Die Feuerwehren: retten – löschen – bergen – schützen
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Die Feuerwehren: retten – löschen – bergen – schützen
Vorlesung Notfallmedizin - Rettung, Lagerung, Transport Berufsfeuerwehr Kiel Dr.med. Michael Corzillius, M.P.H. Die Feuerwehren: retten – löschen – bergen – schützen retten – löschen – bergen – schützen Grundsätze der Menschenrettung Themenübersicht • Eigenschutz / Absicherung • Erstuntersuchung und med. Sofortmaßnahmen • Rettungstechniken zur Entfernung aus Gefahrenbereichen +Transfer zum Rettungsmittel – für Standardsituationen – für spezielle Lagen • Verkehrsunfall / Einklemmung • Wasserrettung + Unterkühlung • Verbrennung • Kinder • Prähospitale Diagnostik und Therapie • Lagerungsarten in der Notfallmedizin • Hinweise für den Transport zur klinischen Weiterbehandlung 24.01.2013 2 retten – löschen – bergen – schützen Grundsätze der Menschenrettung Zielgruppe • Notarzteinsatz • Niedergelassene Ärzte o. Bereitschaftsdienst • Arzt als Ersthelfer Inhalte • Grundsätzliche Vorgehensweisen • basale handwerkliche Techniken - unabhängig von speziellen Erkrankungen oder Verletzungsmustern - 24.01.2013 3 retten – löschen – bergen – schützen Grundsätze der Menschenrettung Kurz zur Terminologie: Rettung: lebende Personen Bergung: Leichen, Sachwerte auch: Trage: für Kranke / Verletzte Bahre: für Tote 24.01.2013 4 retten – löschen – bergen – schützen Grundsätze der Menschenrettung: Immer zuerst: Eigenschutz! Zuerst: Eigenschutz beachten! • Geeignete Schutzkleidung und Ausrüstung • Ausbildung, Training, körperliche Belastbarkeit • Gefährdete Einsatzstellen: sofort absichern! • Infektionsschutz immer beachten! Gesetz verpflichtet jedermann zur Hilfeleistung, aber nicht zur Selbstgefährdung Gefahrenbereiche sind vorbehalten für speziell ausgebildete und ausgerüstete Kräfte (Feuerwehr, Polizei ) 24.01.2013 5 retten – löschen – bergen – schützen Rettungsprozeß Erstuntersuchung Erste Massnahme am Patienten: Vitalfunktionen prüfen Prinzip: Treat first, what kills first Immer standardisiertes Vorgehen: ABC • A: Airway • B: Breathing • C: Circulation • D: Disability 24.01.2013 6 retten – löschen – bergen – schützen Rettungsprozeß Erstuntersuchung A = AIRWAY Zeichen des verlegten Atemwegs: • kein Luftstrom aus Mund und Nase! (u.U. Pendelatmung: sichtbare Atemexkursion d. Brustkorbs ohne Luftstrom) Zeichen des bedrohten Atemwegs: • Patholog. Atemgeräusche: Pfeifen, Schnarren, etc. (inspirat. Stridor) • Bewußtlosigkeit ohne Schutzreflexe (keine Reaktion auf Schmerzreiz) Ursachen: Zurückfallen der Zunge (Bewußtlosigkeit) Fremdkörper (Speisen, Erbrochenes, verschluckte Gegenstände) , Schwellung (Infektion, Allergie, Verbrennung) , Trauma 24.01.2013 7 retten – löschen – bergen – schützen Rettungsprozeß Sofortmaßnahmen A = AIRWAY Massnahme: Öffne den Atemweg! Sofort! 1. Mundhöhle inspizieren, sichtbare Fremdkörper entfernen 2.a ohne Verdacht auf HWS-Verletzung: Kopf überstrecken + Kinn anheben („Head tilt, chin lift“) 2.b mit Verdacht auf HWS-Verletzung: Esmarch-Handgriff (“Jaw thrust“) (dazu: HWS stabilisieren) 24.01.2013 8 retten – löschen – bergen – schützen Rettungsprozeß Sofortmaßnahmen A = AIRWAY danach: Halte den Atemweg offen! Instrumente: Oropharyngealtubus (Güdel) Nasopahryngealtubus (Wendl) , Supraglottische Beatmungshilfe (Larynxtubus, Combitubus, Larynxmaske) , Endotracheale Intubation 24.01.2013 9 retten – löschen – bergen – schützen Rettungsprozeß Erstuntersuchung B = Breathing Zeichen fehlender Atmung: • keine Atemexkursion und kein Luftstrom (sehen, hören, fühlen) (trotz offenem Atemweg) Zeichen unzureichender Atmung: • Patholog. Atemmuster (lange Pausen, Schnappatmung) • Patholog. Atemgeräusche (Rasseln, Brodeln, exspirat. Stridor) • Patholog. Atembewegungen (Einziehung v. Thoraxabschnitten bei Inspiration = paradoxe Atmung) • Zeichen mangelnder O2-Versorgung (Zyanose, beim wachen Pat. Dyspnoe, ggf. schlechte SaO2) 24.01.2013 10 retten – löschen – bergen – schützen Rettungsprozeß Sofortmaßnahmen B = Breathing Massnahme: Beatme! bei Apnoe (Mund-zu-Mund; Mund-zu-Nase) Beutel-Beatmung (mit Maske, über Endotrachealtubus, Larynxtubus, etc.) , (Beatmungsgerät) Maskenbeatmung mit EC-Griff bei insuffizienter Atmung assistierte Beatmung (Beutel-Maske) 24.01.2013 11 retten – löschen – bergen – schützen Rettungsprozeß Erstuntersuchung C = Circulation Zeichen des Kreislauf-Stillstands: • keine tastbaren Pulse • Fehlen aller Lebenszeichen • ggf. tödliche Rhythmusstörung im EKG (Asystolie, Kammerflimmern) Hinweise für Kreislauf-Insuffizienz: • flacher, schneller Puls • blasse, graue, kalte Haut (Zentralisation) • niedriger Blutdruck • Zeichen der Hypoxie im ZNS (Verwirrtheit, Eintrübung) • starke Blutungen 24.01.2013 SCHOCK 12 retten – löschen – bergen – schützen Rettungsprozeß Sofortmaßnahmen C = Circulation Massnahme: Reanimation bzw. Kreislaufunterstützung bei Kreislaufstillstand Reanimation nach Leitlinie bei Kreislaufinsuffzienz • Blutstillung bei Blutung nach außen – Kompression, Druckverband – wenn unumgänglich: Abbindung bei starker Extremitätenblutung – Blutstillende Materialien • 24.01.2013 ggf. Infusionstherapie / Volumenersatz 13 retten – löschen – bergen – schützen Standard-Rettungstechnik Transfer von Kranken Umlagerung des Kranken auf ein Transportgerät je nach Lage • Tragetuch • Treppengleitstuhl (EvacChair) • Rettungstrage • ggf. Schwerlast-Tragetuch und -Trage Achtung: auch hier: Eigenschutz + Sicherheit • für ausreichende Zahl von Helfern sorgen • klare Absprachen + Kommandos („Kopfposition sagt an“) • rückenschonendes Heben und Tragen! 24.01.2013 14 retten – löschen – bergen – schützen Standard-Rettungstechnik Transfer von Verletzten Bewegen / Umlagern von Trauma-Patienten beachte: Stabilisierung von Wirbelsäule u. Frakturen! • Schaufeltrage • Spineboard • Vakuummatratze • Stiffneck z.B. • Drehen des Verletzten mit Log Roll-Manöver • dann: Unterschieben von Schaufeltrage / Spineboard 24.01.2013 15 retten – löschen – bergen – schützen Spezielle Rettungstechniken Spezielle Rettungstechniken • Verkehrsunfall / eingeklemmte Personen • Rettung aus dem Wasser • Unterkühlung • Verbrennung • Kinder 24.01.2013 16 retten – löschen – bergen – schützen Eigenschutz an gefährlichen Einsatzstellen: Absicherung zuerst! Absichern von Unfallstellen • VOR Patientenuntersuchung und Therapie • Sicherung durch Aufstellen gut sichtbarer Großfahrzeuge mit Signalanlage vor der Unfallstelle Arzt als Ersthelfer • 10 m vor der Unfallstelle halten • Warnblinkanlage an, Kofferraumdeckel offen lassen • Warnweste und Handschuhe anlegen • Warndreieck mind. 100 m vor Unfallstelle aufstellen • Motoren aller beteiligten Fahrzeuge ausschalten 24.01.2013 17 retten – löschen – bergen – schützen Spezielle Rettungstechniken Verkehrsunfall / Eingeklemmte Arzt als Ersthelfer Wie immer: zuerst Absicherung Sofortiges Herausziehen von Verletzten aus dem Fzg. ohne Hilfsmittel nur, wenn • unmittelbare Gefahr (z.B. Fzg. brennt) • lebensrettende Sofortmaßnahmen anders nicht machbar Risiko dabei: Wirbelsäulenverletzung! Technik: Rettungsgriff („Rautek-Griff“) 24.01.2013 18 retten – löschen – bergen – schützen Spezielle Rettungstechniken Eingeklemmte Ablauf bei moderner technischer Rettung: 1. Erstöffnung und Versorgungszugang werden geschaffen 2. Erstuntersuchung und Sofortmaßnahmen durch Notarzt / RettAss Hier auch: Wärmeerhalt! 3. Glasmanagement + Abstützung d. Fzg. 4. Befreiungsöffnung 5. Befreiung des Patienten aus dem Fzg. Hilfsmittel dabei: Schaufeltrage / Spineboard / KED-System 24.01.2013 19 retten – löschen – bergen – schützen Spezielle Rettungstechniken Eingeklemmte Technische Rettung bei eingeklemmten Personen Nach Befund der Erstuntersuchung: Befreiungstaktik festlegen • Sofortige Befreiung („Crash-Rettung“) – max. Tempo, min. Schonung versus • Schonende Rettung („patientenorientierte techn. Rettung“) schonend, Befreiungszeit aber verlängert Absprache mit Einsatzleiter Feuerwehr 24.01.2013 20 retten – löschen – bergen – schützen Spezielle Rettungstechniken Eingeklemmte Technische Rettung bei eingeklemmten Personen Ordnung des Raumes 24.01.2013 21 retten – löschen – bergen – schützen Spezielle Rettungstechniken Rettung aus dem Wasser Prinzipien bei der Wasserrettung Hier besonders: Eigenschutz beachten! Wenn irgend möglich: Rettung von Land aus • Zuwerfen von Rettungsgerät (Rettungsreifen, Wurfleinen, etc.) 24.01.2013 22 retten – löschen – bergen – schützen Spezielle Rettungstechniken Rettung aus dem Wasser Wenn Retter ins Wasser muß • Nutzung von Auftriebskörpern! (Rettungsreifen, Spineboard, ggf. Luftmatratze) • spart Kraft • hält zu Rettenden auf Distanz Umklammerung durch Ertrinkenden für Retter lebensgefährlich! 24.01.2013 23 retten – löschen – bergen – schützen Spezielle Rettungstechniken Rettung aus dem Wasser Bei direktem Kontakt im Wasser • Bei Umklammerungsversuch: Ertrinkenden wegstoßen • Möglichst von hinten anschwimmen • dann: abschleppen Bei Strömung / abtreibendem Patienten • Eigenschutz bedenken • dem Pat. nicht hinterher schwimmen, sondern vor laufen 24.01.2013 24 retten – löschen – bergen – schützen Spezielle Rettungstechniken Rettung aus dem Wasser Nach Rettung aus dem Wasser • Erstuntersuchung und Sofortmaßnahmen nach Standard – ABCD • Atemweg: oft mit Blättern, Schlick, etc. verlegt • Nicht versuchen, Wasser aus den Lungen zu entfernen! – 24.01.2013 Vergeblich und unnötig! 25 retten – löschen – bergen – schützen Spezielle Rettungstechniken Rettung bei Unterkühlung Besonderheiten bei schwer Unterkühlten Streng horizontal retten! – Einschwemmen kalten peripheren Blutes in zentrale Zirkulation: Gefahr letaler Rhythmusstörungen – sog. „Bergungstod“ bei Reanimationspflicht: – Defibrillation und Medikamente wirken meist nicht – 1 x Defibrillation, 1 x Adrenalin versuchen – Dann: Transport unter kontinuierlicher Basis-Reanimation – Zielklinik mit Möglichkeit zentraler Erwärmung (Herz-Lungen-Maschine, Dialyse) – Wenn keine anderen schwerwiegenden Schäden: Reanimation erst nach Erwärmung abbrechen! 24.01.2013 26 retten – löschen – bergen – schützen Spezielle Rettungstechniken Rettung bei Brandverletzten Besonderheiten bei Brandverletzten Erstuntersuchung und Sofortmaßnahmen: nach Standard Hier initial als Option: Kühlung – mit Leitungswasser, kein Eiswasser – max. 5 Minuten lang – Ziel: ausschließlich Schmerzlinderung – Cave: Unterkühlung – Sofort abbrechen bei Kältezittern Achtung: • Trauma nicht übersehen! • Kontinuierlich beobachten: Atemweg 24.01.2013 27 retten – löschen – bergen – schützen Spezielle Rettungstechniken Rettung bei Brandverletzten Besonderheiten bei brennenden Personen 1. Patient muß sofort zu Boden gebracht werden Sonst: – Gesichtsverbrennungen – Thermisches Inhalationstrauma 2. Flammen mit Decken / Kleidung ersticken – Gesicht freilassen – Ausstreichen, nicht beklopfen – beachte: Achselhöhlen, Raum zwischen den Beinen Alternativ: Feuerlöscher (Pulverlöscher) – nicht ins Gesicht sprühen – nicht mit CO2-Löschern 24.01.2013 28 retten – löschen – bergen – schützen Spezielle Rettungstechniken Rettung bei Kindern Besonderheiten bei Kindern Erstuntersuchung und Sofortmaßnahmen nach Standard Einsatzverlauf sehr abhängig vom Aufbau Vertrauensverhältnis – Säuglinge / Kleinkinder nicht von Bezugsperson (meist: Mutter) trennen – Einen Bezugsgegenstand mitnehmen (z.B. Lieblingspuppe) – Bei Jugendlichen Trennung von Eltern oft sinnvoll – (auch: bei V.a. Mißhandlung) Hilfreiche Verhaltensregeln bei Kindern: • Uniformjacke ausziehen • räumlich auf Höhe des Kindes begeben • alle Maßnahmen ankündigen und Einverständnis einholen • nie falsche Versprechungen abgeben („wird gar nicht wehtun“) 24.01.2013 29 retten – löschen – bergen – schützen Lagerung Bedeutung von Lagerungstechniken Die richtige Lagerung soll • Sicherheit des Patienten gewähren • Schmerzen und Unwohlsein des Patienten lindern • Wirksamkeit der medizinischen Maßnahmen unterstützen Prinzipien • Wache Patienten selbst die für sie angenehmste Lagerung wählen lassen • Nutzung der Schwerkraft zur Unterstützung der Therapie 24.01.2013 30 retten – löschen – bergen – schützen Lagerung Standard-Lagerung Standard: Rückenlage, flach • bei Reanimation: feste Unterlage essentiell • bei V.a. auf Wirbelsäulenverletzung: Rückenlage mit Modellierung in Vakuummatratze 24.01.2013 31 retten – löschen – bergen – schützen Lagerung spezielle Lagerungen Rückenlage mit erhöhten Beinen / Becken = „Schocklage“ • bei hypovolämischem Schock (v.a. bei signifikanten Blutverlusten) • Hochlagerung von Becken und Beinen um 30° – • Rückstrom des Blutes aus Bein-/Beckenvenen in zentrale Zirkulation Nicht bei kardiogenem Schock! 24.01.2013 32 retten – löschen – bergen – schützen Lagerung spezielle Lagerungen Rückenlage mit erhöhtem Oberkörper • bei Schädel-Hirn-Trauma mit 30° erhöhtem Oberkörper – 24.01.2013 verbesserter Abstrom venösen Blutes aus Kopf / Hals, Prophylaxe des Hirnödems 33 retten – löschen – bergen – schützen Lagerung spezielle Lagerungen Rückenlage mit Entspannung der Bauchdecken = Stufenbettlagerung • bei schweren abdominellen Schmerzen (akutes Abdomen, Bauchtrauma) 24.01.2013 34 retten – löschen – bergen – schützen Lagerung spezielle Lagerungen Sitzende Lagerung • bei Atemnot, Thoraxbeschwerden – • Asthma bronchiale, chronisch obstruktive Lungekrankheit, Angina pectoris / Herzinfarkt, Lungenödem bei behinderter Atmung: Atemhilfsmuskulatur einsetzen lassen 24.01.2013 35 retten – löschen – bergen – schützen Lagerung spezielle Lagerungen Linksseitenlage • bei Schwangeren • Unterlegen von Kissen / Decken rechts unter Becken und Rücken – 24.01.2013 Verlagerung des graviden Uterus nach links, um Kompression der Vena cava inf. zu verhindern und venösen Rückstrom zum Herzen zu sichern 36 retten – löschen – bergen – schützen Lagerung spezielle Lagerungen Stabile Seitenlage / Recovery Position • bei Bewußtlosen mit ungesichertem Atemweg – Kopf ist überstreckt, Zunge kann nicht zurückfallen – Erbrochenes kann ablaufen 24.01.2013 37 retten – löschen – bergen – schützen Transportphase Besonderheiten Wahl des Rettungsmittels Rettungswagen Rettungshubschrauber schnell +/- + schonend +/- + verfügbar + +/- Überwachungsmöglichkeit während Transport + + Interventionsmöglichkeit während Transport + +/- Kommunikation während Transport + - 24.01.2013 38 retten – löschen – bergen – schützen Transportphase Besonderheiten Beachte Patient wird bei Transfer und Transport häufig bewegt: • Achte unbedingt auf Fixierung! (i.v,-Zugänge, Tubus, etc.) Erschütterungen, Beschleunigungs-/Bremskräfte, Lagerung rückwärts zur Fahrtrichtung, keine Sicht auf Umgebung: • Übelkeit / Erbrechen • Linderung durch Sauerstoffgabe, Antiemetika Sondersignal-Fahrten: 5-fach gesteigertes Unfallrisiko • Patient und Personal anschnallen und sichern! 24.01.2013 39