Presse 2014 - Anne Schüller Website
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Presse 2014 - Anne Schüller Website
dialog Das Magazin für Dialogmarketing Customer-Journey Die Wege des Kunden bis zum Kauf verlaufen oft im Zickzack SEITE 10 Deutscher Dialogmarketing Verband e. V. Social Media Warum Nutzer sozialer Netzwerke Interaktion bevorzugen SEITE 12 www.ddv.de Juni 2014 Digitaler Dialog Eine Studie attestiert Firmen Fortschritte beim Daten-Management SEITE 24 Anne M. Schüller und Michael Müller über den Kunden als Partner EDITORIAL 3 „Kunden wollen keine Ansprachen hören, sondern Gespräche führen“ Liebe Dialog-Leser, jeder weiß es: Die Rede vom „Kunden als König“ ist eine Sonntagsrede – sie hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Wir erfahren es fast täglich. Aber ist dies überhaupt der richtige Denkansatz? Wollen wir Untertan des Kunden sein oder gar das Gegenteil, Kunden, die uns untertan sind? Sicher nicht. Dieser monologische Ansatz verfehlt das Ziel. Patrick Tapp, Präsident des Deutschen Dialogmarketing Verbands DM Drogeriemarkt, der EDDI-Sieger dieses Jahres, versteht den Kunden seit jeher als Partner. Das impliziert Gleichwertigkeit. Das Unternehmen gibt, der Kunde nimmt – und umgekehrt. Das Unternehmen erfüllt die Wünsche seiner Kunden und lässt sich dafür von ihnen bezahlen. Das klingt banaler, als es ist. Denn es setzt voraus, dass das Unternehmen die Wünsche seiner Kunden kennt – die offenen und die verborgenen. DM versucht, sie vor allem im direkten Kontakt zu erfahren, nämlich mithilfe der Mitarbeiter im Geschäft. Dies betont DM-Marketer Michael Müller, einer der beiden Gesprächspartner in unserem Aufmacher-Interview. Partnerschaft sei viel mehr als bloße Orientierung am Kunden, sagt die ManagementBeraterin Anne M. Schüller, unsere andere Gesprächspartnerin. Sie sei eine Fokussierung. Und sie bedeute auch, die Kunden kontinuierlich einzubeziehen und mitgestalten zu lassen. Das erfordert Mut sowie meist eine andere Haltung und Herangehensweise als die übliche. Aber die Kunden belohnen es: durch Loyalität und Weiterempfehlung beispielsweise. DM zeigt seit Jahren, wie erfolgreich dieser Weg ist. In Rankings zur Kundenzufrieden- KONTAKT Deutscher Dialogmarketing heit ist es stets unter den Ersten zu finden. Und im vergangenen Jahr hat die Kette Verband e.V. erneut einen Rekordumsatz verbucht. DM ist gern Pionier: Es hat die Scanner-Kassen Hasengartenstraße 14 eingeführt. Und es geht mit der Zeit: Es hat Millionen Facebook-Fans. Von DM lernen lässt sich aber vor allem dies: Die Kunden wollen keine Ansprachen hören, sondern Gespräche führen. Eben Dialog statt Monolog. 65189 Wiesbaden Telefon: 0611/97793-0 Telefax: 0611/97793-99 Internet: www.ddv.de Redaktion: Ludger Kersting Telefon: 0611/97793-16 l.kersting@ddv.de Anzeigen: Giuliano Fuchs Telefon: 069/7595-1249 p.tapp@ddv.de giuliano.fuchs@dfv.de DDV dialog Juni 2014 4 I N H A LT Trotz Internet und Apps ist Haushaltswerbung nach wie vor erfolgreich. Denn sie wirkt und ist kostengünstig. Wenn sie auch noch kreativ gestaltet ist, steigen ihre Chancen, beim Empfänger zu punkten. SEITE 17 Für DM Drogeriemarkt ist Dialog nicht bloß ein Marketing-Instrument, sondern unverzichtbarer Teil der Unternehmensstrategie. Dies ist einer der Gründe für den Gewinn des EDDI am Vorabend der Co-Reach. SEITE 27 10 12 14 16 SPECIAL: DER KUNDE ALS PARTNER Fokus Kunde – Interview mit DM-Marketer Michael Müller und Management-Beraterin Anne M. Schüller Customer-Journey – Der Kunde entpuppt sich als komplexes und eigenwilliges Wesen Facebook und Co – Soziale Netzwerke eignen sich vor allem zum Austausch Empfehlungs-Marketing – Wie sich eine Kaffeemarke in der Zielgruppe ins Gespräch bringt Human Resources – Wenn eigene Mitarbeiter zu Markenbotschaftern werden 17 18 20 22 23 MARKETING Haushaltswerbung I – Wie Kreativität Empfänger neugierig macht Haushaltswerbung II – Trends in der Sicht des Experten Rolf Schlosser Studien – Die wichtigsten Analysen im Überblick Nachwuchs – Die Demographie-Uhr tickt Konjunkturbarometer – Wirtschaftslage hat sich gut erholt 24 LAB Studie Digital Dialog Insights – Mehr Professionalität beim Dateneinsatz 26 27 28 29 INSIDE 9. wissenschaftlicher Kongress zur Effizienz des Dialogs EDDI-Sieger 2014 – DM Drogeriemarkt gewinnt den begehrten Unternehmenspreis Datenschutz – Best Practice Guide überarbeitet ddp 2014 – Reformiertes Jury-Verfahren hat sich bewährt 30 LEADS ddp 2014 – Impressionen von der Preisverleihung 32 TIMER Events – Branchen-Termine für Dialogmarketer im Sommer und Herbst 34 RECHT Empfehlungs-Marketing – Rechtlich keine einfache Sache 6 ddp 2014: Bei der Verleihung des Deutschen Dialogmarketing Preises 2014 in der Berliner Auferstehungskirche wurden 12 Gold-, 22 Silberund 23 Bronzemedaillen vergeben. Ein Bericht in Bildern. SEITE 30 IMPRESSUM HERAUSGEBER Deutscher Dialogmarketing Verband e.V. Patrick Tapp (v.i.S.d.P.), Präsident Hasengartenstraße 14, 65189 Wiesbaden Telefon: 0611/9 77 93-0, Fax: 0611/9 77 93-99 Internet: www.ddv.de REDAKTION Ludger Kersting, Nanah Schulze Telefon: 0611/9 77 93-16, Fax: 0611/9 77 93-99 E-Mail: l.kersting@ddv.de SCHLUSSREDAKTION Joachim Thommes (ts) E-Mail: thommes@horizont.net VERLAG Deutscher Fachverlag GmbH, HORIZONT Mainzer Landstraße 251, 60326 Frankfurt am Main Internet: www.horizont.net Geschäftsführung: Angela Wisken (Sprecherin), Peter Esser, Markus Gotta, Peter Kley, Holger Knapp, Sönke Reimers Aufsichtsrat: Klaus Kottmeier, Andreas Lorch, Catrin Lorch, Peter Ruß Gesamtverantwortung HORIZONT: Markus Gotta Verlagsleitung: Peter Gerich Heinz Kort (Leitung Sales),Telefon: 069/75 95-18 75 Giuliano Fuchs (Sales Manager) Tel.: 069/75 95-12 49 Timo Liebe (Teammanager Media Services) Telefon: 069/75 95-18 72 Vertrieb: Heike Koch (Ltg.) Telefon: 069/75 95-19 41 Marketing Sales & Services: Boris Pawlenka (Ltg.) Redaktion HORIZONT Specials und Projekte: Dr. Jochen Zimmer (Ltg.) Gestaltung: Andreas Liedtke (Ltg.), Thomas Dahmen Gesamtleitung Printmedien-Services: Kurt Herzig Produktion: Hans Dreier (Ltg.) Logistik: Ilja Sauer (Ltg.) Zurzeit gültige Anzeigenpreisliste vom 1.1.2014 Erscheinungsweise: 4x jährlich. DDV-Mitglieder erhalten DIALOG zusammen mit HORIZONT im Rahmen ihrer DDV-Mitgliedschaft. DIALOG wird vom Deutschen Fachverlag im Auftrag des DDV produziert. TECHNISCHE GESAMTHERSTELLUNG Societäts-Druck, Kurhessenstraße 4-6, 64546 Mörfelden-Walldorf Gedruckt auf umweltfreundlich-chlorfreiem Papier. Mit der Annahme zur Veröffentlichung überträgt der Autor demVerlag das ausschließliche Verlagsrecht für die Zeit bis zum Ablauf des Urheberrechts. Diese Rechtsübertragung bezieht sich insbesondere auf das Recht des Verlages, das Werk zu gewerblichen Zwecken per Kopie (Mikrofilm, Fotokopie,CD-Rom oderandere Verfahren) zu vervielfältigen und/oder in elektronische oder andere Datenbanken aufzunehmen. Alle veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Ohne Genehmigung des Verlages ist eine Verwertung strafbar. Dies gilt auch für die Vervielfältigung per Kopie, die Aufnahme in elektronische Datenbanken und die Vervielfältigung auf CD-Rom. ISSN 1862-586X Gemäß § 5 Absatz 2 des Hessischen Gesetzes über Freiheit und Recht der Presse in Hessen wird mitgeteilt: Gesellschafter der Deutscher Fachverlag GmbH sind: Herr Andreas Lorch, Frau Catrin Lorch, Frau Anette Lorch, Frau Britta Lorch sowie die Deutscher Fachverlag GmbH. DDV dialog Juni 2014 6 DIALOG SPECIAL 7 Der Kunde als Partner – Gespräch mit Anne M. Schüller und Michael Müller „Wir wollen die Bedürfnisse antizipieren“ So gut wie keine klassische Werbung, stattdessen Mailings, Payback und Events. Dazu eine Marke, die ein großes Versprechen gibt: Den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen und zuallererst seine Bedürfnisse zu befriedigen – nicht die des Unternehmens. Das Konzept scheint aufzugehen: DM Drogeriemarkt wächst von Jahr zu Jahr und lässt die Wettbewerber immer weiter zurück. Was lässt sich daraus lernen? Was kann noch optimiert werden? Darüber diskutieren DM-Marketer Michael Müller und die Management-Beraterin Anne M. Schüller. Ein Gespräch über Gefühle und Launen, Daten und den persönlichen Kontakt, Flexibilität und Super-Touchpoints. Und über die 90-9-1-Regel. Anne M. Schüller: Schon der Begriff Kundenorientierung drückt das Diffuse, das Ungefähre aus – eigentlich bleibt jeder, der sich irgendwie am Kunden orientiert, orientierungslos. Der bessere Begriff ist Kundenfokussierung, denn damit ist gesagt, dass der Kunde im Brennpunkt aller Bemühungen eines Unternehmens steht. Das Unternehmen brennt für die Sache des Kunden, es richtet sich voll und ganz auf seine Erwartungen aus, es versucht, ihn glücklich zu machen. Unternehmens- Was bedeutet Partnerschaft? Foto: Peter Svec beraterin DDV dialog Juni 2014 Schüller: Vor allem, die Kunden kontinuierlich einzubeziehen und sie mitgestalten zu lassen. Ich spreche gern vom „Mein Baby“-Effekt: Niemand lässt das eigene Baby im Stich, weil jeder mit ihm emotional stark verbunden ist. Wenn sich Unternehmen so ihren Kunden widmen, haben sie ein partnerschaftliches Verhältnis zu ihnen. Auf dieser Basis werden die Kunden loyal, halten dem Unternehmen freiwillig die Treue und werden schließlich zu seinen Fürsprechern. Michael Müller: Genau so ist es. Es geht nicht um jährliche Kundenbefragungen und einmalige Maßnahmen, sondern darum, stets das Ohr am Kunden zu haben und seinen Bedürfnissen nachzukommen. Denn dann fühlt er sich ernst genommen, steht zum Unternehmen und wird es weiterempfehlen. Purer Aktionismus dagegen bringt nichts. Alles zu tun, was im Marketing machbar ist, führt nur zum Gegenteil: Der Kunde wendet sich ab. Manche Marketer meinen, die Kunden wüssten gar nicht, was sie wollen, vielmehr müssten die Unternehmen es ihnen erst sagen. Wie viel Wahrheit steckt in dieser Ansicht? Müller: Darin drückt sich eine gefährliche Überheblichkeit aus. Kunden sind keine Kinder, die man erziehen muss. Wer eine solche Haltung einnimmt, wird nie ein partnerschaftliches Verhältnis zu ihnen entwickeln können. Wir wollen unsere Kunden nicht formen und gängeln, sondern verstehen und bedienen. Wir wissen aber doch, dass der Mensch viel weniger von seinem Bewusstsein als von Unbewusstem bestimmt wird. Schüller: Das ist richtig. Aber damit lässt sich doch keine Bevormundung begründen. Natürlich bringen Kunden ihre Gefühle, Affekte und Launen in den Laden mit. Und die verändern sich – manchmal von einer Sekunde auf die andere. Eben stößt mir etwas unangenehm auf und schon sehe ich die Welt nur noch grau in grau. Im nächsten Moment flirtet der Verkäufer mit mir und plötzlich erscheint alles rosarot und das Geld sitzt mir locker in der Tasche. Unternehmen sollten begreifen, dass ihre Kunden sehr verschieden sind und sich nichts vorschreiben lassen. mit den Mitarbeitern in den Drogeriemärkten und die Betreuung durch unser Service-Center. Dazu kommen die PaybackKarte, Marktforschung, Facebook und Youtube, unsere Blogs und vieles mehr, worüber wir die Wünsche unserer Kunden erfahren. Michael Müller, DM Drogeriemarkt Da kommen eine Menge Daten zusammen. Was fangen Sie damit an? Müller: Wir wollen die Kundenbedürfnisse antizipieren. Das gelingt uns viel weniger über die Analyse der Daten als mithilfe unserer Mitarbeiter im Geschäft, die mit den Kunden sprechen. Hier – und nur hier – findet wirkliches One-to-one-Marketing statt. Wir können beispielsweise unsere Mailings noch so sehr auf kleine und kleinste Zielgruppen zuschneiden D Foto: DM Anne M. Schüller, „Kundenorientierung“ steht neuerdings auf der Fahne praktisch jedes Unternehmens, das auf sich hält. Meist ist es jedoch nur ein Etikett, das mit der Unternehmenspraxis nichts zu tun hat. Was unterscheidet die Kundenorientierung von einem partnerschaftlichen Verhältnis mit dem Kunden? Herr Müller, wie erfährt DM, was seine Kunden möchten? Müller: Am wichtigsten sind der Kontakt DDV dialog Juni 2014 – sie bleiben immer Bestandteil einer Massenkommunikation. Ein Mailing kann ein Dialog-Instrument sein, aber es ersetzt nicht das persönliche Gespräch. Andere Behauptungen sind Hirngespinste. Wo liegen die Grenzen der Partnerschaft mit dem Kunden? Schüller: Das hängt von den Kunden ab. Fürs Internet gibt es die 90-9-1-Regel, die besagt, dass 90 Prozent seiner Nutzer passiv bleiben, 9 Prozent werden ab und an aktiv, ein Prozent ist sehr engagiert und bringt sich gern ein. Das ist im Großen und Anne M. Schüller Die Spezialgebiete der selbstständigen Management-Beraterin, Autorin und Referentin sind Touchpoint-Management, Kundenloyalität und Empfehlungsmarketing. Zu diesen Themen hält sie Vorträge auf Kongressen und Veranstaltungen und führt Workshops durch. Sie hat elf Managementbücher geschrieben – darunter „Kunden auf der Flucht. Wie Sie loyale Kunden gewinnen und halten“ (2010) und „Touchpoints: Auf Tuchfühlung mit dem Kunden von heute“ (2012). Schüller ist Gastdozentin an der Universität St. Gallen, an der BAW Bayerische Akademie für Werbung und Marketing in München und am Management Center Innsbruck. In ihrem Touchpoint Institut bildet die 61-Jährige zertifizierte Touchpoint-Manager aus. DDV dialog Juni 2014 9 Foto: DM Foto: Peter Svec 8 DIALOG SPECIAL „An den Super-Touchpoints können sich Loyalität und Mundpropaganda am besten entzünden.“ „Wir wollen unsere Kunden nicht formen und gängeln, sondern verstehen und bedienen.“ ANNE M. SCHÜLLER, UNTERNEHMENSBERATERIN MICHAEL MÜLLER, DM DROGERIEMARKT Ganzen auf unser Thema übertragbar. Es gilt also, die Engagierten herauszufiltern und dann einzuladen, an der Verbesserung von Produkten mitzuwirken. Denn nur wer viel würfelt, würfelt auch Sechser. Das heißt, je mehr Ideen von den Kunden eingebracht werden, desto mehr Volltreffer sind darunter, die das Unternehmen tatsächlich voranbringen. Wo findet man die MitmachKunden? Schüller: Am leichtesten sicherlich in den Foren und Communitys im Internet, in denen über die eigene Marke gesprochen wird. Oft hilft es auch schon viel, dort nur zuzuhören. Denn wenn die Kunden unter sich sind, sagen sie eher, was sie wirklich denken. Marktforscher wissen ein Lied davon zu singen, dass die Menschen gern genehme Antworten geben, wenn sie nach ihrer Meinung gefragt werden – erst recht in einem persönlichen Gespräch. Wo suchen die DM-Kunden am liebsten Kontakt zum Unternehmen? Müller: Zuallererst in den DM-Märkten. Dann auf verschiedenen Wegen – das lässt sich kaum verallgemeinern. Wir haben heute mehr als anderthalb Millionen Kunden, die via Facebook mit uns kommunizieren. Für andere hat dieser Kanal überhaupt keine Bedeutung, sie suchen den Kontakt eher in einem DM-Markt und dort vielleicht vermehrt zu bestimmten Mitarbeitern. Wir bemühen uns immer, dort präsent zu sein, wo unsere Kunden sind. Facebook standen wir anfangs skeptisch gegenüber, aber die Kunden wollten diese Plattform nutzen – also haben wir sie ihnen angeboten. Und oft wird mehr als ein Weg gewünscht. Versuchen Sie, alle Touchpoints zu optimieren, oder beschränken Sie sich auf die wichtigsten? Müller: Unser Anspruch ist es, überall das Beste zu geben. Schüller: Aus Kundensicht gibt es durchaus Super-Touchpoints. An ihnen können sich Loyalität und Mundpropaganda am besten entzünden. Im Handel ist insbesondere die Kasse ein solcher Super-Touchpoint. Denn die Kasse ist der Ort des Schmerzes, an dem ich mich von meinem Geld trennen muss. Auf diesen Schmerz muss der Händler reagieren, indem er möglichst einprägsame, schöne Erlebnisse dagegenstellt. Hier muss der Händler das Beziehungskonto im Plus halten oder ins Plus bringen, denn hier entscheidet der Kunde, ob er wiederkommt oder nicht. Und wenn er begeistert ist, wird er das weitererzählen. Diese Super-Touchpoints gilt es zu identifizieren, denn sie zu optimieren lohnt sich am meisten. Müller: Die Kasse ist auch ein gutes Beispiel dafür, dass man mit dem Verbessern nicht aufhören darf. Unsere Regel besagt, eine neue Kasse zu eröffnen, sobald drei Kunden in der Schlange stehen. Das klappt sehr gut, weil unsere Kolleginnen das verinnerlicht haben – und viele Kunden nehmen es dankbar an. Aber manchen Kunden geht es hin und wieder zu schnell an der Kasse. Auch darauf müssen wir reagieren: Die Kassiererin darf also nicht drängeln und den Warenschacht füllen, während der Kunde davor noch am Einpacken ist. Flexibilität ist Trumpf? Müller: Genau. Wir dürfen uns nicht stoisch an einmal aufgestellte Regeln halten, sondern müssen uns immer wieder anpassen – je nach Bedarf und Zielgruppe. Manche Berater meinen, ein Kunde brauche neben positiven Erfahrungen mit einer Marke auch negative. Und zwar wegen der Kontrastierung. Erst nach negativen Erlebnissen mit der Marke würden die positiven richtig wahrgenommen und geschätzt. Stimmen Sie zu? Müller: Wir ziehen es vor, wenn unsere Kunden keine negativen Erfahrungen bei uns machen. Schüller: Es wäre auch ein gefährliches Unterfangen, innerhalb einer Markenwelt negative Erlebnisse zu schaffen. Die Kunden sind sehr unterschiedlich: Was der eine noch lustig findet, stößt dem anderen übel auf. Manchmal genügt schon eine Kleinigkeit, und der Kunde kommt nie wieder. Das hat kein Unternehmen in der Hand, niemand könnte die Emotionen so austarieren, dass am Ende ein positiver Eindruck zurückbleibt. Welche Bedeutung kommt dem Customer-Relationship-Management zu? Schüller: CRM ist nötig, um Informationen über die Kunden zu haben – das geht heute nicht mehr anders. Aber viele CRM-Programme sind lediglich technische Systeme und bei Mitarbeitern schon deswegen unbeliebt, weil sie sich – anders als etwa gute Smartphones – selten intuitiv bedienen lassen. Sie sind umständlich und kompliziert, werden als lästige Pflicht angesehen und schlecht gepflegt. Gelegentlich sogar manipuliert, um bestimmte Ziele verfolgen und interne Vorgaben erfüllen zu können. Unter solchen Voraussetzungen kommt es nicht zu einer zuverlässigen Datenbasis. Viele Manager scheint das wenig zu beeindrucken. Schüller: Leider. Das liegt an ihrer weit verbreiteten Zahlengläubigkeit. Sie gründen ihre Entscheidungen lieber auf eine einzige – womöglich falsche – Zahl als auf einen etwas ausführlicheren Bericht. So führt schlechter Input zu falschem Output – und das CRMProgramm schadet mehr, als es nützt. Müller: Wir schauen tatsächlich weniger auf die nackten Zahlen, sondern mehr darauf, wie sie zustande gekommen sind und interpretiert werden können. Schüller: Ich bin auch DM-Kunde und habe eine Payback-Karte. Aber manchmal ist es mir zu mühsam, sie herauszukramen. Also werde ich öfter gar nicht erfasst. Oder ich werde als sporadischer Kunde eingeordnet, obwohl ich regelmäßig einkaufe. Oder die Produkte, die ich anstelle meiner Freundin kaufe, werden mir zugeschrieben. So ergeht es vielen anderen auch. Auf diese Weise entstehen völlig falsche Profile, die jedoch als Grundlage für Entscheidungen dienen. Das können nur falsche Entscheidungen sein. Müller: Wir wissen natürlich um diese Problematik. Wir versuchen mithilfe von Marktforschung, diese Fehlerquellen zu erkennen und die Zerrbilder zu korrigieren. Ich glaube, wenn fast jeder zweite Kunde, den wir anschreiben, auf ein Mailing reagiert, liegen wir nicht ganz falsch. Warum bevorzugt DM das Dialogmarketing? Müller: Die Streuverluste der klassischen Werbung sind einfach zu hoch. Wir setzen hin und wieder Zeitungsbeilagen ein, aber unser Schwerpunkt liegt eindeutig auf dem Dialogmarketing per Mailing. Adressierte Werbepost kommt bei unseren Kunden sehr gut an, weil es uns gelingt, auf zielgruppenspezifische Themen und Bedürf- nisse einzugehen. Daneben arbeiten wir mit Payback, Kunden-Events und OnlinePlattformen, also Instrumenten, über die wir unmittelbar erfahren können, was die Kunden wünschen. Schüller:Ich bin davon überzeugt, dass DM eine der wenigen Marken in Deutschland ist, die hauptsächlich von ihrer Reputation leben. Das erreicht man durch Markenaufbau und das permanente Einlösen des Markenversprechens. DM verspricht einen freundlichen Umgang mit Kunden und Mitarbeitern. Das goutieren die Kunden an der Kasse. INTERVIEW: JOACHIM THOMMES Michael Müller Der 52-Jährige ist Leiter Nationale Kommunikation von DM Drogeriemarkt in Karlsruhe. In dieser Funktion verantwortet er die Bereiche Dialogmarketing, Payback, Customer-Relationship-Management, Marktforschung, Kooperationen und Nachhaltigkeit. Der ausgebildete Schauwerbegestalter studierte Erziehungswissenschaften, Medienpädagogik und Erwachsenenbildung an der Universität Köln und promovierte im Fach Psychologie. Seit 2001 ist er im Handel tätig, seit 2009 bei DM. Die Drogeriekette hat im vergangenen Geschäftsjahr hierzulande einen Umsatz von 5,8 Milliarden Euro erwirtschaftet, in Europa insgesamt 7,7 Milliarden. Die Hälfte der rund 3000 DM-Märkte befindet sich in Deutschland. Der Marketing-Etat beläuft sich auf circa 100 Millionen Euro. DDV dialog Juni 2014 10 D I A L O G S P E C I A L 11 Customer-Journey – Bei der Analyse von Touchpoints steht der Kunde im Zentrum Franz-Rudolf Esch (l.), EBS Universität für Wirtschaft und Recht: „Eine Reihe von Touchpoints lässt sich durch MarketingMaßnahmen nicht direkt beeinflussen.“ Marco Kersch, AZ Direct: „So genau wie möglich sagen, welcher Kanal oder Kanal-Mix wann der richtige ist.“ Die Wege des Kunden sind unerfindlich Eben hat sich der Kunde noch im Internet für einen alten Plattenspieler interessiert, jetzt kommt er vom Einkauf aus der Stadt zurück und hat ein neues Smartphone in der Tasche. Was ist passiert? Weshalb hat er vom einen abgelassen und sich dem anderen zugewandt? Welche Stationen hat er zurückgelegt, bevor er sich zum Kauf des Multimedia-Handys entschieden hat? Drei einfache Fragen, die jedoch nicht so leicht zu beantworten sind. Klar ist: Der Kunde ist ein komplexes, eigenwilliges und launisches Wesen. Klar ist auch: Demografische Zielgruppenanalyse und Mediaplanung helfen immer weniger, auch dann nicht, wenn sie mit etwas Soziologie unterfüttert werden. Die Zielgruppen zerfallen in immer kleinere Grüppchen und die werden immer unbeständiger. Und zu den tradierten Marketing-Instrumenten kommen zahlreiche dazu – vor allem Online-Werkzeuge. In ihnen lässt sich – beispielsweise mittels Cookies – nachvollziehen, welche Berührungspunkte ein Kunde oder Interessent wann mit welchem Werbemittel oder Angebot hat. Das hilft zu analysieren, was die Kaufentscheidung beeinflusst. Ein bisschen. Denn die Erbsenzählerei an sich verrät nichts über Motive. Und der Kunde bleibt flatterhaft: Er informiert sich im Netz, kauft dann aber im Laden. Oder umgekehrt. Oder nur offline. Da jedoch gibt es keine Cookies. Allerdings möglicherweise Daten aus dem CustomerRelationship-Management (CRM). Wie lässt sich das alles zusammenbringen? „Das ist die entscheidende Frage“, findet Ron Warncke, Customer-JourneyStratege bei Explido in Hamburg. Denn die Analyse der Kundenreise von der ersten Inspiration über die verschiedenen Berührungspunkte mit Marke und Produkt bis zum Einkauf könne ihre Vorteile gegenüber DDV dialog Juni 2014 anderen Betrachtungsweisen nur dann entfalten, wenn sie einigermaßen vollständig ist. Insbesondere der Bruch zwischen Online und Offline, aber auch der Wechsel der Zugangsgeräte ins Internet durch denselben Nutzer macht den Experten zu schaffen. Während Warncke die Lücke vor allem mittels Marktforschung und Modellen schließen will, setzt Thomas Speicher, He- ad of Planning bei Denkwerk in Köln, mehr auf Kundenbefragungen, Fokusgruppen und Personas-Prototypen von Nutzern mit bestimmten Eigenschaften und einem konkreten Verhalten. Speicher ist allerdings davon überzeugt, dass sich nicht alles vorherbestimmen lässt: „Die Unternehmen müssen auch mal abwarten, wie sich etwas entwickelt. Kunden sind wie eine wabernde Masse, die sich mal hierhin und mal dorthin bewegt.“ Franz-Rudolf Esch, Professor an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Oestrich-Winkel bei Wiesbaden, geht noch einen Schritt weiter. Seiner Ansicht nach hat die Analyse der Customer-Journey hauptsächlich zwei Aufgaben: Sie soll das Verständnis der wichtigen Touchpoints verbes- Customer - Journey Recherche auf der Website des Unternehmens Recherche in Internet-Foren sern. Und sie soll zeigen, dass es „eine Reihe von Touchpoints gibt, die sich durch Marketing-Maßnahmen nicht direkt beeinflussen lassen“. Dabei denkt Esch beispielsweise an die Mundpropaganda, die von Unternehmen zwar initiiert werden kann, deren Ausmaß und Wirkung sich aber kaum vorhersagen lassen. Ihr Einfluss auf Kaufentscheidungen betrage immerhin rund 50 Print wirkt auch bei Onlinern Nachdem ich mich in Print-Werbemitteln (etwa Katalog oder Broschüre) informiert habe … Kontakte mit Bannern Durchschnittswert über die Branchen hinweg 35 46 Bücher E-Mail vom Online-Händler mit Bestätigung und Liefertermin Lieferung, Studium der Gebrauchsanleitung Erneute Empfehlung durch Bekannten Lesen von Prospekten –1 2 –1 Kosmetik –5 Möbel –6 Gartenbedarf –12 Wein –13 … kaufe ich in einem Online-Shop –7 4 11 … kaufe ich in einem Geschäft vor Ort 9 –2 Zahlen gerundet Skala von 0 = überhaupt keine Übereinstimmung bis 100 = sehr hohe Übereinstimmung Lesebeispiel: Der Kaufkanal Online erreicht im Durchschnitt einen „Übereinstimmungswert“ von 35. In den Branchen Bekleidung, Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik, Bücher und Wohnaccessoires liegt dieser Wert höher, in den anderen niedriger. Basis: 1530 Onliner Quelle: Customer-Journey-Typologie, AZ Direct Bestellung bei einem Online-Händler 1 8 Nahrungsergänzungsmittel Besuch im Elektronikmarkt: Ansehen verschiedener Modelle, Gespräch mit dem Verkäufer, Preisvergleich per Smartphone –2 10 Wohnaccessoires Anruf bei der ServiceHotline (weil die Gebrauchsanleitung nichts taugt) –13 17 Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik Bekleidung Empfehlung durch Bekannten Stil CRM-Daten aus der Offline-Welt mit Tracking-Daten aus dem Internet zusammen. „Unser Ziel ist es, Unternehmen so genau wie möglich zu sagen, welcher Kanal oder Kanal-Mix wann der richtige ist“, sagt er. Denn so könnten sie ihre Marketing-Budgets effizienter einsetzen. AZ Direct kombiniert auch (Offline- wie Online-) Adressen aus seiner Datenbank mit anonymisierten Prozent. Und 90 Prozent der Mundpropaganda fänden im realen Leben statt, ließen sich also besonders schlecht erfassen. Von solchen Überlegungen zeigt sich Marco Kersch, Mitglied der Geschäftsleitung von AZ Direct, unbeeindruckt. Er sieht die Sache von der praktischen Seite. Der Gütersloher Dienstleister führt im großen DDV dialog Juni 2014 Konsumenten-Merkmalen aus einer anderen eigenen Datenbank. Genauer gesagt, lässt es sie vom TÜV Rheinland zusammenführen. So erfahre der Lettershop nicht, aufgrund welcher Merkmale die Adressen ausgewählt wurden und der Datenschutz sei gewährleistet, versichert Kersch. JOACHIM THOMMES DDV dialog Juni 2014 12 D I A L O G S P E C I A L 13 Umfrage – Dialog in sozialen Netzwerken Plattformen zum Austausch, nicht für Reklame Derzeit wird heftig darüber diskutiert, ob Werbung auf Facebook nach der Umstellung seines News-Feeds noch Sinn macht. Vielen Dialogmarketern erscheint diese Debatte eher befremdlich, sind soziale Netzwerke doch seit jeher vor allem Bühnen der Interaktion und des Dialogs, nicht aber Plattformen, die sich besonders gut für PushBotschaften und Monologe eignen. Drei Fragen an fünf Experten: Warum sind Facebook und Co effektive Instrumente im Dialogmarketing, aber keine guten Medien für klassische Werbung? Was sind die wichtigsten Regeln für einen fruchtbaren Dialog auf SocialMedia-Plattformen? Welche Bedeutung fürs Dialogmarketing kommt der Reichweite von sozialen Netzwerken zu? UMFRAGE: JOACHIM THOMMES DDV dialog Juni 2014 STEFAN MAGIN, Creative Director GKK Dialog Group, Frankfurt: Soziale Medien bieten Menschen und Marken die Möglichkeit, sich unmittelbar auszutauschen und direkt zu kommunizieren. Das gesamte Konzept ist auf Dialog, Gespräche und Diskussionen ausgelegt. Unternehmen punkten in diesem Umfeld vor allem durch guten Service auf Augenhöhe mit den Nutzern sowie durch nutzbringende oder unterhaltsame Inhalte, die im Idealfall neue Interaktionen auslösen. Auch gute klassische Werbung kann diese Kriterien erfüllen. Dieselben wie in jedem anderen Service- und Kommunikationskanal: Seien Sie verbindlich, relevant und interessant. Das hängt davon ab, mit welchem (Haupt-)Ziel ein Unternehmen soziale Medien nutzt: Als Service-Kanal neben EMail, Telefon und Co entscheidet sowieso der Kunde, auf welchem Weg er kommuniziert. Als Media-Kanal bietet vor allem Facebook durch seine hohe Reichweite, die mobile Nutzung und immer wieder neue Targeting-Optionen ein erhebliches Potenzial. MICHAEL SCHIPPER, Geschäftsführer Schipper Company, Hamburg: Die Zukunft von Social Media ist eindeutig mobil. Und mobile Endgeräte werden zur Verlängerung des Körpers. Als Knotenpunkt der sozialen Interaktion sind sie emotional hochgradig relevant – aber sie gehören zum privaten Lebensraum. Hier wird Werbung schnell aufdringlich. Selbstbestimmte Kontakte beantworten Begehrlichkeiten punktgenau. Aber unerwünschte Präsenz verletzt die Privatsphäre: Diese Werbung nervt. Zuhören. So nah wie über Social Media waren Marken ihren Kunden noch nie. Kenne Deinen Kunden! Antworten. Kunden wollen nicht ins Leere kommunizieren – sie wollen Antworten. Dialog wirkt über Personalisierung. Nutze Dein Wissen! Mitnehmen. User sind im Interaktionsmodus – sie sind auf Austausch gepolt. Dieses Momentum ist Potenzial für Verbindung. Aktiviere Deinen Kunden! Ihre immer noch wachsende Reichweite macht soziale Netzwerke für Kommunikation jeder Art scheinbar attraktiv. Aber es ist gefährlich, nur in die Breite zu denken. Menge zählt, Tiefe wirkt. Über Social Media integrieren Konsumenten Marken tief in ihr privates Leben. Zwischen diesen beiden Arten von Reichweite muss man differenzieren. Wer effizient kommunizieren will, muss genau wissen, welche Impulse besser digital gesetzt werden und welche analog. DETLEF RUMP, Geschäftsführer Rumpdialog, Hamburg: Natürlich ist Social Media dialogisch. Und so muss man es eben auch einsetzen. Diese Kanäle nur zu nutzen, um Botschaften abzusenden, wäre ja auch knatterdumm. Der Dialog zwischen Marken / Unternehmen und den Kunden / Interessenten ist so entscheidend wie noch nie. Social Media ist nicht immer die einzige Lösung und manchmal auch nicht die beste, aber es ist ein relevanter, den Dialog fördernder Kanal. a) Nutze Social-Media-Plattformen. Es wird so oder so über Deine Marke gesprochen. b) Es ist ein Dialog auf Augenhöhe. c) Hör genau hin! Lerne Deine Kunden und ihre Motivationen, Ängste und so weiter kennen. Hab’ Interesse an den Menschen und nicht nur an ihrem Geld. Schwer zu sagen. Zumal die Reichweiten doch sehr unterschiedlich sind. Es gibt Branchen und Themen, die in SocialMedia-Kanälen enorme Fanzahlen erzielen. Letztlich ist aber die Qualität – wie so oft – entscheidend. Schaff’ ich es, mit meiner Community einen anhaltenden, involvierenden Dialog zu führen? Oder geht es nur um „Wir sind auf Facebook und posten mal was“? Das ist sinnlos. Genauso sinnlos, wie mittels Gewinnspielen in Kombination mit Fan-Gating die Fan-Zahlen der eigenen Seite hochzutreiben. KLEMENS SKIBICKI, Partner bei Convidera, Köln: Menschen verknüpfen sich in sozialen Netzwerken, um sich mithilfe von Statusmeldungen, Kommentaren und „Gefällt mir“-Klicks mit anderen Menschen auszutauschen – über Alltägliches und Urlaub genauso wie über kaufrelevante Tipps und Warnungen vor Marken und Produkten. Dies entspricht eher der informellen Situation einer Gartenparty. Dort haben Werbeflyer & Co meist wenig verloren, nerven nur und werden weggeblockt. Grundregel ist es, mit dem „Zuhören“ zu beginnen, also durch Monitoring-Systeme im ganzen Social Web oder wenigstens auf den eigenen Präsenzen zu analysieren, worüber die Nutzer sprechen. Erst dann weiß ich, was sie wirklich interessiert und habe über die passenden Inhalte eine Chance, in einen Dialog zu kommen. Bin ich dadurch nicht nur interessant, sondern auch noch „nett“, werden Nutzer gerne wiederkommen und sich mit mir unterhalten. Noch mal: Es gelten die Grundregeln eines Gartenparty-Dialogs, nicht die einer Werbekampagne. Die Reichweite wird ständig größer und bei den unter 30-Jährigen ist die Nutzungsquote sozialer Netzwerke nahezu 100 Prozent. Folglich ist es nur eine Frage der Zeit, bis soziale Netzwerke der dominante Dialog-Kanal schlechthin sein werden. ALEXANDER WINDHORST, Geschäftsführer Serviceplan One, München: Weil diese Plattformen erfunden worden sind, um sich auszutauschen, nicht um Reklame zu platzieren. Es liegt im Wesen eines Forums, one-to-one und nicht one-to-many zu kommunizieren. Wenn selbst die Bandenwerbung im Fußballstadion interaktiv wird – weil das Spiel realtime von Usern kommentiert wird –, ist es ein Anachronismus, ausgerechnet auf Facebook Werbung zu schalten. Relevanz: Nur, was wirklich für mich interessant ist, schau ich mir an und ertrage es überhaupt, wenn es mich zwischen den Posts meiner Freunde erreicht. Wenn nicht, ist es einfach Belästigung. Individualität: Eine Push-Botschaft für alle ist oldschool. Der User sollte zumindest das Gefühl bekommen, dass hier eine Marke mit ihm spricht, die einigermaßen zu ihm passt. Likeablility: Nur, was ich überraschend und neu finde, like und share ich auch. Das x-te Gewinnspiel für ein Ipad kommt austauschbar und beliebig daher. Facebook und Co sind toll, wenn man sie nicht als buchbares Medium, sondern als interaktive Mechanik einsetzt, um mit „seinen“ Leuten zu reden. Immer aus einem Anlass oder Thema heraus, mit meinen Freunden, Fans oder auch Kritikern. Das sollten wir One-to-One-ler schlau und nicht einfach oneway nutzen. DDV dialog Juni 2014 14 D I A L O G S P E C I A L 15 Empfehlungs-Marketing – Melitta setzt auf Mundpropaganda Eine Kaffeebohne wird zum Ereignis Was haben Blaubeerfrischkäse und Bakterien-Luftfilter gemeinsam? Bingo: Das Gros der Welt hat nicht auf sie gewartet. Das gilt auch für eine Novität wie die nussig-weich schmeckenden, am Vulkan Barú in Panama gereiften Kaffeebohnen. Die Nachfrage danach lässt sich aber schaffen – mit einer involvierenden Wordof-Mouth-Kampagne. Um Einkaufsentscheider auf den Geschmack der „Bella Crema Selection des Jahres 2014“ (jener am Vulkan gewachsenen Bohne) und ihrer Espresso-und-CoSchwestern zu bringen, hat der Kaffeeröster Melitta die „Konsumgöttinnen“ auf den Plan gerufen. In der gleichnamigen OnlineCommunity und auf den Fan-Seiten im Social Web initiierte die Frankfurter Agentur Connected eine Empfehlungs-MarketingKampagne. Erklärtes Ziel: die Marke Bella Crema innerhalb der anvisierten Frauenzielgruppe „positiv ins Gespräch zu bringen“. Melitta wollte Probierkontakte knüpfen und sich in der Folge Nutzerrezensionen verdienen, zudem Kommentare und geteilte Inhalte. Im Fokus stand eine unter bald 11.000 Bewerbern ausgewählte Testgruppe von 2000 Nutzern beziehungsweise Besitzern von Kaffeevollautomaten, darunter maximal 20 Prozent bisherige Melitta-Anhänger beziehungsweise -verwender. Die ausgewählten Frauen erhielten ein umfangreiches Paket: neben sonstigen Bella-CremaProben auch mehrere Packungen der Jahresselektion 2014 – alles zum Testen und Weitergeben. Zusätzlich verlosten die Kampagnenmacher unter den abgelehnten Bewerberinnen 1000 Probierpäckchen der vulkangereiften Jahresbohnenedition. „Mit diesen Zusatzgaben hat Melitta weitere Probierkontakte generiert, damit ‚Good Will‘ DDV dialog Juni 2014 signalisiert und so Sympathien erzeugt“, kommentiert Nicola Hofmann, Geschäftsführerin von Connected. Zum Zuge kamen neben der Plattform Konsumgöttinnen.de das Facebook-Pen- Nicole Böhmke, Melitta: Word-ofMouth ist wichtiger Baustein im Marketing-Mix. Nicola Hofmann, Connected: Mit Zusatzgaben Sympathien erzeugt. dant und die einschlägigen Präsenzen auf Twitter, Google Plus, Pinterest und Instagram. Ein Aktions-Blog setzte die ProduktBenefits („Arabica-Qualität“ und „Geschmacksvielfalt von mild bis kräftig“) in Szene und aktivierte potenzielle Bewerber. Wer am Test-Panel teilnehmen wollte, trug sich in ein Formular ein und legte dort seine Kaffeegewohnheiten offen. Es folgten der Versand der Testpakete an das Test-Panel und die „Good-Will“-Gruppe. Schließlich starteten weitere Aktivitäten, um das Involvement der Tester zu heben. Kniffligstes Moment: Die Anvisierten sollten nicht nur Bella Crema selbst probieren, sondern auch animiert genug sein, um Kaffeebohnenproben an Freunde, Verwandte und Kollegen weiterzugeben. Nutzer führten Gespräche im Social Web, verfassten Testberichte und luden Fotos hoch – auf Konsumgöttinnen.de, auf Bewertungs- und Shopping-Portalen sowie in den Blogs. Psychologischer Treibstoff: Fühlt sich eine Verbraucherin erst einmal wie eine Expertin, gerät eine Kaffee-Selektion des Jahres zu einem berichtenswerten Ereignis. Allerdings braucht diese Bereitschaft immer wieder redaktionelle Anstupser – auch in Gestalt von Erinnerungs-Mails an die bekannten Tester. Im Melitta-Projekt moderierte und kontrollierte die Connected-Redaktion das Feedback, um Gesprächsanlässe über kleine Aktionen und Gewinnspiele loszutreten, Nutzer-Posts zu provozieren und die virale Verbreitung weiter anzukurbeln. Die Marke Bella Crema profitierte unter anderem von den Rezensionen und ihrem Einfluss auf den Qualitätsfaktor der organischen Suche: „Die Testberichte leisten einen entscheidenden Beitrag zu einem besseren Google-Ranking und beeinflussen Verbraucher, die auf Produktsuche sind“, erklärt Hofmann. Connected geht in ihrer Hochrechnung davon aus, dass die Aktion durch virale Effekte insgesamt mehr als 300.000 Gespräche initiierte. 98 Prozent der Test-Nutzer goutierten Bella Crema mit „gut“ oder „sehr gut“; 88 Prozent bewerteten ihre Erfahrungen mit der Marke als „sehr positiv“. Zwei Drittel der Tester schmeckte die Selektion des Jahres laut eigenem Bekunden besser als die jeweilige bisherige Stamm-Kaffeesorte. 87 Prozent gaben an, die Markenfamilie „wahrscheinlich auch in Zukunft“ weiterzuempfehlen. Laut Connected-Statistik fanden mehr als 16.000 initiierte Kaufimpulse statt. Laut einer zusätzlichen Befragung haben 90 Prozent der Testerinnen Bella Crema erneut gekauft. Connected geht davon aus, dass im Durchschnitt neun Freundinnen, Verwandte und Kollegen, denen die Frauen im Test Bella Crema ans Herz gelegt haben, die Kaffeesorte tatsächlich gekauft haben. Die Zahlen dienen Strategen und Kampagnenmachern aber allenfalls als Näherungswerte. Die Krux: Die punktgenaue Abverkaufsmessung findet mangels A/BTest-Möglichkeiten praktisch keinen Einsatz. Wer möchte schon auf Aktionen im übrigen Marketingmix verzichten, nur um Empfehlungsmarketing und seine Wirkung auf den Abverkauf methodisch sauber zu belegen? Interessant wird Word-of-Mouth, wenn die dazugehörigen Kampagnen Rückschlüsse auf die Tiefe von Empfehlungen zulassen und Auskunft darüber geben, ob eine Kampagne Sales-orientiert genug gearbeitet hat. Auch Melitta hat längst eigene Vorstellungen davon, warum Marken wie Bella Crema Empfehlungs-Marketing brauchen: „Word-of-Mouth-Kampagnen sind zu einem wichtigen Baustein in unserem Marketing-Mix geworden“, sagt Nicole Böhmke, Senior Product Manager Ganze Bohne des Unternehmens. Melitta habe keine Scheu, seine Produkte von Verbrauchern testen und beurteilen zu lassen. Die „sehr guten Bewertungen“ der getesteten Produkte sprächen für sich. Zudem messe der Kaffeeröster regelmäßig positive Veränderungen – etwa bei der Marken-Sympathie und dem Net Promoter Score, der die Weiterempfehlungsbereitschaft als Kennziffer darstellt. „Und ganz nebenbei liefern uns die Tester wichtige Insights, die uns helfen, unsere Produkte stetig zu optimieren“, so Böhmke. KRISTINA SCHREIBER DDV dialog Juni 2014 16 D I A L O G S P E C I A L D I A L O G M A R K E T I N G 17 Fallstudie – Per Empfehlungs-Marketing zu neuen Mitarbeitern Haushaltswerbung – Kreativität sorgt für Aufmerksamkeit Auszubildende werden zu Markenbotschaftern Bierdeckel und Türhänger buhlen um Kunden Werbemitteln und Die Zeiten, in denen sich Unterneheiner passgenauen men vor Bewerbungen von potenziellen Ansprache der AusNachwuchskräften kaum retten konnten, zubildenden vermitsind vorbei. Buhlten früher die Bewerber telt werden. Nicht um die Stellen, müssen heute die Unternur die Produkte nehmen aktiv werden. Insbesondere Ausvon Lenze bringen zubildende in technischen Berufen sind Dinge in Bewegung, heiß begehrt. sondern auch das Große Marken haben den Vorteil, von Arbeitsumfeld, die ihrer Bekanntheit zu profitieren. Denn bei Leistungen und Anden Bewerbern herrscht oft der Wunsch, gebote sorgen für gerade bei ihnen eine Anstellung zu finden Dynamik – sowohl und den Namen in ihrem Lebenslauf vorfür physische als weisen zu können. Wenn diese Unternehauch geistige. Auch men dann auch noch mit einem attraktiven die Region mit ihren Standort punkten können, ist die BewerberMöglichkeiten, den zahl meist hoch. eigenen Doch was ist mit den Unternehmen, Bewe- Facebook ist der Dreh-und Angelpunkt für das Land der Bewegung. die überwiegend im B-to-B-Bereich tätig gungsdrang auslich nach außen. So wird deutlich, dass eine und der breiten Masse unbekannt sind? zuleben, wurde einbezogen. Ausbildung bei dem Motoren- und GetrieUnd die womöglich auch nicht in einer der Zum Dreh- und Angelpunkt der Kambehersteller alles andere als langweilig ist, begehrten Großstädte angesiedelt sind? pagne wurde der Facebook-Auftritt – sovielmehr voller dynamischer Impulse Wie schafft man es, junge Leute auf diese zusagen die imaginäre Hauptstadt des Lansteckt. Arbeitgeber aufmerksam zu machen und des der Bewegung. Auf der Facebook-Seite Wenn die potenziellen Bewerber zu einer Bewerbung zu bewegen? Die GKK berichten die Auszubildenden – als „Lenze durch die Maßnahmen neugierig geworden Dialog Group, Frankfurt, hat sich dieser HeBewegungskomitee“ – von ihrer Arbeit, sind, sind auch die weiteren Informationen rausforderung gestellt und für Lenze, einen dem Angebot des Unternehmens und den ganz im Sinne der Kampagnen-Idee gehalder führenden Antriebs- und AutomatisieVorteilen, Bürger dieses Landes zu werden. ten. So bekommen Schüler auf den Sportrungs-Hersteller mit Hauptsitz in Aerzen im Die Azubis werden zu Markenbotschaftern events oder auf Jobmessen den passenden Weserbergland, eine aufmerkund überzeugen durch sympaFaltplan, der sie über das Angebot und die samkeitsstarke und vor allem thischen, natürlichen und vor alLeistungen im Land der Bewegung inforsympathische Kampagne entwilem unzensierten Content rund miert und sie auffordert, ebenfalls Bürger ckelt. Sie setzt vor allem auf die um Lenze. dieses Landes zu werden. eigenen Mitarbeiter, denn sie sind Unterstützt wird dies Dass der Mix aus einer starken Kamdie überzeugendsten Markenbotdurch eine Vielzahl weiterer pagnen-Idee und der Einbindung der eischafter für Lenze. Maßnahmen, die immer in Vergenen Mitarbeiter funktioniert, zeigen die Der Gedanke hinter der bindung mit Bewegung stehen – Ergebnisse: Über 10 Prozent der BewerKampagne „Das Land der Bewe- Die Autorin Stefanie beispielsweise durch die Teilbungen werden mittlerweile über Facebook gung“ ist einfach: Lenze treibt mit Schmitt ist Account nahme der Mitarbeiter an lokageneriert. Die Anzahl der Online-Bewerseinen Produkten Maschinen an Manager bei der len Sportveranstaltungen. Lenze bungen konnte um 30 Prozent im Vergleich und bringt sie in Bewegung. Dies GKK Dialog Group, steht für Bewegung und die Mitzu den Vorjahren gesteigert werden. soll mit auffälligen Aktionen und Frankfurt. arbeiter tragen dies kontinuier- Trotz Smartphone-Apps, Social Media und all den anderen digitalen Verlockungen: Die seit rund sieben Jahrzehnten praktizierte Haushaltswerbung ist nach wie vor erfolgreich. „Prospekte sind gelernt, wirken und sind kostengünstig“, lautet eine der Kernaussagen des EHI Marketingmonitors Handel 2012 – 2015. Für den Handel sei der Prospekt das Abverkaufsmedium Nummer 1, zu dem „keine Alternative in Sicht“ sei, so die Forscher vom EHI Retail Institute, Köln. Und so landen immer mehr Flyer, Kataloge, Handzettel, unadressierte und teiladressierte Werbung in den Briefkästen – in zahlreichen Regionen samstäglich noch dazu die Verbundwerbung „Einkauf aktu- DDV dialog Juni 2014 ell“. Nicht zu vergessen die kostenlosen Anzeigenblätter. Laut der Studie „Haushaltswerbung in Deutschland 2012“ der Deutschen Post, Bonn, finden viele Empfänger die Werbung, die sie in der Post haben, gut: Vier von fünf Befragten würden immer wieder in Anzeigen, Broschüren oder Prospekte hineinschauen. Und erreiche die Haushaltswerbung erst einmal den heimischen Küchentisch, bleibe sie dort auch in der Regel ein paar Tage liegen und werde von mehreren Menschen gelesen. Echte Fans – das sind gut 23 Prozent – warten insbesondere auf die Werbung der Lebensmittelhändler, um sich über Angebote zu informieren und Preise zu vergleichen. Der Studie zufolge betreibt fast ein Viertel aller Unternehmen in Deutschland Haushaltswerbung. Der Markt belief sich auf 7 Milliarden Euro und somit etwa 9 Prozent des gesamten Werbekuchens. Daran dürfte sich in den vergangenen eineinhalb Jahren wenig geändert haben – nach wie vor sind die Briefkästen voll. Zu voll, meinen manche und nutzen deshalb den „Bitte keine Werbung“-Aufkleber. Die Zahl der sogenannten Werbeverweigerer liegt seit Jahren stabil bei 22 Prozent. Aufschlussreich ist ein Blick auf ihre regionale Verteilung: Während in vielen Großstädten oft über die Hälfte der Haushalte keine Direktwerbung im Briefkasten haben will, sind es in ländlichen Gebieten D Fast ein Viertel aller Unternehmen betreibt Foto: Vera Hermes Haushaltswerbung. DDV dialog Juni 2014 18 D I A L O G M A R K E T I N G 19 Interview zur Haushaltswerbung Katja Heil, Armin Diehl: „Der Mindestlohn ist derzeit das beherrschende Thema.“ Martin Jacobi, Egro Direktwerbung: „Viele Kunden wollen exklusiver, intelligenter und individueller werben.“ „Der Prospekt ist der Impulsgeber“ Herr Schlosser, die Haushaltswerbung hat in den vergangenen Jahren technisch einen großen Sprung gemacht: Kleinräumigere Verteilung, ausgefeilte Geomarketing-Methoden und eine immer feiner segmentierte Zielgruppenbestimmung machen es möglich. Was ist in Ihren Augen der wichtigste Erfolgsfaktor? Rolf Schlosser: Natürlich muss man seine Daten zusammenhaben und nutzen, aber viel wichtiger ist das korrekte Verteilen selbst. Was nützt uns das schönste Geomarketing, wenn der Verteiler nicht richtig läuft? Ist die Akzeptanz der Haushaltswerbung an bestimmte Zielgruppen geknüpft? Es gibt eine leichte Tendenz zu Älteren und zu Familien, die eingeschränkte finanzielle Mittel haben. Welche Auswirkungen wird die Einführung des Mindestlohns auf die Haushaltswerbung haben? Mit Einführung des Mindestlohns wird Haushaltswerbung auf jeden Fall teurer werden, weil sich die verfügbare Arbeitszeit pro Monat und Mitarbeiter verkürzen wird. Ich vermute, dass es außerdem zu einer weiteren Zentralisierung kommt. Kleine mittelständische Haushaltswerber vor Ort, die begrenzte regionale Gebiete bedienen, werden möglicherweise aussterben. Seitdem die Neukundenansprache mithilfe adressierter Werbung vor ein paar Jahren vom Gesetzgeber deutlich erschwert wurde, boomt die Haushaltswerbung. Machen OnlineAn manchen Tagen lanProspekt-Portale der geden in einigen Regionen druckten Haushaltswermehr als zehn Prospekte bung Konkurrenz? beim Verbraucher. Ist der Ich sehe das nicht so. Briefkasten damit nicht Aber da scheiden sich die zu voll? Geister. Was ist denn mit Nein. 70 Prozent der den Online-Anbietern? Menschen wollen Haus- Rolf Schlosser, 64, Von denen hört man doch haltswerbung bekom- ist Inhaber und gar nichts mehr. Es gibt men, weil sie sie als wich- Geschäftsführer von immer eine Online-affine tige Information empfin- VWF-Consulting, Zielgruppe, aber die Masden. Viele sind sogenann- Beerfelden im Odenwald. se der Menschen schaut te harte Nutzer – sie warnicht in den Computer und sucht nach ten auf die Prospekte und gehen damit Prospekten. Was gut funktioniert, ist die in den Einzelhandel. Der würde gewaltiVerbindung von Print und Online. Der ge Verluste verzeichnen, wenn er seine Prospekt ist der Impulsgeber, Online Angebote nicht wöchentlich und andann der Business-Macher. lassbezogen über Haushaltswerbung INTERVIEW: VERA HERMES bekannt machen könnte. DDV dialog Juni 2014 vielfach weniger als 10 Prozent. Weil die Haushaltswerbung bei den Werbungtreibenden so beliebt ist, geht es nun auch im Briefkasten verstärkt darum, die Aufmerksamkeit des Empfängers zu gewinnen. Die Folge? Haushaltswerbung wird kreativer: „Viele Kunden wollen exklusiver, intelligenter und individueller werben. Außerhalb des Mainstreams, an ausgewählten Tagen, zu bestimmten Zeiten“, sagt Martin Jacobi, Geschäftsführer von Egro Direktwerbung, Obertshausen bei Offenbach. Wer kreativ ins Auge fallen will, hat die Wahl zwischen etlichen Sonderwerbeformen: Türhänger und Überformate, Post-its und die sogenannten Hello-Flyer, die aus dem Briefkasten heraushängen, heben sich von der herkömmlichen Direktwerbung ab. Hoch im Kurs stehen derzeit auch Bierdeckel. Die kommen immer dann besonders gut an, wenn sie zur Werbebotschaft passen – etwa wenn Obi zur Grillvorführung einlädt oder die Dirndl-Schneiderin im Vorfeld des Oktoberfests für ihre Kleider wirbt. Auch wenn das örtliche Reisebüro mit dem Spruch „Ihre Schuhe für den nächsten Badeurlaub“ Flipflops oder der heimische Optiker Brillenputztücher in die Briefkästen stecken lässt, ist Aufmerksamkeit so gut wie garantiert. Doch auch, wer beim einfachen Prospekt bleibt, kann viel dafür tun, dass seine Botschaft ankommt. Das fängt beim lesefreundlichen Layout an und hört bei der Papierauswahl noch lange nicht auf. Hauptverteiltage für Haushaltswerbung sind Mittwoch und Samstag. Weil auch die Deutsche Post montags keine Prospekte verteilt, ist Montag der Tag mit der geringsten Postmenge. Wer also nicht mit zig anderen Sendungen konkurrieren will, platziert seine Werbebotschaft am Wochen- Souveränität und Leidenschaft vorn Typologie der Nutzer von Haushaltswerbung Anteile in Prozent Distanzierte Kritiker: Abwehrendes Verhalten, überdurchschnittlich viele Werbeverweigerer Neutrale Beobachter: Gelegentliche Nutzung von Haushaltswerbung Souveräne Werbenutzer: Nutzen vielfältige Medien zur Kaufinformation, Haushaltswerbung allerdings am stärksten 23 18 14 20 14 Sporadische Bedarfsdecker: Selektive Nutzung, vor allem zur Unterstützung bei größeren Anschaffungen 12 Leidenschaftliche Leser: Discountaffin, möchten sich inspirieren lassen, nehmen sich regelmäßig Zeit für die Angebote Angebotsfixierte Jäger: Schnäppchenjäger, scannen Haushaltswerbung nach Angeboten – auch unabhängig vom täglichen Bedarf Ergebnisse einer clusteranalytischen Segmentierung aus der Studie Haushaltswerbung in Deutschland 2012, basierend auf zahlreichen Statements über Haushaltswerbung. Quelle: Studie Haushaltswerbung in Deutschland 2012, MRSC / Evolution / Deutsche Post DHL anfang. Das ist naturgemäß teurer, weshalb vor allem Unternehmen mit hochwertigen Produkten und Dienstleistungen diesen Service nutzen – so finden sich im Hamburger Speckgürtel derzeit montags oft edel gestaltete Prospekte von Immobilienmaklern im Briefkasten. Standard für erfolgreiche Haushaltswerbung ist die mittlerweile ausgefuchste Zielgruppensegmentierung und der Einsatz von Geomarketing. Das reduziert die Streuverluste erheblich und führt zu kleineren Auflagen. Zahlreiche Werbekunden verlängern ihre Haushaltswerbung ins Internet: Mithilfe von QR-Codes, dem Verweis auf OnlineShop oder Web-Gewinnspiel leiten sie die Nutzer auf ihre Internet-Seite. Einige gehen dazu über, ihre Prospekte ausschließlich im Web anzubieten. Zum Beispiel bei Kaufda. Die Internetplattform zeigt Prospektwerbung im stationären und mobilen Web. Laut DDV dialog Juni 2014 dem seit 2011 zu Axel Springer gehörenden Unternehmen sind bei Kaufda über 247.000 stationäre Einzelhandelsgeschäfte aus 12.000 deutschen Städten und Gemeinden vertreten. Die neue Konkurrenz sorgt bei den Direktwerbern für Innovationen: Das Unter- Für den Handel ist die Haushaltswerbung unverzichtbar nehmen Armin Diehl Direktwerbung in Schwaig bei Nürnberg zum Beispiel, das in der Region nach eigenen Angaben jährlich 250 Millionen Prospekte verteilt, bietet seinen Kunden einen neuen Service: Auf dem Portal Wunschwerbung.de werden die Prospekte für 5,50 Euro pro eingestelltem PDF auch online gezeigt. Laut Marketingleiterin Katja Heil ist Armin Diehl damit der einzige Direktverteiler, der Prospekte sowohl online als auch offline an die Empfänger bringt. Mehr noch als das Internet treibt die Direktwerbeprofis aber ein ganz anderes Thema um: „Der Mindestlohn ist derzeit das beherrschende Thema“, sagt Heil, „es ist klar, dass er kommen wird, aber niemand weiß ganz genau wie.“ Inhaber Armin Diehl plant deshalb einen Workshop mit Kollegen aus der Branche, um gemeinsam zu klären, wie sich die Anbieter am besten vorbereiten können. Auszuloten gibt es manches. So werden Zusteller bislang pro Stück und nicht pro Zeit bezahlt. Die Umstellung erfordert einen erheblichen Kontroll- und Verwaltungsaufwand. In Städten ohne nennenswerte Steigungen verteilen sich Prospekte schneller als in bergigen Dörfern. Unternehmen wie Impuls Direktwerbung im thüringischen Untermaßfeld analysieren deshalb derzeit mithilfe von Geomarketing die Laufwege und damit die Prospektmenge, die ein Zusteller pro Stunde bewältigen kann. Geschäftsführerin Sylvia Pakusa sagt: „Wir machen uns Sorgen um die Umsetzung des Mindestlohns und dass in der Folge unsere Kunden keine Direktwerbung mehr machen werden.“ Sie befürchtet, dass wahlweise die Dienstleistung teurer wird oder Unternehmen schließen müssen. Wie es für die großen und kleinen Unternehmen der Branche weitergeht, wird man wohl erst in gut einem Jahr abschätzen können. Die Haushaltswerbung selbst wird sicherlich weiter genutzt werden – insbesondere für den Handel ist sie unverzichtbar, für viele andere Wirtschaftszweige ist sie ein guter Weg, um auf sich aufmerksam zu machen. VERA HERMES DDV dialog Juni 2014 20 D I A L O G M A R K E T I N G 21 Studien – Lesetipps für Dialogmarketer Marketer setzen auf Communitys Entscheider scheuen das Risiko Zögerlich. Wie sehr sich Marketer Neuland. Viele Unternehmen unvorangehen: 47 Prozent erklären, es sei terschätzen nach wie vor die Bedeutung zurzeit gefordert fühlen, zeigt eine Untermehr Mut zum Risiko nötig, aber 60 Provon Online-Kanälen. Dies ist das Ergebnis suchung von Adobe Systems auf, die urzent haben vor, alles beim Alten zu belasTS einer Studie von Steria Mummert Consulsprünglich in den USA, danach auch in sen. ting. Ihr zufolge sagen 71 Prozent der beGroßbritannien, Frankreich und DeutschName der Studie: Digital Roadblock: fragten Entscheider, dass für die Kundenland durchgeführt wurde. Ihr zufolge finden Marketers Struggle to Reinvent Themselberatung die Filiale, das Fachgeschäft und gut zwei Drittel der Befragten in den drei ves, European Edition der persönliche Kontakt am wichtigsten europäischen Ländern, dass sich das MarHerausgeber: Adobe Systems, München sind. Den eigenen Internet-Auftritt nennen keting in den vergangenen zwei Jahren stärErscheinungsdatum: 14. Mai 2014 dagegen nur 30 Prozent. Ein ähnliches Bild ker verändert hat als in den fünf JahrzehnBefragter Personenkreis: Marketingexperergibt sich beim Verkauf: 71 Prozent der ten davor. Über die Hälfte geht davon aus, ten in Deutschland, Frankreich und GroßBefragten finden den herkömmlichen Verdass sich ihre Rolle im Lauf der kommenbritannien kauf am besten, nur 29 Prozent die eigene den zwölf Monate verändern wird, drei VierBefragte Personen: 351, davon 100 in Website. tel erwarten dies in den nächsten drei JahDeutschland Offensichtlich bleibe der sogenannte ren. Knapp drei Viertel glauben, sie müssPreis: Zusammenfassung in Englisch Ropo-Effekt („Research online, Purchase ten sich neu erfinden, um in Zukunft erfolgkostenlos offline“ beziehungsweise „Research offreich zu sein. Weitere Informationen: line, Purchase online“) oftmals unberückAls Dreh- und Angelpunkte haben die www.adobe-newsroom.de sichtigt, kritisieren die Berater. Kunden träMarketer vor allem die zunehmende Zahl fen ihre Kaufentscheidungen an Kanälen und Plattformen zur heutzutage jedoch häufig kaZielgruppenansprache ausgeKunden-Feedback kommt kaum an nalübergreifend. So rechermacht. Dazu kommen veränderchierten sie beispielsweise im te Sichtweisen aufs Kunden-EnLücken zwischen Theorie und Praxis in der Einschätzung von Marketern Internet, kauften dann aber bei gagement und neue TechnoloInstrument Bedeutung Umsetzung Differenz einem stationären Händler – gien, mit deren Hilfe die Effekti56 Management des Kunden-Feedbacks 24 und umgekehrt. vität des Marketings überprüft 32 51 Personalisierung und Targeting 24 Tatsächlich sind der Stuwerden kann. Als wichtigste 27 50 Content-Management 22 die zufolge der Internet-Auftritt Werkzeuge im digitalen Marke28 53 und die Filiale des Anbieters ting betrachten die Befragten Erfolgsmessung 21 32 48 zur Erstinformation gleich soziale Netzwerke noch vor OnSocial Marketing 19 29 wichtig. Lediglich wenn eine line-Werbung und Mobile Mar52 Kreativität und Innovation 16 36 intensive Beratung nötig ist, keting. Kein gutes Zeugnis stel47 Digitale Werbung 15 32 suchten Kunden eher den perlen sie ihren Unternehmen bis46 Cross-Channel-Marketing 14 32 sönlichen Kontakt – jedenfalls lang vor allem in diesen Punkten 44 Planung des Mediamix 14 30 bei Dienstleistungen und höaus: Personalisierung der Kom42 E-Commerce 11 31 herpreisigen Produkten. Auch munikation, Targeting, Res46 Public Relations 10 der Einkauf finde noch eher im ponse-Management, Content36 55 Markenaufbau 8 Laden als im Internet statt. Bei Management, Erfolgsmessung 47 38 Events 2 Dienstleistungen sei das Verund Social-Media-Marketing. 36 hältnis 90 zu 75 Prozent, bei Offenbar meint die Mehrheit der N = 351 Befragte Angaben in Prozent beziehungsweise Prozentpunkten (bei der Differenz) höherpreisigen Produkten 90 Marketer jedoch, nicht sie Quelle: Adobe Systems DDV dialog Juni 2014 zu 76 Prozent, bei günstigeren selbst, sondern andere sollten DDV dialog Juni 2014 Welche Maßnahmen haben Sie im Vergleich zum Vorjahr verstärkt? Aufbau von Communitys in Social Media Kundendialog per E-Mail 55 48 Daten-Analyse Produkten jedoch nur noch 82 zu 77 Prozent. TS Name der Studie: Potenzialanalyse Customer-CentricityManagement Herausgeber: Steria Mummert Consulting, Hamburg Erscheinungsdatum: 7. Mai 2014 Befragter Personenkreis: Fach- und Führungskräfte von Unternehmen ab 100 Mitarbeitern, zusätzlich Endkunden ab 18 Jahren Befragte Personen: 125 / 1000 Preis: k.A. Weitere Informationen: www.steria.com/de 46 Neuorganisation von Marketing-Abteilungen Entwicklung von Apps und mobilen Kampagnen 45 44 Neubewertung von Rollen im Marketing Einstellung von Mitarbeitern mit digitalem Know-how 44 43 Investitionen ins Mobile Marketing 40 Display-Werbung 40 Public Relations 40 Events 36 Herausgeber: Initiative Markt- und Sozialforschung, Berlin Erscheinungsdatum: 19. Mai 2014 Befragter Personenkreis: Bundesbürger ab 14 Jahren Befragte Personen: 1000 Preis: kostenlos Weitere Informationen: www.deutsche-marktforscher.de Kontaktfreudig. Fast 2900 Marketer, vornehmlich in Einstellung von Mitarbeitern mit 29 Know-how im Mobile Marketing den USA, haben sich für den „Son = 351 Befragte cial Media Marketing Industry ReAngaben in Prozent port 2014“ befragen lassen, wie sie Quelle: Adobe Systems DDV dialog Juni 2014 es mit den sozialen Netzwerken halten. Wichtigste Ergebnisse: Positive Folgen eines Engagements in Bessere Kontakte den Communitys lassen sich zwar nicht so recht messen, aber doch Was hat Ihnen das Social-Media-Marketing gebracht? feststellen. So verbessert SocialMisstrauisch. Nur 92 Kontakte gesteigert Media-Marketing den Kontakt zu jeder zwanzigste Deutsche 80 Besucherzahlen erhöht Nutzern und Kunden auf vielfältige glaubt, dass seine persönli72 Loyale Fans erschlossen Weise. Neun von zehn Befragten chen Daten in sozialen Netz71 Einsichten in den Markt geliefert geben an, es sei wichtig fürs Gewerken gut aufgehoben sind. 66 Leads erzeugt schäft. Die Hälfte meint auch eine Damit bilden die sozialen 61 Suchmaschinen-Ranking verbessert Ankurbelung des Verkaufs zu beNetzwerke das Schlusslicht Geschäftspartnerschaften vertieft 58 merken. Im Vergleich zum Vorjahr unter den 23 von der Initiative Marketing-Aufwand reduziert 51 sind fast überall Fortschritte zu verMarkt- und Sozialforschung Verkauf angekurbelt 50 zeichnen. TS abgefragten Institutionen n = 2887 Befragte; Angaben in Prozent Name der Studie: Social Media und Wirtschaftszweigen. KuQuelle: Social Media Examiner DDV dialog Juni 2014 Marketing Industry Report 2014 rios: Sogar die ausländischen Herausgeber: Social Media ExamiGeheimdienste schneiden ner, Poway / Kalifornien (USA) landen allesamt am unteren Ende des Ranetwas besser ab, sie erreichen fast 7 ProErscheinungsdatum: 19. Mai 2014 kings. Oberhalb des Mittelwerts von 44 Prozent Zustimmung. Miserabel der Wert für Befragter Personenkreis: Marketer in den zent stehen dagegen beispielsweise Kirdie Werbeagenturen: Sie liegen mit knapp USA, Großbritannien, Kanada, Australien chen und Vereine sowie Finanzämter, Ban8 Prozent Zustimmung auf dem drittletzten und Indien ken und Sparkassen. Die Spitzenplätze Platz. Befragte Personen: 2887 nehmen Polizei, Apotheken, Ärzte und Nicht gerade schmeichelhaft fallen Preis: kostenlos Krankenhäuser ein. TS die Beurteilungen von Suchmaschinen-BeWeitere Informationen: Name der Studie: treibern, Handy-Herstellern, E-Mail-Proviwww.socialmediaexaminer.com Vertrauen in Datenschutz dern und Telefongesellschaften aus: Sie Einstellung von Mitarbeitern mit Know-how in Personalisierung 30 DDV dialog Juni 2014 22 D I A L O G M A R K E T I N G 23 Aus- und Weiterbildung – Interview mit Reinhard Pranke, DDV-Vizepräsident Bildung und Forschung „Spannende und vielfältige Jobs in unserer Branche“ Stipendien-Datenbanken – und erhalten jedes Jahr rund zwei Dutzend Bewerbungen. Besonders erfreulich finde ich, dass wir immer wieder Interessierte dabei haben, die sonst niemals ein solches Studium aufnehmen könnten. Foto: Boris Trenkel Viele Unternehmen beklagen seit Jahren, dass sie keinen qualifizierten Nachwuchs fürs Marketing finden. Besonders hart trifft es offensichtlich die Dialogmarketer. Woran liegt das? Reinhard Pranke: Ganz einfach: Unsere Branche ist leider nicht so bekannt, wie wir uns das wünschen. Deshalb ist es unser aller Hausaufgabe, nach außen zu kommunizieren, welche spannenden und vielfältigen Jobs die Dialogmarketing-Branche zu bieten hat. Dialogmarketing ist kanalübergreifend. Inwieweit spiegeln die jetzigen Studienmöglichkeiten das wider? Ich glaube, dass alle unterschiedlichen Studienangebote eines gemeinsam verfolgen, nämlich ein breites Grundlagenwissen im Marketing zu vermitteln. Eine gewisse Spezialisierung ist angesichts der vielfältigen Dialogmarketing-Kanäle unvermeidlich. Natürlich dürfen dabei das Wissen um crossmediale Ansätze und die Bereitschaft dazu nicht zu kurz kommen. Ist die Brisanz des Nachwuchsmangels immer allen bewusst? Das ist sehr unterschiedlich. Schaut man in die Agenturszene, so entdeckt man immer wieder kreative Ansätze zur Anwerbung von Nachwuchskräften. Auch die größeren Unternehmen sind schon recht aktiv, beispielsweise über Kooperationen. Für kleinere Firmen ist es sicher schwieriger, Nachwuchs zu finden, aber sie müssen sich immer vor Augen führen: Die DemographieUhr tickt. Ein Blick in die Zukunft: Wie wird die Aus- und Weiterbildung im Dialogmarketing im Jahr 2030 aussehen? Reinhard Pranke, 64, war bis 2014 Bereichsvorstand Marktliberalisierung bei der Deutschen Post in Bonn. Der DDV hat im vergangenen Jahr eine neue Nachwuchsinitiative ins Leben gerufen. Ihr Kern: Sechs Events mit Marketing-Praktikern in einer Community. Wie funktioniert dieses Format und wie könnte es weiterentwickelt werden? Der DDV verfolgt mit diesem Vorhaben zwei Ziele. Zum einen sollen die Nachwuchskräfte im Dialogmarketing – Studierende wie auch Berufsanfänger – frühzeitig auf unseren Verband und seine Ziele aufmerksam werden. Zum anderen wollen wir an den Marketing-Hotspots Menschen sehen, die sich dem Dialogmarketing ernsthaft verschrieben haben. Derzeit werten wir die Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr aus. DDV dialog Juni 2014 Ich denke, dass wir eine Reihe von Anpassungen vornehmen werden. Eines aber ist klar: Das Interesse an einem lebendigen Dialogmarketing-Nachwuchs – wir haben dafür den Namen „Dialog Natives“ gewählt – muss von allen Gruppen des Verbands getragen werden. Bereits vor Jahren hat der DDV Dialog-Stipendien eingeführt. Wie sind die Erfahrungen mit diesem Förderinstrument? Wir kommunizieren die Möglichkeit eines Stipendiums über verschiedene Kanäle wie Die Komplexität der Rahmenbedingungen, denen sich das Marketing gegenübersieht, wird deutlich wachsen. Neben ökologischen und soziologischen Faktoren ist dafür die rasante Entwicklung der Kommunikationstechnologien verantwortlich. Dialogmarketing wird eine zentrale Rolle bei Marketing-Entscheidungen bekommen. Rasch wechselndes Käuferverhalten erzwingt intelligente Kundenbindungsprozesse und flexible Marketing-Entscheidungen. Dies erfordert eine erhöhte Dialogbereitschaft. Aus- und Weiterbildung im Dialogmarketing wird darauf ausgerichtet sein, die Studierenden in die Lage zu versetzen, durch die verschiedenen Marketing-Instrumentarien sehr schnell Veränderungen im Marktumfeld zu adaptieren. INTERVIEW: LUDGER KERSTING Konjunkturbarometer – Keine spürbaren Veränderungen bei Neueinstellungen Wirtschaftslage hat sich deutlich erholt Die wirtschaftliche Situation der Mitglieder des Deutschen Dialogmarketing Verbands (DDV) hat sich verbessert. Das hat das jüngste „Konjunkturbarometer“ des DDV ergeben. 42 Prozent der Teilnehmer geben an, ihr Umsatz sei 2013 gestiegen – 2012 waren es lediglich 31 Prozent. Bei 30 Prozent ist er immerhin konstant geblieben (2012: 20 Prozent). Ebenfalls deutlich niedriger als im Vorjahr ist mit 23 Prozent die Anzahl derjenigen, deren Umsatz gesunken ist (2012: 35 Prozent). Die Prognosen für das laufende Geschäftsjahr fallen allerdings verhalten aus. Auch wenn zwei Drittel der Umfrageteilnehmer glauben, dass die Entwicklung positiv verlaufen wird, so ist doch gut ein Fünftel davon überzeugt, das Geschäftsjahr werde weniger zufriedenstellend abgeschlossen werden. Auf die Zahl der Mitarbeiter hat sich die verbesserte Konjunktur des vergangenen Jahres nicht ausgewirkt. 45 Prozent der DDV-Mitglieder geben an, sie sei konstant geblieben, 17 Prozent sogar, sie sei gesunken (Vorjahr: 13 Prozent). Nur 28 Prozent der Befragten haben das Mitarbeiterteam aufgestockt (Vorjahr: 35 Prozent). Das Einstellungsverhalten dürfte sich nach Einschätzung der Unternehmen auch 2014 nicht spürbar ändern. Die Mehrheit (56 Prozent) gibt an, der Status bleibe konstant. Immerhin ein Viertel hat sich jedoch vorgenommen, weitere Mitarbeiter einzustellen. Patrick Tapp, Präsident des DDV, bewertet die Ergebnisse so: „Die Unternehmen sind bezüglich ihrer wirtschaftlichen Entwicklung extrem unsicher. Angesichts der drohenden Belastungen im Datenschutz, beim Verbraucherschutz und etwa durch den Mindestlohn ist das auch kein Wunder.“ Diese Unsicherheiten spiegelten Restriktionen machen Sorgen Welches sind Ihrer Ansicht nach zurzeit die größten Herausforderungen für das Dialogmarketing? Zunehmende Restriktionen, wie sie aktuell etwa durch die EU-Datenschutz-Grundverordnung drohen 7,5 Erfolgreiche Vernetzung des Kundendialogs über alle Kanäle 6,8 Kommunikation der Vorteile des Dialogmarketings für den Verbraucher 6,6 Suche nach qualifiziertem Nachwuchs / War for talents 6,6 Unsicherheit bei den Auftraggebern aufgrund zunehmender Restriktionen 6,4 Umgang mit Big Data 6,3 Kommunikation der Effizienz des Dialogmarketings 6,0 Kommunikation der Bedeutung des Dialogmarketings für das Online-Marketing 6,0 Skala: 1 (keine Herausforderung) bis 10 (sehr große Herausforderung) Quelle: DDV DDV dialog Juni 2014 sich selbstverständlich auf dem Arbeitsmarkt wider. Unternehmen seien nicht bereit, in neue Mitarbeiter zu investieren, wenn sie nicht abschätzen könnten, wie stabil ihre Umsätze sind. Tapp weiter: „Das ist eine fatale Situation vor allem für die Mitarbeiter, die unter Umständen mehr Arbeit mit weniger Leuten stemmen müssen.“ Die geplante EU-Datenschutz-Grundverordnung belastet die Branche sehr. Nach den größten Herausforderungen für die Dialogmarketer befragt, liegt die Antwortoption „Zunehmende Restriktionen, wie sie aktuell etwa durch die EU-Datenschutz-Grundverordnung drohen“ an erster Stelle. Die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Branche für das zurückliegende Jahr entspricht in der Bewertung der DDVMitglieder dem Niveau des Jahres 2012. 57 Prozent beurteilen das Geschäftsjahr 2013 als „eher zufriedenstellend“, 5 Prozent als „sehr zufriedenstellend“. Die Prognose für das laufende Geschäftsjahr sieht deutlich positiver aus: 5 Prozent glauben, dass die Entwicklung der Gesamtbranche „sehr zufriedenstellend“ ausgehen wird (Vorjahr: ein Prozent). Das Konjunkturbarometer des DDV erhebt seit mehr als einem Jahrzehnt jährlich die wirtschaftliche Entwicklung der Mitgliedsunternehmen und greift in der Befragung zusätzlich aktuelle Herausforderungen und Trends auf. An der aktuellen Bestandsaufnahme haben sich 106 Unternehmen beteiligt. Das sind 18 Prozent der befragten Mitglieder (ohne Hochschulen und Personenmitgliedschaften). DIA DDV dialog Juni 2014 24 D I A L O G L A B 25 Digital Dialog Insights 2014 – Studie offenbart Stärken und Schwächen Gestiegene Professionalität beim Einsatz von Daten Eine Kluft zwischen Theorie und PraEin genauerer Blick auf die eingesetzres Adress-Matching ist dagegen weniger xis bei der integrierten Kommunikation, Zuten Instrumente verrät: Neben Re-Targeting verbreitet. Wenn es doch verwendet wird, rückhaltung der Werbungtreibenden bei der mithilfe von Cookies und Tracking-Pixeln werden Eins-zu-eins-Verfahren bevorzugt, Segmentierung von Zielgruppen, aber Fortwerden vor allem von Providern vorkonfigufür die die Erlaubnis der Nutzer vorliegt. schritte beim Daten-Management – dies sind rierte Targeting-Segmente genutzt, für die Beim Vergleich der digitalen Disziplidrei der wichtigsten Ergebnisse der „Digital üblicherweise Profil-Daten herangezogen nen zeigt sich eine Vorliebe der Befragten für Dialog Insights 2014“. Die Studie ist ein Gewerden. Leistungsstarkes, aber aufwendigeeher verkaufsfördernde Kanäle wie E-Mailmeinschaftswerk der Hochschule und Suchmaschinen-Marketing. der Medien, Stuttgart, und von Ihnen werden weite Verbreitung United Internet Dialog, Karlsruhe. Wenige Untergruppen sind die Regel und großes Potenzial bescheiDer DDV ist Kooperationspartner. nigt. Noch mehr Vermögen wird Wie viele Zielgruppen-Segmente differenzieren Werbungtreibende Ihrer Branche nach Ihrer Einschätzung im Durchschnitt? „Ernüchtert“ zeigen sich die lediglich vom Mobile Marketing Studienautoren in puncto inteerwartet. Zahl der Angaben in Prozent Zielgruppengrierter Kommunikation. Zwar Dass die Optimierung des Segmente meinen zwei Drittel der Befragten, Marketings mithilfe von Daten Bis 5 6 – 20 die Marketing-Wirkung lasse sich insgesamt noch am Anfang steht, 34 52 durch eine kanalübergreifende verdeutlicht die eher geringe UnAnalyse und Optimierung des tergliederung von Zielgruppen: Kampagnenerfolgs erheblich verDie Hälfte der Unternehmen debessern. Aber nur ein Drittel Mehr als 200 finiert nach Ansicht der Befragten 21 – 200 13 1 glaubt, dass tatsächlich etwas in 6 bis 20 Segmente, ein Drittel Quelle: Digital Dialog Insights 2014 DDV dialog Juni 2014 dieser Richtung getan werde. Ob komme mit noch weniger aus. dies an mangelndem Know-how, Die Studie basiert auf der technischen Problemen oder unAuswertung eines Online-FrageBessere Nutzung von CRM-Daten zureichendem Budget liegt, lässt bogens, den im Mai 102 Onlinedie Untersuchung offen. Fachleute aus den Bereichen Wie hat sich die Wirkung von Targeting Ihrer Ansicht nach von 2012 bis heute verändert? Die Mehrzahl der Befragten Produktion, Handel und DienstBesser geworden Gleich geblieben Schlechter geworden Weiß nicht attestiert den verschiedenen leistung ausgefüllt haben. Die 8 9 8 Spielarten des Online-Targetings Teilnehmer rekrutieren sich aus 13 10 17 2 3 8 10 5 eine gleiche oder bessere Wirkung dem Experten-Netzwerk der 33 30 43 15 36 55 im Vergleich zu 2012, als eine VorHochschule der Medien oder gängerstudie veröffentlicht wurde. vertreten Unternehmen, die digi34 57 57 Insbesondere das Targeting, das tales Marketing auf Plattformen 46 auf dem Nutzerverhalten basiert, von United Internet Dialog betrei41 und das Targeting auf der Grundben. Drei Viertel dieser Unter34 26 lage eigener CRM-Daten haben in nehmen erwirtschaften einen den Augen der Befragten zugeJahresumsatz von mehr als einer legt. Die Studienautoren sehen daMillion Euro, 17 mehr als 2 MilliTargeting Targeting DemoBehavioral Predictive Reauf Basis mit Daten grafisches Targeting Targeting Targeting rin „ein Indiz für die durchweg gearden Euro. JOACHIM THOMMES Dritter eigener Targeting stiegene Professionalität“ im DaCRM-Daten Angaben in Prozent; CRM = Customer-Relationship-Management ten-Management der Unternehwww.digital-dialogQuelle: Digital Dialog Insights 2014 DDV dialog Juni 2014 men. insights.de DDV dialog Juni 2014 HARALD EICHSTELLER, PROFESSOR AN DER HOCHSCHULE DER MEDIEN, STUTTGART: SVEN BERNHARDT, DIRECTOR E-COMMERCE BREUNINGER, STUTTGART: „Multichannel bedeutet mehr, als einmalig eine Marketing-Kampagne aufzusetzen.“ „Man kann eine deutliche Professionalisierung in puncto Know-how, Personal und Systemen feststellen.“ RASMUS GIESE, GESCHÄFTSFÜHRER UNITED INTERNET DIALOG, KARLSRUHE: „Viele Unternehmen haben noch erheblichen Optimierungsbedarf bei der wirkungsvollen Nutzung ihrer Daten.“ GREGOR WOLF, GESCHÄFTSFÜHRER EXPERIAN, HAMBURG: DANIEL REBHORN, GESCHÄFTSFÜHRER DICONIUM, STUTTGART: „Die Umfrageergebnisse sind geradezu schockierend – die daten-getriebene Optimierung in Marketing und E-Commerce steht erst am Anfang.“ „Es freut mich, dass die Verwendung eigener CRM-Daten in der digitalen MarketingKommunikation zunehmend akzeptiert wird.“ ERIK MEIERHOFF, STRATEGIECHEF RAKUTEN DEUTSCHLAND, BAMBERG: „Der Kunde unterscheidet immer weniger zwischen den verschiedenen Kanälen.“ DDV dialog Juni 2014 26 D I A L O G I N S I D E 27 9. wissenschaftlicher Kongress – Symposium am 1. Oktober 2014 in Mainz EDDI – Dialogmarketing-Preis geht an DM Drogeriemarkt Effizienz des Dialogs als Leitthema Vom Kunden her denken können und Praxis zu fördern. Für Konstanz sorgt auch Tagungsleiter Heinz Dallmer, der seit 2006 dabei ist. Die günstigen Teilnahmegebühren – von 50 Euro für Studenten bis 400 Euro für Nicht-Mitglieder des DDV – werden wieder durch das Engagement zahlreicher Sponsoren ermöglicht. In den Gebühren ist der Bezug des Tagungsbands „Dialogmarketing Perspektiven“ bereits enthalten. „Wir freuen uns, dass wir in diesem Jahr bei Professor Holland an der Fachhochschule Mainz tagen werden. Er ist einer der am meisten profilierten Wissenschaftler im Dialogmarketing, hat sich mit der Disziplin seit vielen Jahren in Forschung und Foto: Roland Artur Berg / DDV Der wissenschaftliche interdisziplinäre Kongress des DDV hat sich als das zentrale Event für den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis des Dialogmarketings etabliert: Bereits zum neunten Mal wird das Symposium stattfinden. Gastgeber am 1. Oktober 2014 ist Heinrich Holland, Professor an der Fachhochschule Mainz, in deren Aula sich Wissenschaftler und Praktiker zum Austausch treffen werden. Das Leitthema lautet „Effizienz des Dialogs“. Der Kongress wurde 2006 vom jetzigen DDV-Präsidenten Martin Nitsche und den im „Plenum Bildung und Forschung“ zusammengeschlossenen Hochschullehrern im DDV initiiert und hat sich zum Ziel gesetzt, einmal jährlich aktuelle Forschungsprojekte zum Dialogmarketing zu präsentieren und ein Diskussionsforum zu schaffen. Dabei soll auch die Vielfalt der Forschungsansätze aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen wie Betriebswirtschaftslehre, Psychologie, Soziologie, Jura, Medizin, Kommunikationswissenschaften und Journalismus präsentiert werden. Darüber hinaus verfolgt der DDV das Ziel, den wissenschaftlichen Austausch zwischen den Hochschulen und die Kontakte zwischen Wissenschaft DDV dialog Juni 2014 Von Anfang an dabei: Tagungsleiter Heinz Dallmer. Lehre beschäftigt und unserer Branche viele wertvolle Impulse gegeben“, erklärt DDVVizepräsident Reinhard Pranke. Holland ist seit 2004 Mitglied der „Hall of Fame“ des DDV, Akademieleiter der Deutschen Dialogmarketing Akademie und Mitglied der Jury des Alfred Gerardi Gedächtnispreises. Feierlicher Höhepunkt des Kongresses wird die Preisverleihung des Alfred Gerardi Gedächtnispreises 2014 sein. Noch bis zum 30. Juni können Absolventen von Universitäten, Hochschulen und Akademien aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ihre Abschlussarbeiten in den vier Kategorien „Dissertation“, „Master“, „Bachelor“ und „Diplomarbeit Akademien“ einreichen. Ausgewählt werden die vier Preisträger von einer mit Praktikern und Hochschullehrern besetzten Fachjury. Am 1. Oktober erhalten die vier Gewinner ihre Urkunden und einen Scheck in Höhe von jeweils 2000 Euro. Für alle Teilnehmer gibt es Kurzvorträge der Gewinner über ihre Arbeiten. Weiterführende Informationen zur Teilnahme sowie zu den eingereichten Arbeiten seit dem Start des Wettbewerbs im Jahr 1986 finden Interessenten auf der Website des Awards. Wer sich für die Einsichten und Ergebnisse des 8. Wissenschaftlichen Kongresses im Herbst vergangenen Jahres interessiert, kann sie im Tagungsband „Dialogmarketing Perspektiven 2013/2014“ nachlesen. Die im Gabler Verlag erschienene Publikation (280 Seiten) enthält eine Sammlung aller Referate, die auf der Tagung gehalten wurden, weitere interessante Artikel und ein Kapitel über die Gewinnerarbeiten des Alfred DIA Gerardi Gedächtnispreises. www.aggp.de www.kongressfuerdialogmarketing.de Der EDDI, der angesehene Unternehmenspreis des Deutschen Dialogmarketing Verbands (DDV), geht in diesem Jahr an DM Drogeriemarkt. Bei der feierlichen Übergabe der Gewinnertrophäe im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg lobte DDV-Präsident Martin Nitsche am Vorabend der Co-Reach das Unternehmen für seinen langfristigen und innovativen Einsatz im crossmedialen Dialogmarketing. Nitsche: „DM ist ein in jeder Hinsicht würdiger Gewinner des EDDI, denn der Dialog ist für das Unternehmen nicht bloß ein Marketing-Instrument, sondern ein unverzichtbarer Teil der Unternehmensstrategie.“ Das Unternehmen habe sich den Dialog auf die Fahnen geschrieben und das Prinzip der „dialogischen Führung“ mitgeprägt. Die Liste der seit 1993 mit dem EDDI ausgezeichneten Unternehmen liest sich wie das Who is Who der starken Marken: Ford, ING-Diba, Otto, Coca-Cola, Deutsche Lufthansa, Procter & Gamble, Galeria Kaufhof, BMW, Focus und American Express heißen beispielsweise die Sieger der vergangenen Jahre. Alle 20 bisherigen EDDI-Preisträger eint, dass sie nachhaltige Erfolge im crossmedialen Dialogmarketing aufzuweisen haben, systematisch Innovationen eingeführt und Pionierleistungen erbracht haben. Wer einen EDDI gewinnt, führt in der Regel bereits seit Jahrzehnten fruchtbare Kundendialoge, die dann in gute Ergebnisse münden. Nominiert wird der jeweilige Preisträger von den Mitgliedern des Deutschen Dia- logmarketing Verbands. Sie bewerten ihren Favoriten nach seinen Leistungen in den vergangenen fünf Jahren anhand der Kriterien Dialogmarketing-Strategie, inhaltliche und gestalterische Integration, crossmediale Umsetzung sowie Kundenzentrierung. Auf der Basis der Mitgliedervoten kürt eine Jury aus erfahrenen Dialogmarketern den Preisträger. In diesem Jahr waren zehn Juroren unter Vorsitz von Kay Peters, Professor an der Universität Hamburg, an der Entscheidung beteiligt. Für Claus Rättich, Mitglied der Geschäftsleitung der Nürnbergmesse, ist der EDDI ein wichtiger Gradmesser, denn erfolgreiches crossmediales Dialogmarketing sei auch für die Nürnbergmesse von großer Bedeutung. „In einer Zeit, in der man ange- sichts der Fülle an Kommunikationsmöglichkeiten mit Kunden sehr schnell den Überblick verlieren kann, liefert mir der EDDI einen wirkungsvollen qualitativen Filter, gibt mir Orientierung in der Vielfalt und regt mich an, Neues auszuprobieren“, erklärt Rättich. Nitsche hob in seiner Laudatio hervor, dass der neue Preisträger bereits Mitte der 90er Jahre als einer der ersten Händler überhaupt begonnen hatte, in seinen Filialen Adressen zu generieren und anzureichen. DM habe allein im vergangenen Jahr 50 Millionen Briefe an seine Kunden geschickt. „Man kann sagen: DM hat seine Ohren auf allen Kanälen offen, hört seinen Kunden überall zu, um eben vom Kunden aus denken zu können“, sagte der DDV-Präsident weiter. Fixstern bleibe dabei stets der Dialog in den Filialen. Was der frisch gekürte Preisträger vom Dialogmarketing hält, verrät Michael Müller, Leiter der Nationalen Kommunikation des Karlsruher Unternehmens, im Aufmacher-Interview dieser DIALOG-Ausgabe (Seiten 6 – 9): „Die Streuverluste der klassischen Werbung sind einfach zu hoch. Wir setzen bei DM hin und wieder Zeitungsbeilagen ein, aber unser Schwerpunkt liegt eindeutig auf dem Dialogmarketing per Mailing. Adressierte Werbepost kommt bei unseren Kunden sehr gut an, weil es uns gelingt, auf zielgruppenspezifische Themen und Bedürfnisse einzugehen. Daneben arbeiten wir mit Payback, KundenEvents und Online-Plattformen, also Instrumenten, über die wir unmittelbar erfahren können, was die Kunden wünschen.“ LUDGER KERSTING DDV dialog Juni 2014 28 D I A L O G I N S I D E 29 Datenschutz Dialog-Stipendien ddp 2014 – 57-mal Edelmetall vergeben Best Practice Guide neu aufgelegt DDV übernimmt Gebühren Mit der Kreation und dem Ergebnis punkten Der DDV ermöglicht jungen, überdurchschnittlich begabten und engagierten Nachwuchskräften durch ein Stipendium den Zugang zu einem berufsbegleitenden Studium. Konkret fördert der Verband durch die Übernahme der Studiengebühren die Ausbildung zum Fachwirt Dialogmarketing DDV, Fachwirt Online-Marketing und Fachwirt Social Media an der Deutschen Dialogmarketing Akademie DDA sowie die Ausbildung zum Fachwirt Dialog- und Online-Marketing an der Bayerischen Akademie für Werbung und Marketing BAW. Das Angebot richtet sich besonders an Nachwuchskräfte, die erste berufliche Erfahrungen im Dialogmarketing erworben haben und diese mit einer Weiterbildung ergänzen wollen. Für den Studienstart im Herbst endet der nächste Bewerbungsschluss an der DDA am 31. Juli 2014. Bewerbungsschluss für die Studiengänge an der BAW, die jeweils Ende Januar/Anfang Februar starten, ist der 30. November. Die besondere Eignung muss nachgewiesen werden. Über die Vergabe entscheidet eine Kommission. Ihre Entscheidungen sind vertraulich, nur die Zusagen an Stipendiaten werden veröffentlicht. Die Vergabekommission setzt sich wie folgt zusammen: Reinhard Pranke, DDV-Vizepräsident Bildung und Forschung, Jens Frühling, Deutsche Bank, Robert Bidmon, Forschungszentrum Direktmarketing Universität München, und Heinrich Holland, Professor an der Fachhochschule Mainz. DIA 12 Goldmedaillen, 22 Silber- und 23 Bronze-Trophäen sowie 19 Auszeichnungen – so liest sich die Bilanz des Deutschen Dialogmarketing Preises 2014. Zum dritten Mal in Folge hat Wunderman den Titel „Agentur des Jahres“ gewonnen – vor Serviceplan, und GKK Dialog Group. Den Preis in der Königsklasse „Best in Show“ verlieh die Jury diesmal an Leo Burnett‘s Social-MediaKampagne „#ZeroFollower“ für den Fiat 500 Abarth. Mit 353 ist die Zahl der eingereichten Arbeiten im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 50 Prozent gestiegen, auf die Shortlist kamen insgesamt 76 Beiträge. Beim ddp 2014 kam ein neues Juryverfahren zum Einsatz. Die Jury bewertete in einer ersten Runde in getrennten Gruppen nur Strategie und Ergebnis einerseits, kreative Idee und Umsetzung andererseits. Jury-Vorsitzender Michael Koch, GKK Dialog Group: „Der ddp hat zu seiner alten Größe zurückgefunden. Die neue Positionierung, die gleichberechtigte Bewertung von Kreation und Effizienz, ist vom Markt anerkannt worden.“ Das neue Jurierungsverfahren habe die Feuerprobe bestanden. Der DDV hat im Juni 2014 seinen Best Practice Guide zum Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) neu aufgelegt. Der vom Arbeitskreis Datenschutz des Verbands erstellte Leitfaden gibt auf der Grundlage einer aktuellen pragmatischen Auslegung der datenschutzrechtlichen Vorschriften eine Orientierungshilfe für die Praxis und ist ab sofort im DDV-Shop (www.shop.ddv.de) erhältlich. Das BDSG schreibt seit 2009 für die Verwendung von Daten zu Zwecken des Marketings und Adresshandels grundsätzlich die Einwilligung der betroffenen Personen vor. Jeder Grundsatz hat aber Ausnahmen und so ist es auch beim Einwilligungsvorbehalt. Die Ausnahmen tragen vor allem den Besonderheiten des postalischen Dialogmarketings Rechnung – sie sind für die Praxis bekanntlich unerlässlich. Das Datenschutzrecht enthält weitere Regelungen, die für das Dialogmarketing von besonderer Bedeutung sind wie beispielsweise das Widerspruchsrecht. Für die Einbindung von Dienstleistern im Weg der sogenannten Auftragsdatenverarbeitung greifen detaillierte Anforderungen an die Vertragsgestaltung. In die Neuauflage einbezogen sind auch die im Dezember 2013 vom „Düsseldorfer Kreis“ herausgegebenen Anwendungshinweise zur Verwendung personenbezogener Daten für werbliche Zwecke. Die Hinweise sind von besonderer Bedeutung für die Praxis, denn das Gremium ist der Arbeitskreis der Datenschutzbeauftragten des Bundes DDV dialog Juni 2014 und der Länder. Soweit die Positionen der Aufsichtsbehörden in wichtigen Punkten von denen des DDV abweichen, weist der Best Practice Guide darauf hin. Die Empfehlungen des Best Practice Guide ersetzen keine juristische Beratung. Der DDV wird sich auf der Grundlage des Guides weiterhin an der Diskussion beteiligen und der Gefahr einer übertriebenen bürokratischen Auslegung der Vorschriften entgegenwirken. Dies gilt besonders für die von Brüssel geplante europäische Datenschutzreform. DIA www.shop.ddv.de ddp 2014 – der Medaillenspiegel Agentur Platz Punkte gesamt Gold Silber Bronze Wunderman 1 33 8 12 8 Serviceplan 2 24 8 12 4 gkk Dialog Group 3 20 8 Saint Elmo’s 3 20 5 10 5 10 Publicis Group 5 10 Wirz Wietlisbach Dialog 8 8 4 8 8 4 10 7 4 JWT Group Germany Auszeich- Best in nung Show 5 9 2 1 6 12 2 6 4 8 Leo Burnett Scholz & Friends Berlin Grabarz & Partner Werbeagentur Bewerbungsformulare: Rubrik „Themen/Weiterbildung“ auf www.ddv.de Patrick Tapp, Präsident des DDV, bilanzierte: „Der Deutsche Dialogmarketing Preis unterwirft sich nicht dem Diktat der künstlichen Trennung von Kreation und Effizienz. Er ist in der Lage, die Werbewirklichkeit tatsächlich abzubilden. Denn wer Werbung wirklich gerecht bewerten will, muss beide Faktoren gleichrangig bewerten.“ In den Branchenkategorien schnitten die „Dienstleistungen“ mit einmal Gold, dreimal Silber und einmal Bronze besonders gut ab. Ebenfalls gut platzierte sich die Kategorie „Credentials“ mit einmal Gold, zweimal Silber und einmal Bronze. Einmal Gold, zweimal Silber und einmal Bronze gab es für Beiträge gemeinnütziger, gesellschaftlicher und kultureller Organisationen. Jurorin Simone Wastl, Deutsche Post: „Alle prämierten Kampagnen dieser Kategorie haben einen starken emotionalen Zugang zum Empfänger geschaffen – vom Herz ins Hirn.“ Sehen lassen kann sich auch die Bilanz der Kategorie Automobilindustrie, die mit jeweils einmal Gold, Silber und Bronze auf dem Siegertreppchen vertreten war. 2 8 2 3 1 4 3 Wertung: Gold: 4 Punkte, Silber: 3 Punkte, Bronze: 2 Punkte, Auszeichnung: 1 Punkt, Best in Show: + 2 Punkte Quelle: DDV DDV dialog Juni 2014 Bei den Medienkategorien gab es in diesem Jahr ebenfalls eine Neuerung: Erstmals wurde in der Kategorie Mailings nach Auflagen bis 100.000 oder über 100.000 getrennt gewertet. Die Preise bei den kleineren Auflagen: Einmal Gold, einmal Silber und zweimal Bronze. Bei den höheren Auflagen gab es einmal Silber und einmal Bronze. Sehr erfolgreich schnitt die Medienkategorie Audio / Video mit einmal Gold, zweimal Silber und einmal Bronze ab. Juror Walter Plötz, Defacto Kreativ: „Für mich war Audio / Video das Spektakel des ddp 2014. Jeder der Preisträger wurde der neuen Ausrichtung gerecht und punktete sowohl bei der Kreation als auch im Ergebnis.“ Aus dem Vollen geschöpft wurde auch in der Spezialkategorie „Kundenbindung“. Einmal Gold, dreimal Silber und einmal Bronze lautet hier die Bilanz. Bei der D-A-CH-Kategorie, in die für den deutschen Raum gestaltete Arbeiten aus dem Ausland eingereicht werden können, war beim ddp 2014 die Schweizer Agentur Wirz Wietlisbach Dialog mit einmal Gold, einmal Silber und einer Auszeichnung besonders erfolgreich. Auch beim Junior Creative Award kam es in diesem Jahr zu einer Veränderung: Erstmals wurde der Nachwuchs mit einem realen Projekt betraut: der Entwicklung einer Kampagne zur Generierung von Patenschaften für das Kinderhilfswerk Child Fund Deutschland. Gold holte sich das Juniorenteam von Geometry Global. Zu den Gewinnern sagte der stellvertretende JuryVorsitzende Detlef Rump, Rumpdialog: „Alle drei ausgezeichneten Arbeiten sind exzellent. Die Junioren haben bewiesen, dass sie kreative Ideen und technisches Grundverständnis für das medial Machbare haben.“ DIA DDV dialog Juni 2014 30 D I A L O G L E A D S 31 Traumhochzeit in Berliner Kirche Fotos: Boris Trenkel Effizienz trifft Kreation: Unter dem Motto „Ja, ich will“ trafen sich Ende Mai Deutschlands beste Dialogmarketer zur Verleihung des Deutschen Dialogmarketing Preises 2014 (ddp) in Berlin. Die Gäste des ausgebuchten Events in der Auferstehungskirche in Friedrichshain wurden zu Trauzeugen eines Juryverfahrens, in dem Kreation und Effizienz der Arbeiten nicht in einem Durchgang bewertet wurden. Alexander Mazza moderierte die Vergabe von 12 Goldmedaillen, 22 Silber- und 23 Bronzetrophäen. Prominente Trauzeugen (v.l.n.r.): Moderator Alexander Mazza, Jury-Vorsitzender Michael Außergewöhnlicher Veranstaltungsort: die Koch, Jurorin Simone Wastl vom Hauptsponsor Deutsche Post und die DDV-Präsidenten Auferstehungskirche in Berlin-Friedrichshain. Bei 12 Gold-Teams wurde es auf der Kirchenbühne ein wenig eng. Martin Nitsche und Patrick Tapp. Einmal Gold, einmal Silber und Witziger Einfall: Für die Social- eine Auszeichnung gingen an die Media-Kampagne „#ZeroFollower“ Becker (r.) freut sich auch über den Sieg von Geometry Global. Links: Schweizer Agentur Wirz Wietlis- wurde das Team von Leo Burnett Moderator Alexander Mazza. Jury-Vorsitzender Michael Koch will im kommenden Jahr Juroren im Einklang: Rudolf Jahns (l.) und Strahlender Gewinner: Alexander Windhorst bach Dialog in der D-A-CH-Katego- unter anderem mit „Best in Show“ die 400er Marke bei den Einreichungen knacken. Matthias Berndt vor der Shortlist. von Serviceplan One präsentiert dem Publi- rie, vertreten durch Jörg Bewers- ausgezeichnet. Im Bild: Creative kum die beiden Gold-Trophäen (Kategorie dorf (l.) und Stefan Dätwyler. Director Jörg Hoffmann. Junior Creative Award: Child-Fund-Deutschland-Geschäftsführerin Antje Medien sowie Audio / Video). Jury-Vorsitzender Michael Koch (l.) und Grenzenloser Jubel: Wunderman wurde zum dritten Mal als Agentur des Jahres gekürt. DDV dialog Juni 2014 Vor Beginn der Preisverleihung: Nach- Jury-Ehrenvorsitzender Claus Mayer sind wuchskreative begutachten die Shortlist- zufrieden mit dem neuen Bewertungs- Arbeiten in der Ausstellung. Genießen die besondere Atmosphäre der Location: ddp-Gäste in der Auferstehungskirche. verfahren. DDV dialog Juni 2014 32 D I A L O G T I M E R 33 Kongresse, Messen, Seminare Branchen-Events im Sommer und Herbst 24 06 25 06 10 09 22 09 24. Juni 2014 EDDI-Night zur Eröffnung der Co-Reach Am Vorabend der Co-Reach wird das Geheimnis um den Sieger des EDDI 2014, den Unternehmenspreis des Deutschen Dialogmarketing Verbands (DDV), gelüftet. Die feierliche Ehrung findet im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg statt. Die Keynote kommt von Zukunftsforscher und Autor Pero Micic. www.eddi-award.de 01 10 1. Oktober 2014 9. wissenschaftlicher Kongress für Dialogmarketing 08 10 8. – 10. Oktober 2014 CRM-Expo in Stuttgart 25./26. Juni 2014 Co-Reach in Nürnberg Unter neuem Namen trifft sich das Who is Who der Dialogmarketing-Branche auf der Co-Reach (den früheren Mailingtagen) im Messezentrum Nürnberg. Mehr als 7000 Marketingverantwortliche diskutieren hier mit Vertretern von Direktmarketing-Agenturen, Adressanbietern, Druckereien sowie Verpackungs- und LogistikDienstleistern ihre Strategie für einen nachhaltigen Kundendialog und lassen sich von Best-Practice-Beispielen inspirieren. Die Aussteller präsentieren Trends rund ums Crossmedia-Marketing und widmen sich Themen wie Datenschutz und Kundenzufriedenheit, Customer-Relationship-Management und Mobile Advertising. Abgerundet wird die Messe durch zahlreiche Vorträge – so stellt etwa BVB-Marketingchef Carsten Cramer die Marketingaktivitäten des Fußballclubs vor. Der DDV ist Partner der Messe und mit einem eigenen Stand vertreten. www.co-reach.de 10./11. September 2014 Dmexco in Köln Die Dmexco ist internationale Leitmesse und Kongress für die gesamte digitale Wirtschaft. Mit ihrer Kombination aus Messe und Konferenz steht sie für innovatives und zukunftsweisendes Marketing im Zentrum eines globalen Wachstumsmarkts. Der DDV ist auf der Dmexco, die in diesem Jahr am 10. und 11. September in Köln stattfindet, mit einem Stand vertreten. www.dmexco.de 21 10 22., 23. und 30. September 2014 Solution Forum Dialogmarketing 2014 Beim Solution Forum Dialogmarketing stellen Vertreter der „Absatzwirtschaft“ und des Management Forums der Verlagsgruppe Handelsblatt zusammen mit Branchenexperten in Köln, Frankfurt und Berlin aktuelle Trends und Facts des Dialogmarketings vor. Auf die Teilnehmer warten ein intensiver Wissenstransfer und ein Networking mit hochkarätigen Referenten. Der DDV ist Kooperationspartner. Mitglieder erhalten 15 Prozent Rabatt auf die Teilnahmegebühr. www.solution-forum.com DDV dialog Juni 2014 29 10 Der inzwischen 9. wissenschaftliche interdisziplinäre Kongress für Dialogmarketing des DDV findet in diesem Jahr an der Fachhochschule in Mainz statt. Die Tagung beschäftigt sich mit aktuellen Forschungsansätzen aus den unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen. Im Rahmen des Kongresses wird auch der Alfred Gerardi Gedächtnispreis (AGGP) verliehen. Mit ihm werden jährlich die besten Abschlussarbeiten zu Dialogmarketing-Themen von Universitäten und Hochschulen ausgezeichnet. www.aggp.de Die parallel stattfindenden IT & Business (Fachmesse für IT-Solutions), DMS Expo (Leitmesse für Enterprise-Content-Management) und CRM Expo (Leitmesse für Kundenbeziehungsmanagement) bilden zusammen die komplette Unternehmens-IT ab. Das umfassende Ausstellungsangebot sowie ein hochkarätiges Rahmenprogramm zu den Kernbereichen Enterprise-Resource-Planning (ERP), Customer-Relationship-Management (CRM), Enterprise-Content-Management (ECM) und Output-Management richten sich an IT-Verantwortliche und Entscheider. Die drei Fachmessen bieten eine Plattform für den Austausch zwischen Branchenführern und Fachpublikum. www.crm-expo.com 21. Oktober 2014 DDV-Basisschulung „Datenschutz im Unternehmen“ Im Herbst bietet der DDV in Frankfurt seine nächste Basisschulung zu „Datenschutz im Unternehmen: Anforderungen der DDV-Qualitäts- und Leistungsstandards“ an. Der Workshop richtet sich an alle Mitarbeiter aus DialogmarketingUnternehmen, die in der Praxis mit Fragen des Datenschutzes umgehen müssen sowie insbesondere an Mitarbeiter von Mitgliedern des Councils Directmail Services und des List Councils. Referent ist Ulrich Wuermeling, Kanzlei Latham & Watkins. www.schulungen.ddv.de 29./30. Oktober 2014 Neocom 2014 in Düsseldorf Die Neocom findet in diesem Jahr wieder im Areal Böhler in Düsseldorf statt. Sie versteht sich als Leitveranstaltung für E-Commerce und Multichannel-Handel. Mehr als 100 nationale und internationale Top-Manager und Branchenexperten werden in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt erwartet. Der DDV ist Kooperationspartner und mit einem Stand vertreten. www.neocom.de DDV dialog Juni 2014 34 D I A L O G R E C H T Empfehlungs-E-Mails BGH: Auch Tell-a-friend benötigt eine Einwilligung Die Autorin Welcher Empfehlung traut man mehr als der eines Freundes? Ihr liegt schließlich eine persönliche Beziehung zu Grunde, die Vertrauen schafft. Daraus hat sich als Marketingstrategie im Online-Bereich die „Tell-a-friend“-Funktion entwickelt: Unternehmen bieten Nutzern auf ihrer Internet-Präsenz an, über eine Eingabemaske eine Empfehlung an Freunde und Bekannte zu versenden. Rechtlich wird über diese Funktion seit jeher gestritten, bietet sie (vermeintlich) doch die Möglichkeit, einen potenziellen Kunden über den Umweg des Freundes direkt werblich anzusprechen – ohne die ansonsten für das E-Mail-Marketing erforderliche, vorherige ausdrückliche Einwilligung im Sinne des § 7 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Nach unterschiedlichen Urteilen von Instanzgerichten hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt den Spielraum für die Funktion massiv eingeschränkt. Erstmals befasste sich das Oberlandesgericht Nürnberg 2005 mit der Funktion. Auf diese Weise versendete E-Mails seien Wer- § URTEIL DES MONATS unzumutbare Belästi- Dr. Beatrice Brunn gung – für die Tell-a- ist Rechtsanwältin friend-Funktion gelte bei Bird & Bird, nichts anderes. Un- Hamburg. ternehmen würden damit einen eigenen Zweck verfolgen, nämlich Dritte auf ihr Angebot aufmerksam zu machen. Die Veranlassung durch Dritte ändere deshalb nichts an der Zurechenbarkeit. Maßgeblich sei, dass der Versand der Empfehlungs-Mails auf die gerade zu diesem Zweck zur Verfügung gestellte Weiterempfehlungsfunktion des Unternehmens zurückgeht und das Unternehmen beim Empfänger einer Empfehlungs-Mail als Absender erscheint. Praxistipp: Derzeit sollte statt der eigenen Absenderadresse die des Dritten beim Angemailten erscheinen und die Empfehlung nicht übermäßig werblich, sondern neutral gehalten werden. Auch wenn der BGH dies als Umgehung ansehen könnte, wird dadurch ein Kernvorwurf beseitigt. Darüber hinaus sind derartige Beanstandungen ohnehin die Ausnahme – im Regelfall freut sich der Adressat über die Empfehlung. Vorsicht bei Werbung im Autoreply Eine Autoreply-E-Mail (also eine E-Mail, mit der dem ursprünglichen Absender automatisch mitgeteilt wird, dass die E-Mail eingegangen oder der Adressat gerade abwesend ist) stellt eine unzumutbare Belästigung für den Empfänger dar, wenn sie neben der Empfangsbestätigung Werbung enthält. So hat jedenfalls das Amtsgericht Stuttgart-Bad Canstatt geurteilt (Urteil vom 25.4.2014 – Az.: 10 C 225/14). Der Kläger kündigte seine Mitgliedschaft bei einer Ver- DDV dialog Juni 2014 bung im Sinne des § 7 UWG. Diese Werbung beruhe allerdings auf dem autonomen Entschluss eines Dritten und sei dem Unternehmen daher nicht zuzurechnen. Etwas anderes gelte dann, wenn über die reine Produktempfehlung hinaus Anpreisungen gemacht würden. Das Landgericht Berlin bejahte 2009 dagegen eine Zurechnung mit der Begründung, dass das Unternehmen die entsprechende Eingabemaske bereitstelle und die Versendung so initiiere. Eine solche Kontaktaufnahme bedürfe der vorherigen Einwilligung des Adressaten. Dass dies auch beim „Freundefinder“ von Facebook notwendig ist, hat das Landgericht Berlin 2012 ergänzt. Diese Funktion ermöglichte es, Einladungen an im Adressbuch des Nutzers hinterlegte E-Mail-Adressen zu versenden, wobei Erstellung und Versand der E-Mails durch Facebook erfolgte. Allein die Auswahl der E-MailAdressen durch den Nutzer führe nicht zu der nötigen Einwilligung. Im vergangenen Jahr hat der BGH dann einen Schlussstrich gezogen: Werbung durch elektronische Post (wie E-Mails) sei ohne Einwilligung des Adressaten stets eine sicherungsgesellschaft per Mail und bat um eine Bestätigung. Die Beklagte bestätigte den Eingang der Mail durch eine automatische Antwort und wies im Abspann unter „Übrigens“ auf Service-Leistungen hin. Weitere E-Mails des Klägers sowie die Abmahnung des Prozessbevollmächtigten des Klägers wurden ebenfalls mit einer Autoreply beantwortet. Das Amtsgericht stellte fest, dass es sich beim Mitteilungsteil im Abspann um Werbung handele, da auf ei- nen ausschließlich für Kunden eingerichteten Service hingewiesen und damit Leistungen anpriesen wurden. Da der Kläger nicht in die Zusendung von E-Mails mit „auch werbendem“ Charakter eingewilligt habe, liege ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers vor. Bereits der Versuch, ein Produkt oder Leistungen zu bewerben, sei dafür ausreichend. Beatrice.Brunn@twobirds.com