ein Markt mit Zukunft

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ein Markt mit Zukunft
Georgien
Ein Markt mit Zukunft
DWV (Deutsche Wirtschaftsvereinigung) und GTAI (Germany Trade & Invest)
Gemeinschaftspublikation
Sehr geehrte Damen und Herren,
als Deutsche Wirtschaftsvereinigung (DWV) stehen wir an der Seite aller an den deutschgeorgischen Wirtschaftsbeziehungen Interessierten. Für ein erfolgreiches Engagement mit
diesem freien Land an der Nahtstelle zwischen Europa und Asien benötigen Sie fundierte
Informationen. Wir freuen uns, dass wir als einer der größten bilateralen Wirtschaftsverbände
im Land Ihnen gemeinsam mit Germany Trade & Invest, der Wirtschaftsförderungsgesellschaft
der Bundesrepublik Deutschland, solch aktuelles „Know-how“ liefern können. Zugleich danken
wir Rödl & Partner, Tbilisi, für den Beitrag zu den rechtlichen Rahmenbedingungen und Steuern.
Zögern Sie nicht, von unserem umfangreichen Dienstleistungsportfolio zu Ihrer Unterstützung
Gebrauch zu machen. Über unsere Website www.georgien.ahk.de sowie im unmittelbaren
Kontakt stehen wir Ihnen mit diesem gerne zur Verfügung!
Ihnen ein gutes Gelingen!
Oliver Regner
Geschäftsführer
Deutsche Wirtschaftsvereinigung (DWV)
Oliver Regner
Dr. Uwe Strohbach
Natia Gobejishvili
Geschäftsführer
DWV
Repräsentant für Zentralasien
und Südkaukasus
GTAI
Projektmanagerin
DWV
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
2|Seite
Sehr geehrte Damen und Herren,
das moderne, sich schnell entwickelnde Georgien ragt innerhalb der Kaukasusregion durch
seine liberale und investitionsfreundliche Wirtschaftspolitik hervor. Etwa 300 im Land aktive
deutsche Unternehmen zeugen vom Vertrauen in die politische Stabilität und rechtsstaatliche
Entwicklung des Landes. Durch sein offenes Geschäftsklima, niedrige Steuern und ein modernes
Arbeitsrecht empfiehlt sich Georgien deutschen Firmen als Produktionsstandort und
Handelsdrehkreuz im Kaukasus.
Strategisch bildet das Land einen wichtigen Brückenkopf auf der neu entstehenden
Seidenstraße zwischen Orient und Okzident. Durch Georgien führen wichtige Öl- und
Gaspipelines. Internationale Gelder fließen in den Ausbau der Verkehrs- und
Energieinfrastruktur. Umfassende öffentliche Förderprogramme beleben den Agrarsektor.
Wirtschaftliche Zugpferde sind auch die Ernährungswirtschaft und der Tourismussektor.
Georgiens Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union dürfte Handel und
Investitionen weiter anschieben. Das umfassende Freihandelsabkommen ermöglicht
georgischen Firmen einen freieren Zugang zum europäischen Markt. Weitere Erleichterungen
winken, wenn nicht nur Deutsche, sondern auch Georgier in Kürze - wie beabsichtigt - visumfrei
in das jeweilige Partnerland reisen können. "Made in Germany" genießt in Georgien einen
guten Ruf. Punkten können deutsche Partner in Georgien im Maschinenbau, im Agrar- und
Bausektor, in der Abfall- und Abwasserwirtschaft sowie bei erneuerbaren Energien.
Germany Trade & Invest begleitet die bilaterale Kooperation durch systematische
Berichterstattung über aktuelle Wirtschafts- und Branchentrends, aber auch gezielte
Zusammenarbeit mit georgischen Investoren. Auf unserer Homepage finden Sie unter
www.gtai.de/georgien aktuelle Informationen zu Entwicklungen und Projekten in Georgien.
Viel Erfolg für Ihr Georgien-Geschäft!
Edda Wolf
Leiterin des Bereichs GUS/Südosteuropa
Germany Trade and Invest
Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH der Bundesrepublik Deutschland
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort ........................................................................................................................................................ 2
1
Dienstleistungen der DWV und GTAI ................................................................................................... 5
2
Allgemeine Daten.................................................................................................................................. 7
3
Wirtschaftsentwicklung und -struktur .................................................................................................. 9
4
5
3.1
Makroökonomische Entwicklung .................................................................................................. 9
3.2
Außenhandel ............................................................................................................................... 12
3.3
Wirtschaftsstruktur ..................................................................................................................... 15
Investitionsklima, Arbeitsmarkt und Löhne ........................................................................................ 21
4.1
Investitionsklima ......................................................................................................................... 21
4.2
Arbeitsmarkt und Löhne ............................................................................................................. 27
4.3
Berufsbildung .............................................................................................................................. 34
Wachstumsbrachen ............................................................................................................................ 36
5.1
5.1.1
Energie/Hydroenergetik...................................................................................................... 36
5.1.2
Transport und Logistik ........................................................................................................ 37
5.1.3
Wasser/Abwasser ............................................................................................................... 45
5.1.4
Hochbau .............................................................................................................................. 46
5.2
Landwirtschaft ............................................................................................................................ 48
5.3
Industrie ...................................................................................................................................... 51
5.3.1
Getränke- und Lebensmittelindustrie ................................................................................. 51
5.3.2
Sonstige verarbeitende Industrie........................................................................................ 53
5.3.3
Bergbau ............................................................................................................................... 55
5.4
6
Infrastruktur und Hochbau ......................................................................................................... 36
Tourismus.................................................................................................................................... 56
Rechtliche Rahmenbedingungen und Steuern ................................................................................... 58
6.1
Assoziierungs- und Freihandelsabkommen mit der EU .............................................................. 58
6.2
Gesellschaftsrecht ....................................................................................................................... 58
6.3
Steuerrecht ................................................................................................................................. 61
6.4
Arbeitsrecht………………................................................................................................................65
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1
Dienstleistungen der DWV und GTAI
Dienstleistungsangebot der Deutschen Wirtschaftsvereinigung
Die DWV bietet ein breites Spektrum an Dienstleistungen an, um die Wirtschaftsbeziehungen
zwischen Deutschland und Georgien wirksam zu unterstützen. Zugleich besteht eine enge
Kooperation mit Armenien.
1
Markteintritt
Geschäftspartnersuche
Individuelle Absatzberatung
Adressrecherche
Unternehmerreisen
2
Marktstudien
3
Bonitätsprüfung/Mediation/Unterstützung bei Streitigkeiten
4
Ausschreibungsservices
Informationen über Ausschreibungen
Begleitung bei der Ausschreibungsteilnahme
Übersetzungen von Ausschreibungstexten
5
Personaldienstleistungen
Schaltung eines Inserats und Betreuung des Bewerbungsprozesses
Kandidatenauswahl
Trainings und Seminare
6
Unternehmerreisen
7
Messedienstleistungen
8
Geschäftspräsenz/Büroservices
Arbeitsplatz und Büroinfrastruktur
Virtuelles Büro Tiflis
Telefonservices
9
Übersetzungsdienstleistungen
10
Unternehmenswerbung
Bannerwerbung auf der DWV-Website
Werbung in Publikationen und auf Veranstaltungen
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
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Dienstleistungen der GTAI
Germany Trade & Invest ist die Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Bundesrepublik
Deutschland. Die Gesellschaft sichert und schafft Arbeitsplätze und stärkt damit den
Wirtschaftsstandort Deutschland. Mit über 50 Standorten weltweit und dem Partnernetzwerk
unterstützt Germany Trade & Invest deutsche Unternehmen bei ihrem Weg ins Ausland, wirbt
für den Standort Deutschland und begleitet ausländische Unternehmen bei der Ansiedlung in
Deutschland.
Exportförderung
Germany Trade & Invest unterstützt den deutschen Mittelstand im globalen Wettbewerb mit
kundenspezifischen Analysen über Chancen und Risiken auf Auslandsmärkten. Mit seinem
umfassenden Informationsangebot zu mehr als 120 Ländern liefert Germany Trade & Invest die
Wissensgrundlage für den Erfolg der deutschen Exportwirtschaft im Ausland.
Investorenberatung
Germany Trade & Invest unterstützt und berät ausländische Investoren vom Markteintritt bis
zur Ansiedlung in Deutschland. Die Gesellschaft verfolgt damit das Ziel, durch
Unternehmensansiedlungen Arbeitsplätze zu schaffen und die deutsche Wirtschaft zu stärken.
Um das Ansiedlungsvorhaben so einfach wie möglich zu gestalten, arbeitet Germany Trade &
Invest als „One- Stop-Agency“ und bietet ausländischen Investoren ein umfassendes
Serviceangebot.
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2
Allgemeine Daten
Landkarte Georgien
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Geographische Lage:
Georgien liegt östlich des Schwarzen Meeres und südlich des Großen Kaukasus an der Grenze von Asien
zu Europa. Das Land grenzt im Norden an die Russische Föderation, im Süden an die Türkei und
Armenien und im Osten an Aserbaidschan.
Fläche:
69.900 qkm
(entspricht in etwa der Fläche Tschechiens, Irlands oder des Freistaates
Bayern; circa ein Fünftel des Territoriums entfällt auf die abtrünnigen
Konfliktgebiete Abchasien und Südossetien)
Bevölkerung:
3,72 Mio. Einwohner (1.1.2016)
Hauptstadt:
Tiflis (Tbilisi; 1,12 Mio. Einwohner, inoffiziell circa 1,3 Mio. Einwohner)
Amtssprache:
Georgisch
Klima:
Sieben Klimazonen von subtropisch-feucht im Westen bis zu einem
trockenen und gemäßigten Kontinentalklima im Osten
Verwaltungsstruktur:
Hauptstadt Tiflis (Tbilisi), Autonome Republik Adscharien
und neun Regionen
Währung:
Lari (GEL) – 1 Lari = 100 Tetri
Religion:
Georgisch-orthodox; Georgien war nach Armenien das zweite Land der
Welt, welches das Christentum zur Staatsreligion erklärte
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3
Wirtschaftsentwicklung und -struktur
3.1
Makroökonomische Entwicklung
Wirtschaft bleibt auf Wachstumskurs
Die Wirtschaft Georgiens wird 2016 um etwa 2,5 % bis maximal 3,0 % zulegen. Die Regierung
rechnet sogar mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 3,0 % bis 3,5 %. Sie
setzt auf eine anhaltende Belebung der Investitionen, des Baugewerbes, der Landwirtschaft
und des Tourismus. Die Experten des Internationalen Währungsfonds und der Ratingagentur
Fitch erwarten dagegen nur ein Plus von 2,5 %.
Wirtschaftliche Entwicklung 2014 bis 2016 (reale Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %)
Kennziffer
2015
4,6
7,3
2,8
-10,1
2016
2,5
5,0
27,9
8,0
19,9
8,9
15,0
7,0
BIP
Einfuhr (Waren, cif) 2)
Bruttoanlageinvestitionen 2)
Privater Verbrauch 2)
1)
1)
2014
2)
Prognosen; nominale Veränderungen
Quellen: Nationales Statistikbüro, IWF, Germany Trade and Invest (Prognosen)
Das Land kann somit nicht an die 2010 bis 2012 erzielten BIP-Zuwächse von im Schnitt jährlich
6,6 % anknüpfen. Ein solches Wachstum ist angesichts des großen technisch-technologischen
Nachholbedarfs und der in vielen Branchen noch brachliegenden Potenziale für eine sich
dauerhaft stabil entwickelnde Wirtschaft jedoch unabdingbar. Die bescheidenen Erwartungen
sind hauptsächlich den Auswirkungen externer Faktoren auf die georgische Wirtschaft
geschuldet.
Hierzu zählen die Wirtschaftskrise in wichtigen Exportländern Georgiens (Russland,
Aserbaidschan und Ukraine), die Abwertung der Nationalwährung GEL gegenüber dem USDollar von Ende 2014 bis Anfang 2016 um gut ein Drittel und sinkende private Geldtransfers aus
dem Ausland. Auch hausgemachte Probleme, wie die in einigen Sektoren nur halbherzig
durchgeführten oder noch ausgebliebenen Reformen, sind Gründe für das schwache
Wirtschaftswachstum. Weitere Fortschritte in der Reformpolitik sind jedoch in Sicht.
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Wirtschaftliche Eckdaten
Indikator
BIP (nominal, Mrd. USD)
BIP pro Kopf (USD) 1)
Bevölkerung (Mio.) 2)
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 USD = Lari, GEL)
2013
16,14
2014
16,51
2015
13,96
3.599,6
(4.311,9)
3.676,2
(4.410,2)
3.743,1
4,48 (3,73)
1,6634
4,49 (3,73)
1,7659
3,73
2,2702
1)
Angaben in Klammern: Neuberechnungen auf der Basis des vorläufigen Ergebnisses des Zensus von 2014;
jeweils zum 1.1., Angaben in Klammern: vorläufige Ergebnisse des Zensus von 2014
Quellen: Nationales Statistikbüro, Statistisches Bundesamt, Berechnungen von Germany Trade and Invest
2)
Investitionsbelebung setzt sich fort
Eine positive Entwicklung lässt sich bei den Bruttoanlageinvestitionen beobachten. Sie legten
2014 und 2015, bemessen in GEL, jeweils zweistellig zu. Das in US-Dollar umgerechnete
Investitionsvolumen lag jedoch 2015 aufgrund der Währungsabwertung um knapp 0,3 Mrd.
USD unter dem Vorjahreswert von 4,27 Mrd. USD. Für 2016 hat die Kaukasusrepublik gute
Aussichten auf ein weiteres Anziehen der Investitionen um nominal 15 % und mehr.
Partnerschaftsfonds: Hinter dem Namen JSC Partnership Fund verbirgt sich ein 2011
gegründeter staatlicher Investitionsfonds auf der Basis der Aktiva großer staatlicher
Unternehmen aus den Bereichen Transport, Energie und Infrastruktur (darunter vor allem
der Eisenbahngesellschaft, des Öl- und Gaskonzerns sowie des Stromnetzbetreibers).
Hauptziel des Fonds ist die Mitfinanzierung privater Investitionsprojekte in Georgien zu
Beginn ihrer Entwicklung (Eigenkapital, Mezzanine etc.). Der Gesamtwert der bereits
umgesetzten oder der sich gegenwärtig in der Realisierung befindenden Projekte liegt bei
weit über 1 Mrd. USD. Hierzu zählen Vorhaben in solchen Sparten wie Hydroenergetik,
Tourismus, Land- und Nahrungsmittelwirtschaft oder pharmazeutische Produktion.
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Für die günstige Prognose zur Investitionsentwicklung sprechen rege ins Land fließende
internationale Fördergelder und Kredite für die Erneuerung und den Ausbau der Infrastruktur,
der Ernährungswirtschaft und anderer Sektoren sowie verschiedene Förderprogramme für
unternehmerische Initiativen in der Landwirtschaft, in der Industrie und im Tourismus.
Wachsende Aktivitäten bei der Mitfinanzierung prioritärer privater Projekte in der Wirtschaft
entwickeln der private, mit 6 Mrd. USD ausgestattete Georgian Co-Investment Fund sowie der
staatliche Partnerschaftsfonds.
Die von der georgischen Regierung in den vergangenen
drei Jahren gestarteten Initiativen zur Ankurbelung der
Investitionen werden künftig weiter ausgebaut. So gelten
seit 2016 verbesserte Förderkonditionen für das mit
Erfolg seit Juni 2014 laufende staatliche Programm zur
Förderung der einheimischen Produktion namens
"Produce in Georgia". Nutznießer sind private kleine und
mittlere investitionswillige Unternehmen, die für die Realisierung ihrer Vorhaben je nach
Projektart ein Darlehen in nationaler Währung oder in Devisen in Höhe von mindestens 150.000
GEL (rund 60.000 USD) beziehungsweise 75.000 USD aufnehmen.
Produce in Georgia: Das staatliche Programm Produce in Georgia zielt darauf ab,
Unternehmensgründungen, insbesondere in der Industrie und im Agrarsektor, zu fördern
sowie das Exportpotenzial zu steigern. Die Initiative bietet finanzielle Unterstützung
mittels Zinsvergünstigungen, einen Zugang zu Immobilien zu einem symbolischen Preis
sowie Beratungsleistungen. Voraussetzung für die Inanspruchnahme eines geförderten
Darlehens ist, dass von der Kreditsumme mindestens 80% für den Kauf von Maschinen
und Ausrüstungen verwendet werden. Bis Anfang April 2016 wurden mit Geldern aus
dem Programm rund 150 neue Produktionsstätten gegründet und 750 bestehende
Betriebe modernisiert.
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11 | S e i t e
Neue Reforminitiative gestartet
Im Frühjahr 2016 kündigte die Regierung ein neues Reformprogramm an. Es soll zu einer
signifikanten Belebung der Wirtschaft und einer Ausweitung des Anteils kleiner und mittlerer
Unternehmen (KMU) an der gesamtwirtschaftlichen Produktion beitragen. Der Anteil des KMUSektors am BIP liegt heute noch unter 20 %. Die Reformmaßnahmen umfassen die Gewährung
von Steueranreizen für investitionswillige Firmen, die Umsetzung eines effizienten Front-OfficeKonzeptes in der öffentlichen Verwaltung, einen massiven Ausbau des Berufsschulwesens,
einen Bürokratieabbau im Interesse einer zügigen Realisierung von Infrastrukturprojekten
sowie eine verstärkte Förderung privater Investitionen in allen Landesteilen.
Die Regierung beabsichtigt auch die Gründung einer neuen zentralen wirtschaftsfördernden
Einrichtung, mit Fokus auf der Gewinnung von Investoren in Regionen außerhalb der großen
Ballungsgebiete Georgiens. Sowohl die Realisierung des Reformpakts als auch die erwartete
Wiederbelebung der Volkswirtschaften in den GUS-Hauptpartnerländern dürften ab 2017
wieder zu einem höheren realen BIP-Wachstum in Georgien von etwa 4,0 % bis 4,5 % führen.
3.2
Außenhandel
Der Außenhandel ging 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 13,3 % auf 9,9 Mrd. USD zurück. Der
Einbruch bei den Warenexporten um 23 % auf 2,2 Mrd. USD ist auf den massiv eingebrochenen
Pkw-Reexport nach Aserbaidschan und Armenien, die schwache Nachfrage nach wichtigen
georgischen Exportgütern (vor allem Mineralwasser und Wein) in den Krisenländern Russland,
Ukraine und Kasachstan sowie gesunkene Weltmarktpreise für Ferrolegierungen
zurückzuführen. Hinter dem Rückgang der Warenimporte um 10,1 % auf 7,7 Mrd. USD stehen
Mindereinfuhren von Pkw (für den Re-Export) und geringe Preise für eingeführte Ölprodukte.
Unter Herausrechnung eines großen einmaligen Sonderpostens im Import aus Irland (Präparate
gegen Hepatitis C) sind die Einfuhren um 15 % auf 7,3 Mrd. USD gesunken.
Entwicklung des Außenhandels (in Mio. USD; nominale Veränd. gegenüber Vorjahr in %) 1)
2012
2013
2014
2015
Umsatz, insgesamt
Warenimporte (cif)
10.413
8.037
10.921
8.012
11.454
8.593
9.931
7.727
Veränderung
2015/2014
-13,3
-10,1
Warenexporte (fob)
Handelsbilanzsaldo
2.376
-5.661
2.909
-5.103
2.861
-5.732
2.204
-5.523
-23,0
3,6
1)
ohne nichtorganisierten Handel
Quelle: Nationales Statistikbüro
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12 | S e i t e
Die Einfuhren übersteigen die Ausfuhren traditionell um ein Mehrfaches. Im Schnitt übertrafen
die Importe 2011 bis 2015 die Exporte um den Faktor 3,2. Hierfür gibt es mehrere Gründe. Zum
einen muss Georgien das Gros seines Bedarfs an strategischen Ressourcen (Gas, Ölprodukte,
Metalle und Holz) und Nahrungsgütern (inklusive Weizen) einführen und zum anderen ist die
Exportwirtschaft bisher nur auf einige wenige und zudem wenig veredelte Produkte
ausgerichtet (Ferrolegierungen, Kupfererze/-konzentrate, Kfz/Re-Exporte, Waren des AgrarIndustrie-Komplexes wie Haselnüsse, Wein, Mineralwasser und Dünger). Die zehn
bedeutendsten Hauptexportgüter stehen für zwei Drittel aller georgischen Ausfuhren.
Die Prognosen für den Außenhandel im Jahr 2016 sind bedingt durch viele Unwägbarkeiten
widersprüchlich. Die Unsicherheiten gelten angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage in
den wichtigen Abnehmerländern der GUS vor allem für den Export. Für die Ausfuhren
prognostizieren die meisten Landeskenner einen Rückgang oder bestenfalls eine Stagnation.
Die Importe könnten angesichts der anhaltenden Investitionsbelebung im Land um einige
Prozentpunkte steigen. Der schwache Privatverbrauch dürfte diesen Trend jedoch drosseln.
Hauptwarengruppen im Import (in Mio. USD; nominale Veränd. gegenüber Vorjahr in %) 1)
SITC Warengruppe
2012
2013
2014
2015
Arzneimittel
Öl und Ölprodukte
Kraftfahrzeuge (Pkw, vorwiegend
Re-Exporte)
Erdgas
233
951
663
281
954
711
315
918
715
745 2)
657
463
Veränderung
2015/2014
136,5
-28,4
-35,2
318
317
369
419
13,6
Kupfererze und -konzentrate
Telefone für mobile und andere
drahtlose Netze
0,01
119
113
152
165
196
208
149
26,1
-24,0
Getreide (Weizen)
Tabakwaren (Zigaretten)
234
91
185
96
152
116
119
104
-21,7
-10,3
18
93
10
65
7
91
73
64
942,9
-29,6
Stahlrohre
Eisen und Stahl, auch Teile
1)
ohne nichtorganisierten Handel;
Das Importvolumen umfasst nach Angaben des Ministeriums für Gesundheitswesen eine Sonderbeschaffung von Präparaten
gegen Hepatitis C in Höhe von rund 400 Mio. USD
Weitere bedeutende Importpositionen: EDV-Technik, elektrotechnische Erzeugnisse für die Stromwirtschaft, Kühl- und
Gefriertechnik, Textilien und Bekleidung, Schokolade und Schokoladenerzeugnisse, Unterhaltungselektronik
Quelle: Nationales Statistikbüro
2)
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13 | S e i t e
Hauptwarengruppen im Export (in Mio. USD; nominale Veränd. gegenüber Vorjahr in %) 1)
SITC Warengruppe
2012
2013
2014
2015
54
162
248
271
Veränderung
2015/2014
9,3
261
587
231
704
286
518
195
180
-31,8
-65,3
Haselnüsse
84
167
183
176
-3,8
Arzneimittel (dosierte Waren)
52
52
92
141
53,3
137
65
131
128
138
180
110
96
-20,3
-46,6
27
59
41
107
36
137
85
88
136,1
-35,8
80
511
100
774
95
826
65
612
-31,5
-25,9
Kupfererze, -konzentrate
Ferrolegierungen
Kfz (Pkw, Re-Export)
Stickstoffdünger
Wein
Öl und Ölprodukte
Mineralwasser, auch kohlensäureund zuckerhaltiges Quellwasser
Spirituosen
Insgesamt: Agrarprodukte,
Nahrungsmittel und Getränke
1)
ohne nichtorganisierten Handel
Quelle: Nationales Statistikbüro
Hauptbezugsländer Georgiens (in Mio. USD; nominale Veränd. gegenüber Vorjahr in %)1)
Land
2012
2013
2014
2015
Türkei
Russland
VR China
1.469
476
614
1.409
584
612
1.727
575
733
1.331
623
587
Veränderung
2015/2014
-22,9
8,3
-19,9
Aserbaidschan
Irland
692
11
653
11
638
10
543
456 2)
-14,9
4460,0
Ukraine
Deutschland
588
540
601
449
546
466
455
431
-16,7
-7,5
USA
VAE
213
184
254
211
287
199
252
213
-12.2
7,0
259
2.426
30,2
323
2.264
28,3
311
2.370
27,6
207
2.519
32,6
-33,4
6,3
-
Rumänien
EU-Länder, insgesamt
Anteil am Gesamtimport (in %)
1
) ohne nichtorganisierten Handel;
) einmaliger Großimport von Arzneimitteln durch das Ministerium für Gesundheitswesen
Quelle: Nationales Statistikbüro
2
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14 | S e i t e
Hauptausfuhrländer Georgiens (in Mio. USD; nominale Veränd. gegenüber Vorjahr in %)1)
Land
2012
2013
2014
2015
Aserbaidschan
629
710
545
240
Veränderung
2015/2014
-56,0
Bulgarien
Türkei
70
140
151
184
167
239
214
186
28,1
-22,2
Armenien
258
315
288
180
-37,5
Russland
47
190
275
163
-40,7
VR China
USA
26
226
34
137
90
207
126
104
40,0
-49,8
16
39
53
23
73
81
55
69
86
97
76
74
76,4
10,1
-14,0
352
14,8
607
20,9
624
21,8
646
29,3
3,5
-
Usbekistan
Deutschland
Italien
EU-Länder, insgesamt
Anteil am Gesamtexport (in %)
1)
ohne nichtorganisierten Handel
Quelle: Nationales Statistikbüro
3.3
Wirtschaftsstruktur
Die georgische Volkswirtschaft befindet sich in einer Etappe der wirtschaftlichen Konsolidierung
und Neuausrichtung. Einer der Standortvorteile Georgiens ist seine strategisch günstige Lage
zwischen Europa und Asien. Diese ermöglicht es dem Land, sich als regionaler Energie-Hub und
regionales Handelszentrum für den Südkaukasus und als Transitland für Waren zwischen
Europa, Zentral- und Ostasien sowie Nah- und Mittelost zu positionieren. Georgien ist schon
heute ein wichtiger Korridor für den Transport von Öl und Gas aus Aserbaidschan sowie von Öl
und Ölprodukten aus Kasachstan in die Türkei und von dort aus nach Europa.
Ein weiterer Trumpf des Landes ist sein großes Wasserkraft-Potenzial. Darauf entfallen mehr als
90 % aller energetischen Ressourcen Georgiens. Das wirtschaftlich nutzbare jährliche
Wasserkraftpotenzial an den etwa 300 Flussläufen geben Experten mit 32 Mrd. kWh an. Dies
entspricht in etwa dem Vierfachen der bisher genutzten Ressourcen.
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15 | S e i t e
Die heute abbaufähigen Reserven fossiler Energiequellen erreichen mit Ausnahme von Kohle
(201 Mio. t) nur eine bescheidene Größenordnung. Sie betragen laut offiziellen Angaben etwa 5
Mio. t Erdöl und 8 Mrd. cbm Gas. Die Ressourcen werden 700 Mio. t Kohle, 50 Mio. t Öl und 102
Mrd. cbm Gas beziffert. Die Förderung betrug 2015 lediglich 40.153 t Öl und 16,5 Mio. cbm Gas.
Hinweis: Weitere Informationen über mineralische Ressourcen einschließlich des Bergbaus
siehe Abschnitt 5.3.3 (Bergbau).
Außerdem verfügt Georgien über rund 2.000 registrierte Süßwasserquellen mit einer jährlichen
durchschnittlichen Zuflussmenge von etwa 250 Mrd. Liter Wasser, 22 unterirdische Heil- und
Mineralwasserquellen (40 Mrd. Liter/Jahr) sowie circa 2.300 sonstige Heil- und
Mineralwasserquellen (130 Mio. Liter/Tag). Zu den Vorzügen des Wirtschaftsstandorts
Georgiens zählen günstige klimatische Bedingungen für den Ausbau des Agrarsektors, ein
großes touristisches Potenzial und die beachtlichen Geschäftschancen bei der Modernisierung
und dem Ausbau der Infrastruktur (Transport, Wasser/Abwasser, Energie, soziale Objekte).
Projekt der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) zur
Privatwirtschaftsentwicklung im Südkaukasus: Im Auftrag des Bundesministeriums für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) fördert die GIZ zahlreiche
Initiativen, um durch ein breitenwirksames Wachstum das Stadt-Land-Gefälle und die
Armut insbesondere in ländlichen Regionen zu reduzieren. Besonders in den Bereichen
Landwirtschaft, Tourismus und Bau berät die GIZ staatliche und private Organisationen
bei der Entwicklung von Strategien, fördert die Privatwirtschaft in bestimmten
Wertschöpfungsketten und unterstützt bei der beruflichen Qualifizierung. Im Laufe der
vergangenen drei Jahre hat die GIZ beispielsweise die Qualifizierung von Inhabern und
Mitarbeitern kleiner Hotels, Architekten, Designern und Baufachleuten hinsichtlich
Energieeffizienz sowie die Förderung von Weinproduzenten, die nach dem für Georgien
typischen Qvevri-Verfahren keltern, vorangetrieben.
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Mai 2016
16 | S e i t e
Sektorale Struktur
Die Wirtschaftsstruktur Georgiens hat sich nach dem Zusammenbruch der UdSSR grundlegend
verändert. Die Anfang der 1990er Jahre vollzogene marktwirtschaftliche Schocktherapie (Preisund Handelsliberalisierung, freier Kapitalverkehr und Privatisierung) sowie die Zuspitzung
innerethnischer Konflikte in den abtrünnigen Provinzen Abchasien und Südossetien führten bis
1994 zu einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 74,6 % gegenüber 1989. Nach
einer kurzen zweijährigen Stabilisierungs- und Wachstumsphase hat sich der Aufwärtstrend
infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise in Russland, eines sich verschlechternden
Geschäftsklimas, einer ausufernden Korruption, nachlassender Reformbemühungen und sich
erneut zuspitzender innerethnischer Spannungen wieder abgeflacht.
© DWV, GTAI
© HeidelbergCement
Erst nach der „Rosenrevolution“ (2003), aus der die Opposition unter Michail Saakaschwili als
Sieger hervorging, ging es dank neoliberaler Wirtschaftsreformen und einer effektiven
Korruptionsbekämpfung deutlich aufwärts. Das neoliberale Wirtschaftssystem gelangte aber
zunehmend an seine Grenzen. In Verbindung mit dem russisch-georgischen Fünf-Tage-Krieg um
die Gebiete Südossetien und Abchasien im August 2008 sowie den Auswirkungen der
Weltwirtschaftskrise musste Georgiens Wirtschaft wiederholt einen Rückschlag hinnehmen.
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
17 | S e i t e
Mangelnde wirtschaftsfördernde Reformen, zunehmende staatliche Interventionen, der
Konfrontationskurs der Regierung gegenüber Russland und soziale Probleme waren die
Hauptgründe für einen erneuten Machtwechsel im Herbst 2012. Der kurze Abriss der
Wirtschaftsentwicklung seit 1991 erklärt, warum das Land bis heute auf keine solide Basis für
eine sich dauerhaft selbst tragende und dynamisch entwickelnde Wirtschaft verweisen kann.
Die starke Importlastigkeit der Wirtschaft, das hohe Gewicht von Transitwaren am Export (um
die 30 %), erhebliche private Geldtransfers aus dem Ausland und massive internationale
Geberleistungen machen die Wirtschaft anfällig gegenüber exogenen Schocks. Die
verarbeitende Industrie und die Landwirtschaft weisen immer noch eine geringe Effizienz aus.
Die Herausbildung von Schlüsselsektoren, die sich auf lokale Standortvorzüge stützen können,
kommt nicht schnell genug voran. Der öffentliche und der private Verbrauch machten in den
vergangenen vier Jahren etwa 80 % bis 90 % des BIP aus. Diese hohe Quote weist auf eine im
internationalen Vergleich starke Konsumorientierung der Wirtschaft hin.
Die seit Ende 2012 amtierende Regierung hat mit beachtlichem Erfolg viele der von der
Vorgängerregierung unterlassenen Reformen auf den Weg gebracht und zu einem großen Teil
schon umgesetzt. Sie fördert prioritäre Wirtschaftssektoren und unternimmt ernsthafte
Bemühungen für eine signifikante Verbesserung der Rahmenbedingungen hin zu einer
nachhaltigen und stabilen Wirtschaftsentwicklung im Land. Diese Initiativen spiegeln sich vor
allem in der Förderung des Agrar-Industrie-Komplexes, in der Unterstützung kleiner und
mittlerer Unternehmen in allen Bereichen des verarbeitenden Gewerbes, in der Förderung des
Tourismus und vor allem in der Wiederbelebung des Handels mit Russland wider.
Die DWV bietet Unternehmen, die an einem Markteintritt in Georgien oder Armenien
interessiert sind, individuelle Beratungsgespräche an. Neben der Beantwortung Ihrer
individuellen Fragen, liefern wir Informationen über die Wirtschaftsstandorte,
Registrierungsverfahren, Genehmigungen, Zollangelegenheiten etc. Auch nennen wir
Ihnen für Ihre individuellen Anliegen geeignete Ansprechpartner. Diese kurzen
Erstberatungen sind kostenfrei.
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
18 | S e i t e
In der sich langsam wieder belebenden verarbeitenden Industrie, deren mengenmäßiger
Ausstoß heute nur circa ein Fünftel des Niveaus von Ende der 1980er Jahre erreicht,
dominieren die Nahrungs- und Genussmittelindustrie und die Produktion von Metallen und
fertigen Metallerzeugnissen. Es folgen die Baustoffindustrie (Schwerpunkt: Zement und
Betonerzeugnisse), einige wenige Segmente der chemischen Industrie (vorrangig Produktion
von Düngemitteln) sowie die Kunststoff- und die Pharma-Industrie. Die einst starke Textil- und
Bekleidungsindustrie ist heute nur noch mit etwa 1 % an der industriellen Erzeugung des Landes
beteiligt, gegenüber annähernd 20 % Ende der 1980er Jahre.
Bedeutung der Wirtschaftssektoren (Anteile in %)
Sektoren
Anteil am BIP
Anzahl der
Angestellten
2006
2015
87.300
105.200
54.700
78.200
2006
17,0
9,9
2015
16,5
9,8
..Lebensmittel- und Getränkeindustrie
..Chemie- und Kunststoffindustrie
4,6
1,3
4,5
1,2
21.300
6.000
29.300
8.800
..Baustoffindustrie/Produktion nichtmetallischer
Erzeugnisse
..Produktion von Basismetallen und metallischen
Erzeugnissen
2. Bauwirtschaft
1,1
1,4
6.400
7.200
1,4
1,5
5.200
13.300
7,9
8,0
46.700
59.900
3. Dienstleistungen
.ohne öffentliche Verwaltung und Bildung
60,4
50,6
66,3
52,1
202.8000
k.A.
368.600
k.A.
.Groß-/Einzelhandel, Reparatur von Kfz
15,6
16,6
39.100
128.900
.Transport und Kommunikation
13,3
10,7
53.300
57.500
.Gesundheit, soziale Dienste
5,0
6,0
50.400
58.000
.Immobilien, unternehmensnahe Dienste
3,8
6,6
24.000
51.800
.Hotel- und Gaststättenwesen
2,6
2,5
11.000
29.100
11,5
9,2
4.000
11.300
19,4
17,0
k.A.
k.A.
7,0
7,3
k.A.
k.A.
1. Industrie insgesamt 1)
.Verarbeitende Industrie
4. Landwirtschaft
Memo:
Agrarbusiness insgesamt (Landwirtschaft und
Nahrungsmittelindustrie)
Tourismuswirtschaft insgesamt
1)
darin enthalten: Bergbau, verarbeitendes Gewerbe, Strom-, Gas- und Wasserversorgung sowie die Produktion in Haushalten
(Anteil der Produktion in Haushalten an der Industrieproduktion insgesamt 2015: 2,6 %)
Quelle: Nationales Statistikbüro
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Mai 2016
19 | S e i t e
Regionale Struktur
Die Hauptstadt Tiflis ist das bedeutendste Wirtschaftszentrum Georgiens. In die
Landesmetropole fließen alljährlich drei Viertel der im Land realisierten Investitionen. Ihr Anteil
an der Warenproduktion und der Erbringung von Dienstleistungen in der Republik betrug unter
Beachtung der dort ansässigen Firmenzentralen 2010 bis 2015 im Schnitt rund zwei Drittel. Auf
die Stadt entfallen rund sieben Zehntel der alljährlich in Georgien realisierten Bauleistungen
und gut vier Zehntel des landesweiten Industrieausstoßes. In der lokalen Industrie dominieren
die Nahrungsmittel- und Baustoffindustrie sowie die Energiewirtschaft.
Die aktuelle sozioökonomische Lage in Tiflis ist nicht
zufriedenstellend. Die meisten Industriebetriebe, die 1990
insgesamt 17,4 % der Fläche des damaligen Stadtgebietes
(378 qkm) einnahmen (Schwermaschinenbau, Elektronik
und Mikroelektronik, Textil- und Lebensmittelindustrie),
meldeten in den 1990er Jahren Konkurs an. Mittel- und
langfristig hat die Stadt gute Entwicklungsmöglichkeiten.
Dies gilt sowohl für den weiteren Ausbau des
Dienstleistungsgewerbes als auch für einige Branchen der
Industrie,
so
für
die
Nahrungsmittelindustrie,
technologieorientierte Sektoren der elektrotechnischen
Industrie, den Maschinenbau und die Baustoffindustrie.
Die in der Metropole geplanten städtebaulichen
Aktivitäten sind in einem von der Stadtverwaltung (Tbilisi
City Hall) verabschiedeten Masterplan skizziert.
Zweitwichtigste Industrieregion Georgiens ist die südlich und östlich der Hauptstadt gelegene
Region Niederkartlien. Ihr Anteil an der landesweiten Industrieproduktion beträgt rund ein
Fünftel und am Gesamtumsatz aller georgischen Unternehmen circa 6 %. Das lokale
Industriegeschehen prägen die in der regionalen Hauptstadt Rustavi und ihrem Umland
ansässigen
Unternehmen
GeoSteel
(Stahlguss,
Betonstahl-Walzgut),
Rusmetall
(Ferrolegierungen), Rustavi Steel (Stahlarmaturen, Rohre), Azot (Düngemittel und andere
Chemieerzeugnisse), HeidelbergCement (Zement), Carriage Building Company (rollendes
Material, Güter- und Reisezugwagen), Kazbegi (Brauerei) und Mtkvari Energy/Inter RAO (Stromund Wärmenergieerzeugung), die im Landkreis Bolnisi tätigen Unternehmen RMG Copper und
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20 | S e i t e
RMG Gold (Abbau von kupferhaltigen Erzen und goldhaltigen sekundären Quarziten,
Produktion von Kupfer- und Golderzkonzentrat) und Marneuli Food Factory in Marneuli, ein
Hersteller von Obst- und Gemüsekonserven.
Imeretien mit der lokalen Hauptstadt und zweitgrößten georgischen Stadt Kutaisi ist das
westgeorgische Wirtschaftszentrum und steht für knapp 5 % der landesweit erzielten
Unternehmensumsätze. Die größten lokalen Betriebe sind Georgian American Alloys
(Manganerzförderer Chiatura Manganese Mine und Siliziumaufbereitungswerk Zestafoni
Ferroalloy Plant) und Chiaturmanganum Georgia (Manganerzförderung, Produktion von
Ferromangan und -siliziummangan in Nakhshirgele/Imeretien und Rustavi/Niederkartlien). In
Imeretien gibt es nennenswerte Kapazitäten in der Nahrungsmittel-, der Textil- und der
holzverarbeitenden Industrie. Der Tourismus in der Region profitiert von der Inbetriebnahme
des neuen internationalen Flughafens Kutaisi Ende 2012.
Die im Südwesten Georgiens und am Schwarzen Meer gelegene Autonome Republik
Adscharien gilt nach der georgischen Hauptstadt als bedeutendster Standort für private
Investitionen (Schwerpunkte: Tourismus/Hotels, Infrastruktur). Das Verwaltungsgebiet steht für
7 % der für das Land insgesamt ausgewiesenen Unternehmensumsätze. Bedeutendste
Wirtschaftssektoren sind der Fremdenverkehr, der Agrar-Industrie-Komplex und die
Bekleidungsindustrie. Ein 2011 verabschiedetes Programm für die Entwicklung des Berg- und
Skitourismus sieht
bis
2020
die
Herausbildung weiterer
konkurrenzfähiger
Fremdenverkehrscluster mit mehr als 20 touristischen Zentren vor.
4
Investitionsklima, Arbeitsmarkt und Löhne
4.1
Investitionsklima
Georgien hat als Wirtschaftsstandort einige Trümpfe in der Hand. Das Land bietet ein liberales
Handelsregime: WTO-Mitglied seit 2000, zollfreie Einfuhr von 90 % aller Waren, kaum Export-/
Importlizenzen, -genehmigungen und -beschränkungen, einfache Aus- und Einfuhrverfahren
sowie freies Handelsregime mit der GUS, der Türkei und in naher Zukunft auch mit der VR
China. Das mit der EU abgeschlossene Assoziierungsabkommen umfasst umfangreiche
Erleichterungen für den Zugang georgischer Produkte zu den Märkten der EU.
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21 | S e i t e
Weitere Vorzüge des Standortes sind die politische Stabilität, eine effiziente und
geschäftsfreundliche Verwaltung geringe Steuern (Gewinnsteuersatz: 15 %), ein liberales
Bankensystem und eine geringe Korruptionsanfälligkeit. Das Land bietet Investoren
komparative Kostenvorteile wie geringe Stromtarife sowie günstige Lohn- und
Lohnnebenkosten. Investoren schätzen das recht hohe Bildungsniveau der Arbeitskräfte.
Insbesondere in technisch orientierten Berufsgruppen besteht jedoch ein Fachkräftemangel.
Georgien als Wirtschaftsstandort im internationalen Vergleich
Index
Ease of Doing Business (World
Bank)
Global Competitiveness Index
(World Economic Forum)
Economic Freedom Index
(Heritage Foundation)
Economic Freedom of the
World Index (The Fraser
Institute)
Corruption Perceptions Index
(Transparency International)
World Justice Project (WJP)
Rule of Law Index (The World
Justice Project)
Rang (von Ländern; Jahr ) Wertung
24 (von 189; 2016) Spitzenreiter bei der
Unternehmerfreundlichkeit in
Osteuropa (GUS) inklusive
Südkaukasus und Zentralasien
66 (von 140; 2015-2016) Wettbewerbsfähigkeit zeigt im
Trend nach oben
23 (von 178: 2016) weitest gehende wirtschaftliche
Freiheit
12 (von 157; 2015) weitestgehende wirtschaftliche
Freiheit
48 (von 168; 2015) geringste
Korruptionswahrnehmung in
Osteuropa (GUS) inklusive
Südkaukasus und Zentralasien
29 (von 102; 2015) höchstes Niveau bei der
Einhaltung rechtsstaatlicher
Standards in Osteuropa (GUS)
inklusive Südkaukasus und
Zentralasien
Die guten unternehmerischen Rahmenbedingungen spiegeln sich in den vorderen Platzierungen
Georgiens in internationalen Rankings und Wettbewerbslisten wider. In dem von der Weltbank
jährlich erstellten Index über das Geschäftsklima „Doing Business“ hat Georgien einen kräftigen
Sprung nach vorn gemacht: von Rang 112 (unter 145 untersuchten Ländern) im Jahr 2005 auf
Platz 24 im Jahr 2016 (unter 189 Ländern). Spitzenpositionen nimmt das Land bei solchen
Kriterien wie Registrierung von Grundstückseigentum (Rang 3), Firmengründung (Rang 6),
Kreditvergabe (Rang 7), Beantragung und Erhalt von Baugenehmigungen (Rang 11) und
Durchsetzung von Verträgen (Rang 13) ein. Bei den Insolvenzregelungen (Rang 101), hat das
Land noch einen erheblichen Handlungsbedarf.
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22 | S e i t e
Ein detaillierter Blick auf die in den Geschäftsklimaindex eingehenden Bewertungen zeigt aber
auch, dass der bisher von der Regierung verfolgte massive formale Abbau von Bürokratie in
dem Index überbewertet wird. Markwirtschaftlich konforme und sozial orientierte Regelungen
sowie die Schaffung international üblicher Rahmenbedingungen für die internationale
Wettbewerbsfähigkeit blieben über viele Jahre hinweg zu einem erheblichen Teil auf der
Strecke. Doch auch hier lassen sich in den letzten drei Jahren deutliche Verbesserungen
beobachten (Einführung von Hygiene- und Umweltstandards, neuen Baunormen oder
international üblichen arbeitsrechtlichen Regelungen).
Im Vergleich zum Ranking Doing Business, das eher
die
formalen
Rahmenbedingungen
für
unternehmerische Initiativen mit Bezug auf die
staatliche Regulierung untersucht, analysiert das
Weltwirtschaftsforum in seinem alljährlich erstellten
„Global
Competitiveness
Report“
die
Wettbewerbsfähigkeit und damit auch die
Wachstumschancen in den Ländern. Im jüngsten
Report von 2015-2016 platziert sich Georgien mit
Rang 66 im Mittelfeld unter allen 140 analysierten
Ländern (Nachbarn Armenien und Aserbaidschan:
Ränge 82 und 40).
Nachholbedarf besteht laut Weltwirtschaftsforum vor allem bei folgenden Aspekten:
Verbesserung des makroökonomischen Klimas einschließlich weiterer Wiederbelebung der
Wirtschaftsbeziehungen mit Russland, Transportinfrastruktur, Qualität staatlicher Verwaltung,
Hoch- und Berufsschulausbildung, Abbau monopolistischer Strukturen in einigen
Wirtschaftssektoren, Aufbau einer leistungsfähigen Zulieferindustrie, weitere Eindämmung der
Arbeitslosigkeit und Armut eines Großteils der Bevölkerung. Bei den Pro-Kopf-Einkommen liegt
Georgien unter allen Nachfolgerepubliken der UdSSR im deutlich hinteren Feld.
In Georgien tätige ausländische Investoren bemängeln zu langsame Rechtsverfahren. Positiv
bewerten sie die 2011 eingeführte Institution eines Wirtschaftsombudsmanns (BusinessOmbudsman, seit Januar 2013: Giorgi Gakharia), der Kapitalanleger und ausländische Firmen
bei der Lösung geschäftlicher Probleme zügig und kompetent unterstützt. Dies gilt
insbesondere bei Streitfällen mit der staatlichen Verwaltung.
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23 | S e i t e
Länderrating des Weltwirtschaftsforums 2015-2006 (wirtschaftlicher Rang von 140 Ländern)
Kriterien
Gesamtrang
Georgien Aserbaidschan
66
40
Deutschland
4
1 Institutionen (bewertet unter anderem
Eigentumsrechte, Unabhängigkeit der Justiz,
Intensität der Auditierung)
2 Infrastruktur
40
64
20
61
65
7
3 Makroökonomisches Umfeld
51
10
20
4 Gesundheit und Grundschule
65
102
13
5 Höhere Bildung und Ausbildung
6 Effizienz der Gütermärkte (benötigte Zeit für
Firmengründung, Wettbewerbsintensität,
Besteuerung, Zollvorschriften)
87
48
89
66
17
23
7 Effizienz des Arbeitsmarkts
32
30
28
8 Entwicklung des Finanzmarkts (bewertet
unter anderem Beschränkungen der
Kapitalströme)
68
114
18
9 Technologische Reife
10 Marktgröße
72
99
57
67
12
5
11 Qualität des Geschäftsumfeldes
112
73
3
12 Innovation
123
61
6
Quelle: World Economic Forum
Nach der „Rosenrevolution“ (2003), die Georgien den Weg zu einer umfassenden
Liberalisierung des Geschäftsklimas und zur Abschaffung der alten Korruptionssysteme ebnete,
hat sich der Nettozufluss ausländischer Direktinvestitionen in das Land sichtlich verstärkt. Im
Jahr 2014 wurde mit einem Zufluss von knapp 1,8 Mrd. USD das bislang zweitbeste Ergebnis
nach 2007 (2,0 Mrd. USD) erreicht. Die Angaben sind aufgrund unterschiedlicher
Erhebungsmethoden nur bedingt miteinander vergleichbar. Im Jahr 2015 erreichten die
Investitionen eine Höhe von 1,3 Mrd. USD.
Im Schnitt bewegte sich der Nettozufluss 2011 bis 2015 auf jährlich 1,2 Mrd. USD. Das Niveau
bei den Investitionen kann sich unter Beachtung der schwierigen internationalen
Rahmenbedingungen für Engagements in der Region Südkaukasus/Zentralasien sehen lassen.
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24 | S e i t e
Das Gros der Investitionen kam aus Aserbaidschan (2011 bis 2015: 1,16 Mrd. USD), den
Niederlanden (919 Mio. USD) und Großbritannien (510 Mio. USD). Bei den Investitionen aus
den Niederlanden handelt es sich größtenteils um Kapitalanlagen von Firmen aus anderen
Ländern. Diese Investoren sind in Amsterdam oder in niederländischen Offshorezonen
registriert. Hauptanlagesektoren waren bis 2015: Transport und Kommunikation (1,37 Mrd.
USD), Energie (907 Mio. USD), Finanzen (902 Mio. USD) und verarbeitende Industrie (684 Mio.
USD).
Unter den ausländischen Großinvestoren in Georgien ragt das Unternehmen SOCAR Energy
Georgia, das Standbein der staatlichen aserbaidschanischen Ölgesellschaft SOCAR in Georgien,
hervor. Bedeutende Investoren im Energiesektor sind ferner die russische Energieholding INTER
RAO UES (Stromnetzgesellschaft JSC Telasi, Wasserkraftwerke), das tschechische Unternehmen
Energo-Pro (Wasserkraftwerke) und die kasachische Öl- und Gasholding KazMunaiGaz
(Ölterminal Batumi). Türkische Firmen engagieren sich in der Hydroenergetik, beim Ausbau der
touristischen Infrastruktur, in der Bekleidungsindustrie und in der Ernährungswirtschaft. Die
Aktivitäten chinesischer Investoren konzentrieren sich auf das Baugewerbe, den Bankensektor
und die Landwirtschaft.
In unserem Büro in Tbilisi bieten wir die verschiedensten Office-Dienstleistungen an,
maßgeschneidert auf Ihren individuellen Bedarf. Das Team der DWV steht Ihnen vor Ort
dergestalt zur Verfügung, dass Sie in Georgien präsent sein können ohne eigene
Mitarbeiter und Infrastruktur unterhalten zu müssen. Unsere Dienstleistungen umfassen
unter anderem:
• Physische Adresse
• Telefon- und Emailservice
• Kommunikation mit Behörden, Anwälten etc.
• Marketingaktionen
• Bereitstellung eines Arbeitsplatzes inklusive Büroinfrastruktur
Alle Dienstleistungen sowie die Kommunikation (in Georgisch) werden durch
qualifizierte bilinguale (deutsch-georgische) DWV-Mitarbeiter durchgeführt.
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25 | S e i t e
Entwicklung ausländischer Direktinvestitionen (Nettozufluss in Mio. USD)
2015 2011-20151)
1.315
6.045
2011
1.117
2012
912
2013
942
2014
1.759
.Aserbaidschan
138
59
82
341
542
1.162
.Niederlande
.Großbritannien
242
55
35
94
153
55
374
108
111
198
919
510
.Luxemburg
43
42
143
110
87
425
.Türkei
76
81
43
63
77
340
.VR China
.USA
10
28
36
20
90
45
218
182
58
35
331
310
.Deutschland
.Russland
.Panama
26
55
2
139 2)
20
10
22
2
26
4
82
71
6
49
7
197
208
186
Nach Hauptbranchen
.Transport/Kommunikation
127
73
140
434
594
1.368
.Energiewirtschaft
.Finanzwirtschaft
203
168
179
162
245
166
190
115
90
191
907
902
.Verarbeitende Industrie
120
168
100
205
91
684
48
42
50
317
128
585
225
53
42
139
48
507
.Hotel-/Gaststättenwesen
23
18
-13
125
61
214
.Bergbau
40
5
44
43
43
175
.Gesundheit/soziale Dienste
17
18
0
-9
66
92
.Land-/Fischwirtschaft
15
16
12
13
29
85
131
178
156
188
10
663
805
693
688
1.327
1.094
4.607
94
66
39
55
62
57
159
94
121
51
475
323
147
42
14
55
55
313
5
21
52
74
38
190
Nettozufluss, insgesamt
Nach Hauptherkunftsländern
.Bauwirtschaft
.Immobilienwirtschaft
.Andere Sektoren
Nach Hauptregionen
.Tiflis
.Adscharien
.Mengrelien/Oberswanetien, Gurien
.Niederkartlien
.Samzche-Dschachawetien
1)
Der Nettozufluss ausländischer Direktinvestitionen betrug seit der Erlangung der staatlichen Unabhängigkeit Georgiens 1991
bis Ende 2015 rund 14,6 Mrd. USD;
2)
Die Angabe umfasst ein Anfang 2013 von HeidelbergCement an die Tochterfirma HeidelbergCement Georgia erneut
übertragenes Darlehen über etwa 100 Mio. Euro (eine Rückbuchung erfolgte Ende 2012). Der Betrag ging trotz des
unberücksichtigten Abflusses im Vorjahr als Neuzufluss in die Anlagestatistik ein.
Quelle: Nationales Statistikbüro, Nationalbank Georgiens
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26 | S e i t e
Deutsche Investitionen sind vorrangig im verarbeitenden und im Dienstleistungsgewerbe aktiv.
Der Hauptinvestor HeidelbergCement investierte seit 2006 mehr als 300 Mio. USD in Fabriken
für die Produktion von Zement und Transport. Das Gros der übrigen Investitionen aus
Deutschland entfällt auf die ProCredit Bank Georgia (ProCreditHolding AG & Co. KGaA), Caparol
Georgia (Sparten: Farben/Lacke, Grundierungen, Spachtelmasse, Mörtel, Bautenschutz), Knauf
Georgia (Gipskartonplatten und Gips), Hipp Georgia (Babynahrung und Apfelsaftkonzentrat,
Anbau und Verarbeitung von Obst und Gemüse), Henkel (Bauklebstoff-Trockengemischen),
Schuchmann Wines (Weinanbau und -verarbeitung) und Essential Oils of Georgia (ätherische
Öle, Extrakte und Hydrolate aus frischen Heil-, Duft- und Gewürzpflanzen).
4.2
Arbeitsmarkt und Löhne
Georgiens Arbeitsmarkt befindet sich im Umbruch. Trotz Bildungsinitiativen im Berufs- und
Hochschulwesen mangelt es in vielen Sektoren an Fachkräften. Zugleich gibt es viele
Arbeitslose. Vor allem jungen Menschen fehlen Jobs. Internationale Firmen finden auf dem
Markt nur schwer geeignete Mitarbeiter. Der Arbeitsmarkt ist stark dereguliert, das
Arbeitsrecht liberal. Löhne und Gehälter sind niedrig.
Im 2014 betrug die offizielle Arbeitslosenquote 12,4 % (246.000 Arbeitslose), nach 14,6 % und
15,0 % in den Jahren 2013 und 2012. Offizielle Angaben für 2015 liegen noch nicht vor. Laut
georgischen Experten dürfte die reale Arbeitslosenquote 35 % bis 40 % betragen, unter
Berücksichtigung von unfreiwilliger Teilzeit- sowie ineffektiver Beschäftigung sogar bis zu 50 %.
Die offizielle Arbeitslosenquote auf dem Lande belief sich in den letzten Jahren im Schnitt auf
mehr als 20 %, in den Städten bei 5 % bis 6 %. Besorgniserregend ist die hohe
Jugendarbeitslosigkeit. Etwa 30 % der Arbeitslosen verfügen über einen Universitätsabschluss.
Allgemeine Arbeitsmarktdaten 2014
Bevölkerung (in Mio., 2015)
3,73
Erwerbspersonen (Bevölkerung älter als 15 und jünger als 65 Jahre; in Mio., 2015)
Erwerbstätige Bevölkerung (in Mio.)
2,56
1,99
Beschäftigte (in Mio.)
Arbeitslosenquote, offizielle (in %; nach ILO-Definition)
1,75
12,4
Analphabetenquote (in %)
Universitätsabschluss (in % der Erwerbspersonen, 2013)
0,3
26,1
Quellen: Geostat, UNICEF (Welfare Monitoring Survey)
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Mai 2016
27 | S e i t e
Von den 2014 offiziell 1,75 Mio. Beschäftigten waren drei Fünftel selbstständig und zwei Fünftel
abhängig Beschäftigte. Vier Fünftel der Selbstbeschäftigten sind Landbesitzer, Bauern und
deren Familien. Ein Fünftel stellen Straßenhändler, Taxifahrer und kleine Dienstleister. Das Gros
der Selbstbeschäftigten wäre lieber fest angestellt und müsste eigentlich als arbeitssuchend
erfasst werden. Von allen abhängig Beschäftigten sind etwa 40 % öffentlich Bedienstete. Diese
Zahlen weisen auf eine geringe Größe des regulären privaten Arbeitsmarktes hin.
Die hohe Zahl der Arbeitslosen und Selbstbeschäftigten lässt auf den ersten Blick ein flexibel
nutzbares Arbeitskräftepotenzial vermuten. In der Praxis jedoch verweist jeder dritte, in einigen
Regionen sogar jeder zweite Arbeitgeber auf Probleme bei der Rekrutierung. Aktuell werden im
Privatsektor vor allem Verkaufsmanager, Buchhalter, Ingenieure, Finanzfachkräfte,
Programmierer, Krankenschwestern/ -pfleger sowie Facharbeiter technischer Fachrichtungen
gesucht. Die meisten Arbeitsangebote entfallen auf Tiflis und die Region Imeretien.
Die Ursachen für den Fachkräftemangel sind vielschichtig. Der Zusammenbruch der UdSSR und
innerethnische Konflikte führten zum Niedergang der georgischen Wirtschaft und des
Bildungssystems. Viele Fachkräfte wanderten in andere Branchen, vornehmlich in den Handel,
oder ins Ausland ab. Seit der Unabhängigkeitserklärung Georgiens 1991 haben das Land weit
mehr als 1 Mio. Menschen vorwiegend aus ökonomischen Gründen verlassen.
Senior Experten Service: Der „Senior Experten Service - Stiftung der Deutschen
Wirtschaft für internationale Zusammenarbeit“ ermöglicht es Menschen im Ruhestand,
ihre jahrzehntelange Berufserfahrung an Fach- und Führungskräfte weiterzugeben. Im
Rahmen dieses Ehrenamts leisten Ruheständler Hilfe zur Selbsthilfe indem sie im In- und
Ausland ihre Kenntnisse weitergeben. Dabei finden die Einsätze vor allem in kleinen und
mittleren Industrie- und Handwerksbetrieben sowie in Einrichtungen der Berufsbildung
und des Gesundheitswesen statt, aber auch beispielweise für die Deutsche Gesellschaft
für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Die Einsatzdauer beläuft sich meist auf drei bis
sechs Wochen, wobei die Höchstdauer bei sechs Monaten liegt.
Die Deutsche Wirtschaftsvereinigung (DWV) ist exklusive Vertreterin des SES in Georgien
und steht für alle Anfragen und Bedarfe gerne zur Verfügung.
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
28 | S e i t e
Die 2011/12 gestartete Reform im Berufsschulwesen (Neuordnung der Schulen, Einführung
internationaler Standards, neues Finanzierungssystem) und ein 2013 verabschiedetes
mittelfristiges Ausbauprogramm zeigen erste Erfolge. Dennoch nehmen bislang immer noch
wenige Schulabgänger eine reguläre Berufsausbildung auf. Ausländische und größere
georgische Firmen lösen das Problem fehlender Fachkräfte häufig mit interner Ausbildung und
Schulung über "trainings on the job".
In Georgien schließen im internationalen Vergleich überdurchschnittlich viele junge Menschen
ein Hochschulstudium ab. Fachrichtungen wie BWL, Jura und Sprachwissenschaften
dominieren. Ingenieur- und Naturwissenschaften sind bei den Studenten weniger gefragt.
Georgiens Hochschulwesen wurde in den Jahren 2004/2005 umfassend reformiert, unter
anderem durch die Teilnahme am Bologna-Prozess und an Akkreditierungsverfahren zur
Qualitätssicherung. Es steht heute auf einer soliden, transparenten und weitestgehend
korruptionsfreien Grundlage. Arbeitgeber beklagen jedoch, dass die Ausbildung an den
Universitäten noch zu wenig praxisrelevant sei.
Mehrere Tausende Georgier studieren derzeit an deutschen Hochschulen. Das Centrum für
internationale Migration und Entwicklung (CIM) betreut im Auftrag des Bundesministeriums für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ein Programm "Rückkehrende Fachkräfte". Es
unterstützt die berufliche Integration von rückkehrinteressierten Hochschulabsolventen, so
auch von Absolventen aus Georgien. Georgische Arbeitnehmer verfügen über gute
Fremdsprachenkenntnisse, vor allem in Russisch, Englisch und Deutsch. Der
Fremdsprachenschwerpunkt hat sich bei jüngeren Managern von Russisch auf Englisch
verschoben.
Die Deutsche Wirtschaftsvereinigung Georgien (DWV) bietet gezielte Personalsuche an,
um die richtigen Kandidaten für Sie zu finden. Dank unseres guten Netzwerkes und
unserer ausführlichen Datenbank können wir praxiserfahrene Mitarbeiter und gut
ausgebildete Absolventen passgenau vermitteln. Firmen, die zweisprachige Mitarbeiter
suchen, wird anhand des gewünschten Mitarbeiterprofils unverbindlich ein
standardisierter Fragebogen übersandt. Auf Anfrage werden Lebensläufe der Kandidaten
zugesandt.
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
29 | S e i t e
Die Personalsuche läuft meist über ein persönliches Kontaktnetz. Zur Anwerbung führen viele
Unternehmen in Hochschulen Präsentationen durch. Bei der Suche nach Managern der oberen
und mittleren Ebene werden von ausländischen Firmen häufig die Dienste internationaler
Personalberatungen genutzt. Die Vermittlungsgebühren der professionellen Berater liegen bei
10 bis 15 % eines Jahresgehalts. Sie gewähren mitunter eine Garantie von drei bis sechs
Monaten für den Verbleib des Arbeitnehmers im Unternehmen. Anderenfalls wird kostenlos für
Ersatz gesorgt. Den Arbeitsämtern sprechen westliche Unternehmen wenig Kompetenz zu.
Das Lohnniveau ist im Vergleich zu vielen Ländern der GUS niedrig. Es gibt keinen gesetzlichen
Mindestlohn. Das real gezahlte durchschnittliche Salär dürfte ohne Berücksichtigung der
Besserverdiener, die den Mittelwert des Lohngefüges deutlich erhöhen, gegenwärtig kaum
mehr als 250 bis 280 Euro betragen. Löhne und Gehälter machen im Schnitt ein Drittel der
Gesamteinnahmen aller privaten Haushalte aus. Nur in Tiflis ist diese Quote mit etwa 50 %
höher.
Entwicklung der durchschnittlichen Bruttomonatslöhne abhängig Beschäftigter
Nominal (in GEL)
2012
712,5
2013
773,1
2014
818,0
2015 1)
932,9
Männer
Frauen
859,6
517,9
920,3
585,0
980,0
617,9
1.084,4
673,4
12,0
13,4
8,5
6,1
5,8
3,8
7,8
2,9
335,6
349,9
348,6
370,1
Nominale Veränderung (in %)
Reale Veränderung (in %)
Nominal (in Euro)
1)
vorläufige Angaben auf der Basis von Quartalszahlen, die Veränderungen beziehen sich auf die Quartalsangaben des
Vorjahres; die Quartalszahlen fallen im Schnitt um etwa 5 % höher als die später veröffentlichen Jahresangaben aus;
Jahresdurchschnittskurse für 1 Euro: 2012: 2,1232 GEL; 2013: 2,2094 GEL; 2014: 2,3462 GEL; 2015: 2,5204 GEL
Quellen: Nationales Statistikbüro, Berechnungen von Germany Trade and Invest
Zahlreiche Angestellte müssen mit einem Salär auskommen, das an der Grenze oder unterhalb
des realen Existenzminimums liegt. Die deutliche Abwertung der Nationalwährung gegenüber
US-Dollar und Euro seit 2014 bis Ende 2015 führte dazu, dass die aktuellen Gehälter, gemessen
in diesen Währungen, stagnieren und zum Teil auch sinken. Lohnsenkungen sind vor allem in
den Sektoren Handel, Dienstleistungen und Bauwirtschaft zu beobachten. Das sind jene
Wirtschaftsbereiche, die infolge der Währungsabwertung mit besonders hohen
Umsatzeinbußen zu kämpfen haben. Im Schnitt betragen die Einschnitte beim
Bruttomonatslohn 150 bis 300 GEL (etwa 60 bis 120 Euro). Das gesunkene Lohnniveau spiegelt
sich auch in den veröffentlichten Stellenangeboten wider.
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
30 | S e i t e
Durchschnittliche Bruttomonatslöhne aller abhängig Beschäftigten nach Branchen
Branche (Anzahl der abhängig Beschäftigten bzw.
Angestellten, in 1.000 Personen; 2014)
Veränderung
2015/14 (in %)
2015 (in
Euro)
932,9
7,8
370,1
.Finanzvermittlung (k.A.)
1.690,1
6,0
670,6
.Bauwirtschaft (68)
1.343,5
16,2
533,1
.Transport/Kommunikation (59)
.Erzeugung und Verteilung von Strom, Gas und
Wasser (22)
1.216,3
1.114,6
4,8
6,3
482,6
442,2
.Immobilien/Vermietung, unternehmensnahe
Dienste (59)
1.120,2
15,4
444,5
.Bergbau (7)
.Groß-/Einzelhandel, Kfz-Dienste (139)
.Verarbeitende Industrie (84)
1.189,5
787,5
811,0
9,1
1,9
5,1
471,9
312,5
321,8
.Gesundheit/soziale Dienste (58)
.Land-/Forstwirtschaft (11)
845,0
607,4
16,2
13,2
335,3
241,0
.Hotel-/ Gaststättenwesen (31)
598,0
11,9
237,3
Wirtschaft insgesamt (592)
1)
2015 (in GEL)
1)
2)
3)
2)
3)
Berechnung nach Quartalsangaben; nominale Veränderung gegenüber den Vorjahresquartalen; Anzahl der Beschäftigten
ohne öffentliche Verwaltung und Finanzvermittlung
Quelle: Berechnungen von Germany Trade and Invest nach Angaben des Nationalen Statistikbüros
Durchschnittliche Nettogehälter für qualifizierte Beschäftigte für den Bedarf ausländischer
Firmen nach ausgewählten Positionen (Stand: Frühjahr 2016)
Position
Geschäftsführer/-in einer größeren Niederlassung
Gehalt in USD
4.500 bis 8.000
Geschäftsführer/-in eines kleinen bis mittleren Unternehmens
Vertriebsleiter/-in
3.000 bis 4.000
2.000 bis 2.800
Ingenieur/-in
800 bis 1.800
Programmierer/-in
Sekretär/-in mit Fremdsprachenkenntnissen
800 bis 1.700
600 bis 800
Buchhalter/-in
Kraftfahrer/-in
1.200 bis 1.600
500 bis 600
Quelle: zusammengestellt und berechnet von Germany Trade and Invest nach Angaben georgischer Personaldienstleister und
aktuellen Stellenangeboten
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
31 | S e i t e
Georgische Arbeitnehmer erwarten von ausländischen Arbeitgebern häufig einen Aufschlag von
50 % und mehr auf das übliche Gehalt. Für Mitarbeiter im mittleren Management sind in Tiflis
1.500 USD bis 2.500 USD Monatsgehalt üblich. Für das gehobene Management sind Gehälter ab
2.500 USD bis 3.500 USD die Regel. Laut offiziellen Angaben waren 2015 mehr als 100.000
Beschäftige in Unternehmen ausländischer juristischer und natürlicher Personen tätig. Deren
durchschnittlicher Bruttolohn lag im Land im Schnitt um 45 % bis 50 % über den im Land
gezahlten Durchschnittslohn.
In der Hauptstadt werden die höchsten Gehälter gezahlt. Laut Personalvermittlern ist hier ein
Zuschlag von 25 % bis 35 % üblich; oft auch bis zu 50 %. Das Gehaltsgefälle zwischen den
übrigen Regionen ist überschaubar. Das Existenzminimum lag im Frühjahr 2016 (Januar bis
März) für einen Ein-Personen-Haushalt bei umgerechnet rund 55 Euro und für einen ZweiPersonen-Haushalt bei 88 Euro. Es müsste nach Meinung von Experten real mindestens in etwa
doppelt so hoch sein.
Durchschnittliche Bruttomonatslöhne nach Hauptwirtschaftsregionen 1)
Region (Anzahl der abhängig Beschäftigten
bzw. Angestellten, in 1.000 Personen; 2014)
Hochlohnregionen
2014 (in
Euro)
2015 (in
GEL) 2)
Veränd.
2015/14 3)
2015 (in
Euro) 2)
.Hauptstadt Tiflis (372)
.Autonome Republik Adscharien (55)
.Kvemo Kartli (Niederkartlien; 35)
392,2
274,9
294,2
1.017,5
893,4
805,3
7,4
28,4
6,2
409,7
359,7
324,3
Niedriglohnregionen
Samagrelo-Zemo Svaneti (MingrelienOberswanetien; 27)
257,9
693,8
4,7
279,4
.Imereti (Imeretien; 47)
215,3
603,1
5,6
242,9
.Kakheti (Kachetien; 18)
196,2
520,6
2,6
209,6
1)
Angaben für abhängig Beschäftigte ohne Berücksichtigung der Angestellten in der öffentlichen Verwaltung und in der
Finanzvermittlung;
2)
Januar bis September, Berechnung nach Quartalsangaben;
3)
Veränderung Januar bis September 2015 gegenüber den drei Vorjahresquartalen
Quelle: Berechnungen von Germany Trade and Invest nach Angaben des Nationalen Statistikbüros
Gehaltsauszahlungen an den Steuerbehörden vorbei direkt auf die Hand sind in Georgien
angesichts hoher Strafen wenig verbreitet. Da kaum Sozialabgaben anfallen, ist der Anreiz zu
solchen illegalen Praktiken gering. Insofern kommen die offiziellen Zahlen der Statistikbehörde
zu Löhnen und Gehältern der Realität relativ nah.
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
32 | S e i t e
Weitere Lohnbestandteile
Angesichts der prekären Lage auf dem Arbeitsmarkt kommt der langfristigen Bindung der
Beschäftigten an das Unternehmen eine große Bedeutung zu. Die Fluktuation ist nicht so stark
wie in den meisten GUS-Staaten. Trotzdem sollten die Karriereaussichten im Interesse der
Bindung des Arbeitnehmers an das Unternehmen nicht außer Acht gelassen und ein gutes
Betriebsklima gepflegt werden. Provisionen werden vor allem bei Verkaufsmanagern gezahlt.
Die Gewährung von Zusatzleistungen ist insgesamt noch wenig verbreitet. Lediglich das TopManagement kommt oft in den Genuss der Nutzung eines Dienstwagens und anderer
Gratifikationen. Große Betriebe betreiben Werkskantinen.
Die Investitionen in die Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern (Fachschulungen, Ausbau von
PC- und Fremdsprachkenntnissen) bewegen sich in Georgien noch auf einem ausgesprochen
niedrigen Niveau. Laut offiziellen Untersuchungen betragen die jährlichen Ausgaben der
Arbeitgeber für berufsbildende Maßnahmen (Aus- und Weiterbildung) pro Beschäftigten in der
Wirtschaft im Schnitt nur 2 Euro bis 3 Euro.
Sozialversicherungsbeiträge
Im neoliberalen Wirtschaftsmodell Georgiens liegt die Verantwortung für die soziale
Grundabsicherung größtenteils beim Arbeitnehmer. Weder Arbeitgeber, individuelle
Unternehmen noch Arbeitnehmer sind gesetzlich zu Zahlungen in eine Sozialversicherung
(Renten-, Kranken-, Arbeitslosenversicherung) verpflichtet. Arbeitnehmer zahlen nur
Einkommensteuer in Höhe von 20 % des Bruttolohns an den Staat (ein Einzelunternehmer bis
zu einer bestimmten Grenze). Diese Gelder fließen in das staatliche Sozialsystem.
Frauen haben mit Erreichen des 60. Lebensjahres und Männer mit Erreichen des 64.
Lebensjahres Anspruch auf eine kleine gesetzliche Altersrente. Der Renteneintritt kann um vier
Jahre aufgeschoben werden. Viele Bürger nutzen die Angebote privater Versicherungen für den
Abschluss freiwilliger Rentenversicherungen. Zuzahlungen durch den Arbeitgeber sind auf
vertraglicher Grundlage möglich.
Das in den Jahren 2013 bis 2015 von der Regierung umgesetzte Universale
Gesundheitsprogramm (UGP) ermöglicht heute allen Einwohnern (ausgenommen ausschließlich
Privatversicherte) mittels einer öffentlich finanzierten Krankenversicherung einen kostenlosen
beziehungsweise bezahlbaren Zugang zu einer medizinischen Grundversorgung, darunter vor
allem zu Behandlungen in privaten und staatlichen Krankenhäusern. Die Hälfte der Bevölkerung
war bis zu der Einführung des UGP nicht versichert.
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
33 | S e i t e
Per 1.1.2016 verfügten gut 600.000 Einwohner über eine ausschließlich private oder eine das
UGP ergänzende private Police. Vier private Anbieter bestimmen das Branchengeschäft (IMEDI
L/Aldagi, Vienna Insurance Group, Ardi und PSP). Die privaten Akteure decken im Vergleich zum
allgemeinen Gesundheitsprogramm ein breiteres Spektrum an medizinischen Leistungen ab.
Die freiwillige Übernahme der Kosten für eine private Krankenversicherung durch Arbeitgeber
im Privatsektor der Wirtschaft ist relativ wenig verbreitet.
Auf längere Sicht ist allein schon aus Gründen des sozialen Friedens im Land davon auszugehen,
dass das Sozialsystem künftig zumindest teilweise auch eine generelle direkte finanzielle
Beteiligung durch die Arbeitgeber erfordern wird.
4.3
Berufsbildung
Für die wirtschaftliche Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen sind
qualifizierte Fachkräfte unverzichtbar. Um den damit einhergehenden Anforderungen besser
gerecht zu werden, initiierte das georgische Bildungsministerium einen 7-Jahres-Plan (20132020) zum Aufbau einer praxisnahen, sich stark am europäischen System orientierenden
Berufsbildung. Das duale Ausbildungssystem nach deutschem Muster nimmt in diesem
Zusammenhang eine hervorgehobene Rolle ein. So teilte der georgische Premierminister Giorgi
Kvirikashvili im Februar 2016 mit: „I believe that the German model is the best …“, „German
model of vocational education and dual system will guarantee achievement of the set goals.“
Zurzeit bieten etwa 25 Berufsbildungs-Colleges und einige Hochschulen sog.
Berufsausbildungen an. Offiziell wird in Georgien in etwa 100 verschiedenen Berufen
ausgebildet, stark frequentiert sind vor allem Tourismus (Hotelfach, Koch), Bau (Fliesenleger,
Verputzer) und Landwirtschaft (Gärtner, Winzer).
Auch soll in Kooperation mit der Wirtschaft ein „Work Based Learning (WBL) Concept"
implementiert werden: „Lernen am Arbeitsplatz“ als Bildungsstrategie, welche Schülern
Berufserfahrungen außerhalb des Klassenraums bieten soll, damit sie wissenschaftliche und
technische Fähigkeiten anwenden und ihre Beschäftigungsfähigkeit entwickeln können. „Work
Based" bedeutet allerdings nicht, dass man Erfahrungen und Fähigkeiten am Arbeitsplatz
während eines normalen Arbeitstages erlernt, sondern es ähnelt in seiner Mischung aus Praxis
und Theorie eher einem dualen Studium. Anwendungsbeispiele bieten ein sog. Job Shadowing
von Studierenden am Arbeitsplatz oder Gewerbe- und Industrieexkursionen.
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
34 | S e i t e
Neben Unterstützungsmaßnahmen durch die Deutsche Wirtschaftsvereinigung (DWV), die
wegen einer zu stark auf eine universitäre Bildung ausgerichteten Mentalität in Georgien bis
hinein in imagebildende Kampagnen gehen, gibt es eine Reihe von Kooperationsansätzen mit
deutschen Bildungsanbietern. Als Beispiele seien das auf den Südkaukasus ausgerichtete
Personalentwicklungsprogramm „Master Trainer in Technical Vocational Education and Training
(TVET)" genannt, das in Zusammenarbeit mit der Universität Magdeburg umgesetzt wird, oder
ein geplantes überbetriebliches Ausbildungsmodell mit der Handwerkskammer Leipzig.
Ersteres wird von der GIZ gefördert und kann auf einen Masterabschluss angerechnet werden.
Letzteres wird in besonderem Maße vom Botschafter Georgiens in Deutschland, Prof. Lado
Chanturia, vorangetrieben. Sobald es um die Einholung von Expertise aus Deutschland für die
Entwicklung des georgischen Berufsbildungssystems geht, stoßen auch die Angebote des Senior
Experten Service (SES) auf reges Interesse. Der SES wird in Georgien von der DWV vertreten, die
auch intensiv zu Einsatzmöglichkeiten berät und die Einsätze vor Ort begleitet.
Das georgische Berufsbildungssystem bietet deutschen Firmen bzw. ihren georgischen
Niederlassungen und Partnern verschiedene Möglichkeiten, um in direkter Kooperation mit
Berufsbildungs-Colleges oder dem Bildungsministerium Berufsbildungsinhalte den
Unternehmensbedürfnissen anzupassen. Dazu gehören Business Advisory Councils, bei denen
sich regionale Kooperationspartner der Privatwirtschaft zusammenfinden, um zusammen mit
dem College Form und Inhalt der Ausbildung zu gestalten.
Ebenso Sektorkomitees, die unter Beteiligung von Bildungsfachleuten und Interessenvertretern
der Wirtschaft insbesondere Berufsstandards für bestimmte Wirtschaftsbereiche erarbeiten,
oder Zentren zur Berufsorientierung und Arbeitsvermittlung, bei denen Unternehmen bei der
Berufsberatung mitwirken und nicht nur Auszubildende gewinnen, sondern auch unmittelbar
Arbeitskräfte rekrutieren können.
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
35 | S e i t e
5
Wachstumsbranchen
5.1
Infrastruktur und Hochbau
5.1.1
Energie/Hydroenergetik
Georgien will zu einem international starken Stromexporteur aufsteigen. Stromexporte sollen
maßgeblich zur Eindämmung des großen Handelsbilanzdefizits beitragen. Das Land verfügt in
seinen Wasserläufen über große und noch wenig genutzte hydroenergetische Ressourcen für
die Erzeugung von preiswertem Strom. Die Nachbarländer brauchen von Jahr zu Jahr mehr
Elektrizität. Der türkische Stromnetzbetreiber TEIAS (Türkiye Elektrik Iletim) erwartet bis 2023
in etwa eine Verdoppelung der Inlandsnachfrage nach Strom gegenüber 2013. Mehr Importe
seien unausweichlich. Auch die südrussischen Regionen und den Iran hat Georgien als
perspektivreiche Absatzmärkte im Visier.
Bis 2020 soll die jährliche Stromerzeugung auf 15,2 Mrd. kWh und bis 2025 auf 37,7 Mrd. kWh
gegenüber heute 10,8 Mrd. kWh steigen. Die Prognose fußt hauptsächlich auf dem Ausbau der
Hydroenergetik. Gegenwärtig werden mehr als 100 hydroenergetische Objekte mit einer
installierten Leistung von mehr als 4.000 MW, einer jahresdurchschnittlichen Stromerzeugung
von gut 16 Mrd. kWh vorbereitet oder sind zum Teil auch schon im Bau. Der Projektwert
beträgt circa 6,5 Mrd. USD Für Kraftwerke mit einer installierten Leistung von 3.000 MW und
einer jährlichen durchschnittlichen Elektrizitätserzeugung von 11 Mrd. kWh wurden bereits
Lizenzen erteilt oder werden zurzeit im Rahmen der Baugenehmigungsverfahren detaillierte
Studien erstellt. Die Kosten für diese Projekte werden auf 5 Mrd. USD veranschlagt.
Prognosen für die Stromwirtschaft Georgiens (in Mrd. kWh)
Stromerzeugung
.Wasserkraftwerke
2015
10,83
8,75
2019
13,71
12,30
2020
15,15
13,24
2025
37,67
24,40
2030
50,31
24,40
Inlandsnachfrage
10,38
10,15
10,66
13,61
17,37
Export
0,66
3,01
3,88
22,57
31,15
Import
0,70
0,0
0,0
0,0
0,0
Quelle: Ministerium für Energie Georgiens
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
36 | S e i t e
Unter Einberechnung mittelfristig geplanter Investitionen in die Stromübertragung und
-verteilung, von Ausbauaktivitäten für die konventionale Stromerzeugung und einiger weniger
Vorhaben in der Windkraftbranche summiert sich das aktuelle Projektportfolio mit
Realisierungszeitraum bis etwa 2025 auf mindestens 7 Mrd. USD beziehungsweise im Schnitt
auf jährlich circa 700 Mio. USD. Ein Zehntel dieses Betrages dürfte auf die Modernisierung
energetischer Anlagen entfallen. Die Vorbereitungen für den Bau von vier großen
Wasserkraftwerken laufen auf Hochtouren. Es handelt sich um die Objekte Khudoni (702 MW),
Namakhvani (433 MW), Tskhenistskali (347 MW) und Nenskra (280 MW).
Die ausländischen Direktinvestitionen in der Stromwirtschaft betrugen 2011 bis 2015 im Schnitt
jährlich 181 Mio. USD und machten damit fast ein Sechstel der in jenem Zeitraum insgesamt ins
Land geflossenen ausländischen Direktinvestitionen aus. Im Trend nach oben zeigen die
Aktivitäten ausländischer und inländischer Banken für die Finanzierung energetischer Projekte.
So investierten georgische Banken 2013 bis 2015 rund 130 Mio. USD in die Branche, darunter
allein 100 Mio. USD in den Bau von 17 Wasserkraftwerken. Im genannten Zeitraum gingen im
Land zwölf solcher Objekte mit einer installierten Gesamtkapazität von 170 MW und
realisierten Investitionen in Höhe von 283 Mio. USD in Betrieb.
5.1.2
Transport und Logistik
Die Wirtschaft der südkaukasischen Republik Georgien verfügt über einen großen komparativen
Vorteil: Dank ihrer günstigen geographischen Lage zwischen Europa und Zentralasien und
ebenso zwischen Russland und der Türkei hat das Land gute Chancen, sich zu einem
leistungsfähigen internationalen Transitkorridor zu entwickeln. Noch liegt das Potenzial
größtenteils brach.
Doch Besserung ist in Sicht. Allein in den Jahren bis 2020/21 fließen voraussichtlich bis zu 5,0
Mrd. USD in den Ausbau der Transportwege. Die geplanten Projekte in den Branchen
Straßenbau, Hafenwirtschaft, Gleis- und Pipelinebau dürften die Transport- und Logistikbranche
im Land deutlich beflügeln. Laut einer Analyse von Golden Fleece Capital, Tiflis, könnte sich der
jährliche Beitrag des Sektors zur gesamtwirtschaftlichen Produktion bis 2020 gegenüber dem
heutigen Niveau von 1,7 Mrd. USD (2015) vervielfachen und bei einer intensiven Nutzung aller
Potenziale auf bis zu 9 Mrd. USD emporschnellen.
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
37 | S e i t e
Quelle: Gebrüder Weiss LLC, Transport and Logistics, Europe Street 4, Tbilisi Georgia
Die Hauptstadt Tiflis ist das einzige große nationale Logistikzentrum und zugleich ein
bedeutender internationaler Verkehrsknotenpunkt im Südkaukasus. Die Stadt steht für etwa 80
% des Groß- und Einzelhandels, 70 % der ausgeführten Bauleistungen und 40 % des
Industrieausstoßes Georgiens. In der Stadt und ihrem weiteren Umland leben zwei Fünftel der
Bevölkerung des Landes. Die 25 km südöstlich von Tiflis entfernte Stadt Rustavi gilt als
zweitbedeutendster Binnenlogistikstandort. Sie ist das Zentrum der Schwerindustrie Georgiens
(Eisen/Stahl, Zement und Düngemittel).
Den Häfen am Schwarzen Meer und dem
internationalen Transportkorridor
TRACECA (Europa - Kaukasus - Asien)
kommt in der Perspektive ein deutlich
wachsendes Gewicht als Umschlagplatz
sowohl für den Transport von Öl und
Ölprodukten aus Zentralasien und
Aserbaidschan nach Europa, als auch für
den internationalen Containertransport
zu. Groß ist in den georgischen
Transportzentren der Nachholbedarf beim Ausbau der quantitativen Transportumschlag- und
Logistikkapazitäten und bei der Errichtung einer modernen intermodalen Infrastruktur. Das
wachsende Tourismusgeschäft lässt weitere Investitionen in die Modernisierung von Flughäfen
und des Straßennetzes in den touristisch attraktiven Regionen erwarten.
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
38 | S e i t e
Entwicklung der Gütertransporte in Georgien (in Mio. t)
2005
2010
2011
2012
2013
2014
Frachttransport
.Landtransport/Luftfracht
69,8
45,8
71,1
48,4
71,1
48,9
71,0
49,2
69,4
47,6
67,7
46,5
..Automobiltransport
..Bahntransport
26,9
18,9
28,5
19,9
28,8
20,1
29,1
20,1
29,4
18,2
29,8
16,7 1)
..Luftfracht (in 1.000 t)
.Häfen (Frachtumschlag)
6,9
24,0
15,4
22,7
15,9
22,2
16,5
21,8
16,7
21,8
16,9
21,2
..Seehafen Batumi
10,9
8,0
7,9
7,9
8,3
6,3
…Frachtterminal
…Ölterminal 2)
1,2
9,7
1,9
6,1
1,5
5,4
1,6
5,3
1,7
5,6
1,2
4,4
…Container (in 1.000 TEU)
..Seehafen Poti (vorwiegend
Massen- und Trockengüter)
…Container (in 1.000 TEU)
0,0
6,1
16,3
7,3
45,4
7,2
73,1
7,5
72,1
7,4
62,0
8,6
106,5
209,8
254,0
284,6
331,3
385,0
.Ölterminal Supsa
3)
7,0
4,0
3,8
3,9
4,0
4,2
.Ölterminal Kulevi
Memo:
4)
0,0
3,4
3,3
2,5
2,1
2,1
106,5
226,1
299,4
357,7
403,4
447,0
Containerumschlag insgesamt (in
1.000 TEU) 5)
1)
darunter 9,2 Mio. t Trockengüter und 7,5 Mio. t Flüssiggüter;
vorwiegend Umschlag von Öl und Ölprodukten aus Aserbaidschan und Kasachstan;
3)
Terminal im Besitz des britischen Mineralölunternehmens BP (Weitertransport von Öl aus der Pipeline Baku – Supsa);
4)
Terminal im Besitz der aserbaidschanischen Ölgesellschaft SOCAR, auch Verladung von Öl und Ölprodukten aus
Kasachstan und Turkmenistan;
5)
Marktführer sind die Reedereien MSC (Mediterranean Shipping Company) und Maersk
Quellen: Zusammengestellt nach Angaben des Nationalen Statistikbüros Georgiens, des Ministeriums für Wirtschaft und
Nachhaltige Entwicklung Georgiens und Pressemeldungen
2)
Maritimer Transportsektor steht vor Investitionsschub
Erhebliche Wachstumsimpulse für die Transportbranche Georgiens gehen von den geplanten
Vorhaben im maritimen Sektor aus. An der georgischen Küste des Schwarzen Meeres gibt es
zwei Seehäfen in Poti und Batumi sowie an den Standorten Kulevi und Supsa zwei Ölterminals.
Der Seehafen Poti verfügt über eine Wassertiefe von 8 bis 11 Metern, 15 Liegeplätze und eine
jährliche Umschlagkapazität von 5,6 Mio. t Trockengütern, 4,5 Mio. t Containerfracht und 2,0
Mio. t Flüssiggütern. Die Gesellschaft APM Terminals Poti (Teil der dänischen A.P. MoellerDeutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
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39 | S e i t e
Maersk Group) ist seit 2011 Mehrheitseigner des Hafens (Aktienanteil: 80 %). Poti ist dank der
RoRo-Linie Burgas/Bulgarien - Poti - Noworossijsk/Russland - Burgas, der größte
Containerumschlagplatz Georgiens. Die Umschlagkapazität des Containerterminals beträgt
heute bis zu 600.000 TEU.
Die Gesellschaft APM Terminals Poti strebt die Umsetzung eines ambitionierten Ausbauplans
an. Die für die erste Projektphase 2016 bis 2018 veranschlagten Investitionen in Höhe von 250
Mio. USD sind vorrangig für die Errichtung von zwei 300 Meter langen Tiefsee-Liegeplätzen für
Containerschiffe mit einer Ladungskapazität von jeweils 9.000 TEU bestimmt. Die ContainerUmschlagkapazität im Hafen erhöht sich damit auf 1 Mio. TEU. Sie soll in der Perspektive auf 2
Mio. TEU und der Frachtumschlag in Poti insgesamt auf bis zu 50 Mio. t steigen. Den
Masterplan für das Ausbauprojekt hat die niederländische Gesellschaft Royal Haskoning DHV
erstellt. Die Projektumsetzung wird sich infolge der gegenwärtig schwierigen
Umsatzentwicklung im Hafen voraussichtlich verzögern. Grund ist der seit einiger Zeit geringe
Güterumschlag für den Bedarf Aserbaidschans und Armeniens.
Der Hafen Batumi verfügt über eine Wassertiefe von 9 bis 12 Metern, acht Liegeplätze und eine
jährliche Umschlagkapazität von 14 Mio. t Flüssiggütern (Ölprodukten), 2 Mio. t Massengütern
und 1,0 Mio. t Containerfracht. Der Manager des Hafens, das kasachische
Mineralölunternehmen KazMunayGas, ist im Besitz der drei hiesigen Terminals für
Mineralölprodukte und eines Terminals für Flüssiggas. Betreiber des lokalen Containerterminals
(drei Standplätze für den Containerumschlag und ein Umschlagplatz für Fährdienste) ist die
Batumi International Container Terminal LLC (Teil der ICTSI Inc., Philippinen). Die
Umschlagkapazität des Containerterminals beträgt 100.000 TEU/Jahr. Der Anteil Georgiens am
Containerumschlag aller Häfen am Schwarzen Meer beträgt seit Jahren relativ stabile 12 % bis
13 %.
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
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40 | S e i t e
Anfang Februar 2016 gab die Regierung den Sieger der Ausschreibung für den Bau eines
gänzlich neuen Tiefseehafens in Anaklia bekannt: das Anaklia Development Consortium. Partner
des Konsortiums sind die US-amerikanische Gesellschaft Conti International und die georgische
TBC Holding. Weitere bedeutende Partner des Projekts sind der Infrastruktur-Berater Moffatt &
Nichol und das Beratungsunternehmen Maritime & Transport Business Solutions. Die Bau des
Hafens mit einem Projektwert von 2,5 Mrd. $ startet voraussichtlich noch 2016. Das Projekt
umfasst neun Phasen. Etwa ab 2025 soll die jährliche Umschlagkapazität bis zu 100 Mio. t Güter
erreichen.
Die Planungen sehen vor, das der Hafen drei Jahre nach seiner Grundsteinlegung seinen
operativen Betrieb mit einer jährlichen Umschlagkapazität von bis zu 7 Mio. t Gütern
aufnehmen soll. Die geplanten Liegeplätze sind für Schiffe mit einer Ladungskapazität von bis zu
10.000 TEU ausgerichtet.
Inwieweit sich das Hafenprojekt in der geplanten Größe als wirtschaftlich erweisen wird, lässt
sich heute schwer einschätzen. Kritische Stimmen verweisen auf das Konkurrenzvorhaben im
Seehafen Poti und auch darauf, dass die gegenwärtig vorhandenen Umschlagkapazitäten in den
beiden Häfen Georgiens nur zu weniger als 50 % ausgelastet sind. Andererseits lassen die an
Dynamik zunehmenden internationalen Initiativen für den geplanten Ausbau des
Transportkorridors VR China - Türkei/Europa via Georgien ein in der Perspektive deutlich
steigendes Transitaufkommen erwarten.
Die Georgische Eisenbahn (Sakartvelos Rkinigza/SR) befindet sich zu 100 % in Staatsbesitz. Das
fast gänzlich elektrifizierte Schienennetz umfasst eine Länge von 1.576 km (1.1.2015;
Breitspurgleise mit Ausnahme einer Teilstrecke auf der touristischen Trasse Bordschomi Bakuriani). Ein Fünftel des Netzes ist zweigleisig. Die Hauptrasse verbindet Tiflis mit den Häfen
in Poti und Batumi. Internationale Strecken führen nach Aserbaidschan, Armenien und in die
Türkei. Die Bahn steht für knapp zwei Fünftel des auf dem Landweg realisierten
Frachtaufkommens in Georgien.
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
41 | S e i t e
Für 2017 ist die Inbetriebnahme der 826 km langen und von der Regierung Aserbaidschans
finanzierten Bahntrasse Baku/Aserbaidschan - Tiflis - Kars/Türkei (BTK) geplant. Der georgische
Abschnitt ist fertiggestellt. Laut offiziellen Angaben sollen in der Anfangsphase jährlich 5,0 Mio.
t Fracht über die BTK-Trasse transportiert werden, später bis zu 15 Mio. t. Das nach dem
Regierungswechsel 2012 gestoppte Projekt für den Bau einer Umgehungstrasse der Eisenbahn
in der Hauptstadt Tiflis (Verlagerung der Gleise vom Stadtzentrum in den Nordosten der Stadt)
soll in absehbarer Zeit in einer modifizierten Variante umgesetzt werden. An den Details für die
Überarbeitung des Vorhabens wird zurzeit gearbeitet. Die Kosten für die Fertigstellung der
Trasse bezifferte die Regierung 2013 auf etwa 140 Mio. USD. Ausbauaktivitäten hegt die
Gesellschaft Trans Caucasus Terminal, eine Tochterfirma der Georgischen Bahn. Sie betreibt
Containerterminals in Tiflis und Poti.
Mittel- und langfristig hat Georgien gute Chancen, sich auch zu einem regionalen
Luftverkehrskreuz zu entwickeln. Das Interesse ausländischer Fluggesellschaften am Standort
nimmt deutlich zu. In den Flughäfen Tiflis, Batumi und Kutaisi wurden 2015 nach Angaben der
Flugbehörde CAA 2,26 Mio. Fluggäste abgefertigt (+12,6 % gegenüber 2014; Kapazität: 3 Mio.
Fluggäste/Jahr), darunter in Tiflis 1,85 Mio., in Batumi 226.500 und in Kutaisi 183.000
Passagiere. Der Standort Kutaisi entwickelt sich zu einem lokalen Drehkreuz für
Billigfluggesellschaften. Betreiber des Flughafens in Tiflis (www.tbilisiairport.com) sind die
türkische Gesellschaft TAV Havalaimanlari Holding A.S./TAV Georgia (Managementvertrag bis
2027) und die französische Gesellschaft Aeroports de Paris. Den Flughafen in Batumi
(wwww.batumiairport.com) betreibt ebenfalls TAV (Managementvertrag bis 2027).
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
42 | S e i t e
Ost-West-Achse ist Straßenprojekt Nummer eins im Land
In den Straßenbau Georgiens sind in den Jahren 2000 bis 2014 mit massiver finanzieller
Unterstützung internationaler Geber schon mehr als 1,5 Mrd. USD geflossen. Dennoch ist der
Nachholbedarf bei der Schaffung leistungsfähiger Transportkorridore und regionaler Trassen
weiterhin groß. Der aktuelle Fokus in der Bausparte liegt auf der Errichtung einer
Verkehrsachse, die den Osten des Landes mit der Küste des Schwarzen Meeres in Westgeorgien
verbindet. Für das Prestigeprojekt werden bis zu seiner Fertigstellung 2020/21 Kosten in Höhe
von etwa 2,3 Mrd. USD veranschlagt. Ausschreibungen für den Bau weiterer Teilstrecken sind
schon fest geplant.
Die Trasse erstreckt sich über insgesamt 455 km vom Grenzübergang Tsiteli Khidi (Rote Brücke)
an der Grenze zu Aserbaidschan im Südosten Niederkartliens bis zur Hafenstadt Poti am
Schwarzen Meer beziehungsweise bis zur türkischen Grenze in Westgeorgien. Die Ost-WestAchse ist eine wichtige Transitstrecke mit einem hohen Lkw-Aufkommen und ein wesentliches
Teilstück der in letzter Zeit schrittweise wieder auflebenden internationalen Verkehrsader
entlang der Großen Seidenstraße. Zwei Drittel der Einwohner Georgiens leben im direkten oder
nahen Einzugsgebiet der Trasse. An der Finanzierung des Projekts sind internationale Geber
maßgeblich beteiligt, darunter die Weltbank, die Europäische Investitionsbank (EIB), die Japan
International Cooperation Agency (JICA) und die Asiatische Entwicklungsbank (ADB).
Straßennetz Georgiens nach Straßenkategorien 2015 (in km)
Straßenkategorie
Straßen, insgesamt
.Kompetenzbereich der Straßenbaubehörde Roads Department
..internationale Straßen
..Straßen von gesamtstaatlicher Bedeutung
.Kompetenzbereich der kommunalen Selbstverwaltungen
..lokale Straßen
Georgien, insgesamt 1)
20.327
1.603
5.298
13.426
1)
nach Angaben des Nationalen Statistikbüros entfallen rund 900 km Straßen (200 internationale, 400 gesamtstaatliche und
300 lokale Straßen) auf die abtrünnige Republik Abchasien
Quelle: Roads Department of the Ministry of Regional Development and Infrastructure of Georgia, Nationales Statistikbüro
Der offizielle Start für das Projekt, das in mehreren aufeinanderfolgenden Etappen realisiert
wird, erfolgte 2006/2007. In den Jahren 2013 bis 2015 sind im Schnitt jährlich 280 Mio. GEL
(knapp 150 Mio. USD) in das Vorhaben geflossen. Bis 2016 wurde etwa ein Drittel der geplanten
Strecke auf den neuesten technischen Stand gebracht beziehungsweis neu errichtet. Laut
Angaben der Straßenbaubehörde wurden 2013 bis 2015 insgesamt rund 90 km neue Straßen
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Mai 2016
43 | S e i t e
fertiggestellt, darunter allein 44 km im Jahr 2015. Gegenwärtig befinden sich rund 100 km
Straßen der Ost-West-Verbindung in der Bauausführung oder einer fortgeschrittenen
Planungsphase. Für Straßenzüge mit einer Länge von mehr als 200 km sind die Vorbereitungen
angelaufen.
Im Verlaufe des Jahres 2016 ist der Startschuss für die Umsetzung der fünften Etappe des „EastWest Highway Improvement Project“ der Weltbank geplant. Es sieht die Planung und den Bau
einer rund 15 km langen vierspurigen Trasse zwischen Zemo Osiauri und Chumateleti (in vier
Phasen) bis 2019/20 vor. Die Weltbank (IBRD) finanziert das Projekt mit 140 Mio. USD und die
EIB mit weiteren 49,5 Mio. USD.
Im März 2016 unterzeichneten Vertreter der JICA und der Regierung Georgiens eine
Vereinbarung über die Bereitstellung eines zusätzlichen Darlehens über 4,41 Mrd. Yen (40 Mio.
USD) für den Bau des Ost-West-Autobahnabschnittes Zestafoni - Kutaisi - Samtredia (East-West
Highway Improvement Project II). Die ADB stellt eine zusätzliche Tranche über 140 Mio. USD
für die weitere Realisierung des „Road Corridor Improvement Project“ bereit.
Die Mittel sind für den Ausbau und die Modernisierung der 33,6 km langen Teilstrecke Khevi Ubisa - Shorapani - Argveti bestimmt.
Die Weltbank engagiert sich mit einem Darlehen über 40 Mio. USD auch bei der Finanzierung
von Projekten für die Modernisierung des regionalen Straßennetzes (Realisierungszeitraum:
2016 bis 2021) in den Regionen Gurien, Mzcheta-Mtianeti, Ratscha-Letschchumi und
Innerkartlien. Mit dem Kredit unterstützt sie die Umsetzung des von der georgischen
Straßenbaubehörde beschlossenen mittelfristigen Programms für die Wartung, Reparatur und
Erneuerung von 970 km regionalen und Nebenstraßen. Insgesamt will die Straßenbaubehörde
2016 und 2017 unter Einbeziehung internationaler Kredite umgerechnet jeweils circa 250 Mio.
USD in den Straßenbau einschließlich Wartungsarbeiten investieren.
Im Frühjahr 2016 kündigt die Regierung an, auch Straßenbauprojekte für den Bedarf der
Tourismuswirtschaft zügiger als bisher voranzubringen. Dies gelte vor allem für Straßenzüge
zwischen der zweitgrößten Stadt Kutaisi und der südgeorgischen Region SamzcheDschawachetien (Kurort Abastumani) sowie der nördlichen Region Swanetien. Ein konkreter
Entwicklungsplan für diese Vorhaben wird zurzeit erstellt.
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Mai 2016
44 | S e i t e
5.1.3
Wasser/Abwasser
Die Wasserwirtschaft Georgiens hat sich ambitionierte Ziele gesteckt: Im Jahr 2020 sollen die
Wasserhähne in fast allen größeren Städten 24 Stunden am Tag Trinkwasser liefern und die
Wasserversorgung sowie die Abwassersysteme internationalen Standards entsprechen. Die
Investitionen in den Sektor dürften 2016 bis 2019 ein Volumen von mindestens 400 Mio. USD
erreichen. Hinter der Finanzierung der Projekte stehen hauptsächlich internationale Geber- und
Förderbanken.
Noch ist die georgische Wasser- und Abwasserwirtschaft weit von den erklärten Zielen
entfernt. Ein Zehntel der städtischen und die Hälfte der ländlichen Einwohner haben keine
zentrale Wasserversorgung. Zudem gibt in den meisten Städten (mit Ausnahme der Hauptstadt
Tiflis) kein Trinkwasser rund um die Uhr. Selbst in einigen Stadtteilen von Tiflis bleiben die
Wasserhähne sporadisch immer wieder einmal trocken. Viel zu tun bleibt bei der Verbesserung
der Wasserqualität.
Auch die Abwasserwirtschaft steht vor anspruchsvollen Aufgaben. Mittelfristig sollen die
Abwassernetze in einigen lokalen Hauptstädten, in 51 Landkreis- und mehreren
Tourismuszentren rehabilitiert oder neue Kläranlagen gebaut werden. Die Regierungsstrategie
für die Wasser- und Abwasserbranche rechnet für 2011 bis 2020 mit einem Kapitalzufluss von
1,65 Mrd. USD. Die Gelder sollen jeweils zur Hälfte in die Bereiche Trink- und Abwasser fließen.
Die Umsetzung der Strategie erfolgt in den Jahren bis 2013 nur sehr schleppend. Seit 2014/15
kommt dank mehrerer größerer Kredite internationaler Geber- und Förderbanken Bewegung in
die Branche.
Die Europäische Investitionsbank (EIB) finanziert zwei größere Projekte. Das Water
Infrastructure Modernization Project (WIMP, Phase 2) läuft bis 2017 und ist mit einem Kredit
über 40 Mio. Euro und weiteren Auslandszuschüssen über 8 Mio. Euro ausgestattet. Im Herbst
2015 wurde ein EIB-Projekt über 100 Mio. Euro besiegelt. Es sieht vor, die Abwasseranlagen in
der zweitgrößten georgischen Stadt Kutaisi (201.000 Einwohner) zu sanieren und auszubauen.
Das Projekt ist Teil einer Initiative zur Erneuerung der Wasser- und Abwasserwirtschaft in
Westgeorgien bis 2018/19. Das Gesamtprojekt hat einen Finanzierungsrahmen in Höhe von 280
Mio. Euro.
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Hauptkreditgeber ist die Asiatische Entwicklungsbank (ADB, 172 Mio. Euro). Die ADB-Gelder
fließen in die Wasserversorgung in Kutaisi, den Aufbau einer Wasserver- und
Abwasserentsorgung in Ureki, ein Trinkwasserprojekt in Zugdidi und in die Abwasserentsorgung
der Hafenstadt Poti. Für die Umsetzung der langfristigen Wasser- und Abwasserstrategie
Georgiens stellt die ADB 500 Mio. USD in mehreren Tranchen im Zeitraum 2012 bis 2019 bereit.
International gefördert werden auch die Erneuerung und der Ausbau der Wasser- und
Abwassersysteme in der Stadt Batumi und deren umliegenden Gemeinden. Das Projekt wird
maßgeblich von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) finanziert. Ende 2015
unterzeichneten das georgische Finanzministerium und die KfW einen Kreditvertrag über 32
Mio. Euro für die vierte und letzte Projektphase. In den Startlöchern steht ein neues Projekt der
Weltbank. Im Rahmen des Second Regional and Municipal Infrastructure Development Project
stellt die Bank im Zeitraum 2016 bis 2019 rund 20 Mio. USD für die Verbesserung der
Wasserver- und Abwasserentsorgung in mehreren georgischen Städten und Gemeinden bereit.
5.1.4
Hochbau
Das Baugewerbe Georgiens zeigt nach einer Durststrecke seit 2014 wieder nach oben. Die
realen Zuwachsraten der Branche betrugen 2014 und 2015 beachtliche 13,1 % und 15,2 %. Der
Gesamtumsatz der Baubranche lag aber 2015 mit umgerechnet 1,65 Mrd. Euro infolge der
Währungsabwertung noch ein gutes Stück unter dem entsprechenden Wert von 2012 (2,09
Mrd. Euro). Die realen Zuwächse gehen sowohl auf das Konto von Infrastrukturprojekten als
auch von Aktivitäten im Hochbau. Marktkenner erwarten für 2016 ein weiteres reales
Wachstum des Baugewerbes um mindestens 10 % bis 12 %.
Nach Angaben von Colliers International Georgia gibt es gegenwärtig im Land etwa 350
größere, mittlere und kleine Wohnentwicklungsprojekte mit mehr als 20.000 geplanten
Wohneinheiten. Die Hochburg des georgischen Hochbaus ist und bleibt die Landesmetropole
Tiflis. Auf Rang zwei folgt die Autonome Republik Adscharien mit ihren besonders regen
Bauaktivitäten für die Entwicklung des Tourismus.
Mehrere georgische und ausländische Bauentwickler kündigten in letzter Zeit die Realisierung
neuer ambitionierter Stadtentwicklungsprojekte an. Darüber hinaus gibt es in fast allen
Landesteilen zahlreiche Projekte für den Ausbau der touristischen Infrastruktur.
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Mai 2016
46 | S e i t e
Ausgewählte laufende und vorgesehene größere Entwicklungsprojekte im Hochbau
Georgiens
Projekt
Kontaktpartner
Regionalentwicklungsprojekt Gonio nahe Batumi, Adscharien
(Umwidmung eines früheren Militärgeländes zu einem
Industrie-, Dienstleistungs- und Tourismuszentrum, Errichtung
von Wohnvierteln, Bürobauten, Handels- und sozialen
Einrichtungen sowie eines Technologiezentrums, erste
Projektplanungen sind angelaufen, geschätzter Projektwert: bis
zu 5 Mrd. USD)
Regierung der Autonomen
Republik Adscharien, ICBT
Group.
Eco Green City - Entwicklungsprojekt Tbilisi Sea, Tiflis
(Wohn- und Geschäftsbauten, öffentliche Objekte wie Schulen
und Krankenhäuser in der Nachbarschaft des Erholungssees von
Tiflis, Projekt in Vorbereitung, Projektwert: bis zu 1 Mrd. USD,
darunter 1. Ausbauphase: 100 Mio. USD)
Tbilisi City Municipality
(www.adjara.gov.ge, www.icbt.ge)
(www.tbilisi.gov.ge)
Panorama Tbilisi, Tiflis
Georgian Co-Investment
(vier Hotels, Konferenzzentrum, Wohnungen, Sportobjekte
Fund
Umgestaltung des Stadtzentrums nahe des Platzes des Friedens, (www.gcfund.ge)
Projekt in Vorbereitung, Projektwert: etwa 500 Mio. USD)
Green Valley City, Tiflis
(zehn größere Wohnbauten mit 510 Wohneinheiten,
Luxusvillen, Flächen für Dienstleistungen, Sport/Freizeit;
Gesamtfläche: 88.000 qm; Projekt in Vorbereitung, Projektwert:
136 Mio. USD)
Green Valley International
Real Estate Group
Tbilisi Gardens, Tiflis
(Wohngebiet im Stadtteil Saburtalo mit bis zu 150.000 qm
Wohnflächen und mehr als 1.000 Wohnungen, Hochhäuser,
Projekt in Vorbereitung, Projektwert: 130 Mio. USD)
Quadrum Property Group
Tbilisi City, Tiflis
(Büro/Handel, Wohnungen im Stadtteil Saburtalo,
Gesamtfläche: 200.000 qm, Projekt in einer frühen
Planungsphase, Projektwert: etwa 100 Mio. USD)
Archi Group, Business
Group Valencia
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(VAE; www.greenvalleyuae.com)
(www.quadrumglobal.com)
(www.archi.ge, www.valencia.ge)
47 | S e i t e
Axis Towers, Tiflis
Georgian Co-Investment
(zwei 41etagige Wolkenkratzer im Stadtteil Vake, Gesamtfläche: Fund
(www.gcfund.ge), Axis
94.000 qm, Fünf-Sterne-Hotel Pullmann mit 234 Zimmern,
(www.axistowers.ge)
Büros/Konferenzsaal, 87 Wohnungen, Flächen für Handel,
Freizeit und Sport, Realisierung bis 2018/19, Projektwert: 83
Mio. USD)
Galeria Tiflis
(Handels- und Vergnügungszentrum im Gebäude des
ehemaligen Zentralkaufhauses, Gesamtfläche: 22.000 qm,
Realisierung bis 2017; Projektwert: 77 Mio. USD)
Wohnkomplex Didube Tower, Tiflis
(33 Etagen, auch Büros und Handelsflächen,
Realisierungszeitraum: Ende 2015 bis Ende 2018, keine
Angaben zum Projektwert)
Komplex aus zwei Wolkenkratzern, Tiflis
(Wohnungen, Hotel/Büros, Projekt in einer frühen
Planungsphase, keine Angaben zum Projektwert)
Georgian Co-Investment
Fund
(www.gcfund.ge)
Partner: Colliers
International Georgia
(www.colliers.com/en-ge/georgia)
Royal Group
(www.royalgroup.ge)
Dhabi Group
(VAE, www.dhabiholdings.ae)
Quelle: zusammengestellt von Germany Trade and Invest nach Presse- und Unternehmensmeldungen
5.2
Landwirtschaft
Ein mildes Klima, lange Vegetationsperioden, günstige Boden- und Wasserverhältnisse, eine
gute Infrastruktur für die Bedienung von Exportmärkten, eine niedrige Steuerbelastung, große
ungenutzte Potenziale für den Ausbau der Agrarproduktion einschließlich der Marke „Bio“ für
die Versorgung von bis zu 10 Mio. Menschen und ein immenser Modernisierungs- und
Erneuerungsbedarf bilden eine solide Basis für vielversprechende Engagements in der
georgischen Landwirtschaft.
Zu Sowjetzeiten galt Georgien dank seiner gefragten Agrarprodukte als eine besonders reiche
Unionsrepublik. Monokulturen für den Bedarf von 250 Mio. Einwohnern prägten jedoch den
Sektor: Tee und Zitrusfrüchte in Westgeorgien sowie Wein in Ostgeorgien. Der dem
Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 folgende Niedergang des Agrarsektors setzte sich noch
20 Jahre fort.
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48 | S e i t e
Branche ist Empfänger vieler Fördertöpfe aus dem Im- und Ausland
Die seit 2012 amtierende Regierung hat die forcierte Entwicklung des Agrarsektors auf die
Agenda ihrer wirtschaftspolitischen Prioritäten gesetzt. Erste Ergebnisse der Neuausrichtung
können sich sehen lassen. In die Branche fließen heute erhebliche Mittel aus internationalen
und nationalen Fördertöpfen. Allein aus dem Europäischen Nachbarschaftsprogramm für die
Landwirtschaft und die ländliche Entwicklung (ENPARD) können im Zeitraum März 2013 bis
März 2018 Gelder in Höhe von 52 Mio. Euro abgerufen werden. Weitere 10 Mio. Euro stellt die
EU für den Sektor Milch-, Haselnuss- und Gemüseproduktion im Interesse der Anpassung dieser
Produktionssektoren an neue Standards zur Verfügung. Der Internationale Fonds für
landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) fördert 2015 bis 2018 mit 20 Mio. USD die Schaffung
kompletter Wertschöpfungsketten in der Land- und Ernährungswirtschaft. Die Liste
internationaler Kreditgeber ist noch lang.
Im Staatshaushalt für 2016 sind Fördermittel in Höhe von umgerechnet circa 140 Mio. USD
eingestellt. Davon fließen 18 Mio. USD in das seit 2013 laufende Programm “Projekt günstiger
Agrarkredite“. Bis 1.1.2016 wurden im Rahmen der Initiative 25.290 Einzelvorhaben für die
Schaffung neuer oder die Modernisierung bestehender Kapazitäten mit insgesamt etwa 435
Mio. USD finanziell unterstützt. Kleine Farmer mit Ackerflächen von bis zu 0,25 ha
beziehungsweise 1,25 ha (Anbau mehrjähriger Kulturen) profitieren bei ihrer alljährlichen
Frühjahrsbestellung von einem ebenfalls seit 2013 laufenden „Projekt für die Förderung von
Farmern mit kleinen Bodenflächen“ (Förderrahmen 2016: 21 Mio. USD). In den Jahren 2013 bis
2015 wurden hierfür mehr als 120 Mio. USD bereitgestellt.
Haushaltsmittel fließen 2016 in die Unterstützung der Weinwirtschaft (11 Mio. USD), die
Tilgung von Finanzierungskosten für die Beschaffung von Landtechnik (23 Mio. USD), die
Bezuschussung von Landwirtschaftsversicherungen (9 Mio. USD) und in die Förderung von
landwirtschaftlichen Kooperativen (3 Mio. USD). Ein größerer Posten an Fördermitteln ist für
die Modernisierung und den Ausbau der Bewässerungswirtschaft reserviert (27 Mio. USD).
Ferner hat die Regierung Ende 2015 ein neues Programm für die Wiederbelebung des
Teeanbaus aufgelegt (Georgian Tea). Ziel der Initiative ist eine schrittweise Ausdehnung
gegenwärtig brachliegender Teeplantagen in staatlichem Besitz um insgesamt 7.000 ha. Ein
weiteres Anfang 2016 verabschiedetes Förderprogramm zielt auf die Unterstützung der
gegenwärtig etwa 30 bestehenden Kooperativen für die Milcherzeugung ab. Die Gelder sind für
die Mitfinanzierung von Milchsammelstellen, die Beschaffung von Ausrüstungen für die
Qualitätskontrolle sowie die Verarbeitung von Milch zu Käse und anderen Milcherzeugnissen
bestimmt.
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49 | S e i t e
Georgien und die Haselnuss
•
•
•
•
•
Weltweit fünftgrößter Produzent
Hauptexportware der Landwirtschaft
Abnehmer: bis zu 90 % EU-Länder
Hauptanbaugebiete in Westgeorgien: Mingrelien, Gurien, Imeretien
Aufkommen 2013 bis 2015: im Schnitt 38.600 t pro Jahr
Tipp für Georgien-Reisende:
Probieren Sie die köstliche georgische Süßigkeit Tschurtschchela - eine mit Traubensaft
überzogene Haselnuss- oder Walnuss-„Wurst“!
In der effektiven Erzeugung von Rohmilch und Milcherzeugnissen und ebenso von
Fleischprodukten besteht in Georgien noch ein besonders großer Nachholbedarf. Unter den
aktuellen Projekten, die mit ausländischer Unterstützung in der tierischen Produktion realisiert
werden, liefert das Engagement der Gesellschaft Blauenstein Georgien ein gutes Beispiel. Das
Unternehmen, das eng mit Partnern aus der Schweiz kooperiert, will in den kommenden zwei
bis drei Jahren bis zu 20 kleine Tierzuchtfarmen vorwiegend für die Produktion von
Milcherzeugnissen gründen und in das Projekt bis zu 18 Mio. GEL (8 Mio. USD) investieren.
Blauenstein Georgien hat bereits mehrere Pilotprojekte für die Tierzucht im Norden Georgiens
(Region Ratscha-Letschchumi und Niederswanetien) mit Erfolg gestartet und in dieses Projekt
etwa 7 Mio. USD investiert. Auf der Projektliste des Unternehmens steht auf mittlere Sicht auch
die Errichtung einer Käserei.
Ungeachtet der verstärkten Förderung des Agrarsektors sind die Ergebnisse bei der
Wiederbelebung der Landwirtschaft noch lange nicht zufriedenstellend. Der Wirtschaftszweig,
in dem mehr als die Hälfte aller Beschäftigten des Landes tätig ist, steht nur für 9 % des
Bruttoinlandsprodukts (2015). Es überwiegt immer noch die Subsistenzwirtschaft. Die
durchschnittliche Fläche der Farmen beträgt geringe 1,55 ha. Die Gründung von Kooperativen
auf der Basis des Zusammenschlusses kleiner Bauernwirtschaften kommt zwar voran, aber noch
nicht in dem gewünschten Tempo.
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50 | S e i t e
Die Außenhandelsbilanz mit agrarischen Erzeugnissen, Nahrungsmitteln und Getränken weist
weiterhin ein erhebliches Defizit aus. Im Jahr 2015 betrugen die entsprechenden Importe 1,1
Mrd. USD, die Exporte dagegen nur 0,6 Mrd. USD. Als gegenwärtig größte Schwachstelle bei der
Nutzung der Potenziale erweisen sich fehlende Verarbeitungskapazitäten, eine kaum
entwickelte Infrastruktur für das agrarwirtschaftlich ausgerichtete Berufsschulwesen, ein
mangelhaftes Fachwissen und Management der agrarischen Erzeuger und nicht zuletzt knappe
finanzielle Ressourcen für neue Projekte.
5.3
Industrie
5.3.1
Getränke- und Lebensmittelindustrie
Die Nahrungsmittelindustrie ist mit einem Ausstoß von rund 1,3 Mrd. USD (2015) der
bedeutendste Industriezweig Georgiens. Sie steht heute für fast die Hälfte des Ausstoßes im
verarbeitenden Gewerbe des Landes und ist zugleich der wichtigste Abnahmesektor für
ausländische Maschinen und Ausrüstungen.
Die Branche umfasst zwei Kategorien: die vorwiegend auf den Export orientierte Produktion
von Wein, abgefülltem Mineralwasser, Spirituosen, Obst- und Gemüsekonserven,
Tabakerzeugnissen und ätherischen Ölen für den Bedarf der Lebensmittel-, Pharma-, Kosmetikund Parfümindustrie sowie die fast ausschließlich für den Inlandsverbrauch bestimmte
Produktion von Milch, Milchprodukten, Fleisch und Fleischwaren, pflanzlichen Ölen und Fetten,
Back- und Teigwaren einschließlich der nur in einem sehr geringem Volumen exportierten
Produkte Bier und Limonaden.
Die Weinherstellung ist das Kleinod der georgischen Industrie. Das Land verfügt über
Jahrtausende alte Traditionen im Weinbau und bei der Weinherstellung. Mit einem 2006
verhängten Abnahmestopp durch den Hauptabnehmer Russland brachen die Weinausfuhren
und damit auch die Produktion stark ein. Von den im Jahr 2005 exportierten 63 Mio. Flaschen
gingen 47 Mio. nach Russland.
Das bis Frühjahr 2013 währende Weinembargo hatte aber auch seine guten Seiten. Die
Weinhersteller mussten neue anspruchsvolle Märkte erschließen. Die Neuausrichtung des
Absatzmarktes führte zu einer Qualitätssteigerung der Exportweine. Das heute bestehende
umfassende und effektive Kontroll- und Prüfsystem gibt Produktfälschungen kaum noch eine
Chance.
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51 | S e i t e
Georgiens Exporte von natürlichen und aromatisierten Weinen (in Mio. USD)
2006 bis 2010
38,2 1)
2011
56,3
2012
66,4
2013
129,5
2014
182,6
2015
96,8
1)
Durchschnitt pro Jahr
Quelle: Nationales Statistikbüro
Dank der Umorientierung auf mehr Qualitätswein und neue Märkte sowie des aufgehobenen
Importembargos durch Russland erreichte die Exportmenge 2014 mit 45,9 Mio. Litern wieder
das Vorkrisenniveau von 2005 (41,6 Mio. Liter). Die Produktion stieg auf die Rekordmarke von
51 Mio. Liter (wertmäßiger Ausstoß: 145 Mio. USD). Die Währungs- und Wirtschaftskrise in den
Hauptabnahmeländern Russland, Ukraine und Kasachstan führte 2015 zu einer massiven
Schrumpfung der Weinausfuhren und damit auch der Produktion. Für 2016 wird wieder ein
Zuwachs erwartet (Januar bis April 2016: +15 % auf 27 Mio. USD).
Die Weinherstellung bleibt auch künftig eine tragende Säule in der Wirtschafts- und
Exportstruktur Georgiens und ebenso beim Import von Getränketechnik. Neue Märkte in
Mittel- und Westeuropa sowie Asien hat das Land als Absatzmärkte stärker im Visier. Hierzu
zählen Polen und die VR China. In China gibt es heute schon sechs Häuser oder Zentren des
georgischen Weins. Die Exporte an chinesische Abnehmer legten 2015 im Vergleich zum
Vorjahr um 22 % auf 2,7 Mio. Flaschen zu. Sie sollen ab 2020 die Marke von 10 Mio. Flaschen
übersteigen.
Zahlreiche, reichhaltige und qualitativ hochwertige Mineralwasserquellen zählen zu den
wichtigsten natürlichen Ressourcen Georgiens. Bekannt sind mehr als 2.000 solcher Quellen.
Einige davon spielen für die Exportwirtschaft eine große Rolle: Bordschomi, Nabeghlavi und
Sairme. Russland, andere GUS-Republiken und das Baltikum sind die Hauptabsatzmärkte für
abgefülltes Mineralwasser. Die Branche bietet noch viel Ausbaupotenzial.
Georgiens Exporte von mineralischem und stillem Wasser (in Mio. USD)
2006 bis 2010
28,3 1)
2011
47,6
2012
59,4
2013
106,9
2014
137,1
2015
82,2
1)
Durchschnitt pro Jahr
Quelle: Nationales Statistikbüro
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
52 | S e i t e
Die drittbedeutendste Sparte in der georgischen Getränkeindustrie ist die Produktion von
Weinbrand, Whisky, Wodka, Likören und anderen Spirituosen. Der traditionelle georgische
Traubenwodka Chacha (Tschatscha) darf natürlich in der Aufzählung nicht fehlen.
Exportfavoriten sind die Weinbrandmarken Sarjishvili und Old Kakheti sowie verschiedene
Whisky-Marken. Hauptexportmärkte für „harte Getränke“ sind Russland, die Ukraine und die
Niederlande.
Georgiens Exporte von Weinbrand und anderen Spirituosen (in Mio. USD)
2006 bis 2010
51,2 1)
2011
67,9
2012
80,0
2013
99,9
2014
95,2
2015
64,9
1)
Durchschnitt pro Jahr
Quelle: Nationales Statistikbüro
Von großer Bedeutung für den lokalen Markt ist die Produktion von Erfrischungsgetränken und
Säften. In der Perspektive sollen auch die Exporte ausgeweitet werden. Georgien genießt zu
Recht den Ruf als „Land der Limonaden“. Hergestellt werden die Getränke fast ausschließlich
mit natürlichen Aromen in verschiedensten Geschmacksrichtungen wie Birne, Zitrone, Traube
oder Estragon. Die jährlichen Exporte von Limonaden betrugen in den vergangenen Jahren
zwischen 15 Mio. USD und 30 Mio. USD. Die Ausfuhren von Säften sind zwischen 8 Mio. USD
und 10 Mio. USD pro Jahr noch bescheiden. Vier Brauereien brauen Bier fast ausschließlich für
den einheimischen Markt.
Eine Marktbelebung lässt sich in letzter Zeit dank staatlicher Fördergelder auch in anderen
Sparten der Nahrungsmittelindustrie wie der Verarbeitung von Fleisch, Milch und Tee
beobachten.
5.3.2
Sonstige verarbeitende Industrie
Das sonstige verarbeitende Gewerbe ist noch schwach entwickelt und bietet viel
Ausbaupotenzial. Es konzentriert sich, gemessen am jährlichen Umsatz, auf die Sektoren
Metalle/Metallerzeugnisse einschließlich Stahl (2015: 437 Mio. USD), Baustoffe/andere
Nichterzmaterialien (385 Mio. USD), chemische Industrie einschließlich der Sparte
Pharmazeutika (246 Mio. USD) sowie Kunststoff- und Gummiindustrie (104 Mio. USD).
Nennenswert ist noch die Textil- und Bekleidungsindustrie (77 Mio. USD). Im sehr kleinen
Maschinenbau verdient der Waggonbaubetrieb in Tiflis Erwähnung (Bau und Modernisierung
von Güterwagen).
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
53 | S e i t e
Der Löwenanteil des Gesamtumsatzes der sonstigen verarbeitenden Industrie entfällt auf
folgende Produktgruppen:
•
•
•
•
Mangan-Ferrolegierungen (Sililiziummanganaufbereitungswerk Zestafoni Ferroalloy
Plant der Gesellschaft Manganese Zestafoni, und Rusmetali, Rustavi)
Stahl/Stahlerzeugnisse (Rustavi Steel, GeoSteel, beide Rustavi, Eurasia Steel, Kutaisi)
Zement (HeidelbergCement; drei Zement- und zwölf Transportbetonfabriken; Georgian
Building Group/Kavkaz Cement) und
Stickstoffdünger (Azoti, Rustavi, auch Produktion von Ammoniak, Natriumzyanid und
Salpetersäure).
Die Textil- und Bekleidungsindustrie repräsentieren fünf größere türkische Gesellschaften
beziehungsweise türkisch-georgische Joint Ventures, circa ein Dutzend nennenswerte
georgische Unternehmen und etwa 180 Mikrofirmen. Die Branchenexporte, darunter vor allem
Sport- und Spezialbekleidung, haben sich 2011 bis 2014 gegenüber 2010 auf 94 Mio. USD
verdoppelt. Abnehmer von fast der Hälfte der Ausfuhren ist die Türkei.
In der pharmazeutischen Industrie sind annähernd 70 Firmen tätig. Zwei Unternehmen, GMP
und Aversi Rational, stehen für vier Fünftel bis neun Zehntel des Branchenausstoßes. Die
Exporte von Pharmazeutika erreichten 2014 ein Volumen von 91 Mio. USD gegenüber erst 52
Mio. USD im Jahr 2010.
Den Abbau der bestehenden großen Defizite im verarbeitenden Gewerbe hat die Regierung zu
einem ihrer vorrangigen wirtschaftspolitischen Ziele erklärt. Seit Juni 2014 können
Unternehmen, die sich beim Ausbau der Industrie engagieren wollen, die Angebote aus dem
Förderprogramm „Produce in Georgia“ nutzen. Viele Projekte unterschiedlichster Branchen von
der Milchverarbeitung über die Produktion von Baustoffen und Kunststoffen bis hin zur
elektronischen Industrie wurden schon auf den Weg gebracht, nicht wenige davon in
Kooperation mit ausländischen Technologie- und Ausrüstungslieferanten. Eine ganze Reihe
weiterer Vorhaben für den Ausbau der verarbeitenden Industrie, darunter auch einige
Großprojekte, sind in naher Zukunft und auf mittlere Sicht geplant.
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
54 | S e i t e
5.3.3
Bergbau
Georgien ist aus Sicht der Rohstoffsicherung für Deutschland mit Blick auf die mineralischen
Rohstoffressourcen neuer Bergbauprojekte kaum von Bedeutung. Das Land verfügt über
begrenzte mineralische Rohstoffe. Sie befinden sich zu einem großen Teil in Regionen mit
schwierigen bergbaugeologischen Bedingungen. Nach Angaben des Ministeriums für
Energiewirtschaft und natürliche Ressourcen sind 450 Lagerstätten mit 27 verschiedenen
mineralischen Rohstoffen bilanziert. Zu nennen sind vor allem Vorkommen an Manganerzen
(nachgewiesene Reserven: 222 Mio. t, darunter etwa 90 % im Tschiatura-Becken) sowie Kupferund Golderzen.
Der Anteil Georgiens an der heutigen Weltproduktion beträgt bei Manganerzen 0,9 %, bei
Kupfer- und Golderzen jeweils 0,1 %. Das entsprechende Gewicht an der
Weltraffinadeproduktion beträgt bei Manganlegierungen und Ferromangan 1,7 %
beziehungsweise 0,2 %. Georgien verfügt auch über eine ganze Reihe von Industriemineralien
und Rohstoffen für die Bauindustrie (Bentonit- und Zementton, Kalkstein, Gips, Talk,
Quarzsande, Dolomit, Zeolithe, Diatomit, Serpentinit, Perlit und Verblendstein) sowie Kohle.
Erwähnenswert sind Vorräte an Zink, Blei, Silber, Quecksilber sowie den seltenen Metallen
Antimon und Arsen.
Die Aktivitäten im Erzbergbau entfallen im Wesentlichen auf die Unternehmen Georgian
Manganese (Chiatura Manganese Mine/Manganerz-Bergbaubetrieb), RMG - Rich Metalls Group
mit den Betrieben RMG Cooper (Förderung von Kupfererzen und Produktion von
Kupferkonzentrat), RMG Gold (Förderung von Golderzen und Verarbeitungen zu Gold-DoréLegierungen) und Rusmetali (drei Manganerzgruben in der Region Terdjola). Die Gesellschaft
Noricum Gold will im Herbst mit der Produktion von Gold im Vertragsgebiet Kvemo Bolnisi
starten. Die Industrieholding Georgian Industrial Group beziehungsweise deren
Tochtergesellschaft Saknakhshiri LLC ist der einzige georgische Kohleförderer (2014: Förderung
von 350.00 t Kohle). Das Unternehmen hegt auf mittlere Sicht Pläne für den Ausbau der
jährlichen Kohleförderung auf bis zu 2,0 Mio. t.
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
55 | S e i t e
5.4
Tourismus
Der Tourismus gilt in Georgien als einer der sich am dynamischsten entwickelnden und
perspektivreichsten Wirtschaftssektoren. Die Kaukasusrepublik verfügt über
viele
kulturhistorische und landschaftliche Reichtümer, ideale natürliche Bedingungen für den Bade-,
Wander-, Kur- und Skitourismus sowie günstige Voraussetzungen für den Ausbau der
Kongresstouristik und die Ausweitung eines besonderen Freizeitangebotes, die im Land
legalisierte Glücksspielbranche. Schon heute gibt es in Georgien rund ein Dutzend Casinos, die
ihre Umsätze von Jahr zu Jahr steigern.
Das Einreisen in das Land ist unkompliziert. Bürger aus zahlreichen Ländern, darunter aus allen
Staaten der EU, können bei Aufenthalten bis zu einem Jahr, innerhalb dessen es maximale
Aufenthaltsdauern gibt, ohne Visum ins Land reisen. Die Branche bietet vielversprechende
Geschäftschancen in den Sektoren Hotelbau- und -ausstattung, Sport- und
Freizeiteinrichtungen, Verpflegung, Agenturdienste und Entertainment.
Die Städte Tiflis und Batumi sind die Hochburgen des touristischen Gewerbes. Nach Angaben
der Agentur für Investitionsförderung der Autonomen Republik Adscharien, Batumi Investment
Agency, beträgt das aktuelle Investitionsportfolio für Hotelbauten in der Region mit geplanter
Umsetzung 2016 bis 2020 mehr als 0,6 Mrd. USD. Kaum weniger Hotelprojekte gibt es in der
Hauptstadt Tiflis. Wintersport- und Kurzentren planen ambitionierte Ausbauprojekte. Seit dem
Frühjahr 2016 können Unternehmen für die Modernisierung und den Ausbau touristischer
Objekte in allen Landesteilen mit Ausnahme von Tiflis und Batumi Fördermittel aus dem
Programm „Empfange Gäste in Georgien“ abrufen.
Der direkte Beitrag des Tourismus zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) Georgiens dürfte laut einer
Analyse der Welttourismusorganisation (World Travel and Tourism Council/WTTC) bis 2025 im
Schnitt um jährlich 6,6 % beziehungsweise von 1,8 Mrd. GEL (0,8 Mrd. USD; 2015) auf 3,4 Mrd.
GEL (1,4 Mrd. USD) steigen. Unter Einschluss aller indirekten Effekte der Branche für die
Wirtschaft ist bis 2025 im Schnitt ein Plus von 6,5 % pro Jahr beziehungsweise ein absoluter
Zuwachs von 6,1 Mrd. GEL (2,7 Mrd. USD) auf 11,5 Mrd. GEL (4,6 Mrd. USD) realistisch.
Im Jahr 2025 dürften 100.000 Personen direkt im touristischen Gewerbe tätig sein, 15.000 mehr
als heute. In ihren Analysen bewerten die WTTC-Spezialisten Georgien als eines der Länder mit
den besten Aussichten für ein langfristiges Wachstum in der Tourismuswirtschaft.
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
56 | S e i t e
Die Nationalbank Georgiens erwartet 2025 Deviseneinahmen aus dem internationalen
Tourismus in Höhe von bis zu 5,5 Mrd. USD. Dieses Volumen entspricht fast einer
Verdreifachung gegenüber dem Niveau von 2015.
Kenndaten der Entwicklung des Fremdenverkehrs in Georgien (in Mio. USD)
Kategorie
Einreisen von Ausländern (in Mio. Personen)
2012
4,43
2013
5,39
2014
5,52
2015
5,90
Veränd. 1)
6,9
.Aufenthalt von 24 Stunden und mehr
1,79
2,07
2,23
2,28
2,2
.Transit
0,75
1,19
1,14
1,40
22,8
1.588,9
1.584,5
1.738,2
1.547,0
14,4 2)
144,3
195,2
221,2
219,9
27,8
503,3
506,6
528,2
463,0
12,7
74,7
74,1
70,6
59,0
7,5
449,3
84,2
319,4
97,9
406,1
103,6
305,0
89,8
-3,4
11,4
332,9
6,7
1.410,9
391,4
6,5
1.719,7
408,4
7,0
1.787,1
410,2
7,3
1.935,9
29,1
8,3
Gewährte touristische und artverwandte
Dienstleistungen, insgesamt
.Hotel, Herbergen, Camping
.Gaststättengewerbe und Catering
.Bahntransport
.Land- und Wassertransport
.Flugtransport
.Reisebüros, sonstige touristische Dienste
Anteil des Tourismussektors am BIP (in %)
Deviseneinnahmen aus dem internationalen
Tourismus
1)
2)
Veränderung gegenüber Vorjahresperiode in %; Veränderung auf der Basis der Nationalwährung GEL
Quelle: Zusammengestellt von Germany Trade and Invest nach Angaben von Geostat, der Nationalbank Georgiens und des
Ministeriums des Innern Georgiens
Die Prognosen sind angesichts der schon über viele Jahre hinweg positiven Entwicklung des
Fremdenverkehrs realistisch. Innerhalb von zehn Jahren (2006 bis 2015) hat sich die Anzahl der
jährlich in die Kaukasusrepublik einreisenden Ausländer fast verzehnfacht (Zuwachs im
Zeitraum Januar bis April 2016 gegenüber der Vorjahresperiode: +15 % auf 1,6 Mio. Gäste). Die
Anzahl der Besucher aus Deutschland hat sich 2010 bis 2015 von 17.600 auf 37.000 mehr als
verdoppelt. Laut der Prognose der nationalen Tourismusbehörde GNTA werden 2025
voraussichtlich bis zu 11 Mio. ausländische Besucher nach Georgien kommen. Offiziell gelten
40 % der alljährlich ins Land einreisenden Gäste als touristische Besucher. Das sind jene
Personen, die sich im Land 24 Stunden und mehr aufhalten.
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
57 | S e i t e
Hinter dem heutigen und erwarteten Wachstum der Anzahl „echter Touristen“ steht nicht
zuletzt der Ausbau des internationalen Flugverkehrs. In Georgien sind heute 26
Fluggesellschaften aktiv. Die ungarische Billigfluglinie Wizz Air kündigte eine kräftige Expansion
am Standort Kutaisi an. Die zweitgrößte georgische Stadt soll ab Herbst 2016 von sieben neuen
europäischen Standorten, darunter aus Berlin-Schönefeld, München-Memmingen und
Dortmund, zweimal wöchentlich angeflogen werden.
6
Rechtliche Rahmenbedingungen und Steuern
6.1
Rahmenbedingungen und DCFTA
Im Rahmen des Assoziierungsabkommens mit der EU verpflichtet sich Georgien, die
demokratischen Grundsätze, die Menschenrechte und Grundfreiheiten, wie unter anderem in
der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UN 1948 verankert und wie in der
Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten 1950 definiert,
einzuhalten.
Neben diesen Verpflichtungen umfasst das Abkommen auch Reformen zur Stärkung von
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Korruptionsbekämpfung sowie die Angleichung von
Standards in unterschiedlichsten Bereichen. Während dieses Abkommen noch nicht in Kraft
getreten ist, da noch nicht alle Parlamente der Mitgliedsländer zugestimmt haben, gilt das dort
verankerte Freihandelsabkommen (Deep and Comprehensive Free Trade Agreement (DCFTA))
bereits seit 2014. Es beinhaltet unter anderem den zollfreien Warenverkehr zwischen der EU
und Georgien, die Festlegung gemeinsamer Standards sowie Regelungen zum
Verbraucherschutz. Im Rahmen des DCFTA wird der Warenverkehr standardisiert und
liberalisiert, um eine Intensivierung des Handels zwischen Georgien und der EU zu erreichen.
6.2
Gesellschaftsrecht
Die gesellschaftsrechtlichen Belange sind in Georgien im Gesetz über die gewerblichen
Unternehmen geregelt. Gemäß Artikel 2.1 dieses Gesetzes gibt es folgende gewerbliche
Subjekte: Einzelunternehmer, Unternehmergenossenschaft, Gesellschaft mit Solidarhaftung,
Kommanditgesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Aktiengesellschaft und
Kooperative. Somit sind nach dem georgischen Recht Personengesellschaften sowie
Kapitalgesellschaften als Gesellschaftsformen möglich.
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
58 | S e i t e
Personengesellschaften:
•
Offene Handelsgesellschaft (General Partnership)
In der offenen Handelsgesellschaft haften die Gesellschafter mit ihrem persönlichen
Vermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Eine offene Handelsgesellschaft
wird durch Zusammenschluss von zwei oder mehr natürlichen Personen gegründet. Die
Partner haften gesamtschuldnerisch. Für eine offene Handelsgesellschaft gibt es keine
Vorschriften zum Mindestkapital. Die Gesellschaft besitzt jedoch eine eigene
Rechtspersönlichkeit.
•
Kommanditgesellschaft
Die georgische Kommanditgesellschaft ist mit der deutschen Kommanditgesellschaft
vergleichbar. Sie besteht aus mindestens zwei oder mehr natürlichen oder juristischen
Personen. Sie ist eine Gesellschaft, in der die Komplementäre für die Verbindlichkeiten
der Gesellschaft mit ihrem gesamten Vermögen haften, die Kommanditisten lediglich im
Rahmen ihrer Einlagen. Die Kommanditisten sind allerdings nicht an der
Geschäftsführung der Gesellschaft beteiligt, im Gegensatz zu den Komplementären. Für
eine Kommanditgesellschaft schreibt die georgische Gesetzgebung kein Mindestkapital
vor.
Personengesellschaften werden als Gesellschaftsform in Georgien nicht sehr oft gewählt. Sie
bieten den Gesellschaftern kaum steuerliche Vorteile und sind wegen der persönlichen Haftung
mit hohen Risiken verbunden. Aus diesen Gründen sind in Georgien Kapitalgesellschaften die
am weitesten verbreiteten Gesellschaftsformen.
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
59 | S e i t e
Kapitalgesellschaften:
•
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Diese Gesellschaftsform ist mit der deutschen GmbH vergleichbar. Das Haftungsrisiko ist auf
das Vermögen der Gesellschaft beschränkt, der Gesellschafter an sich haftet nur mit den in
das Unternehmen getätigten Investitionen. Die Gesellschaft kann von natürlichen oder
juristischen Personen gegründet werden. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann
von einer einzigen Person gegründet werden.
Das Unternehmergesetz legt für eine GmbH ein Stammkapital fest, welches in beliebiger
Höhe per Gesellschaftsvertrag festgesetzt werden kann (in bestimmten Fällen, z.B. bei
Versicherungsgesellschaften ist ein Mindeststammkapital erforderlich, um eine Lizenz zu
erhalten). Dieses muss bei Gründung eingezahlt sein.
Die Gesellschafterversammlung ist das oberste Verwaltungsorgan der GmbH und
entscheidet folglich über die strategische Ausrichtung der Gesellschaft. Das Tagesgeschäft
und die Vertretung erfolgen dann durch die Geschäftsführung (Direktor/en). Die
Gesellschaft haftet für alle geschäftsbezogenen Handlungen des Direktors, nicht jedoch für
dessen unredliches Verhalten, das dieser selbst zu verantworten hat.
•
Aktiengesellschaft (Joint Stock Company)
Eine Aktiengesellschaft bedarf ebenfalls nur eines Aktionärs zur Gründung. Wie bei der
GmbH ist auch hier die Haftung beschränkt auf das Gesellschaftsvermögen und, für den
Aktionär, auf die Höhe seiner Einlage. Auch die Aktiengesellschaft bedarf zur Gründung
eines Grundkapitals, dessen Ober- oder Untergrenze nicht gesetzlich, sondern durch die
Aktionäre vertraglich festgelegt wird. Um Aktien der Gesellschaft erwerben zu können, ist
ein Beitrag in das Grundkapital zu leisten.
Die Ausgabe der Aktien kann in Form von Vorzugsaktien und Stammaktien erfolgen. Hierbei
gewähren Vorzugsaktien kein Stimmrecht, jedoch den Anspruch auf einen fixen
Dividendenbetrag. Stammaktien hingegen garantieren dem Aktionär Stimmrechte in der
Hauptversammlung entsprechend der Anzahl der gehaltenen Aktien.
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
60 | S e i t e
Wichtigstes Organ der Aktiengesellschaft ist die Hauptversammlung, die über die
strategische Ausrichtung und die Wahl des Aufsichtsrates des Unternehmens entscheidet.
Ein Aufsichtsrat ist bei offenen oder von der Georgischen Nationalbank zugelassenen
Unternehmen obligatorisch, bei geschlossenen Gesellschaften erst ab 100 Aktionären. Der
Aufsichtsrat bestimmt und kontrolliert die Geschäftsführung der Aktiengesellschaft.
•
Kooperative
Die Kooperative (Cooperative, Co) ist eine Organisation, deren Mitglieder sowohl natürliche
als auch juristische Personen sein können. Gegründet wird die Kooperative durch
Einzahlung eines von den Mitgliedern festgelegten Mindestbetrages. Sie dient dem
gemeinsamen wirtschaftlichen Nutzen und der Steigerung des Profits ihrer Mitglieder. Die
Kooperative soll dabei primär die Durchsetzung der Interessen ihrer Mitglieder und nur
sekundär deren monetären Vorteil fördern. Die Haftung für Verbindlichkeiten ist auf das
Vermögen der Kooperative beschränkt.
6.3
Steuerrecht
Steuerarten
Gemäß dem Steuergesetzbuch gibt es nur sechs Arten von Steuern in Georgien. Davon sind fünf
nationale Steuern (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer, Verbrauchssteuer,
Einfuhrsteuer), wohingegen die Vermögensteuer eine örtliche Steuer im Sinne einer
Kommunalsteuer ist.
Einkommensteuer
Einkommensteuerpflichtig sind alle natürlichen Personen. Hierbei ist unbeschränkt und damit
mit dem weltweit erzielten Einkommen steuerpflichtig, wer einen Wohnsitz in Georgien hat.
Die Verpflichtung zur Entrichtung dieser Steuer trifft jedoch auch nichtansässige, beschränkt
steuerpflichtige Personen. Dann liegt der Besteuerung dank der einschlägigen
Doppelbesteuerungsabkommen jedoch nur das in Georgien erzielte Einkommen zugrunde.
Als Einkommen im Sinne des georgischen Steuerrechts gelten Einkünfte aus einem
Beschäftigungsverhältnis (Lohn/Gehalt sowie geldwerte Vorteile), einer wirtschaftlichen
Betätigung (insb. Dividenden) und andere Einnahmen, worunter z.B. der vorteilhafte
Warenerwerb oder auch Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften fallen können.
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
61 | S e i t e
Verlustrückträge sind ausgeschlossen, während Verlustvorträge in Abhängigkeit vom
Engagement des Steuerzahlers als Unternehmer in künftige Steuerjahre möglich sind.
Die Besteuerung erfolgt für das Kalenderjahr und beträgt derzeit 20 %. Zinsen und Dividenden
werden mit 5 % besteuert.
Körperschaftsteuer (Gewinnsteuer)
Ebenso wie für die Festsetzung der Einkommensteuer wird der Körperschaftsteuer das
Kalenderjahr zugrunde gelegt. Der Steuersatz beträgt 15 %. Unbeschränkt
körperschaftsteuerpflichtig sind, mit Hinblick auf die Doppelbesteuerungsabkommen,
diejenigen ausländischen Unternehmen, die in Georgien eine Betriebsstätte unterhalten oder
sonstige Einkünfte generieren.
Unternehmen und Einzelunternehmer sind verpflichtet die Körperschaftsteuer vierteljährlich
abzuführen, und zwar in Höhe von jeweils 25 % des gesamten Körperschaftsteuerbetrages, der
auf den Einkünften des letzten Steuerjahres basiert. Die Zahlungen müssen bis spätestens 15.
Mai, 15. Juli, 15. September und 15. Dezember ausgewiesen werden. Unternehmen, die im
Vorjahr keinen besteuerbaren Gewinn erzielt haben, unterliegen dieser Vorauszahlungspflicht
nicht. Die Körperschaftsteuer wird anhand von IFRS und einigen steuerrechtlichen
Modifizierungen festgesetzt.
Als Körperschaftsteuersubjekte werden alle Unternehmen behandelt, die nicht als Kleinst- oder
Kleinunternehmen (Micro Business, Small Business) zu klassifizieren sind. Denn diese können
vereinfachten Buchhaltungsregeln und Steuervorteilen (Besteuerung nur nach
Einkommensteuergesetzen) unterliegen. Die Einordnung als solche orientiert sich an Kriterien
wie der Anzahl der Arbeitnehmer und dem jährlichem Einkommen.
Auch im Rahmen der Körperschaftsteuer ist der Verlustvortrag möglich, nicht aber der
Verlustnachtrag. Zudem kennt das georgische Steuerrecht zahlreiche Abzugstatbestände.
Grundsätzlich ist hiernach abzugsfähig, was aufgebracht wird, um das besteuerte Aufkommen
zu generieren, wie z.B. die Herstellungskosten der Verkaufsgüter, Betriebsstoffe oder Löhne
und Gehälter. Nicht abziehbare Ausgaben des Unternehmens sind generell solche, die nicht der
Förderung des eigentlichen Unternehmens oder des eigentlichen Unternehmenszwecks dienen,
so wie beispielsweise die Körperschaftsteuer an sich, Straf- und Bußgelder, aber auch
Ausgaben, die für die Inanspruchnahme eines Micro-Business anfallen. Ferner ist auch das
Instrument der Abschreibung, je nach Abschreibungsgegenstand oder -gruppe anhand
unterschiedlicher Methoden, anwendbar. Dividenden unterliegen einer Quellensteuer in Höhe
von 5 %, allerdings nur insofern, als sie an Privatpersonen, Non-Profit-Organisationen oder
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
62 | S e i t e
ausländische Unternehmen ausgeschüttet werden. Ansonsten sind sie steuerfrei. Die
Zinsertragsteuer liegt grundsätzlich bei 5 %. Unter bestimmten Voraussetzungen entfällt die
Hinzurechnung der Zinsen zum steuerbaren Einkommen jedoch.
Umsatzsteuer
Die georgische Umsatzsteuer liegt bei 18 % und ist monatlich abzuführen. Sie fällt bei jeglicher
Erbringung von Leistung oder Lieferung von Ware in Georgien sowie dem Warenimport und –
export nach und aus Georgien an. Bei lediglich vorübergehenden Importen liegt der Steuersatz
bei 0,54 % pro angefangenem Monat, im Gesamten jedoch nicht über 18 %.
Eine Berechtigung zum Abzug der Umsatzsteuer hat nur, wer als Umsatzsteuerzahler registriert
ist oder zu einer Registrierung verpflichtet wäre. Die Registrierungspflicht besteht für
Geschäftstätige, die innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von zwölf Monaten
Geschäftsvorfälle in einem Gesamtumfang von 100.000,- GEL zu verzeichnen haben, es sei
denn, deren Tätigkeit ist allein auf eine Freihandelszone beschränkt. Ebenso obligatorisch und
innerhalb von zwei Tagen hat sich beispielsweise zu registrieren, wer binnen eines Tages ein
oder mehrere Güter im Gesamtwert von über 100.000 GEL ausführt. Darüber hinaus kann eine
freiwillige Registrierung eines jeden Steuerzahlers erfolgen. Die Registrierung erfolgt
unkompliziert und gewöhnlich innerhalb eines Tages. Eine Abmeldung aus dem Register ist
infolge Liquidierung oder auf Antrag möglich.
Gemäß dem georgischen Steuergesetzbuch gibt es zwei Arten von Steuerbefreiung, solche mit
und solche ohne Recht auf Vorsteuerabzug.
Verbrauchssteuern
In Georgien werden Verbrauchssteuern auf alkoholhaltige Getränke, Tabakwaren, Fahrzeuge
und Mineralstoffe wie Öl und Gas erhoben. Die Festsetzung richtet sich nach der Größe der
erstandenen Menge, wobei der Steuersatz je nach Verbrauchsgut unterschiedlich ist. Zudem
müssen Alkoholika (ab 1,15 % Alkoholgehalt) und Tabakwaren mit einem entsprechenden
Steuersiegel versehen werden. Während die Verbrauchssteuer für importierte Waren direkt bei
der Einfuhr entrichtet wird, bedarf es im Übrigen derzeit einer monatlichen Anzeige.
Verbrauchssteuern sind zu entrichten im Falle der Herstellung von verbrauchssteuerpflichtigen
Waren in Georgien; des Imports oder Exports von verbrauchssteuerpflichtigen Waren nach
oder aus Georgien; der Herstellung nicht verbrauchssteuerpflichtiger Waren aus
verbrauchssteuerpflichtigen Waren; der Versorgung mit Flüssiggas und/oder Erdgas für
Fahrzeuge sowie der Erbringung von Mobilfunkleistungen.
Deutsche Wirtschaftsvereinigung / Germany Trade & Invest
Mai 2016
63 | S e i t e
Eine Befreiung von Verbrauchssteuern mit Recht auf Vorsteuerabzug besteht beim Export von
verbrauchssteuerpflichtigen Waren (ausgenommen Eisen- und Nichteisenschrott) und der
Lieferung von georgischen Waren zum Verkauf in Duty-Free-Zonen.
Importsteuer
Die Importsteuer ist von Personen zu entrichten, die Waren in das Wirtschaftsgebiet Georgiens
einführen. Sie fällt entweder im Bezug auf den Wert oder das Volumen der Ware an. Der
Steuersatz der Importsteuer orientiert sich an der Art der einzuführenden Ware.
Hier können drei Hauptgruppen unterschieden werden:
1. Gruppe: Nahrungsmittel, Mineralwasser, Säfte, Holz, Beton, Stein, Kleidung und
Juwelierwaren besteuert mit 12 %;
2. Gruppe: Privateigentum, Kabel, Schweinefleisch, Käse und weitere bestimmte Arten von
Nahrungsmitteln mit 5 %;
3. Gruppe: u.a. Alkoholika und Fahrzeuge, besteuert mit variablen Steuersätzen.
Zahlreiche Güter unterliegen einer Steuerbefreiung. Hierunter fallen insbesondere humanitäre
Hilfsgüter und Güter zur Bewältigung von Naturkatastrophen ebenso Waren, die dem
internationalen Personenverkehr dienen, Baby- und Diabetikernahrung, sowie Waren aus einer
Sonderwirtschaftszone.
Vermögensteuer
Auch dieser Steuerart liegt das Kalenderjahr zugrunde. Die lokale Vermögensteuer darf einen
Höchstsatz von 1 % nicht überschreiten. Die Erhebung der Steuer unterscheidet sich für
Privatpersonen und Unternehmen.
Bei inländischen Privatpersonen ist der Anknüpfungspunkt der Besteuerung die Rechtsposition
des Eigentums. Besteuerbare Objekte sind jedwede Immobilien und Grundstücke inklusive
deren Bebauung (gleich welchen Fortschritts), Yachten und Motorboote, Flugzeuge und
Hubschrauber sowie von Ausländern/ ausländischen Unternehmern geleaste Objekte.
Ausländer, die sich in Georgien wirtschaftlich engagieren, müssen hingegen die
Vermögensteuer auf alle materiellen und immateriellen Vermögensgegenstände entrichten.
Sowohl inländische als auch ausländische Privatpersonen können aber von
Steuerbefreiungstatbeständen profitieren.
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Mai 2016
64 | S e i t e
Die Besteuerung der in- und ausländischen Unternehmer erfolgt anhand der Bilanz auf deren
Sachanlagen, nicht installierte Maschinen, Anlagen im Bau, Anlagevermögen sowie angemietete
Vermögensgegenstände.
6.4
Arbeitsrecht
Gesetzliche Regelungen auf einen Blick
Vergütung
Mindestlohn
Freie Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Keiner
Arbeitsstunden pro Woche
Im Allgemeinen: 40 und bei erforderlichen betrieblichen
Bedarf/Schichtsystem: 48
Keine gesetzlichen Vorgaben, unbegrenzt unter Beachtung
einer mindestens zwölfstündigen Erholungsphase zwischen
den Arbeitstagen oder zwei Schichten
17 (1./ 2.1., 7.1., 19.1., 3.3., 8.3., 9.4., Ostern (Freitag bis
Montag), 9.5., 12.5., 26.5., 28.8., 14.10., 23.11.)
Mindestens 24 Arbeitstage pro Jahr
Mindestens 15 Kalendertage pro Jahr
Zulässige Überstunden
Gesetzliche Feiertage
Bezahlte Urlaubstage
Gesetzlich garantierte unbezahlte
Freistellung (Urlaub)
Tage mit Lohnfortzahlung bei
Krankheit
Probezeit
Während einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit wird
kein Lohn gezahlt (häufig Anrechnung auf Urlaub), jedoch ist
laut einem Dekret des Arbeitsministeriums eine finanzielle
Unterstützung (Beihilfe) durch den Arbeitgeber vorgesehen
Maximal sechs Monate
Quelle: Arbeitsgesetzbuch Georgiens
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Rechtsgrundlagen
Die arbeitsrechtlichen Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind im
Arbeitsgesetzbuch Georgiens (AGB) vom 25.5.2006 in der Fassung späterer Ergänzungen und
Änderungen geregelt. Mit der Inkraftsetzung einer umfangreichen Gesetzesnovelle am 4.7.2013
hat die seit Oktober 2012 amtierende Regierung das von der Vorgängerregierung 2006
beschlossene ultraliberale Arbeitsrecht in einigen grundlegenden Passagen dem international
üblichen arbeitsrechtlichen Regelwerk angepasst und die bestehende weitgehende
Deregulierung von Arbeitsverhältnissen aufgehoben.
Dennoch ist die heutige georgische Arbeitsgesetzgebung noch von internationalen Standards
entfernt. Das betrifft unter anderem die nicht oder unzureichend geregelten Bereiche
Arbeitsschutz und -sicherheit, die Arbeitsaufsicht (Inspektion) und einige bisher nicht ratifizierte
Konventionen der ILO über die Arbeitssicherheit. Die AGB-erwähnte Novelle bietet zudem der
Arbeitgeberseite aufgrund unpräziser Formulierungen oder unzureichender Regelungen einen
großen Spielraum bei der Auslegung. Auch die Professionalität der Gerichte in
arbeitsrechtlichen Fragen ist nicht ausreichend. Arbeitsgerichte gibt es in Georgien nicht.
Streitigkeiten in arbeitsrechtlichen Fragen werden von den Zivilgerichten entschieden.
Georgien verfügt im internationalen Vergleich auch nach der Inkraftsetzung der AGB-Novelle
über ein sehr liberales, flexibles und arbeitgeberfreundliches Arbeitsrecht. Die georgische
Gesetzgebung kennt keine Einschränkungen für die Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter.
Vertragsabschluss
Ein Arbeitsvertrag kann mündlich oder schriftlich für eine befristete oder unbefristete Zeit
abgeschlossen werden. Er ist jedoch obligatorisch schriftlich abzuschließen, wenn das
Beschäftigungsverhältnis länger als drei Monate dauert. Arbeitsverträge, die die Vereinbarung
einer Probezeit vorsehen, bedürfen grundsätzlich der Schriftform. Die wesentlichen
Bedingungen des Arbeitsvertrages sind in Punkt 9 des Artikels 6 aufgeführt: Datum des
Arbeitsbeginns und Dauer des Beschäftigungsverhältnisses, Arbeits- und Erholungszeit,
Arbeitsort, Funktion (Stelle) und Art der zu erbringenden Arbeit, Vergütung und
Zahlungsbedingungen, Modalitäten für die Zahlung von Überstunden, Anzahl der bezahlten und
unbezahlten Urlaubstage sowie die Modalitäten für die Inanspruchnahme von Urlaub.
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Interne Arbeitsvorschriften können Bestandteil des Arbeitsvertrages werden. Wesentliche
Bedingungen des Arbeitsvertrages können nur durch Vereinbarung beider Seiten geändert
werden. Befristete Arbeitsverträge können nur für maximal ein Jahr und unter bestimmten
Voraussetzungen abgeschlossen werden. Diese sind gegeben, wenn die Beschäftigung das
Erbringen eines bestimmten Arbeitsumfanges (einer bestimmten Leistung) oder das Ausführen
von Saisonarbeiten vorsieht, wenn sich der Arbeitsumfang vorübergehend erhöht, wenn ein
vorübergehend auf der Arbeit fehlender Arbeitnehmer (ruhendes Arbeitsverhältnis) ersetzt
wird oder andere objektive Gründe vorliegen, die den Abschluss eines Vertrages für eine
bestimmte Zeit rechtfertigen.
Wird der Arbeitsvertrag für einen Zeitraum von mehr als 30 Monaten abgeschlossen oder
dauert das Beschäftigungsverhältnis infolge eines wiederholt oder mehrfach wiederholt
abgeschlossenen befristeten Arbeitsvertrages mehr als 30 Monate, gilt, dass der Arbeitsvertrag
für eine unbestimmte Zeit abgeschlossen wurde. Eine Aneinanderreihung von befristeten
Verträgen ist in der Regel nur bis zu einer maximalen Laufzeit von 30 Monaten möglich.
Rechte und Pflichten der Vertragsparteien
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Stellenbewerber über die künftig zu erfüllenden
Arbeitsaufgaben, die Form des Arbeitsvertrages, die Fristen des Arbeitsvertrages, die
Arbeitsbedingungen, die Stellung des Arbeitnehmers im Beschäftigungsverhältnis und über die
Vergütung zu informieren. Er ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer einen für das Leben und die
Gesundheit sicheren Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und ihn vollständig, objektiv und
verständlich über mögliche Risiken am Arbeitsplatz zu informieren. Für gesundheitliche
Schäden, die der Arbeitnehmer bei der Ausübung seiner Arbeit erleidet, muss der Arbeitgeber
aufkommen (Zahlung der Behandlungskosten und einer Entschädigung).
Der Arbeitgeber ist berechtigt, interne Arbeitsvorschriften festzulegen und ist gleichzeitig
verpflichtet, den Arbeitnehmer mit diesen vertraut zu machen. In den schriftlich fixierten
Vorschriften können unter anderem folgende Punkte geregelt werden: Dauer der Arbeitswoche
sowie Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit beziehungsweise Dauer der Schicht, Dauer der
Erholungspause, Zeit, Ort und Modalitäten der Lohnzahlung, Dauer und Modalitäten für die
Gewährung des bezahlten und unbezahlten Urlaubs sowie die Arten möglicher
Leistungsprämien und Strafen. Interne Arbeitsvorschriften dürfen nicht im Widerspruch zu
individuellen Arbeitsverträgen, Kollektivverträgen und dem AGB stehen.
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Der Arbeitnehmer muss die Arbeit persönlich ausführen. Die Vertragsparteien können
vereinbaren, dass für einen bestimmten Zeitraum eine dritte Person die Arbeit ausführen kann.
Der Arbeitnehmer ist in bestimmten Fällen verpflichtet, Überstunden zu leisten (ohne
zusätzliche Entlohnung: Vermeidung von Katastrophen oder Beseitigung der Folgen von
Katastrophen; mit angemessener Entlohnung: Vermeidung von Havarien im Unternehmen oder
Beseitigung von Havarieschäden).
Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf insgesamt 730 Kalendertage Schwangerschafts-,
Mutterschafts- und Erziehungsurlaub, von denen 183 Tage (bei Mehrlingsgeburten und
Schwangerschaftskomplikationen 200 Tage) vom Staat bezahlt werden. Den Urlaubszeitraum
kann der Arbeitnehmer beliebig auf die Zeit vor oder nach der Geburt verteilen. Arbeitgeber
und Arbeitnehmer können sich über eine zusätzliche Bezahlung einigen. Arbeitnehmer können
bei Bedarf einen zusätzlichen unbezahlten Kinderbetreuungsurlaub von insgesamt zwölf
Wochen bis zum 5. Geburtstag des Kindes in Anspruch nehmen (ohne Unterbrechung oder in
Teilen von nicht weniger als zwei Wochen). Das Recht der Freistellung steht jeder Person zu, die
sich tatsächlich um das Kind kümmert.
Vertragsbeendigung
Gründe für eine Vertragsbeendigung können folgende Sachverhalte sein:
a) die wirtschaftliche Lage sowie technologische oder organisatorische Veränderungen machen
einen Abbau von Arbeitskräften erforderlich,
b) der Ablauf der Frist des Arbeitsvertrages,
c) die Erfüllung der im Arbeitsvertrag vorgesehenen Arbeit,
d) die Aufgabe einer Stelle/Tätigkeit durch den Arbeitnehmer auf eigenen Wunsch (auf der
Grundlage eines schriftlichen Antrages),
e) eine schriftliche Vereinbarung der Parteien über eine Vertragsbeendigung,
f) eine nicht der Stelle/auszuführenden Arbeit entsprechende Qualifikation (berufliche
Fähigkeiten) des Arbeitnehmers,
g) eine grobe Verletzung der sich aus dem individuellen oder Kollektivvertrag und/oder aus den
internehmen Arbeitsvorschriften (sofern Bestandteil des Arbeitsvertrages) ergebenden
Verpflichtungen durch den Arbeitnehmer,
h) eine Verletzung der sich aus dem individuellen oder Kollektivvertrag und/oder aus den
interne Arbeitsvorschriften (sofern Bestandteil des Arbeitsvertrages) ergebenden
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Verpflichtungen durch den Arbeitnehmer, sofern innerhalb des letzten Jahres schon einmal
eine Disziplinarmaßnahme in Übereinstimmung mit den genannten Verträgen oder Vorschriften
ausgesprochen wurde,
i) eine längere Arbeitsunfähigkeit und zwar dann, wenn die Dauer der Arbeitsunfähigkeit 40
Kalendertage hintereinander übersteigt oder die Gesamtdauer der Arbeitsunfähigkeit innerhalb
von sechs Monaten 60 Kalendertagte übersteigt und der Arbeitnehmer bereits den ihm
zustehenden bezahlten Jahresurlaub in Anspruch genommen hat,
j) rechtskräftige Gerichtsentscheidungen über eine nicht gesetzliche Anerkennung von Streiks,
k) die Eröffnung eines Liquidationsverfahrens (Liquidierung einer juristischen Person),
l) ein anderer objektiver Grund, der zur Beendigung eines Arbeitsvertrages berechtigt.
Kündigungen haben schriftlich zu erfolgen. Die Kündigungsfrist beträgt grundsätzlich 30 Tage.
Bei einer Kündigung seitens des Arbeitgebers (in den Fällen a, f, i und l) muss der Arbeitnehmer
mindestens 30 Tage vorher über diese Kündigung schriftlich informiert werden und der
Arbeitgeber ist zur Zahlung einer Abfindung von mindestens einem Monatsgehalt innerhalb von
30 Tagen ab dem Tag der Beendigung des Arbeitsvertrages verpflichtet. Der Arbeitgeber kann
den Arbeitnehmer auch mindestens drei Tage vorher über den Kündigungstermin schriftlich
informieren, muss ihm dann aber einen Lohnausgleich für zwei Monate innerhalb von 30 Tagen
ab dem Tag der Vertragsbeendigung zahlen. Für Massenentlassungen (ab 100 Mitarbeiter) im
Falle des unter a) genannten Kündigungsgrunds sind besondere Informationspflichten
gegenüber dem Ministerium für Arbeit, Gesundheitswesen und Soziales zu beachten.
Wenn der Arbeitnehmer Initiator der Kündigung ist, muss er den Arbeitgeber mindestens 30
Tage im Voraus schriftlich über die Kündigung benachrichtigen (sofern im Arbeitsvertrag nichts
anderes geregelt ist).
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Kontakt
Deutsche Wirtschaftsvereinigung (DWV) Georgien
24 Rustaveli Avenue, 0108 Tbilisi, Georgien
T. +995 (32) 220 5767, E-Mail: info@georgien.ahk.de
Internet: www.georgien.ahk.de
Germany Trade and Invest
Villemombler Straße 76, 53123 Bonn
T. +49(0)228 24993-0, E-Mail: info@gtai.de
T. +49(0)228 24993-268, E-Mail: katrin.kossorz@gtai.de
Ansprechpartnerin: Katrin Kossorz
Internet: www.gtai.de
Rödl & Partner
24 Rustaveli Avenue, 0108 Tbilisi, Georgien
T. +995 (32) 299 5905, E-Mail: tiflis@roedl.pro
Internet: www.roedl.de
Autoren
Dr. Uwe Strohbach (Wirtschaft/Investitionen und Arbeitsrecht), Oliver Regner, Natia
Gobejishvili, Klaus Kessler, Sergi Jorbenadze, Thomas Börner und Moritz Maluska
Fotos/Grafiken
Enterprise Georgia, Fotolia, Gebrüder Weiss, HeidelbergCement, Oliver
Regner, Poti FTZ
Stand
Mai 2016
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Genehmigung. Für die Richtigkeit der in dieser Publikation enthaltenen Angaben können wir
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