Nähe und Ferne - Bergmoser + Höller Verlag AG

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Nähe und Ferne - Bergmoser + Höller Verlag AG
Ausgabe 1/2011
Nähe und Ferne
Inhaltsverzeichnis
Thema
Bekenntnisse des Augustinus ................................. 1
Nähe zu Gott ........................................................... 2
Gedichte.................................................................. 3
Kreativ
Erinnerungen aus der Kinder- und Jugendzeit
Stadt der Kindheit ..................................................... 4
Garten der Kindheit ................................................... 4
Wie waren Ihr Bett und Ihr Schlafzimmer? .................... 5
Erinnerung an Waschtage ............................................ 5
Nach dem Waschen kam das Wäscherollen ................... 5
Frühjahrsputz ........................................................... 6
Erinnerungsspiel ........................................................ 6
Urlaub und Reisen ..................................................... 6
Rätsel
Wie nah und fern sind uns die Länder Europas? ............. 7
Bienenrätsel .............................................................. 8
Basteln von „Zielkalendern“ für ferne Festtage
Walnusskalender 1 ....................................................10
Walnusskalender 2 ....................................................10
Verschieden gestaltete Zielkalender ............................11
Zielkalender mit Sektflaschen .....................................12
Gruppenarbeit mit einem Kalender ..............................12
„Wie lieb sind mir deine Wohnungen,
Herr Zebaoth!“ .......................................................14
Der Tod begleitet uns immer, manchmal fern,
manchmal nah
Die Suche nach unserem Kind ....................................15
Gedicht: Suche und Erinnerung ..................................15
Nähe zu Verstorbenen durch Trauerarbeit ....................16
Gedicht: Schatten .....................................................16
Brief an meinen verstorbenen Großvater ......................17
Bildbesprechung, Folie A: Treppe ...........................18
Titelbild: Mugur Pascu, „Sonne über der Stadt“, Ausschnitt
Nicht näher bezeichnete Fotos: Peter Karsch
Erzählteil
Bildbesprechung, Folie B: Altarbild ........................18
Nähe und Ferne zu unseren Mitmenschen
Fremde – ganz nah ...................................................20
Auch Gesten bringen uns näher ..................................21
Der Distanzhalter .....................................................21
Nähe und Ferne in der Familie ....................................24
Ferne und Nähe im Wechsel der Zeiten ........................24
Nähe und Ferne in einer Freundschaft .........................25
Großmuttertag .........................................................26
Nähe und Ferne im Haiku ..........................................27
Gedicht: Abschied ....................................................28
Afrika
In der Ferne zu sich selbst finden ...............................28
Not in der Ferne .......................................................29
„Stichhaltige“ Argumente ...........................................30
Fokus
Unsere fünf Sinne ..................................................32
Inspirationen
Die Welt in uns ........................................................33
Nähe und Ferne in Raum und Zeit ..........................35
Festgestaltung
Österliche Basteleien
Ostern und seine Bräuche ..........................................36
Osterkarten .............................................................37
Osterkerzen..............................................................38
Osterkörbchen .........................................................38
Warum die Ostereier bunt sind, Gedicht: Das Osterei ....39
Ostereier schmücken ................................................39
Österlichen Tischschmuck basteln ................................42
Spiele zu Ostern .......................................................43
Weinflaschen österlich verpacken ...............................43
Hinweis zu Heft 5/2010: Das obere Bild in der rechten
Spalte auf Seite 11 stammt aus dem „Struwelpeter“ (Die
gar traurige Geschichte mit den Zündhölzern).
Thema
Bekenntnisse des Augustinus
iteinander reden und lachen, sich gegenseitig Gefälligkeiten erweisen – zusammen schöne Bücher lesen, sich necken, aber auch einander Achtung erweisen. Mitunter sich auch streiten, ohne Hass, so wie man es nun einmal mit
sich selbst tut. Manchmal auch in den Meinungen auseinandergehen und
damit die Eintracht würzen. Einander beleben und voneinander lernen. Die
Abwesenden schmerzlich vermissen, die Ankommenden freudig begrüßen,
lauter Zeichen der Liebe und Gegenliebe, die aus dem Herzen kommen. Sich
äußern in Miene, Wort und 1000 freundlichen Gesten und wie Zündstoff den
Geist in Gemeinsamkeit entflammen, sodass aus den Vielen eine Einheit wird.
Augustinus von Hippo, *13. November 354 in Tagaste, †28. August 430 in Hippo als Bischof von Hippo Regius
Alter Scherenschnitt
Ausgabe 1/2011
1
Thema
Nähe zu Gott
Ein Jüngling, verträumt und unsicher, verbrachte viel Zeit
damit, über seine Fehler nachzugrübeln. Vor allem, so
schien ihm, hatte Gott nicht den gebührenden Platz in seinem Leben. Deshalb dachte er darüber nach, wie er Gott
nahe sein könnte. Er verbrachte viel Zeit damit, aber die
Antwort war schwer zu finden. Er konnte kein Rezept, keine befriedigende Verhaltensweise finden, das ärgerte ihn.
Eines Tages hörte er von einem weisen Mann, der in den
Bergen wohnte und auf viele Fragen eine Antwort wusste.
Sobald es ihm möglich war, machte sich der Jüngling auf
den Weg. Er ging rasch, denn er war neugierig auf den
weisen alten Mann. Er war kräftig und sportlich und kam
gut voran. An der ersten Kreuzung trank er ein wenig vom
Wasser, welches aus einer Quelle sprudelte. Dann schritt
er weiter zügig voran, immer den Berg hinauf.
An der zweiten Kreuzung aß er ein bisschen Brot, seine
Wegzehrung, und ging bald weiter den steilen Bergpfad
hinauf. Die Sonne brannte vom Himmel und er hoffte nur,
dass er rechtzeitig die Hütte des weisen Mannes erreichen
würde, denn er wollte abends wieder zurück sein.
An der dritten Kreuzung setzte er sich auf einen Baumstumpf im Schatten und sah auf das Tal hinunter und freute sich über die Höhe, die er schon geschafft hatte. Er saß
im Schatten, weil die Sonne immer noch heiß brannte. Die
Hütte des weisen Mannes sah er bereits hoch oben auf der
Bergkuppe und meinte, dass er auch das letzte Stück noch
schaffen würde. Gedankenverloren nahm er ein Stöckchen
auf, kritzelte im Sand und spielte mit Steinen und kleinen
Ästen. Ameisen krabbelten in der Nähe, geschäftig und offenbar unbeirrt von allen Problemen dieser Welt.
Dann ging er weiter und erreichte schon etwas ermattet
sein Ziel. Er hatte frisches Brot mitgebracht. Der alte Mann
bedankte sich kurz. Er bedeutete dem jungen Mann, sich
auf eine Bank im Schatten zu setzen und setzte sich zu
ihm. Er erwies sich jedoch trotz seines freundlichen Gesichts als etwas wortkarg, sagte einige Zeit gar nichts.
Dann fragte er nach Neuigkeiten im Tal, dem Alltag des
jungen Mannes, was er lerne, ob er Freude am Lernen habe und danach, wie er in der heißen Sonne den Weg herauf
gelaufen war. Er hatte keine Eile, seinen Gast nach dessen
Begehr zu fragen. So stellte der junge Mann seine Frage:
2
„Was muss ich tun, damit ich näher zu Gott finde?“ Der alte Mann überhörte die Frage, antwortete nicht, sondern
fragte zurück: „Was hast du heute getan?“
Der Jüngling erzählte weiter:„Heute früh bin ich zeitig aufgestanden, denn ich wusste, dass der Weg zur Hütte weit
und beschwerlich ist. An der ersten Kreuzung habe ich
Wasser getrunken, an der zweiten Kreuzung habe ich ein
kleines Stück Brot gegessen, an der dritten Kreuzung habe
ich mich ein bisschen ausgeruht. Sonst bin ich immer nur
möglichst schnell gelaufen.“ Der alte Mann schaute ihn
immer noch fragend an. Da erzählte er weiter, vom Quellwasser, der Sonne, vom Stöckchen, mit dem er gespielt
und im Sand gekritzelt hatte, und von den geschäftigen
Ameisen.
Da antwortete der weise Mann: „Als du gespielt hast wie
ein Kind, da warst du am nächsten bei Gott. Als du dich
gelöst hast von deinen Gedanken, als deine Grübeleien zurückgetreten sind, als du deine Umgebung wahrgenommen
hast.“
Der Jüngling bedankte sich bei dem alten Mann, dass er
sich für ihn Zeit genommen hatte und ging den weiten Weg
wieder zurück und dachte dabei über die Worte des alten
weisen Mannes nach. Er aß wieder vom Brot und trank
wieder Wasser von der Quelle. Der Weg bergab fiel ihm
leicht und ihm schien, dass nicht nur sein Rucksack leichter
geworden sei, sondern auch sein Leben.
Nacherzählung, Original und Urheber unbekannt, für Hinweise wären wir
dankbar.
Ich suche Nähe
Ich suche Nähe
zu Menschen
Tieren
Pflanzen
und Gott.
Manchmal
bin ich ferne
von Menschen
Tieren
Pflanzen
und Gott.
Ich brauche Nähe!
Ausgabe 1/2011
Thema
Gedichte
Zitronenboot
Nähe
Schäumend und schaukelnd im Sonnengeflimmer
zieht seine Bahn das kleine Boot
der untergehenden Sonne Schimmer
taucht es in zartes Orangerot.
Weit und breit allein,
grüßen wir uns begeistert,
genießen Stille.
Zwischen den Ufern wieder und wieder
flieht und anpeilt es sein zweifaches Ziel
hüpft es und tanzt es auf und nieder
durchschneidet den Fluss sein gelber Kiel.
Steh ich am Ufer so ziehen doch leise
verborgen im Rumpf des kleinen Gefährts
meine Gedanken zitronenbootweise
von keiner bangen Sehnsucht verzehrt.
Taumelnd in schmetterlingsleichter Weise
kehren sie schließlich zu mir zurück
ich steh am Ufer betrachte leise
das hüpfend zitronengelbe Glück.
Entfernung
Unheimlich für mich:
Der Mann, Joint rauchend am Strand,
entfernt sich – so nah.
Bald
Wie lange schmerzen
Worte? Wie viel halt ich aus?
Wann werd ich heil, Wind?
Denn
Dann kommt die Nacht. Hast
du den Tag bis zur Neige
geleert und gelebt?
Haiku von Barbara Wohlgemuth
Claudia Karg
Alter Scherenschnitt
Ausgabe 1/2011
3
Kreativ
Erinnerungen aus der Kinderund Jugendzeit
Wenn Sie sich damit beschäftigen, werden Sie staunen, was Ihnen alles wieder einfällt und was sich
alles geändert hat. Man kann aus jeder Geschichte
einen Abend gestalten. Sie können die Teilnehmenden bitten, entsprechende alte Fotos oder, falls vorhanden, Gegenstände mitzubringen, um dann ihre
Erinnerungen auszutauschen.
Jeder, der wie ich ein höheres Alter erreicht hat, kennt diese Empfindung: Der schon gegangene Lebensweg scheint
unendlich lang zu sein. Er ist es ja auch, wenn man ihn unter dem Aspekt der Kürze unseres Menschenlebens sieht.
Oft frage ich mich: War ich wirklich dieses Kind, das im
Frühjahr mit anderen Kindern Murmeln in kleine Erdgruben
rollen ließ? Weit weg, nur am Rande der Wirklichkeit liegt
heute mein junges Leben. Und dann, ganz plötzlich, in einem Augenblick, ist die Kindheit wieder ganz nah und ich
scheine alle Gefühle wie damals unmittelbar zu erleben.
Stadt der Kindheit
Es gibt für mich ganz bestimmte Orte, an denen diese Gefühle besonders gespeichert sind und dort aufgerufen werden können. Einer dieser Orte ist ein kleines Städtchen, in
dem ich meine Vorschulzeit erlebte und in den Folgejahren
meine Ferienwochen im Sommer. Abgeschieden liegt es
umgeben von Bergen. Es besteht im Wesentlichen nur aus
dem Hauptplatz mit einer von einer riesigen Linde beschatteten Pestsäule, gerahmt von geräumigen Bürgerhäusern,
die an die ehemalige Bedeutung der Stadt erinnern und der
Kirche mit angrenzendem Pfarrhof. Von ihm weg führt eine
lange Gasse, in der zu beiden Seiten einfache einstöckige
Bauten nebeneinander aufgereiht sind. Das Besondere an
der kleinen Stadt mit ihrer mittelalterlichen Prägung ist eine gut erhaltene Stadtmauer, die die Stadt umrundet. Drei
Stadttore führen nach draußen, die durch ihre Enge ein
größeres Verkehrsaufkommen verhindern. So blieb der Ort
eine kleine, gerahmte und überschaubare Welt, in den das
Weltgetriebe nicht eingedrungen zu sein scheint. Nur außerhalb der Mauern hat sich seither vieles verändert, so
sehr, dass selbst die Gegebenheiten der Natur heute anders
erscheinen. Deswegen schreibe ich davon auch in der Vergangenheit.
In meiner Kindheit war der größte Teil der Bewohner der
vom Zentrum wegführenden Gasse Handwerker mit eige-
nen Betrieben. Es gab den Huf- und Wagenschmied, die
Schlosserei, die Tischlerei, die Drechslerei, die Schuhmacherei. Einige der Häuser weisen auch heute noch mit ihren
Aufschriften auf ihre alte Funktion hin. In jenen Jahren
strömten aus den Toren und Fenstern aller dieser Häuser
ganz bestimmte Gerüche. Besonders eingeprägt hat sich
mir das immer offen stehende Tor der Schmiede, durch das
die zu beschlagenden Pferde geführt wurden. Vom Amboss
leuchtete das Feuer und der eindringliche Geruch des in der
Hitze schmelzenden Horns der Pferdehufe quoll nach draußen.
Ganz anders roch es in der Nähe des Schusters, der große
Mengen frischen Leders lagerte und zum Kleben flüssigen
Leim verwendete. Ein Geschäft zwischen den Betrieben war
für alle möglichen Waren zuständig: für Lebensmittel und Geschirr, für Kleiderstoffe und Artikel für die Landwirtschaft. Da
die Esswaren eingewogen wurden, verströmten auch sie –
neben den imprägnierten Stoffen, neben den Lacken der Metallwaren und dem gelagerten Papier – eigene Düfte.
Lächelnd und gelöst gehe ich heute durch die kleine Stadt,
an die alle diese frühen Eindrücke bleibend gebunden sind.
Jeder Besuch lässt sie neu entstehen. Dadurch, dass die
Reize sehr begrenzt waren und (abgesehen von den besonderen Gefühlseindrücken) beliebig oft erfahren werden
konnten, drangen sie intensiver in mich ein. Es ist mir dort
immer, als reiche ich mit meinen 70 Jahren der Kindheit
und Jugend, somit meinem Lebensbeginn, die Hand. In stillen Stunden lasse ich mich aber auch oft nur in Erinnerungen
fallen, die bildhaft, lebendig und beruhigend aufsteigen.
Erika Bodner
Garten der Kindheit
Außerhalb eines Teiles der Stadtmauer begrenzte ein Zaun,
nur durch einen schmalen Weg von ihr getrennt, ein
schmales Gartenstück, das im Schutze dieser Mauer stand
und daher frühen Ertrag sicherte. Ein wilder, klarer Bach
bildete die Grenze zur anderen Seite hin. Die Eigentümerin
des Gartens hatte meine Mutter und mich oft eingeladen.
Die ersten Erdbeeren und Himbeeren fanden sich dort, jedes Jahr neu ein Wunder an Farbe und Geschmack. Dazu
standen im Garten inmitten der vielen Blumen, von denen
mir der duftende Flox in besonderer Erinnerung ist, bunte
Glaskugeln auf Stöckchen aufgereiht. Wer stieß in jenen
von Not gezeichneten Kriegsjahren schon auf solche
Pracht? Es gab auch eine Bank in diesem Garten und darauf
so nahe am Bach zu sitzen, war eine aufregende, ein wenig
gefährliche Sache. Sein Rauschen übertönte jedes Geräusch, das von außen kam.
Erika Bodner
4
Ausgabe 1/2011
Kreativ
Wie waren Ihr Bett
und Ihr Schlafzimmer?
„Wie man sich bettet, so liegt man“, sagt ein Sprichwort.
Tatsächlich verraten die Schlafgewohnheiten viel über Kultur-, Sozial- und Sittengeschichte des Schlafes. Bettstatt
und Umstände des Zubettgehens haben sich im Laufe der
Zeit verändert. Vom einfachen Strohlager bis zum seidenen
Laken, von früherer Bettgeselligkeit bis zum Rückzug ins
separate Schlafzimmer reicht der thematische Bogen.
Ich kann mich noch gut an das Schlafzimmer meiner Kindheit erinnern. Es war ein langer, schmaler Raum. Mit drei
einzelnen Betten (Mutter, Tante, ich). Im Winter glitzerten
die Wände vor Frost und als Einschlafhilfe gab es Wärmflaschen, dicke Federbetten, ein Unterbett und eine Wolldecke als „Sack“ an die Füße.
Von einer Bekannten weiß ich, dass sie ihr Bett mit drei
Geschwistern teilen musste und dass es da abends immer
Streit um den besten Platz gab. Heute hat jedes Kind sein
eigenes Kinderzimmer, oft mit eigenem Computer und
Fernseher. Das schafft mehr Möglichkeiten, aber auch
mehr Isolation.
Erika Bodner
Erinnerung an Waschtage
Ich kann mich noch sehr gut an die Waschtage bei uns zu
Hause erinnern. Im Waschhaus wurde der Kessel geheizt,
eine Waschfrau kam, die schon lange vorher bestellt war.
Wenn schlechtes Wetter war, gab man den Männern die
Schuld. Regenwetter war wirklich schlimm, denn es gab
keine elektrischen Trockner, sondern nur eine Wringmaschine, für die man ziemlich viel Kraft zum Drehen brauchte. Aber zuerst wurde die weiße Wäsche im Waschkessel
gekocht und mit einem Stampfer bewegt. Es gab viele unterschiedlich große Zinkwannen und auch Holzbottiche, die
vorher eingeweicht werden mussten, damit sie dicht waren
und kein Wasser auslaufen konnte. Die Waschküche, bei
uns im Keller des Hauses, war immer voll Dampf. Die
Frauen waren alle tüchtig aufgeregt und zum Mittag gab es
einen Eintopf, der schon am Tage vorher gekocht wurde,
denn Pizza bestellen konnte man noch nicht, und die
Waschfrau musste ja mit verpflegt werden.
Die Wäsche wurde gespült und gewrungen und im Hof aufgehängt. Dazu musste vorher die Wäscheleine gezogen
werden, denn wenn sie hängen geblieben wäre, hätte die
Wäsche Leinenstreifen (Schmutzstreifen) bekommen, abwischbare Plastik-, bzw. Plasteleinen gab es noch nicht.
Ausgabe 1/2011
Das Seifenwasser von der weißen Wäsche wurde aufgefangen. Wenn es abgekühlt war, wurde die bunte Wäsche mit
einem Waschbrett darin gewaschen. Für die Kinder und die
Männer war der Waschtag eine unangenehme Sache, denn
die Frauen waren vor lauter Anstrengung hektisch und hatten für nichts anderes Zeit.
Nach dem Waschen kam
das Wäscherollen
Die frisch gewaschene Wäsche war durch das Wringen
knittrig. Die Hemden und Blusen wurden gebügelt, bügelfreie Stoffe gab es noch nicht. Die Bett- und Tischwäsche
musste zur Rolle gebracht werden. Mit Handwagen und
vollem Wäschekorb fuhr man dorthin.
Auf einem großen, stabilen Holztisch wurde die Wäsche in
bestimmter Breite hingelegt. Dann wurde sie auf das Rollholz aufgewickelt und mit einem Rolltuch umgeben. Das
Rolltuch aus besonders derbem Leinen war hellgrau und
hatte rote Ränder. Diese Wäscherolle wurde nun in den
Spalt der Maschine geschoben und mit Armkraft (später
elektrisch) durch ein Rad hin- und hergedreht. Der obere
Teil der Wäscherolle war ein Holzkasten, der mit Steinen
beschwert war. Durch dieses Gewicht wurde die Wäsche
glatt und glänzend. Je länger man rollte, umso schöner
wurde sie. Wenn man aber die Rollen nicht ordentlich gewickelt hatte, fiel das Rolltuch mit der Wäsche vom Rollholz und man konnte noch einmal von vorne anfangen.
Ein großer Fortschritt war dann die Heißmangel. Dafür
musste die Wäsche etwas feucht hingebracht werden (was
man gegebenenfalls durch Einsprengen mit Wasser am
Abend vorher erreichte). Die Wäsche wurde dann, jedes
Stück einzeln, durch Wärme und Druck mit elektrischer
Kraft durch zwei Rollen gedreht und dadurch schön glatt.
Dann fuhr man mit dem Handwagen wieder nach Hause,
denn an ein Auto war nicht zu denken.
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Kreativ
Frühjahrsputz
Frühjahrsputz musste vor Ostern gemacht werden. Ich
denke, dass diese Tradition auch in Vorbereitung auf die
Feier des großen christlichen Festes gedacht war. Die Gardinen und Vorhänge wurden gewaschen. Auf und möglichst
auch hinter den Schränken wurde sauber gemacht. Die dicken Winterbetten wurden gegen die dünneren Sommerbetten getauscht, dabei natürlich frisch bezogen, und die
Matratzen wurden aus den Betten genommen und abgewischt. Die Matratzen waren einteilig und schwer. Mindestens zwei Personen mussten sie aus den Betten heben. Die
Federbetten wurden „gesommert“, d.h. auf die Leine gehängt und gelüftet. Dazu durfte natürlich kein feuchtes
Wetter sein. Aber auch kräftige Sonne war ungünstig. Da
„verbrannten“ die Federn.
Manchmal wurden dabei auch die Schränke leer geräumt,
ausgewischt und mit frischem Schrankpapier – in meiner
Erinnerung war es Packpapier – ausgelegt. Die Lampenschirme wurden abgeschraubt oder wenigstens abgewischt,
und, wenn man sowieso die Leiter hervorholen musste,
wurde natürlich auch die Gardinenstange abgewischt. Die
Fenster wurden mit einem Fensterleder und Zeitungspapier
geputzt. Glasreiniger gab es noch nicht.
Die Teppiche wurden geklopft, denn Staubsauger kamen
erst später auf. In unserem Hof war dafür extra eine Teppichstange, aber manchmal konnten wir Kinder auch unsere
Schaukel daran aufhängen und Turnübungen veranstalten.
Eine lustige Geschichte zum Saubermachen:
Als wir den ersten Staubsauger hatten, saugte er nach einer gewissen Zeit nicht mehr. Ich wurde damit zum Elektrohändler geschickt, er sollte ihn reparieren. Der Fachmann
lachte, denn niemand hatte daran gedacht, den Beutel zu
leeren. Das Rohr war total mit Schmutz zugesetzt. Ich war
damals etwa zwölf Jahre alt und habe mich mächtig für die
Unkenntnis meiner Familienmitglieder geschämt.
Erinnerungsspiel
In der Mitte auf dem Tisch oder im Kreis befindet sich ein
Korb oder eine Schale, in der viele möglichst alte Sachen
liegen. Das können z.B. sein: Knöpfe, Zwirnrollen, Strickund Häkelnadeln, Brillen, Lupen, Geldbörsen, Brieftaschen,
Tassen, Teller, Zettel, Bleistifte, Vasen, Kochtöpfe, Uhren,
Taschentücher, Ketten, Broschen usw.
Die Teilnehmer werden gebeten, die Gegenstände eingehend zu betrachten und in ihren Erinnerungen zu „kramen“: Welcher Gegenstand erinnert mich an ein besonderes Erlebnis? Was fällt mir dazu ein? Jeder Teilnehmer
nimmt sich einen Gegenstand und erzählt, an welches Er-
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lebnis – es kann lustig oder traurig sein – er dadurch erinnert wird.
Nach der ersten Runde ist bestimmt noch einigen Teilnehmenden durch die Erzählung und die Gegenstände der anderen ein eigenes Erlebnis eingefallen. Auch dieses sollte
erzählt werden.
Zum Schluss können die Gegenstände wieder abgegeben
werden, die Erinnerungen aber werden mit nach Hause genommen.
Das Spiel lässt sich so abwandeln, dass die Teilnehmer einige Zeit vorher gebeten werden, selbst einen Erinnerungsgegenstand mitzubringen. Aber meistens macht man
sich dann zu viele Gedanken über den auszuwählenden
Gegenstand.
Urlaub und Reisen
Wir verreisen heutzutage so, wie es unseren individuellen
Bedürfnissen gerecht wird. Urlaubstage haben wir genug,
jedenfalls mehr als Geld zum Reisen. Wir machen z.B. eine
Bildungsreise, auf der wir uns wohlfühlen, beeindruckt
sind, aber fast alle Einzelheiten wieder vergessen. Wer seinem eintönigen Leben etwas Würze geben will, nimmt an
einer Abenteuerreise teil. Wer einfach Ruhe haben möchte,
fährt an einen Strand oder macht Wanderungen im Wald
oder im Gebirge.
„In den Urlaub fahren“ ist historisch gesehen keinesfalls so
selbstverständlich wie heute. Meine Eltern beschränkten
sich in den Nachkriegsjahren bis in die 60er-Jahre hinein
auf Verwandtenbesuche. Alternativ standen sowohl in
West- als auch in Ostdeutschland gewerkschaftliche Heime
zur Verfügung, aber man konnte sie keinesfalls jedes Jahr
in Anspruch nehmen.
Der Urlaubsanspruch war ja früher auch nicht allzu hoch.
Bis etwa 1900 gab es für Arbeiter kaum freie Tage, für leitende Angestellte allerdings schon. Sie waren „etwas Besseres“ und mussten ihre Arbeitsfreude erhalten. Erst nach
dem Zweiten Weltkrieg gab es für alle einen Urlaubsanspruch von mehr als zwei Wochen. Die gewährten Urlaubstage wurden seither immer mehr, bis wir heute circa
sechs Wochen Urlaub haben.
Geld für einen Hotelurlaub wurde bis in die 70er-Jahre
nicht ausgegeben. So machten wir uns mit meinen Tanten
und Onkels ein paar schöne Tage. Die rückten zusammen,
schufen Schlafgelegenheiten im Wohnzimmer und organisierten Spaziergänge und Wanderungen in der Umgebung.
Heutzutage haben viele Arbeitnehmer – auch Rentner und
Pensionäre – das Geld, weit wegfahren zu können. In den
60er- und 70er-Jahren entwickelte sich in Westdeutschland
Ausgabe 1/2011
Kreativ
ein Massentourismus, der sich hauptsächlich auf die Badeorte Italiens und Spaniens richtete. In der DDR blieb es
notgedrungen bei Verwandtenbesuchen, Zeltplätzen und
FDGB-Urlauben.
Monaco
Podgorica
Russland
Peter Karsch
Norwegen
Rätsel
Paris
Wie nah und fern sind uns die Länder
Europas?
Im Weltmaßstab gesehen ist Europa nicht groß, aber es
hat 46 Länder. Wie gut kennen Sie sich in unserem Erdteil
aus? Bitte ergänzen Sie die Hauptstädte oder Länder.
Hauptstadt
Land
Amsterdam
Andorra
Ankara
Reval (Tallinn)
Island
Riga
Italien
San Marino
Sarajewo
Sofia
Athen
Serbien
Berlin
Schweiz
Belgien
Budapest
Rumänien
Irland
Helsinki
Schweden
Tirana
Liechtenstein
Valletta
Vatikan
Warschau
Österreich
Wilna (Vilnius)
Kroatien
Kiew
Moldawien
Dänemark
Laibach (Ljubljana)
Portugal
London
Luxemburg
Spanien
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Slowakei
Makedonien
Astana
Minsk
Prag
Lösung (in der richtigen Reihenfolge angegeben): Niederlande, Andorra la Vella, Türkei (liegt z.T. in Asien), Kasachstan (liegt z.T. in Asien), Griechenland, Belgrad,
Deutschland, Bern, Brüssel, Ungarn, Bukarest, Dublin,
Finnland, Ukraine, Kischinau (Chișinău), Kopenhagen, Slowenien, Lissabon, Großbritannien, Luxemburg, Madrid,
Weißrussland, Monaco, Montenegro, Moskau, Oslo, Frankreich, Tschechien, Pressburg (Bratislava), Estland, Reykjavik, Lettland, Rom, San Marino, Bosnien und Herzegowina,
Skopje, Bulgarien, Stockholm, Albanien, Vaduz, Malta, Vatikanstadt, Polen, Wien, Litauen, Zagreb
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Kreativ
Bienenrätsel
11.Kann man einen Bienenschwarm
einfangen?
a) Ja
b) Nein
Fragen zu den Arbeitsbienen
12.Wie viel wiegt eine Biene ungefähr?
a) 1,0 g
b) 0,5 g
c) 0,1 g
Aus der Ferne ein Bienenhaus, in der Nähe Fleiß
und Leben.
Bitte ordnen Sie den folgenden Fragen (1., 2., 3. usw.) die richtigen
Antworten (a, b, c usw.) zu. Mehrfachnennungen sind möglich.
5. Verlassen die Bienen im Winter
den Stock?
a) Ja
b) Nein
Fragen zum Bienenvolk
6. Haben die Bienen eine „Toilettenecke“ im Kasten?
a) Ja
b) Nein
1. Wie viele Bienen gehören mindestens zu einem Bienenvolk?
a) 1.000 bis 2.000
b) 10.000 bis 20.000
c) 100.000 bis 150.000
2. Welche Bienen braucht ein
Bienenvolk?
a) König
b) Königin
c) Drohnen = männliche Bienen
d) Arbeitsbienen
3. Kann ein Bienenvolk mit zwei
Königinnen leben?
a) Ja
b) Nein
4. Wie überstehen die Bienen den
Winter?
a) Sie halten Winterschlaf.
b) Sie fallen dabei in Winterstarre.
c) Sie setzen sich eng zusammen;
durch Zitterbewegung der Flügel
wird Wärme erzeugt.
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7. Kann der Imker ein Bienenvolk
teilen?
a) Ja
b) Nein
8. Kann der Imker Bienenvölker
vereinigen?
a) Ja
b) Nein
9. Wie groß ist normalerweise
der Flugradius eines Bienenvolkes? Bis:
a) 1 km
b) 3 km
c) 5 km
10.Aus welchen Gründen schwärmen Bienen aus?
a) Es ist zu wenig Platz im Stock.
b) Es gibt zwei Königinnen.
c) Es ist zu warm im Stock.
13.Wie viele Kilometer legt eine Honigbiene ungefähr in ihrem Leben zurück?
a) 200
b) 800
c) 1500
14.Welche Aufgaben haben die Arbeitsbienen?
a) Nektar sammeln
b) Pollen sammeln
c) Brutpflege
d) Wabenbau
e) Putzen der Zellen
f) Wasser holen
15.Wie schnell fliegen Arbeitsbienen
zur so genannten Blütentracht?
a) Ca. 1 km/h
b) Ca. 25 km/h
c) Ca. 100 km/h
16.Wie viele Kilometer muss eine
Biene fliegen, damit ein Kilogramm Honig produziert werden
kann?
a) 100.000 km
b) 200.000 km
c) 400.000 km
17.Wo sammeln die Bienen den
Nektar für die Honiggewinnung?
a) Im Kropf
b) Im Magen
c) In der Honigblase
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Kreativ
Fragen zur Königin
18.Wie heißt die Königin in der
Fachsprache?
a) Königinmutter
b) Altbiene
c) Weisel
19.Welche Aufgabe hat die Königin?
a) Duftstoffe aussenden
b) Eier legen
c) Brut füttern
20.Wie viele Eier legt die Königin
ungefähr im Jahr?
a) 1.500
b) 15.000
c) 150.000
25.Wie lange leben die Drohen?
a) 1 Jahr
b) Sie sterben nach der Befruchtung.
c) Sie werden im Herbst als „unnötige Fresser“ hinausgeworfen.
26.Wie viele Drohnen befruchten
eine Königin?
a) 1 Drohne
b) 5 Drohnen
c) 20 Drohnen
31.Wie viel Wasser darf höchstens
in reifem Honig sein?
a) 10%
b) 20%
c) 30%
32.Was ist Gelée Royale?
a) Bienenfutter
b) Futtersaft für die Königinnenlarve
c) Leckerlis für die Bienen
Fragen zu Garten und Bienen
27.Sind Bienenwaben
a) 4-eckig
b) 6-eckig
c) 8-eckig
33.Wie viele unserer heimischen
Blütenpflanzen sind auf Insektenbestäubung angewiesen?
a) Die Hälfte
b) Drei Viertel
c) Alle
28.Wie viel Honig produziert ein
Bienenvolk im Jahr ungefähr?
a) 5 kg
b) 10 kg
c) 15 kg
d) 20 kg
34.Wie viel Prozent unserer Obstbäume sind auf Bienenbestäubung angewiesen?
a) 70%
b) 90%
c) 100%
29.Wie wird der Honig aus den
Waben gewonnen? Durch:
a) Schleudern
b) Erhitzen
c) Auslöffeln
Lösung: 1 b); 2 b), c), d); 3 b); 4
c); 5 b); 6 b) (Sie verlassen aber
zum Austreten den Bau); 7 a); 8 a);
9 b); 10 a), b); 11 a); 12 c); 13 b);
14 a), b), c), d), e), f); 15 b); 16
b); 17 c); 18 c); 19 a), b); 20 c);
21 a); 22 d), e); 23 c) (jedoch im
Flug); 24 c); 25 b), c); 26 c); 27
b); 28 d); 29 a); 30 c); 31 b); 32
b); 33 b); 34 b)
Fragen zu Waben und Honig
21.Kann man eine Königin
ersetzen?
a) Ja
b) Nein
22.Wie oft in ihrem Leben bzw.
warum fliegt die Königin aus
dem Stock?
a) Jeden Tag
b) Jede Woche
c) Einmal im Jahr
d) Zur Begattung
e) Zum Ausschwärmen mit dem
Volk
23.Wo geschieht die Befruchtung
der Königin?
a) In den Waben
b) Vor dem Flugloch
c) Auf einer Drohnensammelstelle
Fragen zu den Drohnen
24.Welche Aufgabe haben die
Drohnen?
a) Für Ordnung im Staat sorgen
b) Bienen zu befruchten
c) Königin zu befruchten
Ausgabe 1/2011
30.Wie viel Nektar müssen die
Bienen für ein Kilogramm Honig sammeln?
a) 1 kg
b) 2 kg
c) 3 kg
Text und Fotos: Kathleen Strey, Quelle: Imkern
- Schritt für Schritt, ISBN 978-3-440-9751-9
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Kreativ
Basteln von „Zielkalendern“ für
ferne Festtage
Wir alle kennen Adventskalender. Ich kannte „nur“ Bilder
hinter jedem Türchen. Heute ist meist ein Stück Schokolade dahinter, am 24. natürlich die größte Tür und das größte Stückchen. – Warum gibt es keine Kalender für andere
zeitliche Ziele, außer für Weihnachten? In der DDR hatten
die Soldaten ein Metermaß: Ab dem Moment, an dem sie
nur noch 150 Tage dienen mussten, wurde jeden Tag ein
Zentimeterstück abgeschnitten. So konnten sie sich an
dem immer kleiner werdenden Band erfreuen, versinnbildlichte es doch das Ende des ungeliebten Dienstes.
Vielleicht haben Sie Lust, einem lieben Menschen einen
„Zielkalender“ zu schenken. Das kann z.B. vor einem runden Geburtstag sein, vor der Goldenen Hochzeit, vor einem
großen Urlaub oder vor einem bestimmten Gedenktag.
Oder unterstützen Sie jemanden damit, der vor Ostern die
„7 Wochen ohne“ bzw. „40 Tage ohne“ Aktion (ohne Alkohol, Zigarette, Schokolade o.Ä.) mitmacht. Die Aktion hatte
im Jahr 2010 den Titel „Näher! 7 Wochen ohne Scheu“.
2011 wird sie heißen „7 Wochen ohne Ausreden“.
Der Inhalt des Kalenders könnten gute, passende Sprüche
und/oder bestimmte Geldbeträge sein. Hier einige Vorschläge, wie Sie die Zitate oder das Geld hübsch verpacken
können.
Walnusskalender 1
Nüsseknacken hat ja etwas Symbolisches, deshalb finde
ich diese Kalender besonders apart.
Sie brauchen für jeden Tag, an dem eine Nuss geöffnet
werden soll, eine Walnussschalenhälfte. Nun werden Sie
sagen: „Bei meinem Nussknacker gehen die Schalen immer entzwei.“ Stimmt! Wenn Sie aber in das stumpfe Ende
der Nuss mit einem Küchenmesser hineinpieksen, lässt
sich diese meist auseinanderdrücken, ohne dass die Hälften kaputtgehen. Dann stecken Sie in jede Schale einen
kleinen Zettel (der sich gut zusammenfalten lässt, damit er
reinpasst) mit einem sinnvollen Spruch oder einem zusammengefalteten Geldschein. Die Nusshälften kleben Sie
nun mit Papierleim untereinander auf ein hübsches Zierband. Zwischen die einzelnen Nusshälften können Sie noch
mit einem Textilmalstift die Tage schreiben, an dem die
Nuss geknackt werden soll. Vielleicht machen Sie am oberen Ende noch eine schöne Schlaufe, dann lässt sich das
Band aufhängen und ist ein besonderer Blickfang vor dem
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Fest. Verschenken Sie diesen Kalender entsprechend zeitig
vor dem großen Ereignis. Sie werden sehen, wie viel Freude Sie damit auslösen werden.
Walnusskalender 2
Es ist dasselbe Prinzip wie beim ersten Kalender. Aber Sie
nehmen beide Schalenhälften einer Nuss, kleben sie mit
Inhalt und einem dünnen Faden dazwischen zusammen.
Aus dem oberen Fadenende können Sie auch hier wieder
eine Schlaufe machen. Der Vorteil gegenüber dem ersten
Kalender ist, dass Sie doppelt so viel Platz in der Nuss haben, dafür müssen Sie die Zahlen auf ein separates „Fähnchen“ schreiben. Oder Sie legen eine „Gebrauchsanweisung“ bei, in welcher steht, wann welche Nuss geknackt
werden soll. Diese Anweisung kann man sehr lustig formulieren.
Natürlich können Sie jede dieser Nüsse mit einer Schlaufe
versehen und an einer Grünpflanze oder einem Forsythieoder Apfelblütenstrauß o.Ä. aufhängen.
Nusspralinen
Wenn Sie nun zu viele Nusskerne übrighaben, können Sie
daraus auch etwas Besonderes zum Verschenken machen.
Ich nehme die Ergebnisse des nachstehenden Rezeptes
gerne als Mitbringsel bei einer Einladung zum Kaffee.
Rezept
Zwei schöne Walnusshälften mit Rohmarzipan zusammenkleben. Anschließend zur Hälfte in Schokoladenglasur tauchen.
Ausgabe 1/2011
Kreativ
Verschieden gestaltete Zielkalender
Ihrer Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, wenn Sie jemanden mit einem „Zielkalender“ beschenken wollen.
Sprüche, kleine Gegenstände oder Geldscheine kann man
in vielen Hüllen verstecken und präsentieren. Sie können
z.B. kleine Stoffsäckchen nähen, stricken oder häkeln. Sie
können Streichholzschachteln bekleben und daraus ein
„Regal“ bauen, oder, oder, oder …
Oder Sie falten so ein hübsches Herz, wie auf dem Foto unten zu sehen ist, und stecken einen Zettel mit Ihren guten
Wünschen hinein.
Kleine Briefkuverts sind auch gut geeignet. Die Kuverts
gibt es in gut sortierten Schreibwarengeschäften zu kaufen
oder man kann sie auch aus hübschem Papier (alte Kalenderbilder sind geeignet) selbst basteln. Hier sehen Sie eine
Faltanleitung dazu.
Christine Marzin
Hier sehen Sie die Faltanleitung für das Herz:
Oder Sie nehmen Seidenpapier und schneiden daraus
Streifen von ca. 6 mal 20 Zentimetern. Legen Sie einen
gleich langen Streifen normales Schreibpapier von ca. 2 Zentimetern Breite mit dem Spruch hinein. Falten Sie dann das
Seidenpapier von beiden Seiten darüber, kniffen Sie es in
der Mitte und kleben Sie die beiden Enden mit einem kleinen Stück Klettband aneinander (mit anderem Leim müsste der Beschenkte das Papier zerreißen, so kann er den Inhalt auswickeln). Schon sieht das Ganze wie ein Herz aus.
Vielleicht haben Sie noch eine kleine Perle oder einen hübschen Knopf, den Sie an den inneren Papierenden befestigen
können, dann ist das Herz noch individueller.
Nach unten stehender Skizze eine Tüte zu falten, in die Sie
etwas stecken können, ist ganz einfach.
Christine Marzin
Ausgabe 1/2011
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Kreativ
Eine besonders einfache Art ist es, wenn Sie Ihre Sprüche
auf die Papp- oder Metalllasche eines Schnellhefters schreiben. In das obere Loch ein hübsches Band und in das untere eine Buchecker, einen Knopf, eine Praline oder etwas
Ähnliches.
Christine Marzin
Gruppenarbeit mit einem Kalender
Zielkalender mit Sektflaschen
Ein Glas Sekt kann wie Medizin wirken, wenn Sie jemanden
beschenken wollen, der zu niedrigen Blutdruck hat. Als
Zielkalender können da eine entsprechende Anzahl von
Piccolosektflaschen dienen. Oben auf der Flasche befestigen Sie mit Heißkleber oder Draht einen Apfel oder eine
Kugel. Die Augen sind aus Gewürznelken, die Nase eine
Wacholderbeere mit einer Stecknadel aufgespießt, der
Mund ein kleines Stück Plastik, auch mit Stecknadeln befestigt. Als Arme nehmen Sie Wiener Würste oder kleine
Salami (Pfefferbeißer, die halten sich länger). Dann kommt
Krepppapier als Kleidchen bzw. Röckchen und Kopftuch.
Auf eine „Schürze“ können Sie Ihre Sprüche oder Wünsche
schreiben.
Ein kleines Gedicht dazu könnte lauten:
Mein Kopf, der ist ein Apfel,
meine Arme sind aus Wurst,
und hebst du mir das Röckchen,
so hast du was für’n Durst.
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Auf der nächsten Seite haben wir für Sie einen neutralen
Jahreskalender ohne Wochentage gestaltet. Vergrößern Sie
sich diesen Kalender bitte, dann können Sie damit einen
sehr schönen Abend gestalten. Oder Sie legen dieses Kalenderblatt im DIN-A4-Format vor jeden Teilnehmenden.
Außerdem brauchen Sie viele verschiedene Naturmaterialien (Steine, Blätter, Moos, auch Glasperlen usw.).
Jeder wird aufgefordert, einen besonderen Jahrestag mit
etwas Material zu belegen und zu erzählen: Warum habe
ich gerade dieses Material gewählt? Welche Bedeutung hat
dieser Tag für mich? Warum, was ist da geschehen? Wie
wurde der Tag bisher begangen? Wie wird er in diesem
Jahr begangen werden? Was war immer gut, was weniger?
Was könnte geändert werden?
Das können Geburtstage, Festtage, Tage der Goldenen
oder Silbernen Hochzeit, aber auch Todestage usw. sein.
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Kreativ
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Febr.
März
April
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Okt.
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Kreativ
„Wie lieb sind mir deine
Wohnungen, Herr Zebaoth!“
Psalm 84,2
„Meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen
des Herrn; mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott.“ (Psalm 84,3)
Eine alte indianische Weisheit besagt, dass die Seele ein
paar Tage Zeit braucht, um dem Körper hinterherzukommen. Dieses Erleben kenne ich vor allem beim Fliegen.
Aber ich kenne es auch vom Umziehen. Ich bin mehrmals
umgezogen. Im Nachhinein erscheint mir, dass meine Seele in einige Wohnungen nie gefolgt war und statt „Umzug“
sollte ich besser „Flucht“ sagen. Meine neue Wohnung hier
ist mir schon jetzt sehr lieb. Die Seele ist angekommen.
Eine Wohnung ist ja nicht irgendein Ort. Sie ist der zentrale Punkt, von dem aus man losgeht und zu dem man wieder zurückkehrt, wo es warm ist, wo man sich sicher fühlt.
Hier kennt man sich aus, auch im Dunkeln. Hier kennt man
den Ablauf des Tages: wann der Postbote kommt, die Müllautos. Wann Nachbarn da sind, wann man sie ansprechen
und um eine Gefälligkeit bitten kann.
Normalerweise fühlen alle Menschen so. Aber was ist schon
normal, heute, wo bei vielen Arbeits- und Wohnort weit
voneinander entfernt liegen? Und wo sich auch Familienleben voneinander entfernt gestaltet, Paare durch einen Abstand von über hundert Kilometern getrennt sind, mit einer
manchmal langen, manchmal kurzen Zeit, in der die Verbundenheit gestört wird.
Es mag Zeiten geben, in denen man Orten auch irgendwie
ausgeliefert ist. Ich muss an die furchtbare Realität der
Ghettos und Lager denken, ich denke an Menschen (auch
Kinder schon), die auf der Straße leben oder in den erbärmlichsten Unterkünften.
Aber es ist nicht nur der Raum, der Sicherheit bringt. Manch
einer verfügt über einen Schatz, nicht im Außen zu suchen,
sondern tief im Innern: „Wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz“ (Lukas 12,34, Monatsspruch September 2009). Etwas, das einem besonders wichtig ist, bewahrt man und
vermehrt es. Das ist das Geheimnis der Menschen, die im
tiefsten Elend ihre Persönlichkeit und ihre Würde bewahren.
Nicht jeder kann auf einen solchen Schatz aufbauen, auch
nicht alle, die im Wohlstand leben. Mit einem Schatz im Inneren, den ich übersetze mit der Fähigkeit zu vertrauen und
loslassen zu können, werde ich mich einrichten und zu Hause fühlen, in der Wohnung und in diesem Leben.
Was sind nun die Wohnungen des Herrn? Ich denke: beides! Das Äußere und das Innere. Ich hätte mein Leben
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kaum besser einrichten können. Ich habe geliebt und ich
habe geholfen, nicht so viel und so lange, wie ich es mir
vorgenommen habe, aber doch so lange, wie meine Kraft
gereicht hat. Denn zunächst sind wir in diesem Leben zu
Hause und wenn ich mir nicht schon jetzt des lebendigen
Gottes (Psalm) bewusst bin, dann bleibt alles Zukunftsorientierte irgendwie blutleer.
Ich schaue aus dem Fenster meiner neuen Wohnung auf
die ruhige winterliche Straße, nachdenkend, auf eine bescheidene Weise zufrieden, keine Angst vor der Zukunft
und dankbar dafür, dass ich die Möglichkeit hatte, verschiedentlich helfend einzugreifen. Hier in meiner schützenden Wohnung, so habe ich das Gefühl, habe ich die
„Vorhöfe des Herrn“ erfahren.
Claudia Karg
-
Empfohlene Diskussionsschwerpunkte:
Wo wohnen und leben Sie jetzt? Ist Ihre Seele dort
angekommen?
Kennen Sie das Gefühl, in der eigenen Wohnung gar
nicht „zu Hause“ zu sein?
Wen unterstützen Sie im täglichen Leben? Wer unterstützt Sie?
Was vermittelt Ihnen ein Gefühl der Sicherheit (materiell und seelisch)?
Ausgabe 1/2011
Kreativ
Der Tod begleitet uns immer,
manchmal fern, manchmal nah
Die Suche nach unserem Kind
Wir betroffenen Eltern kennen es: Wir sind gebannt, wenn
wir jungen Menschen begegnen, die irgendein Merkmal unseres verstorbenen Kindes aufweisen. Nur in Träumen erleben wir seine Gestalt meist unverändert (wie glücklich
sind wir dann!). Im Alltag, der sich mit einer immer größeren Zahl von Jahren über seinen Tod legt, tritt der Körper
schemenhaft zurück. In diesem Zusammenhang will ich
von einem Erlebnis berichten, das mich für kurze Zeit in
einen Zustand von Schmerz, gleichzeitig aber auch von
Glück versetzte:
Ich besuchte ein Benefizkonzert in einer kleinen, freundlichen Kirche. Ein Studentenchor war angesagt mit Liedern
aus Kärnten. Schon die oft bestehende Schwermut dieser
Lieder im Programm hat mich angezogen. Mann für Mann
formierte sich der Chor im Halbkreis vor dem Altar. Als sich
der letzte Sänger im Rund, das sich mir zuneigte, auf seinen Platz begeben hatte, stockte mein Atem. Erst jetzt fiel
mir auf, ich sah ihn nur im Profil – und doch, er hätte mein
Sohn Herwig sein können! Von der ganzen Gestalt her!
Genauso hätte er stehen können, er war ein begabter Sänger! Und so wurde Herwig noch einmal für mich lebendig,
nur für eine Stunde lang. In dieser Stunde, in der ich meine Gefühle mit der Gestalt des Studenten verwob, trat jede
Wirklichkeit zurück. Immer wieder sog ich mich fest an
seinen Haaren, an seiner Nase, an den Ohren. Ich umarmte ihn innerlich, drückte ihn an meine Brust und ich fühlte
ihn wie früher, vor langer Zeit. „Geh nicht weg!“, bettelte ich.
Erst gegen Ende dieser Stunde drang ein besonders innig
gesungenes Lied in mich ein, ein Lied, das mich aus meinem Dämmerzustand holte und mich wieder öffnete für
das reale Geschehen. Eine Textzeile davon fing ich auf:
„Mein Herz ist so weit“. Wäre Herwig doch Mitglied des
Chores gewesen“, spann ich meine Gedanken, „er hätte
den Lebenssinn wiedergefunden!“ Noch immer, nach zwanzig Jahren, die Suche nach einer Möglichkeit der Rettung
seines Lebens! Als aber kurz darauf der Chorleiter erläuterte, warum seiner Gruppe dieses Lied besonders wichtig sei,
warum ihre Hingabe dafür besonders groß sei, erwachte
ich ganz. Der Komponist und Texter dieses Liedes hatte
sich kurz nach seiner Freigabe das Leben genommen. Es
Ausgabe 1/2011
sei ein Gedenklied geworden. Die letzten Lieder des Chores
erreichten mich nicht mehr.
Die Gruppe verabschiedete sich und der nun so vertraute
junge Mann war im Begriff, mit ihr als letzter den Raum zu
verlassen. Worauf ich sehr gehofft hatte, trat nun ein. Der
Student wandte sich mir voll zu – ich hatte ihn ja immer
nur von der Seite gesehen – und ich sah das Fremde in
seinem Gesicht: Also doch! So nahm ich beides aus der
Kirche mit: die so sehr gefühlte Nähe meines Sohnes und
die sich wiederholende Erkenntnis, wie verwirrend und undurchschaubar unser Leben doch bleibt.
Erika Bodner
Suche und Erinnerung
Mein Mann ist tot
unwiderruflich,
unwiederbringlich
lebt mein Mann nicht mehr.
Aber da, ist es ein Traum,
dieser Mensch auf dem Rad?
War er das nicht,
könnte er das nicht
gewesen sein?
Am nächsten Tag
in der Menschenmenge,
ein Gesicht mit Brille.
War er das nicht,
könnte er das nicht
gewesen sein?
Dort eine Gestalt,
diese Haltung, dieses Haar.
War er das nicht,
könnte er das nicht
gewesen sein?
Ist es mein Wunsch,
ist es ein Traum,
ist es ein Stück von ihm?
Mein Mann ist nicht mehr
auf dieser Welt.
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Kreativ
Nähe zu Verstorbenen durch
Trauerarbeit
Ein Mensch ist nicht tot, solange er in unserem
Herzen weiterlebt.
Sie möchten auch etwas tun, damit Sie Ihren Verstorbenen
näher sind? Sie können vieles aufschreiben, am besten mit
Ihrer „Sonntagsschrift“ und in einer schönen, vielleicht
selbst gebastelten, Schatzkiste aufheben. Einige Vorschläge, die Sie so ausführlich wie möglich beantworten sollten,
um Ihre Erinnerungen zu aktivieren, auch wenn das
manchmal schmerzlich ist und zu Tränen führt:
----------
Zur Person des Verstorbenen:
Was hat der/die Verstorbene gerne gegessen?
Hatte der/die Verstorbene Lieblingsfarben, spiegelten
sich diese in der Kleidung wider?
Welche Charakterzüge haben Sie an der/dem Verstorbenen besonders geliebt?
Welche haben Sie manchmal „genervt“?
Beschreiben Sie das Äußere der geliebten Person.
Wie verlief das Leben der geliebten Person?
Hatte der geliebte Mensch ein Hobby?
Welche Wünsche und Träume hatte die geliebte Person?
Welche ließen sich verwirklichen?
Welche Menschen waren dem/der Verstorbenen wichtig?
Hatte der geliebte Mensch einen Spitz- oder Kosenamen? Woher kam dieser Name?
Hat die verstorbene Person etwas gesammelt? Wo sind
diese Dinge jetzt?
Gemeinsamkeiten:
Wie, wann und wo haben Sie sich kennengelernt?
Wie hat sich Ihre Beziehung entwickelt?
Welche gemeinsamen Interessen gab es?
Welche gemeinsamen Unternehmungen sind Ihnen
noch in Erinnerung?
Was davon war das Schönste?
Welche Dinge hätten Sie gerne noch gemeinsam getan
bzw. unternommen?
Was hätten Sie gerne anders gemacht?
Gibt es etwas, was Sie der verstorbenen Person nie
verziehen haben? Wie geht es Ihnen jetzt damit?
Tod und Abschied:
Wann und wo starb der geliebte Mensch?
Welche Ereignisse gingen dem Tod voran?
Wie und wann haben Sie vom Tod erfahren?
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-
Ist Ihnen seit dem Tod etwas Besonderes passiert,
worüber Sie gern mit der/dem Verstorbenen geredet
hätten?
Beschreiben Sie Ihren letzten Abschied oder Ihre letzte
Begegnung.
Was hat der/die Verstorbene Ihnen zum Schluss ausdrücklich oder indirekt mit auf den Weg gegeben?
Was hat Ihnen am Begräbnis gefallen, was hat Sie gestört?
Hat sich etwas an Ihrer Beziehung zu Gott durch den
Tod geändert?
Welchen Traum würden Sie in Bezug auf die geliebte
Person gerne träumen?
Schreiben Sie der verstorbenen Person einen Abschiedsbrief oder machen Sie ein Gedicht. Durch tiefe Trauer
werden manchmal ungeahnte Kräfte freigesetzt, die ungeahnte Befähigungen auslösen können (Beispiele finden Sie im Folgenden).
Oder basteln Sie ein ganz individuelles Grablicht nach
der Serviettentechnik. Eine Anleitung finden Sie auf Seite 41. Sie können auch ein Foto des Verstorbenen auf
ganz normales Schreibpapier drucken (lassen) und dieses dann auf das Grablicht kleben. Weiße Grablichter
sind für diese Arbeit besser geeignet als rote.
Schatten
Zeit und Stille brauchen Raum
Der Tod erscheint noch wie ein Traum.
Die Angst bricht sich Bahn –
wie ich weiter leben kann?
Wo ist der, der immer da war?
Wo ist der, der sieht und hört, was quält?
Ich steh allein, es drückt mich nieder.
Mein Kopf weiß, er kommt niemals wieder.
Doch Herz und Seele leiden still,
obwohl ich lieber schreien will.
So einfach ist kein Schmerz zu tragen,
es hetzt die Angst das arme Herz.
Durch dunkle Schatten sich zu wagen,
erzeugt nur wieder neuen Schmerz.
Ich steh, und trau mich nicht zu geh’n,
der Trauer ins Gesicht zu sehen.
Die Fratze kenn’ ich, kann sie nicht ertragen.
Verbannen geht nicht, denn die Wunde schmerzt.
So will ich warten, weinen, klagen.
Ein andrer Mensch soll niemals sagen,
dass diesen Schmerz er kennen kann,
denn der Verstorbene war mein Mann.
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Kreativ
Ramona Kunze
Brief an meinen verstorbenen
Großvater
Lieber alter Mann,
denn nur so habe ich dich gekannt und genau so war es
auch gut! Lieber Großvater also, wenn das eine Abschiedsoder Trauerrede werden soll, dann ist sie wohl zugleich das
Lebendigste, was mich mit dir in Gedanken verbunden hat
und nun weiter verbindet. „Zeitlebens“ kann man jetzt
nicht mehr sagen, aber manchmal erschließt sich eben erst
im Rückblick das, was schon immer da und vielleicht deshalb so selbstverständlich war. Zeitlebens eben, eine andere Dimension!
Für mich, das weiß ich, wirst du der „Löwenumkrempler“
bleiben, Matador der afrikanischen Wüste, der mit ausgestrecktem Arm und Todesverachtung im Blick dem Raubtier ins weit aufgesperrte Maul langt bis ganz hinten zum
inneren Schwanzende, um mit einem blitzschnellen Ruck
das Innere nach außen zu stülpen. Armer Löwe, ein Bild
des Jammers!
Als du schließlich aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft
zurückkehrtest, war viel Jammer auch da, wo eigentlich
Zuhause hätte sein können und sollen. Zu viel war unsagbar, war erschüttert, war leer … und zu groß und deiner
Wirklichkeit nicht nahe die Sehnsucht eines kleinen Jungen, den du als deinen Sohn nicht heranwachsen sahst und
der statt Zärtlichkeit Strenge und Härte von dir empfing.
Wie traurig für ihn und letzten Endes für euch beide, denn
es existiert in meiner Vorstellung kein Vater-Sohn-Bild von
euch, und obwohl ich ihn – meinen fernen Onkel – kaum
kenne, glaube ich nicht, dass dieses Bild trügt. Ich glaube
und fühlte, wir als deine Enkel waren dir schon näher. Etwas war wieder weich geworden in dir und obwohl du nie
viel geredet hast und manchmal richtig brummelig sein
konntest, war ich mir deiner großväterlichen Liebe und Zuneigung gewiss.
Beeindruckt hat mich als Kind oft, wie du die beiden
„Weibsbilder“ (Frau und jüngste Tochter, die lange noch
bei euch wohnte) zetern ließest und auf Durchgang schaltetest, weil du da wahrscheinlich wenig Chancen gehabt
hättest. Das fand ich gut, obwohl ich meine Oma heiß und
innig liebte. Nur in dem Punkt war ich fast immer auf deiner Seite, so ganz im Verborgenen und mit aller Kraft der
Ausgabe 1/2011
Entrüstung, die ich zur Verfügung hatte. Zwei gegen einen,
wie gemein! Und wenn du dann loszogst und deine Gläser,
Flaschen und Lumpen sammeltest, wofür Frau und Tochter
sich oft in Grund und Boden geschämt haben, dann fand
ich auch das noch eines echten Abenteuers würdig. Es war
eben deine innere Aufgabe und deine Leidenschaft, und
beides braucht der Mensch!
Aber wir waren Kinder und haben das Bei-euch-Sein genossen und nirgendwo hat mir der Frühstückstoast so gut
geschmeckt wie von deiner Hand. Stumm und konzentriert
standest du am Toaster und wenn deine Mission beendet
war, setztest du dich vor dein rabenschwarzes Pumpernickel mit Quark, Marmelade und Harzer-Roller-Käse und
aßest ebenso schweigsam und konzentriert. Das Essen, so
hatte es den Anschein, war für dich eine „heilige Angelegenheit“, auch wenn die Geräusche nicht unbedingt dazu
passten. Aber es hat dir immer geschmeckt und das war
die Hauptsache!
Kartenspielen lernten wir von dir und noch heute sehe ich
dieses französische Blatt mit dem silbern glänzenden Untergrund vor mir, das einem immer aus der Hand rutschte,
wenn es gerade um alles ging. Dann verzog sich dein Gesicht zu einem breiten Grinsen und du eröffnetest die
nächste Runde. Stundenlang haben wir gespielt und es
wurde nicht langweilig.
Die Schwachstelle war dein Herz, was immer das auch heißen mag. Nach mehreren Herzinfarkten ließ es dich im
Stich – auf dem Radiosessel beim Hören eines Fußballspieles, sozusagen mitten im Leben und ohne großes Vorspiel!
So zogst du davon und für mich warst du der Erste von allen Omas und Opas, der auf diese Weise ging. Noch lange
Zeit danach hatte ich immer mal das Gefühl, dich mit einem alten Leiterwagen um eine Hausecke biegen zu sehen,
so im allerletzten Moment, den man überhaupt noch wahrnimmt! Vielleicht warst du dann auf dem Weg in die Mohnklause, um mit Opa Max (dem anderen) bei einem Bier auf
die guten alten Zeiten anzustoßen, endlich mal unter Männern! Also, ich werde weiter die Augen offenhalten und
wenn es bei mir mal so weit ist, dann spring ich auf deinen
Leiterwagen und lass mich ein Stück von dir bringen. Dahin, wovon du schon erzählen könntest und was für mich
noch ganz und gar Geheimnis ist.
Deine älteste Enkelin Claudia
Claudia Karg
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Kreativ
Bildbesprechungen
Folie A: Treppe
Treppen wecken Assoziationen. Von jeher dienen sie als
Symbole für Aufstieg oder als Verbindung zwischen Himmel
und Erde, in der Bibel für die Nähe zu Gott. Die Fotografie
zeigt einen Aufstieg in einem kargen Felsbrocken, keine
Treppe, auf der sich Herrscher darstellen können, nur eine,
die den Aufstieg erleichtert. Die Stufen wurden offenbar
mühevoll aus dem Stein herausgeschlagen, sie sind nicht
breiter als notwendig. Ein Geländer ist nicht vorhanden.
Wohin die Treppe führt, sieht man nicht. Man hat den Eindruck: ins Nichts. Gerade das ist verstörend und wohl deshalb rührt uns das Bild besonders an.
Seit Urzeiten träumen die Menschen von heiligen Stätten,
wo sich Himmel und Erde berühren, wo sie Gott möglichst
nahe sein können und damit die himmlische Glückseligkeit
erfahren. Im Alten Testament wird beschrieben, wie Jakob
genau davon träumt (Genesis 28,10-22). Er sah eine Leiter
bzw. Treppe, die auf der Erde stand und bis zum Himmel
reichte. Auf ihr stiegen Engel Gottes auf und nieder. Der
Herr stand oben und sprach: „… ich bin mit dir, ich behüte
dich, wohin du auch gehst …“. Ein Eindruck von der Herrlichkeit Gottes, aber Jakob muss und soll nicht in den
Himmel steigen, er hat andere Aufgaben, irdische. Am
Morgen wacht er auf und macht sich auf seinen Weg.
Es gibt seit alters viele Versuche, den Himmel zu berühren,
biblische und aktuelle. Unbewusst vermuten wir dort in der
Höhe einen Hauch der Glückseligkeit. In Babel nahmen
sich die Menschen vor: „Auf, wir wollen einen Turm bauen,
dessen Spitze bis in den Himmel reicht“ (Gen 11,4). Der
Bau scheiterte an dem menschlichen Unvermögen miteinander zu kommunizieren. Der Versuch, immer höher in den
Himmel hineinzustoßen, ließ Pyramiden und Kathedralen
entstehen und dauert an. Die aktuellen Bauvorhaben
scheitern nicht mehr an Problemen der Kommunikation
oder der Statik. Sie werden realisiert. Der Burdsch Chalifa
ist 828 Meter hoch, im Wettstreit um den Besitz des höchsten Gebäudes der Welt vorläufig Sieger, aber er wird es
wohl nicht sehr lange bleiben. Irgendwann wird es einen
höheren Turm geben. Aber zu der Bewunderung für die
technische Meisterleistung gesellt sich die Frage: Wozu?
Wir können noch so hoch bauen, wir erreichen den Himmel
nicht. Irgendwann kommt die letzte Stufe. Und mit himmli-
18
scher Glückseligkeit hat das alles nichts zu tun, stattdessen
hören wir von Finanzierungsproblemen.
Die Treppe ist auch Symbol des sozialen Aufstiegs. Nicht
das Bemühen, mit Arbeit etwas zu leisten, einfach etwas
Nützliches zu tun, ist damit gemeint. Der Mensch versucht
eine bessere Stellung im sozialen Gefüge zu bekommen.
Man sollte sich tatsächlich anstrengen, seinen Beitrag zum
Wohlergehen der Gesellschaft zu leisten, durch Arbeit eine
anerkannte Stellung zu erreichen. Oft genug ist indes nicht
das echte Bemühen entscheidend, sondern wirkungsvolles
Auftreten, vor allem jedoch Netzwerke, also Beziehungen.
Der Erfolg bringt Geld, das ist angenehm, aber dessen
Wirkung auf andere wird oft überschätzt. Unser Ansehen
unter Freunden und Bekannten wird nicht von Geld, von
der Größe des Autos bestimmt, sondern von unserem Verhalten, wie wir reden, wie wir auf andere Menschen eingehen, sie verstehen, von unserem Mitgefühl für andere.
Die Treppe auf dem Bild gewährt keinen einfachen Aufstieg, es ist kein Geländer da, das Halt geben könnte. Und
so wie die Treppe auf dem Bild ins Leere geht, können
auch unsere Bemühungen nicht den Erfolg bringen, den wir
uns erhoffen. Es liegt an uns, diese Mahnung zu beherzigen und zu glauben.
Foto von Kristin Thöring
Fragen zum Thema könnten lauten:
Wann fühlen Sie sich dem Paradies am nächsten:
Beim Gottesdienst?
Beim Beten?
Bei einer guten Tasse Kaffee oder Tee?
Bei einem guten Essen?
Bei einer Kommunikation mit Freunden?
---
Folie B: Altarbild der Jakobuskirche in
Pesterwitz bei Dresden
Der Altar ist eigentlich der Familientisch der Christen. Er
wird auch „Tisch des Herrn“ genannt (1. Korintherbrief
10,21). Wenn wir Gottesdienst feiern, ist der Tisch mit
Blumen, Kerzen, Wein, Oblaten (Hostien) festlich gedeckt.
Dadurch wird unsere Gemeinschaft untereinander betont.
Gemeinde als Familie, in der jeder willkommen ist.
Der Schmuckaufbau des Altars mit dem Altarbild erinnert
an den noch älteren Bezug des Altars als Opfertisch. Das
alte Volk Gottes, die Israeliten brachten Gott im Tempel
Ausgabe 1/2011
Erzählteil
von Jerusalem auf dem Altar Opfer dar. Dankopfer, Bittopfer, Sühneopfer. Das hier besprochene Altarbild stellt das
letzte und ein für alle Mal gültige „blutige“ Opfer dar, das
„Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt“ (Johannes 1,29).
Robert Sterl, der Künstler, der dieses Bild schuf, ist einer
der letzten großen deutschen Impressionisten. Und für
Dresden war er „der Bahnbrecher des Impressionismus“.
Denn hier feierte noch die wirklichkeitsfremd gewordene
Ateliermalerei ihre letzten Triumphe.
Robert Sterl war am 23. Juni 1867 in Großdobritz (heute
als Dobritz ein Stadtteil von Dresden) als einfacher Bauernsohn geboren worden. Er studierte von 1881 bis 1891
an der Dresdner Kunstakademie. Als Freischaffender bereiste er Frankreich, Holland, Russland … Er wurde Leiter
einer „Malschule für Damen“. 1904 berief man ihn als Lehrer, 1906 als Professor in die Dresdner Kunstakademie.
Dieses Altargemälde ist vielleicht das Werk, das ihm den
Professorentitel eintrug. Robert Sterl schrieb einmal, dass
er lieber wenig male, dafür gut. Das ist diesem Altarbild
anzusehen. Es blieb sein einziges religiöses Motiv, das er für
andere Kirchen noch mehrmals kopierte. Wahrscheinlich war
er überzeugt, kein besseres malen zu können.
Wir sehen Jesus Christus kurz vor seiner Gefangennahme
und Hinrichtung. Er bittet seine Freunde (Jünger) für ihn zu
beten, dass ihm der frühe Tod erspart bliebe. Aber sie
schlafen (rechts hinten im Bild). In der Auseinandersetzung
mit Gott ringt sich Jesus zum Vertrauen in Gottes Handeln
durch: „Doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe – Lucasevangelium Kapitel 22 (Vers 42)“ steht unter dem Bild.
Diese Worte markieren den Zeitpunkt der Entscheidung dafür, dass sich Jesus für unsere Sünde (d.h. unsere Trennung von Gott und den Mitmenschen) opfert: „Denn Gott
hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde
gemacht, damit wir in ihm die Gerechtigkeit würden, die
vor Gott gilt“ (2. Korintherbrief 5,21). Diese Liebe Jesu zu
uns hat der Maler des Bildes ausgedrückt durch Jesu leuchtend rotes Gewandt. Eine Liebe, die die eigene Furcht und
Angst überwindet, die Jesus noch ins Gesicht geschrieben
steht, unterstrichen durch die ringenden Hände.
Betrachten wir das Altarbild näher, so können wir Erstaunliches wahrnehmen. Ungewöhnlich für Robert Sterl ist z.B.,
dass er die körperlichen Proportionen Jesu nicht eingehalten hat. Weiter fällt auf, dass Jesus die Bodenhaftung fehlt
Ausgabe 1/2011
– er schwebt. Und mit Licht und Schatten will der Künstler
Weiteres ausdrücken. Wir erinnern uns an die Unterschrift
des Bildes. Es ist die freiwillige Entscheidung Jesu für den
Willen Gottes. Auch wenn dies den schweren, leidvollen,
grausamen Weg ans Kreuz für Jesus bedeutete. Dieses
schräge Leidenskreuz können wir im Bild sehen, wenn wir
eine Längslinie vom Kopf über die Hände Jesu bis zu seinem linken Knie (rechts vom Betrachter) und in einer
Querlinie von einem Ellenbogen Jesu zum anderen ziehen.
Das rote Gewand (an Blut erinnernd) unterstreicht, dass
Jesus wusste, was auf ihn zukam. Trotzdem entscheidet er
sich: „Doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe“, Vater im Himmel.
Damit übersteigt er alles Menschliche. Dies drückt der
Künstler mit dem massigen Unterkörper gegenüber dem
zierlichen Oberkörper aus. Wenn Jesus aufsteht = aufersteht zu Ostern, dann sprengt er den Rahmen des Bildes.
Er sprengt mit seiner Auferstehung den Sarg, den Tod. Mit
diesem Gottvertrauen ist er aber auch zu Lebzeiten Gott
näher, nicht mehr dem Irdischen (der Erde/Welt) verhaftet
und schwebt deshalb.
Die einzigartige und ungewöhnliche Gestaltung des Gewandes Jesu lässt uns wie auf einem Stuhl auf Jesu rechtem Oberschenkel Platz nehmen. Um nicht herunterzufallen, müssen wir uns an Jesus halten, festhalten, und liegen
ihm dann am Herzen und in seinem auch um uns ringenden Armen.
Und indem Jesus sich im Geist Gottes dem Vater anvertraut,
kommen Vater, Sohn und Heiliger Geist, die Dreieinigkeit,
zusammen. Sie wird oft symbolisch als Dreieck mit dem
Gottesauge darin dargestellt. Ziehen wir die Lichtlinien von
Jesu Scheitel zum rechten Ellenbogen (links vom Betrachter) von dort bis zum linken Ellenbogen und zum Scheitel
zurück, haben wir dieses Dreieck abgebildet. Die ringenden
Hände, die sich Gottes Fürsorge letztlich anvertrauen, bilden das Auge im Gottes-Dreieck. Auf dem matten, trüben
Hintergrund kommt oder besser schwebt Christus gewissermaßen als Vor-Bild auf uns zu. Robert Sterl will uns
damit auffordern, diesen im Vaterunser enthaltenen Satz
bewusst zu beten: „Vater unser im Himmel … dein Wille
geschehe.“ In diesem Vertrauen werden wir der Sorgen
enthoben und werden den Rahmen des Todes sprengen,
wenn wir Jesus durch Leid und Tod nachfolgen, und werden mit ihm auch auferstehen.
Matthias Koch
19
Erzählteil
Nähe und Ferne zu unseren
Mitmenschen
Fremde – ganz nah
Wir kommen immer wieder in Situationen, in denen wir mit
anderen Menschen zusammentreffen, in der Kaufhalle, in
der Bahn, im Flugzeug. In einer Warteschlange bilden wir
sogar eine kleine Schicksalsgemeinschaft und bleiben doch
allein. Ich bewundere Menschen, die in solcher Situation
mit ihrem zufälligen Nachbarn ein Gespräch beginnen. Ich
gehöre nicht dazu und solche wie ich sind in der Mehrzahl.
Beobachten Sie einmal Reisende, die auf einer Bank sitzen
und auf den Zug oder die Straßenbahn warten. Deutlich
voneinander entfernt, den Nachbarn scheinbar ignorierend.
Extrem wird es in der Straßenbahn oder U-Bahn während
des Berufsverkehrs. Wir haben gerade noch ein Standplatz
gefunden, immer mehr Menschen rücken nach und tatsächlich findet sich für alle Platz. Aber wir stehen unangenehm eingequetscht, fühlen uns schutzlos bedrängt und im
Atmen behindert. So sehr wir uns nach menschlicher Nähe
sehnen: So wollen wir das nicht. Dann steigt einer aus, wir
wissen nicht, wer er war. Andere haben ihr Ziel auch bald
erreicht. Wir bekommen Platz. Sobald wir etwas Luft haben, gucken wir in die Runde. Es interessiert uns doch, mit
wem wir da zufällig zusammengekommen sind. Aber unser
Nachbar könnte sich belästigt fühlen, wenn wir ihn taxieren. So schielen wir heimlich, schnell und verstohlen aus
den Augenwinkeln. Worte werden nicht gewechselt: So nah
und doch so fremd.
Peter Karsch
Ich bin 66 Jahre alt, Witwe. Mein Mann ist vor fünf Jahren
gestorben. Meine Tage verbringe ich mehrmals im Monat
als Erfahrungsträger bei Gesprächen mit Schülerinnen und
Schülern, wöchentlich einmal in einer Wandergruppe,
manchmal mit Schwatzen mit Freundinnen, oft genug jedoch allein. An einem Dienstag im Januar fiel eine Wanderung wegen des kalten Wetters und der vereisten Wege
aus. Ich suchte mir eine angenehme warme Unternehmung
und machte mich auf ins Museum. Das war jedoch wegen
Reinigungsarbeiten gerade geschlossen und ich ging in eine Sonderausstellung des Malers Baselitz. Die hatte ich
nun schon gesehen und der Besuch war nicht mehr so sehr
anregend. Um mir nun doch noch etwas Gutes zu tun,
wollte ich mir in einer Gaststätte Kaffee und Kuchen gönnen. Ich wusste von einem gemütlichen Café in der Nähe.
Dort waren jedoch alle Tische besetzt, ich kehrte um. Die
Tische waren selten vollständig in Anspruch genommen.
Ich zögerte und ärgerte mich über mich selbst: „Warum
setzt du dich nicht auf einen freien Platz?“ Gewiss, bei einem Ehepaar stört man vielleicht, bei einem Liebespaar
ganz gewiss, aber Eheleute müssen nicht ununterbrochen
etwas diskutieren, in der Regel tun sie das nicht. An einem
Tisch saß eine einzelne Frau, zu der setzte ich mich. Wir
kamen ins Gespräch, zunächst nur aus Höflichkeit ein paar
Worte, dann über Kleinigkeiten, aber nach einer Zeit über
alles Mögliche. Die Frau hatte ihre Tochter besucht, die
hier studierte, hatte sich nun allein die Stadt angesehen
und hatte den ganzen Tag mit noch keinem geredet, was
ihr ein gewisses Fremdsein suggerierte. Sie erwies sich als
interessante Gesprächspartnerin. Warum haben wir so oft
Angst vor Fremden?
Kristine
Berge haben für mich etwas Hoheitlich-Anziehendes. So
wanderten meine Freundin und ich im Sommer 1968 durch
die Hohe Tatra. Wir waren in weitem Umkreis allein und
ließen uns in unserer Einsamkeit von der gewaltigen Natur
beeindrucken. Auf einem Gratweg überholten uns dann
doch zwei Polinnen. Wir mussten an einer etwas abschüssigen Stelle gegenseitig ausweichen und sahen uns an: Die
beiden hatten beste Laune und guckten fröhlich auf uns
und dann den Abhang hinunter. Wir kamen ins Gespräch.
Glücklicherweise konnte eine von den beiden Deutsch sprechen, ich hingegen kein Wort Polnisch. Sie waren Danziger,
wir Potsdamer. Das veranlasste einen Gedankenaustausch
über das Leben in den Städten und das Leben im Allgemeinen. Am Ende unseres nunmehr gemeinsamen Weges bemerkte unsere Deutsch sprechende Begleiterin: „Ich glau-
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Erzählteil
be, ich habe mir die Zunge gebrochen.“ Mit dem Austausch
unserer Adressen trennten sich dann unsere Wege.
Als die Weihnachtszeit kam, erschienen zwischen vielen
Festtagsgrüßen auch solche aus Danzig, eine Erinnerung
an die Tatra-Begegnung. Sie enthielten zugleich die
freundliche Einladung nach Danzig und den Wunsch, uns
näher kennenzulernen. Ich zögerte nicht lange, im Sommer fuhr ich los. Die Bahnfahrt war ziemlich aufregend. Ich
war froh, dass ich mich in den übervollen Zug nach Danzig
noch reinquetschen konnte. Umfallen konnte man nicht.
Ich hoffte nur, der Zug möge nicht „umfallen“.
Die Aufnahme bei der neuen Freundin war sehr herzlich
und total unkompliziert, als wären wir alte Bekannte. Ich
teilte nun für zwei Wochen ihre bescheidene, aber sehr
gemütliche Einraumwohnung in der zehnten Etage eines
Hochhauses, bekam vertrauensvoll die Wohnungsschlüssel,
auch einen Stadtplan und gute Hinweise zur Orientierung
in der Umgebung. Wanda konnte sich als Lehrerin während
des Schuljahres nicht von der Arbeit befreien.
Im September kamen dann die beiden Danziger Freundinnen zu mir. Unsere Familien und Bekannten wuchsen
schnell zu einer „Großfamilie“ zusammen. Durch unsere
ähnlichen Interessen wurden auch gemeinsame Urlaubsreisen zur Selbstverständlichkeit. Ob als Wanderburschen,
Fahrradtouristen oder mit Paddelboot und Zelt: Viele Jahre
erkundeten wir so unsere Heimatländer. Auch eine erlebnisreiche Bulgarien-Tour gehörte dazu. Auf diese Art lernten wir Länder und Leute kennen und kamen uns besonders in schwierigen Situationen näher.
was Gemeinsames planen. Wir träumten von einem TatraAusflug.
Pünktlich trafen wir uns auf dem Bahnhof in Krakau, glücklich begrüßten wir Zakopane mit seiner vertrauten Umgebung und feierten in einer Berghütte unsere Freundschaft,
die mit einer kurzen Begegnung bei einer kritischen Gratwanderung begann und uns nunmehr 40 Jahre verbindet.
Text und Foto: Lisa Krause
Auch Gesten bringen uns näher
Mein Mann und ich schippern während des Sommers recht
oft mit unserem kleinen Motorboot über die Wasserstraßen
südlich von Berlin. Wir angeln, schwimmen, beobachten die
Vögel und fahren von See zu See. Dabei begegnen wir anderen Booten, deren Besatzungen ähnliche Interessen verfolgen wie wir. Man fährt aneinander vorbei und schaut
sich Menschen und Boote an. Ich habe dabei ein Hobby gefunden: Ich grüße, winke den Leuten freundlich zu und warte auf die Reaktion. In den allermeisten Fällen stutzt die Besatzung erst einmal und winkt dann mit einem freundlichen
Lachen zurück. Wir kommen uns also ohne Worte für kurze
Zeit näher. Es sind für mich schöne Momente.
Eine ganz besondere Herausforderung kommt mir mit den
großen Ausflugsschiffen entgegen. Wird es mir gelingen
mehr als hundert Menschen zum Winken zu animieren?
Aber sicher, es gelingt immer. Solche Situationen gibt es
nicht nur auf dem Wasser. Man kann täglich einem Menschen in der Stadt einen lächelnden Blick zuwerfen und
wird erfahren, dass das guttut.
Kristel
Der Distanzhalter
Dann kamen Jahre, in denen der Briefwechsel die einzige
Verbindung war. Nicht nur die unruhige politische Lage in
Polen, sondern auch private Umstände beschäftigten uns.
Urlaubspläne waren nicht an der Tagesordnung. Nun sind
wir um die 80, fühlen uns gesundheitlich noch relativ gut
und sind nach wie vor unternehmungslustig. Da wichtige
Verpflichtungen weggefallen sind, konnten wir wieder et-
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Klaus war ein prächtiger Witzeerzähler. Er war Mittelpunkt
jeder Feier. In seiner Gegenwart war es nie langweilig. Er
hatte ein wohl unerschöpfliches Repertoire an lustigen Geschichten, Witzen und Anekdoten auf Lager, über das er
beliebig verfügen konnte.
Bei Feiern scharten sich immer eine Menge Leute um ihn,
genossen seine Späße und er genoss sein Publikum. Lachen und Frohsinn waren garantiert, wenn er anwesend
war. Wenn der Konsum an alkoholischen Getränken zunahm, wurden die Witze auch derber, die Späße deftiger.
Er konnte auch mal den einen oder anderen so richtig aufs
Korn nehmen und sich über ihn lustig machen. Lacher hatte er immer auf seiner Seite. Solange man mit ihm lachte,
konnte man vor seinem Spott sicher sein.
Ich mied allmählich Einladungen, bei denen er auch zugegen war. Mir war es zunehmend zu laut in seiner Nähe.
21
Foto: Kristin Thöring, Treppe
Folie A
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Folie B
Robert Sterl, Altarbild der Jakobuskirche in Pesterwitz bei Dresden
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Erzählteil
Ich konnte auch nicht mehr mitlachen. Ich hatte das Gefühl, seine Späße seien wie Waffen, mit denen er um sich
schlage, damit ihm ja keiner zu nahe komme.
Lange hatte ich Klaus nicht mehr gesehen. Aber nach einer
Urlaubsreise, die er gemacht hatte, sprach er mich an: „So
was wie eure Kirchen, die müsste es viel mehr auf der Welt
geben. Das ist doch wirklich der einzige Ort, wo du mal
hingehen, Abstand gewinnen und alles loslassen kannst.
Keiner will was von dir. Keiner stellt Forderungen an dich,
du kannst still werden. Man müsste sich das viel häufiger
gönnen.“
Ich war nicht schlecht erstaunt, diese Worte von Klaus zu
hören. Und er erzählte weiter, dass er im Urlaub in Italien
oft in Kirchen war, sich einfach hineinsetzte und still werden konnte. Wenn er lange so dasaß, kamen ihm die Tränen und er ließ sie einfach laufen. Dort kannte ihn keiner.
Er musste niemanden auf Distanz halten. Keiner kam ihm
zu nahe. Er musste nie befürchten, dass einer seine Lebensängste, seine weichen Seiten und seine Bedürftigkeit
nach Nähe sah.
Zurück im kleinen Dorf, in dem ihn jeder kannte, musste er
wieder seine Witze erzählen. Keiner sollte sehen oder ahnen, wie bedürftig er im Innern war.
Friedemann Hess
Nähe und Ferne in der Familie
Im deutschen Kulturraum ist der Taugenichts aus Joseph
von Eichendorffs Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“ eine bekannte literarische Gestalt. Den Taugenichts
hält nichts mehr zu Hause, in der Mühle seines Vaters. Er
zieht aus seiner gewohnten Umgebung aus in die weite
Welt, auf der Suche nach sich selbst und einer schönen
Frau. Nach zahlreichen Abenteuern, schicksalhaften Begegnungen und Verwechslungen wird er mit seiner Geliebten
vereint. Nachdem er von Fern- und Heimweh abwechselnd
geplagt wurde, findet er die seelische Ruhe im Liebesglück.
Sein Zuhause ist die Liebe. Diese Erfahrung haben wahrscheinlich viele von uns gemacht.
Ich habe mir auch gewünscht, die Welt zu bereisen und
kennenzulernen. Die Heimatstadt, mein Elternhaus und
Freundeskreis waren mir zu eng geworden. Auf einer dieser Reisen habe auch ich die Liebe gefunden und darin
mein neues, seelisches Zuhause. Mit meinem Ehemann bin
ich in ein uns beiden fremdes Land gezogen. Wir hatten
keine Freunde dort und unsere Familien waren weit weg.
Doch unter diesen Umständen wurde unsere emotionale
24
Bindung noch stärker und wir haben beide erfahren, dass
man nicht unbedingt ein Haus sein Heim nennen muss.
Mit der Zeit habe ich in der Ferne die Heimat und meine
Familie nicht verloren, sondern – scheinbar paradoxerweise
– eine neue Nähe zu ihnen gefunden.
Man sagt, dass der Mensch erst dann etwas richtig zu
schätzen weiß, wenn er es verloren hat. In der Kindheit
wissen wir oft nicht das Wertvolle zu schätzen, das unsere
Eltern und Großeltern mit ihren Lebenserfahrungen und ihren Ratschlägen uns vermitteln. Wir wollen die Welt und
das Leben selbst entdecken und glauben, dass unsere persönlichen, unmittelbaren Erfahrungen wichtiger sind. Wir
wollen uns von dem, das wir als Bevormundung empfinden, befreien. Das ist auch gut so, denn nur so werden wir
erwachsen. Doch später verstehen wir die Eltern und
Großeltern besser und manchmal tut es uns leid, dass wir
nicht noch mehr von ihrer Lebensweisheit profitiert haben.
Wir pflegen die Erinnerungen an sie und glauben, eine
neue Nähe zu ihnen gefunden zu haben, auch wenn sie
physisch nicht mehr anwesend sind.
Seitdem ich weit weg von meinen Eltern und meiner Heimat wohne, sehe ich sie aus einer anderen Perspektive und
schätze viel mehr das, was ich von ihnen bekommen habe
und heute noch bekomme. Wenn ich mich früher über
Kleinigkeiten geärgert habe, so erkenne ich sie heute als
das, was sie wirklich sind: Kleinigkeiten. Vielleicht sieht
man aus der Entfernung das Wesentliche klarer.
Laura Karsch
Ferne und Nähe im Wechsel der Zeiten
Einst muss es eine ganz große Nähe gegeben haben zwischen uns, meiner Mutter und mir. Als ich noch klein war,
gerade geboren war, von ihr getragen wurde und sie mich
nährte, da war große Nähe da. Aber im Verlauf eines langen Lebens ging diese Nähe verloren. Das ist ja klar, ist natürlich, muss ja so sein. Aber die große innere Distanz, die
dann entstanden ist, die hätte vielleicht nicht sein müssen.
Als herangewachsener junger Mann suchte ich dann einen
Ort für mein Leben aus, der 500 Kilometer vom Lebenszentrum meiner Mutter entfernt lag. Ich brauchte äußere
Distanz, um mich innerlich frei entfalten zu können. Ihre
engen Vorgaben mit der Bindung an religiöse und gesellschaftliche Normen ließen die Nähe zur Erdrückung werden.
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Erzählteil
Doch in ihrem hohen Alter wurde das ganz anders. Es war
richtig aufregend für mich zu sehen, wie ihr Denken immer
weiter wurde. Sie war schon über neunzig Jahre alt, ihr
Sehnen war schon manchmal auf den Himmel ausgerichtet.
Und es schien mir, dass dieses Ziel ihr Herz weiter machte,
großzügiger und toleranter. Die Gespräche zwischen uns
wurden wieder intensiver und auch persönlicher und ich
besuchte sie wieder häufiger und auch mit größerer Freude. Erstaunlich, dachte ich bei mir, wie der Blick in die Ferne wieder größere Nähe zwischen uns zulässt.
Noch ein paar Jahre später saß sie nach einem Oberschenkelhalsbruch im Rollstuhl. Ihr Bewegungsradius wurde
kleiner. Die Beine trugen sie nicht mehr. Die Gedanken, die
konnten noch weite Strecken zurücklegen. Über Nähe und
Ferne bestimmte nicht mehr die Physik, sondern der Geist.
Meine Mutter lebte in einem nordpfälzischen Städtchen. Bei
einem Besuch erzählte sie mir: „Ich war heute schon in
Herne“. Das war eine Strecke von mehreren hundert Kilometern. Mir war klar, dass es um etwas anderes ging als
die geografische Ferne. Es ging um die innere Nähe zu diesen Orten und zu dem, was sie für sie bedeuteten. Also
stellte ich mich auch auf diese innere Ebene ein, denn ich
wollte ja ihr nahe sein. „Tatsächlich, in Herne warst du?“
„Ja, und dann fuhr ich nach Frankfurt.“ „Ach, von Herne
nach Frankfurt? Da hast du ja einen weiten Weg hinter
dir.“ „Ja, es ging ganz gut, und dann fuhr ich weiter nach
Basel.“ „Nach Basel auch noch? Das ist ja fast nicht möglich“. „Doch es geht“, sie bewegte den Rollstuhl mit den
Armen durch ihr Zimmer und sagte: „Es ging wirklich gut.
Zwei Stunden bis Basel.“ Mich interessierte, was sie zu diesen Orten hinzog und so erfuhr ich noch eine ganze Menge
aus ihrem Leben.
Sie war den Orten innerlich nahe. Herne war der Ort ihrer
Geburt, Frankfurt der Ort, am dem ihre geliebte und einzige Schwester, die schon längst verstorben war, lebte. Basel war der Ort, an dem ihre geliebte Tante lebte, die sie in
ihrer Jugendzeit sehr gestützt hatte. Ich begriff, dass sie
den räumlich und zeitlich sehr weit entfernten Orten ihres
Lebens noch einmal ganz nahe sein wollte, ehe sie diese
Erde verlassen und sich auf die große Fernreise einlassen
konnte. Und dort spielen ja Ferne und Nähe nach unseren
Maßstäben gar keine Rolle mehr.
Friedemann Hess
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Vielleicht kennst du Menschen in deiner Nähe, die sich selber nur aus einer gewissen Ferne ansehen dürfen, um sich
überhaupt erträglich oder anziehend und Kraft gebend zu
finden.
Friedrich Nietzsche
Nicht in die ferne Zeit verliere dich. Den Augenblick ergreife. Der ist dein.
Friedrich Schiller
Nähe und Ferne in einer Freundschaft
Seit meinem Wegzug aus Köln vor 19 Jahren war ich einer
Freundin eine treue Wegbegleiterin gewesen, brieflich und
telefonisch. Ich wusste um ihre äußerste Sensibilität, war
innerlich nicht immer einverstanden mit ihren Handlungen
und Sichtweisen, dennoch konnte ich in einer Weise auf sie
eingehen, dass sie sich verstanden und angenommen fühlte. Ich war stolz darauf, mit dieser schwierigen Frau zurechtzukommen. Schließlich gab sie auch mir wertvolle Anstöße. Dann aber erhielt sie die Diagnose Darmkrebs. Ich
teilte, so gut ich konnte ihre Todesangst, die belastenden
Untersuchungen, die Zeit der zerstörenden Therapie. So
war sie mir dankbar für mein Dasein für sie. Dann aber, als
sie die Therapien überstanden, einen guten Befund hatte
und der Darm seine normale Arbeit wieder aufzunehmen
begann, enttäuschte ich sie. Sie rief mich eines Abends an.
Ich erwartete etwas wie Erleichterung über das wiedergewonnene Leben. Sie aber, die während der kritischen Zeit
viel Aufmerksamkeit von ihrer Familie erfahren hatte, wollte diese auch weiterhin. Besonders ihre voll im Lebenskampf stehenden Kinder waren dem nicht gewachsen. Meine Freundin kämpfte nun mit Schuldzuweisungen aller Art.
Ich blieb ganz ruhig, betonte aber immer wieder: „Versuche doch, es anders zu sehen!“ Plötzlich legte sie weinend
auf, mitten im Gespräch. Ich blieb verwirrt zurück. Diesmal
fühlte sie sich von mir allein gelassen.
Wir schreiben einander wieder, vorsichtig im Ausdruck. Ich
machte mir ihre Ausnahmesituation klar, in der sie auch
als Genesende steckt. Sie schickte mir auch ein Foto und
ich sah ihre Magerkeit. Ich dachte daran, dass auch ich in
meinem Lebenstief besondere Beachtung von anderen
Menschen erwartet hatte, und dass ich oft blind dafür war,
was deren Leben betraf. Ich machte ihr in wenigen Worten
die Hintergründe meiner Vorstellungen deutlich: die Verantwortung für sein eigenes Leben zu tragen, dankbar zu
sein und die begrenzte Aufnahmefähigkeit von Menschen
25
Erzählteil
zu beachten. „Deine Ansichten sind ein Stück Ethik“,
schrieb sie, ohne im Wesentlichen darauf einzugehen. „Ja“,
antwortete ich ihr, „ich habe durch mein Leben klare Werte
gewonnen.“ Langsam spüre ich erneut meine Nähe zu ihr.
Ich habe aber wieder einmal gelernt, dass für jeden Menschen sein eigener Schmerz am schwersten wiegt.
Etwas, was ich aber nicht aussprach, war die stärkste
Triebkraft meines Widerstandes gegen die Aussagen der
Freundin: Ich verglich meine Schmerzerfahrung mit der ihren! Ich weiß, dass körperliche Schmerzen vergessen werden können, wenn sich der Organismus wieder regeneriert
hat. Was aber ist mit den seelischen Schmerzen, die ich
trage? Davon hat sie keine Ahnung. Auch machte ich mir
klar, warum ich ihre Schuldzuweisungen ablehnte: Ich
weiß von mir selbst, wie sehr Schuldgefühle quälen. Deswegen bin ich sehr bedacht, möglichst wenig Menschen mit
meinen oft drückenden Gefühlen zu belasten und ihnen die
Verpflichtung nahe zu legen, sie müssten für mich da sein.
Warum ich der Freundin am Anfang so hilfreich sein konnte, obwohl mein Leben noch nie vom Tod bedroht war,
hängt auch mit meinem Schicksal zusammen. Ich war
einmal „aus dem Leben gefallen“. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man nur schreien könnte, wenn das Leben
plötzlich nur in Bruchstücken zu fassen ist, wenn Tag und
Nacht dieselben Gedanken im Kopf kreisen, wenn nichts
mehr wirklich trägt. Ich erinnere mich aber auch an das
Erstaunen und die Freude, als sich meine Augen wieder für
die Welt öffneten. Und deswegen hatte ich dies bei ihr
vermisst.
Ich bin erleichtert über die Bewältigung des Konfliktes.
Was hätten wir sonst lernen können aus unserem Schicksal
als vertiefte Menschlichkeit.
Erika Bodner
Großmuttertag
Da taucht plötzlich dieses Mädchen bei uns auf, Piercings
überall, die Haare halb geschoren, eine sehr merkwürdige
Erscheinung, mit einem kleinen Kind an der Hand. Wir haben sie vorher nie gesehen. Klingelt und druckst herum, sie
hätte lange überlegt und sich nicht getraut. Aber jetzt müsste sie es sagen: Diese Kleine da, das sei unsere Enkelin.
Mir rutschen die Beine weg, ich kann kein Wort rausbringen. Zum Glück ist mein Mann gegenwärtig genug, die
beiden hereinzubitten, und so können wir uns wenigstens
fassen.
Als sich unser Sohn vor vier Jahren das Leben nahm, damals war er gerade 18, wussten wir nichts von einem Kind.
Er hätte es uns vielleicht gar nicht mitgeteilt oder er kam
nicht mehr dazu, was wissen wir! Was wussten wir damals
überhaupt von ihm? Seine Freunde gefielen uns nicht, seine Musik war zu laut, sein Äußeres krass, wir hatten Angst,
dass er abdriften würde. Wahrscheinlich war er schon auf
dem Weg, aber das wollten wir nicht wahrhaben, war er
doch so ein liebes, anhängliches Kind gewesen. Die Schuldgefühle drohten uns aufzufressen und nagen immer noch
furchtbar. Und nun das. Mein Mann wäre damals wahrscheinlich ausgerastet, hätte er von einem Kind „auf der
Wildbahn“ erfahren.
Ich traute mich gar nicht, das Kind richtig anzusehen, wohl
aus Angst, etwas von meinem Sohn wiederzufinden, oder
aus noch größerer Angst, nichts von ihm zu sehen … Ich
weiß gar nicht mehr, was wir eigentlich an diesem Tag in
unserem Wohnzimmer besprachen. Jedenfalls hat das
Mädchen nicht aufgegeben, rief an oder kam mit ihrer
Tochter, unserer Enkeltochter, bei uns vorbei. Wir weinten
wie selten in letzter Zeit, alles wurde wieder aufgerührt.
Jetzt sind wir richtige Großeltern. Was uns damals, als unser
Sohn noch lebte, als Katastrophe vorgekommen wäre, ist
ein großes Glück. Es ist wie ein wunderbares Geschenk, das
uns unser Sohn hinterlassen hat. Jetzt sind wir reif dafür.
Dies ist ein Bericht, der auf der Erzählung der Mutter einer
Elterngruppe der Verwaisten Eltern basiert und mich sehr
bewegt hat. Wer sein einziges Kind verloren hat, dem ist ja
auch die Möglichkeit genommen, Oma oder Opa zu werden
und im Alter immerhin zu wissen, dass es mit der Familie
weitergeht. In ganz weite Ferne, völlig aus dem Gesichtsfeld heraus rücken diese Möglichkeiten, die für andere
selbstverständlich sind. Aber nach einiger Zeit der Trauer
kann sich plötzlich das Gefühl einer unwahrscheinlichen
Nähe zu dem betrauerten Menschen bemerkbar machen.
Eine Nähe, die es früher in dieser Ausprägung noch nicht
gegeben hat, als die körperliche Nähe noch greifbar war.
Eine unverhoffte, unerhoffte Nähe, die erst kommt, wenn
wir sie aushalten können. Aber dann hält sie uns auf und
fängt uns auf.
Beate Bahnert
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Erzählteil
Nähe und Ferne im
Haiku
Haiku sind Gedichte, die in Japan beheimatet sind. Sie sind zeilenweise
mit der Silbenzahl 5, 7, 5 aufgebaut.
Heimweg
Manchmal packt mich die
Sehnsucht nach dir. Legt schmerzhaft
Vergessenes blank.
Felsenfest
Das Leben zerrinnt
nicht wie Sand. Es sammelt sich
immer wieder ein.
Einsamkeit
Bedrückende Luft,
nicht Weg, noch Menschen in Sicht.
Wär’ das zu zweit schön?
Insel
Auf Suche nach Halt
lass ich das Festland hinter
mir. Wage Freisein.
Wattseite
Langsam kommt das Meer
zurück, schiebt sich heran und
ist von unten da.
Witzig
Wie das Schiff durch’s Watt
zieht! Aus der Ferne seh ich
nur trockenen Sand …
Düne
Ziehst meinen Blick zu
dir hin, über Sand und Gras
weiter zum Himmel.
Und sonst
Mit dem Meer bin ich
per Du, jedenfalls gestern,
als es fröhlich kam.
Alles
Salz auf den Lippen,
die Nase voll Wind. Unter
den Füßen: Himmel.
Geschenke
wachsen im Schweigen,
nur in der Ferne Menschen.
Heute: ein Lächeln.
Wind
Treiben und tragen,
streicheln und stärken kannst du
mich und die Vögel.
Geduld
Ich will nicht zurück,
so jammert ein Teil von mir.
Frag ihn: Warum nur?
Ergebnis
Hab zugenommen
an Lebensgewicht. Ballast
ist weggeschwommen.
Abschluss
Variationen
der Freude hab ich erlebt.
Nun kehr ich heim.
Seeseite
Voller Kraft schäumt die
Flut zum Land. Stück für Stück nimmt
sie es in Besitz.
Sand
Meinen Füßen Sand,
heißer Sand. Wärmt auch meine
Seele: Laufen im Sand.
Abendbitte
Wenn doch die Wolke
Wärme mir ließe und Licht.
Ich frier im Dunklen.
Möglichkeit
Allein unterwegs
in unendlicher Weite –
geborgen und frei.
Ausgabe 1/2011
Wasser
Hab dich vermisst, du.
Nur deine Arme können
mich ganz umfassen.
Haiku von Barbara Wohlgemuth
Foto Kathleen Strey
Innen
Blütenkelch, aus der
Ferne leuchtend violett,
nah: gelb mit Gästen.
27
Erzählteil
Abschied
Bald ist es soweit.
Auch wenn ich es wusste seit langer Zeit.
So spüre ich doch den Schmerz in mir.
Doch auf deinem Weg, da wünsch ich dir alles Glück.
Bekomm feste Wurzeln
und denk ab und zu an unsere Zeit zurück.
An das, was wir uns waren, und immer noch sind.
Bei dir durfte ich sein, wie ein kleines Kind
mit Lachen und Tränen, in Sturm und Wind.
Und doch unendlich groß und frei.
Ist die schöne Zeit jetzt auch vorbei,
so gingen wir den Weg doch gemeinsam ein Stück.
Zwar kommt diese Zeit nicht wieder zurück.
Aber sie hat mir unendlich viel gegeben.
All das, was ich von dir lernte für mein Leben.
Ich dank’ dir dafür, denn es war schön.
Ich wünsch mir, dass wir uns ab und zu mal wiedersehen.
Ich danke dir für der Freundschaft Gewinn
und möchte dir heute noch sagen:
„Der Kaffee bei mir ist immer frisch
und frei ist ein Platz an unserem Tisch für dich,
geliebter Freund, an allen Tagen.
Du kannst kommen ins Schneckenhaus zu jeder Zeit
und wirst finden die Türen offen und weit.“
Doch nun stoß’ auf das Tor in die neue Zeit,
schlag Wurzeln und wachse hoch und breit.
Wiege dich im Wind, dann kann dir nichts geschehen,
egal wie hart die Stürme auch wehen.
Auch wenn sich unsere Wege jetzt ein wenig trennen,
bin ich doch stolz, dich Freund zu nennen.
Ramona Kunze
Afrika
In der Ferne zu sich selbst finden
„Bleibe im Land und nähre dich redlich.“ Diesen Satz hatte
ich oft gehört in meiner Kindheit. Glücklicherweise gab es
gute Voraussetzungen, diesem Ideal nahezukommen. Ein
Handwerksmeister im Bekanntenkreis meiner Eltern mochte mich und bot mir eine Lehrstelle in seinem Betrieb an.
Einzige Bedingung war, ich müsste gut im Rechnen sein,
aber das war keine Hürde. Also hatte ich meine Lehrstelle
sicher, noch bevor ich zehn Jahre alt war. Ich machte mir
keine Gedanken darum, ob ich wirklich Elektriker werden
wollte, und tat, was man von mir erwartete.
Während der Lehre hörte ich zum ersten Mal, dass es für
mich noch möglich wäre, zu studieren. Ich konnte es kaum
glauben, denn in meiner Familie galt es als das Höchste,
ein ordentlicher Handwerker zu werden. Doch ich ließ mich
verlocken und ging nochmals zur Schule, um die Mittlere
Reife und das Fachabitur nachzuholen. Dass ich dazu in die
nächstgelegene Stadt fahren musste, störte mich wenig.
Dann zog es mich endgültig weg. Ich wollte in der Stadt
leben, in der ich studierte, und so zog ich nach Berlin. Auch
inhaltlich entfernte ich mich von der Familie. Solange ich
Ingenieur werden wollte, konnten sie sich etwas darunter
vorstellen. Doch dann studierte ich Ethnologie und was das
ist, war schwer zu erklären. „Ethnologen fahren in ferne
Länder und untersuchen die wilden Sitten und Gebräuche
fremder Völker.“ So versuchte ich, mein Fach meinen Eltern nahezubringen.
Gegen Ende des Studiums war es Zeit, meine Worte in die
Tat umzusetzen. Ich bekam ein Forschungsstipendium und
machte mich auf den Weg nach Afrika. Sudan hieß das
Ziel, und als das Flugzeug in Kairo einen Zwischenstopp
einlegte, war mir so bange ums Herz, dass ich überlegte,
ob es nicht besser wäre, ein Handwerker zu sein und zu
Hause zu bleiben. Die letzte Flugstrecke entlang des Nils
habe ich verschlafen. Glücklicherweise erwachte ich frohen
Mutes und voller Abenteuerlust.
Am liebsten wäre ich gleich von der Hauptstadt aus weiter
aufs Land gefahren, mitten ins Herz von Afrika. Doch wie
sagt man so schön: „Andere Länder, andere Sitten.“ Im
Sudan braucht ein Ausländer eine Reiseerlaubnis, wenn er
sich im Land bewegen will. So etwas hatte ich noch nie gehört und ich brauchte dreieinhalb Monate, um zehn Empfehlungsschreiben zusammenzubekommen, damit ich beim
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Ausgabe 1/2011
Erzählteil
achtundfünfzigsten Besuch in der Behörde meine Reiseund Forschungserlaubnis in Händen halten konnte.
Ich fuhr sofort weiter in ein kleines Dorf am Rande der
Wüste, in dem Bauern lebten und um ihr Überleben kämpften. Mit den einfachen Menschen war alles einfach. Zwar
war die Verständigung in der fremden Sprache sehr mühsam, doch wir mussten nicht viel reden, damit sie wussten,
was ich brauchte. Sie gaben mir ein Bett für die Nacht,
versorgten mich mit Wasser und teilten freimütig ihr Essen
mit mir. Ich versuchte, mit meinem Geld Dinge zu besorgen, die sie brauchten, aber nur schwer bekommen konnten. Als ich wieder weg musste, sagte mir die Gastgeberin,
dass sie sich wie eine Mutter fühle, deren Sohn weggeht.
Nach und nach verstand ich erst, warum es zwar gerne gesehen wurde, wenn ich zusammen mit meinem Gastgeber
auf dem Feld arbeitete, mich sonst aber niemand auf seinem Feld sehen wollte. Das ganze Dorf behandelte mich
so, als sei ich ein Sohn dieser Familie. Ich war etwa 5.000
Kilometer gereist und hatte eine Familie gefunden.
Die Bewohner des Dorfes hatten mir genau erklärt, was einer wissen muss, um an diesem Ort in Afrika leben zu
können. Ich passte gut auf und notierte alles. Zurück in
Deutschland schrieb ich daraus meine Magisterarbeit. Und
dann, nach dem Abschluss meines Studiums, sprach ich es
zu ersten Mal aus und sagte: „Ich bin Ethnologe.“ Da
merkte ich es ganz deutlich. Ja, das stimmt, ich habe meine Berufung gefunden, das bin ich. Ich habe meine Heimat
verlassen und bin bis nach Afrika gefahren, um zu mir
selbst zu finden.
Das Foto zeigt eine Hütte, wie sie im Sudan üblich ist. Darin wohnt eine ganze große Familie. Natürlich spielt sich auch aufgrund der Witterungsverhältnisse viel Leben im Freien ab.
Not in der Ferne
Im Jahre 1987 führte mich mein Weg in den Sudan. Der
Sudan ist das größte Land Afrikas; so groß, dass es tropische Regenwälder und Wüsten gleichermaßen umfasst.
Südlich von Ägypten gelegen, erstreckt es sich vom Roten
Meer im Osten bis in die geografische Mitte Afrikas. In den
südlichen Sümpfen entspringt der weiße Nil und dort, wo
weißer und blauer Nil zusammenfließen, liegt die Hauptstadt Khartum. Karl May hat ein dreibändiges Buch über
dieses Land geschrieben, aber er war selbst nie dort. Sudan heißt wörtlich übersetzt „Land der Schwarzen“ und tatsächlich sind viele Menschen dort sehr dunkel. Die meisten
Sudanesen sind sehr arm; so arm, dass man sich fragt,
wie sie überleben können.
Ich war damals noch jung und brauchte meine Kraft, um
mich in der großen Hitze überhaupt noch bewegen zu können. Mein Fieberthermometer war bei 50° C im Schatten
übergekocht und kaputtgegangen. Das war bei der Busfahrt von Khartum in die Provinzhauptstadt von Kordofan
mit Namen El Obeid passiert. Von El Obeid aus nahm mich
ein Lkw mit, der nach Norden in Richtung Wüste fuhr. Nach
einer guten Stunde hielt der Fahrer an und bedeutete mir,
zu Fuß weiterzugehen. Dort links würde bald ein Dorf
kommen. Tatsächlich erblickte ich bald einige Strohhütten.
Die Bewohner waren zum Glück sehr freundlich. Jemand
legte aus Palmblättern geflochtene Matten aus, auf die wir
uns setzten. Ein anderer brachte Wasser und bald gab es
auch etwas zu essen. Die Leute sprachen Arabisch, eine
Sprache, deren Grundzüge ich in einem sechswöchigen Intensivkurs gelernt hatte. Ich musste jetzt etwas sagen,
mahnte mein Gefühl ganz deutlich, sonst würde es peinlich. „Diese Soße schmeckt gut, wie heißt sie?“, war mein
erster Satz in der Landessprache. Damit hatte ich wohl den
richtigen Ton getroffen, denn als ich später fragte, ob ich
für einige Monate im Dorf wohnen und die Lebensweise
studieren dürfe, bekam ich zur Antwort: „Wenn du mit uns
essen willst, darfst du auch bei uns leben.“ Das Essen war
ärmlich und schmeckte ganz anders, als ich es von zu Hause gewohnt war. Es gab zwei Mahlzeiten am Tag und die
bestanden täglich aus Hirsebrei mit Soße aus Öl und etwas
Gemüse vom Feld oder Blättern aus der Natur.
Die Dorfbewohner waren Bauern und ich fragte mich, woher sie bei der spärlichen Nahrung die Kraft für die harte
Arbeit auf dem Feld nahmen. Mitte der 1980er-Jahre gab
es einige Dürrejahre in Afrika. Es regnete kaum und auf
den Feldern wuchs fast nichts. Wie aber kann eine Bauern-
Text und Foto: Sid Josten
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Erzählteil
familie überleben, wenn die Frucht der Felder noch nicht
einmal zur Erntezeit satt macht? Später setzte die Nothilfe
ein und es wurde Getreide aus Europa und den USA verteilt. Bis dahin mussten die Sudanesen aus eigener Kraft
überleben. Es gab zwei Überlebensstrategien und wer alles
versuchte, konnte es schaffen.
Die erste Strategie war: Wenn die Ernte des angebauten
Getreides und der Ölsaaten nicht reicht, muss man sammeln, was wild in der Natur wächst. Auch am Rande der
Wüste gab es wilde Beeren, die man sammeln und essen
oder verkaufen konnte. Aus Blättern, die in guten Jahren
nicht gegessen wurden, konnte eine spinatähnliche Soße
bereitet werden. Aus manchen Baumsamen ließ sich ein Öl
pressen. Einige sammelten Holz und verkauften es in die
Stadt. Wer Schmuck besaß, verkaufte ihn, um Essen kaufen zu können.
Die zweite Strategie war: Wenn man alleine nicht überleben kann, muss man wieder enger zusammenarbeiten. Vor
den Hungerjahren hatten die Familien für sich alleine gewirtschaftet. In der Not wurde die Kooperation verstärkt.
Der älteste Bruder versuchte vielleicht ins Ausland zu gehen, um eine Arbeit zu bekommen, die es ihm ermöglichte,
Geld an die Verwandten zu Hause zu schicken. Ein anderer
Bruder nahm z.B. eine Stelle im Staatsdienst an. Das Gehalt war zwar so gering, dass er davon kaum leben konnte,
aber es war eine vom Regen unabhängige Einkommensquelle. Ihre Frauen und Kinder ließen sie im Dorf zurück,
wohin auch die Alten zurückkehrten, weil sie dort billiger
leben konnten. In Dürrejahren schickten die Geschwister
Geld aus der Stadt ins Dorf und in niederschlagsreichen
Jahren schickten die Geschwister aus dem Dorf Lebensmittel in die Stadt. Auf diese Weise konnten es sowohl die
ländlichen als auch die städtischen Familienteile schaffen.
Wer zusammenhält überlebt besser.
Es hat einige Monate gedauert, bis ich mich frei mit den
schwarzen Menschen im Sudan unterhalten konnte. Am
Ende hat mir der Hirsebrei wirklich geschmeckt. Bis heute
denke ich gerne an diese Zeit zurück.
Text und Foto: Sid Josten
Das Foto zeigt eine Ackerfläche, die sonst sehr fruchtbar war, aber durch den
ausbleibenden Regen hart und zerrissen ist.
„Stichhaltige“ Argumente
Seit der Kindheit haben mich Bilder der weiten Welt fasziniert: Die Urwälder Südamerikas, der Dschungel in Vietnam und die Steppen Afrikas. Die Heimat ist übersichtlich,
geordnet und etwas fade. Die Ferne scheint unendlich, geheimnisvoll und voller Versprechungen. Vertrautes ist voller Langeweile – die Ferne hat den Reiz des Fremden. Als
Erwachsener hatte ich mehrfach Gelegenheit, im Ausland
zu arbeiten und dabei Land und Leute gründlich kennenzulernen. Zuletzt flog ich für die Gesellschaft für technische
Zusammenarbeit (GTZ) in den Sudan und leitete dort zwei
Jahre in Darfur ein forstliches Entwicklungsprojekt. Meine
Frau kam mit und konnte Statistiken über die verschiedenen Pflanzenarten anfertigen.
Dort angekommen, verblasste manche Illusion durch die
Realitäten. Zunächst waren einige Probleme zu lösen: Wie
können wir aus dem mitgebrachten Mehl Brot backen, wo
sind einheimische Lebensmittel zu erwerben und vor allem,
wie sind die Aufforstungsarbeiten zu organisieren? Die Ferne
wurde sehr schnell zur Nähe. Die berauschende, exotische
Landschaft blieb anregend und sobald wir konnten, unternahmen wir erste Erkundungen durch die fremden Wälder.
Über mögliche Gefahren hatten wir uns schon informiert,
aber es ist schwer, alles zu erfassen. Um in einem nahen
Waldstück Pflanzen zu sammeln und zu bestimmen, wan-
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Ausgabe 1/2011
Erzählteil
derten wir einmal durch die recht unwegsame Savanne,
beherrscht von übermannshohen Gräsern und dazwischen
einzeln stehenden Bäumen. Da achtet man natürlich auf
Tiere, die einem gefährlich werden könnten, insbesondere
auf Schlangen. Aber die Gefahr drohte von ganz anderer
Seite, regelrecht heimtückisch. Um zur Orientierung einen
Überblick über das hohe Gras zu erhalten, stieg ich ab und
zu auf einen am Boden liegenden Baumstamm. Das ging
auch recht gut, sodass sich mit der Zeit eine gewisse, fast
routinemäßige Sorglosigkeit einstellte, wie sie sich auch im
übrigen Leben eben gewöhnlich vollzieht. Wir ahnten jedoch nicht, dass in einem dieser morschen Baumstämme
ein Bienenvolk seinen Stock hatte. Als ich auf diesen
Stamm trat, ging alles in Sekundenschnelle. Wir wurden
sofort von den verteidigungswütigen Bienen angegriffen
und rannten weg, so schnell es das unwegsame Gelände
überhaupt zuließ. Aber die aufgescheuchten Bienen folgten
uns einige hundert Meter – und sie stachen und stachen.
Wildes Umsichschlagen mit der Mütze konnte nicht viel
mehr als das Gesicht bienenfrei halten. Vor allem der Hinterkopf und die Unterarme wurden zerstochen. Nur auf
dem Kinn konnte keines der Tierchen landen, ich hatte
mich nicht rasiert.
Noch bevor wir unseren Jeep erreichen konnten, begannen
die Gifte zu wirken: Erbrechen, Durchfall und völliges Erschlaffen stellte sich ein. Wir fuhren los und erst dadurch
konnten wir dem Bienenschwarm entkommen. Der Weg
führte gefährlich an einem Abhang entlang und erzwang volle Konzentration beim Fahren. Ich musste immer wieder anhalten und versuchte ein klein wenig meine Gedanken zu
sammeln, aber das Befinden besserte sich nicht und wir
wussten, dass wir bald ins Dorf kommen mussten, unbedingt.
getötet hatten, der zu dicht an ein Bienenvolk geraten war.
Da der Fall jedoch einige Jahre zurücklag, hatte keiner daran
gedacht, uns auf diese Gefahr aufmerksam zu machen.
Bienen, Schlangen usw. sind nicht die einzigen Umstände,
die den Bauern das Leben schwer machen. Der Boden ist
karg, das Wasser unregelmäßig. Der Wald, der das Umgebungsklima verbessern könnte, wird durch den ständig
wachsenden Bedarf an Ackerfläche zurückgedrängt. Die
Bauern hatten keine Begeisterung für ihre Landschaft, Europa schien ihnen romantisch. Sie wären gern mit uns mitgekommen. Indes kamen sie in der Regel gerade bis zur
nächsten Stadt mit einem Markt. Ich glaube auch nicht,
dass sie, aus ihrer Gemeinschaft entfernt, in Deutschland
zufrieden leben könnten. Was fern und nah ist, hängt eben
vom Standpunkt ab.
Ich bin nun zu alt für weitere derartige Einsätze geworden,
bin aber doch glücklich, dass ich die Gelegenheit hatte,
verschiedene Lebensweisen kennenzulernen. Leider hat
nicht alles Bestand, was ich betrieben habe. Unsere Aufforstungsarbeiten im Sudan dürften wegen der anhaltenden Kämpfe in Darfur verloren sein. Ich weiß auch nicht,
was aus meinen Mitarbeitern in der Försterei und den Bauern im Dorf geworden ist, ich befürchte Schlimmes. Ich
hoffe nur, dass nicht alle meine Arbeit in den verschiedenen Ländern verloren ist und dass sich einiges heute noch
auswirkt. Was es für unser Befinden gebracht hat, weiß ich
wohl: Wir sind hier in Deutschland zufrieden. Man kann sich
über vieles ärgern, aber man sollte den Maßstab behalten.
Siegfried Uhlig
Wir schafften das mit Mühe. Ein Mitarbeiter aus der Werkstatt fuhr eilends in die Stadt, um einen Arzt zu holen. Der
kam auch so schnell er konnte, aber es dauerte schon über
eine Stunde. Er spritzte ein Mittel und die unmittelbaren
Beschwerden ließen nach, die Lebensgefahr war gebannt.
Wir mussten einige Tage im Bett bleiben, aber die Vereiterungen und Schwellungen mit den Einstichen und den teilweise darin verbliebenen Stacheln blieben noch wochenlang lästig, obwohl hunderte von Stacheln mit der Pinzette
entfernt worden waren.
Die Lebensgefahr, die von wilden Bienenvölkern ausgeht,
war in der Gegend durchaus bekannt. Auch der Arzt hatte
sofort ein geeignetes Mittel parat. Die Bauern erzählten
uns, dass die Bienen vor einigen Jahren sogar einen Esel
Ausgabe 1/2011
Affenbrotbaum. Foto: Sid Josten
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Fokus
Unsere fünf Sinne
Wir nehmen die Welt mithilfe der fünf Sinne wahr: Wir sehen, riechen, tasten, schmecken und hören unsere Umwelt
und uns selbst. Tasten und Riechen setzen Nähe voraus,
Schmecken ganz besonders. Wenn wir uns besonders nahe
sind, erzeugt das Tasten – und Fühlen – Intimität.
Hören und Sehen können wir auch aus der Ferne. Um z.B.
Häuser in ganzer Größe zu betrachten, müssen wir oft weit
weg treten. Ganz aus der Nähe hingegen betrachten wir
unser Spiegelbild. Wir sehen uns jedoch nur mittelbar, eine
Reflexion und denken: So sind wir. Doch das ist nur die
halbe Wahrheit. Das Wort „Reflexion“ hat zwei Bedeutungen: Es bezeichnet zum einen das zurückgeworfene Bild,
zum anderen das Nachdenken, die Überlegung. Dies ist
kein Zufall. Denn wir sehen nie unser wirkliches Bild, unsere spontane Mimik, wir sehen immer nur ein gewünschtes
Bild unser selbst. Der Sehsinn setzt nicht nur räumliche
Distanz zu Objekten, sondern auch innere Distanz zu uns
selbst voraus.
Von unseren fünf Sinnen können wir uns dem Tasten und
Schmecken relativ problemlos verwahren. Wir müssen
nichts anfassen oder essen, wenn wir es nicht wollen. Wir
können aber nicht vermeiden, jemand zu hören und zu riechen, der in unsere Nähe kommt. Im Zivilisierungsprozess
hat der Mensch immer mehr seine Intimsphäre betont und
zu verteidigen versucht. Wir schotten uns heute ab, im Büro und zu Hause: mithilfe von Wänden, Vorhängen, Jalousien usw., um nicht zu sehen und nicht gesehen zu werden. Um nicht zu hören und nicht gehört zu werden, bauen
wir schalldämmende Türen und Fenster ein. Notfalls greifen wir zu Gehörstöpseln.
Mit den Gerüchen verhält es sich so ähnlich. Wir wollen
nicht gezwungen werden, etwas oder jemanden zu riechen,
denn das Riechen schafft Nähe. Die kann bedrohlich sein.
Wir wollen uns aussuchen, wen oder was wir riechen. Einen penetranten Geruch – auch ein starkes Parfüm – nehmen wir als Invasion in unsere Privatsphäre wahr. Im
Sommer in einem überfüllten Bus voller verschwitzter Menschen zu fahren, ist eine wahre Feuerprobe der Menschenliebe, die nicht viele von uns erfolgreich bestehen.
Der Geruchssinn ist vielleicht am engsten mit der Liebe
verbunden. Man sagt, dass Liebe durch den Magen geht,
doch viel mehr geht sie durch die Nase. „Jemanden nicht
riechen können“ bedeutet ja, jemanden unausstehlich zu
finden und keinen Kontakt mit ihm haben zu wollen. Liebe
bedeutet Nähe – körperlich und seelisch. Für die erotische
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Liebe spielen Düfte eine wichtige Rolle. Nicht nur Frauen,
sondern auch Männer parfümieren sich, um anziehender zu
wirken. Männer schenken ihrer Geliebten Blumen, weil sie
einerseits durch die Schönheit der Blumen einen metaphorischen Vergleich mit der Schönheit der Frau aufstellen,
aber andererseits auch, weil der Duft der Blumen eine erotische Nähe suggeriert.
Gerüche wecken in unserem Herzen Erinnerungen, schöne
wie traurige. Nichts kann das Bild einer geliebten Person,
die weit weg ist oder die wir verloren haben, mit einer so
großen Intensität in unserer Seele zum Leben erwecken
wie ein Geruch. Wenn wir zufällig auf ein Kleidungsstück
stoßen, das einer geliebten Person gehört hat und ihren
Duft noch bewahrt, spüren wir sie wieder in unserer Nähe.
Wenn wir irgendwo auf der Straße plötzlich den Geruch eines Gerichts wahrnehmen, das die Mutter zuzubereiten
pflegte, fühlen wir uns in die Kindheit zurückversetzt.
Wenn wir nach Jahren eine Creme riechen, die wir früher
jeden Sommer am Meer aufgetragen haben, ist es fast so,
als würden wir die Sonnenstrahlen wieder auf unserer Haut
spüren. Wir vergessen vieles im Laufe des Lebens, doch
ein Geruch reicht, um Erinnerungen zu wecken, die irgendwo in der Tiefe unserer Seele schlummern und wir
verloren geglaubt haben.
Starke und vor allem unangenehme Gerüche assoziieren wir
mit Armut, mit Ungepflegtheit, im Allgemeinen mit Verfall in
seinen verschiedenen Formen: moralisch (zum Beispiel der
unangenehme Geruch einer stark alkoholisierten Person),
ökonomisch und sozial (der Geruch eines Elendsviertels in
einer Großstadt) oder körperlich (der Geruch kranker Menschen). Ein starker Körpergeruch erinnert uns an unsere
„tierische“ Herkunft und an den Tod. Die westliche Welt
wehrt sich. Wir haben eine hoch entwickelte Industrie der
künstlichen Duftstoffe, mit einem unüberschaubaren Angebot von Parfüms, Deos, Raumdüften usw., mittlerweile zu
erschwinglichen Preisen, die eine Demokratisierung der
schönen Düfte bewirkt haben. All diese Produkte sind längst
nicht mehr ein Privileg der gehobenen sozialen Schicht.
Aber warum „bekämpfen“ wir so vehement die natürlichen
Gerüche? Sie gehören zu allen Erscheinungen dazu. Wäre
unser Empfinden nicht ärmer, wenn wir Landschaften und
Menschen nur noch sehen und vielleicht hören, aber nicht
mehr riechen? So wie wir einen kranken Menschen nicht
wegen seines Geruches alleinlassen werden, sollten wir
auch gegenüber den Gerüchen einer fremden Welt Toleranz zeigen: eine Welt in der sich alle „riechen können“.
Laura Karsch
Ausgabe 1/2011
Fokus
Inspirationen
Die Welt ist in uns
„Die Schöpfungen der Natur und die des Menschen gleichen sich oft oder ähneln wenigstens einander. Der Mensch
ist ein großer Plagiator. Sein Wesen aber ist es, ein Spiegel
zu sein, der in sein eigenes Bild schaut, sich umkreist und
schließlich sich durch die Welt und die Welt sich durch ihn
erkennt. Da wir Welt sind, ist die Welt auch in uns. Der
Mensch schaut sich in die Natur hinein, um aus sich heraus,
mehr oder weniger bewusst, eine neue Welt zu kreieren, die
wie eine Subschöpfung aus Nachahmung und Zusammenführung von Formen der Natur und deren Übersetzung ins
Menschliche besteht. Der Künstler wie der Techniker verstehen es souverän, Formen und Rohstoffe für diese Neuschöpfungen in der Natur zu finden.“ (Heinz Weißflog, Rede zur
Eröffnung der Ausstellung GEZEITEN von Else Gold, 2008)
Meine Arbeit mit Porzellan, mit gefundenem Holz oder mit
gefundenen Gegenständen, die ich in Bildwerke und plastische Objekte integriere und zu Assemblagen (Collagen mit
plastischen Objekten) verwandle, gehen von vorgefundenen
Formen, sowohl denen aus der Natur als auch aus den zivilisatorischen Technologien hervor, die der Mensch im Laufe
seiner Entwicklung geschaffen und gefunden hat. Ich bin eine Sammlerin, eine Entdeckerin – unter meinen Vorfahren
waren Bergleute. Aufgewachsen bin ich im Erzgebirge. Zehn
Jahre meiner Kindheit lebte ich in Johanngeorgenstadt.
Ausgabe 1/2011
Ich gehe offenen Auges, wachen Geistes, in Erwartung der
Geschichten, die in den Dingen leben. Die Spuren der vergangenen Zeit berühren mich. Abfall? – Lebenszeichen –
deren Entdeckung löst Erinnerungen, Gefühle, Gedanken in
mir aus. Indem ich sie wahrnehme, aufhebe, mit ihnen
spiele, erzähle ich ihre Geschichte fort. Es geschieht etwas
mit den Fragmenten, die sich bei mir begegnen. Sie erfahren eine Verwandlung in meinen Schöpfungen.
Die Dinge tauchen auf. Etwas hat sie freigelegt. Der Wind,
das Wasser, meine Augen, meine Hände, meine Gefühle
oder meine Gedanken …
Abfall, das ist der Rest, der Überrest der natürlichen Hervorbringung, wie der menschlichen Produktion. Abfall fällt
mir auf.
In meiner Arbeit mit dem Material Porzellan entsteht fortwährend Abfall, den ich aufhebe, sammle, mit dem ich
spiele und den ich ordne. So entstand das Objekttableau
„Kaskaden“ im Spiel mit den Eingussabfällen für Himbeeren. Hier habe ich die kammartigen Produktionsabfälle seriell, angeordnet. Das Einzelne geht auf im Ganzen. Es entstand in einer variablen Anordnung, eine Struktur, in der
die Plastizität des Materials sich auf eigenwillige Weise entfaltet. Die „Kaskaden“ erinnern an die Bewegung von Wasser im Fließen, im Fallen. Licht und Schatten treiben ihr
berechnendes Spiel.
Else Gold, Kaskaden, 2008, Reihung, Porzellan unglasiert auf Gips- und
Brennplatte, 40 x 60 cm
Foto: Werner Lieberknecht
33
Fokus
Die Dinge sind im Fluss, in Bewegung.
Ich bin Teil des pulsierenden Kosmos.
Ebbe und Flut – Gezeiten.
Ich bin eine Frau, verwandt mit der Erde und mit dem
Meer. Der Mond ist auch mein Begleiter.
Gezeiten unabdingbar, wieder und wieder, sich fortwährend wiederholende Bewegungen von hin und her, von
steigen und fallen, von Nähe und Ferne, Spuren hinterlassend. Derselbe Strand ist nie der gleiche. Etwas wird fortgespült, anderes wird abgelagert. Manches wird freigelegt,
das wenig später wieder verschwindet.
Vor zwei Jahren entstand während eines Porzellansymposiums in Freital die Arbeit mit dem Titel „Gezeiten“.
„Die lebendige Materie bekundet ihr totales Sein, indem sie
sich in Zeit und Raum entfaltet.“(Lucio Fontana)
„Es entstanden beim Gießen Formen, die dem natürlichen
Verhalten des Meeresbodens bei Ebbe und Flut gleichen,
dem Hin- und Herschwingen und Verfließen und Reißen des
Untergrundes. Die Ähnlichkeiten des Verhaltens beider Medien sagen etwas über den Kosmos aus, seine Einheit und
Gleichgesetzlichkeit in den unterschiedlichen Medien und
Materialien.“(Heinz Weißflog, Rede zur Eröffnung der Ausstellung GEZEITEN von Else Gold, 2008)
Immer wieder entstehen wunderbare Formulierungen, die
sich nicht denken lassen. Sie wachsen im Stillen, entstehen
scheinbar beiläufig. Aber sie erfordern tägliche Hinwendung. Sie lassen sich nicht zwingen. Sie brauchen Zeit,
Geduld und Vertrauen. In der Bewegung von Annäherung
und Entfernung werden sie langsam sichtbar, bis sie sich
zeigen. Manchmal geschieht es schnell, manchmal dauert
es Jahre.
Porzellan ist Materie – ist ein Gemisch aus Quarz, Feldspat,
Kaolin und anderen Bestandteilen. Porzellan kann in ungebranntem Zustand auch flüssig sein. Bei den „Gezeiten“
habe ich mit dem natürlichen Verhalten der Porzellanmasse
im Rohzustand und während des Brandes gearbeitet. Ich
habe das flüssige Porzellan in eine Form fließen lassen, alles weitere haben die Wärme der Sonne, die Feuchtigkeit
in der Luft, das Vergehen der Zeit, das Feuer im Ofen getan. Diese Arbeit lebt vom Vertrauen in die Schöpferkraft
der Natur.
Else Gold, Gezeiten, 2008, Porzellan unglasiert, 40 x 60 cm
Foto: Werner Lieberknecht
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Ausgabe 1/2011
Fokus
Nähe und Ferne in Raum und
Zeit
Als Newton (1643–1727) die Grundlagen für eine exakte
Physik formulierte, waren für ihn Raum und Zeit – beide
unabhängig voneinander – der absolute Rahmen unserer
Existenz. In der modernen Physik ist beides gekoppelt
(Einstein 1879–1955). Und subjektiv erleben wir genau
das: Raum und Zeit sind variabel, sehr komplex und miteinander verwoben. Deshalb lohnt es sich darüber nachzudenken.
Die Zeit schreitet, physikalisch gesehen, unaufhaltsam fort,
und genauso empfinden wir das zuweilen (lineare Zeit).
Doch wenn sich Ereignisse im Wochenrhythmus wiederholen, scheint uns auch die Zeit immer wieder neu (zyklische
Zeit). Manchmal gibt es Stopps und Sprünge. Das Leben
hat Fixpunkte, die ein besonderes Gewicht haben, die wir
nicht vergessen und auf die wir immer wieder zurückkommen: Geburt, Heirat, Jubiläen, Tod von nahen Angehörigen
und Freunden. Unser Geist sucht die Vergangenheit, wenn
wir auch nicht wirklich zurückkönnen, so sehr wir uns wünschen, Fehler rückgängig zu machen. Ein literarisches Beispiel sind Autobiografien, die auf den Wunsch schließen
lassen, zur Kindheit, zur Jugend, zu glücklichen Zeiten zurückzukehren. Mit Fotografien halten wir die Erinnerung an
schöne Stunden, an Wanderungen, Feste und Begegnungen fest. Wir konservieren das angenehme Gefühl der Vergangenheit, holen es in unser Bewusstsein zurück und stellen so eine Nähe zu vergangenen Ereignissen her.
Noch überraschender sind die Feststellungen über unsere
Raumerfahrung. Viele kennen eine Verbundenheit mit Angehörigen über Entfernungen hinweg. Zuweilen wird diese
Zusammengehörigkeit mit täglichem Telefonieren aufgefrischt. Besonders in Krisensituationen, wenn z.B. ein Angehöriger eine schwierige Operation zu überstehen hat, ist
der Partner beunruhigt und kann sich von einem bedrohenden Gefühl nicht befreien bis das erlösende Telefonat
kommt: Es ist ohne Komplikationen gelaufen, alles wird
gut. Solche Verbundenheit hat es schon immer gegeben,
aber die Veränderungen durch moderne Technologien sind
grundsätzlich und sind Gegenstand vieler kulturwissenschaftlicher Publikationen.
Michel Foucault behauptet: „Unsere Zeit ließe sich eher als
Zeitalter des Raums begreifen.“ (Michel Foucault: Andere
Räume S. 317). Tatsächlich hat sich das Raumempfinden
in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert und ist
mit der Zeit gekoppelt. Durch die schnellen Reise- und
Ausgabe 1/2011
Kommunikationsmöglichkeiten kommt es zu einer Verdichtung unserer Wahrnehmung (time-space compression).
Räumliche Ferne wird heutzutage anders verstanden als
vor 30 bis 40 Jahren. In der High-Tech-Ära sind wir extrem
mobil geworden. Kein Raum unseres Planeten ist unerreichbar geblieben. Auch das Weltall ist für vermögende
Touristen nicht tabu.
Die Kommunikationsmöglichkeiten führen dazu, die
scheinbare, gefühlte Unendlichkeit der Welt zusammenschmelzen zu lassen. Wir telefonieren und mailen mit Angehörigen, die sich irgendwo auf dieser Erdkugel befinden.
Mobilität und Kommunikation brachten uns räumliche Nähe
zu allen interessanten Punkten auf der ganzen Erdkugel.
Das Fernsehen zeigt das Leben auf allen Erdteilen, dortige
Menschen und Tiere sind uns bekannt, Erdbeben und Unwetter bekommen wir in Echtzeit übermittelt. „Raum“ ist
ein komplexer Begriff geworden und bedeutet nicht mehr
nur Landschaft und Wohnraum, sondern beinhaltet auch
eine mentale Vorstellung. Die Wissenschaftler registrieren
eine Wende in der Raumerfahrung (spatial turn).
Die Verdichtung unserer raumzeitlichen Wahrnehmung hat
gesellschaftliche Folgen: Der Mensch tendiert zu Ortlosigkeit. Die weitestgehende Loslösung vom geografischen Ort
erfolgt im Cyberspace, in den scheinbaren Welten des Internets. Die Orte der „Lebenswelt“ sind vorrangig medialisiert zu denken (Jörg Döring, Tristan Thielmann: Was lesen
wir im Raume? S. 15). Die Heimat hat für die jetzt Heranwachsenden nicht mehr die Bedeutung, die sie für die Vertriebenen des 2. Weltkrieges hatte, für die die Heimat die
Existenz- und Lebensgrundlage war. Für einen guten Job
oder manchmal überhaupt für eine Verdienstmöglichkeit
gehen Berufsanfänger ohne Wehmut in fremde, ferne Länder. Geheiratet wird nicht mehr nur innerhalb einer Dorfgemeinschaft, die Liebenden finden sich über hunderte von
Kilometern, zuweilen international über Ländergrenzen
hinweg. Wenn wir auch die extreme Formulierung vom
„Verschwinden des Raums“ nicht nachvollziehen wollen, ist
es doch so, dass Nähe weder durch Zeit noch durch den
Ort allein bestimmt wird, sondern zuallererst durch geistige
Nähe, bei zwei Menschen durch das gefühlte Band, das
beide verbindet.
Delia Cotarlea
Zitierte Literatur:
Döring, Jörg/Thielmann, Tristan/et al. (Hg.): „Spatial Turn. Das Raumparadigma in den Kultur- und Sozialwissenschaften“ Bielefeld 2008, S. 7–45,
ISBN 978-3-89942-683-0
Foucault, Michel: „Andere Räume“ (1967), in: Barck, Karlheinz (Hg.): Aisthesis; Wahrnehmung heute oder Perspektiven einer anderen Ästhetik; Essais. 5.
durchgesehene Auflage. Leipzig: Reclam, 1993.
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Festgestaltung
Österliche Basteleien
Ostern und seine Bräuche
Ostern ist das Fest, an dem wir die Auferstehung Jesu
Christi feiern. Damit ist es eigentlich viel wichtiger als
Weihnachten, die Geburt von Jesus. Trotzdem hat sich in
unserem Kulturkreis Weihnachten bedeutsamer entwickelt
als das Osterfest. Das ist ein bisschen traurig.
Vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass Weihnachten einen feststehenden Termin hat, wohingegen das Osterfest zu den beweglichen Festen im Jahr gehört. Es fällt
immer auf den Sonntag nach dem ersten Frühjahrsvollmond. Der Frühlingsanfang ist auf den 21. März festgelegt.
Die Ostkirchen nahmen den Gregorianischen Kalender zur
Berechnung der beweglichen Feiertage nicht an, sodass der
Ostertermin dort von unserem bis zu fünf Wochen abweichen kann. Mit Ostern beginnt die österliche Freudenzeit,
die fünfzig Tage bis einschließlich Pfingsten dauert. Alle übrigen beweglichen christlichen Feiertage werden vom Ostersonntag aus berechnet.
Der Name „Ostern“ ist altgermanischen Ursprungs und
hängt wahrscheinlich mit der Himmelsrichtung „Osten“ zusammen.
Da Ostern außerdem ein Frühlingsfest ist, sind Osterbräuche in vielen Ländern vorchristlicher Herkunft.
Der österliche Festkreis beginnt seit dem Jahre 1091 mit
dem Aschermittwoch, dem eine 40-tägige Fastenzeit folgt.
Dies erinnert an die 40 Tage, die Jesus in der Wüste fastete und betete. Eine christliche Tradition hat also die Aktion
„7 Wochen ohne“. 2010 trug diese Aktion den Titel „Näher!
– 7 Wochen ohne Scheu“, im Jahr 2011 den Titel „Ich
war’s! 7 Wochen ohne Ausreden“.
Wir möchten Sie ermuntern, sich in diesem Jahr für die
„7 Wochen ohne“ etwas Besonderes vorzunehmen. Erkunden Sie die eigenen Grenzen wie auch die ihrer Nächsten.
In der Rubrik Kreativ finden Sie in dieser Mappe unter
„Zielkalender“ viele Vorschläge, wie sie Ihren Nächsten und
sich selbst beistehen können, um das persönlich gesteckte
Ziel zu erreichen.
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Christliche Bräuche
-
Die Kirchenglocken werden zwischen Karfreitag und der
Osternacht nicht geläutet.
Die Ostermesse beginnt vielerorts schon früh um 6.00
Uhr.
In orthodoxen Ländern begrüßt man sich während der
Ostertage mit dem Ostergruß: „Christus ist auferstanden!“ und antwortet: „Er ist wahrhaftig auferstanden!“
Familiäre Bräuche
-
Die Kinder suchen bunt bemalte Eier und Süßigkeiten,
die vom „Osterhasen“ versteckt wurden.
Die Erwachsenen schenken sich besonders hübsche Ostereier oder auch Osterkerzen.
An einen Strauch im Freien oder an einen Frühlingsstrauß in der Wohnung werden bunte Eier gehängt.
Als Ostergebäck gibt es einen Kuchen oder Plätzchen in
Hasen- oder Lammform.
Traditionelle Osterspeisen sind: Osterschinken, Würste,
Eier, Lammbraten.
Regionale Bräuche
-
Osterwasser holen: Es muss in der Osternacht oder
früh vor Sonnenaufgang geschehen und der Weg muss
schweigend zurückgelegt werden, sonst erfüllt das
Wasser nicht seine Wirkung: Es soll beim Waschen eine
besonders feine Haut geben.
In manchen Ländern besprengen sich die Menschen gegenseitig mit Wasser. Der Brauch rührt wahrscheinlich
daher, dass Ostern als Tauftermin galt.
Sogar Vieh wird am Ostermorgen in Bäche oder Flüsse
getrieben, damit es von Krankheiten verschont bleibe.
Osterreiten ist ein alter sorbischer Brauch, der in der
Niederlausitz wieder neu belebt wurde und ein Besuchermagnet ist. Mehr als eintausend Reiter in schwarzem Gehrock, mit Zylinder und weißen Handschuhen
führen auf sieben verschiedenen Routen eine Prozession auf ihren reich geschmückten Pferden durch.
Ausgabe 1/2011
Festgestaltung
Osterkarten
Das Versenden von Osterkarten ist weit verbreitet. Ähnlich
wie zu Weihnachten hat die Post auch im Zeitalter des
Computers Hochsaison.
Um eine Karte zu gestalten können Sie:
a) malen (was nicht jedermanns Sache ist),
b) Figuren ausschneiden und aufkleben,
c) Schablonen auflegen und mit Farbe bespritzen,
d) Schablonen ummalen,
e) stempeln,
f) Kombinationen dieser Techniken anwenden.
Tipps und Tricks
zu b) Schablonen ausschneiden und aufkleben
Verwenden Sie nur dünnes Papier und keinen Karton für
die Figuren, die Sie aufkleben wollen. Tragen Sie nur wenig
Leim auf, damit er an den Rändern nicht hervorquillt und
sich das Papier auch nicht wellt.
Zum Schneiden von runden Linien sind Fingernagelscheren
bestens geeignet. Auch sonst sollten die Scheren scharf
und bis zur Spitze gut schneidend sein.
Sie sie auf das Papier und ziehen Sie den Tuschepinsel von
der Mitte aus senkrecht über den Rand der Schablone oder
umfahren Sie die Schablone mit einem Stift.
zu e) Stempeln
Stempel kann man aus Kartoffeln oder alten Radiergummis
ausschneiden. Dazu legt man am besten eine Schablone
auf die angeschnittene Kartoffel und schneidet mit einem
Messer am Rand der Schablone entlang. Es sollten nur einfache Formen und keine komplizierten Muster sein. Nun
noch mit einem Pinsel Wasserfarbe auf den Stempel auftragen und die Druckerei kann beginnen. Je weniger Wasser die aufgepinselte Farbe enthält, desto kräftiger wird
der Druck. Man kann sogar mit den Fingern stempeln – natürlich nur rundliche Formen.
Die folgenden Muster sind Vorschläge für Briefe und Karten, die Schraffierungen und Augen können sie später einmalen oder weglassen. Sie können die Figuren aber auch
für das Basteln von Osterkerzen und Tischschmuck (S. 42)
und für das Oster-Memory (S. 43) verwenden.
zu c) Schablonen auflegen und mit Farbe bespritzen
Die Schablonen können mit Kohlepapier direkt auf das gewählte Material übertragen werden. Oder Sie legen Transparentpapier auf die Vorlage und ziehen alle Linien mit einem weichen Bleistift nach. Dann legen Sie das Transparentpapier mit der bemalten Seite nach unten auf das
Werkmaterial und fahren die Konturen ein zweites Mal mit
einem harten Bleistift nach. So werden die Motive durchgedrückt. Die Schablonen schneiden Sie bitte aus Karton
aus, aus dünnem Papier wellen sie sich schnell. Die Schablonen werden auf dem Briefpapier oder der Karte angeordnet. Ein mit Wasserfarbe oder Tinte eingefärbter Borstenpinsel (eine alte Zahnbürste geht auch) wird vorsichtig
über den Schablonen auf einem alten Tee- oder Küchensieb abgerieben. Die Farbe sollte möglichst wenig Wasser
enthalten, dadurch werden die Farbpunkte kleiner und das
Papier wellt sich nicht. Wenn Sie die Schablonen mehrmals
verwenden wollen, entfernen Sie sie vorsichtig mit einer Pinzette, möglichst erst dann, wenn die Arbeit schon getrocknet
ist.
zu d) Schablonen ummalen
Geeignet sind etwas größere Schablonen, das können auch
Blätter aus der Natur sein. Ordnen Sie diese an, drücken
Ausgabe 1/2011
Zeichnungen: Gisela Albrecht
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Festgestaltung
Osterkerzen
Osterkörbchen
Feuer und Licht sind uralte Lebens- und Reinigungssymbole. Osterfeuer findet man heutzutage je nach Region nur
noch selten. Dazu sind Osterkerzen eine gute Alternative.
Man braucht:
ein Plastikkörbchen (aus dem Gemüsegeschäft, von
Physalisfrüchten)
Wellpappenstreifen (möglichst in zwei Farben)
Heftgerät (umgangssprachlich Tacker, Klammeraffe)
Krepppapier (anderes Papier geht auch)
So wird es gemacht:
Wellpappenstreifen zuschneiden und in das Körbchen
hineinflechten, die Enden mit dem Tacker verbinden.
Henkel zuschneiden und antackern.
Papier für den Boden zurechtschneiden und einlegen.
Der Brauch, eine besondere Kerze zu entzünden, ist sehr
alt. Die ältesten schriftlichen Zeugnisse stammen aus dem
vierten Jahrhundert. Dieser Brauch knüpft an eine alte
heidnische Tradition an.
Heute wird die Osterkerze im Gottesdienst am Ostersonntag entzündet und brennt symbolisch bis Pfingsten und
wird dann bei Taufen weiterverwendet.
Sie können eine einfache Kerze mit Wachsmalfarbe (gibt es
in Bastelgeschäften) und mithilfe der Schablonen bemalen.
Papierschablonen aufzukleben empfiehlt sich wegen der
Brandgefahr nicht.
---
Andrea Postel
Das Körbchen ist auf dem Foto rechts vorn zu sehen.
Es gibt aber auch ganz dünne farbige Wachsplatten für das
Verzieren von Kerzen. Aus diesen können Sie mit oder ohne Schablone Figuren ausschneiden, die sich dann mühelos
durch die Handwärme auf die Kerze drücken lassen.
Man kann sich von einem Imker Bienenwachsplatten und
Docht besorgt. Die Platten sind bei Zimmertemperatur geschmeidig und lassen sich gut um den Docht wickeln. Man
muss nur darauf achten, dass der Docht wirklich guten
Kontakt zu dem Wachs hat. Dann können Sie diese Kerze
wie oben angegeben verzieren. Und Sie haben eine ganz
individuelle, wunderschöne Osterkerze, die gut riecht, vor
allem dann, wenn sie abgebrannt wird. Wenn Sie das Ende
des Dochtes noch in flüssiges Wachs tauchen, lässt sich die
Kerze gut anzünden.
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Für das Körbchen auf dem Foto links hinten schneiden Sie
aus stärkerer Pappe einen runden oder ovalen Boden aus.
(Auf dem Foto ist es eine sechseckige Pralinenschachtel).
Dann schneiden Sie die Seitenwände nach der Vorlage auf
der nächsten Seite zurecht. Die Länge der zukünftigen Seitenwand muss ein bisschen mehr als der Umfang des Bodens sein. Die Zacken werden nach innen geknickt. Die
andere Seite des Seitenstreifens wird dann bis zu der gestrichelten Linie in schmale Streifen geschnitten (das geht
mit einer Kräuterschere besonders gut). Nun die Zacken
unten auf den Boden kleben, die Seitenwand überlappend
zusammenkleben und die dünnen Streifen nach außen drücken. Bei grünen Karton sieht es wie Ostergras aus.
Ausgabe 1/2011
Festgestaltung
Springt dann fort mit einem Satz
und ein frecher kleiner Spatz
schaut jetzt nach, was denn dort sei.
Und was ist’s? Ein Osterei!
Volksgut
Ostereier schmücken
Es gibt ja wunderschön verzierte Eier in Wachs- oder Batiktechnik. Die Hersteller sind wahre Künstler und von klein
auf in dieser Technik geübt. Aber auch wir „normalen“ Leute können Ostereier mit einfachen Mitteln schön verzieren.
Warum die Ostereier bunt sind
Vor langer Zeit gab es noch keine bunten Ostereier. Die Eier wurden so weiß versteckt wie die Hühner sie gelegt hatten. Nun passierte es, dass es zu Ostern mächtig schneite,
die Kinder keine Ostereier fanden, deshalb sehr traurig waren und mit rot gefrorenen Nasen zurückkamen. Wer findet
schon weiße Eier im weißen Schnee? Ein kleiner Hase saß
am Waldrand und dachte: „Wir sollten die Eier bunt färben,
damit man sie auch im Schnee finden kann.“ So wurde es
gemacht. Und seitdem gibt es bunte Ostereier und die Kinder finden sie immer, auch im Schnee.
Nacherzählung, Quelle und Autor unbekannt, für Hinweise wären wir dankbar!
Der Hase und das Ei sind Zeichen des Lebens und der
Fruchtbarkeit. Hasen bekommen im Frühjahr viele Junge,
das heißt sie schenken Leben. Sahen die Menschen früher
die Hasenmütter mit ihren Jungen, wussten sie, dass der
Winter vorüber war.
Das Osterei
Unterm Baum im grünen Gras
sitzt ein kleiner Osterhas’!
Putzt den Bart und spitzt das Ohr,
macht ein Männchen, guckt hervor.
Ausgabe 1/2011
Sie möchten bei den Ostereiern, die zum Essen gedacht
sind, nicht mit den bunten käuflichen Eierfarben arbeiten?
Dann können Sie ganz einfach zwei Farben mit Naturmaterialien herstellen.
Geben Sie in das Eierkochwasser einfach viele Zwiebelschalen mit hinein. Sie erhalten sehr schöne braune Eier.
Leuchtend gelbe Eier erhalten Sie, wenn Sie dem Wasser
Kurkuma (Gelbwurz, gibt es im Gewürzladen, ist meist im
Curry enthalten) zugeben, ungefähr 2 Esslöffel auf einen
halben Liter Wasser.
Bei beiden Methoden die Eier beim Kochen ein bisschen hin
und her bewegen, dann werden sie gleichmäßiger gefärbt.
Und natürlich die gefärbten Eier hinterher mit einer Speckschwarte abreiben, dann glänzen sie schön.
Wenn Sie die Eier vor dem Kochen mit Farn- oder kleinen
Blättern o.Ä. belegen, in einen alten, dünnen Perlonstrumpf stecken, diesen oben und unten zubinden, haben Sie ein schönes Muster auf dem gefärbten Ei.
Dies waren umweltfreundliche Methoden für Eier, die zum
Verzehr gedacht sind. Alle folgenden Vorschläge können
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Festgestaltung
zum Teil sowohl für Schmuckeier, als auch für Speiseeier
verwendet werden.
Wenn Sie mit einem ausgeblasenen Ei arbeiten möchten,
stecken Sie es einfach auf einen Schaschlikspieß oder ein
ähnliches Hölzchen, dann lässt es sich gut handhaben. Den
Faden durch ein ausgeblasenes Ei bekommen Sie am besten mit einer sehr langen Stopfnadel, die durch das ganze
Ei hindurchreicht. Dann können sie die Fadenenden unten
ankleben. Oder Sie binden ein halbes Streichholz an einen
Faden, versehen die Streichholzenden mit Leim. Stecken
Sie das Streichholzstück in das Ei und hängen es auf, so
kleben die Holzenden im Ei fest.
Hei; juchhei
Hei; juchhei!
Kommt herbei!
Suchen wir das Osterei!
Immerfort,
hier und dort
und an jedem Ort!
Ist es noch so gut versteckt!
Endlich wird es doch entdeckt:
Hier ein Ei!
Dort ein Ei!
Bald sind’s zwei und drei.
Denselben Effekt erreichen Sie, wenn Sie Wasserfarbe auf
einen alten (Strick-)handschuh geben und damit das
feuchte Ei schmücken.
Andrea Postel
Eier bekleben
Tipps und Tricks: Wenn Sie die beklebten Eier im Freien
verwenden wollen, sollten Sie Leim verwenden, der nicht
wasserlöslich ist, für drinnen genügt ein einfacher Klebestift.
Eier mit Spitze bekleben
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
Essbare Marmor-Eier
Eier hart kochen, dann ringsherum anschlagen, sodass in
der Schale Risse und Sprünge entstehen. Rotwein mit etwas Thymian, Rosmarin, Lorbeer und Chili aufkochen und
abgekühlt über die Eier gießen. Über Nacht stehen lassen,
damit sie gut durchziehen. Am nächsten Tag verspeisen.
Marmorierte Eier
Es gibt verschiedene Methoden um Eier zu marmorieren.
Im Bastelgeschäft kann man Marmorierfarbe in verschiedenen Tönungen kaufen. Davon tropfen Sie ein wenig auf
Wasser in einer Schüssel. Dann tauchen Sie das Ei vorsichtig hinein, beim Herausholen legen sich die Farben im
Marmormuster auf die Eier.
Oder tupfen Sie auf die feuchte Eierschale mit einem Pinsel
oder einem Schwamm verschiedene Wasserfarben. Dabei
sollten Sie mit der dunkelsten Farbe beginnen.
Eier mit Naturmaterialien bekleben
Sie können Eier bekleben mit:
a) Efeublättern
b) gepressten kleinen Stiefmütterchen o.Ä.
c) kleinen Eierschalenstückchen von marmorierten Eiern
d) Bast oder Schnur
Andrea Postel
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Ausgabe 1/2011
Festgestaltung
Eier mit Hut
Tipps und Tricks: Dazu können Sie ausgeblasene Eier oder
Eier aus Plastik verwenden.
Malen Sie auf ein gefärbtes oder ungefärbtes Ei ein einfaches Gesicht mit einem Filzstift (s.u.). Der Hut ist aus
Moos, Federn oder einem Stück Eierschale. Dann noch den
Faden zum Aufhängen durch eine Perle ziehen und fertig
ist ein besonders lustiges Ei.
Eier mit Serviettentechnik verzieren
Streichen Sie das Ei mit speziellem Klebelack für Serviettentechnik ein. Schneiden Sie aus einer Papierserviette ein
Motiv aus. Trennen Sie die verschiedenen Papierlagen der
Serviette, sodass Sie nur die oberste dünne, bedruckte Lage übrig haben. Diese kleben Sie auf das Ei und lassen den
Lack trocknen. Nun streichen Sie mit dem Klebelack von
der Mitte des Motivs her (so werden eventuelle Blasen mit
ausgestrichen) noch einmal über das Papier. So erhalten
Sie ein absolut wetterfestes Osterei.
Christine Marzin
Ausgabe 1/2011
Mit Pailletten geschmückte Ostereier
Tipps und Tricks: Dazu eignen sich nur Eier aus Zellstoff
oder weichem Plastik, also Eier, in welche Sie mit einer
Nadel hineinpieksen können. Die Eier, Pailletten und Nadeln bekommen Sie im Bastelgeschäft. Dann ist es ganz
leicht, schöne Muster damit auf das Ei zu stecken.
Andrea Postel
Ein Ei mit Gitternetzband umhüllen
Kaufen Sie ein Gitternetzband (es ist ein bisschen dehnbar)
im Handarbeitsgeschäft und ein durchsichtiges Plastikei im
Bastelladen. Schneiden Sie sich bitte ein Stück Band zurecht, das reichlich doppelt so lang ist wie das Ei. Dann legen Sie das Ei in das Band und nähen die Seiten zu. Oben
ziehen sie das Gitterband zusammen und schmücken es
mit einer Schleife und oder Kette. Es sieht sehr schön filigran aus.
Christine Marzin
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Festgestaltung
Österlichen Tischschmuck basteln
Schmetterlinge
Falten Sie Tortenspitze doppelt und schneiden mit einem
Schnitt zwei gleiche Schmetterlingsflügel aus. Den mittleren Teil beider Flügel knicken Sie um und kleben ihn in einen Papierfalz, der im Zickzack gefaltet ist. So kann der
hübsche Schmetterling auf ihrem Tisch stehen. Wenn Sie
ihn irgendwo anders befestigen wollen, nehmen Sie doppelseitiges Klebeband.
Christine Marzin
Osterhase
Sie benötigen:
eine leere Trinkjoghurtflasche, braune Bastelfarbe, etwas Sand, eine
Styroporkugel, einen Schaschlikspieß, zwei Wackelaugen (gibt es im
Bastelladen), einen roten Pompon,
Tonkarton, Moosgummi möglichst
weiß (Papier oder Stoff gehen auch),
Schleifenband, (Zickzack-)schere.
1. Trinkjoghurtflasche etwa bis zur
Hälfte mit Sand füllen und mit
brauner Farbe bemalen.
2. Styroporkugel auf Schaschlikspieß stecken und bemalen.
3. Schaschlikspieß mit Kugel in entsprechender Höhe in die Flasche
stecken und trocknen lassen.
4. Ohren aus Papier ausschneiden,
bemalen und ankleben.
5. Wackelaugen und Nase (Pompon)
ankleben.
6. Zähne und Latz ausschneiden
und ankleben.
7. Schleifenband als Halstuch fixieren.
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Kerzenhalter
Material: ca. 20 Stück gleichlange Weidenruten (15 bis 30
cm), Naturbast, Eierkerzen, Gartenschere.
Sie binden die Rutenstücke etwas oberhalb der Mitte mit
Bast fest zusammen, drehen das Bündel auseinander und
stecken eine Eierkerze in das kürzere Ende des Bündels.
Diese Kerzen wegen Brandgefahr bitte nicht unbeaufsichtigt brennen lassen!
Wachsblumen
Sie benötigen: einfache Stearinkerzen, eine kleine Blumenplätzchenform, eine Untertasse, Wasser, Streichhölzer.
Gießen Sie etwas Wasser auf die Untertasse, legen Sie die
Plätzchenform darauf und tropfen von der brennenden Kerze Wachs in die Form. Das Wachs gerinnt sofort und dadurch entstehen sehr schöne Gebilde, die sich leicht aus
der Form lösen lassen.
Andrea Postel
Ausgabe 1/2011
Festgestaltung
Spiele zu Ostern
Ostern ist ja heutzutage das Fest für die Kinder. Tun Sie
sich und den Kindern den Gefallen und toben Sie bei den
vorgeschlagenen Osterspielen mal so richtig mit. Wenn Ihnen das Toben schwer fällt, können Sie den Kindern auch
das folgende lustige Gedicht mit auf den Weg geben:
Mein Vater kaufte sich ein Haus.
An dem Haus war ein Garten.
In dem Garten war ein Baum.
Auf dem Baum war ein Nest.
In dem Nest war ein Ei.
In dem Ei war ein Dotter.
Im Dotter war ein Osterhase,
der beißt dich in die Nase.
(Natürlich zum Schluss den kleinen Zuhörer in die Nase
zwicken.)
Aus dem Volksmund
Ostereierticken
Beim Eierticken werden zwei hart gekochte Eier mit den
Spitzen aneinander „getickt“. Das Ei, dessen Schale zuerst
zerbricht, hat verloren.
Eierrollen
Das Eierrollen kann an einem Hügel oder auch auf selbst
gebauten Schrägen gespielt werden. Die Spieler lassen Eier
den Hang hinunterrollen. Das Ei, das am weitesten rollt,
hat gewonnen. Der Gewinner darf die Eier der anderen einsammeln.
Eierlaufen
Bei diesem Spiel müssen die Teilnehmer ein (am besten
gekochtes) Ei auf einem Löffel in einem Wettlauf unversehrt bis zu einer Ziellinie balancieren. Erschweren kann
man den Lauf durch Hindernisse, die umkreist oder durchkrabbelt werden müssen. Sieger ist, wer zuerst die Ziellinie
überschritten hat und dessen Ei noch heil ist bzw. als solches zu erkennen ist. Falls viele Personen mitspielen, kann
man Eierlaufen auch als Staffellauf gestalten.
österliche Motive. Die Karten werden verdeckt ausgelegt
und jeder Spieler muss durch Aufdecken der Karten (und
sich erinnern) möglichst viele zusammengehörige Karten
finden. Sie werden staunen, wie pfiffig die lieben Kleinen
da sind und wie sie sich freuen, wenn sie die Oma oder den
Opa besiegt haben.
Weinflaschen österlich verpacken
Wenn Sie doch lieber eine Flasche Wein zu Ostern verschenken wollen, können Sie diese auch sehr schön österlich verpacken, es geht ganz einfach.
Flasche in Papier
Für eine normale oder bauchige Weinflasche brauchen Sie
ein Papier von ca. 75 cm im Quadrat. Stellen Sie die Flasche in die Mitte des Papiers, nehmen Sie die Ecken hoch
und drehen Sie die Flasche mit der anderen Hand am Flaschenhals ein bisschen. Evtl. korrigieren Sie die entstandenen Falten noch. Befestigen Sie das Papier an der Drehstelle
mit einer Schleife oder Klebeband und kleben Sie den Osterhasen von der nächsten Seite auf. (Siehe Foto unten links.)
Flasche mit Stoff umwickeln
Sie brauchen ein Stück Stoff von ca. 85x85 cm. Dieses legen Sie mit der Vorderseite nach unten und stellen die Flasche in die Mitte. Nehmen Sie zwei gegenüberliegenden
Tuchenden hoch und binden Sie diese über dem Verschluss
der Flasche mit einem Knoten. Jetzt nehmen Sie die restlichen beiden Ecken hoch, überkreuzen sie hinter der Flasche
und binden sie vorne am Flaschenbauch mit einem Knoten
zusammen. Nun können Sie die Flasche noch mit dem Osterhasengesicht von der nächsten Seite versehen, die „Hängeohren“ haben sie ja schon. (Siehe Foto unten rechts.)
Oster-Memory
Vielleicht haben Sie noch ein altes Kartenspiel, dass nicht
mehr vollständig ist oder mit dem niemand mehr spielt.
Kleben Sie auf die Bildseite von je zwei Karten zwei gleiche
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Festgestaltung
Zeichnungen: Gisela Albrecht
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Ausgabe 1/2011
Wegweiser durch dieses Heft
Thema: Nähe und Ferne
Wilhelm Wilms sagt in einem Gedicht, dass die Nähe zu einem Menschen gesund oder krank machen kann. So wichtig ist unser Miteinander, denn bei jedem Lachen und Fröhlichsein ist auch unsere Seele zufrieden und bei jedem
Streit ist auch die Seele krank. Wir haben deshalb hauptsächlich Artikel über ein gutes Miteinander ausgewählt.
Aber was ist im Zeitalter der fast unbeschränkten Reisemöglichkeiten und des Internets Nähe, was ist Ferne? Das
Ferne – ob räumlich oder zeitlich - hat etwas Geheimnisvolles. Fernweh überformt den einfachen Wunsch, fremde
Länder kennenzulernen und fremde Sitten zu deuten. Nicht
für alle sind das Fernsehen und das Internet zufriedenstellend. Wirkliches Fernweh kann nur durch Reisen befriedigt
werden. Aber auch in fremden Gegenden ist unsere Seele
nahe. Die Bewohner vor Ort wollen vielleicht wegen ungünstiger Lebensumstände weg, eventuell zu uns. Es gibt
Fernweh und es gibt auch Heimweh.
Künstler versuchen oft Nähe und Ferne in ihren Werken
auszudrücken. Wir besprechen ein Altarbild und auch Installationen, die Kaskaden und die Gezeiten darstellen.
Bringt uns räumliche Nähe wirklich zusammen? Nicht immer, manchmal fühlen wir uns von der Nähe bedrängt.
Doch Menschen können auch in großer Entfernung eine
Einheit bilden. Wichtig ist das geistige Band. Eine Bindung
kann auch im Nachhinein entstehen, wenn man in Ruhe
über seine Kindheit nachdenkt. Das Band der Nähe vermag
auch über den Tod hinaus zu halten.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls viel Nähe zu Ihren Mitmenschen, die sie glücklich macht. Genießen Sie die guten Augenblicke, versuchen Sie diese Momente in Ihrer Seele zu
speichern, denn genau so können sie nicht wiederkommen,
da die Zeit alles relativiert.
Im Alter wirkt die Nähe nicht mehr fade, sie schenkt uns
Vertrauen und wir fühlen uns sicher.
Impressum
Autorin
Ilse Karsch
Evangelische Erwachsenenbildung
Sachsen, Barlachstraße 3,
01219 Dresden
Bergmoser + Höller
Verlag AG
Karl-Friedrich-Straße 76
52072 Aachen
DEUTSCHLAND
T 0241-9 3888-123
F 0241-9 3888-188
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Lektorat
Heike Schiemann,
Bergmoser + Höller Verlag AG
Anzeigen
Petra Wahlen
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Entwurf
Satz+Layout Werkstatt Kluth GmbH,
Erftstadt
Soweit nicht anders angegeben, wurde die Bibel mit Erklärungen, Evangelische Haupt-Bibelgesellschaft zu Berlin und Altenburg, benutzt.
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