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TOPICS
SCHADENSPIEGEL
Das Magazin für Schadenmanager
Ausgabe 2/2012
Bittere Pillen
Arzneimittelhaftungsfälle umfassen
hochkomplexe Sachverhalte mit einer Vielzahl
von Beteiligten. Noch komplizierter wird die
Gemengelage bei internationalen Fällen. SEITE 6
Flut
Thailand nach der
Katastrophe
Aviation
Teure Reparatur
eines Airbus 380
Haftpflicht
Facebook-Partys
und der Kater danach
Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser,
wissen Sie, wie viele Kalorien Sie heute bereits verbraucht haben?
Anwendungen für Smartphones, die rund um die Uhr Rückmeldung
über unsere Biofunktionen geben, sind der neueste Schrei auf dem
Gesundheitsmarkt und zeigen den hohen Stellenwert von Medizin- und
Gesundheitsthemen im Leben vieler Menschen. Auch das öffentliche
Interesse an Life-Sciences-Themen war nie größer. Damit geraten auch
Fälle von Arzneimittelhaftung bei ungewollten Nebenwirkungen von
Medikamenten in den Fokus der Medien – und das weltweit.
Die Zahl der Klagen gegen die Pharmaindustrie nimmt zu. Vor allem in
den USA bringt die Aussicht auf lange, teure Prozesse viele Unternehmen
dazu, Streitigkeiten durch Vergleiche beizulegen. Zwischen 1991 und
2010 kosteten zivil- oder strafrechtliche Vergleiche die Industrie die
gigantische Summe von fast 20 Milliarden US-Dollar. Auch rechtliche
und gesetzliche Entwicklungen beeinflussen regelmäßig die Haftung
der Unternehmen. Dies zeigt aktuell eine viel diskutierte Entscheidung
des US Supreme Court zur Kennzeichnungspflicht von Medikamenten.
Das Gericht entschied, dass für Hersteller von O-Präparaten andere
Pflichten gelten als für die Hersteller von Generika. Insbesondere die
Generikahersteller, aber auch Patienten und Versicherer befinden sich
in einem Dilemma, da der zukünftige Umgang mit dem Urteil noch
offen ist.
Sollten Sie nach der Lektüre der beiden Beiträge zu unserem Titel­
thema „Pharmaschäden“ noch Fragen haben, fragen Sie besser nicht
Ihren Arzt oder Apotheker, sondern kontaktieren Sie einfach unsere
Autoren. Wir freuen uns, wenn Sie wieder einige der vorgestellten
Themen für Ihre Arbeit nutzen können.
Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen
Ihr Schadenspiegel-Team
schadenspiegel@munichre.com
NOT IF, BUT HOW
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
1
Ganzheitliche Therapie
Manchmal genügt schon, dass ein Beipackzettel aufgrund
neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse angepasst werden
muss. Spezialisierte Klägeranwälte reagieren dann
schnell und spüren mögliche betroffene Anwender auf
der ganzen Welt auf. Um Reputations- und wirtschaftliche
Schäden zu vermeiden, sollten alle Beteiligten mit einer
gemeinsamen Strategie reagieren.
2
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
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Inhalt
Die schwerste Überflutung in Thailand seit
über 50 Jahren richtete in Bangkok und
­seinen Außenbezirken schwere Schäden an.
20
Pharma
Ganzheitliche Therapie
Internationale Haftungsfälle erfordern
eine einheitliche Strategie.
Pharma
Bitte fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker
Wie sicher Medikamente sind, bewegt
Verbraucher wie Versicherer.
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Property
Bankraub im Supermarkt
Schlecht geschützte Geldautomaten
bieten Dieben leichte Beute.
Property
Brandgefährliche Romantik
Ethanolkamine – die beliebten Alternativen zum
Kaminfeuer können schwere Brände auslösen.
flut
Ein Land unter Wasser
20
Die Regulierung der Schäden in Thailands Industrie
und Landwirtschaft nach der Überschwemmung.
Schadenliteratur
Wer uns wirklich beeinflusst Zwei amerikanische Wissenschaftler zeigen, wie
soziale Netzwerke unser Verhalten bestimmen.
Aviation
Knapp an der Katastrophe vorbei
Der Beinahe-Absturz eines A380 war der teuerste
reine Kaskoschaden der Luftfahrtbranche.
KOLUMNE
Mehr Haftpflichtfälle nach Naturkatastrophen?
Haftpflichtversicherer tragen immer häufiger
fast die Hälfte von NatCat-Schäden.
haftpflicht
Die Macht der Masse 2.0
Neue Schadenszenarien durch
Facebook, Twitter und Co.
6
Trotz eines explodierten Triebwerks landete
ein A380 sicher in Singapur. Die Reparatur
des Großraumjets dauerte 16 Monate und
kostete rund 113 Millionen Euro.
30
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40
43
46
Vorwort1
Unternehmensnachrichten4
Großschadenliste44
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
3
Nachrichten
Munich Re
SPONSORING
Neue Technologien
Topics Schadenspiegel jetzt
auch als E-Mail-Service
Erdbebensichere Schulen
in Indien
Publikation über
Cyberrisiken
Mit unserem kostenlosen E-MailService können Sie jetzt noch
schneller auf Topics Schadenspiegel
zugreifen. Melden Sie sich einfach
auf der Homepage von Munich Re
an, dann senden wir Ihnen regel­
mäßig am Erscheinungstag des
Schadenspiegels einen Newsletter zu,
der auf die elektronische PDF-Ausgabe des Magazins (deutsch oder
englisch) verlinkt. Den News­letter
können Sie selbstverständlich jederzeit abbestellen. Das Kundenmagazin Topics Schadenspiegel berichtet
zweimal im Jahr über bedeutsame
oder spektakuläre weltweite Schadenereignisse sowie über Risiko­
themen. Zur Topics-Reihe gehören
auch Topics Magazin und Topics
Geo, die Sie ebenfalls künftig per
HTML-Newsletter beziehen können.
Seit August 2012 unterstützt
Munich Re ein zweijähriges Projekt
zum Schutz von Menschen, Gebäuden und Infrastruktur in Aizawl,
Indien. Partner ist die Non-ProfitOrgani­sation GeoHazardsInternational, die versucht, Tod und Leid durch
Kata­strophenvorsorge in den ärmsten Teilen der Welt zu mindern. Um
die Lebensbedingungen der Einwohner von Aizawl zu verbessern initiiert
das Projekt ein Programm zur Sicherung von Schulen vor Erdbebengefahren. Dieses beinhaltet neben Aufklärungsveranstaltungen für Lehrer
und Schüler auch die Einrichtung
eines Schulsicherheitsausschusses
und die Erstellung von Notfallplänen
für Erdbeben und Brände.
Die allumfassende elektronische Vernetzung vereinfacht vieles. Für Wirtschaft, Industrie und Handel sowie
für Infrastrukturen wie Energie- und
Gesundheitsversorgung ist ein Funktionieren ohne Internet und elektronischen Datenaustausch inzwischen
unvorstellbar. Damit ist allerdings die
Abhängigkeit von Internet, IT-Systemen und Datentransfer weltweit auf
ein Höchstmaß gewachsen. In der
neuen Kundenpublikation zum Thema
Cyberrisiken befassen sich Experten
mit den neuen Entwicklungen der
Informationstechnologie und deren
Risiken. Sie analysieren Haftungs­
fragen im Cyberspace und zeigen die
Bandbreite der Versicherungslösungen auf.
>> Anmeldung Topics Schadenspiegel
Newsletter: www.munichre.com/de/
topics
>> Mehr Informationen über
www.geohaz.org
>> Die Publikation erhalten Sie über unser
Kundenportal connect.munichre.com
Kurznachrichten
Im neuen Informationsbereich Touch Engineering prä­
sentiert Munich Re Lösungskompetenz für die Ver­
sicherung von technischen Risiken: www.munichre.com/
engineering.
Die Onlineversion unseres Service zur Einschätzung von
Naturgefahren, Nathan Single Risk Online, wurde aktualisiert. Über unserer Kundenportal connect.munichre.com
steht Ihnen die neue Version zur Verfügung.
Nordamerika verzeichnet noch vor Asien den höch­s­ten
Anstieg an wetterbedingten Scha­den­ereig­nissen. In
­unserer neuen Kundenpublikation „Wetterrisiken in
Nordamerika“ finden Sie detaillierte Informationen über
die verschiedenen Risiken und deren Exponierung sowie
einen Überblick über die versicherungstechnischen
Besonderheiten in den USA und in Kanada. Sie erhalten
die Publikation „Severe weather in North America:
Perils – Risks – Insurance“ über unser Kundenportal
­connect.munichre.com
Nach langem Zögern haben sich Staaten und Reeder im
Kampf gegen die Piraterie auf See für den Einsatz von
Militärschiffen und für bewaffnetes Sicherheitspersonal
entschieden. Die Anzahl erfolgreicher Angriffe sank 2011
deutlich sichtbar. Dafür steigt die Gewaltbereitschaft.
Unsere neue Publikation „Piraterie – die Gewalt auf See
eskaliert“ bündelt die neuesten Erkenntnisse über die
aktuelle Risikosituation und zeigt rechtliche und versicherungstechnische Aspekte auf. www.munichre.com/
piracy
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Munich Re Schadenspiegel 2/2012
Nachrichten
Dürre in den USA
Jeder Ackerbauer trägt ein
gigantisches Risiko
Die Dürre in den USA gefährdete
die Ernte unzähliger Bauern, nicht
aber ihre Existenz. Karl Murr, Landwirt und Agro-Experte bei Munich Re,
über SystemAgro. Das Erntever­
sicherungssystem, das auf einer
Teilung der Risiken durch private
­Versicherer und dem Staat basiert,
gilt für viele Versicherer als Vorbild.
Schadenspiegel: Herr Murr, was
­lernen wir aus der Dürre und ihren
Folgen in den USA?
Karl Murr: Wir mussten wegen der
un­gewöhnlich langen Dürreperiode
für Ernteausfälle in den USA bereits
160 Millionen Euro reservieren. Das
ist der bislang mit Abstand größte
Schaden in dem Geschäft für uns
und auch weltweit. In europäischen
Ländern springt im Notfall die öffentliche Hand ein. Die USA – wie
Kanada und Spanien – holen dagegen private Versicherer ins Boot, und
diese übernehmen viele „normale“
Schäden. Was uns der Dürreschaden
in erster Linie zeigt, ist, dass in dieser
Versicherungs­sparte spezialisierte
Agrarversicherer gefragt sind. Aber
auch der Staat trägt einen Teil der
Schäden – je höher die Schäden,
desto mehr. Außerdem hat der Staat
in der USA ein Ernteversicherungsgesetz erlassen, subventioniert die
Beiträge und gibt einheitliche Bedingungen für alle Beteiligten vor.
Ist SystemAgro eine Zwangs­
versicherung?
Nein! Aber jeder Ackerbauer hat folgendes Problem: Er hat zwölf Monate
lang Ausgaben, aber nur einmal im
Jahr Einnahmen. Deshalb trägt er ein
gigantisches Risiko. Er kann unver­
sichert bleiben und seine Existenz
aufs Spiel setzen oder er sichert sich
ab. SystemAgro sieht vor, dass der
Staat jedem Landwirt eine Absicherung ermöglicht, und zwar durch die
privaten Versicherer. Der Staat hat
sich dazu entschieden, weil die Land-
Karl Murr, Landwirt und
Leiter des Geschäftsbereichs Agro
bei Munich Re
wirtschaft in den USA vor allem für
den Export wichtig ist. Und trotz der
hohen Exponierung für die Versicherungswirtschaft funktioniert das
­System. Die Versicherungssumme
beträgt ca. 100 Milliarden US-Dollar.
Die Subventionen liegen im Jahresdurchschnitt bei 7 bis 8 Milliarden
US-Dollar, hinzu kommen in einem
Überschadenjahr die Schadenzahlungen durch den Staat. Ökonomen
sagen: Dies ist die beste Form der
Subvention, weil nicht nur der einzelne Bauer profitiert, sondern das
gesamte ländliche Amerika. Es ist
schlicht gerechter als Ad-hoc-Kata­
strophenzahlungen. Mit System­Agro
erhalten Bauern, die in einer höheren
Risikolage produ­zieren, mehr Subvention.
Was genau zeichnet SystemAgro
aus?
Aus über 35 Jahren Erfahrungen mit
Ernteversicherungssystemen hat
Munich Re eine Best Practice der
Ernteversicherung definiert. System­
Agro ist eine nach Versicherungs­
prinzipien ausgestaltete Public Private
Partnership (PPP), bei der alle wichtigen versicherungsrelevanten Bedingungen für die Absicherung des
Anbaus landwirtschaftlicher ­Kulturen
durch Gesetze und Verordnungen
geregelt sind.
Welchen Effekt hat die aktuelle
Dürre in den USA auf die Versicherungsindustrie und SystemAgro?
Mit der Erfahrung aus anderen Ver­
sicherungssparten würde man vermuten, dass die Versicherungsbeiträge immens nach oben schnellen.
In PPP-Ernteversicherungssystemen
gemäß SystemAgro ist dies fest
geregelt und eben nicht der Fall.
Genau gesagt wird dem Bauern sein
individueller Durchschnittsertrag der
vergangenen zehn Jahre versichert.
Dazu kommt, dass Agrar-Versicherungen extrem „short tail“ sind.
Unsere Exponierung beginnt mit der
Aussaat und endet mit der Ernte. So
können die Ereignisse dieses Jahres
in die Versicherungsbedingungen
einfließen. In den USA sind bereits
85 Prozent, ungefähr 100 Millionen
Hektar, ver­sichert. Weltweit sind
nach Schätzungen ­bislang nur etwa
20 bis 25 Prozent der Agrarproduktion
gegen Natur­katastrophen versichert.
Diese Dürre wird zu einer vermehrten
Nachfrage nach SystemAgro aus
agrarisch geprägten L
­ ändern führen,
die ihre Landwirte bisher bei Naturkatastrophen sprichwörtlich verhungern lassen.
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PHarma
Ganzheitliche Therapie
Arzneimittelhaftungsfälle umfassen hoch­
komplexe Sachverhalte mit einer Vielzahl
von Beteiligten. Noch komplizierter wird die
Gemengelage bei internationalen Fällen.
Hier erweist sich eine einheitliche Strategie
als essenziell.
von Ina Brock und Simone Schönberger
Mit der globalen Vermarktung von Arzneimitteln
erhalten auch mögliche Haftungsfälle eine internationale Komponente. Dabei muss nicht unbedingt ein
Produktrückruf vorangehen. Es genügt schon, dass
ein Beipackzettel aufgrund neuer wissenschaftlicher
Erkenntnisse angepasst werden muss. Klägeranwälte,
die auf Arzneimittelhaftungsfälle spezialisiert sind,
reagieren darauf umgehend und beginnen, angeblich
betroffene Anwender aufzuspüren und mögliche
Ansprüche zu bündeln. Das Internet sowie die zunehmende Vernetzung der Klägeranwälte haben dieses
Vorgehen erleichtert. Teilweise entsteht ein reger
Handel mit entsprechenden Datenbanken, auch über
Ländergrenzen hinweg.
Eine häufig gewählte Vorgehensweise zielt darauf ab,
zunächst im Rahmen einer in den USA angestrengten
weltweiten Class Action auch Ansprüche von Betroffenen geltend zu machen, die weder US-Bürger sind noch
das Arzneimittel in den USA eingenommen haben.
Stellt sich später heraus, dass sich US-Gerichte für
solche Ansprüche als nicht zuständig erklären (sogenannter Einwand des Forum Non Conveniens), folgt
meist eine Klagewelle in den jeweiligen Heimatstaaten
der Arzneimittelanwender. Hierbei werden häufig Informationen und Unterlagen herangezogen, die Kläger­
anwälte zuvor im Rahmen von weitreichenden Discovery-Maßnahmen vor US-Gerichten erhalten haben.
Darüber hinaus zeigen sich auch Krankenkassen oder
Verbraucherschutzverbände wegen möglicher Regressansprüche immer klagewilliger.
Medien springen auf den Zug auf
Weiterer Druck auf einen Pharmahersteller entsteht,
wenn die nationalen und internationalen Arzneimittelbehörden Maßnahmen ergreifen oder Untersuchungen
einleiten bzw. Staatsanwaltschaften gegen Mitarbeiter
des Unternehmens in unterschiedlichen Staaten ermitteln. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Behörden
ebenfalls zunehmend untereinander vernetzt sind.
Nicht unterschätzt werden darf zudem der Einfluss der
Medien. Schon aufgrund eines all­gemein gesteigerten
öffentlichen Interesses an Life-Sciences-Themen sind
mögliche Arzneimittelhaftungsfälle und damit verbundene Verfahren immer öfter Gegenstand einer weltweiten Berichterstattung.
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Pharma
Teilweise lancieren Klägeranwälte auch bewusst
­Meldungen, um die Medien für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Mitunter wird sogar auf die wissenschaftliche Diskussion Einfluss genommen, indem
wissenschaftliche Berater der Klägeranwälte gezielt
ihre Sicht der Dinge publizieren. Dabei können sie
sich auf Unterlagen stützen, die ihnen aufgrund von
Informationsansprüchen wie dem Freedom of Information Act zur Verfügung stehen. Mit zunehmender
Intensität der öffentlichen Diskussion und wachsender Zahl möglicher Klagen finden Arzneimittelhaftungsfälle auch Eingang in politische Debatten, beispielsweise im Zusammenhang mit Reformen des
Arzneimittelrechts.
Will ein Pharmahersteller unter solchen Bedingungen
Reputations- und wirtschaftliche Schäden vermeiden,
muss er gegebenenfalls zusammen mit seinem Haftpflichtversicherer mit entsprechenden Stellungnahmen
und Maßnahmen reagieren. Wegen der Vielzahl von
Beteiligten ist das Risiko groß, nach außen keine einheitliche Linie zu vertreten. Die Folge ist ein Vertrauensverlust, der spätere Verfahren negativ beeinflusst.
Daher ist eine Strategie erforderlich, welche die
unterschiedlichen Interessen der beteiligten Stake­
holder gleichermaßen berücksichtigt.
Ziele einer internationalen Kommunikations- und
Verteidigungsstrategie
Eine umfassende Kommunikations- und Verteidigungsstrategie muss zum einen auf die Abwehr von
Haftungsansprüchen gegen das Pharmaunternehmen
abzielen. Dabei sind unterschiedliche rechtliche
­Haftungsvoraussetzungen in den verschiedenen
betroffenen Staaten einzubeziehen. Zum anderen ist
es wichtig, eine mögliche persönliche straf- und zivilrechtliche Verantwortlichkeit von Vertretern und
­Mitarbeitern des Unternehmens zu bedenken. Ferner
gilt es, die Auswirkungen der öffentlichen und poli­
tischen Diskussion im Auge zu behalten. Dies alles
erfordert eine Strategie, die sich nicht nur auf recht­
liche Erwägungen beschränkt.
Der Weg: Koordination und Abstimmung
In einem ersten Schritt muss dazu ein Krisenteam
gebildet werden. Als Mitglieder kommen vor allem
Entscheidungsträger aus dem Management, interne
und externe Rechtsberater, interne und externe Sachverständige, Pressesprecher des Unternehmens und
externe Medienberater infrage. Daneben sollte der
Versicherer mit der Arbeit des Krisenteams eng vernetzt werden.
Abb. 1: Beteiligte in internationalen Arzneimittelhaftungsverfahren
Haftpflichtversicherungen
Arzneimittelbehörden
Medien
Staatsanwaltschaft
Wissenschaftliche Experten
Grundlegende
Verteidigungsstrategie
Politik
Klägervertreter
Finanzmärkte
Die Verteidigungsstrategie muss die
unterschiedlichen Interessen aller
beteiligten Stakeholder berücksichtigen.
Quelle: Hogan Lovells
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Verbraucherschutzverbände
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
Krankenkassen
Pharma
Die Aufgaben des Teams sind so mannigfaltig wie die
Ziele, die es zu erreichen gilt. Zunächst geht es darum,
den Sachverhalt genau zu analysieren. Unterlaufen
hier Fehler, besteht die Gefahr, dass zu einem späteren Zeitpunkt die Strategie verändert werden muss.
Das sollte unter allen Umständen vermieden werden,
kann dieser Strategieschwenk doch einem Schuldeingeständnis gleichkommen.
Die Aufarbeitung des Sachverhalts bedeutet, alle für
den Fall relevanten Tatsachen aufzulisten: Wie stellt
sich der wissenschaftliche und regulatorische Hintergrund des Geschehens dar? Sind weitere Arznei­
mittel (auch von Wettbewerbern) betroffen? Welche
Stellungnahmen hat das Unternehmen in der Vergangenheit abgegeben? Welche Positionen haben einzelne (wissenschaftliche) Mitarbeiter öffentlich vertreten? Welche Maßnahmen haben die zuständigen
Behörden in den unterschiedlichen Ländern ergriffen?
Wie ist der rechtliche Hintergrund für mögliche zivilrechtliche Ansprüche und strafrechtliche Sanktionen
in den betroffenen Ländern zu beurteilen?
Die auf dieser Grundlage zu erarbeitenden gemein­
samen Positionen dienen einer einheitlichen Sprach­
regelung im Umgang mit Behörden, Anspruchstellern
und Medien. Dabei ist es wichtig, Key Messages herauszuarbeiten, welche die Positionen des Unternehmens zu einzelnen Fragestellungen glaubhaft und
verständlich transportieren. Gleichzeitig muss das
Krisenteam entsprechende Key Legal Defence ­Themes
identifizieren und vorbereiten. Sämtliche Punkte sollten
in einem Master Brief festgehalten werden, der als
Grundlage für Stellungnahmen gegenüber den unterschiedlichen Beteiligten dient.
Klare Strukturen helfen bei unterschiedlichen
Zuständigkeiten
Sobald die Eckpunkte stehen, muss das Krisenteam
Abläufe und Mechanismen festlegen, um die Strategie konsistent umzusetzen. Das erfordert klare Strukturen, die unterschiedliche Zuständigkeiten bei der
internen Abstimmung berücksichtigen. Innerhalb des
Unternehmens sind gegebenenfalls die Bereiche
­Arzneimittelsicherheit, Zulassung, Recht, Marketing
und Vertrieb sowie Public Relations einzubeziehen.
Von außerhalb kommen die Versicherer und externe
Berater dazu.
Der Status einzelner Fälle und bestimmter Projekte
sollte für alle Beteiligten jederzeit abrufbar sein. Das
kann über regelmäßig aktualisierte Übersichten
­erfolgen, die per E-Mail verschickt werden, oder mithilfe von Datenbanken, die alle relevanten Dokumente
erfassen und verfügbar machen.
Arzneimittel werden zunehmend global ver­­­
marktet. Ein geänderter Beipackzettel kann
ausreichen, um Klägeranwälte international
zu mobilisieren.
Um einzelne wiederkehrende Arbeitsschritte zu
­optimieren und weiterzuentwickeln, hat sich ein
Knowhow-Management bewährt. Hilfreich ist hier die
Pflege einer Datenbank, die Antworten auf regel­
mäßig wiederkehrende Argumentationsmuster enthält.
Auch Standardschreiben, zum Beispiel Antworten
auf außergerichtliche Anspruchsschreiben, lassen
sich nach einmaliger Abstimmung mit den beteiligten
Stellen einfach an den individuellen Fall anpassen,
ohne dass dafür eine erneute aufwendige Abstimmung
nötig wäre. Damit die Entscheidungsträger über die
allgemeinen Entwicklungen und wichtige Zwischenschritte regelmäßig und zeitnah auf dem Laufenden
bleiben, hat sich ein standardisiertes und koordiniertes Reporting-System bewährt.
Sind Strategie, Abläufe und Verantwortlichkeiten
festgelegt, sollten die Beteiligten in den einzelnen
betroffenen Staaten unterrichtet und in die Materie
eingeführt werden. Für das Management der natio­
nalen Niederlassungen des Pharmaherstellers sowie
deren lokale Rechtsanwälte und Prozessvertreter bietet sich ein Kick-off-Meeting an, in dem die relevanten
Unterlagen in zusammengefasster Form (Starter-Kits)
übergeben werden. Gerichtliche Schriftsätze werden
grundsätzlich von den lokalen Prozessvertretern auf
Grundlage des nationalen Rechts erstellt. ­
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Pharma
Für den entsprechenden Tatsachenvortrag und die
taktischen Weichenstellungen kommen die Informationen aus dem Starter-Kit zum Einsatz. Gerade für
diese Arbeitsschritte empfiehlt es sich jedoch, einen
effektiven Review-Prozess aufzusetzen, der die Konsistenz von Key Messages und Strategie sicherstellt.
Das geschieht am besten mithilfe einer koordinierenden Rechtsanwaltskanzlei, die sämtliche Stellungnahmen, die vor den nationalen Gerichten eingereicht
werden sollen, überprüft und gegebenenfalls korrigiert. Somit ist sichergestellt, dass in allen Gerichtsprozessen eine einheitliche Linie verfolgt wird.
Rechtliche Grundlagen in Europa
Obwohl die Produkthaftungsrichtlinie (85/374 EWG)
zivilrechtliche Ansprüche in Europa in wichtigen
Bereichen harmonisiert hat, bestehen in den einzelnen Mitgliedsstaaten zum Teil beachtliche Unterschiede, die im Bereich Arzneimittelhaftung relevant
werden können. So hat beispielsweise Deutschland
mit § 84 Abs. 2 des Arzneimittelgesetzes (AMG) eine
Kausalitätsvermutung eingeführt, die den Kausalitätsnachweis für den Arzneimittelanwender erleichtern soll. Gleichzeitig hat der Arzneimittelanwender
mit § 84a AMG einen Anspruch auf Auskunft hinsichtlich bekannter Wirkungen, Nebenwirkungen und
Wechselwirkungen. Dieser Anspruch bezieht sich
auch auf bekannt gewordene Verdachtsfälle von
Neben- und Wechselwirkungen sowie auf sämtliche
weitere Erkenntnisse, die es erlauben, die Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen zu bewerten.
Auch andere Mitgliedsstaaten wie Spanien oder
Frankreich räumen möglichen Geschädigten Erleichterungen bei der Durchsetzung von Arzneimittelhaftungsansprüchen ein. Das gilt insbesondere in Form
von (richterrechtlichen) Beweiserleichterungen, um
einen Kausalzusammenhang zwischen Arzneimittelanwendung und dem geltend gemachten Schaden
nachzuweisen. So ist in Frankreich nach einer ober­
gerichtlichen Entscheidung der wissenschaftliche
Vollbeweis der Kausalität nicht mehr erforderlich. Es
genügt, wenn die Kausalkette auf „ernst zu nehmenden, konkreten und übereinstimmenden Vermutungen“ beruht.
Italienische Gerichte verlangen grundsätzlich zwar
weiterhin den Vollbeweis der Kausalität. Neuere Entscheidungen nehmen jedoch auch auf einen „Wahrscheinlichkeitstest“ Bezug. Das ist ein ähnlicher
Ansatz, wie ihn England bereits seit einigen Jahren
verfolgt und der die strikten Anforderungen an die
Kausalität möglicherweise etwas lockert. Unabhängig
von den materiell rechtlichen und zivilrechtlichen
Haftungsvoraussetzungen wurde in Italien zudem versucht, die Ansprüche auf prozessualer Ebene leichter
durchzusetzen. Die italienische Class Action findet
ausdrücklich auch auf Produkthaftungsansprüche
und damit grundsätzlich auch auf Arzneimittelhaftungsansprüche Anwendung.
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Munich Re Schadenspiegel 2/2012
Ein anderes Modell verfolgen die Niederlande: Dort
existiert ein sogenanntes Sammelvergleichsgesetz
zur kollektiven Geltendmachung von Ansprüchen.
Eine Organisation, welche die angeblich Geschädigten
repräsentiert, kann mit dem vermeintlichen ­Schädiger
einen Vergleich schließen, der allerdings gerichtlich
genehmigt werden muss. Sobald diese Genehmigung
vorliegt, werden alle angeblich Geschädigten, die per
Definition zum Kreis der mög­lichen Geschädigten
gehören, von der Wirkung des Vergleichs erfasst. Sie
können allerdings förmlich den Austritt (Opt-out)
erklären, wenn sie die Rechtskraftwirkung vermeiden
wollen.
Fazit
Für den Versicherer ist es bei der Abwicklung mög­
licher internationaler Haftungsfälle entscheidend, dass
das versicherte Unternehmen Berater und Rechts­
anwälte beauftragt, die nicht nur Teilaspekte berücksichtigen. Vielmehr müssen sie in der Lage sein, eine
einheitliche Strategie zu entwickeln, die sämtliche
Interessen der Betroffenen umfasst. Zudem sollte
eine zentrale Einheit bestimmt werden, welche die
Umsetzung der einheitlichen Strategie koordiniert
und überwacht.
Unsere Autoren:
Ina Brock ist Rechtsanwältin und
Partnerin im Münchner Büro von
Hogan Lovells International LLP und
Mitglied der Praxisgruppe Prozess­
führung & Schiedsverfahren. Sie ist
spezialisiert auf die Abwehr und
­Koordinierung von internationalen
Produkthaftungsfällen.
ina.brock@hoganlovells.com
Dr. Simone Schönberger LL.M. ist
Rechtsanwältin im Münchner Büro
von Hogan Lovells International LLP
und Mitglied der Praxisgruppe Prozessführung & Schiedsverfahren.
Sie berät und vertritt deutsche und
­internationale Mandanten in Fragen
der Produkthaftung.
simone.schoenberger@
hoganlovells.com
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Magazin für Versicherer wirft einen Blick hinter die Kulissen von
Munich Re und zeigt, was uns antreibt. Wir stellen interessante
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not if, but how
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Pharma
Bitte fragen Sie Ihren Arzt
oder Apotheker
Jedes Arzneimittel kann selbst bei bestimmungsgemäßen Gebrauch
ungewollte Nebenwirkungen hervorrufen. Wie sicher Medikamente
sind, bewegt nicht nur die Verbraucher. Auch Erst- und Rückversicherer
sind unmittelbar von Pharmarisiken betroffen.
Bis ein neues Medikament auf den Markt
kommt, vergehen viele Jahre kostspieliger
Forschung und Entwicklung.
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Pharma
Beispiele für Schadenzahlungen durch Pharmaunternehmen in den vergangenen Jahren.
Hersteller
Medikament
Grund
Vergleichszahlung (US$)
Merck
Vioxx
Mangelnde Sicherheit
4,8 Mrd.
Pfizer
Bextra
Off-Label-Werbung
2,3 Mrd.
Eli Lilly
Zyprexa
Off-Label-Use
1,4 Mrd.
GlaxoSmithKline
Paxil
Mangelnde Sicherheit
1 Mrd.
GlaxoSmithKline
Avandia
Mangelnde Sicherheit
460 Mio.
Schering-Pough
Temodar,
Intron A
Off-Label-Use
435 Mio.
Eli Lilly
Zyprexa
Off-Label-Use
1,4 Mrd.
Quelle: US-Rechnungshof GOA, US-Justizministerium, Justizministerium des Staates
Oregon, Pfizer Inc.
von Henriette Heine, Kathrin Ittner und Helga Munger
Im aktuellen Marktumfeld eine angemessene Balance
zwischen Nutzen und Risiko zu erreichen kann eine
Herausforderung für Pharmaunternehmen darstellen.
Sie müssen sicherstellen, dass sie dauerhaft ertrag­
reich hochwertige und sichere Produkte zu einem ver­
tretbaren Preis auf den Markt bringen. Gleichzeitig
müssen sie dem Verbraucherschutz ausreichend
Beachtung schenken. Während einige Länder zum
Schutz der Verbraucher die verschuldensunabhängige
Haftung eingeführt haben, sind andere der Ansicht,
dass dies eine Abwanderung der Pharma­industrie zur
Folge hätte.
−−unzureichende Warnhinweise oder Verstöße
gegen Kennzeichnungsvorschriften,
−−Verunreinigungen während des Produktions‑
prozesses,
−−ungeeignete bzw. abgelaufene Wirkstoffe.
Jedes Medikament birgt Risiken
Risikofaktoren, die speziell in den USA hinzutreten,
sind etwa:
Jedes Medikament kann Nebenwirkungen auslösen.
Ob diese annehmbar sind, ist jeweils im Einzelfall
abzuwägen. Risiken, die bei Behandlung einer kleinen
Gruppe schwer kranker Patienten noch akzeptabel
sind, können bei einer Erweiterung des Anwendungs­
bereichs auf größere Patientengruppen oder Indika­
tionen schnell als unangemessen erachtet werden.
Pharmaunternehmen sehen sich daher regelmäßig
Ansprüchen von Anwenderseite ausgesetzt, wobei
häufig folgende Vorwürfe erhoben werden:
−−fehlende Warnung vor möglichen Schäden oder
Nebenwirkungen, einschließlich der Wechselwir­
kungen mit anderen Medikamenten,
−−unzureichende Erprobung vor Markteinführung,
−−übertriebenes und aggressives Marketing,
Nirgendwo sind die Risiken höher als in den USA.
Dort bringt die Aussicht auf jahrelange, kostspielige
Prozesse mit unsicherem Ausgang sowie eine
­mög­liche Verurteilung zu Strafschadenersatz viele
Unternehmen dazu, Streitigkeiten durch Vergleiche
beizulegen.
−−die Möglichkeit der Anwälte, Werbung für ihre
Dienste zu machen,
−−das fehlende Kostenrisiko der Anspruchsteller
­auf­grund der Möglichkeit, Erfolgshonorare zu
­vereinbaren,
−−die Höhe der Vergleichszahlungen (hohe Entschädi­
gungssummen und teilweise auch Strafschaden‑
ersatz) sowie
−−die Möglichkeit, dass vor Schwurgerichten ver­
handelt wird mit der Folge, dass komplexe wissen­
schaftliche oder juristische Zusammenhänge von
Laien beurteilt werden.
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
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Pharma
Einer Studie zufolge kam es in den USA zwischen
1991 und 2010 zu 165 zivil- oder strafrechtlichen Ver­
gleichen in Höhe von insgesamt 19,81 Milliarden USDollar, wobei nahezu drei Viertel der Fälle in den Zeit­
raum von 2006 bis 2011 fielen (Public Citizen’s Health
Research Group, Rapidly Increasing Criminal and
Civil Monetary Penalties against the Pharmaceutical
Industry: 1991 to 2010).
Rechtliche und gesetzliche Entwicklungen haben
regelmäßig Einfluss auf die Haftung der Unterneh­
men. So wird zum Beispiel die 2011 ergangene Ent­
scheidung des US Supreme Court zum Vorrang von
Bundesrecht im Bereich der Medikamentenkenn­
zeichnungspflichten intensiv diskutiert (siehe Kasten
Seite 16 oben). Die Feststellungen des Gerichts haben
zur Folge, dass die Haftung für Verletzungen von
Kennzeichnungspflichten für generische Produkte
abgelehnt werden kann, obwohl dieselbe Kennzeich­
nung für den Hersteller von Markenprodukten eine
solche begründen kann.
Häufig werden Ansprüche schon dann erhoben, wenn
die zuständige Arzneimittelbehörde eine Sicher­heits­
warnung oder eine Abmahnung ausgesprochen hat.
Andere Auslöser für die Geltendmachung von Ansprü­
chen können Rücknahmen vom Markt, pharmazeu­
tische Studien oder auch Berichte über eine zuneh­
mende Anzahl von Klagen wegen eines bestimmten
Medikaments sein. Entsprechende Datenbanken und
Foren im Internet sowie Anwaltskanzleien, die sich
auf Pharmaprozesse spezialisiert haben, erleichtern
es den Verbrauchern, Prozesse anzustrengen.
Von der Zulassung bis zur Schadensregulierung – ein fiktives Beispiel
2003
Vermarktung an erweiterten
Patientenkreis. Für den Mas­
senmarkt des Medikaments
besteht noch Patentschutz
bzw. die Lizenzen sind noch
nicht abgelaufen.
Die FDA erteilt im April
2000 die Genehmigung für
einen speziellen Anwen­
dungsbereich. Es erfolgt
die klinische Erprobung
für einen breiter gefassten
Patientenkreis.
14
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
Ende 2004
Den Versicherern wird im
Rahmen der Erneuerungs­
gespräche eine Aufstellung
der gemeldeten Fälle über­
geben. Vor allem aufgrund
von Zweifeln an der Kau­
salität bestehe jedoch kein
Grund zur Besorgnis.
Anfang 2004
FDA-Genehmigung zur
Anwendung wird erteilt,
aber nach dem Inverkehr­
bringen sind weitere Unter­
suchungen notwendig.
Es gibt erste Berichte über
unerwünschte Nebenwir­
kungen, wobei die Patien­
tengruppe gesundheitlich
vorbelastet ist.
2007
Die Zahlen sind inzwischen
auf mehr als 300 angestie­
gen. US-Anwaltskanzleien
fordern über das Internet die
Betroffenen oder Familien­
mitglieder auf, sich bei ihnen
zu melden.
2005/2006
Bei der Erneuerung wird ein
geringer Anstieg der Fälle
gemeldet, aber die Zahlen
sind nach wie vor relativ
­stabil.
Ende 2007
Die FDA veröffentlicht eine
Warnung vor potenziell
erhöhten Risiken in Bezug
auf das Medikament.
Pharma
Versicherungsrechtliche Aspekte
Um sich gegen Haftpflichtrisiken abzusichern, schließen
Pharmaunternehmen entsprechende Versicherungen
ab, üblicherweise mit einem signifikanten Selbstbehalt.
Einige Pharmafirmen decken Schäden teilweise über
hauseigene Captives (Eigenversicherung) ab. Die
Bedingungen der unteren Layer können von denen
der oberen Layer abweichen. So kann es vorkommen,
dass in unteren Layern der Versicherungsfall nach
dem Schadenerhebungsprinzip (Claims Made) ein­
tritt, für die oberen Layer jedoch das Schadenereignis
(Occurrence) relevant ist (siehe Kasten Seite 16/17
unten).
März 2008
Die Inanspruchnahmen stei­
gen auf über 100 Fälle pro
Woche. Eine Sammelklage
wird anhängig gemacht. Es
erfolgt eine offizielle Scha­
denmeldung an den Ver­
sicherer unter der ClaimsMade-Deckung zum ersten
Layer der Deckung.
April 2008
Eine neue Studie bringt die
Anwendung mit erhöhten
Risiken in Verbindung und
stellt die Wirksamkeit in
Bezug auf die Anwendung
am erweiterten Patienten­
kreis infrage.
In diesen Fällen können die Schadeneintrittsdaten
differieren mit der Folge, dass unterschiedliche Poli­
cenjahre bei verschiedenen Versicherern für einen
Pharmaschadenkomplex betroffen sein können. Hier
spielen auch die jeweiligen Serienschadenklauseln
eine Rolle. Wenn man die marktüblichen hohen
Deckungssummen und entsprechenden Prämien
betrachtet, sollte man auch im Hinterkopf behalten,
dass Schadenersatz- und Vergleichszahlungen sowie
insbesondere auch die Kosten für Anwälte und Gut­
achter teilweise sehr hoch sind. Im Ergebnis macht
die Versicherungsleistung oft nur einen kleinen Teil
dessen aus, was an Dritte und an Prozesskosten ins­
gesamt bezahlt wurde.
Dezember 2008
Die Erneuerungsunterlagen
enthalten Informationen
über 3.500 Inanspruch­
nahmen. Die Kosten für die
aufwendige Verteidigung
steigen dramatisch.
November 2009
Es erfolgt eine Schaden­
meldung an den ersten und
zweiten Layer der Deckung
nach dem Occurrence-Prin­
zip. Die Ansprüche werden
weiterhin verteidigt, das
Mittel bleibt auf dem Markt
und wird zur Behandlung
des erweiterten Patienten­
kreises verschrieben.
Juni 2010
Der erste Prozess über eine
Anzahl von Fällen beginnt.
Dezember 2010
Es erfolgt eine Meldung an
weitere Layer im Rahmen
der Integrated-OccurrenceDeckung einer BermudaPolice, die im Anschluss an
die beiden unteren Layer
gezeichnet wurde.
Januar 2011
Erste Ansprüche werden
befriedigt. Die Entschädi­
gungszahlungen und
weitere Kosten zehren die
ersten beiden Layer des
Versicherungsprogramms
auf. Es wird erwartet, dass
die Zahlungen die zur Ver‑
fügung stehende Deckungs­
summe übersteigen.
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
15
Pharma
Rechtsunsicherheit für Generika-Hersteller
Für Hersteller von Original­
präparaten gelten andere
Pflichten als für Hersteller
von Generika. So kann es
für einen geschädigten Ver­
braucher im Schadenfall
von Bedeutung sein, ob sein
Apotheker ihm das Original­
präparat oder ein Generikum
ausgehändigt hat.
Nach den Vorschriften der Zulas­
sungsbehörde FDA müssen die auf
Medikamentenpackungen und Bei­
packzetteln aufgedruckten Warnhin­
weise über Risiken bei den jeweiligen
Markenprodukten und bei Generika
identisch sein. Hersteller von Gene­
rika müssen die Kennzeichnung der
Originalpräparate selbst dann über­
nehmen, wenn in der Zwischenzeit
neue Risiken bekannt worden sind.
Gleichzeitig kann ein Pharmaunter­
nehmen nach einzelstaatlichem
Recht wegen unzureichender Warn­
hinweise haftbar gemacht werden.
Dieser Konflikt ist für einen Herstel­
ler nicht lösbar und wurde in dem
Verfahren Pliva./.Mensing nach der
Doktrin des Vorrangs des Bundes
entschieden. Hiernach hat das Bun­
desrecht Vorrang gegenüber dem
einzelstaatlichem Recht, weil ein
Konflikt zwischen den beiden Rege­
lungen vorliegt. Haftungsansprüche
nach einzelstaatlichem Recht sind
ausgeschlossen, weil es für den
Generikahersteller unmöglich ist,
sowohl die Bundes- als auch die ein­
zelstaatlichen Anforderungen an die
Kennzeichnung zu erfüllen. Die Ent­
scheidung hat zur Folge, dass Her­
steller von Originalpräparaten andere
Pflichten haben wie die Hersteller von
Generika.
Wie künftig mit dieser Entscheidung
praktisch umgegangen wird, bleibt
abzuwarten.
Deckungskonzepte im Bereich Pharma
Ein typisches Versicherungs­
programm im Bereich Pharma
kann unterschiedliche
Deckungskonzepte für die ver­
schiedenen Layer umfassen.
Folglich ist es möglich, dass
ein Pharmaschaden aufgrund
der divergierenden Trigger
verschiedene Deckungsjahre
betrifft.
16
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
Claims-Made-Prinzip
(Anspruchserhebung):
Die Claims-Made-Deckung ist ins­
besondere in den unteren Layern
eines Versicherungsprogramms
sehr beliebt. Grundsätzlich wird die
Police mit der ersten Anspruchs­
erhebung gegen den Versicherten
getriggert.
−−Versicherungsschutz besteht für
die Versicherungsfälle, die wäh­
rend der Laufzeit des Versiche­
rungsvertrags eingetreten sind. Es
besteht jedoch die Möglichkeit, ein
Rückwirkungsdatum (sogenannte
Retrodeckung) für unbekannte
Schadenereignisse zu vereinbaren
oder eine Nachlaufzeit zu verein­
baren. Dabei wird davon ausgegan­
gen, dass Ansprüche nur innerhalb
eines sehr begrenzten Zeitraums
gemeldet werden.
−−In der Regel gehört es zu den Oblie­
genheiten des Versicherten, den
Schaden „so bald wie möglich“
oder „so bald wie praktisch möglich“
zu melden.
Occurrence-Prinzip
(Ereignis):
Bei der Ereignisdeckung wird die
Police zum Zeitpunkt des Eintritts
des schadenbegründenden Ereignis­
ses getriggert. Für den Versicherer
kann dies zur Folge haben, dass zwi­
schen dem Eintritt des Ereignisses
sowie der Anspruchserhebung eine
lange Zeitspanne liegt.
−−Der Zeitpunkt des Eintritts eines
Ereignisses im Pharmabereich wird
oft definiert mit dem Zeitpunkt, an
dem ein Anwender aufgrund ent­
sprechender Symptome erstmalig
einen Arzt konsultiert.
Pharma
Die Pharmaindustrie ist verpflichtet, ein
engmaschiges Kontrollnetz zur Sicherheit
von Arzneimitteln zu unterhalten.
−−Die Policen enthalten oftmals ein
Rückwirkungsdatum zur Eingren­
zung der Fälle, in denen sich die
nachteiligen Wirkungen eines
Medikaments erst nach vielen
­Jahren zeigen.
„Occurrence Reported“ bzw.
„Integrated Occurrence“:
Diese Wordings – auch als BermudaForm bekannt – sind eine Weiterent­
wicklung der Occurrence-Deckung.
Sie entstanden als Reaktion auf den
Bedarf an größeren Versicherungs­
summen in den höheren Layern.
Ähnliche Ereignisse, die innerhalb
der Policenlaufzeit eingetreten sind,
können vom Versicherten zu einem
Schadenereignis zusammengefasst
werden und fallen demnach unab­
hängig vom jeweiligen Eintrittszeit­
punkt in eine Versicherungsperiode.
−−Besonderes Merkmal der Integra­
ted-Occurrence-Deckung ist die
Art und Weise der Bündelung von
Ansprüchen in einer Kombination
von Ereignis und Meldung. Zwei
Trigger werden zusammengeführt.
Solange beispielsweise Berichte
über Nebenwirkungen eines Medi­
kaments nur vereinzelt auftreten –
eine Schadenanfälligkeit der Police
somit nicht angenommen werden
muss –, ist eine Meldung an den
Versicherer noch nicht angezeigt.
Das ändert sich, sobald die Scha­
denhäufigkeit deutlich zunimmt.
Dann müsste sich der Pharmaher­
steller Gedanken darüber machen,
ob bei einer weiteren Nichtmel­
dung die Gefahr besteht, dass der
Ausschluss der erwarteten oder
geplanten (expected or intended)
Schäden greift. Vor diesem Hinter­
grund bewegen sich die Unterneh­
men auf einem schmalen Grat und
müssen verantwortungsbewusst
entscheiden, wann die Melde­
schwelle überschritten ist.
−−Einige Policen enthalten einen Aus­
schluss von Personenschäden im
Zusammenhang mit Medikamen­
ten, die verkauft wurden, nachdem
die Schadenmeldung an den Ver­
sicherer erfolgt ist.
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
17
Pharma
Als „klassischen Pharmaschaden“ bezeichnet man
weitläufig Fälle, die aus unerwünschten Neben­
wirkungen eines zugelassenen Medikaments bzw.
aufgrund von (vermeintlich) irreführenden/unzu­
reichenden Angaben auf dem Beipackzettel entstehen.
Allerdings sollten Versicherer, die Pharmarisiken
zeichnen, weitere Risikoquellen im Auge behalten,
bei denen eine Haftung nicht ausgeschlossen werden
kann.
Off-Label-Use
Ein Off-Label-Use liegt immer dann vor, wenn ein
Medikament außerhalb seiner zugelassenen Indika­
tion (Label) eingesetzt wird. Die Indikation legt dabei
den Anwendungsbereich fest, für den die nationalen
bzw. europäischen Behörden das Medikament zuge­
lassen haben. Bei einem Off-Label-Use weichen in
aller Regel Darreichungsform und/oder Dosierung
von den genehmigten Anwendungsmodalitäten ab.
Zwar setzt grundsätzlich jede Ausweitung des
Anwendungsgebiets eine entsprechende Zulassung
bzw. zustimmungsbedürftige Änderungsanzeige
voraus. Abweichungen von diesem Grundsatz sind
mittlerweile jedoch unverzichtbare Bestandteile der
Medizin. Ärzte stehen manchmal vor dem Problem,
dass für seltene Indikationen zugelassene Medika­
mente fehlen. So hinkt die Zulassung von Arzneimit­
teln zum Beispiel in Gebieten mit rasch voranschrei­
tender Forschung den Therapiestandards hinterher.
Gründe dafür sind unter anderem, dass die für die
Zulassung erforderlichen Verfahren sehr zeitintensiv
und kostspielig sind. Der Off-Label-Use ist daher
durchaus gängige Praxis, die auch von der grundsätz­
lichen Therapiefreiheit des Arztes gestützt wird. Ins­
besondere im Bereich der Kinderheilkunde, der Onko­
logie, der Infektiologie sowie der Neurologie ist eine
Therapie ohne Off-Label-Use nicht mehr vorstellbar.
Vom Off-Label-Use zu unterscheiden ist die Anwen­
dung eines (noch) nicht zugelassenen Medikaments
(„Compassionate Use“).
Beim Einsatz von Medikamenten im Off-Label-Use
treten natürlich auch zum Teil schwerwiegende und
unerwünschte Nebenwirkungen auf. Es stellt sich
daher die Frage, ob ein Pharmaunternehmen für sol­
che Schäden in die Haftung genommen werden kann.
Haftung des Pharmaunternehmens
Grundsätzlich ist eine Haftung des Pharmaunterneh­
mens nur bei bestimmungsgemäßem Gebrauch eines
Medikaments denkbar. Dieser hängt aber nicht allein
von den Vorgaben des Beipackzettels ab. Ein bestim­
mungsgemäßer Gebrauch liegt auch vor, wenn es
sich um eine wissenschaftlich anerkannte und weit­
verbreitete Anwendung oder einen typischen Fehlge­
brauch handelt, der naheliegt oder in großem Umfang
18
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
praktiziert wird. Das Pharmaunternehmen hat somit
auch nach der Zulassung eines Medikaments die
Pflicht zur Produktbeobachtung und gegebenenfalls
zur Reaktion. Eine grundsätzliche Haftung des Unter­
nehmens erscheint insoweit gerechtfertigt, als es im
Gegenzug von den Umsatzsteigerungen profitiert, die
mit einem Off-Label-Use verbunden sind. Dem Her­
steller steht es allerdings frei, einen Off-Label-Use als
Kontraindikation in die Warnhinweise aufzunehmen.
Bei einem bewusst bestimmungswidrigen Gebrauch
des Medikaments scheidet eine Haftung aus.
Bedeutung für den Versicherungsschutz des
Pharmaunternehmens
Wird ein Pharmahersteller wegen schwerwiegender
Nebenwirkungen im Off-Label-Use in Anspruch
genommen, erfolgt dies aufgrund gesetzlicher Haf­
tungsbestimmungen. In Betracht kommen hier in
­erster Linie die Gefährdungs- bzw. deliktische Haftung.
Wie bereits dargestellt, umfasst der Versicherungs­
schutz naturgemäß gerade diese Haftungs­szenarien.
Haftungsansprüche von Anwendern, die sich im
Bereich des bestimmungsgemäßen Gebrauchs eines
Medikaments bewegen, fallen daher grundsätzlich
unter den Schutz des Haftpflichtprogramms.
Marketing und neue Medien
Bis ein neues Medikament auf den Markt kommt,
vergehen viele Jahre kostenintensiver Forschung
und Entwicklung. Zwar laufen Patente grundsätzlich
20 Jahre ab Anmeldung. Wegen der langwierigen
Marktzulassung kann das Patent jedoch in aller Regel
lediglich circa zehn Jahre lang wirtschaftlich genutzt
werden. Insoweit ist nachvollziehbar, dass Pharma‑
unternehmen diese Zeitspanne möglichst intensiv zur
Vermarktung nutzen möchten. Denn um Forschung
und Entwicklung zu betreiben, benötigen sie die Aus­
sicht, dass sich ihre Investitionen auch lohnen. Der
rechtliche Rahmen für die Vermarktung von ver­
schreibungspflichtigen Medikamenten ist von Land
zu Land unterschiedlich. So ist zum Beispiel in den
USA die Direkt- oder auch Laienwerbung erlaubt, in
Deutschland dagegen verboten. Lediglich in Fach­
publikationen dürfen hier solche Produkte beworben
werden. Problematisch ist allerdings, dass das Verbot
der Laienwerbung durch das Internet samt seinen
sozialen Netzwerken leicht unterlaufen werden kann.
Dies dürfte mit ein Grund für Bestrebungen sein,
EU-weit das strikte Verbot der Laienwerbung aufzu­
weichen.
Pharma
Bei einer unmittelbaren Ansprache des medizini­
schen Laien via Direktwerbung besteht die Gefahr,
dass
−−die Beeinflussung der Patienten zu vermehrten
Wunschverschreibungen führt,
−−durch den erhöhten Bekanntheitsgrad und die
gesteigerten Erwartungen/Hoffnungen die Gefahr
von Inanspruchnahmen durch geschädigte/ent­
täuschte Patienten steigt,
−−Produktangaben verkürzt und/oder verfälscht
dargestellt werden, wodurch ebenfalls die Gefahr
von Inanspruchnahmen steigt.
Stellt beispielsweise eine Werbekampagne für Ver­
hütungsmittel im TV oder im Internet gezielt Vorzüge
einer Anti-Baby-Pille wie schönere Haut, Vermeidung
von Stimmungsschwankungen etc. neben ihrem
eigentlichen Einsatzgebiet heraus, besteht die Gefahr,
dass insbesondere bei jungen Konsumentinnen die
möglichen Nebenwirkungen als lediglich abstrakte
Gefahr in den Hintergrund treten. Dies wirft insbe­
sondere Probleme auf, sofern das Produkt für die
erwähnten zusätzlichen Vorzüge keine Zulassung hat.
Auch im Bereich chronischer Krankheiten besteht die
Gefahr, dass das Marketing den Fokus primär auf eine
bessere Verträglichkeit richtet, eventuelle mittelfris­
tige Nebenwirkungen aber vernachlässigt. Auch hier
fällt die Werbung auf fruchtbaren Boden, weil es den
Patienten um die Verbesserung ihrer täglichen Lebens­
situation geht. Die FDA hat zwar die Möglichkeit, die
Pharmaunternehmen zu einer Richtigstellung zu ver­
pflichten. Das ändert aber nichts daran, dass verzerrte
Produktinformationen im Umlauf sind.
Die wachsende Verbreitung von sozialen Netzwerken
wie Facebook oder Twitter und die leichte Informa­
tionsbeschaffung über das Internet ermöglichen es
den Verbrauchern, potenzielle Nebenwirkungen eines
Medikaments zu identifizieren und sich mit anderen
Betroffenen zusammenzuschließen. In den USA ist es
zudem möglich, als vermeintlich Geschädigter Infor­
mationen über Klägeranwälte und Sammelklagen zu
erhalten. So kann eine Vielzahl von Anspruchstellern
innerhalb kürzester Zeit zusammenkommen. Hier
ist für die Zukunft eher noch mit einer Zunahme der
Aktivitäten zu rechnen.
Fazit
Die Pharmaindustrie gehört aufgrund rechtlicher
Vorgaben zu den am stärksten reglementierten Bran­
chen. Sie ist verpflichtet, ein engmaschiges Kontroll­
netz zur Sicherheit von Arzneimitteln zu unterhalten.
Entscheidend ist, ob die beteiligten Akteure diese
Regeln eher als Pflicht sehen oder als eigenständige
Möglichkeit, Risiken zu steuern und zu minimieren.
Klar ist, dass sich das Risikomanagement heute nicht
mehr allein an medizinischen Aspekten orientieren
kann. Vielmehr müssen neben dem Produktdesign
auch die Vermarktungsstrategie und die Werbe­
botschaften hinsichtlich möglicher Haftungsfragen
geprüft werden.
Unsere ExpertEN:
Dr. Henriette Heine ist Schadenjuristin
für Casualty-Schadenfälle im Bereich
Global Clients/North America. Sie ist
Mitglied im Topic Network Casualty
Claims.
hheine@munichre.com
Kathrin Ittner ist Schadenjuristin für
Casualty-Schadenfälle im Bereich
Global Clients/North America. Sie ist
zudem Mitglied im Topic Network
Fidelity.
kittner@munichre.com
Helga Munger ist als Senior Legal
Counsel im Bereich Global Clients/
North America für Casualty-Schaden­
fälle tätig. Zudem ist sie die Leiterin
des Topic Networks Casualty Claims.
hmunger@munichre.com
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
19
Flut
Ein Land unter Wasser
Heftige Regenfälle überfluteten 2011 weite
Teile von Thailand. Die größte Katastrophe in
der Geschichte des Landes kostete mehrere
Hundert Menschen das Leben und verursachte
in Industrie und Landwirtschaft schwere Schäden.
von Alfons Maier und Michelle Chan
Die Niederschläge in der Monsunsaison waren so
intensiv, dass sie in einigen Gegenden das historische
das langjährige Mittel über zwei Monate um bis zu
1.000 Milli­meter übertrafen. Von Ende Juli an, ausgelöst durch den Tropischen Sturm Nock-ten, dehnten
sich die Überschwemmungen entlang der Flüsse
Mekong und Chao Phraya auf den Norden, Nordosten
und auf Zentral-Thailand aus. Ab Mitte September
waren nahezu alle niedrig gelegenen Gebiete in
­Zentral-Thailand und auch die nördlichen Regionen
Bangkoks überschwemmt, im Oktober standen sogar
weite Teile der Hauptstadt unter Wasser. Begünstigt
durch die nur leicht erhöhte Lage der zentral-thai­
ländischen Ebene über dem Meeresspiegel und aufgrund der damit verbundenen geringen Abflussgeschwindigkeit hielten sich die Überschwemmungen
in manchen Gegenden bis Januar 2012. 65 von 77
Provinzen wurden zum Katastrophengebiet erklärt,
mehr als 800 Todesopfer waren zu beklagen. Insgesamt waren etwa 14 Millionen Menschen betroffen.
Viertteuerste Naturkatastrophe weltweit
Die Weltbank schätzt die volkswirtschaftlichen Schäden auf etwa 1.425 Milliarden Baht (etwa 43 Milliarden
US-Dollar). Der Großteil davon entstand in sieben
größeren Industriegebieten, die teilweise zwei Meter
und mehr unter Wasser standen. Insgesamt waren
rund 15.000 Unternehmen in 20 Provinzen betroffen.
Die versicherten Schäden werden weltweit auf mehr
als 10 Milliarden US-Dollar veranschlagt. Rückwirkungsschäden auch außerhalb von Thailand können
diese Zahl noch weiter nach oben treiben. Rückwirkungsschäden sind komplex und zeitaufwendig bei
der Schadenregulierung und können im Extremfall
im dreistelligen Millionen-Dollar-Bereich pro Ver­
sicherungs­nehmer liegen, so dass der endgültig ver­
sicherte Schaden aus dem Ereignis vermutlich erst
nach der Regulierung der Rückwirkungsschäden feststeht.
Überflutete Straße in Bangkok am
22. Oktober 2011.
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
21
FLUT
Neben der Industrie war vor allem die Landwirtschaft
betroffen, zum Beispiel mehr als zwölf Prozent der
thailändischen Reisfarmen. Thailand ist hier mit
einem Weltmarktanteil von 30 Prozent ein wichtiger
Exporteur. Außerdem verbuchte der Tourismus, eine
der Haupteinnahmequellen der thailändischen Wirtschaft, erhebliche Umsatzeinbußen. Immerhin gelang
es, durch das Öffnen von Dämmen und Flutbarrieren
sowie durch temporäre Schutzmaßnahmen das zentrale Geschäftsviertel Bangkoks weitgehend von den
Fluten zu verschonen.
Schlimmstenfalls wäre die Hauptstadt mit ihren mehr
als acht Millionen Einwohnern etwa 1,5 Meter tief in
den Fluten versunken, was die Schäden noch einmal
deutlich nach oben getrieben hätte. Bangkok steht als
ökonomisches Zentrum für rund 40 Prozent des
­thailändischen Bruttosozialprodukts. Während der
Inlandsflughafen Don Muang Airport einschließlich des
Country’s Flood Relief Headquarters überschwemmt
wurde, blieb der internationale Flughafen verschont.
Nach offiziellen Angaben waren rund 535 Kilometer
Autobahnen zeitweise nicht befahrbar, 67 Fernverbindungsstraßen wurden zerstört, was hohe Folgekosten
nach sich zog.
Die Schäden in Höhe von etwa 43 Milliarden US-Dollar machen die Thailand-Überschwemmungen zur
viertteuersten Naturkatastrophe weltweit. Kostspie­
liger waren nur das Tohoku-Erdbeben mit Tsunami
in Japan 2011 (210 Milliarden US-Dollar), Hurrikan
Katrina in den USA 2005 (125 Milliarden US-Dollar)
und das Kobe-Erdbeben in Japan 1995 (100 Milliarden
US-Dollar). Für Thailand selbst war es die teuerste
Naturkatastrophe in der Geschichte und global gesehen das kostenträchtigste Überschwemmungsereignis überhaupt.
Japanische Versicherer am schwersten betroffen
Das thailändische OIC (Office of Insurance Commission) schätzte die Industrie-Flutschäden auf zunächst
140 Milliarden Baht (4,5 Milliarden US-Dollar) und
kalkulierte, dass die sieben Industrieparks Bang Pa-In,
Hi-Tech, Factory Land, Nava Nakorn, Rojana, Saha
Rattana Nakorn und Bang Kadi über eine kombinierte
Versicherungsdeckung von 450 Milliarden Baht
(14,5 Milliarden US-Dollar) verfügen. Das thailändische
Permanent Secretary of Finance geht sogar von
einem Versicherungsschutz in Höhe von 600 Milliarden Baht (19,5 Milliarden US-Dollar) aus.
22
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
Nahezu alle Industrieparks des Landes
standen über längere Zeit bis zu zwei
Meter unter Wasser.
Thailands General Insurance Association (GIA) bestätigte die hohe Naturgefahren-Versicherungsdichte in
den Industriegebieten. Dagegen hätten weniger als ein
Prozent der privaten Haushalte entsprechende Deckungen abgeschlossen.
Als größter ausländischer Investor in Thailand waren
besonders japanische Unternehmen von der Katas­tro­
phe betroffen. Viele mussten ihre Geschäftserwartungen für 2011 und teilweise auch den Ausblick für 2012
korrigieren. Die Schäden an den Industrie­anlagen, so
schätzt man, gehen etwa zu 80 Prozent zulasten japanischer Versicherer.
Liefer- und Versorgungsketten unterbrochen
Die Produktionsausfälle in den großen Industrieparks
waren weltweit zu spüren. Zum Beispiel im Bereich
der Computerfestplatten (HDDs = Hard Disk Drives),
wo Thailand mit etwa einem Viertel der globalen
­Produktion der zweitwichtigste Lieferant ist. Die
plötz­liche Angebotsverknappung trieb die durch­
schnitt­lichen Verkaufspreise im vierten Quartal 2011
um 28 Prozent nach oben. Zusätzlich preissteigernd
wirkten sich die höheren Kosten infolge von Produk­
tionsver­lagerungen sowie die anziehenden Kom­ponen­
tenkosten von Zulieferern aus, die ebenfalls von den
Überschwemmungen betroffen waren.
FLUT
Erhöht gelegene Straßen waren oft die
letzte Rettung für Autofahrer. Die liegen
gebliebenen Fahrzeuge blockierten allerdings die Verkehrswege.
Bei einem HDD-Hersteller stand die Fabrik ab Mitte
Oktober unter Wasser und konnte erst Mitte November trockengelegt werden. Weil sich die Sanierungsarbeiten über Monate hinzogen, wurde die volle Produktion erst im ersten Quartal 2012 wieder erreicht.
Die flutbedingten Sonderausgaben bezifferte der
Hersteller auf rund 300 Millionen US-Dollar. Hinzu
kamen erhebliche Umsatzeinbußen. Davon profitierte
ein Konkurrent, der zum Marktführer aufstieg, weil
seine Fabrik etwas erhöht lag und nicht überschwemmt
wurde.
Auch die großen japanischen Automobilhersteller
mussten ihre Produktion in Thailand für mehrere
Wochen einstellen, was zu Ausfällen von täglich insgesamt 6.000 Einheiten führte. Selbst wenn ein
Standort nicht direkt von den Fluten betroffen war,
brachten Lieferschwierigkeiten aufgrund von Infrastrukturproblemen (überschwemmte oder beschädigte
Straßen) die Fertigung zum Erliegen. Die unterbrochenen Lieferketten wirkten sich auch auf Fabriken beispielsweise in Indonesien, Vietnam, auf den Philippinen, in den USA, in Kanada und Südafrika aus.
Die Ereignisse in Thailand haben die Verletzbarkeit
von Lieferketten ins Bewusstsein gerückt. Dieses
Risiko lässt sich verringern, indem Unternehmen ihre
Lieferbeziehungen genau analysieren und Pläne entwickeln, wie sich ein Ausfall von Zulieferern kompensieren lässt (Business Continuity Planning – BCP). Als
weiteres Instrument des Risikomanagements bietet
sich der Risikotransfer an. So ermöglicht die klassische
Betriebsunterbrechungsversicherung (BU) Schutz
gegenüber Vermögensschäden infolge des Stillstands der eigenen Produktionsanlagen, die Rück­
wirkungsschaden-Deckung (Contingent Business
Interruption – CBI) greift beim Ausfall eines Zulieferers oder Abnehmers.
Rückwirkungsschäden sind im Prinzip versicherbar,
wenn die Versicherten ausreichend Transparenz über
Art und Höhe des transferierten Risikos herstellen
können. Die Daten sollten dem Versicherer Aufschluss
darüber geben, welche Kunden in welchem Ausmaß
vom Ausfall eines bestimmten Zulieferers betroffen
sind. Das gilt insbesondere in der Rückversicherung,
da hier die Gefahr einer noch weitergehenden Kumulierung von Schäden besteht.
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
23
Flut
Die Schadenregulierung
Aufgrund der lang anhaltenden und großflächigen
Überschwemmungen haben sich viele Fragen zur
Abwicklung und Schadenregulierung ergeben. Beispielsweise wurde eine Reihe von Vorabzahlungen
geleistet, um industriellen Versicherungsnehmern
eine rasche Wiederaufnahme des Betriebs zu ermöglichen. Mit fortschreitender Schadenabwicklung
rücken technische Regulierungsaspekte in den Vordergrund, deren wichtigste im Folgenden dargestellt
werden:
−−Vorläufige Schadenberichte
Schadenregulierer, externe Loss Adjuster und selbst
Versicherungsnehmer konnten die überschwemmten
Gebiete wochenlang weder inspizieren noch Maß­
nahmen zur Schadenminderung und Sanierung
ergreifen. Deshalb sind bei Munich Re erst nach und
nach detaillierte Schadenberichte eingegangen, die
bei Schäden dieser Größenordnung erforderlich sind.
−−Selbstbehalte
Sind verschiedene Betriebe und Versicherungsorte
betroffen, für die eine gemeinsame Versicherungs­
police besteht, muss die Anzahl von Selbstbehalten
für Sach- und Betriebsunterbrechungsschäden
­sorg­­­­­­fältig geklärt werden.
−−Sanierung
Die finanzielle Entschädigung des Versicherungsnehmers zielt im Allgemeinen darauf ab, den Zustand
vor Schadeneintritt wiederherzustellen. Das kann
im Einzelfall auf eine kostengünstigere Sanierung
statt auf eine Neubeschaffung von Anlagen hinauslaufen. Die Gründe für eine Neuanschaffung (zum
Beispiel Lieferschwierigkeiten von Originalersatzteilen, fehlender Sanierungserfolg, Garantiethemen,
Kostenvergleiche) muss der Schadenbericht nachvollziehbar dokumentieren.
−−Schadendatum
Das Datum des Schadeneintritts ist in der Regel
durch den Zeitpunkt der Überschwemmung gegeben. Abweichungen davon, etwa wenn die Feststellung am mangelnden Zutritt scheiterte oder die
Gründe auf der Zulieferer-/Abnehmer-Seite entstanden, sind im Schadenregulierungsbericht zu
vermerken.
Beispiel einer komplexen BU-Schadenregulierung
1. Woche
Einige Zulieferer und
Abnehmer des Versicherungsnehmers sind überschwemmt.
2. Woche
Die Überschwemmungen
erreichen den Versicherungsnehmer und hindern
ihn am Zutritt zum Betriebsgelände. Die Stromversorgung fällt aus.
24
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
3. Woche
Ein nicht von der Überschwemmung betroffener
Zulieferer (Tier 1) kann nicht
liefern, weil sein eigener
Zulieferer (Tier 2) betroffen
ist.
4. Woche
5. Woche
7. Woche
6. Woche
Flut
−−Verbesserungen
In vielen Fällen wird es unmöglich sein, den
Ursprungs­zustand wiederherzustellen. Sei es, weil
eine wirtschaftliche Sanierung nicht möglich ist
oder weil die Entwicklung von Maschinen und
­Produktionstechnik in Hightech-Betrieben rasch
fortschreitet. Derartige Verbesserungen muss der
Schadenbericht offenlegen.
−−Abschreibungen
Der Schadenregulierer prüft bei der Ermittlung der
Versicherungssumme, welche Abschreibungssätze
auf Maschinen zur Anwendung kamen. Die ent­
sprechenden Beträge sollten mit den Wertelisten
zum Zeitpunkt der Annahme der Police verglichen
werden.
−−Restwerte
Ein Kommentar des Schadenregulierers zu Sanierungsaufwand und Restwerten ist sinnvoll. Das gilt
insbesondere beim Verkauf teurer, aber irreparabler
Maschinen.
−−Schadenverhütungskosten
Die Entschädigung von Schadenverhütungskosten
muss begründet sein auf Basis der zugrunde liegenden Police und der jeweiligen Rechtsprechung.
Schadenregulierungsberichte sollten zur Begründetheit von Schadenverhütungskosten und deren Höhe
nachvollziehbar Stellung beziehen.
Indes steht die GIA auf dem Standpunkt, dass diese
Kosten nicht zu erstatten sind, wenn die Maßnahmen
nicht erfolgreich oder unnötig waren, weil das Wasser den Versicherungsnehmer gar nicht erreicht hat.
−−Wiederaufbau an anderer Stelle
Thailand ist für globale Hersteller aus der Elektronik-, Halbleiter- oder Automobilindustrie ein wich­
tiges Produktionszentrum. Wegen der engen Vernetzung mit Zulieferern und Abnehmern dürfte eine
Verlagerung von Produktionsstätten eher selten
erwogen werden. Falls doch, ist ein Kostenvergleich
sinnvoll, insbesondere wenn der Wiederaufbau am
neuen Ort teurer ist. Zusätzlich sollte der Schadenbericht Verbesserungen wie Steuervorteile, eine
effizientere Produktionstechnik etc. klar heraus­
arbeiten. Generell sollte eine Verlagerung der Produktionsstätte der Schadenminderung dienen, etwa
durch eine kürzere Betriebsunterbrechung.
Der Zeitstrahl zeigt die Bedeutung
mitwirkender Schadenursachen für die
Entschädigung, wenn die Deckung auf
einen Tier-1-Zulieferer begrenzt ist.
9.–14. Woche
Der Versicherungsnehmer
reinigt und repariert, bei
Zulieferer/Abnehmer halten
die Probleme an. Ab der
11. Woche steht die Stromversorgung wieder.
8. Woche
Die Überschwemmungen
gehen zurück, Versicherungsnehmer kann das
Betriebsgelände betreten
und mit den Reparaturen
beginnen.
15. Woche
Alle überschwemmten
Zulieferer können wieder
liefern.
16. Woche
Aufnahme der normalen
Produktion.
Nach englischem Verständnis der Policen-Interpretation würde in der ersten
Woche die Extension-Deckung greifen,
und die Schäden durch Ausfall des
Zulieferers beim Versicherungsnehmer
decken, obwohl noch kein Sachschaden
beim Versicherungsnehmer eingetreten
ist.
In der zweiten Woche kommt als mitwirkende Schadenursache der Ausfall
der Stromversorgung dazu, der nicht
versichert ist. Eine Deckung des Schadens ist hier fraglich.
In der 8.–14. Woche besteht theoretisch
keine Deckung, da die Zulieferer aufgrund einer nicht versicherten Gefahr
nicht liefern können (Ausfall des Tier2-Zulieferers).
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
25
Flut
−−Angemessenheit der Versicherungssumme
Entscheidend für die Versicherungssumme ist der
Zeitpunkt der Policenzeichnung. Bei großen Sachund BU-Schäden müssen Experten und unabhängige Wertermittler das Thema Unterversicherung
klären. Obwohl es nicht Praxis sein sollte, existieren
Policen, die gleichzeitig die „Average Relief Clause“
und die „Uplift Clause“ enthalten. Bei der Analyse
solch komplexer Wordings kann Munich Re Unterstützung bieten. Dies gilt auch für Deckungsfragen
mit Blick auf Doppelversicherung (bei überlappenden Waren- und Transportpolicen).
Betriebsunterbrechung und Wide Area Damage
Für die Abwicklung größerer Betriebsunterbrechungsschäden im Millionen-Dollar-Bereich sollten
externe Experten, zum Beispiel bei Gericht zugelassene Bilanzbuchhalter/Wirtschaftsprüfer (forensic
accountants), hinzugezogen werden. Insbesondere
die sogenannten Wide Area Damages können weitere
Deckungsfragen aufwerfen. Darunter versteht man
eine Konstellation, in der sich ein Versicherungs­
nehmer in einer Umgebung mit erheblichen Schäden
befindet. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit einer
Betriebsunterbrechung aufgrund von unabhängigen
mitwirkenden, jedoch nicht gedeckten Schaden­
ursachen, zum Beispiel eingeschränktem Zugang,
Stromausfall, Ausfall von Zulieferern, deutlich.
Feuchtigkeit und Schimmel zerstörten
­Trockenbauteile in den Fabriken.
26
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
Infolgedessen könnte der Betriebsunterbrechungsschaden als nicht gegeben eingeschätzt werden, wie
in dem bekannten Urteil „Orient Express Hotels vs.
Assicurazioni Generali“ (2010) EWHC 1186 nach Hurri­
kan Katrina.
Bislang haben thailändische Gerichte Interpretationsfragen hinsichtlich Betriebsunterbrechungspolicen
und möglicher mitwirkender Schadenursachen noch
nicht behandelt. Da auch kein Präzedenzfall existiert,
muss jeder Fall mit seinen entscheidungsrelevanten
Sachverhalten geprüft werden. Munich Re geht davon
aus, dass die meisten Policen den britischen Standardund Wording-Definitionen folgen. Mitwirkende Ursachen sind bei der Ermittlung des Schadens jedenfalls
zu berücksichtigen. Darunter fallen Pro­ble­me bei
Zulieferern oder Abnehmern, fehlende Stromversorgung etc., welche die Produktion oder den Absatz des
Versicherungsnehmers beeinträch­tigen.
−−Komplexe Lieferketten
Experten sind ebenfalls gefragt, wenn mehrere Zulieferer und Abnehmer im Spiel sind und die ­Lieferkette
an verschiedenen Stellen unterbrochen ist. Zu klären
ist beispielsweise, ob mitversicherte Zulieferer
gemäß Police benannt sind, ob sie als Tier 1 oder als
Flut
Subzulieferer versichert sind und ob die Unterbrechung der Lieferkette auf einer versicherten Schadenursache oder anderen Umständen beruht (siehe
Zeitstrahl Seite 24/25). Auch ist zu prüfen, ob
­Schadenursachen mitwirkend oder konkurrierend
sind und welchen Anteil diese am Schaden haben.
Schäden beim Abnehmer sind meist leichter einzuschätzen, da man sich an Kaufaufträgen (zum Beispiel Stücklisten) orientieren kann. Gleichwohl sind
auch hier andere Einflussfaktoren, wie die Preis- und
Marktentwicklung, zu berücksichtigen.
Im industriellen Bereich kommen häufig BU-Deckungen zur Anwendung (Standard Gross Profit Wording)
mit „Suppliers and Customers Extension“ und „Prevention of Access Extension“.
−−Zugangsbeschränkungen (Denial of Access)
Diese üblicherweise unter der Sachschadendeckung
vereinbarte Klausel betrifft den Zugang zum Ver­
sicherungsort. Die Anwendung dieser Klausel ist oft
nicht einfach; es gilt, folgende Fragen zu klären:
··Ist die Denial-of-Access-Klausel mit der Sach‑
schadendeckung-Section der Police verknüpft?
··Erfordert zum Beispiel das „Schließen“ einer
Straße eine zuständige Behörde und wenn ja,
für wie lange gilt diese Anordnung?
··Ist die Klausel im geografischen Anwendungs­
bereich beschränkt?
··Erfordert die Police einen Sachschaden (eine
­überschwemmte Straße muss nicht gleichzeitig
beschädigt sein)?
−−Regress
Beim Thema Regress gegen Dritte bestehen noch
offene Fragen. Bereits während der Überschwemmungen wurde das staatliche Flutmanagement
kontrovers und öffentlich diskutiert. Dabei kam die
Frage auf, ob das Entlasten von Wasserreservoirs/
Dämmen zur Verschlimmerung der Überschwemmungsschäden beigetragen habe. Nach dem Thai
Civil and Commercial Code ist Regress zwar zugelassen, jedoch sind die Erfolgsaussichten einer Klage
schwierig einzuschätzen.
−−Ereignis
Die Allokation auf ein oder mehrere Versicherungsereignisse erfolgt je nachdem, wie die VertragsWordings formuliert sind. Beispielsweise können
Erstversicherer eine Aufteilung in Zeiträume von 72
Stunden, 7 Tagen etc. vornehmen, je nachdem, wie
die Stundenklausel gestaltet ist. Daher ist es zweckmäßig, dass Erstversicherer dem Rückversicherer
den Namen der Versicherten sowie den Ort angeben, um nachvollziehen zu können, welche Schäden
welchen Zeiträumen zugeordnet wurden.
Weitere Regulierungsthemen von Erst- und Rückversicherung
Das beispiellose Ausmaß an Überschwemmungsschäden stellte die Erstversicherer vor große Herausforderungen. Es mussten sukzessive hohe Kapazitäten
an Schadenregulierungs-Expertise in Thailand aufgebaut werden. Da das Wasser nur langsam zurückging
und die Schäden schleppend aufgenommen werden
konnten, zogen sich Reservestellung und -schätzung
in die Länge. Das Ereignis war insofern herausragend,
als viele Zedenten das Ausmaß und die Konzentration
der industriellen Schäden unterschätzt hatten. Auch
die Einschätzung von Rückwirkungs­schäden war
anfänglich nahezu unmöglich, da die Erstversicherer
nur teilweise einen Überblick über Lieferketten und
Deckungen hatten.
Mangels genauer Informationen musste Munich Re
eine erste Schadeneinschätzung anhand der eigenen
Exponierungen im Rückversicherungsverhältnis vor­
nehmen und eine entsprechende Belastung von Verträgen annehmen. Als Basis hierfür dienten aggregierte versicherte Werte und Schadensätze. Nach
ersten Besichtigungen von Schadenregulierern zeigte
sich, dass Industriegebäude meist geringe bis mittlere
Schäden davongetragen hatten, jedoch bei Ausstattung, Maschinen und Lagerbeständen hohe Schadensätze anzunehmen waren.
Wichtig für den Rückversicherer ist – das hat die Thai­
land-Flut demonstriert –, dass der Erstversicherer zeit­
nah über die Erstreservestellung und über wesent­liche
Änderungen der Reserven informiert. Um die Schadenmeldung zu erleichtern, kann unseren Zedenten ein
standardisiertes NatCat-Reporting-Bordereaux-Format zur Verfügung gestellt werden. Das trägt zur fundierten Reservestellung bei und erlaubt es, Zahlungseinforderungen effektiver abzuwickeln.
Auch wenn eine Inspection Clause nicht ausdrücklich
vereinbart wurde, ist bei verzögerten oder rudimen­
tären Schadeninformationen der Anspruch auf ein
Schadenaudit bzw. eine Inspektion im allgemeinen
Rückversicherungsrecht implizit enthalten. Rückversicherer können ihre Inspektions- und Schaden­
mitwirkungsrechte ausüben. Das stellt sicher, dass­
der Rückversicherer nach dem Vertrag geschuldete
Zahlungen an den Zedenten rasch realisieren kann.
Munich Re war mit Knden und Los Adjustern in Überschwemmungsgebieten vor Ort, um die Schaden­
regulierung und den Wiederaufbau zu unterstützen.
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
27
Flut
Um die Reparaturmöglichkeiten dieser
wochenlang unter Wasser stehenden
Photovoltaik-Anlage nördlich von Bangkok
einschätzen zu können, klärte Munich Re
vor Ort mit dem Erstversicherer Korrosionseffekte und Einbußen beim Wirkungsgrad
der Anlage.
Mit Aufräumarbeiten konnte erst nach
dem Abfließen des Wassers begonnen
werden. Sandsackbarrieren wurden
­entfernt und viele nässeempfindliche
Lagerbestände und Produkte mussten
­entsorgt werden.
28
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
Flut
Auch Anfang 2012 war die Höhe der Flutschäden
noch nicht abschließend einschätzbar. Es steht zu
befürchten, dass die noch nicht gemeldeten (incurred
but not reported – IBNR) Schäden den Gesamtschaden des Rückversicherers nach oben treiben, zumal
einzelne Versicherer nach Besichtigungen vor Ort
ihre ursprünglichen Schätzungen teilweise um mehr
als das Dreifache nach oben korrigiert haben.
Schadenprävention und Risikomanagement
Die bei Überschwemmungen üblichen Vorwarnzeiten
erlauben es gewöhnlich, Maßnahmen zur Schadenverhütung und -minderung zu ergreifen. Bei Katastrophen dieses Ausmaßes stoßen solche Bemühungen
jedoch an Grenzen. In Thailand kam hinzu, dass viele
Dämme, Schleusen und temporäre Schutzeinrichtungen wie Sandsackbarrieren ihre Wirkung angesichts
der enormen Wassermassen nicht entfalten konnten.
Verlässliche Informationen über die zu erwartende
Höhe der Fluten, die geplanten Gegenmaßnahmen
und die Gefahrenlage waren während der Katastrophe nicht immer zu erhalten. Viele Industriebetriebe
konnten ihre Maschinen und Einrichtungen daher
nicht mehr rechtzeitig in Sicherheit bringen. Firmen,
die über ein gutes Katastrophenmanagement und
über effiziente Evakuierungs- und Schadenminderungspläne verfügten, waren hier im Vorteil.
Fazit
Die Überschwemmungen 2011 waren für Thailand
die teuerste Naturkatastrophe in der Geschichte und
­global gesehen das bislang kostenträchtigste Überschwemmungsereignis. Beispiellos war nicht nur das
Ausmaß der Schäden durch die lang anhaltenden und
großflächigen Überschwemmungen, sondern auch die
Zahl der betroffenen Industrieparks mit weltweiten
Auswirkungen auf die Lieferketten.
Ein Ereignis dieses Ausmaßes zeigt aber auch, dass
Rückversicherung und Erstversicherung von Anfang
an eng zusammenarbeiten müssen, um eine weit­
gehende Transparenz über die Schäden, die Schaden­
regulierung und damit verbundene Deckungsfragen
herzustellen. Die Katastrophe hat der Wirtschaft und
den Versicherern die Verletzbarkeit von Lieferketten,
also das Rückwirkungsschaden-Risiko, drastisch vor
Augen geführt. Dabei zeigte sich, dass Lieferketten
noch nicht bzw. nicht mehr vollständig transparent
waren.
Die nationalen Versicherungsmärkte stehen vor der
Herausforderung, Gefährdungen aus Naturgefahren
und anderen Exponierungen wie CBI zu identifizieren
und Produkte und Preise dem Risiko angemessen festzulegen. Munich Re fordert Transparenz bei schwer
einschätzbaren Risiken und unterstützt bessere
Schutzbestimmungen in den Bereichen Überschwemmungs-Schadenverhütung und Baustandards.
Unsere ExperteN:
Dr. Alfons Maier ist Senior Claims
Manager im Bereich Schaden
­Germany, Asia Pacific and Africa
in München und Experte für
das ­Schadenmanagement nach
Natur­­katastrophen.
amaier@munichre.com
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Michelle Chan ist in England und in
Singapur als Rechtsanwältin zuge­
lassen und ist Mitglied der Singapore
Academy of Law. Seit 2006 leitet
sie bei Munich Re in Singapur die
Schadenabteilung.
mgchan@munichre.com
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
29
aviation
Knapp an der Katastrophe vorbei
Die Notlandung des Airbus A380 nach der Explosion eines seiner
­Triebwerke verlief glimpflich. Bei dem Schaden handelt es sich dennoch
um den teuersten reinen Kaskoschaden der Passagierluftfahrt.
Das Australian Transport Safety Bureau,
eine für die Untersuchung von Unfällen
im zivilen Transportwesen zuständige
Behörde, überwacht die Reparatur der
defekten Turbine nach ihrem Ausbau aus
dem A380. Aus Gründen des Personenschutzes wurden die abgebildeten Personen unkenntlich gemacht.
30
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
aviation
von Thomas Endriß und Astrid Lehmann
Am 4. November 2010 kam es auf dem Flug des Airbus A380-842 „Nancy-Bird Walton“ der australischen
Fluglinie Qantas zu einem schweren Triebwerksschaden. Im inneren Triebwerk der linken Tragfläche brach
die Turbinenscheibe der Mitteldruckturbine in Stücke.
Bei der nachfolgenden Explosion wurden diese Teile mit
hoher Geschwindigkeit aus dem Triebwerk geschleudert. Sie durchschlugen den linken Flügel des Airbus
an mehreren Stellen und beschädigten Treibstofftanks,
Hydraulikleitungen, elektrische Versorgungs- und
Steuerleitungen. Die Piloten kehrten für eine Notlandung nach Singapur zurück. Von den 440 Passagieren, fünf Piloten und 24 Flugbegleitern kam niemand
zu Schaden.
Vor der Notlandung am Flughafen Changi ließen die
Piloten Treibstoff ab. Aufgrund der beschädigten Tragflächen, in denen sich die Kerosintanks befinden, und
der niedrigen Flughöhe gelang dies aber nicht im
eigentlich erforderlichen Maß. Nach knapp zwei Stunden Flugzeit landete der Airbus A380 daher 50 Tonnen
schwerer als normalerweise empfohlen. Zwischen der
linken und rechten Tragfläche bestand ein Gewichtsunterschied von zehn Tonnen.
Qantas war zu dieser Zeit die einzige Fluggesellschaft, die den Airbus A380-842 mit den etwas stärkeren Rolls-Royce-Trent-972-Triebwerken einsetzt.
Die einzigen anderen Betreiber von A380 mit RollsRoyce-Triebwerken – Lufthansa und Singapore Airlines – führten nach dem Vorfall ebenfalls besondere
Triebwerkskontrollen an ihren A380-841 (mit den
etwas schwächeren Trent-970-Triebwerken) durch.
Auch hier wurden an insgesamt fünf Triebwerken
Spuren von ausgetretenem Öl festgestellt, worauf
vier dieser Triebwerke ausgetauscht wurden.
Nicht nur die Reparatur selbst, sondern auch die Probleme in der Umsetzung führen zu einem enormen
Kostenanstieg dieses Kaskoschadens. So mussten
sämtliche Reparaturen in Singapur durchgeführt
­werden, was eine hohe Hangarmiete, Einfliegen der
Experten und Probleme bei der Belegung des Hangars
bedeutet, da auch die Singapore Airlines den Hangar
für ihre Wartungsarbeiten am A380 benötigte.
Auslaufendes Öl gilt als Brandursache
Nach Angaben des ATSB-Reports vom 3. Dezember
2011 gab es einen Ermüdungsbruch einer Ölleitung
zum Turbinenlager zwischen der Hoch- und der Mitteldruckturbine des Triebwerks als Folge einer nicht
zentrisch ausgeführten Bohrung. Das Rohr wurde
offenbar durch von beiden Enden ausgehenden Bohrungen aus einem soliden Werkstück herausgearbeitet. Die Flugsicherheitsbehörde der europäischen
Union für zivile Luftfahrt (EASA) nennt nach vorläufigen Erkenntnissen einen Ölaustritt an einem defekten
Lager als Fehlerquelle. Auslaufendes Öl entzündete
sich und führte zu Überhitzung. Als Folge davon brach
in der Mitteldruckturbine eine Scheibe, und die Trümmer der Scheibe durchschlugen die Turbinenverkleidung und den Flügel. Dieses als Ölbrand bekannte
Phänomen war von der EASA bereits im August 2010
in einer Direktive als mögliche Folge einer festgestellten stärkeren Abnutzung bestimmter Teile in Triebwerken der Trent-900-Reihe beschrieben worden.
Auch vor dem möglichen Austreten von Teilen aus dem
Triebwerk wurde in dieser Direktive bereits gewarnt.
Ferner sah die Direktive verschärfte Kontrollen aller
Triebwerke dieser Reihe vor.
Auslaufendes Öl gilt bislang als die
Ursache für den Brand und die Explosion
der Turbine.
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
31
aviation
Die 440 Passagiere verlassen den Airbus
A380 am 4. November 2010 nach der Notlandung in Singapur.
Der Ermüdungsbruch der Ölleitung ist
wahrscheinlich auf eine falsche, auf der
Seite statt in der Mitte gelegene Bohrung
am Stutzen zurückzuführen. Die Leitungswand war damit dünner als geplant.
32
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
aviation
Neue Schadendimension
Glücklicherweise verlief der Flug und die Notfall­
landung in Singapur nach der dramatischen Explosion eines Triebwerks für Passagiere und Flugbesatzung harmlos. Für die Luftfahrtversicherer stellte sich
allerdings nach wenigen Tagen heraus, dass ­dieser
Schaden am A380 eine neue finanzielle Größenordnung erreichte. Neben den Schäden am linken Flügel
des Airbus, beschädigten Treibstofftanks, Hydrau­lik­
leitungen sowie elektrischen Versorgungs- und Steuerleitungen waren auch die hydraulischen Systeme nur
noch eingeschränkt intakt, die Auftriebshilfen waren
außer Betrieb. Doch nicht nur Einzelteile waren
beschädigt. Das Übergewicht des ­Flugzeugs bei der
Notlandung und die ungleich­mäßige Verteilung des
Gewichts zogen die gesamte ­Kon­struktion des Flugzeugs in Mitleidenschaft. Grund dafür ist die neue,
gewichtssparende Verbundtechnik, die beim Bau des
A380 eingesetzt wird.
Nach Aussage von Qantas-CEO Alan Joyce gegenüber dem Branchenmagazin „Air transport World“
kosteten die Arbeiten an dem Großraumjet 157 Millionen Australische Dollar (113 Millionen Euro). Im Juni
2011 stimmten Qantas und Rolls-Royce einem Vergleich zu. Qantas nahm das Angebot des Triebwerksherstellers Rolls-Royce von 95 Millionen Austra­
lischen Dollar (70 Millionen Euro) laut Qantas-CEO
Joyce an. Rolls-Royce rechnet für 2010 mit Schäden
in Höhe von 56 Millionen Britischen Pfund. Damit ist
das der teuerste Hull-Repair-Schaden in der Geschichte
der ­Passagierluftfahrt.
Fazit
Der Airbus A380 steht aufgrund seiner Größe und
seiner einmaligen hohen Passagierzahl weltweit im
Rampenlicht der Berichterstattung. Damit besteht für
EADS wie auch die Fluglinien in einem Schadenfall
ein erhöhtes Reputationsrisiko.
Auch wurde mit dem Airbus A380 eine neue Dimension des Passagierflugverkehrs erreicht. Bei diesem
Schaden stellte sich heraus, dass mit der neuen
­Größenordnung des Flugzeugs eine neue Größenordnung der Reparaturlogistik eingeführt werden muss,
die auch die Luftfahrtversicherer kalku­lieren müssen.
Das Erfordernis eines ausreichend großen Hangars, die
Sicherstellung mit der Versorgung von Ersatz­teilen,
die sehr große Ausmaße haben – wie das Triebwerk
mit einem Durchmesser von drei Metern –, müssen
künftig berücksichtigt werden und die entsprechenden
Notfallpläne bzw. die entsprechenden Notfallstützpunkte für den A380-Typ eingerichtet werden.
Trotz intensiver Zusammenarbeit von Airbus-Hersteller EADS und Qantas zogen sich die Reparaturarbeiten an dem schwer beschädigten A380 in die Länge.
Erst am 21. April 2012 konnte das Flugzeug wieder
nach Sydney überstellt werden. Am 28. April nahm
der A380 mit einem Flug nach Hongkong wieder den
Dienst auf.
UnserE ExpertEN:
Thomas Endriß ist Underwriter
Luftfahrt Fakultativ, zuständig für
Fluglinien aus Nordamerika, Kanada
und Afrika sowie Hersteller von Kleinflugzeugen. Er betreut die Versicherung von Leasinggebern weltweit.
tendriss@munichre.com
Astrid Lehmann ist Claims Handler
in der Luftfahrtabteilung. Sie ist
Ansprechpartnerin für fakultative
Risiken im Bereich Airlines und
Frachtfluglinien weltweit.
alehmann@munichre.com
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
33
Haftpflicht
Die Macht der Masse 2.0
Facebook, Twitter und Co.: Soziale Netzwerke im Internet dienen
inzwischen auch als Medium für mehr oder weniger spontane
­Massenverabredungen. Nicht selten entstehen daraus komplexe
­Großschadenereignisse, die Versicherer vor neue Herausforderungen
stellen. Ein Blick auf die zentralen haftungsrechtlichen Fragen und
­Aufgaben im Schadenmanagement.
von Stephan Dreyer
Als sich am 7. und 8. Mai dieses Jahres die Schaden­
manager der führenden deutschen Versicherer auf
dem Munich Re Schadenforum bei München trafen,
beherrschte ein Thema die Nachrichten: Der baye­
rische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Horst
Seehofer hatte via Facebook öffentlich zu einer Party
am Abend des 8. Mai in die Münchner Diskothek „P1“
eingeladen. Die Resonanz im Netz war gewaltig. Weit
über 2.500 Menschen hatten sich binnen weniger
Tage angemeldet und standen auf der virtuellen
­Gästeliste – darunter befanden sich Medienberichten
zufolge auch Anhänger rechtsradikaler Parteien.
Entsprechend groß waren die Befürchtungen im Vor­
feld der Veranstaltung und das Aufgebot an Sicher­
heitskräften. Medien, Politik und Öffentlichkeit waren
alarmiert: Würde es zu einem Massenansturm und
möglicherweise tumultartigen Ausschreitung kom­
men? Und wenn ja, wer trüge dann die Verantwortung
und wäre für eventuelle Personen- und Sachschäden
haftbar zu machen? Antworten waren am Ende zum
Glück nicht gefordert. Die Facebook-Party des CSUVorsitzenden verlief ruhig, es kamen gerade mal 500
Gäste – beobachtet von rund 150 Journalisten.
Der „Fall Thessa“ aus Hamburg-Bramfeld
Welche haftungsrechtlichen Schwierigkeiten entste­
hen, wenn sogenannte Facebook-Partys, Flashmobs
und andere Formen elektronisch initiierter Massen­
versammlungen eine unkontrollierbare Dynamik ent­
wickeln, zeigt auch der „Fall Thessa“. Im Frühjahr
2011 hatte die Jugendliche auf Facebook zu ihrem
16. Geburtstag eingeladen – und zwar versehentlich
im öffentlichen Bereich des sozialen Netzwerks. Die
Einladung ging damit nicht – wie ursprünglich vor­
gesehen – nur an die engsten Freunde von Thessa,
sondern war sichtbar für die gesamte deutsche Face­
book-Gemeinde mit damals bereits über 20 Millionen
Mitgliedern. Schon wenige Tage später hatten online
rund 15.000 Menschen ihr Kommen angekündigt.
Thessa nahm die Einladung zurück, versuchte ihr
Facebook-Profil zu löschen und informierte ihre Eltern.
Die Familie schaltete die Polizei ein und engagierte vor­
sorglich einen privaten Sicherheitsdienst.
34
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
Die über das soziale Netzwerk ausgelöste Massendynamik war durch diese Maßnahmen jedoch nicht
mehr zu stoppen. Zu Thessas Geburtstag strömten
trotz massiver Polizeipräsenz – sogar die Hamburger
Reiterstaffel war im Einsatz – rund 1.500 Jugendliche
in den Hamburger Stadtteil Bramfeld. Die Folgen
waren Krawalle, elf Festnahmen, acht Verletzte und
erhebliche Schäden an öffentlichem sowie privatem
Eigentum.
Haftungsrechtliche Herausforderungen
Aus Versicherungssicht stellt sich die Frage, wer für
die Schäden haftbar zu machen ist und für die Kosten
beispielsweise des Polizeieinsatzes aufkommen muss.
Allgemein und juristisch abschließend geklärt ist die
Frage bislang nicht. So sind bei Facebook-­Partys wie
im geschilderten Fall die traditionellen Anspruchs­
gegner nur schwierig zu identifizieren. Konkrete Täter
bleiben in der anonymen Masse meist verborgen, die
Teilnehmer sind nicht bekannt und kennen sich in der
Regel auch untereinander nicht, vor allem aber gibt es
keinen Veranstalter im eigent­lichen Sinne. Doch wel­
che Personen kommen dann als mögliche Anspruchs­
gegner infrage: der Initiator und Aufrufende zu einer
Facebook-Party, die Weiter­verbreiter des Aufrufs oder
die Betreiber der dafür genutzten Online-Plattform?
Beispiel Thessa: Die damals 15-Jährige kann ordnungs­
rechtlich zwar als Initiatorin der dann folgenden Mas­
senversammlung gelten, denn ohne ihre öffentlich
gepostete Einladung wäre es nicht dazu gekommen.
Allerdings hat sie die Einladung frühzeitig zurück­
genommen und auch im Wortlaut selbst nicht zu Aus­
schreitungen aufgerufen. Für eine deliktsrechtliche
Verantwortlichkeit ist zudem die sogenannte Adäquanz
der Kausalität zu prüfen. Es muss also die Frage
gestellt werden, ob Thessa hätte wissen und erwarten
müssen, dass ihre Einladung derartige Folgen haben
kann. Im geschilderten Fall ist dies wohl zu verneinen.
Bei neueren Fällen dürfte die Bewertung anders aus­
fallen, denn inzwischen erscheint auf Plattformen wie
Facebook ein Warnhinweis, wenn der Nutzer Nach­
richten im öffentlichen Bereich des Netzwerks posten
will. Die Plattformbetreiber, die für die Inhalte ihrer
Haftpflicht
Formen elektronisch initiierter Massenversammlungen
Facebook-Partys
Flashmobs
Occupy Camps
−−Entstehen aus dem Aufruf oder
der Einladung zu Freizeitveranstal­
tungen. Teils handelt es sich um
bewusst öffentliche Aufrufe oder
um von Dritten unvorhergesehen
weitergeleitete Einladungen im
Netz.
−−Die Partys finden im öffentlichen,
halböffentlichen oder privaten Raum
statt.
−−In der Gruppe gibt es keine Hierar­
chie, die Teilnehmer kennen sich
meist nicht.
−−Versammlungszweck ist offen,
aber häufig mit ausgelassenem
Feiern und Alkoholkonsum ver­
bunden.
−−Flashmobs sind Verabredungen zu
kurzen, zeitlich genau getakteten
Zusammenkünften, die für Außen­
stehende wie spontan organisiert
wirken.
−−Flashmobs finden im öffentlichen
oder halböffentlichen Raum statt.
−−In der Gruppe gibt es keine Hierar­
chie, die Teilnehmer kennen sich
meist nicht.
−−Versammlungszweck kann der
Unterhaltung oder Belustigung
­dienen, einfach nur skurril sein
oder auch kommerzielle Interessen
verfolgen.
−−Einem Occupy Camp geht der
Aufruf oder die Verabredung zur
Besetzung bestimmter Orte vor­
aus, um zum Beispiel für soziale
Gerechtigkeit oder gegen den Ein­
fluss der Wirtschaft auf Gesetz­
gebung und Politik zu demonstrieren.
−−Die Camps finden im öffentlichen
oder halböffentlichen Raum statt,
oftmals in Form von Zeltlagern, in
denen die Teilnehmer dann weitere
Aktionen planen.
−−In der Gruppe gibt es flache Hierar­
chien, die Teilnehmer kennen sich
zum Teil.
−−Die Versammlungen haben eine
innere Organisation und Struktur.
Häufig gibt es bereits Repräsentan­
ten, die für das Camp als Sprecher
auftreten.
Smartmobs
−−Smartmobs sind Flashmobs, die
sich vor allem hinsichtlich des Ver­
sammlungszwecks unterscheiden:
Hier geht es um politische, soziale
oder künstlerische Motive.
In Hamburg feierten am 30. September
2011 mehrere tausend Gäste einer über
Facebook organisierten Party das neue
Alkoholverbot in den öffentlichen Ver­
kehrsmitteln der Stadt.
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
35
Haftpflicht
Nutzer nicht ohne Hinzutreten weiterer Umstände
haftbar gemacht werden können, sichern sich mit
entsprechenden Warnungen rechtlich ab. Zudem
dürfte die mediale Berichterstattung über ausufernde
Facebook-Partys die Nutzer hier hinsichtlich mög­
licher Folgen öffentlicher Einladungen sensibilisiert
haben.
Die Motivation ist entscheidend
Auch wenn das Recht prinzipiell Instrumente bietet,
gegen die Einladenden vorzugehen, führt im Umkehr­
schluss nicht jede öffentlich zugängliche Einladung
ohne Umschweife zu der Haftung für durch Dritte vor
Ort verursachte Schäden. Hier müssen weitere Krite­
rien hinzutreten, um aus dem Mausklick eine Verant­
wortung für spätere Schäden zu lesen: So sind die
Form des Aufrufs und das Motiv der Versammlung
ein wichtiger Indikator. Während Aufrufe zu politisch
oder sozial motivierten Aktionen von der verfassungs­
rechtlich geschützten Versammlungsfreiheit gedeckt
sind, sind Einladungen zu Saufgelagen oder Partys
dies gerade nicht. Da sogenannte Smartmobs und
Occupy Camps regelmäßig gesellschaftlich relevante
Interessen verfolgen, sind dies Versammlungen im
Sinne des Versammlungsrechts. Bei der Frage der
Zulässigkeit und der Verantwortlichkeit des Initiators
müssen Gerichte daher das Grundrecht auf Versamm­
lungsfreiheit (Art. 8 GG) zu dessen Schutz berück­
sichtigen. Hier sind die Aufrufenden ordnungsrecht­
lich und deliktisch in der Regel nicht ohne Weiteres
haftbar.
Auch der ursprünglich intendierte Adressatenkreis
der Einladung bzw. die Breite des Aufrufs ist haf­
tungsrelevant: Eine Einladung an eine eng begrenzte
Freundesgruppe, die durch das Zutun Dritter öffent­
lich wird, muss haftungsrechtlich anders betrachtet
werden als eine bewusst an die breite Öffentlichkeit
gepostete Einladung. Daneben ist die Form und der
Wortlaut der Einladung zu berücksichtigen. Es macht
einen Unterschied, ob jemand bereits bei der Einladung
zu Alkoholkonsum, Randale und Beschädigungen
aufruft oder eine Bitte um Zurückhaltung beim Trinken
und Rücksicht beim Feiern mitschickt.
Letztlich wird es auch darauf ankommen, wie sich der
Initiator angesichts zusagender Menschenmassen
verhält. Kommt es aufgrund der Dynamik des Netzes
absehbar zu einer Massenbewegung, wird sich die
Verantwortlichkeit des Aufrufenden auch anhand sei­
ner Schutzmaßnahmen im Vorfeld bestimmen. Hat
der Initiator die Einladung zurückgenommen, die Ver­
anstaltung abgesagt, die Behörden informiert, einen
Ordnungsdienst beauftragt?
Fazit
Facebook-Partys, Flash- oder Smartmobs und Occupy
Camps sind auch schadenjuristisch ein völlig neues
Phänomen. Kaum ein Versicherer verfügt bislang über
entsprechende Erfahrungen im Schadenmanagement.
Um im Ernstfall nicht unvorbereitet und mit potenziell
erheblichen Negativfolgen für die eigene Geschäfts­
entwicklung dazustehen, sollten Versicherer frühzeitig
das nötige Wissen aufbauen und geeignete Notfall­
strategien entwickeln.
Die hier nur grob und unvollständig skizzierten Aspekte
der juristischen Bewertung lassen die Komplexität in
der Praxis bereits erahnen.
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Der Autor:
Stephan Dreyer ist wissenschaftlicher
Referent am Hans-Bredow-Institut
für Medienforschung in Hamburg. Im
Zentrum seiner Forschung stehen
Rechts- und Regulierungsfragen der
neuen Medien und neue Regulie­
rungsansätze und -instrumente im
Bereich aktueller Onlinedienste.
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36
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37
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Bankraub im Supermarkt
Eine 13-köpfige Einbrecherbande hatte es auf Geldautomaten im
Eingangsbereich von Supermärkten abgesehen. Beim Aufbrechen
eines der Geldautomaten entstand ein Brand, der ein ganzes Gebäude
in Schutt und Asche legte.
von Harald Ochsenkühn und Klaus Wenselowski
Mit einem gestohlenen Fahrzeug fuhr die Bande spätabends zum Tatort. Die Täter gelangte vermutlich
über eine Feuerschutztür ins Gebäude. Die am Morgen offen stehend aufgefundene Tür ließ keine Rückschlüsse zu, ob die Einbrecher die Sicherheitsvorkehrungen entfernt hatten oder ob die Angestellten des
Supermarkts die Tür beim Verlassen des Gebäudes
unverschlossen gelassen hatten.
Von einem Überwachungsraum des Supermarkts aus
öffneten die Täter mit einem Winkelschleifer und
einem Autogenschweißgerät die Rückseite des Geldautomaten und stahlen das Geld.
Als bei der Feuerwehr eine Brandmeldung für den
Überwachungsraum des Supermarkts einging, nahm
der bis dahin aus Sicht der Versicherungen nicht ungewöhnliche Verlauf eines Einbruchdiebstahls eine fatale
Wendung: Die durch einen Rauchmelder ­alarmierte
Feuerwehr konnte gerade noch verhindern, dass die
sich rasch ausbreitenden Flammen auf ein benachbartes Umspannwerk übergriffen. Der Supermarkt
sowie ein im selben Gebäude gelegenes Reisebüro
brannten vollständig aus.
Die Einbrecherbande entkam mit einem gestohlenen
Fluchtfahrzeug, das die Polizei später ausgebrannt
auf einem Feld fand. Ob der Brand eine unbeabsichtigte Folge der Schweißarbeiten war oder ob die Täter
vorsätzlich Feuer legten, um ihre Spuren zu verwischen,
blieb ungeklärt.
Ziel der Täter sind meist kleinere und
schlecht gesicherte Geldautomaten in
Geschäften und Einkaufszentren.
38
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
property
Warum wurden die Täter im Gebäude nicht
­entdeckt?
Da die installierten Infrarot-Melder (PIR) keinen Alarm
auslösten, liegt die Vermutung nahe, dass die Bewegungsmelder vor dem Diebstahl manipuliert worden
waren. Bei weiteren Einbrüchen hatte die Bande nachweislich diesen Weg gewählt. Möglich wäre auch,
dass Angestellte des Supermarkts als Komplizen die
Alarmanlagen zuvor abgeschaltet hatten. Vor Gericht
gestanden 13 der von einer Sonderkommission der
Polizei gestellten Mitglieder der Einbrecherbande 17
der vorgeworfenen 40 Einbrüche. Die Täter wurden
zu Gefängnisstrafen zwischen 3,5 und 8,5 Jahren
­verurteilt. Für den Einbruch im Supermarkt mit dem
anschließenden Feuerschaden gab es aus Beweismangel keine Verurteilung und es gab keine Möglichkeit zum Regress.
Betriebsunterbrechungsschaden geringer als
erwartet
Schneller als ursprünglich geplant konnte der abgebrannte Supermarkt abgerissen und neu ­aufgebaut
werden. Der Betrieb ging im Rahmen der Schadenminderung währenddessen in einem auf dem angrenzenden Parkplatz aufgestellten proviso­rischen Zelt
weiter. Lediglich die Gebäudeheizung sowie die Kühlung der Lebensmittel stellten eine größere finanzielle
und technische Herausforderung dar. Bereits kurz nach
der Neueröffnung erreichte der Supermarkt wieder die
ursprüng­lichen Umsatzzahlen.
Fazit
Professionelle Täter sind in der Lage, einen Geldautomaten innerhalb weniger Minuten zu öffnen. Die
gewaltsame Öffnung kann zu Folgeschäden führen,
die den Originalschaden deutlich übersteigen. Erfahrungswerte zeigen, dass neben den Sachbeschädigungen an Geldautomaten in einer Größenordnung von
bis zu 25.000 Euro regelmäßig nur Bargeldbestände
bis maximal 50.000 Euro entwendet werden. Sollten
Banknoten durch Moneyinking, also durch die Kennzeichnung des Gelds, bei Diebstahl unbrauchbar
geworden sein, werden diese durch die Bundesbank
ersetzt und fallen nicht dem Versicherer zur Last.
Wie beschrieben kann ein Folgebrand allerdings auch
zum Verlust ganzer Gebäude führen, wodurch sich
eine vielfach höhere Belastung für die Versicherungsindustrie ergeben kann.
Ziel der Täter sind meist kleinere und wenig gesicherte
Automaten zum Beispiel in Lebensmittelgeschäften
oder Baumärkten. In Deutschland gibt es keine gesetzlichen Sicherheitsstandards für das Aufstellen von
Geldausgabeautomaten in Supermärkten. Sicherungskonzepte sind deshalb mit jedem Versicherungsnehmer
im Einzelnen zu vereinbaren. Grundlage hierfür sollte
die Sicherungsrichtlinie für Banken, Sparkassen und
sonstige Zahlstellen, VdS 5052, sein.
Unsere ExpertEn:
Harald Ochsenkühn ist als Legal
­Counsel und Claims Manager zuständig für Property-Schadenfälle im
Bereich Global Clients/North America.
hochsenkuehn@munichre.com
Klaus Wenselowski ist als Leiter des
Property-Schadenreferats im Bereich
Schaden für die globalen Kunden
tätig und gründete und leitet das
Topic Network „Eigentumsdelikte“.
kwenselowski@munichre.com
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
39
property
Brandgefährliche Romantik
Kamine ohne Rauchabzug, die mit Ethanol betrieben werden,
werden immer beliebter. Was nach Gemütlichkeit klingt, ist in
Wahrheit höchst gefährlich.
Kurz vor seiner Explosion war der Kamin in
Kempen am Niederrhein in Deutschland
mit Ethanol aufgefüllt worden. Der Sach­
schaden betrug circa 30.000 Euro.
40
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
property
von Eckhard Schäper
Die Vorteile der Ethanolkamine liegen auf der Hand:
Sie sind einfach zu bedienen, erfordern wenig Platz
und sind schon für teilweise weniger als 50 Euro
erhältlich. Da sie keine Zulassung benötigen, kann
man sie überall aufstellen und sogar von Zimmer zu
Zimmer tragen. Auch bringen die geruch- und rauch­
losen Flammen eine gewisse Wärmeleistung.
Der Umgang mit Ethanol ist problematisch
Allerdings häufen sich in der letzten Zeit Berichte
über schwere Unfälle mit Verletzten oder sogar Toten.
Denn die Nutzer solcher Deko-Kamine setzen sich
zwangsläufig einer Reihe von Gefahren aus.
Bereits bei Raumtemperatur bildet sich über einem
geöffneten Ethanolbehälter ein leicht entzündliches
Gasgemisch. Wird Ethanol in einen noch betriebs­
warmen Ofen nachgefüllt und wieder angezündet,
kommt es leicht zu Verpuffungen. Außerdem können
weniger standfeste Modelle umkippen und auslau­
fendes Ethanol die Umgebung in Brand setzen.
Ein weiterer Gefahrenpunkt besteht oft im Aufstellort
des Kamins. Ist der Kamin direkt neben einem Möbel­
stück oder in der Nähe von brennbaren Materialen wie
Holz oder Papier montiert, können diese bei falschem
Füllen oder Anzünden sofort mit in Brand geraten.
Angeraten ist ein Abstand von mindestens einem
­halben Meter. Da beim Verbrennen des Ethanols Koh­
lenstoffdioxid und Wasser entstehen, muss während
des Betriebs der Kamine immer ausreichend gelüftet
werden.
Zu den maßgeblichen Kriterien, die ein sicheres Gerät
erfüllen muss, zählen eine maximale Verbrennmenge
von 0,5 Liter Bio-Ethanol pro Stunde, eine geprüfte
Standsicherheit, eine Auffangwanne für überlaufen­
des Bio-Ethanol sowie vorgeschriebene Höchst­
temperaturen an den Oberflächen. Verlangt werden
außerdem eine integrierte Schließtechnik zum soforti­
gen Ersticken der Flammen sowie eine sichere Zünd­
vorrichtung. Außerdem müssen die Geräte mit einem
Typen- und Warnschild auf der Verpackung gekenn­
zeichnet sein. Gesetzlich geregelte Prüfzeichen wie
die europäische CE-Kennzeichnung oder das GS-Zei­
chen (Geprüfte Sicherheit) bleiben jedoch außen vor,
da entsprechende Bestimmungen für Ethanolkamine
noch nicht verabschiedet wurden. Für die Verwendung
von Ethanolkaminen in gewerb­lichen Bereichen ist eine
Norm DIN 4734 Teil 2 in Arbeit.
Fazit
Auch wenn TÜV-zertifizierte Kamine eine Verbesse­
rung darstellen, bergen derartige Feuerstellen weiter­
hin Risiken. Es bleibt zu hoffen, dass angesichts der
steigenden Zahl von Unfällen die Sensibilität beim
Umgang mit Ethanolkaminen zunimmt. Die genaue
Lektüre der Betriebsanleitung sowie der Gefahren­
hinweise auf der Verpackung sind ein erster Schritt in
die richtige Richtung.
Die Sicherheitsanforderungen steigen
Seit Beginn der Heizperiode 2011/2012 häufen sich
bei einigen Versicherern Meldungen von Wohnungs­
bränden, die auf Ethanolkamine zurückzuführen waren.
Daher warnen immer mehr Fachleute vor der Unbere­
chenbarkeit dieser Feuerstellen. Verbraucherschützer
wie die Stiftung Warentest sprechen sogar von einer
„brandgefährlichen Deko“. Mit dem vermehrten Auf­
tauchen von Billigimporten auf dem deutschen Markt,
deren Herkunft fragwürdig ist, steigt das Risiko wei­
ter. Einige dieser Produkte lassen elementare Sicher­
heitsstandards vermissen.
Um zu verhindern, dass unsichere Kamine weiter den
Markt überschwemmen und Unfälle oder Brände
­auslösen, haben Hersteller gemeinsam mit dem tech­
nischen Dienstleistungskonzern TÜV SÜD eine ent­
sprechende Norm entwickelt. Sie wurde im Januar 2011
als DIN 4734-1 verabschiedet und legt sicherheitstech­
nische Anforderungen an Ethanolfeuerstätten in Privat­
haushalten fest.
Unser Experte:
Eckhard Schäper ist Brandschutz­
ingenieur und Experte für Einbruch/
Diebstahl im Bereich Global Clients/
North America bei Munich Re.
eschaeper@munichre.com
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
41
Wissen Sie immer genau, wer für
einen Schaden geradestehen muss?
Unsere Reihe „Risk, Liability & Insurance“ beschäftigt sich mit wichtigen
Fragen des Haftungsrechts und ihrer Bedeutung für die Versicherungswirtschaft. Dabei werden auch die gesellschaftlichen Einflüsse auf die
Versicherungs- und Haftungspraxis behandelt.
Die bisher erschienen Bände liegen nunmehr im neuen Layout vor:
– Schwer objektivierbare Krankheiten
In englischer Sprache:
−−Non-objectifiable diseases
−−Compensation for pain and suffering
−−Tort law and liability insurance
−−Asbestos – Anatomy of a mass tort
Die Publikationen erhalten Sie als Download über unser
Kundenportal connect.munichre.com oder von Ihrem Client Manager.
not if, but how
42
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
schadenliteratur
Netzwerke als Schlüssel
der Gesellschaft
von Zoran Andrić
Mit Networking zum Erfolg? Nach der Lektüre von „Connected!
Die Macht sozialer Netzwerke und warum Glück ansteckend ist“
erfahren Sie mehr über die Hintergründe der Netzwerkpflege.
Netzwerke helfen beim Lösen vielfältigster Probleme. Davon sind die
beiden amerikanischen Autoren, Nicholas A. Christakis und James H.
Fowler, ein Mediziner von der Harvard University und ein Politologe
von der University of California in San Diego zutiefst überzeugt.
Nicht nur etwas so wenig Fassbares, aber höchst Erstrebenswertes
wie Glück ist ansteckend, sondern auch Einsamkeit, politische Ein­
stellungen oder das Verhältnis von Kindern zu ihren Eltern. Für diese
Ansteckung sorgen keine Viren und Bakterien, sondern die vielfältigen
Beziehungen der Menschen untereinander: „Um uns selbst zu ver­
stehen, müssen wir verstehen, wie wir miteinander vernetzt sind.“
Der Einfluss des Einzelnen reicht immer über drei Ecken. Die Autoren
­nennen es das „Gesetz der drei Schritte“. Alles, was wir tun oder sagen,
wird durch unser Netzwerk weitergegeben, vom Freund des Freundes
eines Freundes. Beim dritten Glied allerdings endet der Einfluss des
Individuums. Innerhalb dieses Umkreises können sich jedoch ohne
Weiteres tausend Personen befinden.
Der Reiz dieses Denkens in Netzwerken besteht darin, dass es zwischen
individualistischen und kollektivistischen Theorien wie denjenigen von
Adam Smith und von Karl Marx einen dritten Weg gibt: Der Mensch
ist weder nur seines Glückes Schmied noch Rad im Getriebe, sondern
empfängt zahllose Impulse und gibt sie weiter. Der Homo ­dictyous, der
Netzwerkmensch, löst den Homo oeconomicus ab. Im Idealfall bedeute
dies, dass sich der Mensch zunehmend auch am Gemeinwohl orientiert.
Die Evolutionsgeschichte, seine Gene sowie die Struktur seines Gehirns
zeigen, dass der Mensch für soziale Netzwerke geboren ist.
Nicholas A. Christakis,
James H. Fowler:
„Connected! Die Macht sozialer
Netzwerke und warum Glück
ansteckend ist“
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
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Großschadenliste 2011–2012
Imprelis Herbicide, DuPont, USA
Aircraft Crash Reno Air Races, USA
Erdbeben Emilia Romagna, Italien
Das von DuPont hergestellte, frei verkäufliche
Herbizid „Imprelis“ wurde auf Golfplätzen in
den USA verstärkt eingesetzt, um den Rasen
von breitblättrigen Unkrautarten freizuhalten.
Es schädigte jedoch auch Bäume.
Im Bundesstaat Nevada stürzte am 16. September 2011 ein Flugzeug des Typs North
American P-51 während des Reno Air Race vor
einer Zuschauertribüne ab. Dabei starben der
Pilot und zehn Zuschauer, weitere 68 Personen wurden zum Teil schwer verletzt.
Am 20. und am 29. Mai erschütterte zwei
schwere Erdbeben Norditalien. Zahlreiche
historische Bauten aus Mittelalter und Renaissance stürzten ein. 24 Menschen starben,
Hunderte wurden verletzt.
Havarie der Costa Concordia, Italien
Tornado, USA
Am 13. Januar 2012 lief das Kreuzfahrtsschiff
Costa Concordia vor der Insel Giglio in Italien
auf Grund. 32 Menschen verloren ihr Leben.
Im Auge des Sturms: Im April 2012 beschädigte ein Tornado bei dem Unternehmen Spirit Aerosystems in Wichita im US-Bundesstaat Kansas 245 von 250 Firmengebäuden.
Havarie des Containerschiffs Rena,
Neuseeland
Das Containerschiff „Rena“ lief im Oktober
2011 in der Nähe eines Naturschutzgebiets
auf Grund und verursachte eine Ölpest.
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Munich Re Schadenspiegel 2/2012
grossschäden
Flut in Thailand
Feuer Sperrholzfabrik, Chile
Die schwersten Überschwemmungen in Thailand seit 50 Jahren verursachten im Oktober
2011 hohe Schäden. Sieben Industrieparks wurden überflutet, Liefer- und Versorgungsketten
wochenlang unterbrochen.
Ein Waldbrand im Süden Chiles zerstörte am
2. Januar 2012 einen der größten holzverarbeitenden Betriebe Lateinamerikas. Auch das an
diesem Standort betriebene Zellstoff- und
Sägewerk wurde in Mitleidenschaft gezogen.
Telkom 3, Orbit
Dürre, USA
Am 7. August 2012 erreichte der indonesische
Telekommunikationssatellit Telkom 3 nicht
seine geostationäre Umlaufbahn, weil sich
die Raketenoberstufe Breeze-M der ProtonTrägerrakete außerplanmäßig abgeschaltet
hatte. Der Satellit gilt als Totalschaden.
2012 war der Mittlere Westen, die Kornkammer der USA, von einer der extremsten Dürren
der letzten 50 bis 100 Jahre betroffen. Es gab
enorme Ernteausfälle. Das Ereignis belegt die
wirtschaftliche Bedeutung und Notwendigkeit eines staatlich geförderten Agrarversicherungssystems für den Landwirtschaftsektor.
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
45
KOLUMNE
Veränderungen in der Regresspraxis nach Naturkatastrophen
Möglicher Anstieg der Haftpflichtfälle
nach Naturkatastrophen
Nicholas Roenneberg, Head of Claims Management & Consulting bei Munich Re
nroenneberg@munichre.com
Bei NatCat-Schäden denkt man
normalerweise vorrangig an Sachversicherungs- und Personen­
schäden. Haftungsaspekte werden
dagegen oft vernachlässigt. Seit
einigen Jahren gibt es jedoch
­Anzeichen für eine verstärkte
­Geltendmachung von Haftungsund Regressansprüchen nach
Natur­katastrophen.
Ein gutes Beispiel für diesen mög­
lichen Trend sind die Waldbrände in
Kalifornien und Australien. Sie gehen
einher mit häufigeren und längeren
Hitzeperioden. Dies könnte einer­
seits zu einer Unterversicherung
im Bereich der Sach-, Unfall- und
Lebensversicherung führen, anderer­
seits den Anreiz für First-party-Ver­
sicherer verstärken, Regressforde­
rungen gegen Haftpflichtversicherer
zu erheben. Opfer von Naturka­t a-­­
s­tro­phen haben sich in letzter Zeit
daher verstärkt nach „deep pockets“
umgesehen, auf die sie ihre Schäden
abwälzen können.
Es ist schwer vorherzusagen, welcher
dieser Aspekte stärkere Auswirkungen
auf die Haftpflichtversicherung haben
wird.
Regressforderungen gegen Haft­
pflichtversicherer liegen natürlich bei
NatCats näher, die durch mensch­
liches Verhalten zumindest mitver­
ursacht wurden, als bei Stürmen oder
Erdbeben, wo ein menschlicher Bei­
trag weniger offensichtlich ist. Selbst
in den letztgenannten Fällen wurden
aber schon Haftungsklagen erhoben,
etwa nach Katrina. Nicht nur wegen
der unzureichenden Berücksichtigung
von NatCat-Risiken, etwa durch Bau­
unternehmen, sondern auch wegen
46
Munich Re Schadenspiegel 2/2012
der Verursachung der Naturkatastro­
phe als solcher. Dies könnte ein
­Zeichen dafür sein, dass der „deep
pocket“-Aspekt noch wichtiger ist
als der einer Unterversicherung.
Ein Beispiel: Haftungsfragen waren
nach NatCats immer schon ein Thema.
Architekten, Ingenieure, Wartungsund Rettungskräfte – irgendwas geht
immer schief und führt zu Ent­
schädigungsforde­rungen. Oft werden
Waldbrände jedoch von Privatperso­
nen verursacht, gegen die kaum
­nennenswerte Regressforderungen
durchsetzbar sind. Der Waldbrand
in Kalifornien im Oktober 2007 war
anders. Er wurde möglicherweise
durch die Glasfaserkabel eines Ener­
gieversorgers verursacht. Dies führte
zu ­massiven Regressforderungen.
Der versicherte Marktschaden betrug
2,2 Milliarden US-Dollar. Hiervon
wurden ursprünglich 1,6 Milliarden
gegen den Energie­versorger geltend
gemacht. Am Ende verglich man sich
über fast eine Mil­liarde.
Es ist doch überraschend: Da hat
man einen scheinbaren NatCatSchaden, und letztlich tragen Haft­
pflichtversicherer fast die Hälfte
davon. Das ist aus meiner Sicht eine
neue Dimension. Einen annähernd
so hohen Anteil der Haftpflichtver­
sicherer hatten wir bislang nicht ein­
mal nach rein menschlich verursach­
ten Katastrophen wie 9/11.
Könnten solche Szenarien künftig
üblicher werden? Waldbrände wer­
den nicht selten von Stromleitungen,
technischen Geräten oder Fahrzeugen
oder von brennendem Schutt verur­
sacht. In diesen Fällen könnte es
Anknüpfungspunkte für Haftungs­
ansprüche geben. Energieversorger,
Wartungsunternehmen, das Bauge­
werbe und Arbeitgeber scheinen bis­
lang die wahrscheinlichsten Gegner
solcher Ansprüche.
Andere Entwicklungen könnten den
Anstieg der Haftungsfälle nach Nat­
Cats noch verstärken: Der demogra­
fische Wandel führt zu einer höheren
Konzentration von Sachwerten. Die
Schäden nach den Erdbeben in Neu­
seeland sind dafür ein guter Beleg.
Aber auch der Mangel an hinreichen­
der First-party-Deckung nach einem
Schaden legt es nahe, anderweitig
nach „deep pockets“ zu suchen.
Weitere Aspekte sind eine über­
alterte Infrastruktur, unzulängliche
Wartung und Rechtsänderungen,
etwa im Hinblick auf Sammelklagen
oder Prozesskostenfinanzierung.
Es erscheint daher lohnend, diese
Entwicklung im Auge zu behalten.
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Informationen zum Thema
finden Sie in unserer Broschüre zum
15. Internationalen Haftpflichtforum auf
unserem Kundenportal Connect unter
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