2012-03 AAA Anlegerschutzbrief
Transcription
2012-03 AAA Anlegerschutzbrief
ANLEGERSCHUTZBRIEF 3/2012 Ausgabe Big Fat Liar Die wahren Hintergründe des Mediastream Fonds II WEITERE THEMEN Widerruf eines Darlehensvertrages Zertifikate – eine sichere Geldanlage? Wölbern Invest KG – Verantwortung, nein danke! Anlegerschutzbrief 03_2012 inhalt Impressum 2 Vorwort und Überblick zu den aktuellen Entwicklungen von Thomas Lippert 3 Kein Rendezvous mit Joe Black Das unrühmliche Ende der HSC US-Fonds von Kerstin Kondert 6 Big Fat Liar Die wahren Hintergründe des Mediastream Fonds II 10 von Kerstin Kondert Widerruf eines Darlehensvertrages Richtig Belehren will gelernt sein! Oder: wie mache ich es richtig... von Alexander Temiz 18 Clerical Medical – Bundesgerichtshof entscheidet zugunsten der Anleger von Dr. Christian Naundorf 22 „Bündnis für bezahlbare Wohnungen“ in Berlin – das Ende des Sozialen Wohnungsbaus rächt sich von Dr. Wolfgang Schirp 24 Zertifikate – eine sichere Geldanlage? von Rolf Siburg 26 - The End - oder ein positiver Ausgang in Sachen KGAL/Alcas Medienfonds in greifbarer Nähe Anne Wenzelewski 28 Wölbern Invest KG – Verantwortung, nein danke! von Thomas Lippert 30 Das Letzte von Tibet Neusel 31 1 Anlegerschutzbrief 03_2012 Anlegerschutzbrief 03_2012 Berlin, September 2012 Liebes Vereinsmitglied, liebe Leserin, lieber Leser, ich freue mich, Ihnen die Ausgabe 3/2012 des Anlegerschutzbriefes übersenden zu können. N achfolgend liefere ich Ihnen einen Überblick über die von uns bearbeiteten Themenbereiche und berichte über unsere Aktivitäten der letzten Wochen und Monate. 1. Medienfonds mit Defeasance-Struktur In den letzten beiden Ausgaben des Anlegerschutzbriefes haben wir detailliert zum aktuellen Stand der Prospekthaftungsklagen Stellung genommen und darüber informiert, dass Vergleichsverhandlungen mit Hannover Leasing und KGAL aufgenommen wurden. Wie bereits mitgeteilt dauern die Verhandlungen weiter an und werden in den nächsten Wochen fortgesetzt. An dieser Stelle weise ich nochmals darauf hin, dass zwischen den Verhandlungspartnern in Sachen Hannover Leasing-Fonds Stillschweigen vereinbart wurde, so dass wir zu konkreten Nachfragen leider nicht detailliert antworten können. Ich kann jedoch berichten, dass die Verhand lungen äußerst konstruktiv und zielführend laufen. Sobald uns mitteilungsrelevante Er gebnisse vorliegen, werden wir Sie selbst verständlich zeitnah informieren. Ich hoffe insofern auf Ihr Verständnis und bitte noch um etwas Geduld. In Sachen KGAL-Fonds dürfen wir ein wenig ausführlicher werden. Hier finden Sie weitere Informationen zum aktuellen Stand im Beitrag von Rechtsanwältin Anne Wenzelewski in diesem Heft. IMPRESSUM Anschrift: Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V., Heerstraße 2, 14052 Berlin Internet: www.aktionsbund.de E-Mail: office@aktionsbund.de Herausgeber: Thomas Lippert, Heerstraße 2, 14052 Berlin Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Tibet Neusel Layout, Satz und Druck: Jörn Dieckmann, Köllen Druck + Verlag Bonn/Berlin · Fotonachweise Inhalt: Alle hier genannten Fotos via Fotolia.com: S. 7 © vege, S. 8 © mopsgrafik, S. 19 © ggerhards, S. 20 © Günter Menzl, S. 21 © K.-U. Häßler, S. 23 © Dan Race, S. 25 © Tiberius Gracchus, S. 27 © Primabild, S. 29 © Laz'e-Pete 2 Auch bei den beiden Academy-Filmfonds der Commerzbank AG werden Fortschritte erzielt. Am 30. August 2012 wurden insgesamt 19 Verfahren der Kanzlei Schirp SchmidtMorsbach Neusel bezüglich der MHF Erste Academy Film GmbH & Co. Beteiligungs KG in Frankfurt verhandelt. Der Terminsbericht wurde bereits von Rechtsanwältin Antje Radtke-Rieger an die Kläger verschickt. Das Gericht ist nach vorläufiger Beratung der Auffassung, dass im Prospekt auf die Höhe der Schuldübernahmegebühr hätte hingewiesen werden müssen, da die Schuldübernahmegebühr dem abgezinsten Barwert der garantierten Lizenzzahlung entspricht und der Beklagten, der Commerzbank AG, somit hätte klar sein müssen, dass daraus ein steuerliches Problem hinsichtlich der Herstellereigenschaft des Fonds folgen würde. Als zweiten wesentlichen Prospektfehler sieht das Gericht derzeit die falsche Aufklärung über den Worst Case im Prospekt. Der Prospekt erweckt den Eindruck, dass durch die garantierten Zahlungen das eingesetzte Eigenkapital in jedem Fall an die Zeichner zurückfließt. Tatsächlich sichert die Garantie nur den entsprechenden Rückfluss an den Fonds – hat der Fonds höhere Ausgaben als geplant, z. B. für ungeplante Gewerbesteuer, so mindert sich der Auszahlungsbetrag an die Anleger und es kommt zum teilweisen Kapitalverlust. Dieses Risiko hat sich im Übrigen realisiert. Das Gericht steht bisher auf dem Standpunkt, dass der Prospekt hier unzureichend aufklärt. Sobald die ersten Urteile vorliegen, werden wir berichten. Thomas Lippert Diplom-Kaufmann (FH) Vorstandsvorsitzender des Aktionsbundes Aktiver Anlegerschutz e. V. und geschäftsführender Gesellschafter 2. Schiffsfonds – es wird noch schlimmer! der Aktionsbund Service GmbH „In den Sand gesetzt“, so titelte die WirtschaftsWoche in ihrer Ausgabe Nr. 36 vom 03.09.2012 zum Thema Schiffsfonds. Den Artikel können Sie über unsere Internetseite (www.aktionsbund.de) einsehen. Berufsausbildung zum Bankkaufmann; Ausbildung berufsbegleitendes Studium BWL Schwerpunkt Banken mit Spezialisierung Immobilienmanagement Derzeit vergeht leider fast kein Tag, an dem nicht die Geschäftsführung eines Schiffsfonds über eine Kapitalerhöhung (i. d. R. Rückführung von erhaltenen Ausschüttungen) beschließen lässt, oder sogar die Insolvenz der Gesellschaft mitteilt. Oft ist mit der Insolvenz der Totalverlust des eingesetzten Kapitals verbunden. Ob darüber hinaus der Insolvenzverwalter noch die in der Vergangenheit gezahlten Ausschüttungen zurückfordern kann, hängt von der vertragsgemäßen Haftungssituation ab. Berufliches Seit 2001 in der Banken- und Immobilienbranche tätig; Schwerpunkte in der Durchführung von Risikoanalysen; Engagementführung im Kreditgeschäft und ganzheitliche Beratung für Geschäftsund Firmenkunden; seit 2005 für den AAA tätig; persönliche und telefonische Mitgliederberatung, Vertretung auf Gesellschafterversammlungen und Übernahme zahlreicher Beiratsmandate geschlossener Immobilienfonds Mittlerweile vertritt der AAA die Interessen von ca. 350 Anlegern des HCI Shipping Select XXV. Ende September 2012 wird die Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Neusel eine Sammelklage (subjektive Klagehäufung) beim Landgericht Hamburg gegen die HCI und die Reederei Vogemann einreichen. Wir halten Sie über den Fortgang weiter informiert. Kontakt Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. Heerstraße 2 14052 Berlin Tel.: 0 30 3 15 19 34-0 Fax: 0 30 3 15 19 34-20 EMail: lippert@aktionsbund.de Auch die Anleger des HCI Schiffsportfolio X haben am 29. August 2012 von ihrer Geschäftsführung bzw. Treuhandgesellschaft Post bekommen und wurden zu einer Präsenzgesellschafterversammlung am 20. September 2012 nach Hamburg eingeladen. Gefordert werden erhebliche Ausschüttungs www.aktionsbund.de 3 Anlegerschutzbrief 03_2012 rückzahlungen, um zwei der fünf Schiffe des Fonds (Vogebulker, Jork Ranger) am Laufen zu halten: 7,22 % bezogen auf das GesamtNominalkapital sollen für die Vogebulker bereitgestellt werden. Weiterhin benötigt die Jork Ranger 1,12 % bezogen auf die Einlage. Insgesamt sollen 8,34 % des Nominalkapitals zurückgezahlt werden. Es ist jetzt leider genau das eingetreten, was wir zuletzt mit Schreiben vom 18. Januar 2012 vorausgesagt haben: Durch die internen Darlehensvergaben der Vogebulker und der Weserwolf an die anderen Schiffe (Jork Ranger und HR Mastery) sollten deren Probleme gelöst werden. Das ist nicht gelungen, dafür hat nun die Vogebulker selbst ernsthafte Schwierigkeiten und kann den Kapitaldienst nicht mehr bezahlen. Auch die Option, die HR Mastery zu verkaufen, führt zu keiner Lösung. Denn dann muss ein Forderungsverzicht der Weserwolf sowie der Vogebulker in Höhe von bis zu 100 % ausgesprochen werden. Der Gesamtrückfluss bei einem Verkauf der HR Mastery beträgt nur 37,76 % nach Steuern. Eine Ausschüttung ist nicht möglich! Gerade bei diesem Fonds wird deutlich, wie wichtig es ist, dass Sie Ihr Stimmrecht selbst wahrnehmen oder sich professionell vertreten lassen. Wäre bei der letzten Abstimmung im schriftlichen Umlaufverfahren gegen die Darlehensvergabe mit der erforderlichen Mehrheit der abgegebenen Stimmen gestimmt worden (dies war unsere Empfehlung), so wäre zumindest die Liquiditätssituation der Vogebulker nicht so angespannt und der Millionenbetrag noch auf dem Konto. In den nächsten Wochen werden wir die Anleger der Schiffsfonds „Cape Bird“, „Cape Bon“, „Cape Bille“ sowie „Cape Bruny“ über den aktuellen Stand des Klageverfahrens sowie die weitere Vorgehensweise informieren. 3. Lebensversicherungsfonds Anleger der beiden US-Lebensversicherungsfonds der HSC haben ebenfalls unerfreuliche Post bekommen. Mit Schreiben vom 31.08.2012 wurden die Anleger der HSC US Leben Select I GmbH & Co. KG über den ak tuellen Stand ihrer Beteiligung informiert. Das Versicherungsportfolio wurde vollständig veräußert. Die Geschäftsführung empfiehlt daher die Auflösung der Fondsgesellschaft. 12 % bezogen auf das Nominalkapital sollen als Schlusszahlung ausgeschüttet werden. Laut Leistungsbilanz der HCI haben die Anle- 4 ger über die Gesamtlaufzeit bisher 63 % an Ausschüttungen erhalten. 152,2 % sollten es eigentlich sein. Der Gesamtrückfluss liegt somit bei diesem Fonds bei nur 75 % bezogen auf die Einlage. Bei der HSC Optivita USA II GmbH & Co. KG sieht es ähnlich aus. Hier sollen noch 20 % bezogen auf das Nominalkapital als Schlusszahlung ausgeschüttet werden. Laut Leistungsbilanz der HCI haben die Anleger über die Gesamtlaufzeit bisher 50 % an Ausschüttungen erhalten. 156,9 % sollten es eigentlich sein. Der Gesamtrückfluss liegt somit bei diesem Fonds bei nur 70 % bezogen auf die Einlage. Bezüglich der Hintergründe, möglicher Anspruchsgrundlagen und der weiteren Vorgehensweise lesen Sie bitte den Artikel von Kerstin Kondert in dieser Aus gabe. Hier könnte Ihre Anzeige stehen! Werben Sie im Anlegerschutzbrief! Im Bereich der MPC Lebensversicherungsfonds haben wir alle AAA-Mitglieder und Anleger des MPC Leben 1 (MPC RenditeFonds Leben plus GmbH & Co. KG) Anfang September 2012 über den bevorstehenden Verjährungseintritt informiert. Für einen Ge sellschafter ist bereits eine Klage aus Pros pekthaftung im weiteren Sinn gegen die MPC Capital Investments GmbH (vormals MPC Münchmeyer Petersen Capital Vermittlung GmbH) anhängig, die von der Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Neusel geführt wird und auf unseren Recherchen basiert. Der Termin für die mündliche Verhandlung war zunächst für den 16. August 2012 angesetzt, wurde jedoch auf Antrag der Beklagten in den November verlegt. Am 13. und 14. September 2012 nehmen Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Schirp sowie meine Vorstandskollegin Kerstin Kondert und ich für alle sieben MPC Lebensversicherungsfonds Akteneinsicht im Hause der MPC/TVP in Hamburg. Wir werden hierüber unsere Mitglieder gesondert informieren, da bei Redaktionsschluss für diese Ausgabe die Einsicht noch nicht stattgefunden hat. Ich danke an dieser Stelle allen AAA-Mitgliedern für das entgegengebrachte Vertrauen und sende Ihnen anlegerschutzfreundliche Grüße! Ihr Thomas Lippert Vorstandsvorsitzender Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. Buchen Sie jetzt ihre Anzeige: Informationen und Hinweise zu Preisen und Anzeigenformaten erhalten Sie unter 02 28 · 9 89 82 82 oder verlag@koellen.de Anlegerschutzbrief 03_2012 Anlegerschutzbrief 03_2012 von Kerstin Kondert Kein Rendezvous mit Joe Black Das unrühmliche Ende der HSC US-Fonds Die HSC-US-Leben Fonds werden jetzt liqui diert. Was bleibt, ist ein Vermögensschaden für die Anleger. Die Fondsprospekte weisen erhebliche Fehler auf. Die Anleger müssen den Schaden nicht kampflos hinnehmen. „E Kerstin Kondert Dipl.-Betriebsökonomin (BI) Vorstandsmitglied des ine Wette auf den Tod“, so wurde der Ankauf von US-amerikanischen Lebensversicherungen im Zweitmarkt in Deutschland häufig abfällig kommentiert. In- Ausschüttungen während der Betriebsphase Fonds Zeitraum HSC US Leben Select I Ausbildung Studium Englisch und Geografie, Ausbildung zur Köchin, berufsbegleitendes Studium BWL und HSC Optivita USA II Ausschüttungen an die Anleger Soll in % Ist in % Abweichungen 2009 25,0 8,0 -18,0 kum 140,8 63,0 -77,8 2009 25,0 8,0 -18,0 kum 130,0 50,0 -80,0 Aktionsbundes Aktiver Anlegerschutz e. V. einigen Fällen die Investitionen in Lebensversicherungen als das dargestellt wurden, was sie sind, nämlich spekulative Anlagen, wurden sie in anderen Fällen als konservative, sichere Anlage angepriesen. Letzteres gilt auch für die beiden US-Lebensversicherungsfonds der HCI, den HSC US Leben Select I und den HSC Optivita USA II. Im Prospekt zum HSC US-Leben Select I heißt es beispielsweise: Ausbildung zur Mediatorin. Berufliches Ab 1988 in der Fondsbranche tätig, Schwerpunkte zunächst Konzeption, Finanzierung und Prospektierung geschlossener Immobilienfonds, später Entwicklung von Sanierungs konzepten für Not leidende Fonds, aktueller Schwerpunkt: Fondsanalyse und Prospektfehlerrecherche. Nebentätigkeiten Handelsrichterin am Landgericht Berlin, Referentin, diverse Fachveröffentlichungen. Kontakt Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. Heerstraße 2 haltlich ist die Bezeichnung zwar zutreffend, nicht passend ist jedoch der negative Unterton. Denn der Ankauf von Lebensversicherungen im Zweitmarkt lag ebenso im Interesse der Verkäufer, die sich von künftigen Prämienzahlungen befreien konnten, ohne ihre bisher geleisteten Prämien vollständig zu verlieren. Inzwischen ist allerdings deutlich geworden, dass letztlich nur die Verkäufer profitiert haben, und zwar in doppelter Hinsicht. Sie haben den Kaufpreis erhalten und leben viel länger als erwartet. Für die Fonds, die mit dem Ankauf von amerikanischen Lebensversicherungen Geld verdienen wollten, hat das fatale Folgen. Nicht nur, dass die Versicherungssummen aufgrund der längeren Lebensspannen viel später ausgezahlt werden als geplant, es sind auch viel länger Prämien zu zahlen. Die Wette auf den Tod haben die deutschen Anleger verloren. 14052 Berlin Tel.: 0 30 3 15 19 34-0 Fax: 0 30 3 15 19 34-20 EMail: kondert@aktionsbund.de www.aktionsbund.de 6 Die hier beschriebene Entwicklung trifft praktisch auf alle Lebensversicherungsfonds zu, die amerikanische Lebensversicherungen gekauft haben (vgl. auch die ausführlichen Analysen in unserer Sonderausgabe „Lebensversicherungsfonds“, zu beziehen über den AAA). Worin sich die Fonds allerdings unterscheiden, sind die Darstellungen und Prognosen in den Angebotsprospekten. Während in „Durch die Anlage in US-Lebensversicherungen erreicht der Anleger überdurchschnittliche Renditechancen bei vergleichsweise niedrigen Risiken.“ Die beiden Fonds werden jetzt liquidiert, nachdem ihr Versicherungsportfolio voll ständig verkauft wurde. Es steht fest, dass das eingesetzte Kapital in Teilen verloren ist lediglich die Höhe des Verlustes ist noch nicht sicher. Der Ausschnitt aus der Leistungs bilanz der HCI des Jahres 2009 zeigt, wie hoch die Abweichungen von den Planzahlen sind: Nach den Ausschüttungen in Höhe von 63 % des Eigenkapitals sind nach den uns vorliegenden Informationen zum HSC US Leben Select I keine weiteren Ausschüttungen erfolgt. Vor wenigen Tagen informierte die Fondsgeschäftsführung die Anleger darüber, dass das Portfolio inzwischen zur Gänze verkauft sei. Daraus folge eine weitere Ausschüttung von 12 % des Eigenkapitals. Wenn diese Ausschüttung gezahlt wird, haben die Anleger 75 % ihres Kapitals zurückerhalten ein Viertel des eingesetzten Kapitals ist voraussichtlich verloren. Zu den enttäuschten Anlegern dieser Fonds gehören auch zahlreiche Mitglieder des AAA, weswegen wir die beiden Fonds nunmehr daraufhin untersuchen, ob Ansprüche aus Pros- pekthaftung mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden können. In diesem Beitrag informiere ich sie über die ersten Erkenntnisse aus unserer Prüfung zum HSC US Leben Select I; die Berichterstattung zum vergleichbar konzipierten HSC Optivita USA Leben II folgt in Kürze (bitte verfolgen Sie hier auch unsere Veröffentlichungen im Internet unter www.aktionsbund.de). Fehler im Prospekt des HSC US Leben Select I Der Prospekt des HSC US-Leben Select wurde am 1. September 2003 herausgegeben. Er sollte bis zum 31.12.2010, also über eine für einen geschlossenen Fonds relativ kurze Laufzeit, laufen. „Der vorliegende Prospekt orientiert sich an dem vom Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) herausgegebenen Anforderungskatalog zum Inhalt von Prospekten für öffentlich angebotene Kapitalanlagen vom 1.9.2000 (Stellungnahme IDW S 4)“, so heißt es auf Seite 56 des Prospektes. Tatsächlich erfüllt der Prospekt diese Anforderungen jedoch in mehrfacher Hinsicht nicht. Zum einen enthält der Fondsprospekt entgegen den Anforderungen des IDW S 4 keine Worst Case-Darstellung. Auch sind die Risiken nicht gewichtet. Das sogenannte „Cluster-Risiko“, das darin besteht, dass möglicherweise sehr viele Policen von einer Versicherungsgesellschaft gekauft werden und es dadurch zu einer „Erhöhung des statistischen Ausfallrisikos“ kommen kann, wird gleich gewichtet mit dem ungleich höheren und für den Fonds sehr viel wahrscheinlicherem Risiko, dass es zu verspäteten Auszahlungen der Versicherungssummen kommen kann mit der Folge, dass der Fonds in Liquiditätsschwierigkeiten gerät (das ist im Übrigen auch das Risiko, das sich realisiert hat und nun zum Teilverlust des Kapitals führt). Der Prospekt enthält auch nicht alle Angaben, die erforderlich sind, um die Prognoserechnung nachzuvollziehen. Auch hier entspricht der Prospekt nicht den Anforderungen des IDW S 4. Dasselbe gilt für den erheblichen Aspekt der Renditedarstellung. Die erwartete Rendite ist im Prospekt mehrfach genannt, und zwar in allen Fällen berechnet nach der umstrittenen IRR-Methode (Interne Zinsfußmethode). Die Erläuterung zu dieser Berechnung auf Seite 31 ist falsch. Dort heißt es: „Die Renditeangaben nach IRR („Internal Rate of Return“) bringen die rechnerische Verzinsung des von den Investoren eingebrachten Eigenkapitals über den Investitionszeitraum zum Ausdruck. Bei dieser finanzmathematischen Methode zur Ermittlung des internen Zinssatzes wird der zeitliche Bezug von prognostizierten Zu- und Abflüssen berücksichtigt. Entgegen einer linearen Betrachtung, bei der keine Änderung des gebundenen Kapitals über den Investitionszeitraum eintritt, sind die Angaben nach IRR nicht mit der Rendite von anderen Kapitalanlagen vergleichbar.“ Zum einen ist diese Erklärung für den Laien unverständlich, zum anderen ist sie in einem wesentlichen Aspekt falsch: Die IRR bringt gerade nicht die Rendite auf das eingebrachte Eigenkapital zum Ausdruck, sondern die Rendite auf das jeweils in der Beteiligung noch gebundene Kapital. Vereinfacht: Der Prospekt wirbt mit einer Rendite (IRR) von 11,73 %. Es soll ein Kapitalüberschuss in Höhe von insgesamt rd. 16,59 Mio. US-Dollar bei einem Eigenkapital von 25 Mio. US-Dollar erzielt werden. Bezieht man diesen Kapitalüberschuss auf das Eigenkapital über die Laufzeit, so ergibt sich eine Rendite in Höhe von nur 9,48 %, also mehr als zwei Prozentpunkte weniger. Die Prospektdarstellung ist irreführend und täuschend. Im IDW S 4 heißt es: „Entsprechend ist bei Verwendung des Begriffs „Rendite“ anzugeben, worauf sich die Rendite bezieht und wie sie im Einzelnen berechnet wurde.“ 7 Anlegerschutzbrief 03_2012 Anlegerschutzbrief 03_2012 Wie bereits dargelegt, ist die im Prospekt genannte Bezugsgröße falsch. Angaben, wie die Berechnung angestellt wurde, gibt es im Prospekt überhaupt nicht. Auch das ist zu beanstanden. Ein weiterer aus unserer Sicht ganz wesentlicher Fehler liegt in der unvollständigen Aufklärung über die Mittelverwendung. Seite 25 des Prospektes enthält den „Mittelherkunftsund -verwendungsplan“. Dort ist die Position „Investition in Policen/Liquiditätsreserve“ mit 23.462.500 US-Dollar, mithin 93,85 % des Gesamtinvestitionsvolumens ausgewiesen. Diese Darstellung erweckt den Eindruck, dass tatsächlich ein sehr hoher Anteil der Anlegergelder in Versicherungspolicen investiert werden soll. Als Kommentar ist auf derselben Seite zu lesen: „Die Mittel, die für den Erwerb der Versicherungspolicen zur Verfügung stehen, inklusive der Liquiditätsreserve für die Prämienzahlungen und der laufenden Fondskosten, betragen 93,85 % des eingeworbenen Kommanditkapitals. Freie liquide Mittel werden auf Festgeldkonten zu marktüblichen Konditionen angelegt.“ Es fehlt in diesem Zusammenhang jegliche Erläuterung, welcher Betrag tatsächlich in Policen investiert werden und wie hoch die Reserve sein soll. In der Prognoserechnung des Fonds ist unter „Ausgaben“ die Position „Kaufpreis Policen“ enthalten. Hier ist ein Betrag in Höhe von 17.888.475 US-Dollar genannt. Dieser Wert beträgt nur noch rd. 71,6 % des Gesamtaufwandes. „Auf der Basis einer geschätzten Lebenserwartung, die über mindestens zwei Gutachten verschiedener medizinischer Institute ermittelt wird, errechnen sie einen Kaufpreis für die Police. Tatsächlich stellt jedoch auch dieser Wert noch nicht den Anteil der Anlegergelder dar, der wertbildend investiert wird. Denn nach den Erläuterungen zur Prognoserechnung sind in dieser Position noch die „Erwerbsnebenkosten (Gebühr für die Settlementgesellschaften, Gutachter etc.)“ enthalten. Welchen Anteil diese Nebenkosten ausmachen, ist dem Prospekt nicht zu entnehmen. Tatsächlich waren die Erwerbsnebenkosten beim Ankauf von US-amerikanischen Lebensversicherungen in aller Regel erheblich. Der Prospekt zum GAF Active Life 2, der vergleichbar konzipiert wurde, legt beispielsweise den Anteil der Erwerbsnebenkosten offen. Dort ist im Investitionsplan folgende Verteilung offengelegt: Investition in Policen Kaufpreise Policen 120.686.962 US-Dollar Kaufnebenkosten 86.563.006 US-Dollar 8 Von der Investition in Policen entfallen gerade einmal rd. 58 % auf die eigentlichen Kaufpreise, rd. 42 % entfallen allein auf die Ankaufsnebenkosten. Überträgt man diese Aufteilung auf den HSC US Leben Select I, so würden von den rd. 17,9 Mio. US-Dollar auf die eigentlichen Kaufpreise nur rd. 10,4 Mio. US-Dollar entfallen, während sich die Nebenkosten auf rd. 7,5 Mio. US-Dollar belaufen. Im Verhältnis zu 25 Mio. Eigenkapital betrüge die tatsächlich wertbildende Investition anstelle von mehr als 93 % weniger 43 %. Der Prospekt verschleiert, dass der wertbildende Teil des Eigenkapital nur einen relativ geringen Anteil ausmacht, während der überwiegende Teil des Kapitals in Gebühren und Prämien fließen soll. Insofern ist dem Prospektleser auch eine Plausibilitätskontrolle unmöglich gemacht: Es mag realistisch sein, dass aus einer Investition von 23,5 Mio. US-Dollar innerhalb von sieben Jahren ein Rückfluss von rd. 51 Mio. US-Dollar resultieren soll. Ob es jemals realistisch sein konnte, wenn aus nur rd. 10,4 Mio. US-Dollar fast das Fünffache zurückfließen soll? Auch im Hinblick auf die Sicherheitsaspekte verschweigt der Prospekt erhebliche Informationen. Halten wir uns zunächst vor Augen, was die Fondsgeschäftsführung in „Aktueller Überblick 2011/ HSC US Leben Select I GmbH & Co. KG“ ausführt: „Für jede Police müssen mindestens zwei medizinische Gutachten über die Lebenserwartung erstellt werden, wovon mindestens ein Gutachten dem Lloyd’s of London-Standard genügt.“ (Seite 21) „Neben den strengen Anlagerichtlinien und dem geschlossenen Treuhandkreislauf mit renommierten Partnern werden die Renditeerwartungen der Anleger zusätzlich durch eine außerordentlich konservative Kalkulation abgesichert. So werden für jede Lebensversicherung mindestens zwei Gutachten durch unabhängige medizinische Institute, mindestens eines nach Lloyd’s of London-Standard, erstellt.“ (Seite 22) Auch im Verschweigen dieses entscheidungserheblichen Merkmals liegt nach unserem Dafürhalten ein erheblicher Prospektfehler. Zusammengefasst: Nach unseren bisherigen Ermittlungen, die bei weitem noch nicht abgeschlossen sind, liegen erhebliche Prospektfehler vor, auf deren Basis Anleger Schadensersatzansprüche geltend machen können. Die Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Neusel hat in Zusammenarbeit mit uns bereits im Zusammenhang mit anderen Lebensversicherungsfonds Schadensersatzzahlungen für die betroffenen Anleger durchsetzen können. Wir sind zuversichtlich, dass dies auch bei den HSC US-Leben-Fonds gelingen kann. Was dem Prospekt nicht zu entnehmen ist: Die medizinischen Gutachten erfolgten grundsätzlich nur nach Aktenlage. Eine Gesundheitsprüfung, wie sie bei Abschluss einer Lebensversicherung in Deutschland üblich ist, fand bei der Kaufpreisermittlung nicht statt. Die Lebenserwartung wurde anhand statistischer Daten ermittelt, nicht durch eine medizinische Untersuchung der versicherten Person. Wie in vergleichbaren Fällen werden für die Mitglieder des AAA, die den Kapitalverlust nicht widerspruchslos hinnehmen und ihre Ansprüche unter Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe durchsetzen wollen, attraktive Gebührenrabatte gewährt. Wenn Sie an weiteren Informationen interessiert sind, sprechen Sie uns bitte darauf an. Neueste Themen sowie aktuelle Diskussionen unter www.aktionsbund.de „Grundsätzlich muss aber aus dem bisherigen Sterblichkeitsverlauf gefolgert werden, dass die Versicherten nicht entsprechend den vorliegenden Gutachten, sondern vielmehr gemäß der allgemeinen Sterbetafel versterben.“ Mit anderen Worten: Die Versicherten sterben zu spät. Nach der allgemeinen Sterbetafel würden sie später sterben als nach den Gutachten, die den Prognosen zugrunde gelegt wurden. Was also ist von den Gutachten zu halten? Im Prospekt steht dazu: „Zu diesem Zweck wird von unabhängigen medizinischen Instituten eine geschätzte Lebenserwartung für jeden Versicherten ermittelt, die als Basis für die Kaufpreisermittlung dient.“ (Seite 7) „Auf der Basis einer geschätzten Lebenserwartung, die über mindestens zwei Gutachten verschiedener medizinischer Institute ermittelt wird, errechnen sie einen Kaufpreis für die Police.“ (Seite 20) 9 Anlegerschutzbrief 03_2012 Anlegerschutzbrief 03_2012 von Kerstin Kondert Big Fat Liar Die wahren Hintergründe de s Mediastream Fonds II Zum Mediastream Fonds I der Ideenkapital haben wir in den vergangenen Wochen noch erhebliche neue Beweise aufdecken können, die unseren Vorwurf erhärten, dass die Verträge des Fonds mit den Universal-Unternehmen nur aus steuerlichen Gründen zum Schein abgeschlossen, aber nie umgesetzt wurden. H annover Leasing und die Helaba verhandeln über Vergleiche, KGAL hat ebenfalls eingelenkt und Verhandlungen aufgenommen, LHI hat schon vor geraumer Zeit dem Ruhen der Verfahren zugestimmt. Von den großen Initiatoren zeigen bisher nur die Commerzbank und die Ideenkapital keinerlei Bereitschaft, sich mit den Anlegern zu einigen. Das wird (und sollte) sich nach unseren Einschätzungen in absehbarer Zeit jedoch ändern. In der letzten Ausgabe haben wir zu neuen belegbaren Prospektfehlern bei den Academy-Fonds der Commerzbank berichtet. Mit diesem Beitrag informieren wir sie über den aktuellen Recherchestand zum Mediastream II (eine vergleichbare Aufbereitung zum Mediastream III ist derzeit in Arbeit). Die neuen Belege werden gerade in den laufenden Verfahren der Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Neusel eingereicht. Wir sind auf die Reaktionen der Gegenseite und vor allem der Gerichte gespannt. Nach den jetzt von uns gefundenen Nachweisen spricht alles dafür, dass die zwischen dem Fonds und den amerikanischen Studiogesellschaften abgeschlossenen Verträge nur zum Schein vereinbart wurden, Produktion und Vertrieb der Filme tatsächlich jedoch durch andere Unternehmen durchgeführt wurden. Dadurch wird unser bisheriger Vortrag erhärtet, dass der Fonds aus steuerlichen Gründen nur Scheinverträge abgeschlossen hat, jedoch niemals alleiniger Hersteller der Filme werden sollte. Ferner zeigen wir auf, dass der Angebotsprospekt wesentliche Verflechtungen verschweigt, nämlich die Beherrschung des Fonds durch 10 die amerikanischen Partner bei Abschluss der Verträge zum Erwerb der Stoffrechte und zur Fertigstellungsgarantie sowie bei Abschluss der Produktionsdienstleistungsverträge. Damit wurden im Prospekt ein wesentlicher Interessenkonflikt und ein erhebliches steuerliches Risiko verschwiegen. Darüber hinaus belegen wir anhand ausführlicher Auswertungen zu Filmproduktionen der Vergangenheit, dass die im Prospekt in Aussicht gestellten variablen Erlöse bei Prospektherausgabe bereits unwahrscheinlich waren und schon die zugrunde gelegten Gutachten auf unwahrscheinlichen Annahmen beruhen. 1. Vom Prospekt abweichende Vertragspartner Nach den Prospektangaben (Seite 11, 26, 28, 29, 30, 68, 71) sollen als Lizenznehmer die Universal Studios International B.V., Amsterdam und als Produktionsdienstleister die Movie Mogul Productions, Inc., Wilmington sowie Les Arts Mystrieux Productions, Ltd., London fungieren. Mit diesen Gesellschaften hat der Fonds auch die entsprechenden Verträge abgeschlossen. Tatsächlich ist keines dieser Unternehmen in der prospektierten Funktion in Erscheinung getreten. Der Film „The Truth about Charlie“ wurde zwar im Lizenzvertrieb von verschiedenen Universal-Unternehmen vertrieben, die im Prospekt genannte Universal Studios International B.V., Amsterdam, ist jedoch nicht dabei. Das ergibt sich aus der kostenpflichtigen Internetfilmdatenbank IMDb.Pro. Der Fonds sollte alleiniger Produzent des Films „The Truth about Charlie“ sein und mit der Auftragsproduktion Les Arts Misterieux Productions, Ltd. beauftragt haben. Als Produktionsfirmen sind jedoch nach den Angaben in IMDb.Pro neben dem Fonds („in association with“) Universal Pictures, Magnet Entertainment und Clinica Estetico aufgetreten. In den in Deutschland handelsüblichen DVDs des Films „The Truth about Charlie“ wird der Fonds ebenso wie bei IMDb.Pro als „a Clinica Estico Production“ ausgewiesen. Weitere Produktionsfirmen sind im Vor- und Abspann des Films überhaupt nicht genannt. Der Fonds ist demnach tatsächlich im besten Fall abweichend zu den Prospektaussagen und folgenreich für die steuerliche Behandlung lediglich Co-Produzent. Vergleichbar verhält es sich mit dem Film „Big Fat Liar“ („Pay oder Play“). Auch hier taucht Universal Studios International B.V. in der Liste der Vertriebe bei IMDb.Pro nicht auf. Produziert wurde der Film nicht wie prospektiert von Movie Mogul Productions, Inc., sondern von Paramount Pictures, Tollin/Robbins Productions und Universal Pictures. Im Abspann der deutschen Fassung des Films „Lügen haben kurze Beine“ sind folgende Angaben zu finden: „in association with Mediastream Zweite Film GmbH & Co. Productions KG“ und „a Tollin/Robbins Production“. Auch hier trat der Fonds, wenn überhaupt, nur als Co-Produzent auf. Aus diesem Grund bestand von Anfang an und besteht noch das erhebliche Risiko des Scheiterns des steuerlichen Konzeptes, denn dessen Gelingen setzt die alleinige Herstellereigenschaft des Fonds voraus. Wer die Filme tatsächlich produzieren würde, stand bei Prospektherausgabe am 21. Mai 2001 bereits fest. Denn nach unseren Recherchen wurde mit den Filmarbeiten zu „The Truth about Charlie“ am 15. März 2001 bereits begonnen, mit den Dreharbeiten zu „Big Fat Liar“ am 28. März 2001. Es war spätestens mit Drehbeginn bereits klar, welche Unternehmen die Produktion tatsächlich durchführen würden. Die Darstellungen im Prospekt zu den Filmpartnern des Fonds, zum Gesamtvertragswerk, zur Filmherstellung und zu den daraus resultierenden steuerlichen Risiken sind nach unserer Überzeugung grundlegend und vorsätzlich falsch. 2. Verschwiegene Verflechtungen und daraus resultierende steuerliche Risiken Der Prospekt klärt nicht darüber auf, dass wesentliche Verträge des Fonds (Ankauf der Stoffrechte, Produktionsdienstleistungsverträge und Fertigstellungsgarantieverträge) zu einem Zeitpunkt abgeschlossen wurden, als Universal Pictures alleiniger Gesellschafter der Komplementärin sowie der Kommanditistin des Fonds war und die Geschäftsführung durch von Universal bestellte Geschäftsführer beherrscht wurde. Der Prospekt verschweigt, dass einer der Geschäftsführer der Fonds-Komplementärin und der Fonds-Kommanditistin gleichzeitig Director der Movie Mogul Productions, Inc. war, mit der einer der Produktionsdienstleistungsverträge geschlossen wurde. Der Prospekt legt eine gesellschaftsrechtliche Verbindung zwischen den amerikanischen Partnern und der Fondsgesellschaft bzw. den Unternehmen der Ideenkapital überhaupt nicht dar, sondern erweckt fälschlich den Eindruck, als handele es sich bei den Universal-Unternehmen um vom Fonds völlig unabhängige Unternehmen. Auch wenn bei Prospektherausgabe die Geschäftsführung der Komplementärin und der Kommanditistin auf die prospektierten Geschäftsführer gewechselt hatte, war die ursprüngliche Verflechtung offen zu legen, weil während des Bestehens der Verflechtungen die wesentlichen Verträge des Fonds abgeschlossen wurden. Über die Verflechtungen war auch deswegen zu informieren, weil aus ihnen ein weiteres steuerliches Risiko resultierte, das ebenfalls nicht erwähnt wurde. 11 Anlegerschutzbrief 03_2012 Anlegerschutzbrief 03_2012 2.1 Verschwiegene Verflechtungen Der Prospekt enthält ab Seite 24 Angaben zur Fondsgesellschaft und den Vertragspartnern des Fonds. Als Geschäftsführer der Komplementärin des Fonds sind Uwe Schott, Rolf Engelhardt und Christian Middelberg genannt. Zu den ersten beiden ist ausgeführt, dass sie der Ideenkapital-Gruppe angehören. Wer Gesellschafter der Komplementärin ist, wird dort nicht ausgeführt. Als Geschäftsführer der Kommanditistin ist Henric Bauermeister genannt, ihre Gesellschafter sind ebenfalls nicht genannt. Geschäftsführer oder vergleichbare Vertretungsberechtigte der amerikanischen Vertragspartner sind im Prospekt überhaupt nicht genannt. Auf Seite 17 des Prospektes heißt es: „Schlüsselpersonen und Vertragspartner Was für Kapitalanlagen im Allgemeinen gilt, trifft für Unternehmen im Film- und Medienbereich natürlich in besonderem Maße zu. Der fachlichen Kompetenz der verantwortlichen Personen und Unternehmen kommt eine besondere Bedeutung zu. Im Wissen um die Wichtigkeit dieser Faktoren hat die Mediastream Zweite Film KG bei der Auswahl der verantwortlichen Personen und jeweiligen Vertragspartner besonderes Augenmerk auf deren Expertise und Kompetenz gelegt“ Auf Seite 74 des Prospektes heißt es: „Schlüsselpersonen und Vertragspartner [...] Im Wissen um die Wichtigkeit dieser Faktoren hat die Mediastream Zweite Film KG bei der Auswahl der verantwortlichen Personen besonderes Augenmerk auf deren Expertise und Kompetenz gelegt. Für den Produktionsbereich zeichnet Uwe Schott verantwortlich. Der kaufmännische und Vertriebsbereich wird verantwortlich von Herrn Rolf Engelhardt gemeinsam mit Herrn Christian Middelberg vertreten.“ Dem Prospekt ist ferner zu entnehmen (Seite 28 ff.), dass die Verträge zum Erwerb der Stoffrechte, die Produktionsdienstleistungsverträge und die Fertigstellungsgarantieverträge am 13. und 26. März 2001 abgeschlossen wurden. Verkäufer der Stoffrechte war Universal Pictures. Nirgends im Prospekt findet sich ein Hinweis auf Verflechtungen zwischen Universal-Unternehmen und dem Fonds oder Unternehmen der Ideenkapital-Gruppe. Tatsächlich bestanden solche Verflechtungen jedoch. 12 Die Fondsgesellschaft beginnt mit dem 13. März 2003, also dem Tag, an dem die drei maßgeblichen Verträge für „The Truth about Charlie“ abgeschlossen wurden. Komplementärin ist die Giselle 2001 Vermögensverwaltung GmbH, Kommanditistin die Frederike 2001 Vermögensverwaltungs GmbH. Die Komplementärin Giselle 2001 Vermögensverwaltung GmbH wird am 8. Februar 2001 gegründet. Alleiniger geschäftsführender Gesellschafter ist Rechtsanwalt Markus Kloss. Gegenstand des Unternehmens bei Gründung ist die Verwaltung eigenen Vermögens. Rechtsanwalt Markus Kloss ist ferner Gründer und alleiniger geschäftsführender Gesellschafter der Kommanditistin des Fonds, der Frederike 2001 Vermögensverwaltungs GmbH. Am 13. März 2001 überträgt Markus Kloss die Gesellschaftsanteile an der Komplementärin und an der Kommanditistin auf Universal Pictures Limited, also auf die Stoffrechteverkäuferin. Mit Gesellschafterbeschluss vom 13. März 2001 wird die Satzung der Komplementärin geändert, und zwar im Hinblick auf das Tätigwerden im Filmgeschäft. Markus Kloss wird als Geschäftsführer abbestellt und Michael Brodie, Marc Palotay und Uwe Schott werden zu Geschäftsführern bestellt. In derselben Urkunde wird Markus Kloss als Geschäftsführer der Kommanditistin abberufen. Zu Geschäftsführern der Kommanditistin werden ebenfalls Michael Brodie und Marc Palotay bestellt. Ab dem 13. März 2001 ist die alleinige Gesellschafterin der Komplementärin sowie der Kommanditistin die Universal Pictures Limited. Die Geschäftsführer sind jeweils zu zweit vertretungsberechtigt, so dass beide Gesellschaften, aus denen der Fonds sich zusammensetzt, von Michael Brodie und Marc Palotay beherrscht werden. Michael Brodie war zu diesem Zeitpunkt gleichzeitig Director der Universal Pictures Limited. Marc Palotay ist President der Movie Mogul Productions, Inc., der Firma, mit der am 26. März 2001 der Produktionsdienstleistungsvertrag über „Big Fat Liar“ abgeschlossen wurde. Erst mit dem Vertrag vom 18. Mai 2001 werden die Gesellschaftsanteile an der Komplementärin ein weiteres Mal verkauft und die Firma der Komplementärin geändert in Me- diastream Zweite Film GmbH. Die bisherigen Geschäftsführer Palotay und Brodie werden abberufen, neue Geschäftsführer neben Uwe Schott werden Rolf Engelhardt und Christian Middelberg. Über Verflechtungen zwischen Gesellschaftern und am Projekt beteiligten Unternehmen müssen die Anleger nach ständiger Rechtsprechung aufgeklärt werden (z. B. BGH vom 7.4.2003 – Az: II ZR 160/02). Der Prospekt verschweigt, dass die Unternehmen der Universal die maßgeblichen Verträge praktisch mit sich selbst schlossen und dass die handelnden Personen auf Seiten der Initiatoren auf die Verträge über den Erwerb der Stoffrechte, die Fertigstellungsgarantie und vor allem die Produktionsdienstleistungen keinerlei Einfluss nehmen konnten. Wären die Fondsinitiatoren nicht in das Geschäft eingestiegen und hätten sie die Anteile an der Fondsgesellschaft, ihrer Komplementärin und ihrer Kommanditistin nicht übernommen, hätte Universal die Filme genauso produziert; sie hatte mit der Produktion auch bereits begonnen. Die Verflechtungen wären lediglich aus einem einzigen Grund nicht zu prospektieren gewesen: Sofern der Fonds tatsächlich gar keine Filme produzieren und die Verträge nur aus steuerlichen Gründen zum Schein abschließen sollte, kam es auf den Inhalt dieser Verträge nicht an. Sie mussten nur den Fonds als Hersteller ausweisen, der Rest war bedeutungslos. Von Bedeutung waren dann lediglich die danach abgeschlossenen Vereinbarungen, in denen der Zahlungsablauf geregelt wurde. 2.2Risiko der Aberkennung der Herstellereigenschaft Das Risiko, das die Herstellereigenschaft des Fonds nicht anerkannt wird und damit das steuerliche Konzept scheitert, war von Anfang an aufgrund der bei Abschluss wesentlicher Verträge bestehenden Verflechtungen weitaus größer als prospektiert. Die Herstellereigenschaft des Fonds war bereits von Anfang an dadurch in Frage gestellt, dass bei Abschluss der wesentlichen Verträge die Fondsgesellschaft unmittelbar bzw. mittelbar durch mit den Produktionsdienstleistern verbundene Personen und Unternehmen beherrscht wurde. Bei Prospektherausgabe war branchenbekannt, dass eine solche Konstellation ein erhebliches Risiko in sich birgt. Das ergibt sich aus einem Memorandum zu den wesentlichen steuerlichen Risiken im Zusammenhang mit Filmfonds von der Rechtsanwaltskanzlei Nörr Stiefenhofer Lutz, das bei Prospektherausgabe bereits vorlag und von dessen Kenntnis innerhalb der Branche wir ausgehen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass auch alle anderen renommierten Beratungsgesellschaften, die von den Initiatoren zur Konzeption der Fonds herangezogen wurden, zu vergleichbaren Erkenntnissen gelangt sind. Wie oben erläutert lagen die Gesellschaftsanteile der Gründungskommanditistin ebenso wie die Gesellschaftsanteile der bei Abschluss der Verträge tätigen Komplementärin zu 100 % in den Händen von Universal Pictures. Die als Produktionsdienstleister prospektierten Unternehmen gehören demselben Konzern an. Der Geschäftsführer der Komplementärin wie der Kommanditistin Marc Palotay war gleichzeitig President der als Produktionsdienstleisterin vorgesehenen Movie Mogul Productions, Inc., der Geschäftsführer Michael Brodie Director des Stoffrechteverkäufers. Bei Abschluss der Produktionsdienstleistungsverträge und der Verträge zum Stoffrechteerwerb wurde der Fonds von Personen und Unternehmen beherrscht, mit denen er die Verträge abschloss. Der Prospekt verschweigt, dass eine solche beherrschende Einflussnahme bei Abschluss der Verträge vorlag und dass daraus ein erheblich erhöhtes steuerliches Risiko resultiert. 3. Unrealistische Angaben zur Erzielbarkeit der variablen Erlöse Die im Prospekt dargestellten variablen Erlöse waren nach unseren Recherchen von vornherein unrealistisch. Sie hätten nur erzielt werden können, wenn die Filme weit überdurchschnittlich erfolgreich hätten vermarktet werden können. Der Prospekt klärt ferner nicht darüber auf, dass die von den Erlösen zunächst in Abzug zu bringenden Kosten weit höher als die Produktionskosten sein können. Der Prospekt informiert auf den Seiten 31 und 32 darüber, welche Kosten von den Einspielergebnissen zunächst für Erlösbeteiligungen Dritter, Gewerkschaftseinnahmen, Werbung, Marketing und sonstige Vertriebskosten von den Nettoerlösen in Abzug gebracht werden, bevor die Erlösbeteiligung des Fonds zum Tragen kommt. Nach diesen Angaben handelt es sich (zunächst) um 10 % der Bruttoeinnahmen für den Lizenznehmer und 10 % der Werbe- und Herausbringungskosten für den Lizenznehmer. Die weiteren Kosten sind ihrer Größenordnung nach nicht angegeben. Dem Prospektleser ist es nicht möglich, die Angaben im Prospekt auch nur 13 Anlegerschutzbrief 03_2012 Anlegerschutzbrief 03_2012 auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen, er kann sie einfach nur glauben. 3.1 Irreführung über in Abzug zu bringende Kosten Für den Film „Big Fat Liar“ wurden reine Herstellungskosten von rd. 20 Mio. Euro (das entspricht rd. 17,7 Mio. US-Dollar, umgerechnet mit dem bei Prospektherausgabe geltenden Umrechnungskurs) angesetzt (Prospekt Seite 42). Die von den Bruttoerlösen zunächst abzuziehenden Kosten für diesen Film beliefen sich nach den Angaben in den Geschäftsberichten des Fonds auf 57,9 Mio. US-Dollar. Die Vertriebskosten dieses Films betrugen damit mehr als das Dreifache der reinen Herstellungskosten. Die Möglichkeit eines derartigen Missverhältnisses war dem Prospekt nicht einmal ansatzweise zu entnehmen. 3.2 Irreführung über die Wahrscheinlichkeit variabler Erlöse im Vergleich zu üblichen Einspielergebnissen Kalkuliert wurden nach dem Prospekt variable Erträge (ohne variablen Kaufpreisanteil) in Höhe von insgesamt 63,7 Mio. Euro für beide Filme. Auf den Film „Big Fat Liar“ entfällt rechnerisch ein Anteil von rd. 21 %. Damit sollte dieser Film rd. 17,5 Mio. Euro an variablen Erlösen einspielen. Titel Home Alone (1990) 14 Wie oben bereits ausgeführt musste der Film zunächst Kosten in Höhe von rd. 57,7 Mio. USDollar bzw. 46 Mio. Euro (umgerechnet per Datum Geschäftsbericht 2003) einspielen, bevor der Fonds an den Erlösen beteiligt werden sollte. Gross USA Budget Gross im Verhältnis zu Budget Austin Powers: International Man of Mystery (1997) 53,90 Mio. $ 17,00 Mio. $ 3,17 Passenger 57 (1992) 44,10 Mio. $ 15,00 Mio. $ 2,94 Wag the Dog (1997) 43,00 Mio. $ 15,00 Mio. $ 2,87 The Nightmare Before Christmas (1993) 50,40 Mio. $ 18,00 Mio. $ 2,80 Thelma & Louise (1991) 45,40 Mio. $ 16,50 Mio. $ 2,75 Mo’ Money (1992) 40,20 Mio. $ 15,00 Mio. $ 2,68 Mighty Morphin Power Rangers: The Movie (1995) 37,80 Mio. $ 15,00 Mio. $ 2,52 Teenage Mutant Ninja Turtles III (1993) 42,70 Mio. $ 17,00 Mio. $ 2,51 10 Things I Hate About You (1999) 38,20 Mio. $ 16,00 Mio. $ 2,39 The Tigger Movie (2000) 45,50 Mio. $ 20,00 Mio. $ 2,28 Where the Heart Is (2000) 33,80 Mio. $ 15,00 Mio. $ 2,25 Darkman (1990) 33,90 Mio. $ 16,00 Mio. $ 2,12 Private Parts (1997) 41,20 Mio. $ 20,00 Mio. $ 2,06 Double Impact (1991) 30,10 Mio. $ 15,00 Mio. $ 2,01 The Object of My Affection (1998) 29,10 Mio. $ 15,00 Mio. $ 1,94 The Princess Bride (1987) 30,90 Mio. $ 16,00 Mio. $ 1,93 Bill & Ted’s Bogus Journey (1991) 38,00 Mio. $ 20,00 Mio. $ 1,90 Grosse Pointe Blank (1997) 28,00 Mio. $ 15,00 Mio. $ 1,87 Hard Target (1993) 32,50 Mio. $ 18,00 Mio. $ 1,81 Bio-Dome (1996) 26,80 Mio. $ 15,00 Mio. $ 1,79 Robin Hood: Men in Tights (1993) 35,70 Mio. $ 20,00 Mio. $ 1,79 A Night at the Roxbury (1998) 30,30 Mio. $ 17,00 Mio. $ 1,78 Picture Perfect (1997) 31,10 Mio. $ 19,00 Mio. $ 1,64 Baby Geniuses (1999) 27,10 Mio. $ 18,00 Mio. $ 1,51 Spy Hard (1996) 26,90 Mio. $ 18,00 Mio. $ 1,49 Nowhere to Run (1993) 22,20 Mio. $ 15,00 Mio. $ 1,48 From Dusk Till Dawn (1996) 25,80 Mio. $ 18,00 Mio. $ 1,43 A Very Brady Sequel (1996) 21,40 Mio. $ 15,00 Mio. $ 1,43 19,07 High Fidelity (2000) 27,30 Mio. $ 20,00 Mio. $ 1,37 Betrayed (1988) 25,80 Mio. $ 19,00 Mio. $ 1,36 Nach den Erläuterungen im Prospekt auf Seite 30 handelt es sich bei den 17,5 Mio. Euro variabler Erlöse um 30 % der Nettoerlöse. Daraus folgt, dass 58,3 Mio. Euro an Nettoerlösen insgesamt hätten erzielt werden müssen. Bei Berücksichtigung von Vertriebskosten in Höhe von 46 Mio. Euro hätte der Film Bruttoerlöse in Höhe von rd. 104,3 Mio. Euro einspielen müssen, mithin rd. das Fünffache seiner reinen Herstellungskosten. Dieses Einspielergebnis war von vornherein unrealistisch bzw. hätte eines weit überdurchschnittlichen Erfolges bedurft. Der Film „Big Fat Liar“ wird in der internationalen Filmdatenbank IMDb.Pro unter den Rubriken „Adventure“, „Comedy“ und „Family“ geführt. In der nachstehenden Übersicht haben wir aus derselben Datenbank alle Filme der Jahre 1990 bis 2000 aus diesen Genres zusammengestellt (Mehrfachnennungen werden nur einmal berücksichtigt), die mit einem ähnlichen Budget in Höhe von 15 bis 20 Mio. USDollar produziert wurden, und deren Einspielergebnisse ins Verhältnis zum Budget gesetzt: Gross USA 286,00 Mio. $ Budget 15,00 Mio. $ Gross im Verhältnis zu Budget Titel Star Wars: Episode V – The Empire Strikes Back (1980) 290,00 Mio. $ 18,00 Mio. $ 16,11 Guarding Tess (1994) 27,10 Mio. $ 20,00 Mio. $ 1,36 Dances with Wolves (1990) 184,00 Mio. $ 19,00 Mio. $ 9,68 Pure Luck (1991) 22,60 Mio. $ 17,00 Mio. $ 1,33 Crouching Tiger, Hidden Dragon (2000) 128,00 Mio. $ 15,00 Mio. $ 8,53 Boys and Girls (2000) 20,60 Mio. $ 16,00 Mio. $ 1,29 Scary Movie (2000) 157,00 Mio. $ 19,00 Mio. $ 8,26 F/X2 (1991) 21,10 Mio. $ 16,40 Mio. $ 1,29 Dumb & Dumber (1994) 127,00 Mio. $ 16,00 Mio. $ 7,94 The Air Up There (1994) 21,00 Mio. $ 17,10 Mio. $ 1,23 The Mask (1994) 120,00 Mio. $ 18,00 Mio. $ 6,67 The Big Lebowski (1998) 17,40 Mio. $ 15,00 Mio. $ 1,16 Legally Blonde (2001) 95,00 Mio. $ 18,00 Mio. $ 5,28 Quigley Down Under (1990) 21,40 Mio. $ 20,00 Mio. $ 1,07 While You Were Sleeping (1995) 81,10 Mio. $ 17,00 Mio. $ 4,77 To Die For (1995) 21,20 Mio. $ 20,00 Mio. $ 1,06 Cool Runnings (1993) 68,90 Mio. $ 15,00 Mio. $ 4,59 Quick Change (1990) 15,30 Mio. $ 15,00 Mio. $ 1,02 Road Trip (2000) 68,50 Mio. $ 15,60 Mio. $ 4,39 Vampires (1998) 20,20 Mio. $ 20,00 Mio. $ 1,01 Waiting to Exhale (1995) 66,20 Mio. $ 16,00 Mio. $ 4,14 Vampire in Brooklyn (1995) 19,90 Mio. $ 20,00 Mio. $ 1,00 Mortal Kombat (1995) 70,40 Mio. $ 18,00 Mio. $ 3,91 Little Giants (1994) 19,30 Mio. $ 20,00 Mio. $ 0,97 Free Willy (1993) 77,70 Mio. $ 20,00 Mio. $ 3,89 Drowning Mona (2000) 15,40 Mio. $ 16,00 Mio. $ 0,96 Deuce Bigalow: Male Gigolo (1999) 65,50 Mio. $ 17,00 Mio. $ 3,85 Small Time Crooks (2000) 17,10 Mio. $ 18,00 Mio. $ 0,95 My Girl (1991) 59,80 Mio. $ 16,50 Mio. $ 3,62 Kazaam (1996) 18,90 Mio. $ 20,00 Mio. $ 0,95 Beethoven’s 2nd (1993) 53,40 Mio. $ 15,00 Mio. $ 3,56 Rushmore (1998) 17,10 Mio. $ 20,00 Mio. $ 0,86 Bird on a Wire (1990) 71,00 Mio. $ 20,00 Mio. $ 3,55 Highlander: Endgame (2000) 12,80 Mio. $ 15,00 Mio. $ 0,85 Bad Boys (1995) 65,80 Mio. $ 19,00 Mio. $ 3,46 Thomas and the Magic Railroad (2000) 15,90 Mio. $ 19,00 Mio. $ 0,84 The Crow (1994) 50,70 Mio. $ 15,00 Mio. $ 3,38 Loser (2000) 15,50 Mio. $ 20,00 Mio. $ 0,78 Varsity Blues (1999) 52,90 Mio. $ 16,00 Mio. $ 3,31 Leave It to Beaver (1997) 11,60 Mio. $ 15,00 Mio. $ 0,77 15 Anlegerschutzbrief 03_2012 Anlegerschutzbrief 03_2012 Titel Gross USA Budget Gross im Verhältnis zu Budget The Muse (1999) 11,60 Mio. $ 15,00 Mio. $ 0,77 Mr. Destiny (1990) 15,40 Mio. $ 20,00 Mio. $ 0,77 No Escape (1994) 15,30 Mio. $ 20,00 Mio. $ 0,77 The Beautician and the Beast (1997) 11,50 Mio. $ 16,00 Mio. $ 0,72 Excess Baggage (1997) 14,30 Mio. $ 20,00 Mio. $ 0,72 Home Fries (1998) 10,40 Mio. $ 15,00 Mio. $ 0,69 The Man Who Knew Too Little (1997) 13,80 Mio. $ 20,00 Mio. $ 0,69 The Adventures of Elmo in Grouchland (1999) 11,60 Mio. $ 17,00 Mio. $ 0,68 Bullets Over Broadway (1994) 13,40 Mio. $ 20,00 Mio. $ 0,67 Rock-A-Doodle (1991) 11,70 Mio. $ 18,00 Mio. $ 0,65 3 Ninjas Kick Back (1994) 11,80 Mio. $ 20,00 Mio. $ 0,59 A Little Princess (1995) 10,00 Mio. $ 17,00 Mio. $ 0,59 Whatever It Takes (2000) 8,74 Mio. $ 15,00 Mio. $ 0,58 10,60 Mio. $ 18,50 Mio. $ 0,57 8,28 Mio. $ 15,00 Mio. $ 0,55 Fear and Loathing in Las Vegas (1998) The Love Letter (1999) Stone Cold (1991) 9,29 Mio. $ 17,00 Mio. $ 0,55 Deconstructing Harry (1997) 10,60 Mio. $ 20,00 Mio. $ 0,53 The Two Jakes (1990) 10,00 Mio. $ 19,00 Mio. $ 0,53 Three to Tango (1999) Das Einspielergebnis in den US-amerikanischen Kinos ist in aller Regel das wesentliche Einspielergebnis. Es gibt zwar Filme, die in der Vermarktung außerhalb der USA noch darüber hinaus wesentliche Erlöse erzielt haben, in aller Regel beträgt das Einspielergebnis in den USA jedoch mindestens 80 % der Kinoerlöse weltweit. Für den Film „Big Fat Liar“ war auch das Einspielergebnis in den US-Kinos das maßgebliche Ergebnis, da der Film darüber hinaus kaum im Kino vermarktet wurde. Der Film „Big Fat Liar“ spielte Bruttoerlöse in Höhe von rd. 48 Mio. US-Dollar in den USA und damit rd. das 2,7 fache seiner reinen Herstellungskosten ein. Betrachtet man die oben nach Einspielergebnissen sortierte Tabelle, so fällt ins Auge, dass die ersten beiden Filme weit überdurchschnittlich erfolgreich und insofern nicht repräsentativ waren. Ermittelt man dennoch das durchschnittliche Einspielergebnis der 50 erfolgreichsten Filme im Verhältnis zu ihrem Budget, so erhält man einen Faktor von rd. 3,9. Der Durchschnitt der übrigen 69 Filme liegt jedoch weit unterhalb der Herstellungskosten, nämlich nur bei rd. 0,6. Der Prospekt informiert nicht darüber, dass eine Zugrundelegung der 50 erfolgreichsten Filme eine unangemessene Basis für eine Prognose darstellte. 4. Zusammenfassung Die neuen Belege, die wir zum Mediastream II zusammentragen konnten, sind denen vergleichbar, die wir auch zu Fonds der Hannover Leasing und der KGAL ermittelt haben. Die in unserer Partnerkanzlei für die MediastreamFonds zuständige Rechtsanwältin Antje Radtke-Rieger reicht in diesen Tagen den ergänzenden Vortrag nebst Belegen in allen laufenden Gerichtsverfahren ein. Wir gehen davon aus, dass sich auch in Sachen Mediastream-Fonds die zuständigen Gerichte der nunmehr überwiegenden Auffassung des Oberlandesgerichts München anschließen, dass die Prospekte nicht vollständig über das tatsächlich zugrunde liegende Konzept aufge- 10,50 Mio. $ 20,00 Mio. $ 0,53 Everyone Says I Love You (1996) 9,71 Mio. $ 20,00 Mio. $ 0,49 Mixed Nuts (1994) 6,80 Mio. $ 15,00 Mio. $ 0,45 Mighty Aphrodite (1995) 6,70 Mio. $ 15,00 Mio. $ 0,45 The Legend of the Lone Ranger (1981) 8,00 Mio. $ 18,00 Mio. $ 0,44 Firestorm (1998) 8,04 Mio. $ 19,00 Mio. $ 0,42 Jakob the Liar (1999) 4,96 Mio. $ 15,00 Mio. $ 0,33 Ed Wood (1994) 5,89 Mio. $ 18,00 Mio. $ 0,33 Duets (2000) 4,73 Mio. $ 15,00 Mio. $ 0,32 Where the Money Is (2000) 5,66 Mio. $ 18,00 Mio. $ 0,31 Jahr Ist Prospekt Istwert in % des Sollwertes Flawless (1999) 4,49 Mio. $ 15,00 Mio. $ 0,30 Screamers (1995) 5,78 Mio. $ 20,00 Mio. $ 0,29 2003 1.000.000 E 9.850.367 E 10,15 % Detroit Rock City (1999) 4,19 Mio. $ 15,00 Mio. $ 0,28 2004 1.204.211 E 1.847.330 E 65,19 % Let It Ride (1989) 4,97 Mio. $ 18,00 Mio. $ 0,28 2005 2.075.210 E 2.368.660 E 87,61 % Big Bully (1996) 4,08 Mio. $ 15,00 Mio. $ 0,27 2006 884.000 E 1.647.295 E 53,66 % The Pest (1997) 3,51 Mio. $ 17,00 Mio. $ 0,21 2007 363.000 E 184.940 E 196,28 % Idle Hands (1999) 4,00 Mio. $ 20,00 Mio. $ 0,20 2008 83.000 E 709.692 E 11,70 % Carpool (1996) 3,31 Mio. $ 17,00 Mio. $ 0,19 2009 255.000 E 747.328 E 34,12 % 350.000 E 175.355 E 199,59 % 6.214.421 E 17.530.967 E 35,45 % Der Film liegt damit bereits weit über dem Durchschnitt der vergleichbaren Filme der zehn Jahre zuvor. Dennoch hat er nur rund ein Drittel der prospektierten variablen Einnahmen erzielt (Ist-Zahlen aus den Geschäftsberichten des Fonds): A Smile Like Yours (1997) 3,25 Mio. $ 18,00 Mio. $ 0,18 2010 Naked Lunch (1991) 2,54 Mio. $ 16,00 Mio. $ 0,16 gesamt Crazy in Alabama (1999) 1,95 Mio. $ 15,00 Mio. $ 0,13 The Nutcracker (1993) 2,12 Mio. $ 19,00 Mio. $ 0,11 Tarzan and the Lost City (1998) 2,15 Mio. $ 20,00 Mio. $ 0,11 Steel (1997) 1,69 Mio. $ 16,00 Mio. $ 0,11 Goodbye Lover (1998) 1,92 Mio. $ 20,00 Mio. $ 0,10 Josh and S.A.M. (1993) 1,53 Mio. $ 18,00 Mio. $ 0,09 The City of Lost Children (1995) 1,51 Mio. $ 18,00 Mio. $ 0,08 Rapa Nui (1994) 0,31 Mio. $ 20,00 Mio. $ 0,02 Company Man (2000) 0,15 Mio. $ 16,00 Mio. $ 0,01 Arizona Dream (1993) 0,11 Mio. $ 19,00 Mio. $ 0,01 3.982,27 Mio. $ 2.093,60 Mio. $ 1,92 gesamt 16 Durchschnittlich ergibt sich ein Einspielergebnis in Höhe des 1,9 fachen der Herstellungskosten. Nach Abzug der Verleihgebühren, die in der Regel rd. 50 % der Kinoerlöse betragen, haben die Filme in den US-amerikanischen Kinos durchschnittlich gerade ihre Herstellungskosten eingespielt. Der Prospekt führt auf Seite 50 aus, dass der Prognose die 50 erfolgreichsten Filme aus vergleichbaren Genres zugrunde gelegt wurden. Der Prospekt informiert nicht darüber, dass die 50 erfolgreichsten Filme jedoch keine marktüblichen Einspielergebnisse darstellen. klärt und wesentliche steuerliche sowie wirtschaftliche Risiken verschwiegen haben. Insofern gehen wir auch davon aus, dass auch Ideenkapital in absehbarer Zeit für Vergleichsverhandlungen bereit sind wird. 17 Anlegerschutzbrief 03_2012 Anlegerschutzbrief 03_2012 von Alexander Temiz Widerruf eines Darlehensvertrages Richtig Belehren will gelernt sein! Oder: wie mache ich es richtig... Diese Frage hätte sich so manche Bank vor Abschluss eines Darlehensvertrages mit ihrem Kunden stellen sollen. Denn viele Widerrufsbelehrungen sind fehlerhaft. Die Konsequenz: Selbst nach mehreren Jahren kann der Verbraucher den Darlehensvertrag noch immer widerrufen. Alexander Temiz Rechtsanwalt Rechtsanwalt Alexander Temiz wurde 1979 in Berlin geboren. Das Studium der Rechtswissenschaften absolvierte er an der Freien Universität zu Berlin, das Referendariat am Kammergericht. Seine juristische Tätigkeit begann er in den Jahren 2007 bis 2009 in O b der Kauf der eigenen vier Wände, der Kauf eines Autos, eine Fondsbeteiligung oder sogar beim Abschluss einer Lebensversicherung: Darlehensverträge spielen bei vielen Verträgen eine große Rolle. Was die meisten Verbraucher wissen: Darlehensverträge lassen sich innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Doch nach Ablauf dieser Frist lässt sich nichts mehr machen. So zumindest der Idealfall, bzw. die Wunschvorstellung, aus Sicht der Banken. einer Berliner Wirtschaftskanzlei. Seit 2010 ist er in der Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Neusel als Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Bank- und Kapitalmarkt- sowie Versicherungsrecht tätig. 18 Die Realität sieht aber ganz anders aus. Viele Darlehensverträge lassen sich auch noch nach Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist widerrufen, da überhaupt nicht über das Widerrufsrecht belehrt wurde (ein mögliches Szenario, wenn auch eher selten) oder aber zwar belehrt wurde, die Widerrufsbelehrung allerdings fehlerhaft ist (das wahrscheinlichste Szenario). Es ist kaum zu glauben, wie viele Widerrufsbelehrungen in Verbraucherkreditverträgen Mängel enthalten. Dabei wird gerade in Deutschland das Thema Verbraucherschutz groß geschrieben. Fragen der ordnungsgemäßen Belehrung über das Widerrufsrecht beschäftigen regelmäßig die Gerichte. Grund hierfür sind die sehr strengen und teilweise unübersichtlichen formellen wie inhaltlichen Anforderungen an die Wirksamkeit einer solchen Belehrung. Hinzu kommt, dass die in der BGB-Informationspflicht-Verordnung enthaltene Musterbelehrung in der bis zum 31. März 2008 gültigen Fassung ihrerseits nicht ordnungsgemäß und damit selbst der Gesetzgeber anscheinend nicht in der Lage war, seinen eigenen Anforderungen zu genügen. Ganz zum Leid der Darlehensgeber. Verbraucher hingegen können hiervon oft profitieren. Interessant wird der Widerruf immer dann, wenn zwischen dem finanzierten Geschäft (z. B. einer Fondsbeteiligung) und dem Darlehensvertrag ein sogenanntes verbundenes Geschäft vorliegt. Denn in diesem Fall kann sich der Verbraucher nicht nur vom Darlehensvertrag lösen, er löst sich automatisch auch von seiner (womöglich verlustreichen) Fondsbeteiligung. Doch nicht nur das: Der Verbraucher erhält alles, was er bereits gezahlt hat, ob Eigenkapital oder Zinsen, von der Bank wieder zurück. Nur eines vorweg: Der Widerruf des Darlehensvertrages macht nur dann Sinn, wenn ein verbundenes Geschäft vorliegt. Denn nur dann ist man den Darlehensvertrag los, überträgt gleichzeitig die Fondsbeteiligung auf die Bank und erhält die geleisteten Zahlungen zurück. Wann ein solches verbundenes Geschäft vorliegt, wird später noch Gegenstand des Artikels sein. Liegt kein verbundenes Geschäft vor, so ist dem Verbraucher, der sich von der verlustreichen Fondsbeteiligung lösen möchte, wenig geholfen. Er ist zwar den Darlehensvertrag los, behält aber die Fondsbeteiligung und muss (was u. U. noch schlimmer sein kann) der Bank das Darlehen sofort zurückzahlen. Im Falle des verbundenen Geschäftes ist zwar die Rückzahlung des Darlehens auch die konsequente Rechtsfolge. Doch kann der Verbraucher der Bank entgegenhalten, dass er das Geld für das finanzierte Geschäft ausgegeben hat. Der Gesetzgeber räumt ihm die Möglichkeit ein, stattdessen das finanzierte Geschäft (hier: z. B. die Fondsbeteiligung) auf die Bank zu übertragen. I. Anforderungen an eine ordnungsgemäße Belehrung Damit der Verbraucher auch viele Jahre nach Abschluss des Darlehensvertrages widerrufen kann, muss die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sein. Die Varianten sind hierbei zahlreich und es würde den Rahmen sprengen, sämtliche Fehler hier zu besprechen. Daher beschränken wir uns auf die häufigsten. 1. Deutlichkeitsgebot Der Gesetzgeber stellt in § 360 BGB klar, dass die Widerrufsbelehrung deutlich gestal- tet sein muss. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshof muss eine Widerrufsbelehrung • umfassend • unmissverständlich und • für den Verbraucher eindeutig sein. Der Verbraucher soll nicht nur von seinem Recht Kenntnis erlangen, sondern auch in der Lage sein, sein Widerrufsrecht auszuüben. Das ist nur dann möglich, wenn er über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig informiert wird. Und gerade die Aufklärung hinsichtlich der Frist ist das häufigste Thema, mit welchem die Gerichte sich auseinandersetzen müssen. In vielen Widerrufsbelehrungen heißt es zum Fristenbeginn: „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“ An sich aus gutem Grund, denn diese Formulierung entsprach lange Zeit der Musterbelehrung in der BGB-InformationspflichtenVerordnung. Die Banken haben hierauf vertraut und dieses Muster übernommen. Was sie aber nicht wussten: Auch diese Belehrung ist nicht frei von Fehlern und entsprach nicht dem Deutlichkeitsgebot des § 360 BGB . Der Bundesgerichtshof hat nun mehrfach entschieden, dass die Formulierung, die Frist beginne „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“, den Verbraucher nicht richtig über Beginn der Widerrufsfrist belehrt, da sie nicht umfassend und zudem irreführend ist. Der Verbraucher erkennt hierdurch nämlich nicht eindeutig den Beginn der Frist. Daraus kann er lediglich schließen, dass die Frist „jetzt oder später“ beginnt, der tatsächliche Beginn aber unter Umständen noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Welche Voraussetzungen das sind, wird dem Verbraucher aber nicht verraten. Daher geht der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass eine solche Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist. Nicht zu beanstanden wäre diese Formulierung nur dann, wenn die Belehrung zusätzlich den Hinweis enthielte, dass die Widerrufsfrist nicht beginnt, bevor dem Darlehensnehmer eine Vertragsurkunde zur Verfügung gestellt worden ist. Die Banken sagen in aller Regel zu ihrer Verteidigung, wie könne es ihnen angesonnen werden, schlauer zu sein als der Verordnungsgeber. Schließlich habe man auf die Musterbelehrung in der BGB-Informationspflichtverordnung vertraut. Diese ging immerhin ebenfalls beim Fristbeginn von der Formulierung „frühesten“ aus. Das ist insoweit richtig. Die Musterbelehrung enthält in der Tat exakt diese Formulierung. Es stellt sich also die Frage, ob sich die Banken dann auf den Rechtsgrundsatz des Vertrauensschutzes berufen können, obwohl gleichermaßen klar ist, dass die Formulierung dem Deutlichkeitsgebot widerspricht. Die Antwort lautet: Es kommt ganz drauf an. Höchstrichterlich ist jedenfalls geklärt, dass die Banken sich nicht auf den Vertrauensschutz berufen können, wenn sie von der Musterbelehrung abweichen. Der Darlehensgeber kann sich jedenfalls nur dann auf die Schutzwirkung der Musterbelehrung berufen, wenn er ein Formular verwendet, das exakt der Musterbelehrung in der jeweils maßgeblichen Fassung inhaltlich und auch äußerlich vollständig entspricht. Sobald die Bank also den Wortlaut des Musters abändert – selbst wenn es für die Verständlichkeit des Widerrufsrechts unwesentlich ist – kann sie sich schon von vornherein nicht auf die Schutzwirkung berufen. Die Rechtsprechung begründet den Wegfall der Schutzwirkung damit, dass der Darlehensgeber so den vom Verordnungsgeber entworfenen Text der Musterbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzieht und damit signalisiert, es käme ihm auf die Schutzwirkung nicht an. 19 Anlegerschutzbrief 03_2012 Anlegerschutzbrief 03_2012 Doch was ist, wenn die Bank den Text des Musters wortgleich übernommen hat? Kann sie sich dann auf eine Schutzwirkung berufen? Eine grobe Fehlerhaftigkeit ist aber in jedem Falle anzunehmen, wenn überhaupt nicht über die Widerrufsfolgen, also nicht einmal abstrakt, aufgeklärt wurde. Mit dieser Frage hat sich der Bundesgerichtshof – allerdings nicht der Bankensenat ‑ erst mit Urteil vom 15. August 2012 auseinandergesetzt und sie bejaht: Übernimmt der Darlehensgeber die Musterbelehrung 1:1, so kann er sich auf den Vertrauensschutz berufen, obwohl diese gleichsam dem Deutlichkeitsgebot widerspricht und damit fehlerhaft ist. Es ist derzeit noch ungewiss, ob diese Entscheidung vom Bankensenat des Bundesgerichtshofs geteilt wird. Der Bankensenat konnte diese Frage bisher offen lassen, da immer Abweichungen vom Muster gefunden wurden. Das Thüringer Oberlandesgericht kam in einer Entscheidung zu einem anderen Ergebnis. Der Vertrauensschutz der (fehlerhaften) Musterbelehrung wurde hier – wir meinen zurecht – verneint. Das Oberlandesgericht begründet seine Auffassung damit, dass „der Verordnungsgeber keine Ermächtigung zur Abänderung der gesetzlichen Vorgaben des BGB als höherrangiges Recht“ besitze. Es bleibt abzuwarten, was der Bankensenat des Bundesgerichtshofs dazu sagen wird. Bis dahin scheint diese Rechtsfrage nicht abschließend geklärt zu sein. 2. Keine Aufklärung über die Widerrufsfolgen Ein weiterer nicht selten vorkommender Fehler in Widerrufsbelehrungen ist die nicht fehlerfreie Aufklärung über die Widerrufsfolgen. Gerade bei verbundenen Geschäften kommt dieser Fehler häufig vor, da z. B. überhaupt nicht über die Folgen bei verbundenen Geschäften aufgeklärt wird oder aber zwar aufgeklärt wird, aber dafür unzureichend. An dieser Stelle sollte zunächst kurz erklärt werden, wann ein verbundenes Geschäft vorliegt. Das verbundene Geschäft liegt immer dann vor, wenn ein Darlehen aufgenommen wird, um dann eine Sache zu finanzieren und der Darlehensvertrag und der Kaufvertrag eine wirtschaftliche Einheit bilden. Das ist wiederum insbesondere dann der Fall, wenn die Bank sich bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Kreditvertrages der Mitwirkung des Verkäufers bedient (hier greift eine gesetzliche Vermutung Zugunsten eines verbundenen Geschäfts.) Das klassische verbundene Geschäft ist also der finanzierte Kauf, bei dem der Verkäufer auch den Darlehensvertrag vermittelt. 20 Ein verbundenes Geschäft kann aber auch ohne Eingreifen dieser Vermutung vorliegen, nämlich u. a. dann, wenn das Darlehen und der dadurch finanzierte Vertrag aufgrund anderer Umstände eine wirtschaftliche Einheit bilden. Es ist im Einzelfall für den juristischen Laien leider nicht immer einfach zu erkennen, ob ein verbundenes Geschäft vorliegt oder nicht. Hier bedarf es also im Zweifel einer umfassenden Auswertung des Sachverhaltes. Da es gerade für den Verbraucher so schwer ist zu erkennen, ob in seinem Fall ein verbundenes Geschäft vorliegt oder nicht, kann auch dieser Umstand dazu führen, dass die Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist. Wie bereits eingangs erwähnt, muss über die Widerrufsfolgen aufgeklärt werden. Gerade deshalb meinen wir, dass auch dieser Umstand zur Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung führen kann. Denn der Verbraucher weiß in der Regel nicht, ob tatsächlich ein verbundenes Geschäft vorliegt oder nicht. Die Folgen des Widerrufs beim verbundenen Geschäft sind vereinfacht ausgedrückt, dass die Wirksamkeit des einen Vertrages mit der Wirksamkeit des anderen Vertrages steht und fällt. Soll heißen: Wird der Darlehensvertrag widerrufen, so ist man auch an den Kaufvertrag nicht mehr gebunden. Der abstrakte Hinweis auf diese Folge soll aber nicht genügen. Das würde nämlich lediglich einer allgemeinen Wiedergabe der Rechtlage gleichkommen. Die Prüfung, ob ein verbundenes Geschäft vorliegt, wird damit unzulässigerweise dem Verbraucher überlassen. Da es aber gerade im Einzelfall äußert kompliziert sein kann, festzustellen, ob ein verbundenes Geschäft vorliegt oder nicht, kann ein solcher abstrakter Hinweis nicht genügen. Die Bank muss vielmehr im Einzelfall konkret darüber aufklären, ob ein verbundenes Geschäft vorliegt und sodann über die Folgen des Widerrufs bei einem solchen Geschäft aufklären. Leider ist dieser Umstand bisher noch nicht höchstrichterlich geklärt worden, so dass man auch sicherlich zugunsten der Banken vertreten könnte, dass ein solch konkreter Hinweis nicht erforderlich ist. Es bleibt also abzuwarten, wann der Bundesgerichtshof sich dieser Frage annimmt. Eine grobe Fehlerhaftigkeit ist aber in jedem Falle anzunehmen, wenn überhaupt nicht über die Widerrufsfolgen, also nicht einmal abstrakt, aufgeklärt wurde. Es kommt häufig vor, dass die Bank zwar über das Widerrufsrecht aufklärt, nicht dagegen darüber, welche Folge sich beim verbundenen Geschäft ergibt. Das ist meist dann der Fall, wenn die Banken selbst irrigerweise davon ausgehen, dass kein verbundenes Geschäft vorliegt. Das geht natürlich nicht und wird von der Rechtsprechung auch einheitlich als Fehler in der Widerrufsbelehrung angesehen. 3. überhaupt keine Belehrung Nicht selten kommt es vor, dass der Verbraucher von seiner Bank überhaupt nicht aufgeklärt wird, entweder weil es die Bank schlicht versäumt oder aber der Auffassung ist, sie sei gar nicht verpflichtet aufzuklären. In einem solchen Fall ist die Rechtslage eindeutig: Der Lauf der Frist beginnt gar nicht und der Verbraucher kann widerrufen. Nur: „Wo kein Kläger, da kein Richter.“ Viele Verbraucher vertrauen blind den Inhalten des Darlehensvertrages und der Widerrufsbelehrung. Ein kritischer Blick in die Darlehensunterlagen könnte sich also womöglich lohnen. Sollten Sie also eine Fondsbeteiligung haben, die verlustreich läuft und eine Klage gegen die Initiatoren des Fonds oder gegen den Vermittler aussichtslos erscheint, ist noch nicht alles verloren, wenn Sie diese Beteiligung fremdfinanziert haben: Wenn sich der Darlehensvertrag widerrufen lässt, so sind Sie auch über diesen Weg ihren Fonds los und kommen an Ihr Geld heran. II. Was ist zu beachten ? Da viele Banken seit einigen Jahren – insbesondere weil der EuGH und der BGH vieles klargestellt haben – vermehrt Prozessen ausgesetzt wurden (und dies auch zukünftig der Fall sein dürfte), haben diese aus ihren Fehlern gelernt. Nunmehr versuchen sie, den Verbrauchern, die bei Abschluss des Vertrages falsch belehrt wurden, (ordnungsgemäße) Nachbelehrungen unterzuschieben. Sofern diese Nachbelehrungen tatsächlich den gesetzgeberischen Vorgaben entsprechen, werden hierdurch Fehler der Widerrufsbelehrung geheilt. Daher sollten bei Ihnen die Alarmglocken läuten, sofern Ihnen die Bank eine neue Widerrufsbelehrung zukommen lässt oder aber Ihnen ein „neues Angebot zu besseren Konditionen“ unterbreiten möchte. Sie sollten dann umgehend handeln. Keinesfalls sollten Sie einer Neuvereinbarung zustimmen oder den Erhalt einer Neubelehrung durch Unterschrift quittieren. III. Fazit Der Verbraucher kann sich kaum vorstellen, wie viele Widerrufsbelehrungen nicht den gesetzgeberischen Vorgaben entsprechen. Die Erfahrungen zeigen, dass v. a. Großbanken ihre Widerrufsbelehrungen nicht sorgfältig gestaltet haben. Es ist kaum zu glauben, aber mittelständische Banken und Kleinbanken scheinen ihre Hausaufgaben besser gemacht zu haben. Vieles ist bisher kryptisch gewesen, was man bereits daran erkennen kann, dass selbst der Verordnungsgeber bis zum 31. März 2008 nicht in der Lage war, eine ordnungsgemäße Belehrung zu erstellen. Der einzige, der davon profitiert, ist der Verbraucher, der sich durch den Widerruf nicht nur von seinem Darlehensvertrag lösen kann, sondern zusätzlich der Bank auch noch die damit finanzierte verlustreiche Fondsbeteiligung oder Schrottimmobilie ans Bein binden kann. Fazit Viele Verbraucher vertrauen blind den Inhalten des Darle hensvertrages und der Widerrufsbelehrung. Ein kritischer Blick in die Darlehensunter lagen könnte sich also womöglich lohnen... 21 Anlegerschutzbrief 03_2012 Anlegerschutzbrief 03_2012 von Dr. Christian Naundorf Clerical Medical – Bundesgerichtshof entscheidet zugunsten der Anleger „M an wird immer alle Leute einige Zeit und auch einige Leute alle Zeit zum Narren halten können, aber niemals alle Leute alle Zeit.“ Dr. Christian Naundorf Rechtsanwalt Rechtsanwalt Dr. Christian Naundorf ist nach Studien an der TU Berlin und den Universitäten Cambridge (GB) und Bonn von letzterer zum Dr. rer. nat. (Physik/ Astronomie) promoviert worden. Hernach studierte er Rechtswissenschaft und absolvierte das Referendariat im OLG-Bezirk Köln, zuletzt beim Arzt haftungssenat. Nach einer vierjährigen Tätigkeit im Berliner Justizdienst als Staatsanwalt und Zivilrichter wechselte er 2006 zu Schirp Schmidt-Morsbach Neusel Rechtsanwälten und vertritt seither schwerpunktmäßig geschädigte Kapitalanleger und Versicherungsnehmer, ist aber auch für zu Unrecht in Anspruch genommene Berater/Dienstleister sowie in Bau- und Erbrechtssachen tätig und begleitet aktiv die Fortentwicklung des Vor dem Versicherungssenat des Bundesgerichtshofes hat sich die Wahrheit dieser (wenngleich wohl fälschlich) dem US-Präsidenten Abraham Lincoln zugeschriebenen schönen Weisheit einmal mehr erwiesen. Am 11. Juli 2012 standen gleich fünf Revisionen in Verfahren gegen die Clerical Medical Investment Group wegen „Wealthmaster Noble“Policen zur mündlichen Verhandlung in Karlsruhe an. Es war ein buntes Bild: in zwei Fällen hatte die Vorinstanz die Klage abgewiesen, so dass der Versicherungsnehmer in der Angreiferrolle war, in einem Fall wehrte sich nur der Versicherer gegen seine vorausgegangene Verurteilung; und in zwei Fällen bekämpften gleich beide Seiten das OLG-Urteil: weil dieses Schadenersatzansprüche wegen angeblichen Fehlens eines Schadens jeweils verneint, die ebenfalls verfolgten Leistungs- (Erfüllungs-)ansprüche dagegen vorbehaltlos bejaht hatte. Zudem waren die Fälle verschiedenen „Konzepten“ zuzuordnen. kollektiven Rechtsschutzes in Deutschland. Als früherer Geschäftsführer eines mittelständischen Heizung-Klima-SanitärUnternehmens verbindet er das juristische Handwerk besonders mit kaufmännischwirtschaftlicher Herangehensweise an die Fallbearbeitung: letztlich zählt kein abstrakter Prozessgewinn, sondern das konkrete Endergebnis beim Mandanten. Den Paukenschlag, den der IV. Zivilsenat noch am selben Tag setzte, hat man bis London gehört; schon deswegen weil etliche Vorstände nebst Simultanübersetzern zur Verhandlung gekommen waren. Die Wirtschaftskanzleien der Gegenseite reisten mit rd. 60 Anwälten an; aber Masse macht‘s eben nicht aus: der BGH - bejahte in allen Fällen, in denen es darauf ankam, Pflichtverletzungen bei der Anbahnung der Versicherungsverträge, - von denen jedenfalls zwei, unabhängig voneinander, nichts mit dem „Drumherum“, einem Finanzierungs- oder Renten- oder sonstigen Konzept zu tun haben, sondern einzig aus dem Vertragswerk der Police selbst herrühren, 22 - erklärte in den Fällen, in denen es darauf ankam, den „Vorbehalt der Kassenlage“ für unbeachtlich: policierte Auszahlungen sind unabhängig von der Anteilszahl oder Anteilswertentwicklung zu leisten. - erklärte bereits den Abschluss des Vertrages bzw. der Verträge zu einem Schadensereignis - und verneinte letztlich den Eintritt von Verjährung, soweit diese Einrede mit der Zusendung der jährlichen Wertmitteilungen / Informationen über den Vertragsverlauf begründet worden war. All das tragen wir auch in den von uns geführten Verfahren seit 2009 unentwegt und unverdrossen vor, und seit dem 11. Juli fängt man auf einmal auch in den unteren Instanzen an, uns das zu glauben. Es ist zwar, worauf CM natürlich nicht müde wird hinzuweisen, in allen Fällen noch keine End-Entscheidung ergangen, weil jeweils noch Tatsachenfeststellungen nachzuholen sind, insbesondere zum genauen Umfang des jeweiligen Schadens. An die rechtliche Beurteilung des BGH sind die Untergerichte in jenen fünf Fällen aber gebunden. Für alle übrigen Fälle besteht eine formale rechtliche Bindung zwar nicht. Aber kaum ein Landrichter und noch weniger Oberlandesrichter werden offen eine vom BGH abweichende Position vertreten. Insofern dürfte das jetzt der - überfällige - Dammbruch gewesen sein, den der Autor schon im ASB 3/2011, S. 28, vorhergesagt hat: wenn Clerical Medical sich jetzt nicht zu akzeptablen Konditionen vergleicht, werden in Bälde die zusprechenden Urteile in weit höherer Zahl purzeln als zuvor die abweisenden. sind hoch, aber die bei Nichtstun drohenden Verluste sind so dermaßen viel höher und die Chancen eines Erfolges (einschließlich einer Kostenerstattung) spätestens jetzt so hoch, dass wir wirklich niemandem raten können, untätig zu bleiben bzw. Klageabweisungen hinzunehmen. Am langen Ende setzt sich eben doch das durch, was auch dem „Bauchgefühl“ des juristischen Laien entspricht: das, was CM da auf dem deutschen Markt abgezogen hat, kann einfach nicht sein. So einfach kann Recht sein ... wenn der BGH es sagt! Was müssen, was sollten Sie tun? Wenn Sie einen Clerical-Medical-Vertrag haben, der laufende Auszahlungen vorsieht: schicken Sie uns Ihren Versicherungsschein zur Erstprüfung. Wenn Sie einen Clerical-Medical-Vertrag haben, der in 2009 insgesamt ausbezahlt worden ist (Kündigung; Zeitablauf): schicken Sie uns sofort Ihren Versicherungsschein, die Policenbedingungen dazu und das Abrechnungsschreiben über die Schlusszahlung. Verjährung droht. Tun Sie das gleiche bei 2010, 2011, 2012 beendeten Verträgen - dort jedoch ohne Hast. Bei kreditfinanzierten Policen müssen Sie schnellstens rechnen: ist deren Abschluss kürzer oder länger als zehn Jahre her - und zwar taggenau! Im ersteren Fall ist Verjährung noch kein Problem, kann es aber werden - sind Sie in der Nähe der zehn Jahre, ist höchste Eile geboten. Auch im letzteren Falle ist, einzelfallabhängig, vielleicht noch nicht „alles verloren“; nur muss dann womöglich eine andere Strategie her. Schildern Sie uns Ihren Fall vorab am Telefon - und dann sehen wir weiter. Wenn Sie natürlich zu den regelmäßigen Lesern des ASB gehören, die bereits früher unserem Rat gefolgt sind, so können wir Sie nur bitten, uns das bisher geschenkte Vertrauen auch weiterhin entgegenzubringen und den Weg mit uns gemeinsam zu einem erfolgreichen Ende zu gehen. Was lange währt, wird endlich gut. Mit Stolz und Freude können wir übrigens berichten, dass bisher lediglich zwei Mandanten „unterwegs aufgegeben“ haben; alle übrigen Kläger, eine deutlich dreistellige Zahl, haben dem Gegenwind standgehalten. Man wird jetzt schon sagen dürfen, dass das letztlich das einzig Richtige war. Die Kosten waren und 23 Anlegerschutzbrief 03_2012 Anlegerschutzbrief 03_2012 von Dr. Wolfgang Schirp „Bündnis für bezahlbare Wohnungen“ in Berlin – das Ende des Sozia len Wohnungsbaus rächt sich D Dr. Wolfgang Schirp Rechtsanwalt Rechtsanwalt Dr. Schirp wurde 1965 in Freiburg/Breisgau geboren. Er absolvierte das Studium der Rechts wissenschaft in Kiel, Göttingen und Freiburg mit anschließendem Referendariat in Freiburg und Brüssel. Seit 1994 ist er als Rechtsanwalt zugelassen. Veröffentlichungen Herausgeber und Autor zahlreicher Veröffentlichungen (z.B. Medienfonds – das Anlagehandbuch, Geldanlegen – aber sicher, Vertragshandbuch für die deutsch-polnische Bauwirtschaft, Herausgeber; Handbuch der Immobilienwirtschaft, Mitautor; Handbuch der Umweltberatung, Mitautor/Autor zahlreicher Fachaufsätze) ie Mieten in Berlin steigen immer weiter. Mag das Preisniveau im Bundesvergleich auch noch moderat sein, in einer armen Stadt wie Berlin tut der Anstieg trotzdem schon weh. Jetzt rächt sich, dass der Senat den Sozialen Wohnungsbau zerstört hat. Die Politik reagiert mit kurzatmigen Aktionen; nun sollen es die städtischen Wohnbauunternehmen richten. Die juristischen Nachhutgefechte halten unterdessen immer noch an – dabei lässt sich in Einzelfällen auch Erfreuliches vermelden. Am 04.09.2012 hat der Senat mit großem Tamtam ein „Bündnis für bezahlbare Wohnungen“ beschlossen. Partner des Bündnisses sind die sechs städtischen Wohnbaugesellschaften (degewo mit 60.812 Wohnungen, HOWOGE mit 51.410 Wohnungen, GEWOBAG mit 51.132 Wohnungen, Stadt und Land mit 38.638 Wohnungen, GESOBAU mit 37.176 Wohnungen, WBM mit 28.061 Wohnungen). Das Bündnis umfasst fünf Eckpunkte: Die sogenannte „Sozialklausel“ besagt, dass die Nettokaltmiete unterhalb von 30 % des Nettoeinkommens der Mieter bleiben soll; Mieterhöhungen dürfen nicht mehr als 15 % in vier Jahren betragen; bei Modernisierungen dürfen maximal 9 % der Kosten auf die Mieten aufgeschlagen werden; innerhalb des SBahn-Ringes muss jede zweite freie Wohnung an einen Bewerber mit Wohnberechtigungsschein vergeben werden, außerhalb jede dritte; und schließlich wird den städtischen Wohnbaugesellschaften die Verpflichtung auferlegt, bis zum Jahre 2016 insgesamt 30.000 Wohnungen neu zu errichten oder zuzukaufen. Man darf gespannt sein, wie die Halbwertszeit dieser Beschlüsse aussehen wird. Die Verpflichtungen aus dem „Bündnis“ werden die städtischen Wohnbaugesellschaften nach Angaben des Senates mit etwa 98 Mio. Euro belasten. Experten zweifeln diese Zahl an und gehen von weitaus höheren Kosten aus. Die politische Erfahrung in Berlin zeigt, dass alle paar Jahre panisch nach neuen Geldtöpfen gesucht wird. Dann geraten immer auch die städtischen Wohnbaugesellschaften ins Blickfeld: Sie sollen Mittel beisteuern, um den allgemeinen Etat stabilisieren zu helfen. 24 Aber auch die städtischen Gesellschaften kann man nicht unbegrenzt melken. Jeder Euro, den sie für soziale Wohltaten ausgeben müssen, kann nicht gleichzeitig dem Landesetat zur Verfügung gestellt werden. Man darf daher wohl damit rechnen, dass spätestens bei der nächsten Geldsuch-Runde die jetzt gefassten Beschlüsse wieder auf den Prüfstand kommen. Noch gravierender ist, dass die Beschlüsse das grundlegende Problem nicht angehen: Die mangelhafte Neubautätigkeit in Berlin. Seit nunmehr anderthalb Jahrzehnten verharrt die Neubautätigkeit unterhalb desjenigen Niveaus, das für die Bestandserhaltung gebraucht wird, von einer Schaffung zusätzlicher Flächen ganz zu schweigen. Das Problem ist durch wohlfeile Sozialklauseln nicht zu lösen, es gäbe vielmehr nur eine Abhilfe: Bauen! Dafür aber braucht man Kapital. Es wird nicht einfach sein, in ausreichender Menge externes Kapital zu finden, nachdem man die Anleger im Sozialen Wohnungsbau in tiefste Existenznöte gestoßen hat und auch mit den Anlegern der LBB- und IBV-Fonds rücksichtslos umgegangen ist – es gibt verlässlichere Schuldner als das Land Berlin. Die juristischen Nachhutgefechte in den zusammengebrochenen Fonds des Sozialen Wohnungsbaus gehen inzwischen weiter – manchmal gibt es dabei auch Erfreuliches zu vermelden. So ist es dem AAA in der KarowIota GbR gelungen, eine Lösung zu vermitteln, bei der die Commerzbank AG für die von ihr geworbenen Anleger den erforderlichen Sanierungsnachschuss übernommen hat. Wir haben versucht, mit dieser Einigung als Muster auch für andere Fonds ähnliche Ergebnisse zu verhandeln (so wie es früher auch schon einmal in der Ziel 14 GbR gelungen war). Die Entscheidungsprozesse in der Commerzbank sind für uns aber letztlich undurchschaubar. Wir wissen nicht, warum in einem Fonds Einigungslösungen gefunden werden (Karow-Iota, Ziel 14), während in anderen – aus unserer Sicht viel angreifbareren – Fällen ein rigides „Nein“ zurück kommt (so etwa in den MHF Academy-Fällen, die nun durchgeklagt werden müssen). Nun, die Commerzbank muss selbst wissen, wie sie ihre Interessen wahrnimmt – wenn wir prozessieren müssen, dann werden wir das mit aller Energie tun. Das Land Berlin muss dieweil schmerzlich erfahren, dass es durch den selbst herbeigeführten Zusammenbruch des Sozialen Wohnungsbaus erheblich größeren Schaden nimmt, als die „Spar“-Zampanos um Thilo Sarrazin einstmals berechnet hatten. Wir berichteten bereits in vergangenen ASB-Ausgaben von dem Prozess, den das Land Berlin gegen den Bund geführt hat. In diesem Prozess hat das Land den Versuch unternommen, Zahlung aus einer Rückbürgschaft zu erhalten, die der Bund hinsichtlich der öffentlichen Förderung im I. Förderweg ausgereicht hatte. Das Landgericht Berlin hat diese Klage in I. Instanz abgewiesen. Es hat dem Land Ansprüche aus den Rückbürgschaften des Bundes deshalb versagt, weil das Land Berlin durch die ersatzlose Streichung der Anschlussförderung am 04.02.2003 den (Rück-)Bürgschaftsfall selbst herbeigeführt habe. Das Land Berlin habe somit die Geschäftsgrundlage selbst zum Einsturz gebracht (LG Berlin, U. v. 13.10.2009 – 2 O 217/08). Das Kammergericht hat diese Entscheidung des Landgerichts uneingeschränkt aufrecht erhalten (KG, U. v. 23.09.2010 – 22 U 196/09), der BGH hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Landes Berlin hin genauso entschieden (BGH, B. v. 05.07.2011 – II ZR 399/10). Das Land ist mit seinem Anspruch also endgültig gescheitert und kann seinen Schaden nicht auf den Bund abwälzen. Den gleichen Grundsätzen folgt eine weitere Entscheidung des Kammergerichts, in der dieses einem landeseigenen Erbbaurechtsgeber eine Reduktion des Erbbauzinses auferlegt hat, weil der Erbbaurechtsnehmer aufgrund des Wegfalls der Anschlussförderung zur Zahlung des ursprünglich vereinbaren Erbbauzinses nicht mehr in der Lage war (KG, U. v. 23.08.2011 – 4 U 152/08). In anderen Verfahren versuchen wir, auf Grundlage dieser Rechtsprechung die Ansprüche der IBB abzuwehren, die diese in zusammengebrochenen Fonds des Sozialen Wohnungsbaus gegen die Anleger geltend macht. Denn auch dort ist eine Situation gegeben, in der ein 100 % landeseigenes Unternehmen – die IBB – Ansprüche gegen Dritte geltend macht, die nur aufgrund eigener Entscheidungen der Landesseite problematisch geworden sind. In diesen Verfahren liegen noch keine Urteile vor. Es gilt das Fazit, das wir bereits in früheren Beiträgen gezogen haben: Auf die Politik ist in Berlin kein Verlass ‑ immerhin kriegt sie die Quittung für ihr Verhalten. Auf Hilfe der Banken braucht man im Sozialen Wohnungsbau auch fast nie zu hoffen. Juristisch ist in Einzelfällen Hilfe möglich, oft bleibt aber auch nur der Weg „Sanieren um jeden Preis“. Wer aber seine Immobilie halten und durch die Krise bringen konnte, der hat – natürlich abhängig vom Einzelfall – in absehbarer Zeit auch wieder ein Investment in Händen, das im Werte steigen müsste. Bei allen Einzelschritten, die auf diesen unterschiedlichen Wegen zu gehen sind, wird der AAA seinen Mitgliedern nach besten Kräften helfen. 25 Anlegerschutzbrief 03_2012 Anlegerschutzbrief 03_2012 von Rolf Siburg Zertifikate – eine sichere Ge ldanlage? B Rolf Siburg Rechtsanwalt Rechtsanwalt Siburg wurde 1979 in Bremen geboren. Er absolvierte sein Studium der is zur aufsehenerregenden Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers Inc. waren Zertifikate, die über deutsche Großbanken vertrieben wurden, bei Anlegern jeglicher Couleur sehr beliebt. Sie wurden oft als sichere Geldanlage verkauft, die anders als beispielsweise Fest- oder Tagesgelder neben Sicherheit auch interessante Renditen versprachen. Risikoaufklärung wurde durch die Banken in vielen Fällen eher kleingeschrieben. Rechtswissenschaft an der Freien Universität Berlin mit anschließenden Referendariat am Kammergericht Berlin. Die Seit 2008 ist er als Rechtsanwalt in der Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Neusel tätig. 2012 wurde ihm der Titel Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht verliehen. Schmerzhaft mussten dann auch tausende Anleger in Deutschland erfahren, dass die Lehman Brothers-Zertifikate, die sich in ihren Depots befanden, seit dem 15.09.2008 und mit Stellung des Insolvenzantrags nach Chapter 11 des amerikanischen Insolvenzrechts der Muttergesellschaft Lehman Brothers Inc. nahezu wertlos wurden. Denn mit der Insolvenz der Lehman Brothers Treasury Co. B.V., der Herausgeberin der in Deutschland vertriebenen Zertifikate, realisierte sich das allen Zertifikaten innewohnende sogenannte Emittentenrisiko, auch als Kreditrisiko bezeichnet. Was sind eigentlich Zertifikate? Zertifikate sind im rechtlichen Sinne sogenannte Inhaberschuldverschreibungen. Der Anleger gibt einer Bank (Emittent) mit seinem Geld faktisch ein Darlehen, auf das diese dem Kunden ein Rückzahlungsversprechen macht, dessen Konditionen durch das Zertifikat im Einzelnen geregelt werden. Die Einhaltung des Rückzahlungsversprechens hängt somit zum einen vom Eintritt der vereinbarten Bedingungen und zum anderen von der Leistungsfähigkeit (Bonität) der Bank ab, die das Versprechen gegeben hat. Es besteht hier das sogenannte Emittentenrisiko. Zertifikate unterliegen, anders als dies bei Spareinlagen wie Girokontenguthaben, Festgelder, Tagesgeldern o. ä. der Fall ist, nicht einer Einlagensicherung durch eine Einla- 26 gensicherungseinrichtung. Es findet auch keine Bildung von Sondervermögen zu Gunsten der Anleger statt, wie bei Anlagen in Investmentfonds. Im Falle einer Bankenpleite, so wie die der Lehman Brothers Bank, droht dem Anleger das Risiko des Totalverlustes seines eingesetzten Geldes. Zertifikate sind daher in eine hohe Risikoklasse einzustufen. In der Folge der Insolvenz der Lehman Brothers Bank befassten sich, quer durch die Republik, eine ganze Reihe von Instanzgerichten mit Schadensersatzklagen geschädigter Anleger. Zumeist stand die Frage im Vordergrund, ob die beratenden Banken auch über ihre Gewinne, die sie mit dem Vertrieb einnahmen, aufklären mussten. Diese Frage wurde von den Instanzgerichten unterschiedlich beurteilt. Letztlich entschied jedoch der Bundesgerichtshof in zwei Entscheidungen vom 27.09.2011 (XI ZR 178/10 und 182/10), dass eine Bank über ihre Gewinne in diesem Zusammenhang nicht aufzuklären hat, weil das Gewinnstreben der Banken in ihrer Rolle als Verkäufer für den Kunden offensichtlich sei. Damit wurde vielen geschädigten Anlegern der Wind aus den Segeln genommen, die mit diesem Argument versuchten, über die Gerichte Schadenersatz zu bekommen. Dieses Urteil war für die Banken ein wichtiger Sieg. Die Urteile des Bundesgerichtshofs haben aber auch die Aufklärungspflichten der Banken im Hinblick auf Risiken konkretisiert und im Ergebnis damit verschärft. Werden nämlich Zertifikate erstmals an den Kunden herangetragen, gehört zwingend zu einer vollständigen Risikodarstellung, dass der Anleger erkennen kann, dass die Rückzahlung generell von der Bonität der jeweiligen Emittentin zum Zeitpunkt der Rückzahlbarkeit der Anleihe abhängt. Verletzt die Bank die Pflicht zur Aufklärung über das Emittentenrisiko, macht sie sich schadensersatzpflichtig und der Kunde bekommt sein eingesetztes Geld zurück. Gerade weil ein erhebliches Verlustrisiko eingegangen wird, sind Zertifikate nur für Anleger geeignet, die eine spekulative Anlageform wählen wollen, also für die Aussicht auf hohe Zinsen auch entsprechende Risiken in Kauf nehmen wollen oder für Anleger, die sich bewusst für den Wechsel zu einer riskanten Anlagestrategie entschieden haben. Anleger, die ihr Geld beispielsweise zum Zwecke der Alterssicherung, des nachhaltigen Vermögensaufbaus, der Ausbildungsfinanzierung der Kinder, etc. anlegen wollen oder aus sonstigen Gründen ein Verlustrisiko nicht tragen können, darf diese Anlageform grundsätzlich nicht empfohlen werden. Exemplarisch soll ein Fall, der vor dem Oberlandesgericht Frankfurt a. M. (Urteil vom 10.02.2012 – 10 U 21/11) entschieden wurde, vorgestellt werden. Nachdem das Landgericht Frankfurt a. M. die Klage nach umfangreicher Beweisaufnahme durch Vernehmung des Anlageberaters und der Kundin noch abgewiesen hatte, wurde auf die Berufung der Kundin die Bank zum Schadensersatz verurteilt. Sie musste der Kundin also das eingesetzte Geld nebst Zinsen und Kosten zurückerstatten. Die Bank behauptete, dass die Kundin risikofreudig gewesen sei, ohne dass sie ein unterschriebenes Risikoprofil vorlegen konnte, aus dem sich die spekulative Ausrichtung ergeben hätte. In Rahmen einer Vermögensverwaltung teilte die Kundin jedoch mit, eine konservative Anlagestrategie verfolgen zu wollen. Die Bank verteidigte sich in der Folge damit, dass die Kundin schon vor der Beratung bereits im erheblichen Umfang verschiedene DAX-Aktien (zeitweise bis zu 80 %), Aktienfonds, geschlossene Beteilungen und Zertifikate im Depot hatte und sie daher von einer spekulativen Anlagestrategie ausgehen durfte. Diese Argumentation, die häufig anzutreffen ist, wenn es um die Anlageziele der Kunden geht, vermochte das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. nicht zu überzeugen. Im Gegenteil: Das Oberlandesgericht urteilte, dass eine hohe Aktienquote, wie sie hier vorlag, für sich genommen nichts an der Annahme einer konservativen Anlagestrategie ändern würde. Denn wenn eine Bank derartige Produkte empfiehlt, darf sich der Kunde darauf verlassen, dass sie der gewollten Anlagestrategie entsprechen, und nicht umgekehrt, durfte die Bank von der Zusammensetzung des Portfolios auf die Anlagementalität schließen. Allein die von der hinterlegten Anlagementalität abweichende Zusammensetzung des Portfolios spricht nicht für eine tatsächlich höhere Risikobereitschaft. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der Kunde explizit mehr Risken eingehen wollte und die Bank ihn vollumfänglich aufgeklärt hätte. Es handelt sich zwar um einen Einzelfall, aber er zeigt, dass insbesondere die Obergerichte seit der Bankenkrise von 2008 ein feineres Gespür dafür bekommen haben, wie die Banken im Hinblick auf die zu beachtenden Ziele der Kunden zu beraten haben. Uns sind zahlreiche landgerichtliche Urteile bekannt, in denen die Klagen abgewiesen wurden, weil im Depot vor der Beratung bereits umfangreiche Aktienwerte vorhanden waren. Die Landgerichte zogen aufgrund dessen den (unzulässigen) Rückschluss, dass der Kunde risikobereit war und ihm deshalb riskante Produkte empfohlen werden durften. Dem hat das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. nun eine Absage erteilt. Bleibt zu hoffen, dass sich diese Rechtsprechung nachhaltig durchsetzt. 27 Anlegerschutzbrief 03_2012 Anlegerschutzbrief 03_2012 von Anne Wenzelewski - The End oder ein positiver Ausgang in Sachen KGAL/Alcas Medienfonds in greifbarer Nähe I Anne Wenzelewski Rechtsanwältin Ausbildung Studium der Rechtswissenschaften mit Schwerpunkt im Gesellschaftsrecht an der Freien Universität Berlin. Referendariat beim Kammergericht Berlin im Bereich Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht. Fachanwaltslehrgang im Steuerrecht im Jahr 2011. Beruflicher Werdegang: Seit Oktober 2008 Mitarbeiterin in der Kanzlei Schirp Schmidt Morsbach Neusel mit Schwerpunkt Medienfonds. n den vergangenen Ausgaben des Anlegerschutzbriefes hatten wir wenig Positives über die anhängigen Klageverfahren der KGAL/Alcas Fonds zu berichten. Dies ändert sich mit dieser Ausgabe. Neben einer positiven Urteilsserie in Sachen MAT I (Beteiligungsangebot 126) vom Landgericht München, durch die in den jeweiligen Verfahren die Treuhandkommanditistin sowie die vermittelnde Bank verurteilt wurden, liegen uns zu den KGAL/Alcas Fonds zahlreiche positive Hinweisbeschlüsse des Oberlandesgerichts München vor, so dass wir derzeit davon ausgehen, dass das Oberlandesgericht München in der überwiegenden Anzahl der Fälle auf der Basis erheblicher Prospektfehler zu Gunsten der Klagepartei entscheiden wird. Wir konnten in Zusammenarbeit mit dem Recherche-Team des Aktionsbundes Aktiver Anlegerschutz e. V. im Laufe des letzten Jahres noch weitere wichtige Beweismittel erlangen, die die Verfahren maßgeblich beeinflussen dürften. 1. Obsiegende Urteile für Kläger des MAT I wegen eines Prospektfehlers Das Landgericht München hat am 9. August 2012 zahlreiche Urteile verkündet, in denen es den Klagen der Anleger gegen die Treuhandkommanditistin und gegen die jeweils vermittelnden Banken stattgegeben hat. Das Landgericht München folgt damit unserem Vortrag, dass der Prospekt irreführende, widersprüchliche und zum Teil fehlerhafte Darstellungen des Verlustrisikos enthält. Der Prospekt vermittelt den Anlegern fälschlicherweise den Eindruck, dass für den Fall, dass die Fondsgesellschaft ausschließlich die garantierten Lizenzgebühren und die Einmalzahlung erhält, dies nur zu einem Teilverlust in Höhe von 31,2 % der nominellen Kapitaleinlage führen könne, da die garantierten Mindestlizenzgebühren und die garantierte Einmalzahlung eine Kapitalrückführung in Höhe von 73,8 % der nominellen Kapitaleinla28 ge sichern. Eine Risikobegrenzung in dieser Höhe besteht tatsächlich nicht. Die Treuhandkommanditistin wurde aus Prospekthaftung im weiteren Sinne als aufnehmende Gesellschafterin verurteilt. Die Haftung der vermittelnden Banken wurde mit der Verletzung des Anlagevermittlungsvertrages begründet. Die vermittelnden Banken hatten die Anleger nicht auf die fehlerhafte Darstellung des Verlustrisikos im Prospekt hingewiesen, obwohl sie verpflichtet waren, den Prospekt auf seine Plausibilität hin zu prüfen. 2. Nachweis eines geschlossenen Zahlungskreislaufes In den Klageverfahren lag der Schwerpunkt unseres Vortrages von Beginn an auf der Darstellung des Zahlungskreislaufes der Schuldübernahmegebühr von der Fondsgesellschaft über den Produktionsdienstleister und den Lizenznehmer an die schuldübernehmende Bank. Zum Nachweis dieses Zahlungskreislaufes haben wir sogenannte funds flow memos vorgelegt, die die Zahlungsabwicklung und die Zahlungsreihenfolge sichergestellt haben. Daneben haben wir für diesen Vortrag zahlreiche Zeugen benannt, die ausweislich der funds flow memos mit der Zahlungsabwicklung in den einzelnen Fonds betraut waren. Diese Beweisantritte reichten dem Landgericht München bisher weder zum Nachweis des Zahlungskreislaufes noch für eine Beweisaufnahme aus, weil in den funds flow memos die Zahlung vom Produktionsdienstleister an den Lizenznehmer nicht abgebildet wurde. Von besonderem Gewicht dürfte daher ein uns seit kurzem vorliegendes bankinternes Dokument sein, aus dem sich ergibt, dass die Weiterleitung der Produktionsmittel vom Produktionsdienstleister an den Lizenznehmer zur Begleichung der Schuldübernahmegebühr Teil des Gesamtkonzeptes war und in Absprache und Kenntnis der Beteiligten erfolgte. Darüber hinaus können wir in zahlreichen Fällen inzwischen nachweisen, dass die Finanzierung der Filme, die angeblich von den Fonds übernommen worden sein sollte, von Dritten für sich beansprucht wird. Auch sind nach uns vorliegenden Unterlagen die prospektierten Auftragsproduzenten vielfach nicht identisch mit den tatsächlich tätig gewordenen Produzenten. 3. Positive Hinweisbeschlüsse Oberlandesgericht München des In den mündlichen Verhandlungen in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht München im Mai und Juli 2012 zu den Fonds 100, 123, 131, 139, 152 haben die erkennenden Senate zum Ausdruck gebracht, dass die Ansprüche der Klageparteien auf Schadensersatz bestehen. Diese Rechtsauffassung haben die Bankensenate des Oberlandesgerichts München auch in diversen positiven Hinweisbeschlüssen zum Ausdruck gebracht. Diese Hinweisbeschlüsse ergingen nicht ausschließlich in den Verfahren, in denen bereits verhandelt wurde, sondern auch zu den weiteren Medienfonds der KGAL/Alcas. Das Oberlandesgericht München stellt insbesondere darauf ab, dass die gewählte vertragliche Konstruktion besondere steuerlichen Risiken begründet, so dass die allgemeinen Hinweise auf die steuerlichen Risiken in den Prospekten nicht ausreichend seien. Außerdem sei auf die wirtschaftlichen Auswirkungen der gewählten Konstruktion in den Prospekten nicht hingewiesen worden. Daneben sei bei einigen Fonds das Verlustrisiko nicht ausreichend dargestellt. Auch hier spielen die von uns zwischenzeitlich geführten Nachweise eine bedeutende Rolle. che nicht durch den Fortgang der laufenden Verfahren gestört werden sollen und haben daher übereinstimmend mit den Beklagtenvertretern in jedem Verfahren einen Antrag gestellt, das Ruhen des Verfahrens anzuordnen. Außerdem haben wir den Vertretern der Gegenseite zwischenzeitlich eine Mandantenliste übersandt. Auf dieser Liste befinden sich alle Anleger, die durch die Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Neusel in den laufenden Klageverfahren bisher vertreten wurden, wie auch diejenigen, für die wir bisher außergerichtlich bzw. in einem Güteverfahren tätig geworden sind und deren Ansprüche bisher nicht verjährt sind. Insgesamt werden durch die Kanzlei rd. 260 Anleger vertreten, die zusammen Kapital in Höhe von rd. 77 Millionen Euro an den Fonds halten. Über die inhaltlichen Details einer möglichen Einigung können wir an dieser Stelle noch - keine Auskünfte geben. Fazit: In den kommenden Wochen wird sich entscheiden, ob es für die von der Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Neusel vertretenen Anleger zu einer Einigung mit der Gegenseite kommt. Sollten die Vergleichsverhandlungen scheitern, nehmen wir die Verfahren unverzüglich wieder auf. Doch nach den Entwicklungen der vergangenen Wochen ist ein positiver Ausgang der Verfahren aus unserer Sicht in greifbarer Nähe. 4. Laufende Vergleichsverhandlungen Nach den Erörterungen in den mündlichen Verhandlungen haben die Vertreter der Initiatorin, der Treuhandkommanditistin und der refinanzierenden/schuldübernehmenden Banken für alle noch anhängigen Verfahren ihre Vergleichsbereitschaft erklärt. Es haben daher im Juli und August erste konstruktive Gespräche der Parteienvertreter stattgefunden. Dabei ging es zunächst darum, die strukturellen Fragen eines möglichen Vergleiches mit den wesentlich zu klärenden Punkten zu erörtern. Ein weiteres Vergleichsgespräch ist für die zweite Septemberhälfte avisiert. Wir haben uns mit der Gegenseite bereits darauf verständigt, dass die Vergleichsgesprä29 Anlegerschutzbrief 03_2012 Anlegerschutzbrief 03_2012 von Thomas Lippert Verantwortung, nein danke! Kurz und Knapp Von den Wölbern-Fonds hört man zur Zeit nicht viel Gutes. Der Bericht von der Gesellschafterversammlung des Wölbern Östereich 04 allerdings könnte in die Analen eingehen, als Offenbarungseid eines Initiators und einer internationalen Anwaltskanzlei. D ie Wölbern Invest KG ging durch die Trennung des Bank- und Fondsgeschäftes aus dem Bankhaus Wölbern & Co. (AG & Co. KG), Hamburg hervor und besteht seit Anfang 2007 als eigenständige Gesellschaft der Wölbern Group. Heinrich Maria Schulte ist seit dem Jahr 2006 Eigentümer der Wölbern Invest KG. Auf der Internetseite der Wölbern Invest KG (www.woelbern-invest.de) heißt es: „Die Wölbern Invest verfolgt das grundlegende Ziel sich stets weiterzuentwickeln und mit innovativen Fondskonzepten den Markt zu beschreiten. Dabei sind Nachhaltigkeit, Transparenz und Sicherheit unser oberstes Gebot. Hierfür steht das Management sowie das gesamte Wölbern Invest-Team tagtäglich ein.“ Noch ein wichtiger Hinweis: Derzeit befinden sich die Wölbern-Fonds Frankreich 05, Holland 71 und Holland 72 im Vertrieb. Sollten Sie über eine Zeichnung nachgedacht haben, so lassen Sie es vielleicht besser bleiben. 30 Auf der Gesellschafterversammlung des Wölbern Österreich 04 Fonds (IFÖ Vierte Immobilienfonds für Österreich GmbH & Co. KG) konnte ich mir selbst einen Eindruck zu Nachhaltigkeit, Transparenz sowie Sicherheit verschaffen. Anleger des Österreich 04 Fonds waren für Mittwoch, den 15. August 2012 um 9 Uhr zur Versammlung ihres Fonds nach Berlin geladen. Beginn der Versammlung war um kurz nach 13 Uhr und somit mit 4-stündiger Verspätung, da das Fondsmanagement sowie die beauftragen Anwälte der Kanzlei Taylor Wessing aus Hamburg nicht in der Lage waren, den rd. 100 Anlegern und Bevollmächtigten ihre Stimmkarten auszuhändigen. Eine Entschuldigung des Wölbern-Inhabers Professor Heinrich Maria Schulte – Fehlanzeige! Die Versammlung war zu Beginn mit 44,92 % (39.526 Stimmen) beschlussfähig. Zu beachten ist hierbei, dass auf die Hansische Treuhand AG und die Wölbern Treuhand GmbH 20.590 Stimmen ohne Weisung entfielen. Mit Wirkung zum 01.09.2006 hat die Wölbern Treuhand GmbH die Treuhandverwaltungstätigkeiten der Hansischen Treuhand übernommen. Die Wölbern Treuhand GmbH ist im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages operativ für die Hansische Treuhand AG tätig. Von einem unabhängigen Treuhänder kann demnach keine Rede sein. In § 4 Abs. 1 des Treuhandvertrages heißt es: „Vor Ausübung des Stimmrechts bei Gesellschafterbeschlüssen der Kommanditgesellschaft sind von der Treuhänderin die Weisungen der Gesellschafter einzuholen, in welcher Weise die Treuhänderin ihr Stimmrecht ausüben soll, wenn der Gesellschafter nicht selbst erscheint. Sofern der Treuhänderin Weisungen nicht erteilt werden, wird die Treuhänderin sich insoweit der Stimme enthalten.“ Bei allen Tagesordnungspunkten hat sich allerdings die Treuhand über die oben genannte Regelung hinweggesetzt und im Sinne des Managements gestimmt und nicht im Interesse der Anleger. Nur so konnten die Tagesordnungspunkte, für die eine einfache Mehrheit der abgegebenen und vertretenen Stimmen ausreichte, im Sinne der Wölbern Invest KG beschlossen bzw. verhindert werden. Unfassbar! Zentrale Punkte auf der Tagesordnung waren: TOP 4: Ausschüttungspraxis TOP 5: Erarbeitung eines Maßnahmenpaktes zur Veräußerung bzw. Wandlung der direkten bzw. indirekten Kommanditbeteiligungen TOP 8: Vorsorgliche Abwahl der vermeintlichen Beiratsmitglieder, (Neu-)Wahl von Beiratsmitgliedern TOP 9: Liquiditätsmanagement-System Nachdem dem Liquiditätsmanagement-System, d. h. der Bildung einer gemeinsamen GbR mit anderen Wölbern-Fonds und Vergabe von Darlehen untereinander (oder anders ausgedrückt: Die guten Fonds helfen zunächst den schlechten und werden dann selbst zu Sanierungsfällen) auf der letzten Versammlung mit nur 63,03 % zugestimmt wurde, wollte Wölbern einen erneuten Beschluss hierüber fassen lassen. Der Beschluss bedarf allerdings einer Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen. Aufgrund der Stimmverteilung der anwesenden und vertretenen Anleger reichten die Treuhandstimmen jedoch nur für die Beschlüsse mit einfacher Mehrheit, so dass TOP 9 kurzerhand mit der Zustimmung der Treuhandstimmen von der Tagesordnung genommen wurde und die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt vollständig entfiel. Um 20.39 Uhr wurde die Versammlung von Professor Heinrich Maria Schulte geschlossen. Das Letzte Wölbern Invest KG Das Gegenteil von richtig ist auch richtig Die Bundesregierung plant mal wieder eine Reform. Aufgrund von EU-Vorgaben soll der Markt für geschlossene Fonds reguliert werden. Vor allem eine Maßnahme ist im Gespräch: Immobilienfonds sollen nicht mehr nur in ein Objekt investieren dürfen. Es sei denn, sie hätten eine Mindestanlagesumme von 50.000 Euro. Man kann das gut begründen. Man kann überall nachlesen, dass man nicht alle Eier in einen Korb legen soll. Dass eine unternehmerische Beteiligung nichts für den Kleinsparer ist, versteht sich auch von selbst. Aber: Die schlechtesten Fondsprodukte der letzten 20 Jahre (wobei ich die offensichtlich betrügerischen mal weglasse) waren die Fonds der Landesbank Berlin. Riesige Fonds, bis zu einer Milliarde DM schwer mit bis zu 60 Immobilien im Bestand. Natürlich soll man poolen, aber wenn der Initiator den Fonds nutzt, um schlechte Immobilien zu entsorgen, dann nutzt die Poolerei nichts. Und man gibt ein Element des geschlossenen Fonds auf, seine Transparenz. Wer einen Ein-Objekt-Fonds kauft, kann vorher zum Standort fahren und sich die Immobilie oder Baustelle anschauen. Bei zehn Objekten wird man das kaum mehr machen. Und überdies müssen dann alle Objekte im Prospekt vorgestellt werden – wie dick sollen diese Dinger denn noch werden? Wie gesagt, man kann es anders sehen, aber mein Standpunkt ist, wer diversifizieren will, soll Aktien internationaler Konzerne kaufen. Wer z. B. Nestlé kauft, kauft 500 Fabriken in 86 Ländern, dutzende Marken, dutzende Währungen – da kann der größte geschlossene Fonds nicht gegen anstinken. (Man kauft natürlich auch Kinderarbeit, Ausbeutung, politische Einflussnahme, Umweltzerstörung, genetisch veränderte Pflanzen – nur damit mich keiner für naiv hält.) Wer in ein Objekt investieren möchte, der kauft einen geschlossenen Fonds. Dazu sind die da. Natürlich soll man diversifizieren, deshalb kauft man eben mehrere Fonds. Dabei wäre die Mindestanlagesumme von 50.000 Euro aber im Weg. Was ist aber richtig? Wenn ich vom Ergebnis her denke, muss ich mich fragen, welche Faktoren in den letzten Jahren zum Scheitern von geschlossenen Fonds geführt haben. Und da muss man leider sagen, dass die größten ökonomischen Katastrophen am grauen Kapitalmarkt in den letzten Jahren durch Eingriff des Staates zustande kamen: • Das Land Berlin stellt die Förderung des sozialen Wohnungsbaus ein, • die Bayerische Finanzverwaltung braucht fast ein Jahrzehnt, bis sie ihre Linie findet, wie die Medienfonds mit Leasingcharakter zu bewerten sind. Eine wichtige Reform wäre es also, zuverlässige rechtliche Rahmenbedingungen für Investitionen zu schaffen. Da braucht es gar keine neue Behörde, keine Haftungsverschärfung. Einfach nur ein Steuergesetz, das mal länger als ein Jahr gilt; wenn schon Subventionen, dann dürfen die nicht eingeschränkt werden, kaum dass sie einer in Anspruch nimmt; eine ernsthafte Strafverfolgung krimineller Marktteilnehmer – das sollte alles selbstverständlich sein. Ein weiteres Problem ist natürlich gewöhnliche Kriminalität. Kapitalanlagebetrug, Untreue, Insolvenzverschleppung, was kann man nicht alles machen. Hier wäre es erforderlich, dass die Täter nicht aus dem Knast sofort wieder in den grauen Kapitalmarkt einsteigen können. Ein Berufsverbot wäre die richtige Antwort des Gesetzgebers. Dann gibt es natürlich auch noch Gier, Inkompetenz, Größenwahn und gewöhnliche Pflichtvergessenheit unterhalb des Niveaus der Kriminalität. Hier hilft nur eines: Die Haftung der Emittenten und Berater und auch der Fondsmanager muss verschärft werden. Der Weg, von diesen Personen immer strengere formale Qualifikationen zu fordern, führt nicht zum Ziel. Ein MBA schützt nicht davor, einen Fonds so gierig zu konstruieren, dass er bei der kleinsten Abweichung der Realität vom Konzept schon einen Gesellschafternachschuss braucht. Es gibt ein simples Konzept, das zu den Grundlagen der bürgerlichen Erziehung gehört: Was du versprichst, das musst du auch halten. Wenn man das umsetzen würde, wäre hier einige Ordnung geschaffen. Es ist schier unglaublich, womit man sich bei Haftungsprozessen auseinander setzen muss. Da vertickt eine Bank einen schmuddeligen Medienfonds, dessen Initiator in der Folge zu sechs Jahren Haft verurteilt wird. Und die Anwälte der Bank tragen vor, der Anleger hätte doch gar keinen Schaden. Er hätte den Fonds auch gezeichnet, wenn man ihn zutreffend über den Fonds aufgeklärt hätte, weil er um jeden Preis nur Steuern sparen wollte. Und mit diesem Schwachsinn wird man vor deutschen Gerichten gehört! Man stelle sich vor, VW liefert einen Golf ohne Motor und lässt seine Anwälte dann vortragen, der Käufer hätte den Golf auch gekauft, wenn man ihm vorher gesagt hätte, dass er keinen Motor hat, weil er doch nur auf dem Rücksitz mit seiner Freundin knutschen wollte. Diesen Prozess würde ich gern führen. 31 Das Letzte Anlegerschutzbrief 03_2012 Ein weiteres Problem ist, dass die Anleger oft nicht ihre Macht erkennen und nutzen. Geschlossene Fonds sind im Prinzip demokratische Organisationen. Man kann untreue Treuhänder, unfähige Manager, Initiatoren, die sich im Selbstbedienungslagen wähnen, per Mehrheitsbeschluss vor die Tür setzen. Und da sind Anleger oft erstaunlich uneinig. Jagdfeld wäre es nicht gelungen, Millionen zu verbrennen, wenn die Anleger ihn und seine Mischpoke frühzeitig abberufen hätten. Man fasst sich an den Kopf wenn man hört, dass die Anleger der Wölbern-Fonds einer Poolung ihrer Rücklagen zugestimmt haben. Da hilft auch keine gesetzliche Regelung. Da muss sich etwas in den Köpfen der Anleger verändern. Die Leber Die Leber ist ein besonderes Organ. Ein bekannter Buchtitel sagt, dass sie mit ihren Aufgaben wachse. Läuse haben die Neigung darüber zu krabbeln und der Boxer freut sich, wenn er einen Haken hinein applizieren kann – sehr schmerzhaft! Kalbsleber mit gebratenen Apfelringen ist eines der wenigen genießbaren Gerichte der traditionellen Berliner Küche. Und wie wir alle wissen, kann man Lebern auch ins Ausland verschieben. Da sind sie nämlich gefragt, wenn sie vom Menschen stammen. Das ist aber in Bayern nicht so schlimm. In Regensburg wird man trotzdem mit besten Zeugnissen und Empfehlungen verabschiedet, wenn man als Arzt ein paar menschliche Lebern ins Ausland verschiebt und kann dann an der Uniklinik Göttingen fröhlich weiter machen. Da war ich dann doch ziemlich erstaunt zu erfahren, dass 2009 in Bayern einer Ärztin die Zulassung entzogen wurde, weil man sie bei einem Ladendiebstahl erwischt hat. Das Verwaltungsgericht meinte, die Ärztin habe sich als unwürdig für den Arztberuf erwiesen. Es war wahrscheinlich keine Leber, die sie geklaut hat. Dann wäre sie vielleicht milder behandelt worden. Datenschutz Seine Sammelwut kennt keine Grenze. Täglich speichert es Personen, Orte, Daten. Auch nach Jahrzehnten bleiben die Daten abrufbar und werden immer aufs neue mit frisch gewonnenen Erkenntnissen verknüpft. Profile und Bewegungsmuster werden angelegt. Jeder Fehltritt bleibt für immer. Manuelle Löschung unmöglich. Kein Rechtsweg vorhanden. Jedes menschliche Gehirn verstößt jeden Tag beharrlich gegen primitivste Grundsätze des Datenschutzes. Aber nicht in unserer Branche. Wenn da ein alter Betrüger, der schon in den 90ern tausende Anleger mit Seniorenresidenzen um ihr Geld gebracht hat, jetzt Ölexplorationsfonds in Kanada verkauft, dann erinnert sich komischerweise niemand daran. Fröhlich gehen die Beteiligungen über den Ladentisch. Und wir dürfen seinen Namen nicht nennen. Warum? Was glauben Sie denn: Datenschutz. Einen schönen Herbst wünscht Ihr Tibet Neusel Chefredakteur 32