SchiedsamtsZeitung Aus der Rechtsprechung

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SchiedsamtsZeitung Aus der Rechtsprechung
SchiedsamtsZeitung
Online-Archiv
41. Jahrgang 1970, Heft 10
Seite 145-148
-Organ des BDS
Bund Deutscher Schiedsmänner und
Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 ‹ 44704 Bochum
www.schiedsamt.de ‹ info@bdsev.de
Aus der Rechtsprechung
Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Entschädigung in
Geld für erlittene immaterielle Unbill (hier besonders: bei Vorliegen
eines Widerrufs und eines Unterlassungsurteils).
BGH, Urt. v. 17. 3. 1970 — VI ZR 151/68 (Köln)
Aus den Gründen:... 3. c) ... Der Kläger hat sich mit Erfolg gegen die eingetretene
Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts und gegen weitere Verletzung in
Zukunft zur Wehr gesetzt. Er hat einen veröffentlichten Widerruf und einen Titel auf
Unterlassung verlangt.
d) Diese Gestaltung spricht hier in besonderem Maße gegen die Bejahung des
Klageanspruchs.
Hat der Betroffene wie hier neben einem Unterlassungstitel (vgl. hierzu: BGH, Urteil
v. 12. 10. 1965 — VI ZR 95/64 = NJW 65, 2395 = LM Nr. 20 zu Art. 5 GrundG) einen
Widerruf erlangt, so ist dieser Umstand im Rahmen der gebotenen Gesamtwertung
mit zu beachten und daraufhin zu wägen, ob die gesamten Gegebenheiten
außerdem noch eine Entschädigung der erlittenen Unbill in Geld erheischen. Diese
Frage hat das Berufungsgericht hier ohne Rechtsirrtum verneint.
Der erkennende Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass jemand, dessen
Persönlichkeitsrecht in schwerer Weise schuldhaft verletzt worden ist, vom Schädiger einen Ausgleich in Geld für seinen immateriellen Schaden (nur) verlangen kann,
wenn sich die erlittene Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend
ausgleichen lässt (BGH, Urteil v. 16. 9. 1966 — VI ZR 268/64 zu III 2 = LM Nr. 9 zu §
23 KunstUrhG = NJW 66, 2353; vgl. auch BGHZ 35, 363, 369 --NJW 61, 2059;
BGHZ 39, 124, 133 = NJW 63, 902; BGH, Urteil v. 5. 1. 1962 — VI ZR 72/61 = NJW
62, 1004 = LM Nr. 16 zu § 823 [Ah] BGB; Urteil v. 5. 1. 1963 — VI ZR 216/62 = LM
Nr. 25 zu § 847 BGB; vgl. weiter LM Nr. 10, 16, 20 zu Art. 5 GrundG, davon Nr. 10 in
NJW 63, 904, 1404 L und Nr. 20 in NJW 65, 2395 abgedruckt). Die Gewährung des
Anspruchs auf eine Geldentschädigung findet ihre Rechtfertigung in dem Gedanken,
dass das Persönlichkeitsrecht gegenüber erheblichen Beeinträchtigungen
anderenfalls ohne rechtlichen Schutz bliebe. Nach diesem Sinngehalt hat der
Anspruch zurückzutreten, wenn die Verletzung auf andere Weise hinreichend
ausgeglichen werden kann, wozu je nach Sachlage insbesondere der Widerruf ein
angemessenes und geeignetes Mittel darstellen kann. Insbesondere sofern — wie
hier — neben einem Unterlassungstitel ein Widerruf vorliegt, muss gefragt werden,
ob der Betroffene, jedenfalls unter Berücksichtigung der übrigen Umstände, dadurch
einen in diesem Sinne hinreichenden Ausgleich erhalten hat. Sollte der Widerruf im
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Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in
welcher Anzahl, auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte
erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der
Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie
bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung des Carl Heymanns Verlages.
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vorliegenden Sachverhalt desAus der Rechtsprechung
halb weniger wirksam gewesen sein, weil der Ruf des Klägers schon durch die
weithin bekannt gewordene Erörterung der Vorgänge im Zusammenhang mit seiner
politischen Tätigkeit und seinem Rücktritt als Minister beeinträchtigt war, so würde
dieser Umstand allein im Verhältnis des Klägers zu den hier Beklagten keine andere
Beurteilung rechtfertigen.
Für die so gebotene zusätzliche Wertung ist unter dem jetzt erörterten Gesichtspunkt
von Belang, dass der Kläger ein Urteil auf Unterlassung erwirkt hatte, gegen das die
Beklagten kein Rechtsmittel einlegten. Insbesondere wurde schon bald ein Widerruf
an entsprechender Stelle in der Zeitschrift veröffentlicht, in der die beanstandeten
Äußerungen enthalten waren, und zwar ohne beeinträchtigende, insbesondere
herabsetzende Zusätze und in der vom Kläger begehrten Fassung.
Bei diesen Gegebenheiten konnte das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum annehmen — so sind seine Ausführungen zu verstehen —, die Beeinträchtigung sei
jedenfalls in einer Art und Weise sowie einem Maße ausgeglichen worden, dass —
berücksichtigt man zusätzlich die übrigen Umstände — keine Gestaltung vorliegt, die
darüber hinaus einen Ausgleich in Geld erfordert (vgl. BGH, Urteil v. 8. 12. 1964 —
VI ZR 201/63 = LM Nr. 25 zu § 823 [Ah] BGB = NJW 65, 685 — „Exklusiv-Interview").
Soweit der Senat einen hinreichenden Ausgleich durch Widerruf verneint hat, lag der
Grund im wesentlichen in einer besonderen Gestaltung. Entweder hatte der Verletzer
den begehrten Widerruf verweigert, so dass dieser erst sehr spät auf Grund
gerichtlicher Entscheidung zustande kommen konnte (vgl. BGH, Urteil v. 29. 10.
1968 — VI ZR 180/66 = GRUR 1969, 147 zu B II 2) oder er war zu anderweitigem
Ausgleich wegen der Art und Weise der Persönlichkeitsverletzung oder laus anderen
Gründen nicht geeignet (Verletzung durch nicht periodische Publikation, vgl. BGH,
Urteil v. 12. 10. 1965 — VI ZR 95/64 — NJW 65, 2395 = LM Nr. 20 zu Art. 5 GrundG
— „Mörder unter uns”) oder die Beeinträchtigung war einem Widerruf nicht
zugänglich (vgl. BGH, Urteil v. 26. 1. 1965 — VI ZR 204/63 = LM Nr. 16 zu Art. 5
GrundG — „Gretna Green").
Anmerkung: Der Bundesgerichtshof (BGH) erkennt — trotz abweichender Ansichten
in der Literatur und im Schrifttum — in ständiger Rechtsprechung ein auf Art. 1 u. 2
Grundgesetz gestütztes allgemeines Persönlichkeitsrecht als „sonstiges Recht” im
Sinne des § 823 Abs. 1 BGB an (vgl. auch Urt. in SchsZtg. 1969 S. 8), dessen
Verletzung zum Schadenersatz verpflichtet. Bei der Verletzung des allgemeinen
Persönlichkeitsrechtes, dessen Unterfall die schwere Ehrverletzung ist, kann auch
Ersatz des immateriellen Schadens beansprucht werden, wenn die Bekanntmachung
eines Widerrufes der ehrverletzenden Erklärung nach den Umständen, insbesondere
wegen der Schwere der Verletzung oder des Verschuldens, nicht als ausreichende
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erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der
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Wiedergutmachung des ideellen Schadens angesehen werden kann, sondern diese
eine Genugtuung in Geld erfordert. Neben den o. g. Hinweisen auf Urteile vgl. die
Aufzählung bei Rosenthal-Bohnenberg, Komm. z. BGB, 15. Aufl., Anh. zu § 823
Randn. 2685. In der vorstehenden Entscheidung (deren Tatbestand leider nicht
zugänglich war) hat der BGH unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles,
insbesondere wegen der Tatsache, dass der in seiner Ehre Verletzte
SCHS-ZTG • 41. Jg. 1970 H 10
(wahrscheinlich durch Üble Nachrede) gegen den/die Täter ein rechtskräftig gewordenes Urteil auf Unterlassung weiterer Ehrverletzungen gleicher Art zusätzlich
erstritten hatte, den Widerruf in derselben Zeitschrift an der entsprechenden Stelle,
an der die ehrverletzenden Äußerungen veröffentlicht waren, als ausreichende
Genugtuung angesehen und den erhobenen zusätzlichen Anspruch auf Entschädigung in Geld abgewiesen.
Für den Schm. ist diese Rechtsprechung des höchsten Gerichtes von größerem
Interesse, als dies auf den ersten Blick scheinen mag. Er kann nämlich Hinweise auf
diese Entscheidungen des BGH, falls es notwendig ist, in seine Ausführungen zur
Begründung seines Vergleichsvorschlages einfließen lassen. Manche Beschuldigten
glauben nämlich, dass auch die schwerste Üble Nachrede mit einer einfachen
„Rücknahme mit dem Ausdruck des Bedauerns: erledigt ist und der einzige finanzielle Nachteil in der Übernahme der Verfahrenskosten beim Schm. besteht. Bekanntlich kann aber der verletzte Antragsteller darüber hinaus verlangen, dass der
Widerruf der ehrenrührigen Behauptungen in derselben Weise erfolgt, wie sie verbreitet wurden, also z. B. schriftlich gegenüber dem Empfänger der ersten Äußerung
oder durch Widerruf in der Zeitung, falls die Behauptung auch in dieser Art aufgestellt
worden war. Bei einer nur „unter vier Augen” aufgestellten nicht erweislich wahren
Behauptung soll der Schm. dem verletzten Antragsteller allerdings anraten, einen
weitere Personen erfassenden Widerruf (z. B. in der Zeitung) nicht zu verlangen. Ein
Ausgleich ist immer dann wiederhergestellt, wenn die Rücknahme in derselben
Weise erfolgt wie die erste unrichtige Behauptung. In den meisten Fällen wird die
Rücknahme durch Erklärung zu Protokoll des Schs. genügen. Aber selbst wenn in
Einzelfällen ein Widerruf in der Weise vereinbart wird, dass der Antragsteller ihn
bekannt zu geben (in einer Zeitung, am Schwarzen Brett eines Betriebes usw.)
berechtigt ist, folgt daraus noch nicht, dass der Antragsteller gleichzeitig zusätzlich
noch eine Entschädigung in Geld verlangen kann, auch dann nicht, wenn die
Ehrverletzung besonders schwer war. Manche Antragsteller (und Rechtsanwälte als
Beistände) glaubten, nachdem der BGH seine Rechtsprechung über die
Geldentschädigung bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten begonnen hatte, in
jedem Falle einer Beleidigung zusätzlich auch bares Geld verlangen zu können. Die
vorstehende Entscheidung stellt klar, dass ein Geldanspruch nur in ganz besonders
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liegenden Einzelfällen anerkannt werden kann und in der Regel nicht, wenn der
Widerruf in der gleichen Weise wie die Üble Nachrede selbst bereits erfolgt ist und —
so meint der BGH weiter — der Verletzte sich gegen eine Wiederholung der
Beleidigung durch ein zusätzliches Urteil auf Unterlassung geschützt hat. Dieser
Gedanke über eine Vermeidung künftiger Beeinträchtigungen der Ehre hält m. E.
einer kritischen Betrachtung des vorliegenden Tatbestandes nicht stand:
Geldentschädigung für einen in der Vergangenheit liegenden Angriff auf die Ehre, für
die sie verlangt wird, kann nicht mit dem Hinweis darauf verweigert werden, dass
eine Wiederholung in der Zukunft durch ein entsprechendes Unterlassungsurteil so
gut wie ausgeschlossen erscheint. Solche Unterlassungsurteile drohen in ihrer
Entscheidungsformel zwar Geldbußen an, aber eben für den Fall, dass der
Verurteilte in der Zukunft noch einmal (oder mehrmals) die ehrverletzende
Behauptung aufstellt, und dies auch nur dann, wenn aus den gesamten Umständen
zu entnehmen ist, dass eine solche Wiederholungsgefahr besteht. Jene mögliche
Geldbuße in der Zukunft hat aber nichts mit d e m Anspruch auf Geldentschädigung
zu tun, der von dem Verletzten für den immateriellen Schaden verlangt wird, der ihm
(angeblich) bereits aus der in der Vergangenheit liegenden Tat des Beschuldigten
entstanden ist.
Dennoch sind die übrigen Gedanken in der vg. Entscheidung überzeugend, dass
nämlich ein Ausgleich der Ehrverletzung durch einen in der Form gleichartigen
Widerruf stattfindet. Geld kann also nur dann verlangt werden, wenn dieser Widerruf
allein nicht ausreichend erscheint, der „Rufmord” in der Vergangenheit zusätzlich
eine Wiedergutmachung in Geld erheischt.
Oberstadtdirektor Herbert Wach, Iserlohn
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