ein. Dabei ist der Budgetnehmer frei in der
Wahl des Leistungserbringers. Er kann also alles von einer professionellen Einrichtung bis zu einer hilfsbereiten Nachbarin wählen. Man kann aber auch einfach
eigene Hausgenossen in Dienst nehmen. Eine behinderte Frau kann zum Beispiel
ihren eigenen Ehemann engagieren. Eltern eines behinderten Kindes können sich
selbst vertraglich verpflichten. Auf diesen Punkt werde ich später zurückkommen.
7. Der Budgetnehmer legt der Ausführungsinstanz gegenüber Rechenschaft über die
Verwendung des Geldes ab. Das PGB darf nur für die Versorgung ausgegeben
werden. Der Budgetnehmer muss die Ausführungsinstanz über seine Ausgaben
informieren. Die Ausführungsinstanz leitet die Informationen an die Steuerbehörde
weiter, damit diese weiß, welche Personen ein Einkommen aus dem PGB bezogen haben und es versteuern müssen.
8. Geld, das der Budgetnehmer nicht ausgegeben hat, zahlt der Versicherte an die
Ausführungsinstanz AWBZ zurück.
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Das persönliche Pflegebudget gibt es in den Niederlanden seit mehr als zehn Jahren. Das System, das ich gerade beschrieben habe, gibt es jedoch erst seit dem 1.
April 2003. Vor diesem Zeitpunkt ist das PGB auf verschiedene Art und Weis ausgeführt worden.
Nach den ersten Jahren des Ausprobierens konnte in den letzten fünf Jahren eine
starke Zunahme der Zahl die Budgetnehmer festgestellt werden. Zurzeit gibt es ungefähr siebzigtausend Budgetnehmer; für das Jahr 2005 sind im Staatshaushalt
neunhundertzweiundvierzig Millionen Euro vorgesehen worden. Wir erwarten, dass
im Jahr 2006 die Grenze von einer Milliarde Euro überschritten wird.
Die PGB-Regelung gilt – wie wir das nennen – AWBZ-breit. Jeder, der Anspruch auf
die bereits genannten Formen der Versorgung hat, kann sich auf das PGB berufen.
Daraus ergibt sich, dass es sich um sehr unterschiedliche Zielgruppen handelt:
a) Eltern geistig behinderter Kinder
Eltern, die ein geistig behindertes Kind haben, können mit Hilfe des PGB selber
entscheiden, welche Versorgung sie einkaufen. Professionelle Leistungserbringer
finden das nicht immer gut. Aber ich beobachte, dass Eltern geistig behinderter
Kinder Leistungen einkaufen, die den Bedürfnissen des Kindes sehr gut entsprechen. Außerdem sehe ich, dass sie dabei eine gute Mischung aus einerseits Bekannten ohne einschlägige Fachausbildung, die einem Kind einfach sehr viel
Aufmerksamkeit widmen können, und andererseits diplomierten Sachverständigen, die für die notwendige Beratung sorgen, einkaufen.
b) Körperlich Behinderte
Körperlich Behinderte haben – dank des PGB – wieder viel mehr Kontrolle über ihr
eigenes Leben. Für sie bedeutete es eine erhebliche Verbesserung ihrer Lebensqualität, dass sie selber bestimmen können, wer ihnen wann und wobei hilft.
c) Geistige Gesundheitsfürsorge
In den Niederlanden gibt es in der geistigen Gesundheitsfürsorge von jeher eine
wichtige Strömung, die den gebräuchlichen psychiatrischen Einrichtungen misstrauisch gegenübersteht. Wir bezeichnen die als die „Anti-Psychiatrie“. Dieser Kategorie von Bürgern bietet das PGB die Möglichkeit, einen Vertrag über
psychiatrische Hilfe mit jemand abzuschließen, der nicht zum Kreis der traditionellen Leistungserbringer gehört.
d) Häusliche Pflege für Senioren
Für zahlreiche ältere Menschen ist es sehr angenehm, dass sie auf Grund des
PGB nicht mehr von den regelmäßig wechselnden Mitarbeitern von Organisationen für häusliche Pflege abhängig sind; sie können statt dessen selber mit Bekannten aus ihrer unmittelbaren Umgebung eine Vertrag schließen, zum Beispiel
mit jemandem aus der gleichen Straße oder mit einer guten Freundin.
Obwohl es das PGB in den Niederlanden, wie gesagt, bereits seit zehn Jahren gibt,
ist die gegenwärtige Regelung erst am 1. April 2003 in Kraft getreten.
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Welche Erfahrungen haben wir mit dem PGB gemacht?
Einfach?
Wir haben uns bemüht, die Regelung möglichst einfach zu gestalten. Dennoch zeigt
sich in der Praxis noch immer, dass manches schief geht. Teilweile liegt das an der
PGB-Regelung selbst. Wir möchten auf jeden Fall, dass unabhängig festgestellt wird,
welche Formen der Versorgung notwendig sind. Und wir möchten auch, dass der
Ausführungsinstanz AWBZ gegenüber Rechenschaft über die Verwendung des Geldes abgelegt wird. Das bedeutet zwangsläufig, dass es nicht ohne Bürokratie geht.
Außerdem haben wir uns in den Niederlanden dafür entschieden, von den PGBTarifen eine Selbstbeteiligung in Abzug zu bringen, die von der Höhe des jeweiligen
Einkommens abhängig ist. Dazu ist ein Austausch von Informationen zwischen den
32 Ausführungsinstanzen AWBZ und der Steuerbehörde notwendig. Dadurch werden
Verzögerungen, Fehler und Korrekturen verursacht.
Die Kosten und die Unbequemlichkeiten, die durch diese Informationsströme verursacht werden, wiegen unserer Meinung nach nicht auf gegen die Erträge der Selbstbeteiligungen. Wir haben dem Ministerium für Gesundheit, Gemeinwohl und Sport
deshalb wiederholt empfohlen, keine Selbstbeteiligung in Abzug zu bringen oder –
wenn man das doch machen will – auf jeden Fall dafür zu sorgen, dass diese Selbstbeteiligung nicht vom jeweiligen Einkommen abhängig ist.
In den Niederlanden ist uns das bisher nicht gelungen. Vielleicht aber kann ich
Deutschland noch rechtzeitig warnen: Keine vom Einkommen abhängige Selbstbeteiligung!
Das PGB ist auch durch Ursachen kompliziert, auf die wir nicht viel Einfluss ausüben
können. Ein Budgetnehmer ist Auftraggeber der Leistungserbringer. Wenn eine entsprechende Einrichtung beauftragt wird, muss er einfach eine Rechnung begleichen.
Das ist nicht so schwierig.
Wenn aber eine natürliche Person beauftragt wird, ist der Budgetnehmer auf einmal
zum Arbeitgeber geworden und damit auch für das Einbehalten von Steuern und Sozialabgaben verantwortlich. Und dann wird es ziemlich schnell kompliziert.
Wir haben ein Lohnbuchhaltungsbüro beauftragt, die Budgetnehmer zu unterstützen.
Dieses Büro sorgt für Modell-Arbeitsverträge. Der Budgetnehmer schickt diesem Büro jeden Monat eine Übersicht über die geleisteten Arbeitsstunden. Das Büro nimmt
dann die Lohnberechnung vor, kassiert den Betrag beim Budgetnehmer und bezahlt
danach sowohl den Leistungserbringer als auch die fälligen Steuern.
Aber sogar mit dieser Unterstützung bleibt die Sache noch immer kompliziert.
Ein kleines Beispiel: Jemand hat mit seiner Nachbarin einen Vertrag über das Reinigen der Wohnung geschlossen. Die Nachbarin wird durch Rückenbeschwerden
krank. Auch ein Budgetnehmer hat dann die Pflicht, nach sechs Wochen einen so
genannten „Reintegrationsplan“ auszuarbeiten. Auf einem fünf Seiten umfassenden
Vordruck muss der Budgetnehmer dann darlegen, über welche Möglichkeiten zur
Wiedereingliederung der Arbeitgeber in seiner Arbeitsorganisation verfügt.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Unterstützung
Das PGB geht davon aus, dass auch Menschen, die Versorgung benötigen, mündige
Menschen sind, die sehr gut im Stande sind, die Organisation der Versorgung selbst
zu steuern.
Wenn man von diesem Grundgedanken ausgeht, ist es nicht einfach, zu bestimmen,
wie weit man bei der Unterstützung von Budgetnehmern gehen kann. Unterstützung
ist notwendig, zum Beispiel in Form des Lohnbuchhaltungsbüros, das wir eingeschaltet haben. Aber wie weit kann man gehen, ohne dass die Gefahr einer „Bevormundung“ entsteht?
Ein einfaches Beispiel.
Eine Indikation ist für einen bestimmten Zeitraum erteilt worden. Am Ende dieser Zeit
muss eine neue Indikation beantragt werden. Anfangs sind wir davon ausgegangen,
dass von den Budgetnehmern erwartet werden kann, dass sie selbst daran denken,
rechtzeitig eine neue Indikation zu beantragen. Aber in immer mehr Bezirken hat
man sich das inzwischen anders überlegt; der Budgetnehmer bekommt rechtzeitig
einen Brief, in dem er daran erinnert wird, dass die Gültigkeit der Indikation demnächst endet.
Vermittlungsorganisationen
Die meisten Budgetnehmer können die Versorgung ausgezeichnet selbst organisieren. Sie schließen selber Verträge über Leistungen ab, machen Arbeitspläne, nehmen die Bezahlung vor und legen Rechenschaft ab.
Es gibt aber auch Budgetnehmer, die von einer professionellen Organisation unterstützt werden möchten, die die Versorgung für sie organisiert.
Dafür sind inzwischen kommerzielle Organisationen auf dem Markt erschienen. Sie
helfen den Budgetnehmern beim Beantragen eines PGB, vermitteln beim Einkauf der
Leistungen und sorgen auch für die Rechenschaftslegung. Der Budgetnehmer kann
die meisten Tätigkeiten dieser Organisationen aus dem PGB bezahlen.
Diese privaten Büros bilden eine gute Ergänzung der Unterstützung, die wir als Behörde organisieren. Aber wir beobachten dies auch mit ein wenig Sorge:
• Mitarbeiter dieser Organisationen möchten auf einmal während des Hausbesuchs
im Rahmen der Indikation anwesend sein und setzen die für die Indikation verantwortliche Person unter Druck, damit sie soviel Versorgung wie möglich indiziert.
• Es werden unangemessen hohe Kosten in Rechnung gestellt.
Glücklicherweise kommt das noch nicht oft vor; es ist aber ein Phänomen, über das
wir uns Sorgen machen.
Informelle Betreuung
Das PGB wird oft für das Einschalten von Bekannten verwendet. Wie ich bereits erklärt habe, können dies auch Familienangehörige sein. Eltern können als Vertreter
ihres behinderten Kindes ein PGB beantragen und sich dann selbst als Leistungserbringer einstellen.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Das führt zu Fragen, auf die wir noch keine gute Antwort gefunden haben. Und ich
denke auch, dass dies zurzeit die schwierigste Diskussion ist, die in den Niederlanden in Bezug auf das PGB geführt wird.
Es ist zurzeit in den Niederlanden durchaus üblich, dass beide Elternteile einer beruflichen Tätigkeit nachgehen. Die Behinderung eines Kindes kann dann dazu führen,
dass ein Elternteil sich gezwungen sieht, seine bezahlte berufliche Arbeit aufzugeben, um für das Kind zu sorgen. In einer solchen Situation ist durchaus zu verteidigen, dass dieser Elternteil ein Einkommen auf Grund des PGB bezieht. Das ist
vor allem der Fall, wenn damit die Aufnahme des Kindes in eine kostspielige Einrichtung für Behinderte vermieden wird.
Und wir müssen einfach akzeptieren, dass die unentgeltliche Nachbarschaftshilfe
weniger wird und es gut ist, dass es auf Grund des PGB möglich ist, die Nachbarin
oder den Nachbarn einzustellen.
Außerdem sind viele der informellen Betreuer überlastet. Dann ist es schön, wenn sie
auf Grund des PGB ihre berufliche Tätigkeit einschränken können und dadurch auch
weiterhin in der Lage sind, die Versorgung zu übernehmen.
Aber auch hier gibt es besorgniserregende Aspekte:
• Die informelle Betreuung durch Familienangehörige und Bekannte hat einen Wert
von vier Milliarden Euro. Schon wegen dieser Summe ist nicht auszudenken, dass
alle diese Personen sich auf einmal überlegen, dass sie mit Hilfe des PGB Geld
bekommen können.
• Und müssen wir als Gesellschaft eigentlich wollen, dass Kinder für die Versorgung
ihrer Eltern bezahlt werden?
• Und wenn man ein PGB für die Pflege eines behinderten Kindes bekommt, obwohl
die Aufnahme in eine entsprechende Einrichtung eigentlich besser wäre? Es ist
doch verrückt, dass Eltern, wenn sie ihr Kind aus dem Hause geben, damit auch
eine Einkommensquelle verlieren?
Das ist ein Thema, über das wir noch nicht genug nachgedacht haben.
Maßnahmen, die wir in Erwägung gezogen haben, haben nämlich auch wieder negative Auswirkungen, die wir nicht haben möchten. Denn das vorherrschende Bild ist
doch, dass es ein großes Gut ist, dass man mit Hilfe des PGB freiwillige Betreuer in
Dienst nehmen kann. Wäre es auch nur deshalb, weil das Einkaufen von Leistungen
in der häuslichen Situation auch per Definition einen enormen Einbruch in das Privatleben bedeutet. Es ist dann angenehm, wenn man sich auf Menschen aus der vertrauten Umgebung berufen kann.
Arbeitsmarkt
Wir erwarten auf dem niederländischen Arbeitsmarkt in den kommenden Jahren große Probleme für das Gesundheitswesen. Die Zahl der älteren Bürger, die Versorgung
benötigen, wird stark zunehmen („Vergrauung“), während die Zahl der Jüngeren, die
die Leistungen erbringen können, stark abnehmen wird („Entgrünung“).
Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass das PGB dafür gesorgt hat, dass neue
Arbeitsmärkte erschlossen worden sind:
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
• Es gibt eine Menge Menschen, die nicht bei einer großen Organisation angestellt
werden möchten, es jedoch ausgezeichnet finden, jede Woche ein paar Stunden
bei Bekannten in der eigenen Straße zu arbeiten.
• Es zeigt sich, dass die Freundin, die ohnehin regelmäßig zu Besuch kam, auch
bereit ist, dann auch gleich gegen Bezahlung das Haus in Ordnung zu halten.
• Wenn man über ein PGB verfügt, traut man sich auf einmal, die Familie nebenan
zu fragen, ob sie bereit wäre, einem abends um elf Uhr beim Zubettgehen zu helfen. Ich kenne zum Beispiel eine Familie mit drei Teenager-Söhnen, die abwechselnd der Nachbarin helfen. Eine angenehme Lösung für die Nachbarin und eine
wichtige Lebenserfahrung für diese jungen Leute.
• Für Studenten kann das Arbeiten für einen Budgetnehmer einen willkommenen
Nebenverdienst bedeuten. Sagen Sie selbst: Wenn ein Student jeden Mittwochnachmittag mit einem geistig Behinderten loszieht, können beide dabei doch nur
gewinnen?
Eine andere Entwicklung ist, dass Arbeitnehmer ihre Arbeitsverhältnisse bei großen
Leistungserbringern kündigen und direkt bei ein paar Budgetnehmern arbeiten. Sie
vermeiden damit die ganze Regulierungssucht und Unbeweglichkeit, die für große
Organisationen nun einmal charakteristisch sind.
Leistungsangebot
Als letztes Thema möchte ich mich mit dem Einfluss des PGB auf das Leistungsangebot beschäftigen. Dabei handelt es sich sowohl um neue Formen von Leistungen
als auch um das bereits vorhandene Leistungsangebot.
Wir beobachten in den Niederlanden nämlich, dass das PGB zu neuen Formen von
Leistungen führt.
Ein gutes Beispiel sind die landwirtschaftlichen Behindertenwerkstätten.
In sehr kurzer Zeit sind in den Niederlanden siebzig derartige Betriebe entstanden.
Man richtet sich dort auf ältere Menschen, die es herrlich finden, jede Woche einen
oder mehrere Tage zwischen den Tieren zu verbringen und vielleicht auch noch ein
bisschen mit der Stoßhacke oder dergleichen zu arbeiten. Sie sind aber auch auf
Menschen mit einer geistigen Behinderung eingestellt. Für diese Menschen kann
eine solche Behindertenwerkstatt auch eine ausgezeichnete therapeutische Umgebung sein.
Eine solche Einrichtung bietet einen doppelten Vorteil. Zum einen ist sie für die Klienten eine ausgezeichnete Einrichtung, zum anderen können die Bauern in den Niederlanden eine zusätzliche Einnahmequelle gut gebrauchen.
Auch ohne PGB hätte es in den Niederlanden landwirtschaftliche Behindertenwerkstätten gegeben. Aber es wären viel weniger gewesen. Dem PGB ist zu verdanken,
dass diese Entwicklung sehr schnell verlaufen ist.
Bei der aktivierenden Begleitung beobachten wir, dass Eltern verschiedene Formen
der Begleitung einkaufen, die es als Sachleistungen noch gar nicht gibt. Kreative Ideen über die Versorgung können im Rahmen eines PGB schnell verwirklicht werden; bei Sachleistungen sind dafür manchmal Jahre erforderlich.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Wir merken außerdem, dass auch die traditionellen Leistungserbringer vom PGB lernen. Ein Beispiel:
Die Mitarbeiter einer großen Organisation für häusliche Pflege erschienen morgens
niemals vor acht Uhr, um Menschen beim Aufstehen zu helfen und kamen abends
nie nach neunzehn Uhr. Weil man jedoch zuviel Kunden an das PGB verloren hat,
hat man diese Zeiten inzwischen geändert; die Mitarbeiter kommen jetzt ab sieben
Uhr morgens und bis dreiundzwanzig Uhr abends. Verschieden Budgetnehmer haben deshalb auf das PGB verzichtet und machen inzwischen wieder von den Diensten der Organisation für häusliche Pflege Gebrauch. Eine ausgezeichnete
Entwicklung.
Ich komme zum Abschluss.
Ich habe Ihnen gesagt, dass die Regelung in ihrer heutigen Form am 1. April 2003
eingeführt worden ist.
Im August 2004 hat das College voor zorgverzekeringen einen Evaluierungsbericht
veröffentlicht.
Meinen Vortrag möchte ich mit den zusammenfassenden Schlussfolgerungen aus
diesem Bericht abschließen.
Auch wenn es Engpässe und Probleme gibt, ist das PGB doch ein Instrument, das
Versicherten die Möglichkeit bietet, die Organisation ihrer Versorgung selbst zu steuern. Es gelingt ihnen dabei, von einem Arbeitsmarkt Gebrauch zu machen, der für
Sachleistungen nicht zur Verfügung steht. Die PGB-Tarife sind niedriger als die Tarife für Sachleistungen. Außerdem bietet die Flexibilität der PGB-Regelung Raum für
innovative Initiativen in der Versorgung.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
PGB-Tarife 2005
Alle Beträge gelten für ein Jahr.
Die Klassen beziehen sich auf die Zahl der indizierten Stunden für die Form der Vorsorgung pro Woche. Nur bei den Funktionen unterstützende und aktivierende Begleitung ist neben einer in Stunden
pro Woche ausgedrückten Indikation auch eine in halben Arbeitstagen pro Woche ausgedrückte Indikation möglich. Für unterstützende und aktivierende Begleitung kommt, wenn diese in halben Arbeitstagen ausgedrückt wird, ein höherer Tarif zur Anwendung, wenn eine Beförderung des Klienten
medizinisch erforderlich ist.
Haushaltshilfe
Klasse Stunden
pro Woche
1
0- 1,9
2
2- 3,9
3
4- 6,9
4
7- 9,9
5
10-12,9
6
13-15,9
Tarif
pro Jahr
870
2.611
4.788
7.399
10.011
12.621
Unterstützende Begleitung
Stunden
Klasse
1
2
3
4
5
6
7
8
Stunden
pro Woche
0- 1,9
2- 3,9
4- 6,9
7- 9,9
10-12,9
13-15,9
16-19,9
20-24,9
Tarif
pro Jahr
1.701
5.103
9.356
14.459
19.560
24.664
30.615
38.270
Aktivierende Begleitung
Stunden
Klasse
1
2
3
4
Stunden
pro Woche
0- 1,9
2- 3,9
4- 6,9
7- 9,9
Tarif
pro Jahr
2.609
7.826
14.349
22.175
Persönliche Versorgung
Klasse Stunden pro Tarif
Woche
pro Jahr
1
0- 1,9
1.362
2
2- 3,9
4.086
3
4- 6,9
7.489
4
7- 9,9
11.575
5
10-12,9
15.660
6
13-15,9
19.745
7
16-19,9
24.511
8
20-24,9
30.639
Pflege
Klasse Stunden
Woche
0
0- 0,9
1
1- 1,9
2
2- 3,9
3
4- 6,9
4
7- 9,9
5
10-12,9
6
13-15,9
7
16-19,9
Halbe Arbeitstage (ohne Beförderung)
Klasse Halbe
Ar- Tarif
beitstage
pro Jahr
1
1
2.210
2
2
4.422
3
3
6.632
4
4
8.843
5
5
11.054
6
6
13.265
7
7
15.476
8
8
17.687
9
9
19.897
Halbe Arbeitstage (mit Beförderung)
Halbe Arbeitstage (ohne Beförderung)
Klasse Halbe
Ar- Tarif
beitstage
pro Jahr
1
1
2.542
2
2
5.084
3
3
7.625
4
4
10.168
5
5
12.710
6
6
15.252
7
7
17.793
8
8
20.335
9
9
22.877
pro Tarif
Pro Jahr
1.175
3.506
7.009
12.848
19.860
26.866
33.877
42.053
Klasse Halbe
Ar- Tarif
beitstage
pro Jahr
1
1
2.478
2
2
4.955
3
3
7.433
4
4
9.911
5
5
12.389
6
6
14.333
7
7
16.811
8
8
19.021
9
9
21.233
Halbe Arbeitstage (mit Beförderung)
Klasse Halbe
Ar- Tarif
beitstage
pro Jahr
1
1
2.809
2
2
5.618
3
3
8.427
4
4
11.235
5
5
14.044
6
6
16.320
7
7
19.129
8
8
21.671
9
9
24.212
Zeitlich begrenzter Aufenthalt € 92,00 für 24 Stunden
Wenn die Zahl der indizierten Stunden oder halben Arbeitstage höher ist, als die Obergrenze der
höchsten Klasse, wird der Tarif der höchsten Klasse um den folgenden Betrag erhöht:
Klasse 1 multiplizieren mit der Zahl der Stunden oder halben Arbeitstage, mit der die Obergrenze der
höchsten Klasse überschritten wird.
Ausnahme 1: bei Pflege „Klasse 1“ durch „ € 2340“ ersetzen.
Ausnahme 2: bei unterstützende und aktivierende Begleitung mit Beförderung wird diese Erhöhung
auf Klasse 1 der unterstützenden und aktivierenden Begleitung ohne Beförderung basiert.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Personenzentrierte Finanzierung – ein Beispiel aus
Dänemark
Steen Bengtsson
Social Forsknings Instituttet
Danish disability policy
Danish disability policy was already in the 1930s in a corporative stage, as the umbrella organisation of organisations of disabled people (DSI) was formed in 1934, and
from the beginning had influence on relevant policy areas, and was represented in
parliamentary commissions on disability pension and special care. From 1945 to
1990 Niels Erik Bank-Mikkelsen was a very influential figure with the principle of normalisation. The chairman of the Blind Union and of DSI, Hans Christian Seierup, was
also chairman of the Social Reform Commission in the late 1960s.
In connection with the devolution of Special Care 1980, the Central Disability Council
was established with representatives from: Organisations of Disabled people, government departments and counties and municipal organisations. The Central Disability Council had Bank-Mikkelsen as its secretary, and it soon became the centre of a
network for promoting disability policy on all state policy areas.
Sector responsibility
Sector responsibility became the name of a principle, which originally had been part
of Bank-Mikkelsen’s principle of normalisation. The principle of sector responsibility
reads as follows:
Every sector in the society has itself the responsibility to make sure that people with disabilities are able to take part in the services and activities that are
offered, and to do so within the normal framework of financing (without special
financing).
The principle of sector responsibility roughly corresponds to what anglo-saxons call
“mainstreaming” of disability policy.
Elderly housing act 1987
This act was an important step on the way of de-institutionalisation of the social area.
According to this act, no more new ”nursing homes” are built, but they are replaced
with ”elderly housing” that is accessible for people with disabilities. This housing may
be very much like nursing homes, but the apartments are at least two rooms with a
kitchen place, so that it is possible to live independently in it. Housing and benefits –
cash as well as services – are totally separated, so that the inhabitants of elderly
housing are served with home help on same conditions and with the same staffs as
others. (Some municipalities had already changed some nursing-home places into
formally independent apartments, and the law legitimised this and specified the demands that had to be met).
127
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
The Centre of Equal Opportunities
The Centre of Equal Opportunities was established by a parliamentary decision in
1993 as a result of discussions following the American ADA legislation, as DSI preferred a cooperative model instead of anti-discrimination legislation. It is a unit with
first 10, now16 employees that is attached to the Central Disability Council. The Centre of Equal Opportunities makes information and campaigns, arranges conferences,
and conducts small scale research on disability problems. To take an example of a
typical case: It has taken up the problem of grown ups on children’s institutions: as
there are not sufficiently of housing for intellectually disabled people, children that are
in institutions often remain there after they have reached the age of 18. The Centre of
Equal Opportunities counted the numbers 1995, 1996, 1997. The campaign had the
effect of reducing the numbers, but unfortunately the change only consisted in redefining the individual places in the institutions!
Abolition of institutions
In line with the general development in Danish disability policy, all institutions change
legal status 1998, as the concept of institution was abolished. They are now defined
just as ”housing”, and housing and benefits – cash as well as services – are totally
separated. The inhabitants of the housing (formerly institutions) are given disability
benefit, and all necessary services are awarded according to the same rules that apply to all other citizens.
This sounds all right, but what does that mean in practice? Has life become different
for the person?
That has been evaluated 2002. 3 conclusions are drawn: 1- the law is good and farsighted, 2- it has had more influence in municipalities than in counties, and 3- both
counties and municipalities are in a process of implementing the law, but municipalities are progressing faster than counties.
So the evaluation says that the law has had consequences, but also that it has not
yet been fully implemented.
Financing of cash benefits
This financing abides to the so-called “active orientation”, that is, the nearer the person comes to the labour market, the greater part of the support is paid by the state.
So Disability benefit is 65% municipal and 35% state, Rehabilitation benefit is 50%
municipal and 50% state, Social assistance is 50% municipal and 50% state, Sick
pay is 50% municipal and 50% state, Flex job is 35% municipal and 65% state.
This system was introduced in 1998. Together with a wide scale of reforms of rehabilitation and disability pension it has meant that the award of disability pension has
been reduced with 50% in the second half of the 1990s. This development is not just
a result of the financing, as it had begun already before 1998.
128
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Financing of services
There are two models:
•
•
Municipality 50%, County 50%
Municipality up to a basic rate, county the rest of the expenses
The Basic Rate Model was introduced as a tool to make a more clear connection between responsibility for the effort and responsibility for the expenses. The authority
which awards shall also bear the financial burden of the decision. This model has
been much discussed, and it has been maintained that the basic rates were too high
and encouraged the municipalities to take over too much from the counties. A review
of the basic rate model has shown: 1- The basic rate model has given a framework
for judging quality / price (visible expenses), 2- The basic rate model makes municipalities and counties cooperate more, and has given a better planning of the capacity, 3- The model has put the third sector under pressure.
The coming municipal reform
The coming municipal reform will change a lot in the landscape. There will be 99 municipalities with minimum size 20.000 inhabitants, where there are now 271 with
minimum size 5.000. Many of the new municipalities will have up to 100.000 inhabitants. The counties will be more or less abolished, only replaced with greater socalled regions which are purely administrative units and just administering the health
system. A great knowledge centre on disability and social issues is established. This
knowledge centre will gather all the small knowledge centres on different disabilities
that have been established in the 1990s.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Personenzentrierte Finanzierung – ein Beispiel aus
England
Paul St.Quintin, Somerset Social Services
Dr. Julie Beadle-Brown, Tizard Centre/University of Kent at Canterbury
Somerset is a rural county in the South West of the United Kingdom with a population
of approximately 500,000 people. There are a number of small towns which have a
maximum population of 50,000 people. The prevalence rate for learning Disability
Services is 0.4%. There are approximately 400 children and 1600 adults with a severe learning disability supported by the local authority. The criteria for access to services are based on: IQ of less than 70; impaired social functioning; and the use of
learning disability services as a child is also a good guide. Against these criteria the
local authority only support around 17% of people with an IQ below 70. Most people
who fall below the 70 mark are supported by family and friends in their local community.
There is a “pooled” budget of around 54m Euros for Adult Services. This equates to
spend of approximately 33,750 Euros per adult. This spend is made up from money
allocated by the local authority (Somerset County Council) and the National Health
Service in England. In addition individuals will be entitled to national housing and disability benefits, which are in the region of 200 – 300 Euros per person. (These national benefits will only be available to individuals living in their own homes and not to
people living in residential accommodation. These are two very distinct models of
housing and support).
The main areas of spend for adult learning disability services are:
•
•
•
75% on accommodation and support
15% on day services and work preparation & training
10% on community teams that carry out the specialist assessment and care
management and specialist health care support (details are set out below)
Of the 1,600 adults with a learning disability approximately 900 are supported outside
of the family home in either supported housing or residential care. Of this group
around 300 people live in residential care and 600 people live in supported housing.
Supported housing is now seen as a much more appropriate model of accommodation support which provides: an opportunity for people to live in their “own home”;
housing rights confirmed in law; and access to housing and disability benefits. Individual disposable income is much greater than in residential care and can be up to
100 Euros per week. This provides people with a greater range of choices and the
ability to develop personalised services as will be described below. Like most authorities in the country Somerset is moving from a group (residential) model of services to
individual support in peoples own home (supported housing). The residential model
of care was enshrined in law in 1948 for all elderly and disabled people. Somerset is
now of the view that all new accommodation will be developed as supported housing.
Residential care may be appropriate for older persons but is not generally appropri130
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
ate for services which are based on the principals of independence, rights, choice
and inclusion.
Somerset operates a large Day Service provision. There are 12 Day Service Resource Centres. These are changing rapidly with the replacement of very large (150
place) centres with much smaller local resource bases where people can access ordinary facilities in the local community. Over the last fifteen years much more use is
being made of the further education colleges and local facilities such as swimming
pools and sports centres. It is our intention to increase the proportion of support
within the local community and to extend these to evening and weekend activities.
Work preparation and training has seen a big growth over the last decade. There are
now 400 people in some kind of work preparation and training, paid or voluntary work
- 80 of the people are now in receipt of the national minimum wage and this total is
set to grow in coming years. In satisfaction surveys of people with a learning disability
work and money are still rated a priority. Others include friendships, having choices
and independent living.
A key support to family carers is “short-term” (respite) care. There are five social services specialist short-term care facilities providing 40 places. There are additional
independent sector places from which Social Services will purchase short-term care.
A number of smaller flexible schemes have been developed such as a “Sitting Service” where a volunteer may support the service user in the family home to give Parents / Carers a break.
Community Teams for Adults with a Learning Disability provide the assessment care
management and specialist health care support. These are teams of social and
health care professionals who are co located and singly managed. The professions
comprise: social worker, psychologist, psychiatrist, speech and language therapist,
community nurse, physiotherapist and occupational therapist. (Other teams in England may include additional professionals such as a dietician.) Key to the social work
role is the independent assessment of the needs of an individual by a representative
of the local authority. Community Care Legislation in 1993 set out the current assessment responsibilities and the duty to provide services. The local authority has a
duty to assess the needs of any disabled person and provide services if the assessment indicates that person’s needs fall within the ‘eligibility criteria’.
In Learning Disability Services there are different levels of assessment. These are a
simple level for planning minor changes or a comprehensive level for planning major
changes. In addition the local authority is developing a person centred planning approach to integrate with the community care assessment. An issue for the authority is
to be clear about what services should be provided on a statutory basis and those
services, which although indicated within a person centred plan, should be provided
by the individual their family or other agencies. This issue has been highlighted by
the development of Direct Payments, which will be described below.
The assessment is carried out by a named Social Worker. Recent legislation has
specified that this must include the offer of a carer’s assessment. The assessment
will also include information from other health professionals such as a speech and
language therapist (communication) a psychologist (behaviour) or an occupational
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
therapist (functional skills / independent living). Built into the assessment process is
an annual review cycle. The local authority has now improved the information gathering from individual assessments and these are now collated for strategic planning
purposes. For example we are now aware that there are 100 people making the transition from Children’s to Adults Services in the age group between 14 and 18 years
who will require accommodation and support services. The total cost of these new
services will be around 6m Euros. Autism is the biggest single area of need.
Once the assessment process has been completed then the local authority will check
whether under the “fair access to care” criteria it has a duty to provide services. Fair
access to care (FACs) apply to all disabled groups: older persons, mental health,
learning disability etc. It sets four levels of access to services: critical, substantial,
moderate or low.
The advantage of this assessment process and FACs is that the state is able to provide resources according to individual need. This offers equity of provision and
avoids over provision expending too many resources on people with lower needs. It
also provides political accountability and cost control. The eligibility criteria are set by
local politicians and can be changed between the different criteria of critical, substantial, moderate or low depending on available resources. The local authority must stay
within budget and therefore, if planning information indicates that needs will be more
substantial in future years, then it has the ability to change the criteria by which it
provides services. Generally this does not mean that services will be withdrawn from
individuals, but low level services may not be provided to new service users. This is a
way of targeting the resources on the people with the greatest need. Independent
assessment by a representative of the state also provides the valuable information
for strategic planning. Once needs have been assessed then the local authority can:
choose to provide services directly; purchase services from the independent sector;
or offer a Direct Payment and support the individual to organize or purchase their
own services. Numbers of people in receipt of Direct Payment are currently low but
growing.
In 2001 the government produced the first learning disability guidance for 30 years.
”Valuing People” and was response to the “post code lottery” – different services depending on which part of the country an individual lived. It also set the agenda for
national service development based on the principles of rights, independence, choice
and inclusion. Key priorities were individualized services based on person centred
planning and Direct Payments. It was part of a wider government agenda to give disabled people more control over their own lives and subsequent legislation has maintained this theme.
Direct Payments are cash payments to disabled people to purchase services to meet
their assessed care needs. The local authority now has a legal duty to offer a Direct
Payment. The recipient must be “willing and able” to manage a Direct Payment. This
has in the past been a barrier for people with a learning disability but the government
has introduced more flexibility. The current numbers of people in Somerset by client
group receiving Direct Payments are: physical disability 218; older persons 79; learning disabilities 16. These numbers are broadly in line with the national statistics which
show that people with a physical disability have been at the forefront of using Direct
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Payments to provide more choice and independence. Direct Payments have not
been so popular amongst the learning disability population. The average weekly Direct Payment is around 200 Euros or the equivalent of around 14 hours of personal
care per week. Direct Payments can only be used to purchase care services which
would normally be provided directly by the local authority or purchased on behalf of
the user. They cannot be used to pay for things like the admission to facilities or the
purchase of equipment. It is early days in terms of the use of Direct Payments. There
are a number of issues which are being debated and discussed. Among these are:
using Direct Payments to pay relatives to provide care and precisely what a Direct
Payment can be used for. Clearly if Direct Payments can be used to pay a close relative or relatives living in someones own home there will be a huge change from voluntary support towards support directly funded by the state. At the present time it is
not possible to pay close relatives or those living in someones own home. A second
issue concerns day services, particularly in Learning Disability Services. Direct Payments will cover a cost of a personal supporter into activities but not transport or admission charges. For example if someone was attending a gym the Direct Payment
could pay for an individual to support them but not for their transport to the gym or the
admission of the individual or their supporters. There is also a view that Direct Payments are more popular where services are poor or absent: if individuals are broadly
happy with the services they receive then they will be less likely to want to take on
the responsibility for organising their own services. This is particularly the case for
families and relatives of adults with a learning disability.
The thinking around individual payments has moved on since the first Direct Payments were made. The government is now talking about “personalised budgets”
where a sum of money is allocated to meet an assessed need and the local authority
and the user work together to purchase services to meet that need. In Somerset
people with a learning disability, since they have moved to supported housing accommodation, are in some cases managing to save money in bank accounts. Somerset has supported individuals to spend this funding on chosen activities. So for
example an individual who may like cooking could purchase support from an organization to help them cook. Although this is not strictly a Direct Payment it is enabling
people to have more choice and control by spending their own money on preferred
activities.
A DVD was shown at the conference with film clips of people with a learning disability
in Somerset who were funding from their own money additional support to enable
them to perform chosen activities such as cookery, swimming, going to the pub or
accessing college courses. Two people had lived in hospital for most of their early
lives. It included people with a profound and multiple learning disability who required
a high level of support and skill from staff to ascertain their chosen activities. The key
message is that if money is available from whatever source (Direct Payment, state
benefits, work, a personalised budget) then we will be able to support people to make
choices and engage in their chosen activities.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
National Overview
Individualised funding has developed gradually over the last thirty years. Many authorities initially block funded providers by purchasing a number of beds for example
in a residential care home. With the closure of institutions some people received individual funding and provision but most people moved to group homes. More recently
policy has encouraged services to become more creative to meet the expressed
needs of individuals. Funding is available through the Independent Living Fund (a
national benefit), or the Direct Payments initiatives as mentioned above. The level of
learning disability Direct Payments in comparison to other disability services is relatively small.
Implementation of Direct Payments
Year
Total number of people Number of people with inreceiving Direct Payments tellectual disability
2000
3700
216
2002
7882
736
2003
9600
In 2002, variation between councils ranged from 1 person to 61 people with intellectual disabilities receiving a Direct Payment, 40 councils didn’t operate any but 3
councils ran schemes for over 40 people with intellectual disabilities. The most recent
figures available indicate that fewer than 10,000 people nationally were receiving a
Direct Payment.
Some of the barriers to Direct Payment have been: a lack of compulsion; lack of
guidance; lack of flexibility and creativity; and a lack of understanding and consent
and ability to manage. However, there are improvements as both local authorities
and users have become more confident of the new system. Councils are now required to offer Direct Payments to everyone and have got better at offering guidance
and support to users. There is more information sharing between authorities and examples of good practice and they are now being used more extensively to support
independent living. The government agenda to develop personalised budgets has the
principles of Direct Payments at its heart. Numbers are likely to grow but in a more
flexible way over the coming years.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Personenzentrierte Planung und Persönliches Budget –
Ist die Selbstbestimmungsbewegung am Ende ihrer
Träume angelangt?
Ingrid Körner
Inclusion Europe
Die behinderten Menschen haben europaweit, ja weltweit denselben Satz für ihre
wichtigste Forderung: Nichts über uns ohne uns! Ich denke, kürzer und prägnanter
kann man nicht deutlich machen, was hinter der Selbstbestimmungs-Bewegung
steckt.
Solange es sich um Menschen mit Körperbehinderung handelt, ist diese Forderung
wohl auch bei denjenigen, die das Hilfesystem organisieren, angekommen – zumindest theoretisch, denn – Nichts über uns ohne uns! – mit der Umsetzung dieser Erkenntnis klappt es in den sozialen Diensten erst in Ansätzen – und oft nicht einmal
das!
Aber wie kann das mit der Selbstbestimmung bei geistig behinderten Personen wohl
aussehen? Diese Frage wird heute noch in vielen Elternhäusern, aber auch Wohnheimen oder Werkstätten für behinderte Menschen eher so gestellt, dass die Antwort
bereits mitklingt: Geistige Behinderung, besonders die schwere Behinderung, und
Selbstbestimmung – das ist doch wohl unvereinbar! Ich habe zu vielen Eltern und
auch professionellen Helfern Kontakt und die am weitesten verbreitete Meinung, die
ich immer wieder höre, ist die, dass es doch keine echte Selbstbestimmung für geistig behinderte Menschen geben kann. Besonders für die sehr schwer behinderten
Personen wird es das doch gar nicht geben können.
Anders ausgedrückt: es wird doch immer manipuliert werden und die geistig behinderten Menschen müssen sich den Eltern und später dann den Einrichtungen anpassen!
Diese Meinung dem Personenkreis der ewig Gestrigen zuzuordnen hieße, zu kurz zu
greifen. Nach meiner Einschätzung ist diese Gruppe heute noch die zahlenmäßig
weitaus größere, zumindest in Deutschland.
Wir sollten in diesem Zusammenhang auch das herrschende Menschenbild und die
Lebensbedingungen behinderter Menschen in Großeinrichtungen erwähnen. Inclusion Europe hat zu diesem Thema gerade das Ergebnis einer Forschung auf den Tisch
gelegt, das ich Ihrer Aufmerksamkeit empfehle und das deutlich macht, wie wenig die
Selbstbestimmung in diesen Großeinrichtungen zu finden ist – ob nun in West- oder
Osteuropa.
„Behinderung stellt für die Betroffenen ein ‚Mehr an sozialer Abhängigkeit’ dar“, so
hat es Prof. Martin Hahn einmal ausgedrückt, und weiter sagt er: „Für die soziale
Umwelt bedeutet dies ein ‚Mehr an Macht’, das einer ständigen, latenten Versuchung
zum Machtmissbrauch – im Sinne von Fremdbestimmung – gleichkommt.“1 Und genau darum geht es dem einzelnen behinderten Menschen: Trotz der nicht abänderli1
“Helfen zu graben den Brunnen des Lebens…” Martin Th. Hahn in Selbstbestimmung, Kongressbeiträge; S.22
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
chen, weil behinderungsbedingten Abhängigkeit soll meine Fremdbestimmtheit durch
Selbstbestimmung, durch Autonomie ersetzt werden. Das sind bisher die Träume
von behinderten Menschen, aber auch von professionellen Helfern, die sich der
Selbstbestimmungs-Bewegung angeschlossen haben.
Und nun sind wir heute auf einer Tagung, die uns Beispiele zeigt, dass Menschen mit
Behinderung sich nicht mehr den Einrichtungen anpassen müssen, Geld fließt nicht
mehr automatisch vom Träger der Sozialhilfe in die Einrichtungen, behinderte Menschen können sich auf der Grundlage von individuell auf sie zugeschnittener Planung
ihrer Hilfen und einem entsprechend bedarfsgerechten Budget ihre angepasste Unterstützung einkaufen.
Natürlich sind behinderte Menschen sehr angetan und in Hamburg haben die Verbände, in denen sie sich zusammengeschlossen haben, das Modell aktiv unterstützt.
Dort sind die Preise für eine Fachleistungsstunde festgelegt, da wird im Rahmen des
persönlichen Budget – Modellversuches keine Kostensatzverhandlung mehr geführt.
Es müssen keine Verhandlungen mehr um Zusatzkosten für die Vorhaltung der
Dienstleistung mehr geführt werden, denn diese sind im Preis einberechnet, es werden auch keine Hilfebedarfsgruppen zugrunde gelegt, denn diese widersprechen
dem individuellen Bedarfsdeckungsprinzip. Bei dem Hamburger Modell sind die zu
gewährende Art der Hilfe und der jeweilige Stundenumfang zu verhandeln.
Das alles sieht doch nun wirklich so aus, als ob Bewegung in die Anbieter von Einrichtungen und Dienstleistungen kommen muss. Wenn es tatsächlich so geschehen
wird und die Anbieter eben nicht mehr im Sinne von „one size fits all“ handeln, sondern eine adäquate Antwort auf die Wünsche und Nachfrage der Menschen mit geistiger Behinderung verlässlich vorhalten würden, dann wären die Träume der
Selbstbestimmungs-Bewegung wirklich ein Stück weit wahr geworden.
Ein Stück weit eben, und ein wichtiges Stück – aber dennoch nicht alle Träume. Das
sage ich nicht aus Überheblichkeit oder etwa weil ich nicht genug bekommen kann!
Um als Mensch mit geistiger Behinderung wirklich selbstbestimmt leben zu können
gehört mehr dazu, als die Systeme personenzentrierter, passgerechter Unterstützung. Auch dann, wenn die entsprechende Vielfalt unterschiedlicher Unterstützungsangebote bereits existieren würde, aus der ich das für mich passende aussuchen
könnte – soweit sind wir heute noch nicht – aber nehmen wir an, es gäbe diese Vielfalt bereits, dann könnte ich immer noch nicht davon sprechen, dass ein selbstbestimmtes Leben für geistig behinderte Menschen realisiert werden kann.
Was fehlt dazu?
Um diese Frage beantworten zu können, erlauben Sie mir bitte einen kleinen Exkurs
in die Erfahrungen, die ich im Zusammenleben mit meiner eigenen Familie, hier speziell mit meiner geistig behinderten Tochter, die mit ihren drei Geschwistern in einer
kleinen Integrationsgruppe aufgewachsen ist, gemacht habe.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Es fängt doch damit an, dass meine Tochter, sie hat das Down-Syndrom, bereits im
Kleinkindalter in kleinen Schritten lernen musste, eigene Entscheidungen zu treffen,
um ihre Selbstbestimmung auch ausüben zu können. Dazu müssen Eltern genau
dieses auch zulassen – doch das geschieht in den wenigsten Fällen. Ebenso wenig
geschieht dies in Kindergarten und Schule. Dass wir Eltern unseren nicht behinderten Kindern den nötigen Freiraum für eigene Entscheidungen geben, ist selbstverständlich (zumindest in den meisten Fällen).
Ein weiterer Punkt ist der, dass wir geistig behinderte Menschen vor schlechten Erfahrungen bewahren wollen und ihnen damit eine wertvolle, wenn nicht die wertvollste Basis überhaupt für informierte Entscheidungen vorenthalten. Ein Beispiel: meine
Tochter hat sich mehrfach bei Verabredungen mit Freundinnen in Hamburg mit der
U-Bahn völlig verirrt! Sie hat sich jedes Mal so eingeschätzt, dass sie allein den Ort
ihrer Verabredung erreichen kann und jedes Mal habe ich mit mir gerungen, ob ich
sie allein mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren lassen darf. Meine Einschätzung war eben so, dass ich es ihr nicht zutraute und dennoch habe ich mir gesagt,
vielleicht klappt es ja doch. Und falls nicht, wurden bestimmte Dinge verabredet, wie
sie sich helfen kann. Und prompt passierte es, sie hatte sich verfahren! Was geschah
daraufhin? Sie war wirklich in der Lage, sich zu helfen. Das war übrigens die Zeit, in
der ich meine ersten grauen Haare bekam, das will heißen, es ist schrecklich schwer
für Eltern! Und ebenso schwer ist es für Pädagogen in Kindergarten und Schule. Das
Verbot und damit das Verhindern von Erfahrungen bringt viel weniger Stress für Eltern und Helfer, jedoch werden Selbsteinschätzung durch die geistig behinderten
Menschen und Fremdeinschätzung durch Betreuer auf dieser Grundlage immer auseinanderklaffen. Und damit wird auch die Selbstbestimmung für den geistig behinderten Menschen nahezu unmöglich, denn Verbote schaffen Abhängigkeiten.
Ich komme jetzt zu einem Punkt, der leider auch noch weiter zu den Träumen in Bezug auf die Selbstbestimmung gehören wird. Gestern Morgen habe ich Ihnen bei der
Eröffnung zu dieser Tagung ausgeführt, dass es immer wichtiger wird, eine Gesellschaft für alle Bürger zu konstruieren; eine Gesellschaft, die auch Menschen mit Behinderung selbstverständlich in alle Bereiche des Lebens einbezieht unter dem
Stichwort ‚mainstreaming’. Bereiche wie Bildung und Beschäftigung sind gute Beispiele, worum es mir geht. Wenn ein selbstbestimmtes Leben Realität werden soll,
reicht es eben nicht, behinderte Menschen ausschließlich auf Sonderarbeitsmarkt
und Sonderschulen zu verweisen oder eine Finanzierungsklausel für eine Aufnahme
in die Regelschulen einzusetzen und gleichzeitig die Budgetfähigkeit der Kosten im
Persönlichen Budget in Bildung und Beschäftigung nicht zuzulassen.
Selbstbestimmung setzt inclusive Lebensbedingungen in allen Bereichen gesellschaftlichen Lebens voraus.
Die Träume der Selbstbestimmungs-Bewegung gehen über das in Deutschland in
der Budgetverordnung geregelte und zu eng abgegrenzte Areal möglicher Budgets
weit hinaus.
Kurz gesagt: das Instrument der Personenzentrierten Planung und Finanzierung allein reicht nicht aus, wenn ich es nur in bestimmten Grenzen anwenden darf. Dennoch kann ich mir vorstellen, dass es als Prinzip geeignet sein dürfte, der
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Selbstbestimmung behinderter Menschen zum Durchbruch zu verhelfen, wenn wir
inclusive Lebensbedingungen ermöglicht haben und die Personenzentrierte Planung
und Finanzierung in Bezug auf alle Lebensbereiche der geistig behinderten Menschen anwendbar gemacht werden würde. Dies gilt natürlich für alle Länder in Europa.
Der gestrige Tag hat uns einige gute Beispiele gezeigt. Mir hat der Vortrag von Julie
und Paul besondere Erkenntnisse gebracht:
1. Wir sehen auf das Persönliche Budget in Deutschland und meinen damit ausschließlich die bedarfsgerechte Finanzierung von Hilfen. Und schon die vorangehende Hilfeplankonferenz wird ausschließlich unter dem Blickwinkel
gesehen, ob es wohl auch genug Geld geben wird. Sicher ist dies eine Frage
von entscheidender Bedeutung – doch ist dies eine noch zu enge Perspektive,
denn
2. es gibt Wünsche und Zielsetzungen, die gar kein Geld kosten müssen. Diese
kommen in einer deutschen Hilfeplankonferenz nach meiner Kenntnis aber gar
nicht vor. Ich habe gestern gehört, dass in England zur personenzentrierten
Planung auch Familie und/oder ein möglicher Kreis von Unterstützern hinzugezogen werden. Hier können dann auch Themen angesprochen werden wie
z.B. die Schaffung von inklusiven Lebensbedingungen in der Gemeinde. So
kann der Wunsch eines behinderten Teilnehmers sein: Besuch des Fitness –
Centers und hier geht es um das Verschaffen des Zutritts, oder einen Kurs in
der VHS besuchen und dergleichen mehr.
Ein Traum allerdings ist auch durch dieses Instrument noch nicht erfüllt: Es ist der
Traum, nicht mehr diskriminiert zu werden. Und wenn es dann doch geschehen sollte
und Menschen mit Behinderung diskriminiert werden, ist es bisher noch ein weiterer
Traum, sich auch dagegen wehren zu können. Sie wissen, meine Damen und Herren, in Deutschland wird z. Z. ein Antidiskriminierungsgesetz diskutiert und vehement
abgelehnt von Wirtschafts- und Arbeitgeberverbänden sowie einigen politischen Parteien im Bundestag. In einem engen Zusammenhang damit stehen die z. Z. in New
York stattfindenden Beratungen des Entwurfs einer internationalen Konvention zum
Schutz der Rechte behinderter Menschen.
Solange ein Vorschlag der EU zu dieser Konvention auf dem Tisch liegt, der die
Selbstbestimmungsrechte behinderter Menschen schwächt, indem der Vorschlag die
Entmündigung geistig behinderter Menschen wieder einführen will, solange steht zu
befürchten, dass die Selbstbestimmungs-Bewegung in Deutschland und auch anderen Ländern um 20 Jahre, wenn nicht mehr, zurückgeworfen wird, um weiterhin in
immer unerreichbar scheinenden Träumen zu existieren.
Sie sehen, meine Damen und Herren, der Weg zur Realität von Selbstbestimmung
ist noch weit und ich denke, er wird noch so manche Umleitung oder Baustelle bereithalten. Dennoch: an dieser oder irgendeiner anderen Stelle aufzugeben ist nicht
die Art behinderter Menschen oder der Verbände, in denen sie sich zusammengeschlossen haben. Wir hoffen sehr auf Ihre Unterstützung auf unserem schwierigen
Weg zu mehr Selbstbestimmung auch für Menschen mit geistiger Behinderung!
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Risks and opportunities of personal plans and budgets
Prof. Jim Mansell
Tizard Centre/University of Kent at Canterbury
Introduction
In this presentation, I want to set out some of the risks as well as the opportunities of
greater personalisation. In this, I will draw on some of our recent work looking at the
introduction of person-centred planning following the 2001 White Paper Valuing people (Mansell and Beadle-Brown, 2004). The general background against which my
comments are framed is one in which greater individualisation of services is already a
well-embedded principle; almost all large institutions for people with intellectual disabilities have been closed; large day centres are beginning to be turned into resource
bases which organise individualised programmes of work, education and leisure activity. Most people with intellectual disabilities who leave their family home now live in
small group homes of 3-6 people. These changes have, in general, brought many
benefits to people with intellectual disabilities. But not enough has changed and this
has led to renewed interest in person-centred planning and personal budgets as a
way of improving services.
Origins of personalisation in the British context
The pathway followed by services to reach the current point, where personalisation of
services is regarded as central, began with attempts to introduce individualised goal
plans (Houts and Scott, 1975) to structure therapeutic intervention by staff. Soon
these developed into more comprehensive individual programme plans (Accreditation
Council on Services for Mentally Retarded and Other Developmentally Disabled Persons, 1983; Blunden, 1980; Jenkins et al., 1988) or individual service plans (Brost et
al., 1982; Emerson et al., 1987). These later approaches to planning were comprehensive both in that they focused on all aspects of the individuals life, and in that they
included service design and organisation as well as care practices. In their latest iteration, these are now person-centred plans (O'Brien and O'Brien, 2000).
Person-centred planning emphasises three additional characteristics found wanting
in earlier planning approaches. First, it aims to consider aspirations and capacities
expressed by the service user or those speaking on their behalf, rather than needs
and deficiencies. This emphasis on the authority of the service user’s voice reflects
dissatisfaction with the perceived failure of professionals to attend to what matters
most to service users, the extent to which services are seen to constrain or impose
goals (Crocker, 1990; O'Brien and Lovett, 1992) and the observation that services
sometimes create artificial hurdles between goals in an inappropriate ‘readiness
model’ (Wilcox and Bellamy, 1987) or ‘developmental continuum’ (Taylor, 1988).
Second, person-centred planning attempts to include and mobilise the individual’s
family and wider social network, as well as to use resources from the system of statutory services. This partly reflects the special knowledge of and interest in the individual that family and friends have, so the implication is that families in particular have a
stake in the arrangements made to support an individual with intellectual disabilities
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
in a way that service employees do not. Mobilising the service user’s social network
is also intended to broaden and deepen the range of resources available to help
them; indeed for some authors there is the suggestion that services are part of the
problem more than they are part of the solution (O'Brien and Lovett, 1992, p13). The
social network is seen as a richer source of imagination, creativity and resources
than the service system, not least in the area of forming and maintaining social relationships, where intellectual disability services are seen as weak (Emerson and Hatton, 1994).
The third distinctive characteristic of person-centred planning is that it emphasises
providing the support required to achieve goals, rather than limiting goals to what
services typically can manage.
“Person centred planning assumes that people with disabilities are
ready to do whatever they want as long as they are adequately supported. The ‘readiness model’ is replaced with the ‘support model’
which acknowledges that everyone needs support and some people
need more support than others.”
(Sanderson, 2000 p6)
These changes essentially apply to the administrative processes of care. Alongside
them, there has been a parallel of increasingly individualised funding. In Britain, this
has two distinct roots. First, as institutions began to be closed in favour of community-based housing and support, a mechanism had to be created to transfer funds
from the organisation providing the institution to the many different organisations providing community services so that there would be an effective incentive for them to
set up new services. At the beginning of the 1980s, ‘dowry’ payments were invented
to do this. Regional authorities funded community service organisations with a fixed
amount for every individual they resettled from the institution (Mansell and Ericsson,
1996). The regional authorities managed the transitional costs of institutional closure.
Although eventually subsumed in the general system of allocating public resources
for care, the dowry system created a service culture of focusing on individuals and
the resources available to support them, rather than on services and organisations.
The second root of current interest in personalised budgeting came from studies of
the efficiency of residential care, particularly for older people (Challis and Davies,
1986; Davies and Challis, 1986). This showed that there were many people receiving
residential care at public expense who had lower support needs than people living on
their own in the community. A model of case management was developed from
American experience, which showed better outcomes and lower costs if care managers were given budgets with which to support informal and domiciliary care of people
at risk of admission to residential care. This model was adopted throughout the UK
after 1989 (Department of Health, 1989).
Both these developments in individualising funding left the money in the hands of
professionals. However, an important third influence on policy has concerned giving
resources directly to disabled people (what are now called ‘direct payments’) so that
they can organise their own services, blending and selecting components as they
wish (Beadle-Brown, 2002). Although promoted as an extremely important develop140
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
ment, the take-up of direct payments has been rather low (Commission for Social
Care Inspection, 2004; Department of Health, 2004).
The opportunities presented by personalisation
What is it that people seek from the increased personalisation of services and funding?
First, it is clear that a prime concern is individualisation. Personalisation is intended to
make services more finely tailored to the needs and wishes of the people who use
them. A constant criticism of existing services is that what they provide is determined
by the needs and characteristics of the service not the person. This happens at the
level of selecting which services are provide to an individual. For example, a recent
British report gives this example:
“When the social worker came to see me she said she would assess
me for whether I would qualify for direct payments or home care services. Actually what I wanted was to go to college to do an IT course so
I could get a job. And I need help to do that.”
(Great Britain Prime Minister's Strategy Unit, 2005 p64)
Once services are selected, lack of individualisation is also reflected in the way the
person is treated. For example, a residential home may have policies and practices
which suit most people but which cause problems for particular individuals. In England, for example, regulations were recently introduced to require everyone in a residential home to be given their own bedroom; and then it was immediately discovered
that some people who had shared rooms for many years wanted to continue to do so.
Personalisation is also about responsiveness. People’s needs and wishes change
over time and one of the opportunities that personalisation presents is that services
can be adapted as needed to reflect these changes. This also applies at a broader
level – for example, people who need more support may have to move to a different
residential home – and at an everyday level, in terms of shaping activities and help
from staff to fit round individual wishes.
The third opportunity presented by personalisation is control. Individualisation and
responsiveness could, perhaps, be provided by organisations which themselves assess and direct the form and content of services they provide. What proponents of
personalisation seek it that the individual should be able to control services. This reflects the belief that people using services are often best-placed to work out what
help they need (Great Britain Prime Minister's Strategy Unit, 2005 p71) but also that
they can be more effective than service agencies at managing and directing their own
package of services.
Individualisation, responsiveness and control are benefits experienced by individuals.
Personalisation also offers benefits to society. Principally, it offers the prospect of
effectiveness, efficiency and sustainability.
Effectiveness of public services is increased if personalisation leads to better targeting of need (because self-assessment is more accurate) and more effective interven141
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
tions (because they are directed by the individual themselves). Insofar as increased
effectiveness entails less waste (through not providing services that people do not
need) and lower needs (through preventative intervention) it will increase efficiency,
allowing more people to be served or better services to be provided. And because
personalisation permits the better integration of formal and informal care (that is, of
care provided by service agencies and care provided by members of the family and
neighbourhood) it ought to lead to services that are more sustainable over the long
term, because of the sense of commitment of family and friends, secure in the knowledge that their efforts are supported.
The risks of personalisation
In our recent work on person-centred planning (Mansell and Beadle-Brown, 2004),
we pointed out that the scale of the proposed implementation was extremely demanding. By now, ‘significant progress’ is supposed to have been made in introducing person-centred plans for over 80,000 people.
The guidance that has been issued (Department of Health, 2001a, b) emphasises
that planning must be a creative process in which the individual person with intellectual disabilities must be fully involved and that a ‘circle of support’ made up of family
and friends has a central role to play. This is a substantial task given the degree of
disability of many people receiving services. For example, a recent study of adults in
residential care (Mansell et al., 2002), we found that 43% had major communication
difficulties, 63% had impaired social interaction and 35% had severe challenging behaviour. Each of these, alone and in combination with the others, presents substantial difficulties. For example, there is evidence that staff often mis-judge the receptive
language ability of people with intellectual disabilities (Bradshaw, 2001; McConkey,
Morris and Purcell, 1999; Purcell, Morris and McConkey, 1999), a common error being to rely too heavily on verbal communication. Thus, in presenting and discussing
options in the context of a person-centred planning meeting, staff (and perhaps others too) risk failing to explain possible courses of action adequately. Similarly, the
extent to which people with intellectual disabilities can understand choices and decisions is often limited and requires careful assessment (Arscott, Dagnan and Kroese,
1999; Murphy and Clare, 1995). The nature of the difficulties experienced by the individual service user may also interfere with person-centred planning. For example,
aggression or self-injurious behaviour often result in negative emotional consequences for staff (Emerson and Hatton, 2000; Hastings, 1995), which may make it
more difficult to empathise with the individual or to identify feasible means to achieve
their goals.
None of these characteristics is, in itself, insuperable, and individual case illustrations
(eg O'Brien and Mount, 1989) show that irrespective of the level of intellectual disability or the nature of additional problems, people with intellectual disabilities can have
close personal relationships; but the studies cited indicate the scale of the difficulty to
be overcome.
It is, therefore, not surprising that many people with intellectual disabilities are extremely socially isolated. Studies of people in residential settings, for example, often
show low levels of contact from other staff and other residents, particularly for people
with severe and profound intellectual disabilities (Emerson and Hatton, 1994; Felce
142
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
and Perry, 1995; Mansell, 1994). Studies of the social networks of people with intellectual disabilities show that they are often extremely restricted and dominated by
family and staff (Cambridge et al., 2001; Forrester-Jones et al., 2004; Robertson et
al., 2001) Building the ‘circle of support’ required around an individual to undertake
person-centred planning is therefore likely to be difficult for many people in the White
Paper target groups.
Against this background, the experience of previous attempts to introduce individualised planning is instructive. An inspection of day services by the British Social Services Inspectorate (1989) found that only 25% of service users had an individual
programme plan on file. Felce et al (1998) report that during the implementation of
the All-Wales Strategy for intellectual disability services the highest level of individual
plan coverage achieved was only 33% of service users. Problems in resourcing the
level of individual planning required are also evident in special education, where despite a legal mandate, half of education authorities fail to achieve the 18-week target
for production of a plan (Audit Commission, 1998), and in care management, where
failure to hold effective reviews have been identified as a common problem area
(Challis, 1999).
Where individual plans are created, they are often a paper exercise. Plans may be in
case notes but not necessarily used to shape the daily programme of support to service users (Radcliffe and Hegarty, 2001; Social Services Inspectorate, 1989). Cambridge (1999) suggests that administrative interests predominate in care
management assessment, and there is evidence of standard assessments that do
not address the particular needs of people with intellectual disabilities (Challis, 1999).
We also see, in the development of direct payments to disabled people, the development of bureaucratic rules designed to protect public agencies from risk rather
than support people to lead the kind if lives they want (Commission for Social Care
Inspection, 2004). For example, I recently met a man and wife, both disabled, who
were told that they were expected to keep separate receipts for their and their children’s food and clothing, so that the public authorities could be sure that their direct
payments were being used for them and not their children. I am pleased to say that
they declined to do this.
The first risk of personalisation must therefore be that it is administratively unfeasible.
In the face of the scale of the task, practices are likely rapidly to become standardised and focused on form-filling rather than real change in people’s lives. The complexities of individual disabilities and the social isolation of many people with
intellectual disabilities make it more likely that the central distinguishing characteristics of person-centred planning are overlooked.
A second risk of embracing personalisation as the basis for service organisation is
whether the required range of services is available from which people can construct
their own individual package of care. Most British experience to date is of people with
physical disabilities using resources to employ personal assistants – people without
professional training, directed by their employer to help as required. Extending personalisation will mean finding people with the qualifications, skills and resources to
provide much more intensive services to people who are not themselves able to organise and direct them. There is evidence from British experience of creating a mar143
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
ket in social care services that it is difficult to create and sustain a sufficiently wide
range of services, especially for people with the most complex needs. In this situation, individual choice and control is constrained to what is available.
Similarly, we do not know whether there are enough interested people to play the
role of helping the most intellectually disabled people organise their care and whether
such arrangements provide a sufficiently robust defence against their self-interest
and low expectations.
Finally, there is the political risk of blurring individual entitlement to service. I said earlier that a key feature of person-centred planning was the emphasis on blending the
contribution of formal services and the practical support and help of family and
friends. If this is driven by the wishes of the individual, choosing which services they
need to support rather than replace the help they get from family and friends, then
perhaps it leads to better quality of service and greater efficiency.
But suppose that it begins to be driven by the state? The language of person-centred
planning is the language of reciprocity, mutual interdependence and community.
However one should ask why these policies prove attractive to neoconservative and
liberal governments at a time when the policy imperatives are to constrain welfare
expenditure. There must be the risk that personalisation inadvertently opens the door
to redefining the responsibilities of the disabled person and their family so that more
of the support required falls to them. There is some evidence from the care management literature of emotional support and counselling not being provided even though
identified as areas of need in their own right (Challis, 1999), which might reflect rationing judgments that some kinds of services are not to be provided by the formal
sector. Thus personalisation could lead to a shift in the costs of care - costs including
finance but also including the cost of lost opportunities, lower quality of life and lost
years of life - back from the community to the individual person, their family and
friends.
This may be particularly likely if personalisation leads to what the Norwegian researcher Sandvin calls ‘de-differentiation’. De-differentiation is the loss of special,
separate policies and service structures for people with intellectual disabilities and
their replacement by general policies and structures. De-differentiation is the consequence both of the active belief in intellectual disability – for example in the normalisation literature - that specialist services are bound to be discriminatory, and of the
spread of deinstitutionalisation to other client groups so that implementation issues
are addressed as part of the general modernisation of social care.
De-differentiation involves the replacement of specialist models tailored to the needs
of people with intellectual disabilities with generic models which have to apply to
other client groups. So, for example, the invention of regulatory systems, occupational health and safety arrangements and other mechanisms that apply to all services inevitably impose constraints based on assumptions that may not be relevant in
intellectual disability. The consequences of de-differentiation include greater competition for priority for resources and a lack of recognition of special issues. In a sense,
reform and improvement opportunities in intellectual disability services are increas-
144
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
ingly in competition with those in other sectors, at a time when understanding of the
specific issues and problems of intellectual disability grows less.
Ironically, in this context, personalisation might lead to less opportunity, because the
special needs of people are no longer visible at the group level, where competition
for resources is played out.
Safeguarding personalisation
Thus, personalisation offers the prospect of great benefits, but also some risks which
could undermine it. The task, therefore, is to work to safeguard the true intentions of
personalisation in a context which may not be particularly supportive.
Broadly speaking, I suggest that safeguarding personalisation will require three areas
of activity outside and in addition to the system of person-centred planning. The first
of these is the development of a framework of enforceable entitlements to services.
At the heart of the process of personalisation is the question of power. Personalisation is not just a series of convenient changes in administrative process; for it to work,
personal needs and aspirations have to be listened to and acted upon. Power will not
be readily given up by existing vested interests and so we can expect a struggle
ahead.
Enforceable entitlement is likely to mean both, on the one hand, laws and regulations
that express a right to a personal budget and the help and advice to effectively use it;
and, on the other, social solidarity so that attitudes towards and perceptions of disabled people support the level of public resources required.
Social solidarity will also be needed at a much more local level. ‘Circles of support’
and personal assistants in great numbers are going to be needed. There is no evidence that they are forthcoming in a situation where disability is treated as a private
tragedy rather than as part of community diversity. So the second area of activity required is going to be ‘community development’ – locality-based social work that
builds the sense of shared values, social responsibility and local commitment to supporting disabled members of the community. I guess that in our kind of society we
should expect that families will continue to be the most important advocates for and
supporters of disabled people; but effective personalisation requires the support in
principle of taxpayers and the goodwill and practical help of many members of the
public.
The third area of intervention required will be work by the public administration to
stimulate the development of a much wider range of models of service and assistance. Personal plans and personal budgets are no use at all if the only things you
can buy are more of the same. Britain’s experience of more individualised arrangements managed not by the disabled person themselves but on their behalf by a care
manager has not been promising in this respect. However, this may be because care
managers are more likely to buy traditional patterns of service and because innovation is stifled by budget constraints. It may be that disabled people themselves, or
their families and representatives, will do better. Either way, there is an important job
to do for government. This may involve directly encouraging new kinds of service
through, for example, providing financial incentives, training and help to start new
145
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
organisations. It will certainly involve developing the necessary infrastructure – for
example, through the training of sufficient people to be skilled personal assistants,
advisors and specialists for people with complex needs and the revision of regulatory
frameworks which create perverse incentives to provide the wrong kind of service.
Conclusion
The language of personalisation has current political potency. It sounds like (to use
Ingrid Körner’s words) the realisation of ‘our dreams’. However, as I have tried to
show, the rhetoric conceals some ambiguity about motives. People with intellectual
disabilities and their supporters see the opportunity for better quality of life; government may see the opportunity to save money and reduce the public profile of the issue. There are risks to be managed. These risks are not going to be addressed by
the tools of person-centred planning – by doing it in this way or that way. They require strategic action by public authorities in other domains.
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148
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Partizipation und Planung – Örtliche Gestaltung sozialer
Dienste in Governance-Konzepten
Walter Rossi
Katholische Universität Eichstätt
In den letzten Jahren hat sich in der Regionalplanung und in der Sozialplanung eine
neue Tendenz herausgestellt und zwar die Orientierung an den Bedürfnissen der
Bürger, die durch die Dezentralisierung der Angebote an Dienstleistungen, aber vor
allem der Entscheidungsprozesse in der Planung erzielt wird. Von den Ansätzen, die
sowohl theoretisch, als auch normativ, die Bürgernähe fordern und erforschen, ist der
Governance-Ansatz einer der wichtigsten. Die folgenden Seiten werden eine Einleitung in den Governance-Ansatz, eine Darstellung der Anwendungsmöglichkeiten und
insbesondere die Beschreibung einer praktischen Erfahrung im Bereich der Sozialplanung erläutern.
1. Definitionen von Governance
Es gibt unterschiedliche Definitionen von Governance. Eine der wichtigsten ist die
der Vereinten Nationen (United Nations Development Program), die sich auf die
Zentralität des Governance Begriffes im Bereich der nachhaltigen Entwicklung bezieht. In diesem Sinne wird Governance so definiert: „Governance can be seen as
the exercise of economic, political and administrative authority to manage a country's
affairs at all levels. It comprises the mechanisms, processes and institutions through
which citizens and groups articulate their interests, exercise their legal rights, meet
their obligations and mediate their differences”1. Governance hat also mit Autorität zu
tun, bezieht sich auf die Bereiche der Ökonomie, der Politik und der Verwaltung und
findet auf allen Ebenen statt. Bestandselementen der Governance sind die Mechanismen, die Prozesse und die Institutionen. Akteure der Governance sind die Bürger,
die Gruppen und ihre Interessen.
Eine zweite zentrale Definition von Governance ist die der Kommission für Global
Governance, die Governance wie folgt dargestellt hat:
„Governance ist die Gesamtheit der zahlreichen Wege, auf denen Individuen sowie
öffentliche und private Institutionen ihre gemeinsamen Angelegenheiten regeln. Es
handelt sich um einen kontinuierlichen Prozeß, durch den kontroverse oder unterschiedliche Interessen ausgeglichen werden und kooperatives Handeln initiiert werden kann. Der Begriff umfaßt sowohl formelle Institutionen und mit
Durchsetzungsmacht versehene Herrschaftssysteme als auch informelle Regelungen, die von Menschen und Institutionen vereinbart oder als im eigenen Interesse
angesehen werden.“2
Diese Definition und die vom UNDP haben viele Elemente gemeinsam. Was aber
betont wird, ist die Vermittlung von den unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Akteure, die an den Entscheidungsprozessen gemeinsam teilnehmen sollen.
1
2
http://magnet.undp.org/policy/chapter1.htm#b
http://www.bundestag.de/gremien/welt/glob_end/k10_1.html
149
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Eine dritte Definition der Governance, stammend aus dem World Humanity Action
Trust (WHAT) ist noch präziser. In dieser Definition ist Governance „der Rahmen der
ökonomischen und sozialen Systemen, der legalen und Politischen Strukturen, in
denen sich die Menschen selbst ordnen“ 3.
Jan Kooiman, ein niederländischer Ökonom und Governance-Forscher, betont noch
dazu die Rolle der Governance als Gesamtheit von Governing-Interaktionen innerhalb und zwischen bestimmten sozialpolitischen Systemen und Subsystemen. Ziel
der Governance ist die Lösung von sozialen Problemen und die Entwicklung von innovativen Konzepten4. In diesem Sinne erweist sich der Governance Ansatz als das
ideale Mittel um das Gleichgewicht zwischen den Vorteilen der Globalisierung und
ihren negativen Effekten auf lokaler Ebene zu garantieren, da er globales Denken mit
lokalem Handeln verbindet und eine Antwort auf die drei Hauptmerkmale des heutigen sozialen Wandelns darstellt: Komplexität, Dynamik und Diversifikation5.
Durch einen analytischen Blick auf die Teilnehmer an den Governance-Prozessen
lassen sich drei Domänen kategorisieren: der Staat, die Bürgergesellschaft und die
Privatwirtschaft. Insbesondere ist hier die Rolle der Zivilgesellschaft zu betonen, deren aktive Teilnahme an der Planung und der Politik das innovativste Element des
Governance-Ansatzes ist6. Diese drei Sektoren müssen, Kooimans Ansicht nach,
interagieren, um erfolgreiche regionale Projekte voranzubringen, da keiner der Sektoren für sich allein genommen ausreichende Steuerungskapazitäten besitzt.7
Wenn man die Bereiche analysiert, in denen man den Governance-Ansatz anwenden kann, ergibt sich eine lange Liste von Möglichkeiten. Diese können folgendermaßen zusammengefasst werden:
-
Wirtschaft und Betriebe;
Globale politische Entwicklung;
Wohlfahrtssysteme;
Regionalentwicklung;
Demokratische Institutionen der EU (White Book).
Anzumerken ist die Tatsache, dass Governance ein wichtiger Bestandteil der Europäische Politik geworden ist, vor allem dank der Aahrus Konvention und des „Weißbuches über Europäischen Governance“. Die Aarhus Konvention wurde 1998 und in
den Folgejahren von der Mehrheit der Europäischen Staaten unterzeichnet und setzt
auf Bürgerbeteiligung und die Prinzipien von Transparenz und Verantwortlichkeit (ac-
3
WHAT, International Environmental Governance, The Role of UNEP, New York 2001, S.3.
Kooiman, J., State, Market And Civil Society. Interdependencies and Interpenetrations, unveröffentliches Manuskript, IRSPSM 6, Edinburgh 2002, S.2.
5
Greca, R. Governance e Servizi Sociali, Il Welfare locale nell’ottica della governance: programmazione, esternalizzazione, qualità dei servizi. Vortrag bei der Tagung “Per un nuovo Welfare nelle regioni alpine. Diritti di cittadinanza, sussidiarietà e progettualità partecipata”, Trento, 28 Mai 2004.
6
Schäfferling, S., Governance Concept within the framework of Sustainable Development, in Local
Agenda 21 and Work, Bologna, 2003.
7
Kooiman, J., State, Market And Civil Society. Interdependencies and Interpenetrations, unpublished
paper IRSPSM 6, Edinburgh 2002, p.20.
4
150
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
cuntability).8 Die Europäische Union hat, um auf das Problem zu reagieren, dass immer mehr Menschen den politischen Institutionen misstrauen, ein “Weißbuch” über
“Europäisches Governance” veröffentlicht. Darin drückt sie ihre Meinung aus, dass
Governance für eine effektivere und relevantere Politikgestaltung steht.9
Der Governance Ansatz steht dem Ansatz der Rationalen Planung gegenüber. Die
wichtigsten Gründe dieses Paradigmenwechsels sind10:
-
-
Die sozialen und politischen Probleme werden von unterschiedlichen Faktoren
beeinflusst, die miteinander verwoben sind und nur sehr selten vollkommen
bekannt sind.
Das zur Lösung der Probleme notwendige Wissen zerstreut sich auf die zahlreiche Akteure.
Die Ziele der public policies sind schwer zu bestimmen und werden oft neu definiert.
Nach dem UNDP existieren vier unterschiedliche Typen der Governance 11:
-
Ökonomische Governance: beinhaltet alle Entscheidungsprozesse, die direkt
oder indirekt auf die ökonomischen Aktivitäten eines Landes oder seine Beziehungen mit anderen Märkten einen Einfluss haben.
-
Politische Governance: bezieht sich auf die Entscheidungsprozesse und auf
die Durchführung der Politiken eines legitimierten und einflussreichen Staates. Der Staat sollte aus legislativen, exekutiven und judikativen Bereichen bestehen, die Interessen einer pluralistischen Politik darstellen und den Bürgern
ermöglichen, ihre Vertreter frei zu wählen.
-
Administrative Governance: ist eine Methode zur Durchführung von Politik, die
von einem öffentlichen System vorangetrieben wird, das offen, wirksam, unabhängig und verantwortlich ist. Diese Elemente bilden das System der Governance, d.h., die institutionelle und organisatorische formelle Struktur der
einflussreichen Entscheidungsprozesse in einem modernen Staat.
-
Systemische Governance: beinhaltet gesellschaftliche Strukturen und Prozesse, die die politischen und sozio-ökonomischen Beziehungen regeln, um kulturellen und religiösen Glauben und Werte zu schützen und um eine gesunde,
freie, sichere Umwelt zu schaffen und beizubehalten, die eine gute Lebensqualität für alle garantiert.
Auch Kooiman unterscheidet zwischen unterschiedlichen Typen von Governance,
aber auf einer anderen Ebene. Nach der Theorie von Kooiman existieren drei Typen
von Governance, die von drei unterschiedlichen Typen von Interaktionen charakterisiert sind:
8
Petkova, E. / Veit, P., Environmental Accountability Beyond the Nation-State: The Implications of The
Aarhus Convention, World Resources Institute, Environmental Governance Notes, Washington D.C.
April 2000, p.7.
9
Commission of the European Union, European Governance, A White Paper, Brussels 2001, p.3.
10
Kooiman, J. Modern Governance: Government-Society Interactions, London 1991, S. 255
11
http://www.undp.org/governance/docs/TTF-Democratic-Governance.pdf
151
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
-
Self-Governance: ist eine Form der Governance, die durch „interferences“
charakterisiert ist, d.h. von den am wenigsten organisierten Dimensionen der
gesellschaftlichen Interaktion. In diesem Sinne ist ihre strukturelle Dimension
eine Form der Governance, die sich an sie anpasst.
-
Co-Governance: in diesem Falle sind die organisierten Formen der Interaktion
gemeint, die am „governing“ orientiert sind. Diese Art von Interaktikonen werden von Kooiman als „interplays“ bezeichnet und beziehen sich auf zusammenarbeitende (co-operate), koordinierende (co-ordinate), kommunizierende
(communicate) Akteure in einem System, in dem keiner von ihnen führend oder beherrschend ist.
-
Hierarchical Governance: bezieht sich dagegen auf „interventions“, d.h. auf eine Art von Interaktionen, die sich in einem System von legalisierten kurzfristigen Ungleichheiten von Nutzen und Verpflichtungen befinden.
Kooiman unterscheidet dazu drei Ebenen der Governance:
(1) First order Governance: umfasst Interaktionen zwischen den unterschiedlichen
Bereichen, die darauf abzielen, Alltagsprobleme zu lösen und Chancen für künftige
Entwicklungen zu kreieren.
(2) Second order Governance: behandelt die institutionellen Bedingungen des Governings. Insbesondere werden auf dieser Ebene Zeit- und Raumstrukturen definiert.
(3) Third order Governance: Die dritte Metaebene unterscheidet sich von den beiden
anderen dadurch, dass sie sich mit der Theorie und Praxis von Governance als solche und mit ihren Rahmenbedingungen (Gesetze, Normen, Wirtschaftliche Entwicklung) beschäftigt.12
2. Good Governance
Der Übergang von der Theorie zur Anwendung von Governance Konzepten verlangt
eine Analyse der Eigenschaften der Good Governance. Nach den Vereinten Nationen, ist Good Governance von folgenden Elementen gekennzeichnet:
- Partizipation aller Bürger, in direkter Weise oder durch legitime Institutionen;
- Ein gerechter gesetzlicher Rahmen;
- Transparenz durch einen freien Informationsfluss;
- Resonanz von Institutionen und Prozessen;
- Konsensorientierung (durch die Vermittlungsprozesse die eine hohe Partizipation erzielen);
- Gleichberechtigung;
- Effizienz und Wirksamkeit der Prozesse und der Institutionen in der Befriedigung der Bedürfnisse durch eine bessere Nutzung der vorhandenen Ressourcen;
- Verantwortung der Entscheidungsträger sowohl in der Politik, als auch im privaten Sektor und in der Zivilgesellschaft;
- Gemeinsame Visionen seitens der Leaders und der Öffentlichkeit;
12
Kooiman, J., Governing as Governance, London/Thousand Oaks, New Delhi 2003, S.170ff
152
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
-
Legitimität der Autorität, durch den bestehenden gesetzlichen und institutionellen Rahmen;
Umsicht in der Nutzung der Ressourcen (um die Nachhaltigkeit zu sichern);
Ökologisches Gleichgewicht;
Förderung und Gewährung der Erreichung der legitimen Ziele seitens aller sozialen Akteure;
Partnerschaft zwischen öffentlichen und privaten Akteuren auf allen Ebenen;
Gemeinschaftsaktivitäten, die an das Territorium gebunden sind.
3. Multi-Stakeholder-Processes
Eines der wichtigsten Modelle zur Anwendung der Governance ist sicherlich der Multi-Stakeholder-Ansatz. Er stellt eine Antwort auf die Frage dar, wie die unterschiedlichsten Personen und Organisationen in einer politischen, sozialen und
ökonomischen Umwelt steigender Komplexität zusammenarbeiten können. 13
Wie der Name schon sagt, sind die zentralsten Figuren in diesen Prozessen die Stakeholder, d.h. „diejenigen, die Interesse an einer bestimmten Entscheidung haben,
entweder als Individuen oder als Vertreter einer Gruppe. Hiermit werden die Personen gemeint, die eine Entscheidung beeinflussen, oder beeinflussen können, und
auch diejenigen die von der Entscheidung betroffen werden.“ 14
Die Multi-Stakeholder-Prozesse vereinen alle wichtigen Stakeholder in einer neuen
Form der Kommunikation, des Decision-findings (und möglicherweise des DecisionMakings) über ein bestimmtes Thema. Die Gruppen, in denen sich die Stakeholder
treffen, sollten folgende Merkmale haben:
Die Unterschiede darstellen und vertreten;
Eine Symmetrie der Macht und eine gerechte Verteilung der Perspektiven
schaffen;
- Eine ausreichende Anzahl an Vertretern für jede Stakholdergruppe haben;
- Jede teilnehmende Person sollte nicht mehr als eine Gruppe von Stakeholdern vertreten;
- Es sollte keine Abhängigkeitsbeziehung zwischen den Mitgliedern der Gruppe
bestehen.
Die Multi-Stakeholder-Prozesse können sich mit unterschiedlichen Themen und Fragen befassen:
-
-
Umweltfragen;
Regionalentwicklung (einschließlich Sozialplanung);
Nachhaltige Entwicklung;
Menschenrechte;
13
Vgl. Hemmati, Minu, Multi-Stakholder Processes for Governance and Sustainability, London/Sterling
2002.
14
Vgl. Hemmati, Minu, Multi-Stakholder Processes for Governance and Sustainability, London/Sterling
2002, S. 2
153
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
-
Gleichberechtigung der Geschlechter;
Gleichberechberechtigung auf dem Arbeitsmarkt;
Die Erfahrung hat gezeigt, dass auch die Ziele der Multi-Stakeholder-Prozesse unterschiedlich sein können. Hemmati hat sechs davon identifiziert:
1. Erschließung von einem Raum für die Interaktion zwischen Stakeholdern: Leute zusammenbringen mit dem Ziel einen konstruktiven Dialog über ein strittiges Thema zu entwickeln;
2. Die Politik zu informieren: Politische Entscheidungsprozesse mit Informationen
versorgen und beeinflussen;
3. Informationen aus einer unabhängigen Quelle schaffen: Richtlinien und Auswertungen für zukünftige Entscheidungsfindungen schaffen;
4. Governance als politische Strategie: Ein Kontrapunkt für Planungsvorschläge
schaffen;
5. In Richtung Implementation: Verpflichtungen schaffen seitens der Stakeholder
orientiert an der Durchführung von gemeinsamen und individuellen Aktivitäten;
6. Spezifische Ziele der Betriebe: Ansehen der Unternehmen verbessern, Abstimmung der globalen und lokalen Unternehmensstrategien, Identifizierung
der Mitarbeiter mit dem Unternehmen.
Auch die Art der teilnehmenden Stakeholder kann in einem Prozess sehr unterschiedlich sein, je nachdem auf welcher Ebene er stattfindet und mit welchem Gegenstand er sich beschäftigt.
-
Agenturen von Internationalen Organisationen,
Gemeinschaftsgruppen,
Regierungen,
NGOs (im Bereich Umwelt, Gemeinschaftsgruppen, Entwicklung),
Akademiker/Wissenschafler,
Lokale Autoritäten,
Einheimische,
Technische Experten,
Spezialisten im Bereich Ethik,
Berufsverbände,
Medien,
Betroffene Personen.
Auch der Zeitrahmen, in dem ein Multi-Stakeholder-Prozess stattfindet, kann sich je
nach Umfang, Ebene und Ziel stak unterscheiden.
Relativ offen ist die Gestaltung eines Multi-Stakeholder-Prozesses. Was verfahrenstechnisch in Normalfall passiert, sieht aber folgendermaßen aus:
154
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
-
EINE Einrichtung/Organisation initiiert, entwirft, unterstützt und fordert den ganzen Prozess. Manchmal werden aber auch ein oder zwei weitere Stakeholder mit
einbezogen. In anderen Fällen werden NGOs, Multi-Stakeholder-Organisationen
oder Experten, die auf den Entwurf von Multi-Stakholder-Prozessen spezialisiert
sind, beauftragt.
-
In vielen Fällen findet eine anfängliche Planungsversammlung statt. In dieser wird
ein Steuerungsgremium gegründet, das aus Vertretern von verschiedenen Stakeholdern besteht.
-
Wichtiger Punkt ist auch die Definition des Gegenstandes. Auch wenn nicht notwendig, hat sich eine Phase der Identifikation der Probleme als nützlich erwiesen.
-
Es gibt viele Möglichkeiten, um die relevanten Stakeholder zu identifizieren. Dies
kann auf Einladung passieren, halb-offen oder ganz offen sein. Oft werden viele
Energien investiert, um bestimmte Stakeholder mit einzubeziehen. Wenn die Multi-Stakeholder-Prozesse länger dauern, kann die Anzahl der Stakeholder mit der
Zeit zunehmen.
-
Die Personen, die am Prozess teilnehmen, werden normalerweise von den Stakeholdern, die sie repräsentieren, ausgewählt. Manchmal wird aber die Anzahl
zentral begrenzt, um eine balancierte Partizipation zu garantieren.
-
Die Agenda und die Zeittafel werden entweder von der initiierenden Organisation
(mit oder ohne anderen Stakeholdern bzw. dem Steuerungsgremium). Als positiv
hat sich jedoch für diese Aufgabe erwiesen, eine externe beratende Organisation
mit einzubeziehen.
-
Ein wichtiger Bestandteil des Multi-Stakeholder-Prozesses ist die Kommunikation
zwischen den Stakeholdern und nach außen. Diese kann durch die unterschiedlichsten Medien stattfinden.
-
Andere nützliche Elementen, die den Erfolg eines Multi-Stakeholder-Prozesses
bestimmen, sind:
o Die Präsenz eines Sekretariats oder ähnliches, das sich um den Prozess
kümmert. Es kann von einem Stakeholder übernommen, oder auch neu
dafür geschaffen werden;
o Ein externer Moderator/Berater kann als Vermittler dienen und schafft Vertrauen;
o Der gesamte Prozess sollte dokumentiert werden: Protokolle, Archivierung
von Dokumenten, Publikationen usw. helfen dabei, den Prozess zu institutionalisieren;
o Auch die Information der nicht teilnehmenden Stakeholder ist zentral, sowie die Information der Öffentlichkeit.
155
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
4. Das Projekt „Sprengel Unterwegs“. Ein Beispiel des Governance Ansatzes in
der Praxis
4.1. Porträt der Bezirksgemeinschaft
Das Projekt Sprengel Unterwegs ist ein Projekt, das 1999 in der Bezirksgemeinschaft
Überetsch Unterland (Südtirol) initiiert wurde. Die Bezirksgemeinschaft Überetsch
Unterland ist eine der acht Bezirksgemeinschaften in Südtirol und umfasst ein Gebiet, das sich über die gesamte Region südlich von Bozen bis zur Salurner Klause
erstreckt. Mitglieder der Bezirksgemeinschaft sind 19 Gemeinden: Aldein, Andrian,
Altrei, Eppan an der Weinstraße, Branzoll, Kaltern a.d.W., Kurtatsch a.d.W., Kurtinig
a.d.W. Neumarkt, Leifers, Margreid a.d.W., Montan, Nals, Auer, Salurn, Tramin
a.d.W., Terlan, Truden, Pfatten.
Die Gesamtbevölkerung dieses Gebietes umfasste 1999 fast 65.000 Einwohner. Die
Gemeinden waren unterschiedlicher Größe. Die größten Gemeinden (die einzigen
über 10.000 Einwohner) waren Leifers und Eppan. Die kleinsten Gemeinden waren
Altrei und Kurtinig.
Das Gebiet ist sehr differenziert. Auf der einen Seite gibt es Gemeinden mit städtischen Charakter. Leifers kann z.B. als eine Vorstadt von Bozen betrachtet werden.
Die Talgemeinden sind dagegen mehr landwirtschaftlich geprägt (Äpfel- und Weinanbau). Auch der Tourismus spielt eine sehr wichtige Rolle.
Eine stabile Wirtschaft hat in den letzten 50 Jahren zu einer positiven demografischen Entwicklung beigetragen, die allerdings zur Zeit in den Berggemeinden anfängt, nachzulassen.
Sehr niedrig, wie im gesamten Südtirol ist die Arbeitslosigkeit.
Noch zu erwähnen ist die Teilung der Sprachgruppen. Vier der fünf Südtiroler Gemeinden, in denen die Italienische Sprachgruppe die Mehrheit darstellt, befinden sich
in dieser Bezirksgemeinschaft. Auf der anderen Seite gibt es aber acht Gemeinden,
in denen die Deutsche Sprachgruppe mehr als 90% der Wohnbevölkerung darstellt.
Insgesamt gehören ca. zwei Drittel der Wohnbevölkerung der Bezirksgemeinschaft
der Deutschen Sprachgruppe an, ein Drittel der Italienischen.
4.2. Die Sozialdienste in der Bezirksgemeinschaft
Mit einem Landesgesetz im Jahre 1991 wurden die Sozialdienste in Südtirol neu organisiert. Die Kompetenzen wurden damit von der Provinz auf die Gemeinden transferiert. Gleichzeitig wurden die Bezirksgemeinschaften gegründet, die die Rolle einer
politischen Körperschaft zwischen Gemeinden und Provinz und eines Gemeindekonsortium haben sollten. Um das Angebot an Sozialdienste zu optimieren wurde also
die Kompetenz für die Sozialdienste von den Gemeinden an die Bezirksgemeinschaft
weitertransferiert. Dazu wurden die Sozial- und Gesundheitssprengel geschaffen.
Diese weitere Unterteilung diente dazu, die Basisdienste zu dezentralisieren und eine bessere Zusammenarbeit zwischen Sozial- und Gesundheitsdienste zu schaffen.
Die Situation in der Bezirksgemeinschaft sieht nach der Neuordnung folgendermaßen aus:
156
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
-
Das Gebiet wurde in drei Sozial- und Gesundheitssprengel unterteilt: Unterland, Überetsch und Leifers-Branzoll-Pfatten.
-
Die Bezirksgemeinschaft koordiniert die Sozialdienste innerhalb der Sprengel.
Auf Sprengelebene werden die Basisdienste angeboten: Hauspflege, finanzielle Sozialhilfe, Erstbetreuung, Erziehungsdienst. Auf der Ebene der Bezirksgemeinschaft werden die Strukturen (Heime für Behinderte, Psychisch
Kranke, Langzeitkranke) betrieben.
-
Sobald wie möglich wurden die Sprengelsitze gebaut, in denen auch die Gesundheitsdienste ihren dezentralen Sitz haben. Die territorialen Gesundheitsdienste werden allerdings vom Sanitätsbetrieb Bozen getragen.
4.3. Das Projekt Sprengel Unterwegs
In dieser Situation ist das Projekt „Sprengel Unterwegs“ entstanden. Vorbild für diese
Maßnahme war ein anderes Projekt, das in München durchgeführt wurde und den
Name REGSAM (Regionalisierung Sozialer Arbeit München) trug. Dieses Projekt
wurde im Jahr 1992 gestartet und wurde auch von der Katholischen Universität Eichstätt wissenschaftlich begleitet.
In Anbetracht der unterschiedlichen institutionellen, normativen und kulturellen Rahmen, wurde 1999 das Projekt Sprengel Unterwegs gestartet.
Ausgangspunkt des Projektes war einerseits die Tendenz zur Territorialisierung der
Dienste, die mit der Neuordnung angefangen hatte. Andererseits stellte auch der
Landessozialplan für die Jahre 2000-2002 einen wichtigen Impuls dar. In diesem Sozialplan spielte das Subsidiaritätsprinzip eine entscheidende Rolle:
„Die staatliche Sozialpolitik steht vor der Aufgabe, zwei zunächst divergierende Anforderungen in sozialverträglicher Weise zu vereinbaren: es muß
zum einen der Auftrag der Absicherung von sozial schwächeren oder gefährdeten Personenkreisen erfüllt werden, zum anderen müssen in einer
demokratisch-pluralistischen Gesellschaft die Eigenverantwortlichkeit und
das Selbstbestimmungsrecht des einzelnen Bürgers geachtet und gewahrt
bleiben. Zur Erfüllung beider in einem Spannungsverhältnis stehenden
Prinzipien bedient sich die Sozialpolitik des Subsidiaritätsprinzips als einer Zuordnungsregel gesellschaftlicher oder staatlicher Hilfen zur individuellen Selbsthilfe des Einzelnen und zur solidarischen Hilfe in kleinen
Gruppen.“ 15
Im Landessozialplan waren dazu mehrere Leitlinien für die soziale Versorgung in
Südtirol beinhaltet. Viele davon haben direkt eine Wirkung auf die Entscheidung, ein
Projekt wie Sprengel Unterwegs zu starten:
-
15
Vorzug der Prävention gegenüber der Intervention, das eine intensivere interdisziplinäre Zusammenarbeit bedeutet.
Landessozialplan 2000-2002, Autonome Provinz Bozen, 1999, S. 10
157
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
-
Als zentral werden die Ziele der „Bürgernähe“ „Bedürfnisorientierung“ definiert.
Nach dem Subsidiaritätsprinzip sollten die institutionellen Dienste erst eingreifen, wenn das Potenzial der Selbsthilfe und der Unterstützung durch die sozialen Netzwerke seine Grenze erreicht hat. Bedeutend ist auch die Rolle der
Information, weil sie gleichzeitig eine bessere Nutzung der vorhandenen Ressourcen ermöglicht und auch die Sensibilisierung der Bevölkerung bezüglich
der Probleme und der sozial benachteiligten Gruppen fördert.
-
Priorität hat auch die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen öffentlichen und privaten Diensten.
-
Eine besondere gesetzliche und planungstechnische Unterstützung kommt
dem Volontariat, als entscheidende Ergänzung zu den hauptamtlichen Diensten, zu.
-
Ein fundamentales Ziel ist die Zusammenarbeit zwischen Sozial- und Gesundheitsdiensten, die im Landessozialplan auf allen Ebenen gefordert wird.
-
Zuletzt das Wichtigste: d.h. die Teilnahme der Bürger an den Prozessen der
Sozialplanung und der Sozialpolitik im Allgemeinen.
Die Anfangsphase bestand aus Gesprächen, die dazu dienten die Ist-Situation zu
analysieren und das Modell vorzustellen. Dafür wurde eine Moderatorin vom Projekt
Regsam aus München eingestellt, die eine wichtige Rolle als Beraterin spielte. Nach
einem Besuch in der Bayerischen Landeshauptstadt wurde entschieden, das Projekt
auch in Südtirol zu starten. Entscheidend war ein Treffen im Schloss Rechtental am
14. April 1999, an dem 102 Personen teilnahmen. Hier wurden die Ziele des Landessozialplans diskutiert und mit der Ist-Analyse verglichen. Später wurde angefangen,
mit den Mitarbeitern der Sozialdienste zu arbeiten. Durch Schulungen und Fortbildungen wurden sie über die Durchführung dieser Art von Projekten informiert. Später
sollten sie nämlich die zentralen Figuren und Multiplikatoren in den Anfängen der
operativen Phase sein.
Im Herbst 1999 wurden auch die Universitäten Eichstätt und Trient (Prof. Dr. Rainer
Greca, Prof. Dr. Bruno Bortoli) mit der wissenschaftlichen Begleitung beauftragt.
Noch zu erwähnen ist ein Treffen zwischen den Verantwortlichen der Bezirksgemeinschaft (Sozialdienste) und denen des Sanitätsbetriebs Bozen (Gesundheitsdienste).
Damit wurde auch die Regelung geschaffen, die den Mitarbeitern der Gesundheitsdienste eine Teilnahme an den Prozessen ermöglichte. Im Jahre 2000 waren die
Vorbereitungen abgeschlossen und die operative Phase des Projektes Sprengel Unterwegs konnte beginnen. Die Mitarbeiter der Sozialdienste organisierten in den einzelnen Sprengeln, in Zusammenarbeit mit Gemeinden und Gesundheitssprengel, die
Bürgerversammlungen. Durch eine gezielte Kommunikation in den lokalen Medien
wurde auch die gesamte Bevölkerung der Bezirksgemeinschaft über das Projekt informiert. Die Sozialsprengel luden dazu noch alle Sozialvereine, Vertreter der privaten Dienste und Vertreter von anderen Interessengruppen ein. Alle drei
Bürgerversammlungen waren sehr gut besucht. Nach einer kurzen Vorstellung des
Projektes wurde gleich der Aufbau von verschiedenen Facharbeitskreisen vorgeschlagen. Diese wurden während der Vorbereitung – in Anbetracht der unterschiedlichen Situation in den einzelnen Sprengeln – von den Sozialarbeitern identifiziert. Auf
Initiative der Teilnehmer wurden auch weitere Facharbeitskreise angeregt. Fanden
158
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
sich dagegen für ein Thema nicht genug Interessenten, wurde der entsprechende
Facharbeitskreis nicht gegründet.
In der zweiten Hälfte der Bürgerversammlungen wurden die an einem Thema interessierten Personen aufgefordert, sich den neu zu gründenden Arbeitskreisen anzuschließen. Am Ende der Bürgerversammlung waren die Facharbeitskreise offiziell
gegründet.
In der Bürgerversammlung Unterland wurden folgende Gruppen gegründet:
-
Kinder und Familie;
Psychisch Kranke;
Behinderte;
Senioren;
Sucht;
Alleinerziehende;
Multikulti.
In der Bürgerversammlung Leifers-Branzoll-Pfatten wurden folgende Gruppen gegründet:
-
Gesundheit;
Jugend;
Kinder und Familie;
Behinderte;
Senioren;
Volontariat;
Multikulti;
In der Bürgerversammlung Überetsch wurden folgende Gruppen gegründet:
-
Gesundheit;
Jugend;
Kinder und Familie;
Behinderte;
Randgruppen;
Senioren.
Schon in der ersten Sitzung der Arbeitskreise wurde ein Gruppensprecher für jede
Gruppe gewählt. Die Anzahl der Teilnehmer an den Gruppen war sehr unterschiedlich. Die Gruppen „Senioren“ und „Kinder und Familie“ waren mit ungefähr 20 Mitglieder die größten. Im Durchschnitt hatten die Gruppen 12,5 Mitglieder. Nach dem
ersten Treffen haben sich die Gruppen ungefähr alle zwei Monate getroffen. Einige
sogar einmal im Monat. Die Teilnahme ist auch, außer in den Sommermonaten, konstant geblieben. Die Gremien von Sprengel Unterwegs waren aber nicht nur die Bür159
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
gerversammlung und die Facharbeitskreise. Sehr wichtig ist auch der schon existierende aber durch Sprengel Unterwegs reformierte Sprengelbeirat. Vor dem Projekt
gehörten folgende Personen dem Sprengelbeirat an:
-
Drei Vertreter der Gemeinden;
Der Gesundheitssprengelkoordinator und der Sozialsprengelleiter;
Ein Vertreter der Institutionen im sozialen und gesundheitlichen Bereich;
Ein Vertreter der Schulen;
Ein Vertreter der sozialen Vereine.
Wichtig ist, dass der Sozialsprengelbeirat über ein eigenes Budget verfügt und deswegen die Durchführung von den in den Arbeitskreisen organisierten Projekten finanziell unterstützen kann. Deswegen ist kurze Zeit später auch die Teilnahme der
Facharbeitskreissprecher am Beirat ermöglicht worden. Sehr wichtig für die Gesamtplanung und Koordination des Projektes war auch der „Fünfer Rat“. Er bestand aus
der Direktorin der Sozialdienste der Bezirksgemeinschaft, den drei Sprengelleitern
und der Sozialwissenschafterin der Bezirksgemeinschaft. Sehr oft waren beratend
die externe Moderatorin oder die wissenschaftliche Begleitung der Universitäten dabei. Hier wurden insbesondere die Fortbildungsmaßnahmen für Fachkreissprecher,
die Öffentlichkeitsarbeit und die Gesamtkoordination des Projektes besprochen.
Schließlich ist der Projektbeirat zu erwähnen. Dieses Gremium wurde mit dem Projekt gegründet um die Ziele des Gesamtprojektes festzulegen und um das Projekt zu
evaluieren. Mitglieder des Projektbeirates sind die Vertreter von unterschiedlichen
Institutionen auf Landesebene:
-
Landesrat für Soziales und Gesundheit;
Direktor, Verwaltungsdirektor und Gesundheitsdirektor des Sozialbetriebes;
Präsident der Bezirksgemeinschaft Überetsch-Unterland;
Direktorin der Sozialdienste und wissenschaftliche Mitarbeiterin der Bezirksgemeinschaft;
Sozialsprengelleiter;
Vertreter der Gemeindeassessoren für Soziales;
Vertreter der Ehrenamtlichen Vereinen;
Gesundheitssprengelkoordinatoren;
Vertreter der Jugendgruppen;
Vertreter der Schule.
Schließlich werden unten einige Beispiele von konkreten Projekten dargestellt, die
durch die Facharbeitskreise entstanden sind:
Alle drei Facharbeitskreise „Senioren“ haben z.B. den Dienst „Essen auf Rädern am
Wochenende“ geplant und durchgeführt. Einer von ihnen hat die Eröffnung von Tagesstätten in einigen Ortschaften vorangetrieben und ein anderer hat einen Kurs für
die bürokratische Hilfeleistung für Familien mit Senioren veranstaltet. Von den Facharbeitskreisen „Menschen mit Behinderungen“ wurde ein Projekt für die Erfassung
und Beseitigung der architektonischen Barrieren durchgeführt, es ist eine Theatergruppe gegründet worden, in Zusammenarbeit mit der SASA (ÖPNV) sind die Fahr160
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
pläne mit Informationen für behinderte Menschen angereichert worden, die SIVUS
Methode ist noch weiter verbreitet worden, es ist die Publikation von einer Reihe von
Schriften von Menschen mit Behinderungen („Lebensgeschichten“) unterstützt worden.
Schließlich ist auch zu erwähnen, dass der Sprengel Leifers-Branzoll-Pfatten der erste in ganz Südtirol war, der einen Sprengelsozialplan entwickelt hat. Dies wurde auch
möglich durch die Teilnahme der Facharbeitskreise, die in die Definition der Ziele
miteinbezogen wurden.
5. Literatur
Autonome Provinz Bozen, Landessozialplan 2000-2002, Bozen, 1999.
Bortoli, B./Greca, R./Rossi, W./Bückner, C., Sprengel Unterwegs – 1. Zwischenbericht der Wissenschaftlichen Begleitforschung, Trento/Eichstätt, 2000.
Bortoli, B./Greca, R./Rossi, W./Bückner, C., Sprengel Unterwegs – Endbericht der
Wissenschaftlichen Begleitforschung, Trento/Eichstätt, 2000.
Commission of the European Union, European Governance, A White Paper, Brussels
2001
Greca, R., Governance e Servizi Sociali, Il Welfare locale nell’ottica della governance: programmazione, esternalizzazione, qualità dei servizi. Vortrag bei der Tagung “Per un nuovo Welfare nelle regioni alpine. Diritti di cittadinanza,
sussidiarietà e progettualità partecipata”, Trento, 28 Mai 2004.
Hemmati, Minu, Multi-Stakholder Processes for Governance and Sustainability, London/Sterling 2002.
Kooiman, J. Modern Governance: Government-Society Interactions, London 1991.
Kooiman, J., Governing as Governance, London/Thousand Oaks, New Delhi 2003.
Kooiman, J., State, Market And Civil Society. Interdependencies and Interpenetrations, unveröffentliches Manuskript, IRSPSM 6, Edinburgh 2002.
Petkova, E./Veit, P., Environmental Accountability Beyond the Nation-State: The Implications of The Aarhus Convention, World Resources Institute, Environmental Governance Notes, Washington D.C. April 2000.
Schäfferling. S., Governance Concept within the framework of Sustainable Development, in Local Agenda 21 and Work, Bologna, 2003.
Rossi, W., La decentralizzazione organizzativa. Un’analisi neo-istituzionale del progetto “Distretti in Cammino”, Diplomarbeit, Trento, 2000.
Rossi, W., Operational Aspects of the Governance Model, in: Local Agenda 21 and
Work, Bologna, 2003.
WHAT, International Environmental Governance, The Role of UNEP, New York
2001.
http://magnet.undp.org/policy/chapter1.htm#b
http://www.bundestag.de/gremien/welt/glob_end/k10_1.html
http://www.undp.org/governance/docs/TTF-Democratic-Governance.pdf
161
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
AGENDA 22 - UN Standard Rules and local disability
planning
Ingemar Färm
Handikappförbundes Samarbetsorgan
Thank you for having invited me to present our experiences about Agenda 22 - a
model for implementing the United Nations Standard Rules on the Equalisation of
Opportunities for people with disabilities, in short UN Standard Rules.
My name is Ingemar Färm. I am since 15 years General secretary, now with mostly
international tasks, of the Swedish Disability Federation, HSO. I am a member of two
disability organisations: The Swedish Association of People with Stomach Diseases
due to my own impairment and The Swedish National Society for People with Mental
Handicap, the latter one due to my personal and political interest.
Before my job in HSO I was a social investigator in the Swedish Confederation of
Trade Unions in 12 years. I have also worked with information and development of
the Swedish Social insurance system, been a political advisor to the minister of Family affairs and to the chairman of Stockholm City board. I am 64 years old, married,
have 3 children and 7 grandchildren. So, now you know me a little bit.
1. What are the UN Standard Rules?
The United Nations adopted the “Standard Rules” in 1993. But it started many years
before. In the 1970ies there was an intense discussion about the ultimate disability
goals. There was an ideological shift from the individual perspective to the social one.
Disability should not be a personal deficiency - it's a relation between the individual
and the society. The goal was defined as "A society for all".
UN decided 1981 to be the International Disability Year. In connection with this UN
adopted a world action program on disability and announced the following decade as
the Disability Decade.
In the middle of the decade there was an evaluation on what had happened. A discussion began to launch a UN Convention on Human Rights for people with disabilities. The proposal on a convention from Italy and Sweden did not reach a majority in
the UN General Assembly.
The next step was to work for the best but one solution. It was called "standard
rules". The aim of standard rules was to set a moral and political standard for the
governments all over the world to implement some universal goals that were related
to the overall vision "A society for all". The UN accepted this model and an international working group elaborated what 1993 became labelled as "The UN Standard
Rules".
Bengt Lindquist, who 1994 became appointed as the UN rapporteur for the Standard
Rules, was one of the members of the working group. He has told me that, while the
representatives from the disability movement argued for the strong word "shall", the
162
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
representatives from the governments argued for the weaker word "ought to". Anyhow the result was rather good. Many countries have after that adopted the rules as
a law or guidelines for the political achievements in the disability field for the country.
The Standard Rules contains 22 rules with 5 to 10 sub rules on each. They are formulated as "The government ought to" do this and that. I don't have the time to explain the content of the 22 rules but I will show you one of them as an example:
”Rule 1. Awareness-raising
Germany should take action to raise awareness in society about persons with
disabilities, their rights, their needs, their potential and their contribution.
a) Germany should ensure that responsible authorities distribute up-to-date information on available programmes and services to persons with disabilities,
their families, professionals in the field and the general public. Information to
persons with disabilities should be presented in accessible form.
--d) Germany should ensure that public education programmes reflect in all their
aspects the principle of full participation and equality.”
2. Civil dialogue
We have a long history of open society in Sweden. One of the elements is the right
for all people to read everything that is sent to and from or is produced by the politicians and the authorities. Another important element is that the authorities are
obliged to ask affected groups of their opinion on different matters before decision.
I will to give you some examples on how the communication between HSO and the
political authorities are functioning.
2.1) The right to be heard
The Swedish government produces every year hundreds of reports of which 40 to 50
are of greater general interest for people with disabilities. The government sends
these to HSO to ask for our opinion. After having listened to our 43 member organisations the HSO board formulate the opinion of the Swedish disability movement.
The more the proposals from the report affect people with disabilities the more the
government listen to our opinion. Some years ago the government should form a
proposal on the future organisation of the Swedish education system. The HSO opinion was very important especially about the system for special education and we affected the decision in the parliament. We wanted an inclusive education system.
2.2) Disability representation in co-operation with authorities
HSO demands consequently our right to point out an own expert in all government
committees, which work with issues that will affect people with disabilities. Sometimes they listen but not so often as we wish. Today we have representation in about
10 such committees.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Besides that we have co-operative committees or task forces with many state or
other central authorities. 2001 the Parliament adopted a national Disability Action
Plan, from Patient to Citizen. One of the elements of this plan was to appoint 14 central authorities as Sector Responsible Authorities. It means that they are responsible
within their sector for the implementation of the Action plan. In all these authorities
there are co-operation committees with HSO in order to make it possible for the affected groups to influence the implementation and to give us a chance to monitor the
implementation.
The governments Disability delegation is lead by the minister of social and family affairs and consists moreover of 14 persons from the disability movement suggested by
HSO. In the delegation all issues of importance for people with disabilities can be
discussed and sometimes they lead to political actions from the government.
2.3) The media
The disability movement is today a strong opinion making force. Articles in media
from representatives from the disability movement have a great impact on the politicians. I have many examples both from election campaigns and from the governments launching of different proposals. If we go to the public and are concrete and
serious on an issue, which is important for our members the politicians will listen.
2.4) Conclusions
I name these examples to show that civil dialogue means different things. It is about
the official structure of communication, it is about relations between politicians and
authority officials on the one side and the representatives of the disability movement
on the other. And, at least, it is about mutual respect and understanding. We have
criticised the government hard but they respect us because they understand that we
react in the interest of our members.
2.5) Civil dialogue in the local arena
In Sweden local authorities are responsible for many areas that concern peoples everyday lives like housing, education, social services, culture and sports, support to
vulnerable groups and so on. This makes it extremely important that every local authority has a good planning in order to build such preconditions that people with disabilities get the same possibilities to live good lives as other citizens.
But even if a municipality has a plan, the most important is how it will work in daily
life. There are some models.
We have a long experience of co-operation with local authorities on disability matters.
In the acts on social service, on personal assistance and on health- and sickness
service, it is stated that the authorities shall co-operate with the disability organisations. But the organisational form that is most used for this, "the local disability council", which exists in almost every local community, is mostly a rather passive
organisation.
164
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Another model, which has been used in some local communities, says:
- Every board or office in the municipality shall send all proposals that will affect the
conditions for people with disabilities to the proper organisation and ask them if they
have any point of view on the matter.
- The organisations shall have enough time to react so that they can discuss it with
affected members.
- If they wish so they also shall have the right to a meeting with the board or office
before they decide on the matter.
However we were not satisfied with the possibilities to influence the disability policy in
the municipalities. So when the decision came about the UN Standard rules we discussed within HSO how to implement the rules in the local arena.
3. AGENDA 22
3.1) Background and basic principles
1995 the Swedish Disability Federation started the project Agenda 22 in resemblance
with Agenda 21 from the UN environmental conference in Rio. Agenda 21 has a focus on local network action as the best way of promoting the decisions from Rio. We
have the same approach in Agenda 22. But the figure "22" stands for the 22 Standard rules.
Agenda 22 is a method of implementation of the UN Standard Rules. The three most
important elements in this work are:
- first the recognition of the civic rights or human rights as a basic principle for all disability policy work in the local communities
- second the recognition of the disability organisations as the legitimate representatives for people with disabilities and their role as experts in the political process and
- third the adoption of a method for planning for the implementation of the Standard
Rules in the local community.
If we take it short:
- What shall be done?
- When shall it be done?
- Who is responsible?
- How much will it cost?
- Which is the follow up procedure?
“Agenda 22” is an uncomplicated method on how local authorities can make good
disability policy plans, based on the UN Standard Rules. Which - at the same time –
makes Agenda 22 a method for the implementation of the rules. Agenda 22 is built
on the conviction that systematic planning is the most effective way to eliminate all
the obstacles people with disabilities meet.
165
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
3.2) Agenda 22 is built on some ideological principles
The most basic of these principles are
- the fact that all people have equal worth and must have the same rights and obligations in society,
- the importance of living up to human rights as they are described in the United Nations conventions,
- the fact that people are different and have different needs of support,
- that support is not a privilege, it is a human right,
- that we use the UN standard Rules definition on handicap. I quote:
“The term handicap means the loss or limitation of opportunities to take part in
the life of the community on an equal level with others. Handicap describes the
encounter between the people with disabilities and the environment. The purpose of this term is to emphasise the focus on the shortcomings in the environment and in many organised activities in society, for example information,
communication and education, which prevent people with disabilities from participation on equal terms.”
- that the organisations of people with disabilities must be accepted as experts on
their own matters.
3.3) The 1st part of Agenda 22: Characteristics of a good plan
This part of the Agenda 22 method consists of eleven over-arching factors that must
characterise a good plan. I will mention some of them.
A good plan is built on the UN Standard Rules
The 22 Standard Rules can be used as a structure when a plan is drawn up. The
very best is to include all rules in the plan. Another way is to use the rules most relevant for the local authority. In Agenda 22 we always recommend the following five
rules to be part of the plan:
Rule 1
Awareness raising
Rule 5
Accessibility
Rule 14
Policy making and planning
Rule 18
Organisations of People with Disabilities
Rule 19
Personnel Training
A good plan is produced in close co-operation with the local organisations of
people with disabilities
It is only the people with disabilities themselves who know how it is to live with disabilities and what kind of support is needed. In a good disability policy plan all needs
must be listed and they must be correctly described. The plan must not be a “drawing-board-product”. Therefore it is absolutely necessary that the organisations of
people with disabilities play an active and equal role throughout the entire process
when a disability policy plan is planned, written, implemented and evaluated. This is
more or less exactly what Standard Rule 18 suggests.
166
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
All disability aspects should be integrated in general plans and measures –
what we call mainstreaming
People with disabilities are citizens like everyone else and therefore their needs must
be treated like everyone else's. Which - in the long run means - that disability aspects
must be woven into all planning and activities from the very beginning. This is what
we call mainstreaming, when disability aspects are natural parts when – for example
- a local authority is planning some sort of measure.
Women and children with disabilities should be paid special attention to in the
plan.
We know that many women around the world are discriminated against because of
their gender. These women with disabilities risk a double discrimination. The same
could happen to children with disabilities. For them it is extremely important to get the
same opportunities to a good start in life as other children. In a good plan, the needs
of these groups must be paid special attention to in order to avoid discrimination.
The local authority must act as a good example.
The local authorities can play an important role by showing what has to be done and
why certain values are important. If they neglect the needs of people with disabilities,
it officially signals that these peoples needs are not important. Therefore it is indeed
necessary that local authorities set good examples.
- They can arrange information campaigns to improve the common knowledge on
how it is to live with a disability.
- They can, when purchasing goods or services, demand that the products are accessible for people with disabilities.
- They can when giving financial support to – for example – a cultural event, set up
the condition that the organiser must provide certain accessibility to the event.
The future co-operation with the organisations of people with disabilities must
be described in the plan.
That is to secure that there will be a future co-operation and how it is going to be organised. If, for example, working groups are formed, information is needed in the
plan on how they should be composed, how the work should be carried out and under what conditions.
Specific long-term objectives should be written in the plan.
It is extremely important that there are long-term objectives and that they are clearly
formulated – good objectives are short and distinct. The objectives should state that
people with disabilities shall have the same rights as others. These objectives could
very well be shaped from the introductions of each standard rule. For example concerning cultural (Rule 10) the objective could be as follows:
“In our municipality every citizen should be able to participate in the cultural life.”
167
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
The measures must be specifically described
In a good plan it must be clearly written
what measures should be taken,
when it is to be done,
which authority holds the responsibility for the implementation and
how the measure should be financed.
If the measures are described in these ways the objectives can be reached in a consequent way. And –at the same time – the disability policy plan will be easier to
evaluate as it is easy to see what has been done or not during a certain year.
Ways of evaluation and review must be described in the plan
There are lots of policy documents and many of them end up in a book shelter. A
good disability policy plan is a living working-method, an instrument used in practice.
The best is if the plan is evaluated every year so there is a continuous following up
how the plan is carried out.
3.4) The 2nd part of Agenda 22: Equal partners
As already mentioned – the standard rule No 18 states that society should look upon
the organisations of people with disabilities as experts in their own areas. I quote:
”Rule 18. Organizations of persons with disabilities
States should recognize the right of the organizations of persons with disabilities to represent persons with disabilities at national, regional and local levels.
States should also recognize the advisory role of organizations of persons with
disabilities in decision-making on disability matters.
* States should encourage and support economically and in other ways the formation and strengthening of organizations of persons with disabilities, family
members and/or advocates. States should recognize that those organizations
have a role to play in the development of disability policy.”
The local disability plan should be produced in close co-operation with the organisations of people with disabilities. This means, that representatives from the organisations must take part during the whole process – from planning to the draft version.
The base of the work with the plan could be a special working group consisting of
equal representatives from the organisations and the local authority. The group can
make plans for the work, put together analysis and suggestions and make a draft
version of the plan. The organisations of people with disabilities must also be represented in every working group during the preparatory work.
3.5). The 3rd part of Agenda 22 – ways of working – from idea to disability policy plan
A good plan must be built on the parallel between the needs of people with disabilities for public services, and the resources existing at present. When this knowledge
is there, it is possible to plan what measures need to be taken. Therefore two different inventories are needed.
168
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Inventory 1
How is the situation today? What resources do the authority has for people with disabilities? How does the authority live up to the UN Standard Rules at present? The
first inventory must deal with just this, a survey on how society lives up the UN Standard Rules today. The very best is if this inventory is carried out in “reality” – not in an
office of the local authority but through discussions with people who are affected by
the activities. At a school for example, representatives from different personnel
groups could discuss the most relevant rules for the responsibility of the school, such
as rule no 6 Education and rule no 5 Accessibility together with representative from
the organisations of people with disabilities and the pupils. To make such an inventory easier there are a number of questions to every Standard Rule in the end of the
material “Agenda 22 – Local authorities”.
Inventory 2
The purpose of this inventory is to find out what kind of public service people with
disabilities need. Here we mean that every single organisation of people with disabilities must be given the possibility to contribute by documenting the need of support,
services and measures of accessibility for their own groups. The comparison of the
results of the two inventories will give the base for when a concrete suggestion of
measures – and a plan - is to be done.
3.6) Experiences and conclusions
HSO has worked intensively with Agenda 22 for about eight years. During this time
we have worked on two parallel tracks. We worked with the local organisations for
people with disabilities in order to give them knowledge about the Standard Rules
and the Agenda 22. We produced materials and arranged meetings all over the
country where we tried to inspire the representatives from the organisations to work
for good disability policy plans in each municipality. At the same time we also tried to
influence the municipalities directly. We sent them information about Agenda 22 and
we made an offer for information about Agenda 22 to every municipality. In the end
we had visited about 200 out of 289 municipalities, lecturing about Agenda 22.
We know that all our 289 municipalities have not made their disability policy plans
exactly according to the Agenda 22-principles. But we know that we have inspired
them to do plans, and that Agenda 22 has given them a strategy and a structure for
how a plan can be organised. During our work we found that many municipalities
wanted to make a plan, but they did not know how to do it, and especially not how
the plan should be constructed. When they adopted the idea to use the Standard
Rules as a structure and to go through rule by rule to see what had to be done, they
found that the work with the plan became much easier.
A common objection was of course that there is no money. This argument we confronted with that a good plan must be realistic - what is possible to carry out. If there
is no money, the plan must be done on a long term. Another argument is of course
that it is possible to change existing priorities in favour of people with disabilities if
they wish to do so. The most important thing is that the society has the knowledge
about the need and that there is a systematic planning.
169
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Another very positive thing was that we could highlight the importance of close cooperation with the local organisations of people with disabilities and that it would help
the municipalities to use the organisations expertise. Today most of the Swedish municipalities have a disability policy plan and we are proud to say that we partly can
give ourselves credit for this and for how the plans are constructed.
3.7) HSO experiences
When we discussed Agenda 22 at the conference in Linköping, Sweden, April 2001
during the Swedish presidency of the EU we draw some conclusions:
- Systematic planning can speed up the implementation of disability policy reforms.
- The UN Standard Rules can be used as a structure for disability policy planning.
-. Disability policy planning must always be carried out in close co-operation with the
organisations of people with disabilities.
- The objectives shall be carried out through different measures. These have to be
specific and state:
- what has to be done
- when the measures are to be carried out
- where the responsibility for the implementation lies
- how the measures will be financed.
- The disability policy plan must contain descriptions on how and when the planning
shall be evaluated and revised.
- Common strategies are needed and the Agenda 22 is a good one. But the Agenda
22 has been developed in a special social structure, the Swedish, and must therefore
be adjusted to different countries.
-. More information about The Standard Rules is needed as well as special training
on how to use the rules within the disability organisations.
3.8) Agenda 22, a global model for implementing the Standard Rules?
- After proposals from among others the Dutch and the Irish disability councils EDF
has decided to form an Agenda 22-network. EDF has also started a European
Agenda 22-project.
- The document Agenda 22 in local communities has been translated to 15 languages, most of them Eastern and Central European languages.
Today there is an ongoing work in the UN to elaborate a Convention on the human
rights for people with disabilities. When the convention is adopted in some years, I
think that Agenda 22 can be a good tool in order to implement and monitor the new
convention.
I hope I have convinced you that Agenda 22 is a good, concrete and practical model
of implementing the UN Standard rules in the local communities - also in Germany.
Once more - thank you for giving me this opportunity to talk about important measures for making the conditions of life more equal among all human beings.
170
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
DESDE – ein kartographisches Instrument zur örtlichen
Hilfeplanung
Marco Garrido Cumbrera
Universidad de Cadiz
Forum B: DESDE - ein kartographisches Instrument zur örtlichen Hilfeplanung
D
Description
E
Evaluation
S
Services
D
Disabilities
E
Europe
Forum B: Mapping instruments for regional disability planning
M. Garrido Cumbrera & Dr. L. SalvadorSalvador-Carulla
ASSESSMENT METHODOLOGY AND INTERNATIONAL
COMPARISONS
“There is a great diversity of social and health
services in Europe, making the development of an
adequate assessment methodology extremely
difficult”
(WHO, 1987)
“There is a need to promote national and
international comparisons both of
programmes and social and health
reforms”
reforms”
Ljubljana chart (WHO, 1996)
171
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
SERVICE DESCRIPTION
SERVICE LISTS
STANDARD DESCRIPTION
„
Lack of a common
conceptual framework
„
National &International
comparisons
„
Simple service listing
„
„
Lack of consensus on
methods
Evidence based care
‹ Planning
‹ Development
„
Do not allows national
and international
comparisons
‹
Management
„
Equity assessment
„
Quality of care asessment
STUDY FRAMEWORK
„
„
„
„
1994 – BIOMED – EPCAT Team
1997 – Development of services assessment
methodology and instruments
• EPCAT battery
2000 – Feasibility and application in Spain Psicost
Group
2001 – Adaptation for disabilities services –
University of Cadiz & Agency of the Ministry of
Labour and Social Affairs (IMSERSO)
172
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
EPCAT Approach
„
The European Service Mapping Schedule (ESMS)
Johnson, Kuhlman & EPCAT, Acta Psych Scan, 2000
Purpose:
‹
‹
‹
Compiling an inventory of mental health services serving the adult
adult
mentally ill population of a catchment area
Describing and comparing between catchment areas the structure and
range of mental health services
Measuring and comparing between catchment areas the levels of
provision of major types of mental health service
‹
ESMS A: Introduction
‹
ESMS B: Service mapping (Main service descriptors)
‹
ESMS C: Service counting (Utilisation)
‹
ESMS D: Service characteristics (Service listing)
ESMS: Utilisation of day care activities services in 6 cities
(JASP, 2002)
173
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
“Our study demonstrates the feasibility of
standardised comparison of mental health service
inputs and processes at a local level and the potential
usefulness of the data this yields, both in service
planning and research”.
METHODOLOGY
ESMS
FOCUS GROUP
• NATIONAL AGENCY OF THE
MINISTRY OF LABOUR & SOCIAL
AFFAIRES (IMSERSO)
CONSENSUS STUDY I : CONCEPTUAL
ADAPTATION (WORKING GROUP)
• NATIONAL FED. FAMILIES PWID
(FEAPS)
• NATIONAL FED. PHYSICAL
DISABILITIES (COCEMFE)
CONSENSUS STUDY II : NATIONAL
CONSENSUS GROUP
•NATIONAL FED. OF AUDITIVE
IMPAIRMENT
DESDE WORKING VERSION II
• NGOs FOR VOCATIONAL
INTEGRATION (AMICA & PROMI)
• REGIONAL AGENCIES (ANDALUCIA
& CASTILLA)
DESDE USEFULNESS STUDY
ESTUDIO PILOTO
PROVINCIA CADIZ
DESCRIPTIVE VALIDITY
INTERRATER RELIABILITY
PILOT STUDY CADIZ PROVINCE
DESDE
174
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
SECTION B (DESDE):
Main Branches
„
Information and/or accesibility
(I)
„
Self-help and voluntary
(S)
„
Day and structured activities
(D)
„
Community and outpatient care (O)
„
Residential services
(R)
DAY & STRUCTURED ACTIVITIES
MAPPING TREE (D)
SERVICES FOR PEOPLE
WITH DISABILITIES
DAY & STRUCUTRED ACTIVITIES SERVICES
IMMEDIATE AVAILABILITY
PROGRAMMED AVAILABILITY
BranchD1
WORK
WORK RELATED ACTIVITY
OTHER STRUCTURED
ACTIVITIES
HIGH INTENSITY
Branch D2
LOW INTENSITY
Branch D6
HIGH INTENSITY
Branch D3
LOW INTENSITY
Branch D7
HIGH INTENSITY
Branch D4
Ordinary job
Branch D21
Ordinary job
Branch D61
Time limited
Branch D31
Time limited
Branch D71
Educaton related activiy
Branch D41
Education related activity
Branch D81
Special job
Branch D22
Special job
Branch D62
Indefinite
Branch D32
Indefinite
Branch D72
Health promotion activity
Branch D42
Health promotion activity
Branch D82
Social contact and culture
related activity
Branch D43
Social contact and culture
related activity
Branch D83
Other structured
activities
Branch D44
Other structured
activities
Branch D84
175
LOW INTENSITY
Branch D8
NON STRUCTURED
ACTIVITIES
HIGH INTENSITY
Branch D5
LOW INTENSITY
Branch D9
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
DIZ PROVINCE (SPAIN)
INHABITANT: 1,125,105
EXTENSIÓN: 7,294 KM2
DENSITY OF POPULATION: 152 INHAB./KM.2
44 MUNICIPALITIES.
THREE LARGE URBAN AREAS: CÁDIZ, JEREZ DE
LA FRONTERA & ALGECIRAS
LOW LEVEL INCOME.
HIGH UNEMPLOYMENT RATE (26,1%)
GENERAL
DISABILITY
SERVICES
SERVICES
FOR
PEOPLE
WITH ID
SERVICES FOR
PEOPLE WITH
MENTAL
DISORDERS
I
139
21
3
S
76
14
2
D
635
90
40
O
100
19
19
R
65
23
20
1015
167
84
DESDE SERVICES
BY BRANCHES
INFORMATION AND/OR ACCESIBILITY
SELF-HELP AND VOLUNTARY
DAY AND STRUCTURED ACTIVITIES
COMMUNITY AND OUTPATIENT CARE
RESIDENTIAL SERVICES
TOTAL
176
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
DAY AND STRUCTURED ACTIVITIES SERVICES IN PROVINCE OF CADIZ
(SPAIN) DESDE-2003
DAY AND STRUCTURED ACTIVITIES SERVICES (D)
Programmed availability
HIGH INTENSITY
PROVINCE
OF CADIZ
Work
(SPAIN) Work related activities
Other structured activities
Social and
Related
Related
health
cultural
promotion
participa-
Others
structured
Non-
Immediate
Normal
Special
Time
Indefinite
education
availability
Employ
Employ
limited
time
activities
act.
tion act.
estruct. act.
activities
D1
D21
D22
D31
D32
D41
D42
D43
D44
D5
Codes in
General
Disability
Services
0
8
22
14
37
364
111
21
18
0
Codes in
Disability
Services for
people with
Intellectual
Disabilities
0
1
9
3
18
10
14
7
5
0
Codes in
Services for
people with
Mental
Disorders
0
0
1
1
12
0
8
8
6
0
DAY AND STRUCTURED ACTIVITIES SERVICES IN PROVINCE OF CADIZ
(SPAIN) DESDE-2003
DAY AND STRUCTURED ACTIVITIES SERVICES (D)
PROVINCE OF
Programmed availability
LOW INTENSITY
CADIZ
(SPAIN) Work related activities
Work
Other structured activities
Related
Social and
Related
health
cultural
promotion
participatio
Others
structured
Non-
Common
Especial
Time
Indefinite
education
work
Work
limited
time
activities
act.
n act.
estruct. act.
activities
D61
D62
D71
D72
D81
D82
D83
D84
D9
TOTAL D
Codes in
General
Disability
Services
0
0
0
5
0
7
7
9
1
635
Codes in
Disability
Services for
people with
Intellectual
Disabilities
0
0
0
1
0
5
2
3
1
90
Codes in
Services for
people with
Mental
Disorders
0
0
0
0
0
1
2
1
0
40
177
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
178
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
APPLICATION IN SPAIN
RESULTS DISSEMINATION
CATALOGUE OF
SERVICES CADIZ
WEB DESDE
IMSERSO
PUB
P.DESDE-DEP
P. DESDAE
DES-DEP
D E S -M D
ESCALA PARA LA DESCRIPCIÓN
ESTANDARIZADA DE SERVICIOS PARA
PERSONAS EN SITUACIÓN DE
DEPENDENCIA
E S C A L A P A R A L A D E S C R IP C IO N E S T A N D A R IZ A D A
D E S E R V IC IO S P A R A
Diciembre 2004
M A Y O R E S E N S IT U A C I Ó N D E D E P E N D E N C IA
V ersió n d ic ie m b re 2 00 2
L . S alv a d or, R F e rn an de z, M . P oo le
Ins titu to d e M e dic ina P s ic o s ocia l
U nive rsida d de C á diz
IN S T ITU T O D E
M E D IC IN A
P S IC O S O C IA L
179
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
„
There is an important delay on assessment of mental health
services. Thus, using the available databases about Disability
Services:
„
“It is hard to obtain standardised information about the Dependent
Dependent
Services.”
„
“It is not possible to compare Dependent Services across the
different EU Member countries and regions.”
180
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
DESDE INCLUDED FOR ASSESING SERVICES IN SPAIN:
AREA OF CARE OF
DEPENDENT IN SPAIN
White Book of Dependence
DESDE PROJECT PROGRESS
„
2003: DESDAE Project (Dependent
(Dependent Ageing)
Ageing)
„
2003: Piloto Study DESDE (Province
(Province of CadizCadiz-Andalusia)
Andalusia)
„
20042004-5: DESDE Study of Navarra
„
20042004-5: DESDE Study of Castilla La Mancha
„
2005: European Project MHENMHEN-II (Review
(Review the ESMS)
„
2005: PLANNET Project (Adaptation
(Adaptation of DESDE to
Europe context)
context)
181
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
FINAL COMMENTS I
International comparison of services for Intellectual Disabilities:
DESDE (Description and Evaluation of Services for Disabilities
in Europe)
„
Common Conceptual Framework:
Framework: Model / Method
„
Common SocioSocio-health Care Indicators
„
Description of Care Systems
„
Common Codes System and Glossary of Terms
(Day hospital)
„
Standardised Instruments for Service Description
FINAL COMMENTS II
9
9
9
¾
¾
¾
¾
¾
¾
Psychometric properties of service assessment instruments
should be tested before use in research
DESDE is a useful instrument for standard assessment of
ID services in Spain
International feasibility and adaptation should be carried
out
DESDE may be integrated in a GIS (maps
(maps and databases)
databases)
It allows regional comparisons in Spain
It may predict specific provision patterns
It may be use for services variation studies (both crosscrosssectional and longitudinal)
It may be used for policy planning and implementation
It may be used for setting up minimun standard of care and
service provision
182
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Örtliche Behindertenhilfeplanung nach dem Konzept
„Netzwerke Offener Hilfen (NetOH)“
Laurenz Aselmeier, Timo Wissel
Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste der Universität Siegen
1. Einleitung
Ansätze der Qualitätssicherung und -entwicklung im Hilfesystem für Menschen mit
Behinderungen wurden über viele Jahre hinweg als Aufgabe einzelner Einrichtungen
und Dienste oder einzelner Verwaltungseinheiten angesehen. Die Bedeutung eines
regionalen Zusammenwirkens der in einem örtlichen Feld der Behindertenhilfe agierenden Akteure wurde dabei außer Acht gelassen. Vor dem Hintergrund passgenaue, auf den Wünschen und Bedürfnissen der einzelnen Menschen mit
Behinderungen basierende Hilfearrangements zu schaffen, ist das Zusammenspiel
der verschiedenen Akteure der Behindertenhilfe in einem Gemeinwesen jedoch von
zentraler Bedeutung. Die Voraussetzung für dieses Zusammenspiel liegt in einer
Verknüpfung von organisationsinternen Vorgehensweisen mit entsprechenden Aktivitäten anderer Organisationen auf Anbieterseite, im Bereich der Selbsthilfe und der
Sozialverwaltung. Nicht nur Aspekte der unmittelbaren Dienstleistungserbringung,
sondern auch solche der sozialpolitischen Steuerung, der Kooperationsfähigkeit örtlicher Hilfenetzwerke, der erreichten Lebensqualität und der angemessenen Mittelverwendung müssen Gegenstand einer systematischen und koordinierten
Weiterentwicklung des Feldes der Behindertenhilfe sein. Auch die Umsetzung der mit
dem so genannten Paradigmenwechsel intendierten Ziele der Selbstbestimmung,
Inklusion, Chancengleichheit und Anti-Diskriminierung bedarf einer sorgfältigen örtlichen Planung. Dies erfordert eine sich an fachlichen Leitlinien orientierende Planung
und Koordination auf der örtlichen Ebene.
Auf den vorherrschenden Mangel an Konzepten zur Planung und Entwicklung der
örtlichen Behindertenhilfe reagierend hat das Ministerium für Arbeit, Soziales, Qualifikation und Technologie (MASQT) des Landes Nordrhein-Westfalen im Jahre 1999
eine Forschungsgruppe des Zentrums für Planung und Evaluation Sozialer Dienste
(ZPE) der Universität Siegen unter Leitung von Prof. Dr. Norbert Schwarte damit beauftragt, im Rahmen des Forschungsprojekts Netzwerke Offener Hilfen (NetOH) ein
Konzept zur Qualitätsentwicklung von regionalen Netzwerken Offener Hilfen für Menschen mit Behinderungen zu erarbeiten. Die Projektlaufzeit gliederte sich in zwei
Phasen:
In der ersten Phase von 1999 bis 2001 wurde das so genannte NetOH-Konzept zur
individuellen Hilfeplanung und örtlichen Angebotsplanung entwickelt und in einer Arbeitshilfe veröffentlicht (vgl. Rohrmann, McGovern, Schädler & Schwarte 2001). Diese Arbeitshilfe leistet einen Beitrag für örtliche Planungsprozesse, indem dargestellt
und beurteilbar gemacht wird,
• wie in einem regionalen Zusammenhang gemeinsame Planungsstrategien
entwickelt werden können,
• welche Planungsstrukturen für die Weiterentwicklung der örtlichen Behindertenhilfe notwendig sind,
• wie durch Verfahren der individuellen Hilfeplanung eine passgenaue Hilfeleistung ermöglicht wird,
183
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
•
wie die Koordination der zuständigen Sozialleistungsträger verbessert werden
kann,
• wie die Dienste und Einrichtungen ihren Auftrag als Bestandteil im Netzwerk
des Hilfesystems wahrnehmen können und
• welche demokratischen und kulturellen Anforderungen sich an das Gemeinwesen durch den Ausbau Offener Hilfen stellen.
Konzeptionell und methodisch reiht sich die NetOH-Arbeitshilfe in die Linie weiterer,
am ZPE erarbeiteter Instrumente zur Qualitätssicherung und -entwicklung in der Behindertenhilfe wie ‚Lebensqualität in Wohnstätten I & II (LEWO)’ (vgl. Schwarte &
Oberste-Ufer 1997/2001), ‚Arbeitshilfe zur Qualitätsentwicklung in Familienunterstützenden Diensten (AQUA-FUD)’ (vgl. McGovern, Oberste-Ufer, Schädler & Schwarte
2000) und ‚Arbeitshilfe zur Qualitätsentwicklung in Diensten für Unterstütztes Wohnen (AQUA-UWO)’ (vgl. Aselmeier, Oberste-Ufer, Rohrmann, Schädler & Schwarte
2001) ein. Gestützt auf eine systematische Sichtung von Fachliteratur und auf empirische Untersuchungen im Forschungsfeld wurden die wesentlichen Elemente einer
umfassenden Behindertenhilfeplanung identifiziert und im Sinne von Qualitätsstandards normativ beschrieben. Gleichzeitig wurden Indikatoren formuliert, die den örtlichen Entwicklungsstand gemessen an den NetOH-Vorgaben bewertbar machen.
Darüber hinaus wurden in der ersten Projektphase mit quantitativen und qualitativen
Methoden der Sozialforschung in zwei Modellregionen, dem Kreis Steinfurt und der
Landeshauptstadt Düsseldorf, Analysen zur Angebotsstruktur, zu Kooperationsbeziehungen und zu Planungsansätzen durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen
liegen
in
Form
von
Berichten
zur
Behindertenhilfe
und
Planungsempfehlungen für die beiden Modellregionen vor (vgl. Rohrmann 2000 und
McGovern 2001).
In der zweiten Phase des Projekts von 2002 bis 2003 wurde das im NetOH-Konzept
erarbeitete Verfahren zur Individuellen Hilfeplanung modellhaft im Kreis Steinfurt und
der Landeshauptstadt Düsseldorf implementiert. Dazu wurden Materialien zur Durchführung und Evaluation von Assessmentverfahren entwickelt, die in beiden Modellregionen in den mit finanzieller Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen neu
geschaffenen „Assessmentstellen“ zur Anwendung kamen. Durchführung und Wirkungen der Individuellen Hilfeplanung nach dem NetOH-Konzept wurden mit Hilfe
quantitativer und qualitativer Methoden der Sozialforschung evaluiert und ausgewertet. Die Ergebnisse der zweiten Projektphase liegen in einem Abschlussbericht vor
(vgl. Wissel, Grebe, Aselmeier, Oberste-Ufer, Schädler & Schwarte 2004).
Zudem wurden zwischenzeitlich in den Kreisen Olpe in Nordrhein-Westfalen und
Ahrweiler in Rheinland-Pfalz Analysen, Berichte und Empfehlungen zu einer örtlichen
Behindertenhilfeplanung auf Basis des NetOH-Konzepts erarbeitet und damit Grundlagen für eine kontinuierliche Behindertenhilfeplanung nach den NetOH-Vorgaben
entwickelt.
In diesem Beitrag wird der Ansatz für die Weiterentwicklung eines regionalen Netzwerkes Offener Hilfen nach dem NetOH-Konzept skizziert.
2. Grundannahmen des NetOH-Konzepts
Dem NetOH-Konzept liegt die Annahme zugrunde, dass die Lebenswelt der Betroffenen zu dem Ort werden muss, an dem die Hilfen geplant und erbracht werden.
Menschen mit Behinderungen sollen die Chance haben, in selbst gewählten personalen Zusammenhängen zu leben und an ihren Wünschen und ihrem Bedarf ausgerichtete
Unterstützungsleistungen
erhalten.
Aufgabe
einer
kommunalen
184
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Gebietskörperschaft ist es, dafür zu sorgen, dass genügend entsprechende ambulante Unterstützungsangebote vor Ort verfügbar sind. Hingegen dessen bieten stationäre Einrichtungen, die ein Komplexangebot an Hilfen aus einer Hand und an
einem Ort vorhalten, in der Regel einerseits zwar einen Raum des Schutzes und der
Geborgenheit, schließen andererseits aber die Option auf Wahlmöglichkeiten aus
oder schränken sie zumindest erheblich ein, „sie stellen in unserer Gesellschaft (…)
soziale Sonderwelten dar und sind daher mit Ausgrenzung aus normalen Lebensvollzügen verbunden“ (Rohrmann & Schädler 2004: 221). Um Hilfen für Menschen
mit Behinderungen in Bezug zu ihren Lebenswelten zu schaffen, die Wahlmöglichkeiten eröffnen und das Recht auf Selbstbestimmung wahren, bedarf es grundlegender
Veränderungen in der Planung und Gestaltung des Systems der Behindertenhilfe.
Einen entsprechenden Rahmen bieten ‚Offenen Hilfen’ (siehe Bundesvereinigung
Lebenshilfe 1995, Windisch & Miles-Paul 1995). Offene Hilfen werden als Oberbegriff
verstanden für ambulante Hilfen, die verlässliche sowie flexible Unterstützung im Alltag bieten und Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben in individuell gewählten und verantworteten Lebensformen ermöglichen. Sie sollen
Menschen mit Behinderungen dabei unterstützen, Entscheidungen über Hilfeformen
zu treffen und ihre Regiekompetenz bei der Inanspruchnahme von Hilfen stärken.
Deshalb geht der NetOH-Ansatz von folgender Fragestellung aus: Wie müssen Offene Hilfen ausgestaltet und auf örtlicher Ebene koordiniert sein, damit sie Menschen
mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen?
Im Kern zielt das NetOH-Konzept demnach auf eine regionale Qualitätsentwicklung
eines vernetzten Unterstützungsangebots für Menschen mit Behinderungen. Dazu
gehört
• die Entwicklung einer gemeinsamen Planungsperspektive, in die die Planungsinteressen aller auf der örtlichen Ebene aktiven Akteure berücksichtigt
und integriert werden;
• die Entwicklung von produktiven Planungsstrukturen, indem die Kompetenzen
des zuständigen zentralen örtlichen Planungsgremiums gestärkt werden oder
ein solches Gremium eingerichtet wird, sollte es nicht bereits bestehen;
• eine passgenaue Hilfeleistung durch eine individuelle Hilfeplanung, die verbindlich und transparent gestaltet wird. Die im Rahmen der Individuellen Hilfeplanung erhobenen Daten über Hilfebedarfe haben zudem für die
systematische Ermittlung von Bedarfseinschätzungen im Zuge der örtlichen
Angebotsplanung eine wichtige Funktion;
• eine ortsnahe Koordination der Leistungen, um flexibel auf vorhandene Bedarfe reagieren sowie entsprechende Hilfsangebote eröffnen und ihre Finanzierung direkt in Kooperation mit dem/der Nutzer/in koordinieren zu können;
• eine Netzwerkorientierung der Hilfen, in der eine regionale Unterstützungsverpflichtung enthalten ist und Kooperations- und Koordinationsverpflichtungen
der Leistungserbringer festgeschrieben sind sowie
• das Hinarbeiten auf ein behindertenfreundliches Gemeinwesen, in dem Menschen mit Behinderungen selbstverständlich als gleichwertige Mitbürger/innen
anerkannt sind und den Dingen des täglichen Lebens ungehindert nachgehen
können.
185
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
3. Aufgaben der örtlichen Behindertenhilfeplanung
Die zentralen Aufgaben der Behindertenhilfeplanung nach dem NetOH-Konzept liegen in
• der Analyse der bestehenden Bedarfslagen, der Angebote und Rahmenbedingungen der Hilfen,
• der Schaffung von Strukturen für kontinuierliche Planungsprozesse und
• der konkreten Umsetzung von einzelnen Planungsschritten.
Damit verbindet sich ein Verständnis eines interorganisatorsichen Prozesses der
Qualitätsentwicklung eines örtlichen Behindertenhilfesystems, das über die Grenzen
einzelner Angebote hinausgeht und die Gesamtheit aller in einem Gemeinwesen
vorhandenen Angebote einbezieht. Der Planungsprozess sollte zudem der normativen Zielsetzung einer lebenslauforientierten Angebotsplanung verpflichtet sein. Ein
lebenslauforientiertes Anforderungsprofil an die Planung und Koordination von Hilfen
bietet die Möglichkeit zur Schaffung gemeinsamer Zielsetzungen der beteiligten örtlichen Akteure, denn „die Vereinbarung gemeinsamer Ziele erhöht die Eigenmotivation der beteiligten Akteure an einem einheitlichen und verbindlichen
Planungsprozess“ (Rohrmann & Schädler 2004: 223). Bezogen auf Planungsprozesse und Aufgaben der beteiligten Akteure konkretisieren sich im lebenslauforientierten
Anforderungsprofil als Handlungsmodell nach dem NetOH-Konzept fachliche und
normative Merkmale zum Aufbau oder zur Weiterentwicklung eines regionalen Netzwerks Offener Hilfen: „Im Mittelpunkt stehen die Bedürfnisse der behinderten Person.
Der Begriff ‚Lebenslauf’ fokussiert dabei, dass Hilfen im Vordergrund stehen, die es
behinderten Menschen und ihren Angehörigen erleichtern, wichtige, zumeist durch
gesellschaftliche Institutionen markierte Übergänge zu bewältigen. Die Hilfen verstehen sich als Angebot zur Unterstützung bei der Bewältigung von individuellen Lebensläufen“ (Rohrmann et al 2001: 27). Weiterhin versteht sich die Behindertenhilfeplanung nach dem NetOH-Konzept als dauerhaft zu organisierender Prozess und ist
damit kein Unterfangen, welches an einen festgelegten Zeitpunkt begonnen und wieder beendet wird. Vielmehr verbirgt sich dahinter ein flexibler und dynamischer Prozess, da sich im Laufe der Zeit immer wieder neue Aufgaben und Anforderungen
ergeben können, die in die Planungsprozesse eingebunden werden müssen. Darum
sollten auch die Möglichkeiten der neuen Medien (Internet) genutzt werden, um den
Planungsprozess transparent zu machen.
Die folgende Grafik veranschaulicht den Planungsprozess nach dem NetOHKonzept:
186
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Planungsprozess nach dem NetOH-Konzept
Institutionelle
Rahmenbedingungen
Analyse / Sozialberichterstattung
Initiierung des
Planungsprozesses
Zentrales
Planungsgremium
Evaluation,
Wirkungsanalyse
Planungstraditionen,
Einstellungen
Maßnahmeplanung
Umsetzung
Konzeption
Organisation
Ressourcen
Europäischer Kongress „Personenzentrierte Planung – Personenzentrierte Finanzierung – Neue Wege zu hilfreichen
Arrangements für Menschen mit geistiger Behinderung“ an der Universität Siegen am 15./16. März 2005
Eine örtliche Behindertenhilfeplanung kann nur dann erfolgreich verlaufen, wenn die
je unterschiedlichen institutionellen Rahmenbedingungen, Konzepte und Organisationen, Planungstraditionen und Einstellungen sowie verfügbaren Ressourcen aller
beteiligten Akteure Berücksichtigung finden. Damit verbinden sich hohe Anforderungen an die Koordination der Behindertenhilfeplanung, denn dies markiert die Ausgangsbedingungen für den Einstieg in den Planungsprozess. Sind diese
Bedingungen geklärt, beginnt die Behindertenhilfeplanung mit der Initiierung des
Planungsprozesses durch das entweder schon vorhandene oder neu geschaffene
zentrale Planungsgremium. Grundsätzlich sollte sich der Planungsansatz an sozial
normierten Übergängen im Lebenslauf und häufig auftretenden kritischen Lebensereignissen orientieren. Dies stellt Situationen dar, in denen Unterstützungsleistungen
in einem örtlichen Netzwerk Offener Hilfen zur Verfügung stehen müssen, die mitunter auch kurzfristig in Anspruch genommen werden können und die Angewiesenheit
auf stationäre, weniger ins Gemeinwesen integrierte Hilfen möglichst vermeiden sollen.
Um den Planungsprozess zu initiieren, einigt sich das zentrale Planungsgremium auf
Planungsziele, die auf den unteren Stufen operationalisierbar, das heißt kurz- bzw.
mittelfristig konkret umsetzbar sind. Auf der Grundlage einer Situationsanalyse werden dabei Planungsschwerpunkte gebildet, um zu vermeiden, dass eine zu große
Vielzahl gleichzeitig begonnener Planungsvorhaben die vorhandenen Kapazitäten
überfordert und somit die gesteckten Ziele nicht erreicht werden können. Es bietet
sich also an, den Planungsprozess in solchen Bereichen zu beginnen, in denen eine
Weiterentwicklung des Netzwerks besonders dringlich erscheint. Die Planungsschwerpunkte sollten in einem Planungshandbuch festgehalten und zugänglich werden, um die Transparenz des Planungsprozesses zu unterstreichen.
Ausgangspunkt der Behindertenhilfeplanung ist eine Analyse des Behindertenhilfesystems. Diese Analyse ist zugleich auch als Teil einer Sozialberichterstattung zu
187
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
sehen, insofern damit eine systematische, kontinuierlich fortzuschreibende Erfassung
von Strukturen und Problemlagen zu verstehen ist und sollte in einem Behindertenhilfeplan münden. Begonnen wird mit einer breit angelegten Situationsanalyse, die in
einer Stärken- und Schwächenabschätzung der örtlichen Behindertenhilfe mündet.
Die in der Analyse erhobenen Informationen und Daten vorhandener Datenbestände
werden sodann bewertet und dienen als Grundlage für die Maßnahmeplanung. Eventuell können weiterführend vertiefende Analysen zum Hilfebedarf durch Planungsgremien, beteiligte Akteure oder externe Expert/inn/en durchgeführt werden.
Folgende Arbeitsschritte beinhaltet die Analyse und Sozialberichterstattung zur örtlichen Behindertenhilfe:
• Auswertung sozialstatistischer Daten;
• Erhebung zu den Angeboten und der Struktur des Netzwerks der Behindertenhilfe;
• Analyse von Kooperationsstrukturen im Netzwerk der Behindertenhilfe;
• Analyse der administrativen und politischen Strukturen und von ausgewählten
politischen Maßnahmen bzw. politischen Entscheidungsprozessen im Politikfeld der lokalen Behindertenhilfe sowie
• Rekonstruktion der Entwicklung des Hilfearrangements für einzelne Personen.
Auf der Basis der Analyse des Netzwerks der Behindertenhilfe werden einzelne
Maßnahmeplanungen und -umsetzungen konkretisiert. Die Planung und Aktualisierung konkreter Maßnahmen ist als kontinuierliche Aufgabe im Planungsprozess anzusehen. Um Umsetzungschancen zu erhöhen, muss die Maßnahmeplanung
beteiligungsorientiert, das heißt unter Einbeziehung aller von einer Maßnahme betroffenen Akteure angelegt sein. Maßgeblich für die Planung einzelner Maßnahmen
sind die übergreifenden Planungsziele und -ansätze, über die im zentralen Planungsgremium Einigung erzielt wurde. Zudem lassen sich tatsächliche Veränderungen nur dann erzielen, wenn Maßnahmeplanungen klare Arbeitsaufträge enthalten
sowie in ihrer Umsetzung und Wirkung überprüfbar sind. Weiterhin müssen die Maßnahmen im Sinne der Planungsvorhaben umgesetzt und in ihren Wirkungen kontinuierlich evaluiert und analysiert werden. Hieraus ergeben sich gegebenenfalls Schritte
und Ziele für weitere Planungsvorhaben.
4. Zusammenfassung
Die örtliche Behindertenhilfeplanung nach dem NetOH-Konzept versteht sich als fortlaufender Prozess zum Aufbau eines Netzwerkes Offener Hilfen, das Menschen mit
Behinderungen durch die Herstellung individuell hilfreicher Arrangements ermöglicht,
ein selbstbestimmtes Leben zu führen und gleichberechtigt am Gemeinwesen teilzuhaben. Damit zielt die Behindertenhilfeplanung nach dem NetOH-Konzept darauf,
einen interorganisatorischen Prozess der Qualitätsentwicklung im Netzwerk der örtlichen Behindertenhilfe zu initiieren, indem verlässliche und transparente Strukturen
unter Beteiligung aller relevanter Akteure (Sozialleistungsträger, Interessensvertretungen, Anbieter von Diensten und Einrichtungen) aufgebaut werden und in einem
verbindlichen Behindertenhilfeplan münden.
Die Erarbeitung eines solchen Behindertenhilfeplans bietet Chancen zur Initiierung
einer integrierenden und kontinuierlichen Behindertenhilfeplanung. Zentraler Bestandteil eines Behindertenhilfeplanes ist über die Analyse und die Maßnahmeplanung hinaus die Entwicklung von Planungsinstrumenten und die Beauftragung eines
Planungsgremiums, dass den Planungsprozess auf Dauer sicher stellt. Damit kann
eine kontinuierliche Fortschreibung der Planungsgrundlagen ermöglicht und das Ziel
188
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
erreicht werden, Behindertenhilfeplanung nicht als einmaligen oder in großen zeitlichen Abständen zu wiederholenden Kraftakt zu betreiben, sondern einen kontinuierlichen Planungsprozess zu initiieren und in einem fortlaufend zu aktualisierenden
Planungshandbuch zu beschreiben.
Gleichwohl darf nicht außer Acht gelassen werden, dass eine örtliche Behindertenhilfeplanung vor großen Herausforderungen steht, die einen Planungsprozess behindern können:
• Die fehlende gesetzliche Festschreibung eines kommunalen Planungsauftrags
setzt voraus, dass sich alle relevanten Akteure freiwillig am Planungsprozess
beteiligen.
• Das zersplitterte Hilfesystem macht es schwierig, alle notwendigen Akteure zu
identifizieren und die verschiedenen Interessen in den Planungsprozess zu integrieren.
• Mit der nach wie vor vielerorts vorhandenen uneinheitlichen Zuständigkeit für
die ambulante und stationäre Eingliederungshilfe gehen unterschiedliche Finanzierungslogiken einher, die bislang den Aufbau örtlicher Netzwerke Offener Hilfen eher blockieren.
• Viele Angebotsträger hegen Skepsis gegenüber einem regionalen Planungsauftrag, da dieser voraussetzt, dass eigene Planungsvorhaben offen gelegt
werden.
• Schließlich gibt es bislang wenig Erfahrung mit der Beteiligung von Menschen
mit Behinderungen in Planungsprozessen. Die Einbeziehung Betroffener ist
aber unabdingbar, sollen Veränderungen hin zu einem für die Belange von
Menschen mit Behinderungen sensibilisierten Gemeinwesen erzielt werden.
Trotz der eben dargestellten Schwierigkeiten und Probleme, mit denen eine örtliche
Behindertenhilfeplanung konfrontiert werden kann, führt an einem umfassenden, einzelne Angebote übergreifenden örtlichen Planungsansatz kein Weg vorbei, um die
stationäre Versorgungslogik gerade im Bereich der Hilfen für Menschen mit geistiger
Behinderung zu durchbrechen und ein örtliches Netzwerk Offener Hilfen zu schaffen,
in welchem Betroffene Unterstützungsleistungen vorfinden, die individuell bedarfsund wunschgerecht sind. Damit verbindet sich gleichwohl das Bewusstsein, dass
dies hohe Anforderungen an Angebotsträger, die kommunale Sozial- und Gesundheitsverwaltung, die Kommunalpolitik, aber auch an Menschen mit Behinderungen
und ihre angehörigen selbst stellt.
Im Auftrag der Kreise Olpe (Nordrhein-Westfalen) und Ahrweiler (Rheinland-Pfalz)
hat das Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste der Universität Siegen
unter Beteiligung aller örtlich relevanten Akteure auf der Grundlage einer Analyse der
dortigen Unterstützungssysteme die aktuelle Situation beschrieben, Prozesse der
Behindertenhilfeplanung initiiert, Empfehlungen zur Weiterentwicklung der örtlichen
Unterstützungsnetzwerke erarbeitet und in einem Behindertenhilfeplan zusammengeführt. In der nachfolgenden Präsentation sind die Schritte der Behindertenhilfeplanung nach dem NetOH-Konzept im Kreis Ahrweiler dargestellt.
189
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
5. Literatur
Aselmeier, L.; Oberste-Ufer, R.; Rohrmann, A.; Schädler, J. & Schwarte, N. (2001):
AQUA-UWO. Arbeitshilfe zur Qualitätsentwicklung in Diensten für Unterstütztes
Wohnen von Menschen mit geistiger Behinderung. Siegen
Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit Geistiger Behinderung e.V. (Hrsg.)
(1995): Offene Hilfen zum selbstbestimmten Leben für Menschen mit (geistiger)
Behinderung und ihre Angehörigen. Marburg
Kreis Ahrweiler (2005): Behindertenplan des Kreises Ahrweiler. Bad NeuenahrAhrweiler
Kreis Olpe (2003): Behindertenhilfeplan des Kreises Olpe. Olpe
McGovern, K. (2001): Netzwerk Offener Hilfen für Menschen mit Behinderungen in
der Landeshauptstadt Düsseldorf. Analyse und Empfehlungen im Rahmen des
Kooperationsprojekts ‚Netzwerke Offener Hilfen’ (NetOH). Siegen
McGovern, K.; Oberste-Ufer, R.; Rohrmann, A.; Schädler, J. & Schwarte, N. (2000):
AQUA. Arbeitshilfe zur Qualitätsentwicklung für Familienunterstützende und
Familienentlastende Dienste. Siegen
Rohrmann, A. (2000): Netzwerk Offener Hilfen für Menschen mit Behinderungen im
Kreis Steinfurt. Analyse und Empfehlungen im Rahmen des Forschungsprojekts
‚Netzwerke Offener Hilfen’ (NetOH). Siegen
Rohrmann, A.; McGovern, K.; Schädler, J. & Schwarte, N. (2001): AQUA-NetOH.
Arbeitshilfe zur Qualifizierung von örtlichen Netzwerken Offener Hilfen für Menschen mit Behinderungen. Siegen
Rohrmann, A. & Schädler, J. (2004): Individuelle Hilfen und örtliche Strukturen. Probleme und Perspektiven einer kommunalen Behindertenhilfeplanung. In: Geistige
Behinderung, Jg. 42, Nr. 3, 219-232
Schwarte, N & Oberste-Ufer, R. (1997/2001²): LEWO. Lebensqualität in Wohnstätten.
Marburg
Windisch, M.; Miles-Paul, O. (Hrsg.) (1995): Offene Hilfen. Wege zum selbstbestimmten Leben Behinderter. Dokumentation von Beiträgen im Rahmen einer Veranstaltungsreihe „Offene Hilfen in der Behindertenarbeit“, Kassel
Wissel, T., Grebe, K.; Aselmeier, L.; Oberste-Ufer, R.; Schädler, J. & Schwarte, N.
(2004): Abschlussbericht des Forschungsprojekts NetOH II. Siegen
190
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Örtliche Behindertenhilfeplanung im Kreis Ahrweiler
Klaus Kniel
Landkreis Ahrweiler
Ja, mach nur einen Plan
Sei nur ein großes Licht!
Und mach dann noch `nen
zweiten Plan
Gehn tun sie beide nicht.
B. Brecht: Das Lied von der Unzulänglichkeit
menschlichen Strebens
03/05
2
PLAN, ein Entwurf, in dem ein Ziel und seine
Verwirklichung gedanklich vorweggenommen werden
(Planung) in der Absicht, den gewünschten Effekt möglichst
sicher und ohne Umwege zu erreichen. Im weiteren Sinn
liegt ein P. bereits vor, wenn die Hauptstadien des Verlaufs
oder die Grundzüge einer Ordnung vorweggedacht werden,
statt sie dem Zufall, dem unmittelbaren Gefühl oder dem
glücklichen Einfall zu überlassen (...)
aus: Brockhaus Enzyklopädie, 17. Auflage 1972
03/05
3
191
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
03/05
4
03/05
5
192
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Entwicklung der minderjährigen und über 60-jährigen
Bevölkerung im Landkreis Ahrweiler
(Steigerung von 1990 auf 2003: Minderjährige 16,98 %,
über 60-jährige 26,14 %, Gesamtbevölkerung 12,28 %)
36.000
33.800 34.252
32.070
31.203
32.000
30.000
28.615
27.963 28.185
28.000 27.513
26.000
29.571
29.103 29.338
24.727 24.684
30.325
25.713 25.722 25.696 25.648 25.504
25.121 25.514
25.144
23.613
24.000
22.000
34.705
33.067
34.000
21.495
22.168
22.873
20.000
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003
Minderjährige
über 60 Jahre
Quelle: Statistisches Landesamt
03/05
6
03/05
7
193
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Prognos-Familienatlas 2005:
Kreis Ahrweiler gehört zu den „Unauffälligen“
03/05
9
Ausgangslage
•
Finanzielle Bedeutung der Eingliederungshilfe
• weitgehend fehlende Planung und
Steuerungsmöglichkeiten in diesem Bereich
• Einführung des Projekts „Hilfe nach Maß“ ab
Januar 2004 im Landkreis Ahrweiler
03/05
10
194
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Planung ermöglicht erst gezielten und
vorausschauenden Einsatz von Steuergeldern bei immer
knapper werdender Finanzausstattung
Haushalt 2005
Jugend
25%
übrige Bereiche
30%
23,3 Mio.
28,6 Mio.
42,6 Mio.
Soziales
45%
03/05
11
Aufteilung Sozialetat 2005
(Volumen 42,6 Mio €)
Übrige Bereiche
25%
Eingliederungshilfe
10,8 Mio €
19,0 Mio €
45%
12,8 Mio €
Grundsicherung
und Kosten SGB II
30%
03/05
12
195
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Entwicklung der Ausgaben und des Zuschussbedarfs
der Eingliederungshilfe
25.000.000
20.000.000
15.000.000
10.000.000
5.000.000
0
1998
1999
2000
Ausgaben
2001
2002
2003
2004
2005
Zuschussbedarf
03/05
13
Entwicklung Ausgaben in der Eingliederungshilfe (in %)
im Landkreis Ahrweiler
80
70
66,19
60
67,65
48,52
50
40
40,13
28,30
30
13,50
20
10
7,52
0
1998
1999
2000
2001
2002
2003
03/05
2004
2005
14
196
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Anteil der Ausgaben für Eingliederungshilfe an den
Ausgaben des Verwaltungshaushaltes des
Landkreises Ahrweiler 2005
Eingliederungshilfe
17%
19,0 Mio €
94,5 Mio €
94,5 Mio €
Gesamtvolumen
83%
03/05
15
Was verspricht sich der Kreis Ahrweiler
von der Planung im Bereich der
Behindertenhilfe des Landkreises ?
• Verbesserte Wahrnehmung der regionalen
Planungsverantwortung des Kreises im Bereich
der Behindertenhilfe
• Entwicklung von stimmigen, zukunftsfähigen
Strategien: fachlich – inhaltlich und finanziell
• Verbesserte Steuerung von Prozessen
im Bereich der Behindertenhilfe
03/05
16
197
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
• Aktive, fachlich fundierte Position und Rolle des
Landkreises
• Finanzen im Rahmen der
Eingliederungshilfe
können gezielter und bedarfsgerechter eingesetzt
werden
• Bessere Wahrnehmung der Ausgleichsfunktion des
Landkreises auch im Bereich der Behindertenhilfe
(Stichwort: ländlicher Raum)
Umsetzung des Prinzips: ambulant vor stationär
03/05
17
In Bezug auf die behinderten Mitbürger im Landkreis :
• verbesserte wohnortnähere Angebote
• durch verbesserte Infrastruktur :
Ermöglichung von Angeboten, die den individuellen
Hilfebedarf behinderter Menschen aller Altersstufen im
Landkreis dezentral optimaler berücksichtigen können
• Optimierte Rahmenbedingungen der Förder- und Umsetzungsmöglichkeiten für IHP und PB
03/05
18
198
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Planungsverlauf
03/ 2002
06/ 2002
07/ 2002
11/ 2002
Interne Vorüberlegungen
Kreisverwaltung Ahrweiler
Interne Gespräche mit
Planungsinstitutionen
(Vorauswahl)
03/05
19
25.03.2003
Auftragserteilung Kreisausschuss
an ZPE Universität Siegen
30.09.2003
Auftaktveranstaltung mit
öffentlicher Vorstellung von
Vorgehensweise
Bildung Projektgruppe
Stä
Ständige Begleitung der
Planung durch Projektgruppe
Oktober 2003
Projektgruppensitzung
03/05
20
199
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Dez. 2003 März 2004
April 2004 Juni 2004
Juli 2004
Datenerhebung und Auswertung der
Fragebögen
September
2004
Vorstellung des Planungsentwurfs in Projektgruppe
November
2004
Durchführung von drei
öffentlichen Fachforen:
Dezember
2004
Vorlage des Planentwurfs des ZPE
an Kreis
Interviewphase und
2. Auswertungsphase
Vorlage 1. Entwurfsfassung
03/05
21
März 2005
April / Mai
2005
Juni 2005
Zusammenführung Planung ZPE mit
Teilplanung
„Psychiatrieplanung“
Vorlage der Planungsergebnisse an
die Kreistagsfraktionen
und Abstimmung mit Land
Beratung und Beschlussempfehlung
des Planentwurfs und Vorschlag
Prioritätenliste durch Kreisausschuss
03/05
22
200
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Juli 2005
Beratung und Beschlussfassung der
Planung durch den Kreistag
Festlegung einer Prioritätenliste bei
der Maßnahmeplanung
03/05
23
Sozialplanung als kommunales Steuerungsinstrument
Nicht nur Bauleitplanung steuert das Gemeinwesen
Kindertagesstättenplanung, Altenhilfeplanung,
Behindertenförderungsplanung etc.
Sozialplanung dient der Standortsicherung
Finanzmisere der öffentlichen Haushalte kann Auslöser
für innovative neue Wege sein, mit dem Effekt positiver
fachlicher oder verfahrensmäßiger Veränderungen
Beispiel RLP:
Persönliches Budget / Individuelle Hilfeplanung IHP
Sozialräumlich orientierte kommunale Sozialplanung
kann nur dann erfolgreich sein, wenn Teilhabe und
Beteiligung stattfinden, die wiederum erst Akzeptanz
ermöglichen
03/05
24
201
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Am Ende der Planung:
Entwicklung von Prioritätenlisten
• kurzfristig
• mittelfristig
• langfristig (Finanzierbarkeit)
Umsetzungsbeschluss durch politische
Gremien des Kreises
03/05
25
Beschluss Kreistag
Folge 1: Bindungswirkung
Folge 2: Aufnahme von Projekten /
Maßnahmen in mittelfristiger
Finanzplanung des Kreises
03/05
26
202
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Ergebnis 1:
Qualitative Verbesserung des
Angebots für behinderte Menschen
im Landkreis Ahrweiler
Ergebnis 2:
bessere Steuerungsmöglichkeiten
durch Landkreis
03/05
27
Weiteres Ziel:
(möglichst weitgehende) Akzeptanz
trotz unterschiedlicher Interessenlagen
Gemeinden
Kreis
Einrichtungen der
Behindertenhilfe
Behinderter
Mensch
Angehörige
Private
Anbieter
IHP/PB
Land
Wohlfahrtsverbände
03/05
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203
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
• Planung hat Wirkung und Auswirkung auf den
„Markt“
• Teilhabeplanung kann nicht neutral sein
• Planung ist politische Notwendigkeit
und kann innovativer Antrieb sein
• Planung hat einen Sicherstellungsauftrag
03/05
29
Warum haben wir uns bei der Planung für das „Netzwerk
Offener Hilfen“ (NetOH) des ZPE der Universität Siegen
entschieden?
1. Weil wir der Auffassung waren und auch heute noch sind, dass die
dargestellten Planungsziele des Landkreises am ehesten mit dem
hier entwickelten Konzept zu erreichen sind
2. Weil der in Gang gesetzte Planungsprozess und die dabei
angewandten Methoden und Vorgehensweisen nach dem „NetOH“ –
Prinzip eine größtmögliche Beteiligung der unterschiedlich von der
Planung Betroffenen sicherstellt und deshalb als Teilhabeplanung
gekennzeichnet werden kann
3. Weil wir zuversichtlich waren und sind, dass im Hinblick auf die
konzeptionell vorgesehene und tatsächlich realisierte hohe
„Beteiligungsdichte“ eine große Akzeptanz der Planungsergebnisse
erfolgen wird
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Exploring the Relationship between Person-centred
Planning and Care Management in England
Paul Cambridge
Tizard Centre/University of Kent at Canterbury
Introduction
Individualisation and person-centred services for people with intellectual disabilities
are relatively well established in England, and three policy trends help explain this de-institutionalisation and the demonstration of effective care in the community in the
late 1980s (Renshaw et al, 1988; Renshaw, 1987; Knapp et al, 1992; Cambridge et
al, 1994 and 2002), the development of care management and its transfer from pilot
schemes (Challis and Davies, 1986; Challis et al, 1990) to become a mainstream
social policy instrument (Department of Health, 1989; Department of Health Social
Services Inspectorate, 1991) and the promotion of choice and social inclusion for
people with intellectual disabilities (Valuing People, Department of Health, 2001),
built on an established trend for user participation. Person-centred planning (PCP)
and direct payments became key policy instruments just as care management had a
decade earlier.
Despite these developments, micro-organisation in services for people with intellectual disabilities in England – care management, PCP and direct payments - remains
fragmented and complex (Carmichael and Brown, 2002), with poor co-ordination and
implementation. Successive changes have also been made without a review of how
these arrangements might be integrated, despite care management, PCP and direct
payments remaining responsibilities of local authority social services departments.
Moreover, all were implemented with little prescription. Although much permissive
advice was given about the implementation of care management (Department of
Health Social Services Inspectorate, 1991), there was a scarcity of guidance about
how the various arrangements should inter-relate, other than to acknowledged that
care management was the main way individuals linked with services (Department of
Health, 2001, s. 4.18, p. 49).
PCP and direct payments in England also need to function in sometimes complex social care markets, requiring links with service planning and commissioning, as did care
management and individual service planning (Wertheimer and Greig, 1993; Greig et
al, 1996; Cambridge, 1999). Links between PCP and other micro-organisational systems such as direct payments (Holman and Collins, 1997; Department of Health,
2001) have been little explored, although some work has examined how PCP and
direct payments and PCP and care management might inter-relate (Beadle-Brown,
2005; Duffy and Sanderson, 2005; Cambridge and Carnaby, 2005).
The characteristics of individualisation and PCP
An early occasional paper by the Audit Commission (1987) on intellectual disability
and community care promoted individual care planning in the context of an individual
pre-Griffiths (Department of Health, 1988) case managed approach:
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
‘Care plans need to be tailor made. This requires and individual case-managed approach, based on thorough comprehensive assessment taking into account not only
each person’s abilities, but also their circumstances in the community, the needs of
their family and friends, and their own aspirations.’ (Audit Commission, 1987, p. 8).
With the exception of integrated assessment, this language uncannily echoes that of
PCP today, although there remains little evidence of an integrated approach.
Prior and in parallel to the development of care management in the 1980s and 1990s
ran the application of numerous individualised service planning systems (Blunden,
1980), including individual programme planning (Kyle and Roche, 1983; Jenkins et
al, 1988), needs planning (Goldberg and Warburton, 1997) and service planning (see
Mansell and Beadle-Brown, 2004 for a commentary), more explicit person-centred
planning arrangements (Brost et al, 1982; Pearpoint et al, 1996; O’Brien and O’Brien,
2000) and a bundle of branded individual planning systems such as Essential Lifestyles Planning (Smull and Burke Harrison, 1992; Sanderson, 2002), Goal Planning
(Houts and Scott, 1975) and Personal Futures Planning (Mount, 1987). In the context
of British social care practice and policy this exploration has culminated in PCP.
User centred models such as PCP in North America and England (Department of
Health, 2001) tend to be explicitly value led and are generally part of wider cultural
initiatives (Wolfensburger, 1972 and 1980; O’Brien and Tyne, 1981; Kings Fund,
1980), including social inclusion (Department of Health, 2001). Other arrangements
were more administratively or bureaucratically driven, with individual service planning
or programme planning seen as a device for helping plan services and support (Mansell and Beadle-Brown, 2004). There were also market led arrangements such as
individual service specifications or contracts (Cambridge and Brown, 1997; Greig et
al, 1996), forms of individualised funding which feed into individual service planning,
such as the dowry payments associated with the Care in the Community programme
(Renshaw et al, 1988; Knapp et al, 1992) and direct payments to service users
underpinning user led approaches to PCP (Holman and Collins, 1997; Department of
Health, 2001), often referred to as personal budgets in care systems outside the UK.
PCP is essentially different from individual service planning as it seeks to identify and
meet aspirations through a readiness model, providing support to achieve rather than
limiting goals and including service users and mobilising informal supports rather
than excluding them to broaden and deepen the range of services and resources
employed (Sanderson, 2000; Mansell and Beadle-Brown, 2005). However, experience implementing of individual service planning suggests inconsistency (Social Services Inspectorate, 1989), incomplete care plans and a lack of uniform systems for
assessment and care planning (Social Services Inspectorate, 1998). Other work has
highlighted the necessity to specifically involve service users in individual planning
(Carnaby, 1997 and 1999).
The variability between various individualised service planning and PCP arrangements consequently reflects different values and philosophies, the varying extent to
which staff, managers and professionals lead the process, the different objectives
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
and goals and the extent to which service users are involved (Sanderson, 2002,
O’Brien and O’Brien, 2000; Mansell and Beadle-Brown, 2004).
The characteristics of care management
During its early development, options for organising and targeting care management
were already diversifying (Brandon and Towe, 1989; Beardshaw and Towell, 1990;
Department of Health Social Services Inspectorate, 1991; Cambridge, 1992). The
Griffiths Report (Department of Health, 1988) had shifted emphasis from ‘case’ to
‘care’ management, creating a level of ambiguity continuing through the mainstreaming of care management (Cambridge, 1999; Cambridge et al, 2005; Challis, 1994;
Huxley, 1993).
This woolliness also exacerbated a drift towards increasingly diverse and often generic care management arrangements, with imprecision also encouraged by Government guidance (Department of Health Social Services Inspectorate, 1991). This
trend was apparent in intellectual disability (Cambridge, 1999), services for older
people (Weiner et al, 2002) and even in mental health (Sainsbury, 1996; Challis et al,
1998), where the Department of Health was urging the integration of mainstream
mental health care management and the care programme approach (Department of
Health 1995 and 1996). As a consequence however, the tight arrangements and
devices used by the original ‘case’ management experiments, with proven cost effectiveness, were generally lost.
A number of models surfaced with the mainstreaming of care management. User
centred arrangements, which attempt to put the service user at the centre of care
management relationships and decision-making - in some by the user acting as their
own care manager (Department of Health Social Services Inspectorate, 1991) - were
heavily influenced by normalisation and were primarily value led (Cambridge, 1992)
relying on small caseloads to work effectively. More recent examples include exchange models (Duffy and Sanderson, 2005). However, such approaches tend to be
compromised by the accountability of care managers to social services departments
and their statutory responsibilities for assessment.
Micro-budgeting arrangements within care management, with care managers holding
devolved budgets of having access to ring-fenced resources for purchasing services
following needs assessment or review, rely on targeting procedures in order to match
resources to needs, drawing on key devices from the early British ‘care’ management
experiments (Challis and Davies, 1986; Davies and Challis, 1986; Challis et al,
1990). Also defined as a social entreprenuersip model (Department of Health Social
Services Inspectorate, 1991), such approaches were heavily influenced by cost and
market management (Greig et al, 1996; Cambridge 1999). In North America brokerage in care management was explicitly linked to accessing care markets (Cnaan,
1994; Petch, 1996; Sturgess, 1996), whereas in the UK it was interpreted more as a
form of independent co-ordination (Brandon and Towe, 1989; Beardshaw and Towell,
1990).
Quasi-independent care management (Cambridge, 1992) mirrors independent agency arrangements (Department of Health Social Services Inspectorate, 1991), where
care managers are independent of service providing or the statutory agencies,
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
possibly located in the voluntary sector. Their original model envisaged care management as best operating independently or semi-independently of the statutory
agencies (Banks and Kerr, 1988) and has evolved through consumerist approaches
to a form of care management organised around direct payments (Holman and Collins, 1997; Department of Health, 2001; Beadle-Brown, 2005), generally within the
context of independent living organisations (Department of Health, 2004).
Administratively or professionally led care management is typified by care managers
acting as agents of the statutory agencies and accountable to social services or joint
teams, with varying levels of client group specialisation (Cambridge, 1992 and 1999;
Cambridge et al, 2005). Such arrangements are generally driven by assessment and
screening. The Griffiths model of care management was essentially one determined
by the organisational need to manage care and resources for a client group (Department of Health, 1988), setting the scene for the mainstreaming of care management
in (Department of Health, 1989). Arrangements such as shared core tasks models
where responsibilities were shared across a mixed economy, delivery from multidisciplinary teams or a single agency (Beardshaw and Towel, 1990), key-worker arrangements (Dant and Gearing, 1990), social workers acting as care managers (Lewis et al, 1997) or a range of operationally determined arrangements (Cambridge,
1992) are the many variants of this model.
Therapeutic or clinical models of care management, where social workers and other
specialists work closely with the service users on their individual or collective caseloads by providing various inputs or support, include professional advocacy or assertive outreach (Huxley, 1993). Specialist challenging needs or multi-disciplinary
community ‘learning disability’ teams may play such a role, although such arrangements have tended to develop more in mental health (Onyett, 1992), evolving
through the care programme approach (Department of Health, 1995, 1996 and
1999), although implementation and operation have similarly varied (Schneider at al,
1999).
User-centred and quasi-independent approaches to care management come closest
to PCP in their philosophy and values, but remain compromised operationally by the
statutory responsibility for assessment and resource allocation remaining with care
managers on social services teams, risking the greatest fractures with the values of
PCP and user-centred micro-organisation.
Opportunities and limits
Social policy brutalists might observe that PCP is simply two juxtaposed core tasks of
care management (Challis and Davies, 1986; Department of Health, 1989), representing its reduction to a form of enhanced individual service planning and case review. Operational congruencies are indeed evident. The implementation lead for
both care management and PCP rests with local authority social services departments. Functionally, care managers assess needs and co-ordinate individual service
packages across complex social care markets. PCP similarly seeks to develop individual service and resource packages to affect action to changes people’s lives using
a complex mix of formal and informal resources.
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Many of the functions of care management also mirror those attributed to PCP, including continuity – ‘the movement of each individual client from application status to case
closure’ (Henke et al, 1975); integration – ‘the lynch pin of an individual needs led service’ (Audit Commission, 1989); co-ordination - ‘the glue that binds otherwise fragmented services into arrangements that respond to changing needs’ (Freedman and
Moran, 1984); and coherency - ‘the organisation of information, resources and worker
responsibility around the needs and wants of individual service users’ (Cambridge et
al, 1994). These similarities certainly suggest the logic of developing an explicit working relationship between PCP and care management.
Conversely, whereas care management is embedded in organisational, administrative or professional interests, PCP relies on informal social and community networks
and supports (Department of Health, 2001; Sanderson, 2000). Despite the markers in
Vauling People, PCP and care management remain largely separate systems, with
few rationales about the potential inter-relationship (Duffy and Sanderson, 2005;
Cambridge and Carnaby, 2005).
Opportunities to define effective working relationships between care management
and PCP and to develop general lessons are limited by the wide variability within
both care management and emerging models of PCP within and between local authorities. Individual variations are also evident, such as between relatively able people with intellectual disabilities who may receive direct payments (Beadle-Brown,
2005) and those able to utilise networks and circles of support (Clark et al, 2005) to
people excluded because they use non-traditional forms of communication (Bradshaw, 2005) or the severity of their disability means they are unable to participate in
conventional ways (Carnaby and Cambridge, 2002). Others may be excluded on the
basis of culture (Shah, 2005) or sexuality (Carmichael and Brown, 2002) or because
they are particularly vulnerable, having been abused within or outside care settings
(Brown and Scott, 2005).
Micro-budgeting and individualisation
Dowry payments were fixed individual budgets used to assist with deinstitutionalisation and the development of Care in the Community (Department of
Heath and Social Security, 1983; Renshaw et al, 1988; Knapp et al, 1992). Although
they removed the financial disincentives to de-institutionalisation, being at a fixed level, they also provided a disincentive to move people with expensive or complex
support needs out of long-stay hospitals. However, local authorities such as Somerset effectively used them to assist with the strategic planning and funding of deinstitutionalisation (Cambridge et al, 1994). Other Care in the Community pilot projects such as Maidstone, developed explicit micro-budgeting arrangements where
care managers has access to aggregate maximum budgets from the dowry payments
for purchasing individualised services (Cambridge 1992), allowing them to match resources to needs across caseloads and at the service level. An important constraint
however, proved to be the difficulty in constructing thwe required management information systems linking costs, needs and service utilisation (Browning, 1991; Cambridge, 1999).
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Direct payments (Holman and Collins, 1998; Department of Health, 2001) consequently had their genesis in individual funding, but also more explicitly commercial
service brokerage models (Brandon and Towe, 1989) developed during the initial
implementation of the social care market (Department of Health, 1989). Although
take up has been relatively low (Department of Health, 2004; Commission for Social
Care Inspection, 2004), they represent an important component of microorganisation, but essentially outside care management and PCP. Although the management of direct payments for people where capacity or consent is limited is seen to
fall to agents or independent living organisations, reference to the relationship between direct payments and care management has been minimal in the implementation guidance (Department of Health, 2004, p. 7).
Direct payments share common features with personal budgets developed in other
European countries (Beadle-Brown et al, 2004), providing pointers to a possible interrelationship to micro-budgeting in care management, such as those developed by
some of the original care management experiments (Challis and Davies, 1986) and
the Care in the Community pilot projects (Cambridge et al, 1994; Cambridge 1992).
All are allocated from the administration or local government - pilot personal budget
projects in Germany (Cambridge and Ernst, 2004) from the local administration,
mainstream personal budgets in the Netherlands from the local care office and personal budgets in Flanders, Belgium by the Flemish government (Gevaert and Breda,
2005). However, marked differences are also evident, including targeting and eligibility criteria, budgetary ceilings, spending restrictions and operational remits (Cambridge and Ernst, 2004).
In Flanders a ceiling to personal budgets exists which is not the case with direct
payments in England, other than the amount made available to purchase hours of
personal assistance. In Flanders, only personal assistance that can be purchased
through personal budgets, but this requirement is similarly assessed in terms of total
hours. In Sweden, entitlement to hours of personal assistance is also calculated but
these are provided outside a personal budget (Ericsson, 2002) to create what is essentially a flexi-budget targeted at personal assistance needs.
A particularly insightful observation for promoting individualisation in the form of time
or monetary budgets is that they appear to operate successfully across very different
macro-organisational conditions and policy domains - highly commodified markets in
England, mixed economies in the Netherlands and Belgium, internal markets in the
big providing institutions in Germany and direct provision from the public sector as in
Sweden. The lessons seems to be that regardless of macro-organisation or policy
system, such mechanisms are helping to individualise and de-institutionalise intellectual disability services and provisions.
Personal budgets and direct payments have their disadvantages however. The main
criticism is that they provide for loose accountability for the spending of public monies. However, if they are used to pay informal family and other carers, who are usually women, there important equity and social justice gains to support such a flexible
use of resources. As with PCP however, they need to be managed in culturally appropriate ways (Shah, 2005) and be responsive to diversity (Carmichael and Brown,
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Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
2002) to be effective for the person. Another problem is that they risk raiding limited
resources from existing public services and generating fear on the part of professionals such as care managers (Carmichael and Brown, 2002). However, if public services are appropriate and value for money, service users are able to purchase them
and if co-operative strategies are constructed by care managers (Department of
Health, 2004), then new ways of partnership working between users and professionals can be developed.
Similar to tactical purchasing by care managers and GP fund-holding in a health context in England (Butler, 1992), direct payments have the potential to undermine strategic planning and commissioning, underlining the necessity to construct links
between PCP, direct payments and commissioning (Medora and Ledger, 2005). The
alternative is a likely long-run dis-investment in public services, with deprofessionalisation, de-specialisation and deskilling of the intellectual disability workforce, reinforcing the drift to genericism and de-differentiation. Top-slicing, capping
and ring-fencing could help protect specialist resources in intellectual disability unlikely to be met by the informal sector, although evidence suggests local authorities are
not always successful in managing a range of provision in complex social care
markets, for example the volume, cost and dubious quality of many out of authority
placements (Pring, 2004; Becker, 2005), high levels of abuse in such placements
(Cambridge and Parkes, 2005) and continuing lack of competence in areas such as
challenging needs (Mansell, 1993).
Duffy and Sanderson (2005) identify distinct roles of support co-ordination and resource allocation for care managers. The support co-ordination approach sits most
comfortably with PCP as fundamental concerns are evident in relation to developing
person-centred arrangements in models of care management which are linked to
cost management and contracts (Cambridge 1992; Cambridge and Brown, 1997;
Cambridge, 2005). First, service users tend to be excluded from purchasing decisions and processes, with responsibility and power retained by managers and professionals in the statutory agencies, counter to the aim of participation in PCP.
Second, cost led purchasing tends to dominate as the expense of needs led purchasing, with business management and cost containment being given a priority, counter
to the emphasis on aspirations in PCP. Third, institutionalised patterns of purchasing
develop within imperfect care markets, and although just-in-time production (Cambridge and Brown, 1997) and last minute purchasing may tie well with PCP it could
also undermine the effort of strategic planning to change the configuration of available services for the better.
The location of assessment
Needs assessment is a core task and function of care management in Britain, both in
the early experimental approaches (Challis and Davies, 1986; Davies and Challis,
1986; Challis et al, 1990) and through central policy dictate with the mainstreaming of
care management (Department of Health, 1989; Department of Health Social Services Inspectorate, 1991), with statutory responsibility on the part of local authorities
to undertake needs assessment. Unlike other care systems in Europe (Beadle-Brown
et al, 2004; Cambridge and Ernst, 2004), there is no statutory right of access or eligibility to intellectual disability services, making needs assessments conducted by care
managers an essential instrument for matching resources to needs.
211
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Decisions about eligibility for direct payments also remain with local authority social
services departments (Department of Health, 2001 and 2004), even thought direct
payments effectively devolve decisions concerning micro-budgeting and spending to
service users, their representatives or independent living organisations. This suggests the logic in integrating decision-making in assessment and eligibility to avoid
the added complexity of two-tier ‘assessments’, one within care management and
one outside care management through direct payments. This would also enable a
clearer relationship with the information generated by PCP to be established. The
implementation guidance for direct payments (Department of Health, 2004, p. 9) observes that ‘Partnership in community care assessment process is crucial…’ but fails
to address the question of integrated assessment and decision-making and the possible extent of devolution to service users or the representatives based on PCP.
Empowerment in assessment (Smale and Tuscon, 1993) is limited by the need for
care managers to perform their statutory duties. It would also remain constrained by
the requirement of local authorities to target resources and match resources to individual needs with care managers accountable to social services department rather
than service users. Duffy and Sanderson (2005) have categorised three models for
assessment. The procedural model tends to reflect the status quo, where organisational interests lead care management, as does the questioning model, where for
example assessment is primarily a structured exercise led by form filling and bureaucratic demands without getting-to-know the person (Cambridge, 1999). The exchange model comes closest to person-centred assessment and care management
as it assumes that the person themselves is the expert on their life and problems,
with the professional role helping develop a shared understanding of solutions. However, this requires an intensity of relationship generally impossible within current care
management arrangements by virtue of role conflict, resource constraints and sheer
caseload size. Two options are available - retain assessment within the statutory sector and move care management outside to independent agencies or legislate for truly
person-centred assessment, devolved to users and carers. The latter option comes
close to enhanced direct payments, and might function totally outside care management or within a new independent model of care management.
Models for PCP and care management
A number of options are evident for the relationship between PCP and care management (Cambridge and Carnaby, 2005) and these can be developed to provide four key
models (Figure 1):
1. PCP and care management operate independently of each other as separate systems – largely reflecting the status quo
2. Operational connections are developed between PCP and care management,
providing some systems overlap – reflecting current efforts within some social
services departments
3. PCP integrated within care management systems – representing a relatively reactionary solution
4. Care management integrated within a system of PCP – representing a new radical model
212
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
The characteristics of each option are now mapped and the problems and potentials
identified.
1. PCP and care management operate independently of each other as separate systems
Although this model offers the advantage of relative independence and objectivity for
the performance of PCP, it requires a management wall between the PCP facilitator
employed by the public agencies and the care manager, as both functions are embedded in local government social services. The main risk is that professionals and
resource holders in the statutory sector, potentially able to assist in accessing formal
services or providing direct therapeutic or practice inputs, will become isolated. Such
people have the capacity to act as professional advocates and the potential to access additional formal resources. Conversely, separation reduces the risk of resource led decision-making, provides an opportunity to incorporate resources in
decision-making from the receipt of direct payments and facilitates independent advocacy.
2. Operational connections are developed between PCP and care management, providing some systems overlap
This represents the most pragmatic model, with a level of formal and informal dialogue and exchange facilitated between PCP and care management. Such a relationship would require transparent operational guidelines and protocols for managing
the conflicts of interest that risk surfacing regarding accountability to the local authority for needs assessment and resources on the one hand and user empowerment
and self-advocacy on the other. An operational overlap would however help integrate
the service and support needs identified through PCP with macro-level service planning, with the additional capacity to target care management funds to service improvements or help meet aspirations. The potential for developing creative links with
direct payments also remains, along with the possibility that direct payments will fail
to interface adequately with PCP or care management.
3. PCP integrated within care management systems
In this model PCP would become an enhanced core task of care management, facilitated by the care manager. Shared core task approaches to care management might
also provide the opportunity for separate facilitation of PCP within care management
and the sharing of responsibilities with provider services. The major risk of such cohabitation is subversion of the status and aspirations of service users by administrative, budgetary or professional interests, leading to the decay of PCP, petrification of
planning and action and loss of the readiness approach. The major potential gain is
structural efficiency and the capacity to construct direct lines of information with service planning and commissioning, although such links could be constructed outside
the co-habitation of PCP within care management.
4. Care management integrated within a system of PCP
This model represents the most radical approach but also the most difficult to achieve
organisationally, as it would require de-institutionalisation and reorganisation of care
management itself, with a new person-centred care management operating within
person-centred organisations and determined by the outcomes of PCP. This ap213
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
proach would break the traditional alignment of care management with the public
sector and its relationship with assessment. However, arguments in support of this
model are well rehearsed, mirroring those for independent care management agencies located outside the public sector (Banks and Kerr, 1988; Department of Health
Social Services Inspectorate, 1991). Such a care management would likely need to
incorporate service brokerage functions (Brandon and Towe, 1990), be linked to the
management of direct payments and ideally based in not-for-profit independent living
organisations who already have the capacity to help co-ordinate services (BeadleBrown, 2005).
Developing a new care management
A relationship and exchange between care management, PCP and other microorganisational arrangements such as direct payments is desirable, and the options
discussed in this paper provide a framework for considering the advantages and disadvantages of different approaches. However, there are strong arguments for not
having the closeness of relationship with care management promoted for individual
service planning arrangements in the 1980s and 1990s. Much has changed in British
social care and we now have care markets and direct payments, with the user voice
receiving prominence. Responsibilities for assessment and matching resources to
needs are central to the performance of care management yet sit very uncomfortably
with the aspirations and readiness approach developed by PCP. With such approaches continuing to expand, questions about the continuing merit and function of
care management itself become ever more stark.
Care management has been operating for a decade and a half without a comprehensive review of its function or effectiveness. Currently social services departments are
responsible for care management (including assessment), the administration of direct
payments and the facilitation of PCP. If care management is to work productively with
PCP then it may need to abandon its statutory ties with assessment and social services departments to become a new semi-independent function working to rather
than alongside PCP (Model 4, Figure 1). This will require a new brokerage model of
care management, ostensibly to negotiate resources, be they direct payments or access to mainstream services from those undertaking needs assessment in social services. Needs assessment would need to remain a function of social services due to
the importance of maintaining accountability for public funds and to ensure effective
targeting and equity when matching resources to needs. Assessments for direct
payments and/or the accessing of a more traditional package of services by the new
care managers could then be better integrated, although people with intellectual disabilities themselves or their independent care manager-brokers would need to be
involved in new person-centred assessment processes.
The new person–centred care management would work in tandem with direct payments and in partnership with community groups such as independent living organisations and self-advocacy organisations for people with intellectual disabilities, and
would need to be informed by PCP. Without PCP facilitators from social services, the
new care manager-brokers could also help facilitate PCP, working for not-for-profit
agencies, through funding agreements with social services departments or the Department of Health. For people with severe disabilities who do not have the capacity
to consent or make decisions on important aspects of their lives, specialist care man214
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
ager-brokers would work alongside assessors and provider services but within the
independent agency or living organisation, helping ensure that people without an
‘ability to manager or direct’ (Department of Health, 2004) have their interests represented from the PCP process and have the necessary help or guidance from advocates.
Not every person with an intellectual disability currently receives care management
and when received, it varies widely in specialisation, intensity and quality (Cambridge, 1999). In some authorities care managers are members of joint learning disability teams and have very limited caseloads, with more able people with intellectual
disabilities not receiving care management. In others more generic care management
teams care manage much larger populations. Elsewhere, people only receive care
management when assessment is undertaken or a crisis develops. Approaches to
integrated micro-organisation will also need to vary, but there are strong arguments
on grounds of equity, for every person with an intellectual disability having the option
of a new independent care manager-broker. They might not need them at every point
in their lives, but should have a named care manager to contact should this be required or should they need help developing a PCP. Contact frequency and intensity
and the tasks undertaken by care managers such as negotiation with those undertaking social services assessments, professionals on intellectual disability teams or with
service provider organisations, would depend on a number of factors. These would
include the levels of needs and complexity of resources involved, the stages in people’s lives, such as transition to adult or older people’s services (Carnaby and Lewis,
2005), the outcomes and requirements of PCP itself and the brokerage needs of
those receiving direct payments. It would also depend on people’s capacity to manage their own care. For people with more severe intellectual disabilities or those with
challenging needs, the care manager would for example need to work closely with
professionals from health or social services such as communication therapists, challenging needs workers or psychologists from community teams.
The important consideration for the new care management is that it remains independent of public services and has the capacity to co-ordinate care and resources
based on a person-centred perspective and informed by PCP. Only by exploring such
arrangements are we likely to develop more efficient, effective and truly personcentred micro-organisation in services for people with intellectual disabilities. However, to reach its potential, it will also require new person-centred organisations and
working methods (Sanderson, 2003; Osgood, 2005; Medora and Ledger, 2005;
Mansell et al, 2004). These will encourage user involvement through advocacy and
circles of support (Clarke et al, 2005), have the capacity to include people with more
severe intellectual disabilities and those who use non traditional forms of communication (Bradshaw, 2005; Jones, 2000) or who have been excluded on the basis or race,
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Von der Angebotsplanung zum örtlichen Teilhabeplanung –
Perspektiven der örtlichen Behindertenhilfeplanung
Dr. Johannes Schädler
Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste der Universität Siegen
1. Einführung
Es gehört zu den festen Errungenschaften von modernen demokratischen Gesellschaften, dass Menschen, denen der Status ‚geistig behindert’ zuerkannt wird, einen
Anspruch auf staatliche Unterstützungsleistungen haben. Jedoch ist seit einer Reihe
von Jahren in der internationalen (und in unserer deutschen) Fachdiskussion die in
großen Anstalten sowie in teilstationären Wohnheimen (community homes) erbrachte
Form der Hilfen in die Kritik geraten. In einigen europäischen Ländern wurde mit dem
Begriff der De-Institutionalisierung ein Übergangsprozess initiiert und weitgehend
abgeschlossen, in dem diese Hilfeformen durch andere, stärker individualisierte, an
Lebensqualität, Inklusion und Selbstbestimmung orientierte Dienste ersetzt wurden.
Diese neuen Formen der Hilfe werden im deutschen auch mit ‚Offenen Hilfen’ bezeichnet. Hier am ZPE bemühen wir uns schon seit einigen Jahren darum, den Typus der Offenen Hilfen konzeptionell auszuarbeiten. Im Prinzip rekurrieren wir dabei
auf die Leitformel ‚ambulant vor stationär’ in § 3a des damaligen BSHG, die im vergangen Jahr 20. Geburtstag hatte. Auch in Deutschland sind wir - insgesamt gesehen - auf dem Weg der Umsetzung des Paradigmenwechsels vorangekommen. Viele
werden sagen ‚zu langsam’, gleichwohl konnten in den Veränderungsprozessen
wichtige Erfahrungen gewonnen sowie erfolgreiche Ansätze und Schwierigkeiten identifiziert werden, die den Reformprozess künftig erfolgreich beschleunigen können.
In meinem Referat möchte ich die These vertreten, dass ein personenzentrierter Ansatz in der Behindertenhilfe in örtliche Prozesse der Sozialplanung eingebettet sein
muss.
Zunächst einige historische Anmerkungen, die deutlich machen sollen, dass örtliche
Behindertenhilfeplanung deswegen vielfach sperrig, mühsam und auf den ersten
Blick vielleicht manchen auch fremd oder gar überflüssig erscheint, weil es sich um
eine sich neu stellende Aufgabe handelt. Die Argumentation mündet darin, dass örtliche Behindertenhilfeplanung von zwei Polen aus konzipiert werden muss: Zum einen
geht es darum, ausgehend von personenzentrierten Hilfeplanungen auf die einzelne
Person zugeschnittene flexible Hilfen auch kurzfristig verfügbar zu machen. Dies
setzt zum anderen aber allgemeine Angebotsplanungen voraus, die im Sinne der
kommunalen Daseinsfürsorge ein qualifiziertes örtliches Hilfenetzwerk vorhalten, auf
das im Bedarfsfall zurückgegriffen werden kann. Eine solche Angebotsplanung sozusagen aus Systemperspektive erfährt aber durch Ansatz der Antidiskriminierung
eine weitergehende Perspektive: die Teilhabeplanung. Dieser ‚MainstreamingAnsatz’ hat seine Wurzeln in den UN-Standard Rules, die im Aktionsplan zur Antidiskriminierung der Europäischen Union in der Folge von Art. 13 des Vertrags von
Maastricht europaweit aufgegriffen wurden. (Vor diesem Hintergrund bietet das Konzept der AGENDA 22, wie es insbesondere in Schweden erarbeitet und umgesetzt
wurde, ganz wichtige Orientierungen.)
221
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
2. Historische Anmerkungen zu Planungsmodellen in der Behindertenhilfe
Die traditionelle, in das 19. Jahrhundert zurückreichende Form der Unterstützung von
Menschen mit geistiger Behinderung ist bekanntlich ihre zentralisierte Unterbringung
in großen Anstalten. In Mittel- und Südeuropa sind die Träger dieser Anstalten kirchliche oder private, z.T. aber auch staatliche Organisationen, ihre Finanzierung erfolgt
im Wesentlichen durch den Staat. In den skandinavischen Ländern und in Großbritannien liegen die Trägerschaften nahezu ausschließlich bei staatlichen Stellen.
Unabhängig von Trägerschaften lässt sich sagen: Die Anstalt wird zum Lebensort für
Menschen mit geistiger Behinderung, außerhalb der Familie, an dem der Einzelne bis
in die kleinsten Verrichtungen des Alltags durch den Zwang der Institution bestimmt
wird und eine Differenzierung von Lebensbereichen nicht stattfindet. Konzeptionell
sind die dem zugrunde liegenden Planungen geprägt durch Schutz- und Ordnungsprinzipien, die eine Zentralisierung der institutionalisierten Hilfen im Sinne von überregionalen Einzugsgebieten vorsehen sowie explizit die Entlastung des
Gemeinwesens von Menschen mit Behinderungen, d.h. ordnungspolitisch gesehen
die Entlastung der kommunalen Ebene. Komplementär dazu entstanden - in Mitteleuropa - überörtlich ausgerichtete staatliche Verwaltungsbehörden, die den zentralisiert
konzipierten Behinderteneinrichtungen zugeordnet werden. Geradezu Zielsetzung
des zentralisierten Versorgungsmodells ist es, örtliche Planungsaufgaben oder entsprechende Verantwortlichkeiten zu reduzieren bzw. gar nicht erst entstehen zu lassen.
Mit der Rezeption des Normalisierungsprinzips - in seiner gemäßigten deutschen
Version - etablierte sich seit den 1960er Jahren in der deutschen Behindertenhilfe ein
neues Hilfemodell. Dieses neue Modell orientiert sich an der Vorstellung eines Lebenslaufmusters (life course pattern) für Menschen mit geistiger Behinderung, das
sich an gesellschaftlich üblichen –‚normalen’ – Übergängen im Lebenslauf und an
der Differenzierung von Lebensbereichen – Wohnen, Arbeit, Freizeit – orientiert. Wir
sprechen hier vom familiennahen, teilstationären Modell. Die aus dem Slogan ‚so
normal wie möglich’ abgeleiteten Hilfeformen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit geistiger Behinderung sind eigens geschaffene ‚Schonräume’, in denen gesellschaftlich übliche Lebensweisen quasi nachgebildet werden. Der Schutzgedanke
ist verbunden mit einem auf Förderung und Rehabilitation zielenden professionellen
Ansatz. Planung wird zur Versorgungsplanung, die darauf abzielt, ein ‚bedarfsdeckendes Angebot an Plätzen’ in lebenslaufbegleitenden Sondereinrichtungen zu
schaffen. Die Akteure und Partner dieser Planungsansätze sind die Träger von Einrichtungen als Leistungserbringer und die überörtlichen Träger der Sozialhilfe als
Kostenträger. Auch auf dieser Grundlage erscheint eine aktive, vom örtlichen politischen Gemeinwesen ausgehende Sozialplanung für Menschen mit geistiger Behinderung entbehrlich.
Im Zusammenhang genereller Institutionenkritik, der Aktivitäten der körperbehinderter Menschen (‚Krüppelbewegung’) und ihrer Forderung nach Selbstbestimmung, der
Integrationsforderungen im Kindergarten- und Schulbereich und später dann der
‚People-First-Bewegung entstanden in den 1980er und 1990er Jahren ambulante
Dienste, die für Menschen mit geistiger Behinderung und ihre Angehörigen Alternativen zur Heimunterbringung anboten.. So wollten Familieunterstützende Dienste Alternativen zum Kinderheim bieten, die Dienste für Betreutes oder Unterstütztes
222
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
Wohnen (‚supported living’) die Heimunterbringung für Erwachsene ersetzen, Integrationsfachdienste Alternativen zur WfbM (sheltered workshops) eröffnen. In der
deutschen Entwicklung wurde die vielzitierte Begründung zum §3a BSHG von 1984
programmatisch, dass ambulante Dienste nicht nur menschlicher, sachgerechter,
sondern auch kostengünstiger seien. Erst seit wenigen Jahren wird dieser Ansatz
auch hierzulande von politischer Seite und von Seiten der Kostenträger aufgegriffen
und gilt zumindest auf der programmatischen Ebene handlungsleitend. Auf der Ebene der Praxis wird seither aber immer deutlicher, dass solche Dienste, die sich am
Konzept der Offenen Hilfen orientieren nicht im Selbstlauf entstehen. Das programmatische Umsteuerungsinteresse bricht sich an der institutionalisierten Wirklichkeit
und ihren stationär ausgerichteten Planungsroutinen.
Traditionell richtet sich der Blick der überörtlichen Sozialbehörden auf Einrichtungen
und Dienste bzw. zentralisierte Trägerorganisationen und nicht auf die Lebenssituation des einzelnen Hilfeempfängers. Dementsprechend wurden bestimmte Kooperationsroutinen und Verhandlungsrituale entwickelt, die zum festen Bestand des
Organisationswissens der Sozialverwaltungen gehören. Das überörtliche Planungshandeln war gekennzeichnet durch Durchschnittswerte, Kennziffern und Kontingente,
die in der Fläche zu verteilen waren. Die wichtigsten Informationsquellen für die Ermittlung örtlicher Angebotsbedarfe waren schriftlich zugereichte Wartelisten von Trägern. Nach wie vor verbreitet sind bei Eltern, bei Anbietern von Diensten und
Einrichtungen, aber auch in Politik und Verwaltung tief sitzende Annahmen über die
Notwendigkeit stationärer Hilfen für Menschen mit geistiger Behinderung. Dies gilt
nicht nur für Deutschland, sondern auch für zahlreiche andere europäische Länder.
Möglicherweise sind auch nicht nur in Deutschland wohl noch immer Anreizstrukturen wirksam, die Offene Hilfen für Träger als weniger attraktiv erscheinen lassen als
Immobilien-gestützte Konzepte.
3. Individuelle Bedarfsdeckung und kommunale Daseinsfürsorge
Die Logik der bisherigen Planungsansätze wird den Anforderungen Offener Hilfen
nicht mehr gerecht. Während traditionell der Planungsgegenstand der zu schaffende
Platz in einer Einrichtung war, so geht es nun darum, gemeinsam mit dem Betroffenen ‚individuell hilfreiche Arrangements’ zu planen. Die personenzentrierte Planung
setzt nicht nur auf Hilfeplanung, sondern auf ‚Unterstützungsmanagement’, möglichst
unabhängig von Anbieterinteressen. Dies erfordert eine intensive persönliche Auseinandersetzung mit dem betreffenden Menschen mit geistiger Behinderung, intensive
Kenntnis örtlicher Bedingungen und erhebliche Koordinationsleistungen. Eine personenzentrierte Planung macht aber nur dann wirklich Sinn, wenn alternative Dienste
vorhanden sind, die individuell zugeschnittene Hilfen verlässlich und qualifiziert anbieten können.
Dies zu erreichen ist die zentrale Aufgabe örtlicher Angebotsplanung, die aber von
der Entwicklung allgemeiner Angebotsstrukturen her denken muss. Im Unterschied
zur zentralisierten Planung können sich die kommunalen Planungsaktivitäten aber
eher auf die Gestaltung des örtlichen Feldes beziehen. Im kommunalen Planungshandeln sind nicht vorwiegend einzelne Träger die entscheidenden Ansprechpartner
öffentlicher Angebotsplanung, sondern vielmehr Facharbeitskreise und Planungsgremien, in denen alle relevanten Akteure des Feldes vertreten sind. In diesen Gremien erscheinen einzelne Träger als Vertreter von legitimen Partialinteressen, die
223
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
aber sozusagen zum Wohle des Gemeinwesens, in diesem Fall zum Zwecke des
Aufbaus eines qualifizierten Hilfenetzwerkes koordiniert werden müssen.
3.1 Zum Verhältnis von personenzentrierter Planung und örtlicher Angebotsplanung
Es ist also erforderlich, die Prozesse der personenzentrierten Hilfeplanung und der
örtlichen Angebotsplanung eng miteinander zu koordinieren. Zum einen geht es darum, im Einzelfall als notwendig erachtete, aber bisher lokal nicht verfügbare Angebote über die Planungsgremien konkret zu initiieren. Zum anderen soll generell aus
Fällen gelernt werden, in denen für Bedarfe kein adäquates Angebot gefunden werden konnte.
Die im Rahmen der Personenzentrierten Hilfeplanung erhobenen Daten über individuelle Hilfebedarfe können allerdings nicht die alleinige Grundlage für die örtliche
Planung sein. Sie haben eher ergänzenden Charakter, da im Sinne der Daseinsvorsorge wichtige Angebote z.T auch unabhängig von bestehenden Bedarfen vorgehalten werden müssen. Würden bei der örtlichen Planung nur die im Zuge Individueller
Hilfeplanung festgestellten Bedarfe beachtet, könnte dies auch dazu führen, dass
insbesondere niedrigschwellige Hilfeangebote wie Beratungstätigkeiten oder auch
der gesamte Bereich des Freiwilligenengagements und der Gemeinwesenarbeit weniger stark gewichtet würden. Außerdem lassen sich nicht alle Angebotsplanungen
kurzfristig erreichen, so dass es auch vom Einzelfall unabhängige Einschätzungen
über zukünftig auftretende Hilfebedarfe geben muss. Hinzu kommt, dass Verfahren
der Individuellen Hilfeplanung bislang relativ neu sind und es erst einige Jahre dauern dürfte, bis ein ausreichendes Datenmaterial vorliegt.
3.2 Methodische Aspekte örtlicher Angebotsplanung
Im Zusammenhang mit Behindertenhilfeplanung ist davon auszugehen, dass auch
die örtliche Planung selbst einen Prozess der Qualitätsentwicklung durchlaufen
muss. Planung kann durchaus als ein Arbeitsprozess verstanden werden, für dessen
organisatorische Voraussetzungen, Abläufe und Wirkungen Qualitätskriterien zu
bestimmen sind und dementsprechend die örtlich praktizierten Verfahren verbessert
werden können.
Zu den Grundlagen der Behindertenhilfeplanung gehört – wie generell in der Sozialplanung -eine Analyse des Behindertenhilfesystems. Kartographische Ansätze, wie
sie im DESDE-Instrument der Universität Cadiz entwickelt wurden, können hier eine
wichtige Anregung darstellen. Die Problematik der herkömmlichen Planungsansätze
besteht gerade darin, dass sie sich oft in der zumeist sehr aufwändigen Erarbeitung
solcher Analysen erschöpft. Zudem ist festzustellen, dass die Datenbestände der
amtlichen Schwerbehindertenstatistik, aber auch andere Statistiken nicht so angelegt
sind, dass ihre Auswertung unmittelbar Rückschlüsse auf Bedarfslagen zulässt. Daher sind für differenzierte Fragestellungen häufig eigene Analysen notwendig.
Statt zu Beginn eines Planungsprozesses eine detaillierte Analyse über alle Bereiche
der Behindertenhilfe vorzunehmen, wird im vom ZPE der Universität Siegen erarbeiteten NetOH-Konzept vorgeschlagen, mit einer breit angelegten, dafür aber nicht in
die Details gehenden Situationsanalyse zu beginnen. Ziel ist es, zunächst einen groben Überblick über den Hilfebedarf zu formulieren, das bestehende Angebot zu er224
Dokumentation der 3. Europäischen Konferenz des ZPE am 15./16. März 2005
fassen und seine Stärken und Schwächen einzuschätzen. Es bietet sich an, schon
diese Situationsanalyse selbst beteiligungsorientiert durchzuführen, d.h. die relevanten Akteure systematisch zu befragen. In den Bereichen, in denen aus verschiedenen Gründen vorrangiger Handlungsbedarf gesehen wird, ist es dann sinnvoll,
präzisere Analysen vorzunehmen und aus fachlicher Sicht Handlungsempfehlungen
für die politisch Verantwortlichen und für die anderen relevanten Akteure des Feldes
zu formulieren. Aus diesen Empfehlungen können Aktionspläne entwickelt werden,
die sich auf die Entwicklung der Angebotssituation vor Ort beziehen. In der Anwendung dieses Konzepts wurden bereits an mehreren Orten positive Erfahrungen gemacht (z.B. Kreis Olpe, Landkreis Ahrweiler).
4. Behindertenhilfeplanung als Teil kommunaler Teilhabeplanung
Passend zu unserer Konferenz wird auch auf höchster politischer Ebene in Deutschland derzeit über Antidiskriminierung diskutiert. Die allgemeine öffentliche Diskussion
dreht sich fast nur um die Frage, ob damit nicht zusätzliche Regulierungen geschaffen werden, die Arbeitsplätze vernichten (Antidiskriminierung als ‚Job-Killer’.) Übersehen wird dabei, dass wir in Deutschland - wie auch in anderen europäischen
Ländern - uns seit über 10 Jahren in einem Prozess befinden, in dem das Prinzip des
Antidiskriminierungsgrundsatzes zunehmend landes- und bundesgesetzlich verankert wird. Für die Behindertenhilfe bringt dies sowohl einen neuen Planungsauftrag
als auch einen neuen Planungsansatz mit sich. Ausgangspunkt ist nicht mehr die
Verbesserung des Systems professioneller Hilfen, sondern im bürgerrechtlichen Sinne die Schaffung von Lebensbedingungen ohne Diskriminierung. Es geht um Lebensbedingungen und Lebenschancen für Bürger/innen, die frei sind von
Benachteiligung, positiv formuliert um Barrierefreiheit und Teilhabe. Damit wird angeknüpft an die Standard Rules der Vereinten Nationen, an EU-Politikvorgaben sowie
an die internationale Fachdiskussion, die sich u.a. auch in der neuen WHOBehinderungsklassifikation ICF niederschlägt. Vor diesem Hintergrund kann nun örtliche Behindertenhilfeplanung als Teil kommunaler Teilhabeplanung konzipiert werden: Sie will erreichen, dass kein/e Bürger/in des Gemeinwesens aufgrund von
Merkmalen der ethnischen Zugehörigkeit, des Geschlechts, des Alters, seiner sexuellen Orientierung oder einer Behinderung durch ‚Barrieren’ von der gesellschaftliche
Teilhabe ausgeschlossen wird.
Teilhabeplanung setzt einerseits auf eine systematische Einbeziehung von Selbstvertretungsinitiativen in Entscheidungsprozesse bzw. ihre Aktivierung. Andererseits sollen Prozesse und Bedingungen der Ausgrenzung von Personen mit Behinderungen
und anderen Handicaps identifiziert und im Sinne sozialer Inklusion verändert werden. Ganz bewusst setzt die örtliche Politik und Verwaltung sich in den Dienst von
Veränderungsprozessen zur Förderung von Teilhabe und der Herstellung von Barrierefreiheit. In Gang gesetzt wird ein wertegeleiteter Politisierungsprozess, der auf kontinuierliche Evaluation setzt. Die Teilhabeplanung stützt sich dabei auf
sozialwissenschaftliche Methoden, auf die neuen Kommunikationstechnologien und
auf die Aktivierung bürgerschaftlichen Engagements für ein Gemeinwesen ohne Ausgrenzung.
Erforderlich ist in diesem Zusammenhang eine intensive Forschung und praxisnahe
Theoriebildung, um im Kontext von Teilhabeplanung Konzepte und Instrumente für
örtliche Behindertenhilfeplanung zu erarbeiten bzw. weiterzuentwickeln. Besonders
zielführend erscheinen hier ein intensiver Erfahrungsaustausch und praxisnahe Forschungsprojekte auf europäischer Ebene.
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