Bericht vom Besuch einer Delegation der Enquête
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Bericht vom Besuch einer Delegation der Enquête
Bericht vom Besuch einer Delegation der Enquête-Kommission „Zukunft einer frauengerechten Gesundheitsversorgung in NRW“ im Brustzentrum des Evangelischen Krankenhauses Bethesda, Duisburg Ende April fuhr eine Delegation der Enquetekommission "Zukunft einer frauengerechten Gesundheitsversorgung in NRW" nach Duisburg. Das Brustzentrum im Evangelischen Krankenhaus Bethesda hatte die Enquetekommission eingeladen, vor Ort einen Einblick in die Arbeit des Brustzentrums zu gewinnen. Dabei kam besonders die Sicht der Nutzerinnen, der Brustkrebspatientinnen zum Tragen. Sie wiesen darauf hin, dass es sich bei dem Angebot des Krankenhauses Bethesda um eine frauengerechte Versorgung handelt: es geht dabei um die integrierte Versorgung, d.h. ambulant, stationär und Nachsorge sind in einer Versorgungskette eng miteinander verflochten und aufeinander abgestimmt. Schnittstellen-Probleme werden auf diese Art vermieden. Von Anfang an wird für die psychosoziale Seite der Krebs-Erkrankung und Bewältigung bei der Versorgung durch psychotherapeutisch ausgebildete Onkologinnen gesorgt. Sie wird von den Brustkrebspatientinnen sehr gut angenommen. Eine gemeinsame Vorstellungsrunde eröffnete unseren Besuch im Bethesda-Krankenhaus in Duisburg. Von der Stadt Duisburg war Fr. Bürgermeisterin Doris Janicki gekommen. Weiterhin waren der Ärztliche Direktor des Bethesda-Krankenhauses Hr. Dr. Martin Biggemann, Hr. Prof. Dr. Werner, Chefarzt für Frauenheilkunde, Fr. Dr. Rautenberg, Oberärztin der Frauenheilkinde, Fr. Dr. Krämer, Psychoonkologin, der Verwaltungsleiter Hr. Wengeler sowie Hr. Mertin, Gesellschaft der Freunde und Förderer des Bethesda-Krankenhauses anwesend. Außerdem hatten sich ca. 50 - 60 Patientinnen und Angehörige zur gemeinsamen Diskussion eingefunden. Folgende Mitglieder der Enquetekommission waren anwesend: Fr. Hürten (Bündnis 90/Die Grünen), Fr. MDL Dedanwala (SPD), Fr. MDL Inge Howe (SPD), Fr. MDL Doppmeier (CDU), Fr. MDL Ley (CDU), Fr. MDL Pavlik (FDP). Weiterhin nahmen Fr. Hopstein-Menn (Ref. SPD), Fr. Bayer (Ref. CDU), Fr. Dr. Rapp-Engels (Ref. FDP), Fr. Dr. Beckmann (Ref. B 90/Die Grünen) sowie Fr. Jürgens (Kommissionssekretariat) und Fr. Stumm (Kommissionssekretariat) am Besuch teil. Die Vorsitzende der Enquetekommission, Fr. Hürten, stellt die Arbeit und das Themenspektrum der Enquetekommission vor. Sie bedankt sich für die Einladung und ebenso für die vielen persönlichen Schreiben der Betroffenen, die sie in den letzten Monaten erhalten hat. Weiterhin betont sie, dass das Thema Brustkrebs auch bei der Enquetekommission auf der Tagesordnung stehen wird. Im BethesdaKrankenhaus wurde eine gute Versorgungspraxis entwickelt, die durch die fehlende Verlängerung der ambulanten Tätigkeiten im Krankenhaus durch die KV Nordrhein bedroht sei. Deshalb wolle die Enquetekommission das Angebote des Bethesda-Krankenhauses – auch aus der Sicht der Patientinnen kennen lernen. Das Konzept der patientinnengerechten Brustkrebs-Versorgung im Bethesda-Krankenhaus Prof. Dr. Werner stellt das Konzept einer patientinnengerechten Gesundheitsversorgung von Brustkrebs-Patientinnen im Bethesda-Krankenhaus vor. Die Zielsetzung umschreibt eine bedarfsgerechte, wohnortnahe und qualifizierte Krebsdiagnostik, eine qualifizierte hochdifferenzierte Tumortherapie. Dabei werden Brüche im Versorgungsprozess vermieden, um somit eine ganzheitlich, interdisziplinäre und vernetzte Versorgung auch durch ein multidisziplinäres Team an zu bieten. Bei der Zielstellung des ganzheitlichen Handelns wird die Patientin in ihren körperlichen, seelischen und sozialen Bedürfnisse in den Mittelpunkt gestellt. Unter der Zielstellung des interdisziplinären Handelns verstehen die Behandelnden ihre Arbeit jeweils als Teil des gesamten Behandlungsprozesses. Patientinnenorientiertes Handeln meint die Berücksichtigung frauenspezifischer Bedürfnisse sowie 1 das Selbstbestimmungsrecht der Patientin. Unter der Zielstellung des integrativen Handelns wird der Aufbau und die Weiterentwicklung von Vernetzungsstrukturen gesehen. Bei allem wird die wissenschaftliche Begleitung und Evaluation als weitere Zielstellung verfolgt. (Studien und Fallbeispiele, geordert wird auch ein umfassendes Krebsregister) Die Brustkrebsversorgung im Bethesda-Krankenhaus zeigt in ihren Ergebnissen, dass die patientinnenorientierte Diagnostik und Therapie den Gesundungsprozess fördern und Leid lindern hilft. Die psychosoziale Begleitung trägt zur psychischen Stabilisierung während des gesamten Genesungsprozesses bei. Eine während des stationären Aufenthalts begonnene psycho-onkologische und psychosoziale Betreuung wird nahtlos ambulant weitergeführt. Neben einer optimalen Diagnostik und qualitätsorientierten Operationen kann so auch die gesicherte medizinische Nachbehandlung und Nachsorge angeboten werden. Darüber hinaus stellt das Psychosoziales Zentrum Angebote der Psycho-Onkologie, d.h. psychotherapeutische und psychosoziale Hilfen für den gesamten Krankheitsverlauf zur Verfügung. Auch die Arbeit mit Angehörigen – z.B. Begleitung bei der Diagnosestellung sowie Krisenintervention - wird angeboten. Damit kann die Akzeptanz der veränderten Lebenssituation, sowie eine Verbesserung des Verständnisses der Erkrankung und Therapie erhöht und die Selbstheilungskräfte, das Selbstvertrauen und die Autonomie der Patientinnen gestärkt werden. Eigene Kraftquellen, Veränderungen des Lebensstils und Wiedererlangen von Lebensfreude helfen bei seelischen Krisen und geben Unterstützung bei der Verarbeitung von Trauer. Auch zu den niedergelassenen, einweisenden Ärzte sind die Kontakte gut etabliert, so dass im Bethesda-Krankenhaus ein umsetzungsfähiger, integrierter Ansatz für die Mitgliedschaft im WestdeutschenBrust-Centrum vorhanden ist. Die Arbeit des Brust-Centrums und des psychosozialen Zentrums ist vernetzt mit niedergelassenen ÄrztInnen, PsychotherapeutInnen, SchmerztherapeutInnen, Kliniken und Krankenhäusern, RehaEinrichtungen, ambulanten Pflegediensten, der Ernährungsberatung, Sportvereinen, der Seelsorge, Selbsthilfegruppen, dem Verein „Aktiv gegen Krebs“, der Gesellschaft für Naturheilverfahren bei Krebserkrankungen, Laienkongressen für Patientinnen und Patienten sowie Palliativstationen und Hospizdiensten. Diskussion mit Patientinnen und Angehörigen Es folgt eine rege Diskussion mit den anwesenden Patientinnen und ihren Angehörigen. Anhand von Erfahrungsberichten erläutern die Patientinnen die erlebten Vorteile der integrierten Versorgung in diesem Hause. Dabei heben sie hervor, wie gut es ihnen getan hat, mit gleichermaßen Betroffenen hier zusammen treffen zu können. Sie lernen Frauen in den unterschiedlichen Phasen der Krankheitsstadien kennen und tauschen sich miteinander aus. Dies erhöht nicht nur die Compliance, vieles lässt sich so auch besser verstehen, nicht zu vergessen der Austausch über hilfreiche Bewältigungsstrategien. In einer ambulanten Tumor-Praxis wird ihnen dies alles vorenthalten bleiben, da sie dort mit sämtlichen anderen Krebspatienten zusammen kommen, eben nicht nur Brustkrebspatientinnen. Frauen mit Brustkrebs benötigen aber für ihre Krankheitsbewältigung ein besonderes Klima, denn Brustkrebs beinhaltet für viel Frauen einen Angriff auf ihre Weiblichkeit. Daher empfinden Patientinnen es als elementar wichtig, mit Betroffenen zusammen kommen zu können. So können sie einen schamhaften oder auch weniger schamhaften Umgang mit der Krankheit und den erfolgten Eingriffen erfahrbar machen und erleben. Dies ist im Endeffekt heilsam. 2 Andere Patientinnen äußern sich ebenfalls in dieser Hinsicht und teilen mit, welche Erfahrungen sie in der Zwischenzeit mit anderen Angeboten in der Region gemacht haben, seit sie nicht mehr auf das integrierte Angebot in Bethesda zurückgreifen konnten. Die Vergleiche fallen allesamt positiv für das Krankenhaus Bethesda und negativ für die anderen Anbieter aus. Auch Angehörige, die ihre betroffenen Frauen begleiten, schließen sich diesem Tenor an: sie sind von Anfang an in die therapeutische Kette mit eingebunden und werden im Verlauf der Krankheit ihrer Frau als Unterstützung benötigt. Sie selber erfahren allerdings auch Unterstützung, u.a. durch Gruppenangebote für Angehörige. Die Einzelberichte sind allesamt sehr persönlich, sehr nahegehend und zeigen, wie hilfreich es für die Betroffenen ist, sich als Teil einer Gruppe zu erleben und daraus Kraft, Mut und Hoffnung zu schöpfen. Es folgt eine Führung durch die Stationen und das angegliederte Patientinnen-Café, das für die Teilnehmerinnen an der Aussprache vorbereitet ist. Es werden im Detail alle psychosozialen Angebote der Abteilung vorgestellt und weitere Erfahrungsberichte dazu gehört. Die Mitglieder der Enquête-Kommission äußern ihr Unverständnis darüber, dass das integrierte Versorgungsangebot, das u.a. auch im Sachverständigenrat-Gutachten zur Bedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit (Gutachten 2000/01) in der Brustkrebsversorgung eingefordert wird, in seiner hier gewachsenen und entwickelten Struktur nicht weitergeführt werden soll. Die Anregungen des Besuches im Brustcentrum werden bei der weiteren Arbeit wichtige Impulse geben und in die Überlegungen und Empfehlungen der Enquetekommission Eingang finden. Brigitte Stumm/Regina Jürgens 3