Unterrichtsentwicklung im Berufskolleg - Lehrerfortbildung
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Unterrichtsentwicklung im Berufskolleg - Lehrerfortbildung
Bezirksregierung Lehrerfortbildung in der Region Unterrichtsentwicklung im Berufskolleg Band 1: Konzept Birgit Baumgarten Eberhard Bolte Annegret Deimel Ilona Dobat Wolfgang Irmer Marlise Hübner Matthias Keiser Horst Klüter Karl-August Krenzer Stefanie Mersch Christa-Maria Moecke Anja Schwarzelühr Detmold, Juli 2003 Detmold Redaktion: Bezirksregierung Detmold Dezernat 46 Lehrerfort- und -weiterbildung Horst Klüter Leopoldstraße 15 32756 Detmold ( 05231 - 71 4604 Fax 05231 - 71 4699 email horst.klueter@brdt.nrw.de Internet www.lehrerfortbildung.brdt.nrw.de © Bezirksregierung Detmold 2003 Unterrichtsentwicklung im Berufskolleg 3 Inhaltsverzeichnis Vorwort 5 Einleitung 6 1 Grundlagen der Unterrichtsentwicklung 7 1.1 Handlungsorientierung 8 1.2 Lernfelddidaktik 11 1.3 Eigenverantwortliches Arbeiten 13 2 Umsetzung zu einem Unterrichtskonzept 17 2.1 Elemente der didaktisch-methodischen Jahresplanung 17 2.2 Modell zur Erstellung von Lernsituationen 18 2.3 Qualifizierung zum eigenverantwortlichen Arbeiten 23 3 Konzept für die Fortbildung von Kollegien 27 3.1 Erfahrungen mit bisher angebotenen Fortbildungen 27 3.2 Inhalte zukünftiger Fortbildungen 28 3.3 Zeitumfang 28 3.4 Zielgruppe 29 3.5 Organisation 29 3.6 Evaluation 29 Anlage 30 Literaturverzeichnis 31 Unterrichtsentwicklung im Berufskolleg 5 Vorwort Das Berufskolleg vereinigt Bildungsgänge der Berufsschule, der Berufsfachschule, der Fachoberschule und Fachschule. Der für alle gemeinsame Bildungsauftrag besteht in der Vermittlung einer umfassenden beruflichen, gesellschaftlichen und personalen Handlungskompetenz. Die Bildungsgänge führen zu konkreten beruflichen Qualifikationen; in dieser Ausrichtung geht die Bildungsarbeit über einen allgemeinen Auftrag hinaus. Das vorliegende Konzept „Unterrichtsentwicklung im Berufskolleg“ berücksichtigt die besonderen Anforderungen; es trägt dem Rechnung, dass Vorgaben auf Bundes- und Landesebene zu berücksichtigen sind und permanente Rückwirkungen aus dem konkreten Berufsleben die zu erreichenden Standards bestimmen. Zentrale berufspädagogische Ausgangspunkte für die Arbeit im Berufskolleg sind die KMK Rahmenlehrpläne für die jeweiligen Ausbildungsberufe. Hiernach ist die Lernfelddidaktik verbindlich umzusetzen. Dies hat weitreichende Folgen für die Unterrichtsplanung, -durchführung sowie -evaluation. Im Rahmen von didaktischen Jahresplanungen ist die Folge von Lernsituationen zu bestimmen, welche die Förderung einer umfassenden Handlungskompetenz ermöglichen. Die Bedeutung fachsystematischer Strukturen tritt gegenüber handlungssystematischen Strukturen sehr deutlich zurück. Die pädagogische und didaktische Arbeit im Bildungsgang kann nur gelingen, wenn alle im Bildungsgang unterrichtenden Lehrkräfte gemeinsam und abgestimmt vorgehen. Zum Ausbau und zur Optimierung der erforderlichen Teamstrukturen sind – auf Wunsch der einzelnen Berufskollegs oder von Bildungsganggruppen – bereits seit einigen Jahren Moderatorinnen und Moderatoren im Einsatz. Sie leisten auch konkrete Unterstützung bei der Entwicklung didaktischer Jahresplanungen sowie bei der Umsetzung handlungsorientierten Unterrichtes. Im vorliegenden Konzeptansatz ist es gelungen, den Aspekt des eigenverantwortlichen Arbeitens aus dem Projekt „Schule & Co“ in die bisherigen Ansätze zur Lernfelddidaktik und Handlungsorientierung zu integrieren. Dabei ist die Vermittlung der Methoden-, Kommunikations- und Teamkompetenz „spiralcurricular“ berücksichtigt und über die Abfolge der Lernfelder hinweg einzelnen Handlungsphasen innerhalb der Lernsituationen zugeordnet. Das Konzept „Unterrichtsentwicklung im Berufskolleg“ gibt den Lehrerinnen und Lehrern eine Orientierung für die unterrichtliche Bildungsgangarbeit und bietet Anregungen und Hilfen auf dem Weg zur Erreichung der bundes-, landes- und bezirksweit gültigen Standards. Ich danke den beteiligten Lehrkräften für die geleistete Arbeit und für die Bereitschaft, die Umsetzung in der Region zu unterstützen. Dr. Robert Kirchhof, LRSD Leiter Dezernat 45 Berufskolleg 6 Unterrichtsentwicklung im Berufskolleg Einleitung Seit 1996 werden alle neugeordneten Berufe im dualen System auf Bundesebene nach dem Lernfeldkonzept konzipiert. Begleitend dazu hat das Land NRW eine unterstützende Fortbildungsmaßnahme zur Bildungsgangentwicklung in Berufsschulen konzipiert. Diese schulinterne, bildungsgangbezogene Fortbildung beschränkte sich in der Regel auf die didaktische Veränderung der Curricula und setzte den mit dem Lernfeldkonzept verbundenen Anspruch des handlungsorientierten Unterrichts nur unzureichend um. Zwischen 1997 und 2002 wurde in "Schule & Co", dem gemeinsamen Projekt von Ministerium für Schule und Weiterbildung und Bertelsmann-Stiftung in den Regionen Herford und Leverkusen, basierend auf dem Konzept der Unterrichtsentwicklung von Dr. H. Klippert ein Fortbildungskonzept zur Vermittlung von eigenverantwortlichem Lernen und Arbeiten entwickelt. Mit dieser – ebenfalls schulintern und bildungsgangbezogen – aber eher methodisch orientierte Fortbildung können die Ansprüche des handlungsorientierten Unterrichts konsequenter umgesetzt werden. Unter dem Dach des Projekts "Selbstständige Schule" wurde im Schuljahr 2002/2003 in der Bezirksregierung Detmold eine Planungsgruppe installiert, die den Auftrag hatte, die beiden Konzepte zur Unterrichtsentwicklung zu einem didaktisch-methodischen Konzept zur Unterrichtsentwicklung an Berufskollegs zusammen zu führen und zu einem zukunftsträchtigen, integrierten Fortbildungsmodell für diese Schulform weiter zu entwickeln. Die Planungsgruppe, bestehend aus acht Bildungsgangmoderatorinnen bzw. -moderatoren und vier Trainerinnen bzw. Trainern für Unterrichtsentwicklung, arbeitete unter der Leitung des Dezernats 46. Nach einer Informationsphase über die jeweiligen Ziele, Inhalte und Organisationsstrukturen der beiden o. g. Fortbildungskonzepte sowie einer Phase gegenseitiger Fortbildungen wurde das vorliegende Konzept erstellt. Auf der Grundlage dieses Konzeptpapiers ist die Veröffentlichung eines Beispielbandes für den Herbst vorgesehen. Grundlagen der Unterrichtsentwicklung 1 7 Grundlagen der Unterrichtsentwicklung Berufskollegs als „pädagogische Handlungseinheiten“ können im Rahmen der Lehrpläne weitgehend selbst ihre Entwicklung planen, steuern und überprüfen. Die Unterrichtsentwicklung stellt den Kern der selbstverantworteten Schulentwicklung dar. Schulentwicklung Unterrichts entwicklung Bildungsgangarbeit Didaktisch-methodische Jahresplanung Unterrichtliche Umsetzung Entwicklungen beruhen immer auf Anforderungen, für die Handlungsansätze gefunden werden müssen. Eine für alle Bildungsgänge verbindliche wesentliche Anforderung ist die handlungsorientierte Gestaltung des Unterrichts. Die Lernfelddidaktik der Lehrpläne der neuen und neugeordneten Berufe setzt die Rahmenbedingungen für den handlungsorientierten Unterricht. Zur Umsetzung der Handlungsorientierung sind die Berufskollegs herausgefordert, Curriculumarbeit zu leisten. Die lernfeldstrukturierten Lehrpläne sind dabei durch handlungsorientierte Lernsituationen auszugestalten. Auf der einen Seite müssen Lehrerinnen und Lehrer Lernsituationen in den Phasen des handlungsorientierten Unterrichts strukturieren und durchführen, auf der anderen Seite müssen die Schülerinnen und Schüler befähigt werden, eigenverantwortlich zu arbeiten und zu lernen. Hierzu ist ein gezieltes Methoden- und Kommunikationstraining und die Teamentwicklung im Klassenraum erforderlich. Die Curriculumarbeit ist Aufgabe der Bildungsgänge bzw. der Teilbildungsgänge. Lehrerinnen und Lehrer, die gemeinsam in einem Bildungsgang unterrichten, übernehmen damit Verantwortung für die Unterrichtsplanung und Durchführung. Die didaktisch-methodische Jahresplanung ist die verbindliche Zielvereinbarung über Prozesse und Ergebnisse in einem Bildungsgang. Aber erst die unterrichtliche Umsetzung der Zielvereinbarung zeigt, wie weit die didaktisch / methodischen Herausforderungen verwirklicht werden und wie erfolgreich sie sind. Evaluation zur Qualitätssicherung und -entwicklung der Unterrichtsarbeit setzt auf dieser Ebene an. Die Umsetzung der Handlungsorientierung stellt eine Weiterentwicklung des Unterrichts dar. Diese Entwicklung und die sich hieraus ergebenen Personal-, Organisations- und Strukturentwicklungen sind wesentlich für die eigenverantwortliche Schulentwicklung. 8 Grundlagen der Unterrichtsentwicklung 1.1 Handlungsorientierung „Ziel des Unterrichts im Berufskolleg ist die Entwicklung von Handlungskompetenz. Dies erfordert die Orientierung des Unterrichts an Handlungen, insbesondere am Bearbeiten beruflicher Aufgaben- und Problemstellungen. In diesem Zusammenhang wird mit Handlungsorientierung das didaktische und lernorganisatorische Konzept für die Gestaltung des Unterrichts bezeichnet.“1 Fachkompetenz Lernkompetenz Humankompetenz Sozialkompetenz Abb. 2: Handlungskompetenz Handlungsorientierter Unterricht – als vollständige Handlung – gliedert sich in Phasen, die der Handelnde selbstständig oder kooperativ bewältigt. Im Folgenden werden die einzelnen Handlungsphasen dargestellt, die der weiteren Unterrichtsentwicklung zu Grunde gelegt werden. Ausgangspunkt: Konfrontation mit einer Handlungssituation (Lernsituation) Durch ein Szenario mit Aufforderungscharakter wird das Interesse der Schülerinnen und Schüler geweckt werden. Im Sinne von fächerübergreifendem und handlungsorientiertem Arbeiten ist es wünschenswert, dass diese Phase gemeinsam von allen an der Lernsituation beteiligten Lehrkräften durchgeführt wird. 1 MSWWF ( Hrsg. ): Lehrplan für die Berufsschule in NRW Handlungsorientierung 9 Handlungsphase 1: Problembeschreibung - Problemanalyse - Zielbeschreibung Diese Phase zeichnet sich durch Offenheit aus. Sie erfordert hohe assoziative, kreative und strukturierende Fähigkeiten. Die Schülerinnen und Schüler müssen Dissonanzen/Probleme erkennen, beschreiben, analysieren, ein gemeinsames Ziel (mit überprüfbaren Kriterien – siehe Handlungsphase 5) formulieren. Dafür müssen sie einzelne Problemaspekte sammeln, differenzieren, zusammenfassen und gewichten. Handlungsphase 2: Planung und Erarbeitung von Lösungsalternativen Die Schülerinnen und Schüler überlegen in dieser Phase Lösungswege, Teilschritte ihres Vorgehens und wenden entsprechende Planungsmethoden an. Sie berücksichtigen hierbei Reihenfolge, Zeit, Arbeitsteilung, Ressourcen u.a.. Ziel ist, Lösungsalternativen für eine Auswahl vorzubereiten. Handlungsphase 3: Entscheidung für eine bestimmte Vorgehensweise Die Schülerinnen und Schüler müssen durch den Austausch von Erfahrungen und Strategien zu einer Entscheidung kommen. Dazu sind Kommunikationsfähigkeit und Teamfähigkeit Voraussetzung. Für die tatsächliche Entscheidung müssen sie die Folgen von Sozialformen für die weitere Arbeit abschätzen und fähig sein, Handlungen zu reflektieren. Handlungsphase 4: Ausführung nach der geplanten Vorgehensweise In dieser Phase setzen die Schülerinnen und Schüler die Planungsvorgaben um. Dazu ist Lernkompetenz Voraussetzung. Handlungsphase 5: Präsentation, Reflektion, Beurte ilung/Bewertung, Dokumentation Die Schülerinnen und Schüler wenden Visualisierungstechniken an und beachten beim Vortrag Rhetorik und Körpersprache. Bei der Dokumentation beachten sie formale Kriterien, ein ansprechendes Layout und die notwendige inhaltliche Stringenz. Die Schülerinnen und Schüler überprüfen die in der Zielbeschreibung formulierten Kriterien, geben/nehmen angemessenes Feedback in Bezug auf den Arbeitsprozess, das Ergebnis (Präsentation/Dokumentation) sowie die Praxisrelevanz. 10 Grundlagen der Unterrichtsentwicklung Handlungsphase 1: Problembeschreibung, Problemanalyse, Zielbeschreibung Handlungsphase 5: Präsentation, Reflektion, Beurteilung / Bewertung , Dokumentation Handlungsphase 4: Ausführung nach der geplanten Vorgehensweise Handlungsphase 2: Planung und Erarbeitung von Lösungsschritten Handlungsphase 3: Entscheidung für eine bestimmte Vorgehensweise Abb. 3: Phasen des Handlungsorientierten Unterrichts 2 Bei der Analyse der Handlungssituation ist zu entscheiden, welche dieser Phasen zur Erreichung des Handlungsziels erforderlich sind. Die Umsetzung von Handlungsorientierung führt bei Lehrerinnen und Lehrern zu folgenden Veränderungen: 2 • Sie werden von Wissensvermittlern zu Lernprozessbegleitern, • sie unterrichten fächerübergreifend, • sie arbeiten in Klassenteams, • sie unterrichten prozess- und produktorientiert und • sie vermitteln Lernkompetenz bzw. befähigen zu eigenverantwortlichem Arbeiten. vgl. Hurtz, Reemann, Hansmann, Goebel: Handlungsorientiertes Lernen in Schule und Betrieb, Bezirksregierung Köln und RWTH Aachen, 1992 Lernfelddidaktik 1.2 11 Lernfelddidaktik Die Lernfelddidaktik zielt darauf ab, auf curricularer Ebene die Entwicklung einer umfassenden Handlungskompetenz der Schülerinnen und Schüler zu fördern. Auswahl und Strukturierung von Unterrichtsinhalten erfolgt in diesem Konzept nicht primär durch Orientierung an klassischen Unterrichtsfächern oder wissenschaftlichen Disziplinen/Teildisziplinen sondern durch Orientierung an Handlungsfeldern der Ausbildungsberufe. Damit stützt das Lernfeldkonzept besonders handlungsorientierte Ansätze und die Gestaltung ganzheitlicher berufsorientierter Lehr-/Lernprozesse im Unterricht. Die zentralen Strukturierungsmerkmale sind: • Handlungsfelder • Lernfelder • Lernsituationen Ausgangspunkte sind die beruflichen Tätigkeiten und Handlungen eines Berufes, die zu Handlungsfeldern zusammengefasst werden. Dieses sind zusammengehörige Aufgabenkomplexe mit beruflichen, lebens- bzw. gesellschaftsbedeutsamen Handlungs- und Problemsituationen, zu deren Bewältigung qualifiziert werden soll. Der Bildungsauftrag des Berufskollegs erfordert eine didaktisch begründete Aufbereitung der Handlungsfelder durch die Schule. Die aus dem Bildungsauftrag erwachsenen Lernfelder orientieren sich an beruflichen Aufgabenstellungen und beziehen grundlegende Fähigkeiten und Fertigkeiten ein. Lernfelder zeichnen sich durch Zielformulierungen (Kompetenzen), Inhaltsangaben und Zeitvolumen aus. Lernfelder werden durch Lernsituationen erschlossen. Dies sind kleinere thematische Einheiten im Rahmen eines Lernfeldes, die berufsorientierte, ganzheitliche und selbstbestimmte Lernprozesse zur Kompetenzentwicklung fördern. Sie werden im Sinne eines Spiralcurriculums mit zunehmendem Komplexitätsgrad konstruiert. Didaktische Bezugspunkte sind Situationen, die für die Berufsausübung und Bewältigung betrieblicher, gesellschaftlicher und privater Aufgaben bedeutsam sind. 12 Grundlagen der Unterrichtsentwicklung Lernsituationen (LS) sind exemplarisch Ø LS orientieren sich am beruflichen Lernprozess. Durch „Rekonstruktion“ der beruflichen Arbeits- und Geschäftsprozessbereiche, an denen das Lernfeld ausgerichtet ist, werden exemplarische berufliche Handlungssituationen ermittelt, die als Planungsgrundlage für schulische Lernsituationen geeignet sind. handlungsorientiert Ø LS stehen nicht am Ende des Lernprozesses als übende Anwendung, sondern gestalten den Lernprozess selbst. In ihnen werden komplexe Aufgaben- oder Problemstellungen als vollständige Handlung im Sinne der Handlungsorientierung bearbeitet. Dies erfordert, dass die Schülerinnen und Schüler die entsprechenden Lernkompetenzen besitzen. berufsorientiert Ø LS stellen die notwendigen fachwissenschaftlichen Inhalte in berufsorientierte Anwendungszusammenhänge. Sie strukturieren also nicht nach fachsystematischen, sondern nach handlungssystematischen Kategorien. fächerverbindend und fachübergreifend Ø LS berücksichtigen fachübergreifende und fächerverbindende Lehr-/Lernarrangements. fördernd für selbstbestimmtes Lernen und Transfer Ø LS haben im Sinne handlungsorientierten Unterrichts das Ziel, dass Schülerinnen und Schüler Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, damit auch Wissensinhalte, weitgehend selbstgesteuert erwerben können, gesichert darüber verfügen und sie transferieren können. Um diesen Transfer zu stützen, kann es in einer ergänzenden oder vertiefenden Phase notwendig sein, Wissensinhalte in die gesamtlogische Struktur einer Bezugswissenschaft einzubetten. schülerorientiert Ø LS berücksichtigen die individuellen Lernbedürfnisse der Schülerinnen und Schüler und die schulspezifischen und regionalen Besonderheiten. Dabei kommt der Lernortkooperation eine besondere Bedeutung zu. lernkompetenzorientiert Ø LS erfordern der Handlungsorientierung angemessene Methoden der Erarbeitung, der Lernerfolgsüberprüfung und der Leistungsfeststellung3 Tragendes Element für die konkrete Umsetzung der Lehrpläne ist der jeweilige Bildungsgang. Lernfelder sind durch den Bildungsgang gestaltbar. Die offen formulierten Lehrpläne unterstützen den Gestaltungsspielraum der Bildungsgangkonferenz bei der Konzeption von Lernsituationen, wobei Schulprofil und regionale Besonderheiten berücksichtigt werden können. 3 vgl. LSW Soest: Modellversuch SELUBA, Werkstattbericht 1, 2001, S.19 Eigenverantwortliches Arbeiten 13 Die Bildungsgangarbeit im Rahmen der Umsetzung des Lernfeldkonzepts wird durch folgende Teilbereiche gekennzeichnet: • Entwicklung gemeinsamer Ziele der Bildungsgangarbeit, • Verknüpfung des berufsbezogenen mit dem berufsübergreifenden Lernbereich, • Analyse curricularer Vorgaben und Abstimmung in den Fächern, • Entwicklung, Durchführung, Dokumentation und Evaluation fächerverbindender/fächerübergreifender Lernsituationen (idealtypisch mit dem dualen Partner), 1.3 • Angemessene Überprüfung des Lernerfolgs, • Erstellung der didaktisch-methodischen Jahresplanung. 4 Eigenverantwortliches Arbeiten Handlungsorientierung und Lernfeldkonzeption fordern eine veränderte lernorganisatorische Gestaltung des Unterrichts im Hinblick auf das selbstständige Arbeiten der Schülerinnen und Schüler. Dieses Ziel ist im Projekt „Schule & Co“5 in allen Schulformen verfolgt worden. Ein Ausgangspunkt des Projektes war, dass man selbstständiges Lernen von den Schülerinnen und Schülern nicht einfach fordern kann, sondern ihnen die Kompetenz dazu systematisch vermitteln muss. Im Projekt Schule & Co wurde diese Kompetenz als Lernkompetenz definiert. Lernkompetenz meint die Bereitschaft und die Fähigkeit zu eigenverantwortlichem selbstgesteuerten Lernen, indem fachliche Inhalte durch Einsatz der zum Lerntyp und zur Sache passenden Lerntechnik selbstständig erarbeitet werden. Dieses beinhaltet, das eigene Lernen zu thematisieren, zu reflektieren und zu bewerten. Auf dieser Grundlage entwickeln die Schülerinnen und Schüler für sich selbst und in Zusammenarbeit mit anderen konstruktive und effektive Lernprozesse und Arbeitsstrategien und wenden diese an. Im Projekt „Schule & Co.“ wurden in Anlehnung an Dr. H. Klippert 6 drei zur Entwicklung der Lernkompetenz notwendige Bausteine herausgefiltert: Methoden-, Kommunikation- und Teamentwicklung. Lerntechniken aus diesen drei Bausteinen müssen trainiert und gepflegt (stetig wiederholt) werden. Sie bilden die Grundlagen für eigenverantwortliches Arbeiten. 4 5 6 vgl. Hahn, 1998, S. 99 ff.; Bader/Schäfer 1998, S. 1, Geschäftsstelle Modellversuch MODI / Bezirksregierung Münster (Hrsg.) 1996, S. 11 f. sowie Friedrich/Schaub 1999, S. 1 ff. Schule & Co: Gemeinsames Projekt des Ministeriums (MSWF) und der Bertelsmannstiftung im Kreis Herford und der Stadt Leverkusen zur Unterrichtsentwicklung und Errichtung von regionalen Bildungslandschaften (1997 bis 2002) Klippert, H.: Methodentraining, Teamtraining, Kommunikationstraining 14 Grundlagen der Unterrichtsentwicklung Im Berufskolleg muss für jeden Bildungsgang geklärt werden, welche Lerntechniken vermittelt werden müssen. Die folgende Grafik zeigt ein Beispiel dafür, welche Lerntechniken für die Berufsschule relevant sein können. Entwicklung von Lernkompetenz in der Berufsschule Methodentraining TS Kommunikationstraining Teamentwicklung Effektiver Lernen & Behalten Strukturieren (Metaplan, Mind -Map , Schema, Spickzettel, Tabelle) TS TS Visualisieren & Gestalten (auch mit PC) TS Protokollieren TS Für GA sensibilisieren TS Miteinander Reden Lernen TS GA -Regeln anbahnen & klären TS TS Gesprächsführung TS Regelgebundene GA durchführen TS TS Das kleine 1 x 1 der Rhetorik TS Präsentieren TS = Trainingsspirale, GA = Gruppenarbeit Abb. 4: Beispiel zur Entwicklung von Lernkompetenz in der Berufsschule7 Das gezielte Erlernen der Lerntechniken erfolgt in der Regel innerhalb des Fachunterrichts bzw. innerhalb einer Lernsituation inhaltsgebunden durch sogenannte Trainings- bzw. Lernspiralen. Je nach Bildungsgang kann es aber auch im Rahmen bestimmter Trainingstage (Sockeltrainings) stattfinden. Trainingsspiralen bestehen aus drei Phasen: 7 • Sensibilisierung • Erarbeitung • Anwendung – Transfer – Reflexion. vgl. Höfer, C.: Unterrichtsentwicklung im Projekt „Schule & Co.“, Schule & Co (Hrsg.), Juli 2002 Eigenverantwortliches Arbeiten 15 Trainingsspirale zum Aufbau von Lernkompetenz im Berufskolleg 1. Sensibilisierung Vorwissen / Voreinstellungen (re - )aktivieren EA 2. Erarbeitung: Entwicklung / Aufstellung von Regeln zur Strukturierung von individuellen Lern- und Arbeitsprozessen EA/PA/GA/PL 3. Anwendung - Transfer - Reflexion Analyse auf der Metaebene EA/PA/GA/PL Abb. 5: Trainingsspirale zum Aufbau von Lernkompetenz 8 Ein weiteres Kennzeichen der Trainingsspiralen ist, dass sich die Schülerinnen und Schüler spiralförmig den Inhalt aneignen, indem sie sich in unterschiedlichen Sozialformen (Einzelarbeit (EA), Partnerarbeit (PA), Gruppenarbeit (GA), Plenum (PL)) und mit unterschiedlichen Aufgabenstellungen mehrfach mit dem Inhalt auseinandersetzen, wodurch sowohl die Lernkompetenz als auch die Inhalte gefestigt werden. Nach der Einführung der Lerntechniken müssen diese im Unterricht gepflegt werden. Dies erfolgt in sogenannten Lernspiralen sowohl innerhalb von Lernsituationen als auch im Fachunterricht. Lernspiralen enthalten jeweils zu einem Unterrichtsthema mehrere Einzelsequenzen, bei denen sich die Schülerinnen und Schüler in den Sozialformen Einzelarbeit/Partnerarbeit und/oder Gruppenarbeit sowie Plenumsarbeit mit verschiedenen Aspekten des Unterrichtsthemas beschäftigen. Sie beinhalten die durch die Trainingsspiralen erlernten Lerntechniken und sollen diese gezielt weiter entwickeln ("pflegen"). 8 vgl. Höfer, C.: Unterrichtsentwicklung im Projekt „Schule & Co.“, Schule & Co (Hrsg.), Juli 2002 16 Grundlagen der Unterrichtsentwicklung Aufbau einer Lernspirale KT MT TT MT = Methodentraining TT MT TT = Teamtraining KT - TT MT TT KT = Kommunikationstraining MT Abbildung 6: Lernspirale Erfolgt die Pflege und Reflexion der Lerntechniken systematisch in vielen bis allen Fächern des Bildungsgangs, erwerben die Schülerinnen und Schüler Routine in ihrem Einsatz, die Voraussetzung für die eigenständige, sach- und situationsangemessene Anwendung der Lerntechniken in Lernsituationen ist. Die im Projekt „Schule & Co“ durch Evaluation bestätigte notwendige Systematik in der Vermittlung und Pflege der Lerntechniken wird in folgendem Schaubild beispielhaft verdeutlicht: Unterrichtsentwicklung im Berufskolleg Perspektive der Schülerinnen und Schüler Sockeltraining Pflege im Unterricht Baustein 1/2/3 § Baustein 1-3 Methodentraining § Wiederholung Umsetzung Kommunikationsund Üben im training, Fachunterricht Teamentwicklung § Material § Auswertung § Evaluation § Kennenlernen § Routine im und Erproben Einsatz Ziel grundlegen§ Anwendung in der Methoden verschiedenen und VerfahFächern ren § Selbstkontrolle Eigenständige Anwendung § Offene Lernarrangements § fachbezogen und fächerübergreifend § Material Eigenver§ Evaluation antwortliches § Zunehmende Arbeiten Selbstverantwortung für die Lernwege § Selbststeuerung der Lernprozesse Abb. 7: Unterrichtsentwicklung im Berufskolleg 9 9 vgl. Höfer, C.: Unterrichtsentwicklung im Projekt „Schule & Co.“, Schule & Co (Hrsg.), Juli 2002 Umsetzung zu einem Unterrichtskonzept 2 Umsetzung zu einem Unterrichtskonzept 2.1 Elemente der didaktisch-methodischen Jahresplanung 17 Die didaktische Jahresplanung stellt im Sinne von § 5 ADO den "schul- bzw. bildungsgangeigenen Lehrplan“ dar. • Sie ist ein Konzept abgestimmten, fächerübergreifenden pädagogischen Handelns in einem Bildungsgang unter Berücksichtigung der jeweiligen Standortbedingungen und regionalspezifischer Besonderheiten. • Sie basiert auf lernfeldorientierten Lehrplänen und der Beschreibung der konkreten Bildungs- und Erziehungsziele eines Bildungsganges in den Bereichen Fach-, Human-, Sozial- und Lernkompetenz. • Sie wird von der Bildungsgangkonferenz unter Mitwirkung der Lernenden und ggf. der Eltern und Erzieher bzw. der Ausbildungsbetriebe erarbeitet. • Sie ist mit dem Sc hulprofil und Schulprogramm sinnvoll verknüpft. • Sie schließt alle Fächer bzw. Lernfelder des Bildungsganges ein. • Sie erfolgt unter Berücksichtigung der Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler sowie der Voraussetzungen in den Ausbildungsbetrieben bzw. regionalspezifischer Besonderheiten. • Sie wird als Grundlage für die weitere Bildungsgangarbeit möglichst umfassend, genau und übersichtlich in einem für alle zugänglichen Ordner (auch elektronisch) dokumentiert. 10 Die didaktisch-methodische Jahresplanung ist eine Weiterentwicklung der didaktischen Jahresplanung um die systematische und explizite Vermittlung von Methoden-, Team- und Kommunikationskompetenzen. Im Folgenden beziehen wir uns auf die Erstellung von Lernsituationen und die Qualifizierung zum eigenverantwortlichen Arbeiten. 10 vgl. Hahn, 1998, S. 99 ff.; Bader/Schäfer 1998, S. 1, Geschäftsstelle Modellversuch MODI / Bezirksregierung Münster (Hrsg.) 1996, S. 11 f. sowie Friedrich/Schaub 1999, S. 1 ff. 18 Umsetzung zu einem Unterrichtskonzept 2.2 Modell zur Erstellung von Lernsituationen Die konkrete Planung einer Lernsituation (LS) umfasst: • konkrete Zielvereinbarungen (Kompetenzen) • Entwicklung eines Szenarios • notwendige Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler • Auswahl von Inhalten/Fächern • handlungsorientierten Aufbau (siehe Handlungsphasen) • ausgewählte Lerntechniken - Einführung und Pflege • aufbauende Kommunikations- und Teamentwicklungsstrukturen • Zeitrahmen/Zeitpunkt der Durchführung • Unterrichtsorganisation • Arbeitsformen im Unterricht • Koordinations- bzw. Managementfach • Ort und Raum der Durchführung • notwendige Ausstattung • eingesetzte Lehrkräfte • Bereitstellung von Arbeitsmaterialien • Kriterien zur Leistungsbeurteilung (Produkt, Prozess) • Dokumentation der Lernsituationsplanung, der Arbeitsmaterialien und der möglichen Schülerergebnisse durch die beteiligten Lehrerinnen und Lehrer Fachliche Inhalte, die nicht unmittelbar zur Lösung der konkreten Aufgabenstellung beitragen, sind nicht zu thematisieren. Das folgende Formblatt unterstützt die konkrete Planung in der Bildungsgangarbeit. Modell zur Erstellung von Lernsituationen Lernsituationsplanung Ausbildungsberuf: Lernfeld: __________________ Ausbildungsjahr: __________ _____________________________________________ Benennung der Lernsituation: _______________________________________________________ Erstellt von: _____________________ Schul-/Ausbildungsjahr: _______ Zeitrichtwert: _______ u v w Erstellungsdatum : _____________ Unterrichtswoche/-block: ________ x Erforderliche Unterrichtsbedingungen: y Beschreibung der Lernsituation (Szenario): z Daraus abgeleitete Aufgabenstellung: { Zielformulierung / Kompetenzen | Lehrplan Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler: Inhaltsbereiche Handlungsphasen Analysieren Planen Entscheiden Ausführen Präsentieren Reflektieren Bewerten Dokumentieren Fächer Detaillierte Unterrichtsplanung } Lerntechniken, Medien, Sozialformen ~ 19 20 Umsetzung zu einem Unterrichtskonzept Erklärungen Formblatt Lernsituationsplanung u Konkrete Nennung des Ausbildungsberufes und Festlegung des Ausbildungsjahres. v Bezug zum Lehrplan durch Nennung des Lernfeldes. w - x y Prägnante Benennung der LS Klärung der personellen Zuständigkeit (sinnvoll für spätere Nachfragen) Zuordnung zum Ausbildungsjahr + Beginn der LS (je nach Unterrichtsorganisation) Zeitrichtwert: in Unterrichtsstunden oder Berufsschultagen Der Lernerfolg durch LS ist nur gewährleistet, wenn die notwendigen Lernvoraussetzungen gegeben sind (Bezug zur didaktisch-methodischen Jahresplanung). - Auflistung von Kenntnissen und Fähigkeiten bezogen auf Inhalte, Methoden, Sozialformen), die in der LS anzuwenden sind. - Räume, Ausstattung, Arbeitsmaterialien Unterrichtsorganisation Erarbeitung der LS nur in den unmittelbar beteiligten Fächern? Bereitstellung der Stunden aus allen Fächern (nichtbeteiligte Kolleginnen/Kollegen führen Aufsicht)? z Durch das Szenario wird der Berufsbezug hergestellt und ein Problemhintergrund aufgezeigt. Hier ist eine exemplarische Aufgabe zu formulieren, aus der eine konkrete Aufgabenstellung für den Unterricht abzuleiten ist. { Die Konkretisierung der LS durch eine an der Handlungsorientierung ausgerichtete Aufgabenstellung kann für die nachfolgende Zielsetzung (Kompetenzen), die Auswahl der Inhalte und die Zuordnung der beteiligten Fächer hilfreich sein. | Aus der Beschreibung des Lernfeldes (siehe Lehrplan) werden die für diese LS geeigneten Zielformulierungen (Kompetenzen), die zu erarbeitenden Inhalte und die zu beteiligenden Fächer (Bezug zur Unterrichtsorganisation) übernommen. } Detaillierte Unterrichtsplanung in den Phasen des handlungsorientierten Unterrichts. Die Analyse der betrieblichen Aufgabe (Szenario) entspricht der unter 7 geplanten konkreten Aufgabenstellung. Sie kann je nach Unterrichtssituation vorgegeben oder im Unterricht erarbeitet werden. ~ - - Zuordnung der bekannten oder neu zu erarbeitenden Lerntechniken zu den Phasen des handlungsorientierten Unterrichts. Diese werden als Einführung oder Pflege der Lerntechnik gekennzeichnet. Nennung der verwendeten Medien Planung der Sozialformen (z.B. Einzel-, Partner-, Gruppenarbeit) Modell zur Erstellung von Lernsituationen 21 Folgende Faktoren sichern die erfolgreiche Durchführung von Lernsituationen: • Eindeutigkeit der Aufgabenstellung, Arbeitsanweisungen • Leistungsbeurteilung unter den beteiligten Lehrerinnen und Lehrern vereinbaren und den Schülerinnen und Schülern offen legen, ggf. mit Schülerinnen und Schülern gemeinsam festlegen • Organisationsplan offen legen und kontrollieren • Prozessbeobachtung und Prozesslenkung • Eine Kollegin/ein Kollege hat die Federführung, die/der die Arbeitsbedingungen sichert, Hindernisse aus dem Weg schafft und die Zusammenarbeit der beteiligten Kolleginnen/Kollegen koordiniert. Die Praxis hat gezeigt, dass es sinnvoll ist, den Unterricht nicht ausschließlich in Lernsituationen zu gliedern, sondern dass auch fachsystematische Unterweisungen ihren Stellenwert haben. Für die anschließende Evaluation von Lernsituationen ist es sinnvoll, sich folgende Fragen nach der Durchführung zu stellen: 1. War die Formulierung des Szenarios eindeutig? 2. Wurden die geplanten Inhalte realisiert? 3. War die Einbettung der LS in das Gesamtcurriculum sinnvoll (z.B. Aufteilung LS / Lehrgangsunterricht)? 4. Waren die beteiligten Fächer sinnvoll ausgewählt? 5. Wurde der erwartete Kompetenzzuwachs bei den Schülerinnen und Schülern erzielt? 6. Konnte eine angemessene Leistungsüberprüfung durchgeführt werden? 7. War der Zeitrahmen sinnvoll gewählt? 8. Wurde die Lernsituation zum richtigen Zeitpunkt durchgeführt? 9. War die Absprache zwischen den Kolleginnen und Kollegen ausreichend und kontinuierlich? 10. Wurde die Planung durch den Stundenplan angemessen unterstützt? 11. Waren die erforderlichen Ressourcen vorhanden (z.B. Räume, Ausstattung etc)? 12. War die Kooperation mit dem dualen Partner in der geplanten Weise möglich? 13. Wurde in der LS eine vollständige Handlung durchgeführt? 14. Wurde die Selbstständigkeit der Schülerinnen und Schüler ausreichend gefördert und unterstützt? 15. Ist die schriftliche Dokumentation der LS hilfreich und praktikabel? 16. Förderte die LS die Motivation der Schülerinnen und Schüler? Für die Evaluation von Lernsituationen kann die folgende Matrix hilfreich sein: 22 Umsetzung zu einem Unterrichtskonzept Beispiel für eine Evaluationsmatrix für durchgeführte Lernsituationen AnalyseSchwerpunkt Formulierung des Szenarios eindeutig Inhalte realisiert Aufteilung LS/Lehrgang sinnvoll Fächeraus wahl sinnvoll Kompetenzzuwachs/ Lernerfolg Leistungsnachweis möglich Zeitrahmen sinnvoll Zeitpunkt sinnvoll Absprache zw ischen den Kolleginnen und Kollegen Stundenplan ist Raumplan ist unterstützend unterstützend ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja nein nein nein nein nein nein Lernsituation LS LS LS AnalyseSchwerpunkt Kooperation der dualen Partner ausreichend Umsetzung handlungsorienterter Unterricht erfolgt Lernsituation LS ja ja LS LS nein nein Selbstständigkeit der Schüler und Schülerinnen ausreichend ja nein Handhabung des Lehrerordners / Nachbesse-rung notw. Handhabung des Schülerordners – Nachbesserung notw. ja ja nein nein Motivationsschub durch Lernsituation bei Schülern und Schülerinnen erkennbar ja nein nein nein nein nein ja nein Qualifizierung zum Eigenverantwortlichen Arbeiten 2.3 23 Qualifizierung zum Eigenverantwortlichen Arbeiten Ausgehend von den Erfahrungen mit Trainingsspiralen im Projekt „Schule & Co“ einerseits und der Lernfelddidaktik andererseits liegt es nahe, für Berufskollegs die Trainings- und Lernspiralen in die Lernsituationen und den Fachunterricht bzw. in den Handlungsorientierten Unterricht einzubetten. 1 Methodentraining Kommunikationstraining Eigenverantwortliches Arbeiten 2 Handlungsphasen 3 4 Teamentwicklung 5 Abb. 8: Integrale Bestandteile der Unterrichtsentwicklung Dazu ist es zunächst erforderlich festzulegen, welche grundlegenden Methoden und Arbeitstechniken in den Lernsituationen und im Fachunterricht benötigt werden. Diese können in so genannten Sockeltrainings, in denen das Methodenlernen im Vordergrund steht, eingeübt werden. Um die Schülerinnen und Schüler zu befähigen, ihren Lehr-/Lernprozess zunehmend eigenverantwortlich zu organisieren, sind die Lern- und Arbeitstechniken in den aufeinander folgenden Lernsituationen entsprechend anzupassen. Hierfür ist eine Hierarchisierung der Methoden notwendig. Ziel ist es, dass der Zuwachs an Kompetenzen die Schülerinnen und Schüler dazu befähigt, im Verlauf der schulischen Ausbildung zunehmend eigenverantwortlich zu arbeiten und somit komplexer werdende Lernsituationen selbst gesteuert durchzuführen. Die Verknüpfung und Hierarchisierung der handlungsorientierten Phasen und der Bausteine zur Lernkompetenzentwicklung (MT, TT, KT) sind in folgender Übersicht dargestellt. Die Elemente der Stufe I dienen als Grundlage für Stufe II usw.. 24 Umsetzung zu einem Unterrichtskonzept Methoden des Handlungsorientierten Unterrichts Sinnvolle Vorgehensweise: Einzelarbeit, Partnerarbeit und oder Gruppenarbeit, Plenum EA è PA u./o. GA è PL Legende: K = Kommunikation; M = Methode; T = Team; I ; II ; III ; IV = Hierarchiestufen 1.1 Problembeschreibung 1.2 Problemanalyse 1.3 Zielbeschreibung T e a m e n t w i c k l u n g 1. Handlungsphase: Analyse Stufe I Kommunikationsregeln Aktives Zuhören Sprechangst beseitigen Regeln für Brainstorming Stufe II M Ggf. Methoden der InforM mationsverarbeitung (lesen, markieren, struktuM rieren) Visualisierungsregeln M (Beschreibung in EA-PAGA-PL; grundlegende Präsentationstechniken) Grundlegende Präsentationstechniken Stufe III Brainstorming auf der Basis eines durch Fotos, M Karikaturen, Text usw. K ausgelösten ProblembeM wusstsein K Kartenabfrage Sammeln, Clustern, Ranking MindMap W-Fragen / Tabelle Visualisierung K Stufe IV M K M M M M Qualifizierung zum Eigenverantwortlichen Arbeiten 25 2. Handlungsphase: Planung Planung und Erarbeitung von Lösungsalternativen Teamentwicklung Stufe I Lesetechniken Markieren Strukturieren Stufe II M Informationsbeschaffung M Kartenabfrage M Brainstorming Stufe III M Visualisierung M Mindmap M Stufe IV M Netzwerkplan M Flussdiagramm Programm-Ablaufplan ISHIKAWA Aktionsplan Stufe III K Frei sprechen K Gesprächsregeln beachM ten Hierarchisierung (Clustern) Stufe IV K Entscheidungsfindung: Fünf-Satz-Argumentation K Thesendiskussion M Argumentationskarussell Doppelkreis Entscheidung: Punktabfrage Menschliche Bewertungsskala M M M M M 3. Handlungsphase: Entscheidung Stufe I Strukturieren Teamentwicklung Entscheiden für eine bestimmte Vorgehensweise Stufe II M Redeangst überwinden K Aktives Zuhören Schlüsselwörter finden M Kartenabfrage K (Markieren) Schreibgerüste bauen M Spickzettel anfertigen M M Gesprächsregeln K K K K K M M Ausführung nach der geplanten Vorgehensweise Teamentwicklung 4. Handlungsphase: Ausführung Stufe I Nachschlagen Strukturieren, Markieren Aktives zuhören Stufe II M Gezieltes Lesen Mitschrift anfertigen M K Stufe III M Protokollieren M Recherchieren Stufe IV M Zeitmanagement M Interview Befragung M K M K 26 Umsetzung zu einem Unterrichtskonzept 5. Handlungsphase: Präsentation, Reflektion, Beurteilung / Bewertung, Dokumentation 5.2 Beurteilung, Bewertung Stufe I T e a m e n t w i c k l u n g 5.1 Präsentation und Dokumentation Vortrag/Rhetorik Vortragsregeln Südpolspiel Doppelkreis Partner/innen Interview Freisprechen Hyde Park Corner Videoarbeit Feedbackregeln Bewertungsskalen Stufe II K K M M K K K M K Vortrag/Körpersprache Regeln Filmanalyse Rollenspiele Pantomime Videoarbeit M Blitzlicht M Spinnweb Wunschbox Stimmungsbarometer Fragebogen Stufe III K K K T K K K M M M K Präsentation Stafettenpräsentation Markt der Möglichkeiten Abgeordnetenmethode Stamm- und Expertengruppe Spontane Präsentation Alltägliche Präsentation Feedback Anerkennungsschreiben Zeugnis Fingermethode Heißer Stuhl Stufe IV M M K K K K K K K M K M K Konzept für die Fortbildung von Kollegien 3 Konzept für die Fortbildung von Kollegien 3.1 Erfahrungen mit bisher angebotenen Fortbildungen 27 Handlungsorientierter Unterricht erfordert, dass sich "Handlungssicherheit als Entscheidungssicherheit und Entscheidungsmut auf solides inhaltliches und methodisches Wissen stützt. [...] Der Lehrer, der sich auf den Weg begibt, seinen Schülern zu mehr Selbstständigkeit zu verhelfen, muss zunächst sehr viel Hilfen geben."11 Die damit verbundene veränderte Lehrerinnen- und Lehrerrolle und der notwendige Bedarf an Lehrerinnen- und Lehrerfortbildung wurden ebenfalls gefordert. 12 Allerdings gingen die Entscheidungsträger bei der Einführung des handlungsorientierten Unterrichts noch davon aus, dass die Einsicht in die Notwendigkeit dieser Unterrichtsentwicklung bei den Lehrkräften ausreichen würde, um den Unterricht inhaltlich und methodisch zu ändern. Mit der Weiterentwicklung des handlungsorientierten Ansatzes zum Lernfeldkonzept hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass solche Veränderungsanforderungen an den Unterricht nur dann umgesetzt werden können, wenn den Kollegien entsprechende Hilfe angeboten wird. Auch das Projekt "Schule & Co" kommt zu dem Ergebnis, dass "Veränderungsanforderungen an schulische Akteure immer dann legitim sind, wenn die für diese Veränderungen notwendigen Qualifikationen schon vorhanden sind oder über bestmögliche Qualifizierungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden." 13 Bei der Entwicklung ihres Unterrichts nach dem Lernfeldkonzept können die Bildungsgänge Unterstützung durch Moderatorinnen und Moderatoren der Bezirksregierung erhalten. Die bisherige Unterstützung wurde von zahlreichen Schulen nachgefragt und hat diese in der Entwicklung ihrer Bildungsgangarbeit gefördert. Die bisherigen Fortbildungsangebote können verbessert werden, denn • aufgrund der Kürze der Fortbildung können Entwicklungsprozesse des Unterrichts nur angestoßen werden, • die Unterrichtsentwicklung beschränkt sich in der Regel auf didaktisch-strukturelle Entwicklungen, • die planerische Integration der für das selbstständige Bearbeiten von Lernsituationen notwendigen Lerntechniken erfolgt unvollständig, • die Nachhaltigkeit der Unterrichtsentwicklung bzw. der Unterstützungsmaßnahme kann nicht sichergestellt werden. 11 Adolph, G.: Handlungsorientierung aus der Sicht der Wissenschaft, in: Tagung zur Handlungsorientierung, Landesinstitut für Schule und Weiterbildung, Januar 1995 12 Möller , A., Willhardt, M. in: Handlungsorientierung in berufsbildenden Schulen, Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (Hrsg.), 1993 13 Höfer, C.: Unterrichtsentwicklung im Projekt „Schule & Co“, Schule & Co ( Hrsg. ), Juli 2002, S.12 28 Konzept für die Fortbildung von Kollegien 3.2 Inhalte zukünftiger Fortbildungen Wenn Unterrichtsentwicklung an Berufskollegs im Sinne der im Kapitel 1 formulierten Grundlagen erfolgreich sein soll, muss das Fortbildungsangebot folgende Inhalte umfassen: • Ausgestaltung von Lernfeldern • Erarbeitung von Lernsituationen • Entwicklung der Lernkompetenz durch Vermittlung von Lerntechniken aus den Bereichen Methoden-, Kommunikation- und Teamentwicklung • Erarbeitung von Lernspiralen im Fachunterricht • Erarbeitung der didaktisch-methodische Jahresplanung • Evaluation der Unterrichtsentwicklung Der Bereich der "Entwicklung der Lernkompetenz" kann erst nach der Erarbeitung von Lernsituationen durchgeführt werden, weil die Vermittlung der Lerntechniken inhaltsgebunden erfolgen sollte. Da die Berufskollegs bzw. deren Bildungsgänge im Regierungsbezirk Detmold unterschiedliche Voraussetzungen hinsichtlich der Unterrichtsentwicklung aufweisen, sollte die Fortbildung als Gesamtpaket angeboten, aber bildungsgang-spezifisch umgesetzt werden: • Teilzeit-Bildungsgänge, die mit der Umsetzung neuer Lehrpläne beginnen, können nur das Gesamtpaket buchen. • Bildungsgänge, die die didaktische Umstrukturierung nach Lernfeldkonzept schon durchgeführt haben, sollten noch die Lernkompetenzentwicklung sowie die Selbstevaluation integrieren • Für Vollzeit-Bildungsgänge gemäß APO-BK, Anlage C und D entfällt die Entwicklung von Lernfeldern 3.3 Zeitumfang Das Gesamtpaket der Fortbildung umfasst ca. 100 Stunden bzw. 12 Unterrichtstage, die sich grob auf die folgenden Inhalte verteilen können: Inhalt Ausgestaltung von Lernfeldern Erarbeitung von Lernsituationen/Lernspiralen im Fachunterricht Entwicklung der Lernkompetenz durch Vermittlung von Lerntechniken aus den Bereichen Methoden-, Kommunikation- und Teamentwicklung Didaktisch-methodische Jahresplanung Evaluation der Unterrichtsentwicklung Fortbildungstage 1 3 6 1 1 Zielgruppe 29 In Absprache mit dem Moderatorenteam entscheidet die Schule, in welchem zeitlichen Ablauf die Fortbildung umgesetzt werden soll. 3.4 Zielgruppe Zielgruppe der Fortbildung sind immer Bildungsgänge bzw. Fachbereiche und Abteilungen. An technischen und allgemein-gewerblichen Berufskollegs könnte die Fortbildung auch von mehreren verwandten Bildungsgängen angefordert werden. 3.5 Organisation Voraussetzung zur Teilnahme an der Fortbildung ist ein Beschluss der Bildungsgangs- oder Fachbereichskonferenz mit deutlicher Mehrheit. Dieser Beschluss umfasst auch die Bereitschaft, das Ergebnis der Fortbildung intern und extern (Dez. 46 oder regionale Steuergruppe) zu evaluieren. Der Antrag zur Fortbildung wird über die Schulleitung an das Dezernat 46 der Bezirksregierung gerichtet. Die Schulen werden nach der Reihenfolge des Antragseingangs bedient. Dabei erfolgt eine Gewichtung nach dem Status „Selbstständige Schule“ ⇒ „Korrespondenzschule“ ⇒ „sonstige Schule“. Ein Moderatorenteam trifft alle notwendigen Vereinbarungen mit dem Bildungsgang. Zielvereinbarung und Absprache über den zeitlichen und inhaltlichen Verlauf der Fortbildung werden in einem Kontrakt festgehalten. 3.6 Evaluation Da Unterrichtsentwicklung als Prozess der ständigen Veränderung und Verbesserung zu sehen ist, ergibt sich von selbst die Notwendigkeit der internen Evaluation. Neben Fremdevaluation durch Befragung von Schülerinnen und Schülern, bietet sich die Selbstevaluation an verschiedenen Stellen des Entwicklungsprozesses an. Externe Evaluation dient der Weiterentwicklung der Fortbildung und der Rückspiegelung der Effizienz der durchgeführten Maßnahme in den Bildungsgängen. Ein Beispiel dafür ist die Befragung der Fortbildungsteilnehmerinnen und -teilnehmer durch das Dezernat 46. Der aktuelle Fragebogen ist als Anlage beigefügt. 30 Anlage Lehrerfortbildung in Nordrhein-Westfalen Evaluation von Fortbildungsmaßnahmen zur Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung des Unterrichts __________________________________________________________ Thema: ___________________________ Bezirksreg.: Bezirksregierung Detmold VA-Nr.: ___________________________________ ( ) Schulinterne VA ( ) Schulexterne VA Datum: ___________________________ - - 1 2 3 4 5 6 7 8 - + + + Wie wichtig waren für Sie die angebotenen fachlichen Inhalte? Hat die Fortbildung zur Erweiterung Ihrer Kompetenzen zur Unterrichtsgestaltung beigetragen? Wie schätzen Sie die Verwendbarkeit der Inhalte für den eigenen Unterricht ein? Inwieweit knüpfte die Fortbildung an Ihre Schulpraxis an? Inwieweit wurden Ihre Fortbildungsbedürfnisse und Interessen berücksichtigt? Wie beurteilen Sie die während der Fortbildung eingesetzten Methoden und Verfahren? In welchem Maße war praktisches Training und Anwenden von Fortbildungsinhalten möglich? Wie hilfreich waren die eingesetzten Materialien? 9 Wie bewerten Sie das Engagement und Interesse innerhalb der Teilnehmergruppe? 10 Inwieweit erfüllte die Fortbildung insgesamt Ihre Erwartungen? 11 Wie bewerten Sie die Organisation und Vorbereitung der Maßnahme? 12 13 Kommentar: Mir war besonders wichtig ... / Als hilfreich habe ich empfunden ... Gefehlt hat mir ... / Gewünscht hätte ich mir ... (Bei Bedarf bitte Rückseite benutzen) Literaturverzeichnis 31 Literaturverzeichnis Bezirksregierung Köln und RWTH Aachen (Hrsg.): Hurtz, Reemann, Hansmann, Goebel: Handlungsorientiertes Lernen in Schule und Betrieb, Köln 1992 Bezirksregierung Münster (Hrsg.): Hahn/Bader/Schäfer: Geschäftsstelle Modellversuch MODI, 1996/Friedrich/Schaub 1999, Münster 1996 Höfer, C.: Unterrichtsentwicklung im Projekt „Schule & Co.“, Schule & Co (Hrsg.), Juli 2002 Klippert, H.: Methodentraining, 13. Aufl., Weinheim 2002 Klippert, H.: Kommunikationstraining, 6. Aufl., Weinheim 2002 Klippert, H.: Teamtraining, 6. Aufl., Weinheim 2002 Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (Hrsg.): Möller, A., Willhardt, M.: Handlungsorientierung in berufsbildenden Schulen, Soest 1993 Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (Hrsg.): Adolph, G.: Handlungsorientierung aus der Sicht der Wissenschaft, in: Tagung zur Handlungsorientierung, Soest 1995 Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (Hrsg.): Modellversuch SELUBA, Werkstattbericht 1, Soest 2001 MSWWF (Hrsg.): Lehrplan für die Berufsschule in NRW Schule & Co (Hrsg.): Höfer, C.: Unterrichtsentwicklung im Projekt „Schule & Co“, Gütersloh 2002