Einfache Leute - Relevant Film
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Einfache Leute - Relevant Film
Mittwoch, 07.03.2007 | 20.15 Uhr im Ersten Einfache Leute NDR Fernsehfilm Einfache Leute NDR Fernsehfilm Mit Barbara Auer, Klaus J. Behrendt, Oliver Bäßler, Tom Schilling u. a. Buch Johannes Reben Regie Thorsten Näter Sendetermin Mittwoch, 7. März 2007 | 20.15 Uhr | Das Erste | Einfache Leute Inhalt Henrik Bode (40) hatte als junger Mann das Zeug zum Meisterschwimmer. Der Schwimmverband hat ihn geför dert, aber zur ganz großen Karriere reichte es dann doch nicht. Heute arbeitet er als Bademeister in seiner Heimat stadt Bremerhaven und genießt dort noch immer eine Art Prominentenstatus. Er ist mit der Verkäuferin Betta verhei ratet und Vater eines fast erwachsenen, ebenfalls schwimm begeisterten Sohnes. Als eines Tages sein Jugendfreund Lutz wieder in sein Leben tritt, gerät Henriks familiäres Glück jedoch ins Wanken. Lutz war in Jugendzeiten nicht nur sein Freund, sondern auch sein Liebhaber. Auf Druck der Verbandsfunktionäre beendete Henrik jedoch diese Beziehung und verleugnete fortan seine homosexuellen Neigungen. Erst Jahre nach der Heirat mit Betta und der Geburt des Sohnes Sebastian hat er heimlich angefangen, Schwulenclubs zu besuchen. Lutz hat keineswegs vor, seinen Ex-Freund zu diskreditieren. Nach langen Jahren auf See sucht er jetzt nur wieder dessen Nähe. Henrik weist ihn jedoch zurück, da er Angst vor Entdeckung hat. Um dennoch mehr über seine alte Liebe in Erfahrung zu bringen, sucht Lutz Betta in ihrem Kaufhaus auf und ver wickelt sie – als Kunde getarnt – ins Gespräch. Bei einem anschließenden Zusammentreffen vereinbaren Henrik und Lutz, sich nicht wiederzusehen – die Gefahr scheint zunächst einmal gebannt. Doch der Zufall will, dass Betta und Sebastian Henrik kurze Zeit später mit einem seiner heimlichen Lover ertappen. Für Betta bricht die Welt zusammen. Sie zwingt Henrik zu einer Aussprache, in der sie auch die Wahrheit über Lutz erfährt. Sebastian ist ebenfalls entsetzt. Er zieht zur Groß mutter und verweigert jeden weiteren Kontakt zum Vater. Betta hingegen kämpft verzweifelt darum, die Familie zusammenzuhalten. Vergeblich bemüht sie sich, zwischen Vater und Sohn zu vermitteln, und auch zu Lutz nimmt sie wieder Kontakt auf. In der Hoffnung, gemeinsam mit ihm einen Ausweg zu finden, lädt sie alle Betroffenen zu sich nach Hause ein. Doch nimmt dieser Abend eine für alle überraschende tragische Wendung … Kurzinhalt Henrik Bode war in seiner Jugend eine Hoffnung des deutschen Schwimmverbandes, doch einer der ganz Großen ist er nie geworden. Heute lebt er als Bademeister und Familienvater in Bremerhaven – und genießt in seiner Heimatstadt sogar noch eine Art Ex-Prominentenstatus. Als sein Jugendfreund Lutz wieder in sein Leben tritt, gerät Henriks kleinbürgerliches Glück jedoch ins Wanken. Lutz war früher nicht nur sein Freund, er war sein Lieb haber. Um seine Karriere nicht zu gefährden, hat Henrik sich damals von Lutz getrennt – und seine Homosexualität fortan nur noch heimlich ausgelebt. Lutz respektiert diese Entscheidung. Durch einen Zufall erfährt Henriks Frau Betta und der fast erwachsene Sohn Sebastian von Henriks Doppelleben. Beide sind zunächst entsetzt. Während Sebastian sich hasserfüllt vom Vater abwen det, sucht Betta verzweifelt nach einem Weg, die Familie zusammenzuhalten … Stab Buch Johannes Reben Regie Thorsten Näter Kamera Achim Hasse Schnitt Julia von Frihling Szenenbild Dietmar Linke Kostüm Petra Kilian Ton Frank Ahrens Produktionsleitung Ingrid Holzapfel Produzentin Heike Wiehle-Timm Redaktion Barbara Beauvais Besetzung Betta Bode Barbara Auer Henrik Bode Klaus J. Behrendt Lutz Lüken Oliver Bäßler Sebastian Bode Tom Schilling sowie Sebastian Urzendowsky, Sabine Orléans, Charly Hübner, Traudel Sperber, Dirk Laasch, Katharina Matz, Renato Grüning, Willi Allroggen, Micha Martin Lauterjung, Jörg Gillner, Dagmar Sachse, Günter Kütemeyer, Dorina Maltschewa, Anja Boche, Sven Fechner, Stefan Roschy, Lotte Letschert, Julian Sengelmann, Christian Concilio u. a. Drehzeit 18. Mai bis 19. Juni 2005 Drehorte Hamburg und Bremerhaven Länge 88’01’’ „Einfache Leute“ ist eine Produktion der RELEVANT FILM im Auftrag des NDR. | Einfache Leute Johannes Reben Drehbuch Autor Johannes Reben ist in Westfalen geboren und lebt in Berlin. Er studierte in Florenz und absolvierte als erster Deutscher die Hochschule für Film „Centro Sperimentale di Cinamatografia“ in Rom, die er mit einem Diplom abschloss. Für das Theater übersetzte er Goldoni und Machiavelli. Für das Fernsehen entwickelte er Drehbücher u. a. für die Filme „Unser Pappa“, „Verhängnisvolles Glück“ oder „Bei Thea“. Besonders beliebt beim Publikum ist Rebens Figur „Bruder Esel“ (gespielt von Dieter Pfaff), die in der gleichnamigen Serie das erste Mal 1996 auf dem Bildschirm zu sehen war. Mit „Reise nach Weimar“ näherte sich Johannes Reben auf sanfte und unterhaltsame Weise dem deutsch-deutschen Wiedervereinigungsproblem. Sein Händchen für ungewöhnliche Liebes- und Familien geschichten bewies er beispielsweise mit dem Fernsehfilm „Klaras Hochzeit“. Ebenfalls in einer gelungenen Mischung aus Humor und Dramatik erzählt Reben in „Herzens wünsche“ von kleinen Alltagssorgen und großen Plänen. Nun überzeugt Reben ein weiteres Mal mit dem Drehbuch zu „Einfache Leute“. Neben dem DAG-Preis in Gold wurde Johannes Reben mit dem Grimme-Preis und dem Bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet. Filmografie (Auswahl) Fernsehen 2006 Einfache Leute (Regie: Thorsten Näter) 2004 Unser Pappa, 3 Teile (Regie: Ilse Hofmann u.a.) 2001 Klaras Hochzeit (Regie: Christian Görlitz) 2000 Verhängnisvolles Glück (Regie: Thorsten Näter) 1999 Der Preis der Sehnsucht (Regie: Christian Görlitz) 1996 Bruder Esel, Serie (Regie: Stephan Meyer) Reise nach Weimar (Regie: Dominik Graf) 1994 In dieser Stadt daheim (Regie: Eberhard Itzenplitz u.a.) 1988 Bei Thea (Regie: Dominik Graf) 1985 Liebfrauen (Regie: Wolfgang Panzer) 1979 Einzelzimmer (Regie: Wolfgang Panzer) „An ein einfaches Happy End habe ich bei diesem Buch nie gedacht“ Johannes Reben Gespräch mit Autor Johannes Reben Wie ist es zu dem Fernsehfilm „Einfache Leute“ gekommen, was war Ihre Grundidee? Barbara Beauvais vom NDR und Heike Wiehle-Timm (Relevant Film) sind zu mir gekommen und haben mutig ein Drehbuch zum Thema „Verheirateter Schwuler um die Vierzig“ in Auftrag gegeben. Sie haben zwei hübsche Ideen mitgebracht, an die ich mich aber nicht halten muss te. Meine Geschichte ist mir nach und nach eingefallen. „Einfache Leute“ ist auch ein Film über vertane Chancen, Sprachlosigkeit, falsch gelebte Leben. Aus der Sicht des Regisseurs Thorsten Näter spielt die Frage der Sexualität in dem Film nur eine sekundäre Rolle. Wie sehen Sie das? Was ist für Sie das zentrale Thema des Films? „Einfache Leute“ ist ein Film über die Lüge. Das Zerstö rende der Lüge. Und gleichwertig damit ein Film über Sehnsucht, Liebe, Zärtlichkeit, Treue, Kampf, Hoffnung. Sexualität spielt wohl fast immer eine große Rolle. Wie haben Sie sich diesem Stoff genähert? Haben Sie Recherchen angestellt? Bei so einer Geschichte muss man den Mut haben, den Finger in die Wunde zu legen. Das tut weh. Ich bin nicht mehr der Jüngste und hab’ eine Menge erlebt. Zu recherchieren brauchte ich nicht. Um als Sportler in Deutschland Karriere zu machen, darf man nicht schwul sein, heißt es in „Einfache Leute“. Wie wichtig war Ihnen die gesellschaftspolitische Seite des Films? Die „gesellschaftspolitische Seite“ ist mir sehr wichtig. Beim Schreiben habe ich mich bemüht, ihr im Privaten ein starkes Fundament zu verschaffen. Das war mein Ding. Als Zuschauer in Großstädten wie Berlin wird man sich kaum vorstellen können, dass es heute noch so schwierig ist, sich zu seiner Homosexualität zu bekennen. Welche Rolle spielte für Sie dabei der Schauplatz Bremerhaven, also die Provinz? Bremerhaven kenne ich gut. Besonders ungewöhnlich ist die Reaktion der Frau auf die Tatsache, dass ihr Mann schwul ist … Die Frau, gespielt von der großen Barbara Auer, liebt Mann und Sohn. Haben Sie je an ein Happy End für eines der beiden Paare gedacht? An ein einfaches Happy End habe ich bei diesem Buch nie gedacht. Was da ist, scheint mir richtig. Haben Sie beim Schreiben bestimmte Schauspieler vor Augen gehabt, vielleicht sogar auf sie hin geschrieben? Ich stelle mir bei der Arbeit immer bestimmte Schauspieler vor. Für die schreib’ ich ja. Sonst wär’ ich vielleicht ein Romancier geworden. Die Besetzung ist dann aber klar Sache des Regisseurs. Und erst recht eines guten wie Thorsten Näter. Da darf und will ich nicht reinreden. Er hat ja auch diesmal wieder wundervolle Leute ausgesucht 10 | Einfache Leute Thorsten Näter Regie 1953 in Hamburg geboren, erhielt Thorsten Näter in den Jahren 1967 bis 1972 eine Ausbildung in den Fächern Violine, Viola und Klavier am Konservatorium Lübeck und an der Staatlichen Musikhochschule in Berlin, zeitweise parallel dazu in klassischem Tanz und Pantomime. Nach dem Abitur studierte er von 1974 bis 1978 an der Hoch schule für Fernsehen und Film, München. Seit 1978 arbeitet Näter als Autor, Regisseur und als Cutter und war fünf Jahre als Dozent für Schnitt an der dffb/Berlin tätig. 2002 wurde er mit seinem Bremer Tatort „Schatten“ für den Adolf-Grimme-Preis und den Fernsehfilmpreis der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste nominiert, 2003 mit seinem Film „Mit dem Rücken zur Wand“ für den Deutschen Fernsehpreis. 2004 erhielt er mit seinem Bremer Tatort „Abschaum“ eine Nominierung für das 1. FernsehKrimi-Festival Wiesbaden. Filmografie (Auswahl) Fernsehen 2006 Einfache Leute (Regie), NDR 2005 Doppelter Einsatz: Schatten der Vergangenheit (Buch/ Regie), RTL Die Abrechnung (Regie), ZDF Tatort: Atemnot (Buch), NDR Tatort: Requiem (Buch/Regie), Radio Bremen/WDR 2004 Tatort: Todesengel (Buch/Regie), Radio Bremen/ARD Degeto Doppelter Einsatz: Gefährliche Liebschaft (Buch/Regie), RTL 11 2003/04 Der Dicke – Serie für Dieter Pfaff 13 Folgen (Buch), NDR Wilsberg: Tödliche Freundschaft (Buch, Regie), ZDF 2003 Doppelter Einsatz: Harte Bandagen – Serie (Buch, Regie), RTL Bella Block: Hinter den Spiegeln (Buch, Regie), ZDF Tatort: Abschaum (Buch, Regie), Radio Bremen/ARD Degeto 2002 Tatort: Schatten (Buch, Regie), Radio Bremen/ARD Degeto Doppelter Einsatz: Langer Samstag – Serie (Buch, Regie), RTL Doppelter Einsatz: Heiße Fracht – Serie (Buch), RTL Bella Block: Kurschatten (Regie), ZDF 2001 Doppelter Einsatz: Im Visier der Bestie – Serie (Buch, Regie), RTL Doppelter Einsatz: Verraten und verkauft (Regie), RTL Mit dem Rücken zur Wand – Spielfilm (Buch, Regie), ZDF Hamburger Fernsehpreis 2002 2000 Verhängnisvolles Glück – Spielfilm (Regie), ZDF Doppelter Einsatz: Das Alibi – Serie (Regie), RTL Liebe.macht.blind. – Spielfilm (Regie), SWR/Degeto Tatort: Kalte Wut (Buch, Regie, Schnitt), Radio Bremen/ARD Degeto 1999 Die Außenseiter (Delta Team) – 2 Bücher für die Serie Racheengel – Spielfilm (Regie), ProSieben Club der Millionäre – Spielfilm (Regie), ProSieben 1998 Die Außenseiter (Delta Team) – Pilotfilm für eine Actionserie (Buch, Regie, Schnitt), ProSieben Bangkok – Ein Mädchen verschwindet – Spielfilm (Regie und Co-Autor), ProSieben 1997 Straßen von Berlin – 2 Folgen der ProSieben-Reihe (Regie, Schnitt), ProSieben Totalschaden – Spielfilm (Buch, Regie), NDR 1996 Frauen morden leichter – ZDF-Reihe (Specials, Regie), ZDF Gegen den Strom – Spielfilm (Buch, Regie, Schnitt), NDR Napoleon Fritz – Spielfilm (Co-Autor, Regie), NDR Flash – Videoclip (Buch, Regie, Schnitt) „Mit den hervorragenden Schauspielern wurden alle Klischees umschifft“ Thorsten Näter 13 Statements des Regisseurs Thorsten Näter Ich habe den Film „Einfache Leute“ als einen Traum erlebt, im positivsten Sinne. Soweit ich mich erinnern kann, ist es das schönste Drehbuch, das ich je verfilmen durfte. Wir haben erst beim Drehen bemerkt, was für eine Kraft aus der Einfachheit der Geschichte und der Dialoge erwächst. Das war Honig für die Schauspieler und natür lich auch für mich als Regisseur. Es ist so schön an dem Drehbuchautor Johannes Reben, dass es ihm gelingt, wichtige gesellschafts-politische Themen auf einer per sönlichen Ebene zu behandeln. Ich hoffe sehr, dass dieser Film zu einer Diskussion darüber führen wird, warum es für deutsche Sportler so schwierig ist, sich zu ihrer Homo sexualität zu bekennen. „Einfache Leute“ ist noch aus einem weiteren Grund un gewöhnlich: selten wird in einem deutschen Fernsehfilm Schwulsein so positiv dargestellt. Anders als in Amerika oder England ist bei uns die Schwelle zur Normalisierung noch nicht überschritten. Durch die Medien wird der Eindruck erweckt, wir tollen alle durch den „Käfig voller Narren“, dabei wird aber verdrängt, dass es außerhalb der Großstädte – und sogar schon in ihren Randbezirken – noch gefährlich sein kann, sich zu outen, weil es gesell schaftlich nicht anerkannt wird. Im deutschen Fernsehen sieht man entweder die Spaß-Tunte oder Schwulsein wird problematisiert, aber die Tatsache, dass Homosexualität ein normaler Teil der Gesellschaft ist, wird nicht reflektiert. Mich hat gereizt, mit diesen Sehgewohnheiten zu brechen. Damit der Zuschauer unsere Figuren auf ihrem schmerz haften Weg begleitet, war es wichtig, sie mit sympathischen Schauspielern zu besetzen. Bei der Figur des Henrik war der Sympathiefaktor am wichtigsten, weil er die Zuschauer sogar mit „in einen Darkroom“ nimmt. Klaus J. Behrendt war sofort bereit, diese Rolle zu übernehmen, auch weil er damit sein Image als starker Kerl und Frauenheld kon terkarieren kann. Mit den hervorragenden Schauspielern Klaus J. Behrendt, Barbara Auer, Oliver Bäßler und Tom Schilling – übrigens unsere Wunschbesetzung – wurden alle Klischees umschifft. 14 | Einfache Leute Barbara Auer ist Betta Bode Barbara Auer wurde in Konstanz am Bodensee geboren. Sie ist Mutter zweier Söhne und lebt heute in Hamburg. Von 1978 bis 1981 studierte sie an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Hamburg. Nach ihrem Diplom war sie für die unterschiedlichsten Rollen an diversen Theatern engagiert, darunter Mainz, Osnabrück und Wuppertal. 1999 bis 2001 stand sie in „Cyrano de Bergerac“ auf der Bühne des Wiener Burgtheaters, 2001 bis 2005 in „Drei Mal Leben“ (Regie: Ulrich Waller) auf der Bühne der Hamburger Kammerspiele und als Wieder aufnahme des St. Pauli Theaters. Bereits 1982 entdeckte sie Regisseur Alexander Kluge fürs Kino. Seitdem hat sie mit ihrer schauspielerischen Leistung in unzähligen Kino- und Fernsehfilmen brilliert. Beispiele sind „Liebe macht blind“ (Regie: Thorsten Näter), „Die Innere Sicherheit“ (Regie: Christian Petzold), der für den deutschen Filmpreis nominiert war, oder die NDR-Produk tion „Der Liebeswunsch“ (Regie: Torsten C. Fischer). Für ihre Rolle in Nico Hofmanns Film „Der große Abgang“ erhielt Barbara Auer den Telestar für die beste schauspie lerische Leistung im Bereich TV-Film. 15 Filmografie (Auswahl) Fernsehen 2006 Freundinnen (Regie: Maris Pfeiffer) Einfache Leute (Regie: Thorsten Näter) 2005 Nachtschicht IV (Regie: Lars Becker) 2004 Der Mörder meines Vater (Regie: Urs Egger) Schiller (Regie: Martin Weinhardt) 2003 Die andere Frau (Regie: Margarethe von Trotta) 2002 Weihnachtsmann gesucht (Regie: Uwe Janson) 2001 Liebe.Macht.Blind (Regie: Thorsten Näter) 1999 Kein Weg zurück (Regie: Volker Vogeler) 1995 Nikolaikirche (Regie: Frank Beyer) Reise nach Weimar (Regie: Dominik Graf) 1994 Der große Abgang (Regie: Nico Hofmann) 1991 Das Lachen der Maca Daraca (Regie: Dieter Berner) 1988 Der Boss aus dem Westen (Regie: Vivian Naefe) Kino 2005 Ich bin die andere (Regie: Margarethe von Trotta) Der Liebeswunsch (Regie: Thorsten C. Fischer) 2004 Ultima Thule – Eine Reise an den Rand der Welt (Regie: Hans-Ulrich Schlumpf) 2003 Sergeant Pepper (Regie: Sandra Nettelbeck) 2000 Die Innere Sicherheit (Regie: Christian Petzold) 1997 Weihnachtsfieber (Regie: Paul Harather) 1996 Maria (Regie: Einar Heimisson, Michael Röhrig) 1991 Meine Tochter gehört mir (Regie: Vivian Naefe) 1989 Herzlich Willkommen (Regie: Hark Bohm) 1982 Die Macht der Gefühle (Regie: Alexander Kluge) „‚Einfache Leute‘ ist kein Film darüber, dass es im deutschen Leistungssport keine Homo sexuellen geben darf. Er handelt auch vom Scheitern im Leben, von der Sprachlosigkeit“ Barbara Auer 17 Gespräch mit Barbara Auer Betta Bode kommt aus einfachen Verhältnissen, verfügt aber über eine große innere Stärke – ein Typ Frau, wie Sie ihn zwar selten, aber – z.B. in „Der große Abgang“ oder „Warten ist der Tod“ - mit großem Erfolg gespielt haben. Das sind für mich tolle, spannende Figuren! Bei der Rolle der Betta in „Einfache Leute“ hat der Autor Johannes Reben bereits beim Schreiben an mich gedacht. Wir hatten uns vor zehn Jahren kennen gelernt, als ich für „Reise nach Weimar“ vor der Kamera stand, einen Fernsehfilm, den Dominik Graf nach einem Drehbuch von Johannes Reben inszenierte. Nach dem Lesen des Drehbuchs wurde „Einfache Leute“ für mich sofort zum Wunschprojekt. Betta Bode ist eine besondere Rolle, der Film zeigt einen neuen Aspekt dieses Themenkreises und es war insgesamt eine sehr schöne Arbeit. Wie haben Sie sich der Figur genähert? Ich habe alles zusammen getragen, was ich zu diesem Thema finden konnte. Natürlich habe ich auch schwule Kollegen, aber unter den Schauspielern bekennen sich die meisten dazu, es ist nicht wie in „Einfache Leute“. Eine wichtige Grundlage war für mich das Buch „Mein Mann liebt einen Mann“ von Bettina von Kleist. Darin wird deutlich, dass viele Frauen bei ihren Männern bleiben oder es zumindest versuchen. Die Frauen haben die Männer nicht verurteilt oder sie beschimpft, was häufig geschieht, wenn eine fremde Frau bei einem Ehebruch im Spiel ist, sondern mit einer großen Toleranz reagiert. Viele haben die homosexuellen Beziehungen ihrer Männer akzeptiert, manche ertrugen sogar einen festen Freund neben sich, weil sie dadurch hofften, ihren Mann vom anonymen Sex in Darkrooms fernzuhalten. Es gab einige Frauen, die diese Beziehung bis ins Alter gelebt haben, sehr häufig mussten sie jedoch erkennen, dass es doch nicht geht. Aber natür lich bricht das Leben komplett auseinander, was auch hier der Fall ist. „Jetzt stehen wir das zusammen durch. Oder glaubst du, ich verschenk’ mein Leben?“, sagt Betta Bode zu ihrem Mann Henrik, nachdem sie herausfindet, dass er schwul ist. Konnten Sie diese Reaktion nachvollziehen? Ja. Betta Bode ist ja nicht unzufrieden mit ihrem Leben, mit ihrer Ehe. Sicher, es ist eine eingespielte Ehe, aber es ist keine schlechte. Sie hat keine Ahnung, was ihren Mann umtreibt, was für Nöte er hat – denn Henrik hat ja wirk liche Nöte. Liegt die Verantwortung für das Scheitern ihres Mannes bei der Gesellschaft, beim Schwimmverband oder bei ihm selbst? Es sind mehrere Faktoren, die zu seinem Scheitern geführt haben. Durch die gesellschaftliche Vorgabe ist er von vorneherein im falschen Fahrwasser, sie hat ihn verbogen, kaputt gemacht. Es hat ihn zermürbt, mit einer Lebens lüge zu leben. Dabei hat er ja noch Glück, er hat eine tolle Frau und einen guten Sohn. Aber auch das macht ihn kaputt, weil er denkt, das habe er nicht verdient. Am schlimmsten ist für ihn, dass sein Sohn ihn ablehnt, als er erfährt, dass Henrik schwul ist. Liebe, Sexualität, Schwule im Sport – „Einfache Leute“ schneidet vielen Themen an. Was ist aus Ihrer Sicht das zentrale Thema des Films? Die Themen überlagern sich, genauso wie die verschie denen Beziehungen. „Einfache Leute“ ist kein Film darüber, dass es im deutschen Leistungssport keine Homosexuellen geben darf. Er handelt auch vom Scheitern im Leben, von der Sprachlosigkeit. Welche Bedeutung hat der Schauplatz Bremerhaven? Einerseits ist es auch heute noch in den kleineren Städten für Schwule schwieriger, ihre Homosexualität zu leben. Andererseits hat der Drehort Bremerhaven eine große Normalität eingebracht. Der Titel „Einfache Leute“ steht auch dafür, dass jedem überall passieren kann, was Henrik und Betta geschieht. Bremerhaven war bis in die Siebziger jahre für viele Menschen ein Ort der Hoffnung, weil sie von dort aus in die Neue Welt aufgebrochen sind. Inzwi schen fliehen die Menschen aus Bremerhaven, weil es dort keine Arbeit mehr für sie gibt. Wenn Betta und ihr Sohn Sebastian am Fähranleger stehen, spürt man genau, dass dieser Ort keine Hoffnung mehr vermittelt. 18 | Einfache Leute Betta findet die Stadt trostlos und sehnt sich nach ihrer Heimat in Süddeutschland. Hat Ihnen der Dialekt, den Sie in „Einfache Leute“ sprechen, geholfen, die Figur mehr zu erden? Ist es Ihr Heimatdialekt? Der Dialekt hat mir sehr geholfen, eine Einfachheit, eine Direktheit zu transportieren. Dabei hat es sicher auch eine Rolle gespielt, dass man durch eine sprachliche Einfärbung seine eigenen Wurzeln stärker spürt. Johannes Reben hat den Dialekt in das Drehbuch eingebaut, weil er wusste, dass ich aus Süddeutschland stamme. Betta Bode ist aber aus Schwaben, ich bin aus Baden, der Dialekt ist also nur angelehnt. Hat Betta Bode durch die dramatischen Ereignisse letztlich auch etwas gewonnen, eine Wandlung durchgemacht? Ich weiß nicht, wie ihr Leben weitergeht, ob sie in ihre Heimat zurückkehren wird. Es gibt kein Happy End. Das wichtigste – und dabei hat Lutz ihr geholfen – ist, dass ihr Sohn Sebastian wieder ein bisschen mit seinem Vater versöhnt ist. Auf jeden Fall hat sie Kraft gewonnen, das sieht man auch daran, dass sie sich für den jungen, schwulen Schwimmer Nick einsetzt. Ist es tatsächlich noch so, dass man nicht schwul sein darf, wenn man als Sportler in Deutschland Karriere machen will? Ich kenne mich damit nicht wirklich aus, aber wenn man bedenkt, dass schon die dunkelhäutigen Fußballer von den Hooligans fertig gemacht werden, dann könnte ein schwuler Fußballer wohl kaum unbeschadet den Platz betreten. Was mir zu denken gibt: Es gibt so viele Fußballer, da ist es doch wahrscheinlich, dass der eine oder andere mit homosexuellen Neigungen dabei ist. Aber es gibt keinen, weit und breit … Wie war die Zusammenarbeit mit Klaus J. Behrendt, der zum ersten Mal einen Homosexuellen spielt und sich mit dieser Rolle auf eine Gratwanderung begibt? Klasse. Ich habe vor etwa 15 Jahren mit Klaus schon mal den Film „Judith“ gedreht, damals hatten wir aller dings nur wenige gemeinsame Szenen. Wir kennen uns auch privat und mögen uns, daher haben wir uns sehr gefreut, bei „Einfache Leute“ so intensiv miteinander arbeiten zu können. 19 Wie haben Sie die Arbeit mit Oliver Bäßler und Tom Schilling erlebt? Oliver Bäßler kannte ich noch nicht. Ich finde ihn hervor ragend. Er bringt eine Einfachheit und Direktheit ein. Durch ihn ist Lutz ein ganz toller Mensch. Lutz ist nicht verbogen. Er hat viele Risiken in Kauf genommen, um sein Leben wahrhaftig zu leben. Das macht es Betta auch so leicht, ihn nicht zu verurteilen. Und mit Tom zu dre hen war eine ganz besondere Freude, einfach weil er ein ganz großartiger Schauspieler ist und ich auch schon sehr gespannt auf ihn war, nachdem er mich schon einige Male in anderen Filmen beeindruckt hatte. Er lässt einen sehr nah rankommen beim Drehen, und das hat es für mich sehr spannend gemacht, obwohl wir auch viel zusammen gelacht haben. Was zeichnet Thorsten Näter als Regisseur aus? Thorsten Näter ist unglaublich gut vorbereitet und er weiß sehr gut über die Figuren Bescheid. Er weiß sehr genau, was er von einem Schauspieler will und kann es auch benennen – damit fordert er einen. Ich habe es genossen, dass er sich die Zeit für Leseproben und szenische Proben genommen hat, was heute leider nur noch sehr selten vorkommt. Der Regisseur Thorsten Näter sagte, er musste bei Ihnen in der Rolle der Betta immer an Kinoschauspielerinnen wie Anna Magnani denken, die erdverbunden und zugleich anbetungswürdig seien. Das sind Frauen, die ebenfalls zupacken. Der Vergleich ehrt mich natürlich – wobei ich, wenn ich Betta Bode in ihrem Laden sehe, nicht unbedingt zuerst an Anna Magnani denke (lacht). Betta Bode war selbst Leistungsschwimmerin. Haben Sie auch eine sportliche Ader? (lacht) Überhaupt nicht! Ich war froh, dass ich nicht ins Wasser musste! Was haben Sie zuletzt gedreht? Die NDR /ORF Ko-Produktion „Der Liebenswunsch“ von Regisseur Thorsten C. Fischer nach einem Roman von Dieter Wellershoff mit Jessica Schwarz, Ulrich Thomsen und Tobias Moretti kommt nächstes Jahr ins Kino. Das war sehr schön, weil es eine schöne Romanvorlage ist und auch eine spannende Geschichte, in der es eben falls um das Scheitern geht. Und danach habe ich für Margarethe von Trottas Kinofilm „Ich bin die andere“ vor der Kamera gestanden. 20 | Einfache Leute Klaus J. Behrendt ist Henrik Bode Der gebürtige Westfale (Jahrgang 1960) schlug vor seiner Filmkarriere zunächst einen anderen Weg ein: Aufgewachsen neben einer Zeche in Ibbenbüren, absol vierte er nach der Schule eine Ausbildung zum Berg mechaniker. Doch ein Leben lang unter Tage zu arbeiten war für Behrendt keine Perspektive. So begann er 1981 die Ausbildung an der Hedi Höpfner-Schauspielschule in Hamburg. Von 1985 bis 1988 war er im Theater am Goethe platz in Bremen engagiert. Seine erste große Fernseh-Rolle spielte Klaus J. Behrendt 1988 in Klaus Emmerichs Ruhrgebietssaga „Rote Erde“. Populär wurde der Wahlberliner als Tatort-Ermittler Max Ballauf. Ab 1992 spielte er für den Tatort des WDR neben Martin Lüttge achtmal den Assistenten. Im Herbst 1997 kehrte er zum Tatort zurück, und Max Ballauf wurde zum Chef der Kölner Mordkommission befördert, an seiner Seite Dietmar Bär alias Assistent Freddy Schenk. Im Jahr 2000 wurde Klaus J. Behrendt als bester Schau spieler mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. Zwei Jahre später erhielt der Fernsehfilm „Mein Vater“ neben dem Adolf-Grimme-Preis und dem Bayerischen Fernsehpreis auch den Emmy International Award. Die Idee zur Verwirklichung des Films stammte von Behrendt. Weitere Filme mit ihm in der Hauptrolle sind beispiels weise der Zweiteiler „Der Untergang der Pamir“ (2006), „Das Wunder von Lengede“ (2003), der die Goldene Kamera für den besten Film gewann, „Mein Vater“ unter der Regie von Andreas Kleinert, „Gefährliche Nähe“ (1996) und viele mehr. Filmografie (Auswahl) Fernsehen 2006 Einfache Leute (Regie: Thorsten Näter) Der Untergang der Pamir (Regie: Kaspar Heidelbach) 2005 Kanzleramt (Regie: Hans C. Blumenberg, Jacob Schäuffelen u. a.) Tatort Köln (seit 1996) (Regie: Niki Stein, Christiane Balthasar, Thorsten C. Fischer, Züli Aladag u.a.) 2004 Das Gespenst von Canterville (Regie: Isabel Kleefeld) 2003 Das Wunder von Lengede (Regie: Kaspar Heidelbach) Die Stunde der Offiziere (Regie: Hans-Erich Viet) Gestern gibt es nicht (Regie: Marco Serafini) 2002 Mein Vater (Regie: Andreas Kleinert) 1999 Mein Leben gehört mir (Regie: Christiane Balthasar) Verratene Freundschaft (Regie: Kaspar Heidelbach) 1998 Blutjunge Liebe (Regie: Niki Stein) 1997 Ferkel Fritz (Regie: Peter Timm) 1996 Appartement für einen Selbstmörder (Regie: Kaspar Heidelbach) Das Tor des Feuers (Regie: Kaspar Heidelbach) Ein Vater unter Verdacht (Regie: Markus Bräutigam) Gefährliche Nähe (Regie: Markus Bräutigam) 21 1995 A.S. (seit 1993), Serie (Regie: diverse) 1993 Tatort Düsseldorf (seit 1992), Serie (Regie: diverse) 1990 Leo & Charlotte (Regie: Kaspar Heidelbach) 1989/1988 Rote Erde (Regie: Klaus Emmerich) Kino 2004 Lorenz lacht (Regie: Daniel Walta) 2001 Karamuk (Regie: Sülbiye Günar) 1998 Kai Rabe gegen die Vatikankiller (Regie: Thomas Jauch) Polski Crash (Regie: Kaspar Heidelbach) „Das zentrale Thema ist das Doppelleben“ Klaus J. Behrendt 23 Gespräch mit Klaus J. Behrendt Obwohl Sie im Laufe Ihrer Karriere sehr viele unterschied liche Rollen gespielt haben, werden die meisten Zuschauer Sie als taffen „Tatort“-Kommissar kennen. Nun verkörpern Sie zum ersten Mal einen Homosexuellen. Hatten Sie zunächst Bedenken, ob man Ihnen diesen schwulen Bademeister und gescheiterten Menschen Henrik Bode in „Einfache Leute“ abnehmen wird? Nein. Mich hat die Herausforderung gereizt, ob es mir gelingt, diese Figur zu knacken, also glaubwürdig darzu stellen – auch für die Zuschauer, die schwul sind. Das war meine Antriebsfeder. Die Rolle ist eine Gratwanderung: Macht man zu wenig, ist man feige, macht man zuviel, droht das Klischee. Wie haben Sie sich der Rolle genähert? Nur über mein Bauchgefühl. Ich gehe nicht jeden Tag in Darkrooms, das ist nicht mein Ding. Ich liebe nun mal die Frauen, das ist auch gut so. Meine Fantasie hat mir geholfen: Wie stelle ich mir das Leben dieses Menschen vor? Die Traurigkeit seines Lebens? Es gibt in seinem Leben keine Romantik mehr. Auch die Romantik, sich auf eine gleichgeschlechtliche Beziehung einzulassen, die viel Schönes beinhaltet, existiert für ihn nicht mehr. Es geht nur noch ums Ficken. Waren die Sexszenen in gewisser Weise eine Angstpartie? Eine Angstpartie waren sie nicht. Es war für mich das erste Mal, das ich Sexszenen mit einem Mann gedreht habe und ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, so was schüttle ich aus dem Ärmel. Natürlich war ich unsicher. Ich glaube, das wäre jeder gewesen. Kann man heute als Schauspieler eigentlich alles spielen? Oder haben Sie darüber nachgedacht, ob die Rolle Ihr Image schädigen könnte? Es gibt wunderbare Filme, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Wenn man die Filmgeschichte betrachtet, sieht man, dass „Philadelphia“ für Tom Hanks genauso wenig imageschädigend gewesen ist wie „Die Konse quenz“ für Jürgen Prochnow. Wenn man glaubwürdig ist, kann man jede Rolle spielen. Man darf sie nur nicht ins Lächerliche ziehen, sondern muss die Achtung und den Respekt vor ihr bewahren. Das war sicher bei der Figur Henrik Bode schwierig, weil er sich selbst hasst. In einer Szene sagt er: „Mein Leben ist kaputt. Ich bin ein kaputtes Schwein geworden.“ Wie findet man sich als Schauspieler in so eine Figur hinein? Wieder über den Bauch, aber auch über den Kopf, also die Frage, wie weit man diesen Menschen versteht. Henrik Bode ist eine tragische, arme Figur und im Endeffekt auch wahnsinnig einsam. Man darf ja auch nicht vergessen, wo er lebt. In Metropolen wie Hamburg, Berlin, Köln oder Frankfurt ist es oft eine Selbstverständlichkeit, dass Män ner ihr Schwulsein ausleben, aber im ländlichen Bereich sieht das anders aus. Es gibt männlich dominierte Berufe wie den Leistungssport – etwa die Bundesliga –, die Polizei oder die Bundeswehr, wo sich nie Männer zu ihrer Homo sexualität bekennen, sondern sich leider immer noch in ein Doppelleben flüchten. Das ist ein trauriges Kapitel. Haben Sie die Szene geprobt oder sich rein auf die Anweisungen des Regisseurs Thorsten Näter verlassen? Ich habe mich auf mein Gefühl, auf den Mitspieler Sven Fechner, auf die Regie und auf die Kamera verlassen. Ist aus Ihrer Sicht die Gesellschaft, also der Schwimm verband, für das Scheitern von Henrik Bode verantwortlich oder er selber? Die Gesellschaft übt sicherlich einen gewissen Druck aus, aber es liegt auch am Einzelnen. Wie kräftig er ist und wie sehr er sich dagegen stemmen kann. Henrik ist es nie gelungen, zu seinen Neigungen zu stehen. Wie war es, in einem echten Darkroom zu drehen? Das war interessant. Das ist ja der Vorteil an der Arbeit beim Film, dass man in Räumlichkeiten hineinkommt, zu denen man sonst keinen Zugang hat. Ich war noch nie in einem Darkroom und habe mir immer vorgestellt, dass es nur ein dunkler Raum ist. Tatsächlich ist dieser Dark room wie ein kleines Labyrinth, und in Schwanzhöhe sind überall in die Wände Löcher gebohrt. Als sein Sohn die Homosexualität des Vaters vehement ablehnt, gibt das Henrik Bode den Rest, er verliert jeglichen Lebensmut. Das ist natürlich auch bitter. Er hängt wie jeder Vater an seinem Sohn. Als die Freunde aus dem Schwimmverein seinem Sohn stecken, wie sein Vater ihnen in der Dusche auf die Hintern starrt, ist Henrik völlig überfordert, sich auszusprechen. Er weiß gar nicht, wo er anfangen soll, 24 | Einfache Leute den Scherbenhaufen, den er hinterlassen hat, zu kitten. Das sieht man ja auch bei dem Versöhnungsversuch mit seiner Ehefrau, bei dem er jämmerlich scheitert. „Einfache Leute“ schneidet viele Themen an wie Liebe, Sexualität, Schwule im Sport. Was ist aus Ihrer Sicht das zentrale Thema des Films? Oder ist es ein Zusammenspiel der Themen, das den Film ausmacht? Es ist ein Zusammenspiel, aber das zentrale Thema ist das Doppelleben. Das gibt es, glaube ich, innerhalb unserer Gesellschaft sehr häufig. Nach außen wird ein FriedeFreude-Eierkuchen-Familienleben mit Frau und Kindern geführt, aber klammheimlich sind andere Neigungen da. Das finde ich nicht schlimm, ich finde es nur traurig. Dass immer dieser Schutzmantel gebraucht wird, dieses Versteckspiel. Wäre aus Ihrer Sicht ein Happy End für eines der Paare aus „Einfache Leute“ denkbar gewesen? Ich weiß es nicht. Henrik wurden goldene Brücken gebaut. Aber für ihn hat sein Leben immer anders ausgesehen. Für ihn war sein Leben immer ein großes Versteckspiel. Und sicherlich hat dieses Versteckspiel auch einen großen Reiz gehabt, wie man sieht, wenn er sich diesen „Leder-Luis“ an seine Arbeitsstätte bestellt. Der Regisseur Thorsten Näter wünscht sich, dass dieser Film, der vermutlich polarisieren wird, Diskussionen auslöst. Hoffentlich! Ich hoffe, dass er gerade in den ländlichen Regionen oder in den Kleinstädten zu Diskussionen führen wird. Wenn man z.B. Bremerhaven nimmt, wo wir gedreht haben: Dort gibt es 26 Prozent Arbeitslosigkeit, von 19 Werften existieren noch eineinhalb, die Rechte ist stark, das ist ein hartes Pflaster. Dass der Film in solchen Städten auch polarisieren wird, ist klar. Wie war die Zusammenarbeit mit Thorsten Näter und Ihren Schauspiel-Kollegen? Sehr angenehm, der Film war unsere „Jungfernfahrt“ – wir haben zum ersten Mal zusammen gearbeitet. Thorsten Näter hat eine brillante Art und Weise, Schauspieler zu führen. Er führt sie extrem leise und vermittelt überhaupt keinen Druck, er öffnet sie und erreicht dadurch ein Maxi mum an Leistung. Mit allen Kollegen war es eine wunderschöne Arbeit. Es hat richtig Spaß gemacht. Mit Barbara Auer hatte ich den Film „Judith“ gedreht, mit Tom Schilling den „Tatort: Kinder der Gewalt“ von Ben Verbong, nur Oliver Bäßler kannte ich noch nicht. Sie waren u. a. in „Kanzleramt“ und „Das Gespenst von Canterville“ zu sehen, haben z. B. „Der Untergang der Pamir“ und „Tatort“ gedreht. Sind Sie zufrieden damit, wie Ihre Karriere verläuft? Natürlich. Ich habe inzwischen 150 Filme gedreht und viel Theater gespielt. Es ist sehr schön, wenn man die Farb palette, die man drauf hat, auch zeigen kann. Vom Bullen über den Kanzler, den Sohn eines an Alzheimer erkrankten Vaters oder jetzt den Bademeister konnte ich viele Facet ten zeigen. Viele Filme waren keine leichte Kost, das ist auch gut so. Ich verstehe mich als Geschichtenerzähler, dabei darf man das Publikum nicht unterschätzen. Das Publikum ist sehr anspruchsvoll, und wenn man dann noch polarisierende Geschichten macht, ist es wunderbar. 25 26 | Einfache Leute Oliver Bäßler ist Lutz Lüken Filmografie (Auswahl) Fernsehen 2006 Abschnitt 40 (durchgängige Rolle), (Regie: Florian Kern) Vom Ende der Eiszeit (Regie: Friedemann Fromm) Einfache Leute (Regie: Thorsten Näter) Notruf Hafenkante (Regie: Bernhard Stephan) 2005 Nachtschicht IV – Der Ausbruch (Regie: Lars Becker) K3 – Kripo Hamburg, seit 2003, (Regie: Friedemann Fromm, Marcus Weiler) Oliver Bäßler wurde an der angesehenen Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in seiner Heimatstadt Berlin ausgebildet. Danach führten ihn seine TheaterEngagements zum Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin und ans Staatstheater Cottbus. Hier war er u. a. in Andreas Dresens Inszenierung von „Puntila und sein Knecht“ zu sehen. Es folgten weitere Engagements am Deutschen Theater Berlin und seit 2005 am National theater Mannheim, wo er für Jens-Daniel Herzog in „Un schuld“ spielte und zur Zeit in „Othello“ auf der Bühne steht. Zu seinen eigenen Regiearbeiten zählt das Stück „Diener zweier Herren“ für das Theater Gera. 2004 Wink des Himmels (Regie: Karola Hattop) Tatort: Inside Out (Regie: Christoph Stark) 1998 gab Oliver Bäßler sein Kino-Debüt in Andreas Dresens preisgekröntem Kinofilm „Nachtgestalten“, in dem das Schicksal unterschiedlicher Figuren im nächtlichen Groß stadtdschungel Berlins geschildert wird. Dort spielte Bäßler die Rolle des Jochen, eines gutmütigen, aber naiven jungen Mannes vom Lande. Weitere Kinofilme mit dem vielseitigen Schauspieler sind „FC Venus – Frauen am Ball“, der im Frühling dieses WM-Jahres startete, Christian Züberts Film „Der Schatz des weißen Falken“, „Der Brief des Kosmonauten“ sowie Lenard Krawinkels „Sumo Bruno“. Auch im Fernsehen hat Oliver Bäßler bemerkenswerte Rollen bekleidet. So wirkte er in den NDR-Produktionen „Vom Ende der Eiszeit“ und dem „Polizeiruf 110 – Verloren“ mit. In der NDR-Krimi-Reihe „K3 – Kripo Hamburg“ gehört er zum festen Kommissar-Team. Außerdem war Bäßler in „Wink des Himmels“ unter der Regie von Karola Hattop, im Tatort „Inside Out“ und in Martin Enlens Fernsehfilm „Gefährliche Gefühle“ zu sehen. 2000 Stubbe (Regie: Richard Engel) 2003 Der weiße Afrikaner (Regie: Martin Enlen) Gefährliche Gefühle (Regie: Martin Enlen) Polizeiruf 110: Verloren (Regie: Andreas Kleinert) 2002 Liebe in letzter Minute (Regie: Martin Enlen) Mehr als Alles (Regie: Richard Engel) Kino 2005 FC Venus – Frauen am Ball (Regie: Ute Wieland) 2004 Der Schatz der weißen Falken (Regie: Christian Zübert) 2001 Der Brief des Kosmonauten (Regie: Vladimir Torbica) 1999 Sumo Bruno (Regie: Lenard Fritz Krawinkel) 1998 Nachtgestalten (Regie: Andreas Dresen) 27 Tom Schilling ist Sebastian Bode Tom Schilling gehört zu den talentiertesten Jungschau spielern in Deutschland. Bereits im Alter von 12 Jahren entdeckte ihn Regisseur Thomas Heise auf dem Schulhof und engagierte ihn vom Platz weg für das Theaterstück „Im Schlagschatten des Mondes“ am Berliner Ensemble. In den darauf folgenden Jahren trat Tom Schilling neben der Schule mehrmals an der renommierten Bühne auf und war so in „Monsieur Verdoux“, „Der Ingwertopf“, „Das Leben des Galilei“ und in „Prinz von Homburg“ zu sehen. Sein Fernsehdebüt gab Tom Schilling mit 16 Jahren in Ben Verbongs Tatort „Kinder der Gewalt“. Im selben Jahr hatte er seinen ersten Kinoauftritt („Schlaraffenland“). Nur zwei Jahre später wurde er für seine großartige schau spielerische Leistung in „Crazy“ mit dem Bayerischen Filmpreis als bester Nachwuchsdarsteller geehrt. Auch weiterhin überzeugte Tom Schilling in anspruchsvollen Rollen. So stand er beispielsweise für Oskar Roehler in „Agnes und seine Brüder“, für Dennis Gansel in „Napola“, für den Tatort „Wo ist Max Gravert?“ oder zuletzt für den Kinofilm „Joy Division“ vor der Kamera. Zu Beginn des letzten Jahres feierte Oskar Roehlers Verfilmung des Michel Houellebecq-Romans „Elementarteilchen“ auf der Berlinale Weltpremiere. Hier ist Tom Schilling an der Seite von Moritz Bleibtreu, Nina Hoss und weiteren populären Schauspielern zu sehen. Filmografie (Auswahl) Fernsehen 2006 Einfache Leute (Regie: Thorsten Näter) 2004 Tatort: Wo ist Max Gravert? (Regie: Lars Kraume) Die letzte Schlacht (Regie: Hans Christoph Blumenberg) 2001 Tatort: Tot bist du (Regie: Diethard Küster) Weil ich gut bin (Regie: Miguel Alexandre) 1998 Tatort: Kinder der Gewalt (Regie: Ben Verbong) Kino 2005 Joy Division (Regie: Reg Travis) Elementarteilchen (Regie: Oskar Roehler) Tour exzessiv (Regie: Detlef Bothe) 2003 Napola (Regie: Dennis Gansel) Agnes und seine Brüder (Regie: Oskar Roehler) Egoshooter (Regie: field recordings (Christian Becker und Oliver Schwabe)) 2002 Verschwende deine Jugend (Regie: Benjamin Quabeck) 2000 Herz über Kopf (Regie: Michael Gutmann) 1999 Der Himmel kann warten (Regie: Brigitte Müller) Crazy (Regie: Hans-Christian Schmidt) 1998 Schlaraffenland (Regie: Friedemann Fromm) | www.DasErste.de Herausgeber: Redaktion: Bildredaktion: Bildnachweis: Fotos: Interviews: Mitarbeit: Grafik-Design: Druck: Pressekontakt: | www.ard-foto.de NDR Presse und Information Iris Bents Bettina von Kempski © NDR / Christine Schroeder www.ard-foto.de, Passwort erhältlich über die Fotoredaktion, Tel 040/41 56-23 05 Sabine Weiß Anja Meier Klasse 3b, Hamburg Bartelsdruck GmbH, Lüneburg NDR Presse und Information Iris Bents, Tel. 040/41 56-23 00, Fax 040/41 56-21 99, presse@ndr.de, www.ndr.de/presse