FAUCH Nr. 15 (2013)
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FAUCH Nr. 15 (2013)
Ausgabe 15 November 2013 www.fau.ch Arbeitswelt unter Hochspannung Alles im Umbruch fauch Die Zeitschrift des FAU – Fokus Arbeit Umfeld Ins_91.5x64:Nest_Inserat 1.7.2013 10:39 Uhr Seite 1 I n h a lt e d i t o r i a l Format 3spaltig 119 mm hoch Spannungsfelder in der Arbeitswelt «Keine Büroeinrichtungen... Rendite = Rente? Nest rentiert, weil wir ökologisch-ethisch investieren und unsere Strategie konsequent umsetzen. ...ohne Offerte von Berther AG!» nest die ökologisch-ethische Pensionskasse Nest Sammelstiftung T 044 444 57 57 www.nest-info.ch 4 Arbeitswelt unter Hochspannung? 6 «Ohne Stempeluhr sind wir nie richtig draussen» 10 Frischzellenkur für unser Wirtschaftssystem 12 Nur die Besten. Und die Anderen?! 14 Mal glänzendes Gold, mal rostendes Eisen: Die Generation 50plus 16 Alles im Umbruch – wer wo arbeitet 25 Keine Heimat, nirgends? 26 Fremdsein ist immer anders 28 «Meine Wunscharbeit ...» Spurensuche AG 30 Und plötzlich versagte der Körper ... 31 Und plötzlich ist alles anders … Daily Business im FAU 33 Gedankensplitter eines Coachs AG AG Thunstrasse 7 3113 Rubigen Tel. 031 721 08 54 Fax 031 721 61 41 www.bertherag.ch info@bertherag.ch Projekte Teilnehmende 35 Arbeit als Balanceakt 36 Neuorientierung – seinem Leben eine neue Richtung geben 37 Bei Robert Walser die Bestätigung gefunden 38 Projekt «Outplacement» gibt Energie und Motivation 39 Mythos Mistel 41 Gesehen, Gelesen, Gehört 42 Die Auflösung – wer wo arbeitet Impressum Herausgeber FAU – Fokus Arbeit Umfeld Bremgartnerstrasse 7, 8003 Zürich Telefon 044 454 70 40 fauch@fau.ch, www.fau.ch ISSN 1661-4755 Chefredaktion Hedy Bühlmann Redaktion+Koordination Hedy Bühlmann, Regula Bättig, Sonja Sanders Liebe fauch-Leserinnen liebe fauch-Leser Wenn Sie den Begriff «Spannung» googeln, finden Sie 305 Synonyme, die in 31 Gruppen eingeteilt sind. Das heisst vorerst, dass dieser Begriff, je nach Situation verwendet, ganz Unterschiedliches in der deutschen Sprache bedeutet. Zum Beispiel: «Die Stimmung ist sehr angespannt» oder «Das Publikum hat den Film mit Spannung erwartet» oder «Versuchen Sie doch mal, sich zu entspannen» oder «Die Anspannung in solchen Situationen ist derart hoch, dass ...». Sie kennen ganz bestimmt unzählige Spannungsfelder aus der eigenen Arbeitswelt. Um nur ein paar zu nennen: Überzeit, Verantwortung, Vorgesetzte, Machtverhältnisse, Führungsstil, Kommunikation, Alter, Lohn, Diplome versus Berufserfahrung, Praktika, Halbwertszeit des Wissens, Internationalisierung, befristete Projektarbeit, Arbeitsplatzsicherheit, Mobilität, Flexibilität, Technologisierung, 24-Stunden-Verfügbarkeit, demografischer Wandel, Aufhebung zwischen Arbeit und Privatem, Gesundheit ... Selbstverständlich kann man diese Spannungsfelder als belastend empfinden oder sie als Herausforderung betrachten, der man sich stellt. Berufsbilder, Ausbildungsgänge, Karrieren sind im ständigen Wandel. Sie verändern sich mit den Menschen, die im Dickicht einer Multioptionsgesellschaft ihre Laufbahn gestalten müssen. Notgedrungen oder glücklicherweise. Entsprechend sind berufliche Entscheidungen, einmal getroffen, weder unumstösslich noch falsch oder richtig. Alles ist heute möglich und im Fluss, nichts ist von Dauer und unverrückbar. Dieser Zeitgeist wirkt sich auf das Individuum aus, das auf der Suche nach seinem Potenzial im allerbesten Fall seine Erfüllung in einer Tätigkeit leben darf, die wir Berufung nennen. Aktuell diktiert die Arbeitswelt allen Beteiligten stete Bewegung und Veränderung. Heute, jetzt, zukünftig. Warten bringt daher nichts, Vorwärtsstreben auch nicht immer. Wir müssen entscheiden, ob wir eine Wirtschaftsordnung wollen, die für die Menschen da ist, und eine Haltung zu diesem Tempo und dieser Rastlosigkeit finden. In dieser Gegenwart lautet das Schlüsselwort «Eigenverantwortung» und damit auch «Risikobereitschaft und Neugierde auf Neues». Das heisst auch, dass wir den Mut aufbringen, die Konsequenzen des eigenen Handelns zu tragen. Und dazu gehört es, den Überblick zu wahren, den Strudel des schnellen Wandels auszuhalten, den eigenen Platz zu suchen und in der Lage zu sein, mit dem Unerwarteten umzugehen. Beiträge Ulricke Bänziger-Bühler, Regula Bättig, Arne Bläsing, Hedy Bühlmann, Marc da Silva, Christian Föllmi, Annemarie Gutknecht, Pascale Heiniger, Beat Klarer, Martin Koch, Ivo Pavlov, Adrian Përnoka, Karin Rolli, Nadja Toscan, Anja Woellner, Thomas Wymann Hedy Bühlmann Fotografie Simone Gloor, Göran Lindholm, fotolia.com, GEPA, iStockphoto, zvg Illustration Michael Monti Cover Göran Lindholm Korrektorat Sonja Sanders, Patricia von Ostheim, Beat Zaugg Design/Grafik Anja Piffaretti Inserate Heidi Bolliger Michel, Roland Utiger Druck Stutz Druck AG, 8820 Wädenswil 2 fauch November 12 Auflage 2500 Exemplare Gedruckt auf Balance Pure (FSC Recycling) November 13 fauch 3 S p a n n u n g s f e l d e r i n d e r A r b e i t sw e lt S p a n n u n g s f e l d e r i n d e r A r b e i t sw e lt Arbeitswelt unter Hochspannung? In der heutigen Arbeitswelt ist die eigentliche Tätigkeit für viele gar nicht mehr die grosse Herausforderung. Gefordert sind wir hingegen, wenn es darum geht, die eigenen Leistungsgrenzen frühzeitig zu erkennen, Stressresistenz zu entwickeln und nebenbei Familie, Weiterbildung und Freizeit unter einen Hut zu bringen. Dabei lernen wir so einiges über den Umgang mit uns selbst. T e x t R e g u l a B ä t t i g I llustration M i c h a e l M o n t i «Arbeit schafft nur Probleme». Recht hat er, der betrunkene Obdachlose auf der Parkbank. Arbeit schafft Probleme – oder zumindest Spannungsfelder. Mit dem Wandel der Gesellschaft wurden diese nicht weniger. Im Gegenteil: Arbeiteten unsere Vorväter noch, um zu leben, leben heute viele, um zu arbeiten. Mehr noch: Es gehört mittlerweile zum guten Ton, gestresst zu sein, keine Zeit zu haben oder zumindest viel zu wenig. Zeit ist Geld, doch wer Zeit hat, ist nichts wert. Paradox daran ist, dass sich die Allgemeinheit zwar massgeblich über den Job definiert, wir uns aber gleichzeitig in einer Freizeitgesellschaft bewegen. Zum Wochenendprogramm gehören Sport, Spass, Spiel. Siesta und Spaziergang gelten für die wenigsten als adäquate Freizeitgestaltung – nicht wenn andere Marathon laufen oder Wildwasserkanu touren unternehmen. Nur Schwächlinge brauchen Erholung. Wer Nackenschmerzen hat, kommt gut weg Mittlerweile ist das Tempo im Arbeitsalltag oft derart hoch, dass es viel Stärke braucht, zu erkennen, was einem nicht gut tut, und allenfalls entsprechende Konsequenzen zu ziehen. Raus aus dem Hamsterrad! Immer mehr Menschen haben die Wahl jedoch gar nicht, sie springen nicht selber, sie werden geworfen. Wer auf das munter kreiselnde Karussell lediglich mit Schwindelgefühlen und chronischen Nackenschmerzen reagiert, kommt gut weg. Denn andere reagieren mit Herzinfarkt, Magengeschwür, dem Griff zur Flasche oder zur Pillenpackung. Oder sie erkranken an einem Burnout. Eine genaue Definition des Begriffs «Burnout» existiert nicht. «Arbeiteten unsere Vorväter noch, um zu leben, leben heute viele, um zu arbeiten.» Wissenschaftlich belegt ist lediglich, dass ein wesentliches Merkmal dafür das «Gefühl der Erschöpfung» ist. Die Autoren der Schweizer Stressstudie 2010 des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) fragten 1000 Personen, ob sie bei der Arbeit das Gefühl hätten, emotional verbraucht zu sein. 21 Prozent antworteten mit «trifft eher zu», 4 Prozent mit «trifft völlig zu». Die Studienverfasser gingen davon aus, dass jene 4 Prozent «ein klinisches Niveau von Burnout aufweisen und psychologischer und ärztlicher Behandlung bedürfen». Belegt ist zumindest, dass gemäss den Zahlen des Seco stressbe- 4 fauch November 13 dingte Ausfälle die Schweizer Wirtschaft 4,2 Mrd. Franken pro Jahr kosten. Eine schwer fassbare Zahl. Eindeutig aber viel Geld – gemessen an einem Bruttoinlandprodukt von derzeit jährlich rund 590 Milliarden Franken. Ausgebrannt? Der Nächste wartet Doch scheint die moderne Gesellschaft diese Kosten in Kauf zu nehmen. Nur wenige Firmen investieren gezielt in die Stressresistenz – und somit auch in die Gesundheit – ihrer Mitarbeitenden. Warum auch? Ist jemand nach einigen hochtourig absolvierten Jahren ausgebrannt, holt man sich halt Ersatz. Unverbrauchte Berufsleute: motiviert, hungrig nach Erfolg. Frisch ab Ausbildung legen sich junge, gut ausgebildete Fachkräfte mächtig ins Zeug. Überstunden? Kein Problem. Häufige Auslandreisen? Toll. Was solls, wenn sie ihre eigene Wohnung kaum mehr erkennen: Prestige und Lohn stimmen. Und das ist ja wohl das, was zählt. Nur wird der Nachschub an jungen Berufsleuten in absehbarer Zeit knapp – vielmehr ist er in manchen Branchen längst schon knapp geworden. Prognosen des Bundesamts für Statistik sagen voraus, dass der Anteil der über 50-Jährigen unter der in der Schweiz lebenden Bevölkerung im Jahr 2020 31 Prozent betragen wird, dies gegenüber einem Anteil von 25 Prozent im Jahr 2000. Wir werden also nicht umhin kommen, den verbleibenden Arbeits kräften besser Sorge zu tragen. Auch jenen jenseits der 50. Sei wach, agil und nutz‘ die Chance Selbst wenn es uns dereinst gelingen sollte, den Spagat zwischen Leben und Arbeit, Arbeit und Gesundheit etwas besser hinzukriegen, mangelt es nicht an Spannungsfeldern. Da ist die Sache mit der Arbeitsplatzsicherheit, denn die gehört mittlerweile der Vergangenheit an. Heute gilt Employability. Der Lebensarbeitsplatz hat ausgedient, jeder muss ständig wach, agil und präsent sein. Es gilt, neue Trends vorauszusehen und die sich bietenden Chancen zu nutzen. Und: Dauernd auf die eigenen Vorteile achten zu müssen, hat Folgen. Aus sympathischen Kollegen werden erbitterte Konkurrenten. Doch sitzen Konkurrenten nicht nur im Büro nebenan, sie lauern längst weltweit. Unsere heutige Wissens gesellschaft bleibt nicht ohne Folgen: Der Arbeitsmarkt für spezifisches Fachwissen funktioniert global. Die Zahlen der Schweizer Volkszählung 2010 zeigen, dass ein Grossteil der Zuwanderer im die deutsche Sprache erlernen. Nicht nur die sogenannten JobNomaden, die für ihre Unternehmen heute in der Schweiz und morgen in Shanghai arbeiten, kommen ohne Deutschkenntnisse aus. Auch fix in der Schweiz installierte ausländische Fach- und Führungskräfte brauchen diesen Aufwand nicht auf sich zu nehmen. Im Unternehmen wird sowieso nur Englisch gesprochen, und im Privatleben bewegt man sich in seinen eigenen Kreisen. Man trifft sich im International Club, dem American Club oder sonst «Unsere heutige Wissensgesellschaft bleibt nicht ohne Folgen: Der Arbeitsmarkt für spezifisches Fachwissen funktioniert global.» einem englischsprachigen Verein und schickt die Kinder in Privatschulen. Während die Vereinsbildung von Bosniern oder Portu giesen mit Argwohn betrachtet wird, stört sich kaum jemand am Deutschen Verein oder dem allabendlichen Stammtisch der Engländer im Pickwick Pub. Erwerbsalter, also jene zwischen 20 und 64, sehr gut ausgebildet sind. Mehr als die Hälfte verfügt über einen Hochschulabschluss und gilt somit als hochqualifiziert – dieser Wert liegt deutlich über dem Schweizer Mittelwert von knapp 30 Prozent. Gleichzeitig hat sich der Anteil von Personen mit schulischer Grundbildung unter den Einwanderern von 30,9 Prozent auf 15,6 Prozent verringert. Bezogen auf die Gesamtschweiz ist dieser Anteil von 24,2 Prozent auf 18,8 Prozent gesunken. Deutsch ist Pflicht – oder? Auch wenn der Anteil an un- oder kaum qualifizierten Immigran ten abnimmt, so gibt es diese Kategorie noch immer. Die Zusammenarbeit gestaltet sich oft nicht einfach. Sprachbarrieren können den Arbeitsalltag kompliziert machen. Hat das Gegenüber verstanden? Wird die Arbeit so erledigt, wie es sein sollte? Deutsch lernen ist daher Pflicht – diese Forderung ist auch politisch unbestritten. In den Chefetagen von grossen Unternehmen oder im Bereich Forschung und Entwicklung wird jedoch mit anderen Ellen gemessen. Kaum jemand erwartet von High Professionals, dass sie Alle sind gefordert Aufgrund der steigenden Forderungen nach Flexibilität greifen viele Unternehmen heutzutage auch auf externe Mitarbeiter zurück. Manpower als einer der drei weltweit grössten Personaldienstleister schätzt, dass weltweit mittlerweile jeder fünfte Mitarbeitende von aussen zugezogen wird. Auch hier knirscht es bisweilen mächtig im Gebälk. Denn das Zusammengehen von eigenen und «zugemieteten» Mitarbeitenden gestaltet sich nicht immer konfliktfrei. Verdient der andere mehr für die gleiche Arbeit? Ist es gerecht, dass die Externen den gleichen Preis für das Mittagessen in der Kantine bezahlen oder die raren Parkplätze mit Beschlag belegen? Fakt ist, dass die Spannungsfelder, die sich im Zusammenhang mit der modernen Arbeitswelt auftun, nicht nur Chefsache sind. Im Gegenteil. Obwohl Unternehmensleitungen sicher Einfluss auf einen erfolgreichen Umgang mit den Spannungsfeldern haben, ist in erster Linie Eigenverantwortlichkeit von allen gefordert. Und einfach ist dies nicht: Es gilt, ständig am Ball zu bleiben, sich dabei aber nicht völlig zu verausgaben und ganz nebenbei noch Toleranz zu zeigen und Flexibilität zu beweisen. Regula Bättig ist Journalistin. November 13 fauch 5 V e r d i c h t e t e A r b e i t sw e lt V e r d i c h t e t e A r b e i t sw e lt «Ohne Stempeluhr sind wir nie richtig „draussen“» Die Arbeitsverdichtung hat in den letzten 20 Jahren stark zugenommen und dazu geführt, dass Arbeitnehmende grösseren Belastungen ausgesetzt sind. Mit diesen sind Stress, Interessenkonflikte und Spannungen verbunden. Arbeitspsychologe Prof. Dr. Theo Wehner diskutiert mit dem «fauch» die Frage nach dem humanen Arbeitsplatz und erklärt, weshalb der Gesellschaft die bezahlbare Arbeit ausgeht. T e x t H e d y B ü h l m a n n , N a d j a T o s c a n F otos S im o n e G l o o r Was macht ein Arbeitspsychologe, Herr Professor Wehner? Man muss zwischen der angewandten Arbeitspsychologie unterscheiden, die Arbeitsplätze aus der Perspektive der Arbeitnehmer gestalten will, und der theoretischen Psychologie, die eine Vorstellung davon entwickelt, was humane Arbeit ist. Die Grundlagenforschung der Hochschulen stellt Analyseinstrumente bereit, um beispielsweise Arbeitszufriedenheit zu messen und geht der Frage von Sinn und Glück in der Arbeit nach. Oder: Wenn die Arbeitsmedizin Lärm in Dezibel misst, beschäftige ich mich als Arbeitspsychologe mit der individuellen Wahrnehmung von Lautheit, also damit, wie Lärm erlebt wird. Sie haben über die Humanisierung der Arbeitswelt geforscht. Was meinen Sie damit? In den Siebzigerjahren schauten wir mit kritischem Blick auf die bestehende Arbeitswelt. Die Arbeitspsychologie entwickelte Kriterien, die einen humanen Arbeitsplatz ausmachen: Ganzheitlichkeit der Aufgabe, Vielfalt der Tätigkeit, Lernmöglichkeiten, Sozialität, Kollegialität. Dabei handelte es sich nicht um einen naiven Wellnesstrip, denn neben der Zufriedenheit der Arbeitnehmenden nahmen auch Produktivität und Qualität zu. Es ging uns darum, zu zeigen, was ein humaner Arbeitsplatz den Arbeitnehmenden und den Arbeitgebenden bringt. Zwar hat das Bewusstsein diesbezüglich bis heute zugenommen, doch Fliessbänder und viel Stress gibt es nach wie vor, und die Verdichtung der Arbeit steigt weiterhin. Nehmen Unternehmen solche Ergebnisse wahr, und werden diese auch umgesetzt? Durch die Humanisierungsdebatte wurden Begriffe wie Kollegialität, Kooperation und Teamarbeit in der Arbeitswelt klar gefestigt, auch von Arbeitgeberseite her. Formen der Zusammenarbeit rückten in den Fokus des Gesprächs. Die Idee, dass es um Kooperation und nicht um Konkurrenz geht, wurde akzeptiert. Darauf folgten flexible Arbeitszeitmodelle und die Einsicht, dass Arbeitnehmer auch dann produktiv sind, wenn sie nicht mit der Stempeluhr kontrolliert werden. Dass Teamarbeit effektiv ist, ist heute Standard. 6 fauch November 13 Allgegenwärtiger Stress – wieso macht die heutige Arbeitswelt so viele Menschen krank? Arbeit macht krank. Arbeitslosigkeit macht auch krank. Im physischen und technischen Bereich haben wir in den Arbeitswissenschaften viel geleistet. Unsere Arbeitsplätze sind – besonders in der Schweiz – ergonomisch gut gestaltet. Aber dies hat auch eine weitere Arbeitsverdichtung ermöglicht. Seit den 80er und 90er Jahren hat die Verlagerung von Verantwortung auf den Einzelnen stark zugenommen. Diese allgegenwärtige Mitverantwortung und der daraus folgende Stress führen, wie vom Soziologen Alain Ehrenberg beschrieben, zum «erschöpften Selbst». Für unsere Arbeitszufriedenheit ist nicht mehr das HR zuständig. Wir werden selbst zum Arbeitskraft-Unternehmer und bewirtschaften unsere Kompetenzen, unser Netzwerk, unsere Weiterbildung und auch die Arbeitswechsel selber. Das sind radikale Veränderungen in der Arbeitswelt und für die Biografie der Arbeitnehmenden. Wo liegt Ihrer Meinung nach die Verantwortung, den indivi duellen Arbeitsumfang und die Zuständigkeiten zu regulieren? Je mehr Gestaltungsfreiheit dem Arbeitnehmenden gegeben wird, desto mehr leistet er. Dies spiegelt eine Art von Selbstausbeutung wider. Ohne Stempeluhr sind wir nie richtig «draussen» und arbeiten meistens über das Geforderte hinaus. Menschen wollen tätig sein, Verantwortung übernehmen, Qualität liefern und wir sind sogar bereit, dabei einzelne Lebensbereiche zu vernachlässigen. Work-Life-Balance ist das Thema, aber eigentlich müsste von einer Work-Work-Balance die Rede sein. Wir gehen nämlich heute von Tätigkeitsfeld zu Tätigkeitsfeld: Von der Erwerbsarbeit zur Hausarbeit und auch in der Freizeit wird Arbeit erledigt und Leis tung erbracht. Dieses Verhalten wird noch weiter zunehmen. Die Leistungsbereitschaft und Erreichbarkeit in der Arbeitswelt sind sehr hoch im Moment und werden – so paradox das auch klingen mag – als Entlastung wahrgenommen: E-Mails checken in den Ferien erlaubt einem, bei der Rückkehr auf dem Laufenden zu sein. … und ungestört können wir von zuhause aus arbeiten und Arbeits- und Privatwelt noch weniger voneinander abgrenzen? «Der Wissensarbeiter, der selbstbewusst ist, der will mit 45 in Rente gehen.» Genau. Wir probieren neue Formen aus und entdecken Möglichkeiten und Technologien, die uns zur Verfügung gestellt werden. Arbeitsplatz-Gestaltung geht aber natürlich weiter. Zum Beispiel fallen institutionalisierte Pausen mit Kollegen im Home Office weg. Hier übernimmt der Arbeitgeber keine Verantwortung. Ob jeder Arbeitnehmende ein guter Arbeitswissenschaftler ist und seinen Heimarbeitsplatz ergonomisch gestalten kann, ist sehr fraglich. Daher sollte dies kritisch betrachtet und unterstützt werden: Wie ersetzt man die sozialen Austauschformen, die im Büro täglich entstehen und zur Arbeitszufriedenheit beitragen? Durch diese Arbeitsformen wird zwar dem Arbeitnehmenden Autonomie zugestanden. Home Office ist natürlich oft ein individuelles Bedürfnis, in erster Linie für das Unternehmen jedoch platz- und ressourcensparend. Was brauchen denn Arbeitnehmende? Welche Bedürfnisse haben wir in Bezug auf unsere Tätigkeit? Menschen wollen Tätig-Sein, etwas zum Ganzen beitragen. Innerhalb des Gefüges von Arbeitsteilung geht es darum, seine Rolle einzunehmen, Identität bilden und damit zufrieden, womöglich glücklich zu werden. Man kann auch von Sinnsuche sprechen. Im Rahmen der «Global Workforce Index»-Studie wurden Mitarbeitende auf allen Ebenen gefragt, ob sie für eine sinnvollere Tätigkeit auf Geld oder Status verzichten würden. Bis zu 70 Prozent der international Befragten bejahten die Frage. Sinn und nicht ein Bonus ist die neue Währung in der Arbeitswelt. Das gilt besonders für die Generation Y. Die nach 1980 Geborenen sind in einer anderen Gesellschaft aufgewachsen, beobachten uns Ältere in der Reproduktionsmühle und distanzieren sich davon. November 13 fauch 7 V e r d i c h t e t e A r b e i t sw e lt «Allgegenwärtige Mitverantwortung und der daraus folgende Stress führen zum erschöpften Selbst.» Viele von ihnen nehmen sich eine Auszeit bereits nach der Lehre, nach der Matura, nach dem Bachelor und nochmals nach dem Master. Sie warten nicht auf das Rentenalter, um sich zu entfalten. Oder man wird Freelancer und übernimmt die ganze Verantwortung, um sich nicht an ein Unternehmen zu binden. Wissens intensive Unternehmen reagieren bereits strategisch auf diesen Trend und stellen Arbeitnehmende projektbezogen und befristet ein. Jeder ist zudem in einem Netzwerk. Wenn IBM sucht, dann finden die sofort die richtigen Kandidaten und zwar in sozialen Netzwerken und nicht per Headhunter. In dieser Diskussion hört man das Wort «Konkurrenz» ja gar nicht mehr? Wenn jeder mit jedem konkurriert, muss man es eben nicht mehr benennen. Dabei hat die gegenseitige Konkurrenzierung und Entsolidarisierung in letzter Zeit enorm zugenommen. Alles ist projektorganisiert und individualisiert. Man muss sich intern bewerben und mit seinen Kollegen konkurrieren. In diesem Zusammenhang sprechen wir von «Koopkurrenz», einer Mischung von Kooperation und Konkurrenz. Um ins Projekt zu kommen, muss ich konkurrieren, im Projekt muss ich aber wieder kooperieren. Diese Spannung auszuhalten, ist sehr schwierig. V e r d i c h t e t e A r b e i t sw e lt Welche Spannungsfelder zwischen Arbeitgeber und Arbeit nehmenden haben Sie identifiziert? Man muss kein Marxist sein, um zu sehen, dass dieses Verhältnis eines ist, das von unterschiedlichen Interessen ausgeht. Interessenskonflikte lösen Spannungen aus. Diese müssen nicht zerstörerisch sein, an Spannung kann man auch wachsen. In der Arbeitswelt geschieht immer noch wenig auf Augenhöhe zwischen den Akteuren. Wir haben immer noch Ungleichheiten; denken Sie an die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern! Das muss aber nicht gleich Ungerechtigkeit bedeuten. Fragen gegenseitiger Wertschätzung und gemeinsamer Verantwortung sind zudem von Bedeutung. Wie viel Mitverantwortung habe ich für das unternehmerische Interesse, wie viel Verantwortung übernimmt das Unternehmen für die Mitarbeitenden? Die Interessensgegensätze werden noch durch die Sozialpartnerschaft mit Gewerkschaften vermittelt. Diese sind in Europa jedoch völlig unterschiedlich. In Frankreich oder Deutschland ist Kampfpotenzial bei den Gewerkschaften vorhanden. In der Schweiz funktioniert die Sozialpartnerschaft a nders. Es gibt keine grossen Konflikte. Aber dort, wo Gewerkschaften versuchen, für ihre Klientel etwas zu tun, wird es schwierig. Nehmen wir die Initiative «6 Wochen Ferien für alle» des letzten Jahres: Schweizer verstehen sechs Wochen Ferien als Bedrohung, sonst hätten sie doch die Initiative nicht zu 2/3 abgelehnt. Oder es stellt sich die Frage, ob da schon so viel unternehmerische Verantwortung vorhanden ist. Hier ist womöglich eine Überidentifikation des Einzelnen mit dem unternehmerischen Risiko festzustellen. Junge Menschen verfügen heute oft über eine sehr umfassen de Ausbildung. Welche Perspektiven haben sie? Wir hatten noch nie so viele qualifizierte, weiterbildungsinteressierte, karrierebewusste Arbeitnehmende, und es zeigt sich in vielen Firmen, dass es mitunter zu wenig qualitativ anspruchsvolle Aufgaben und Aufstiegschancen gibt. Für den Einzelnen kommt es deshalb zu einer Situation, die wir Überforderung durch Unterforderung nennen. Diese Personen werden unzufrieden und suchen in Netzwerken nach neuen Optionen. Darum sind diese Leute immer auf dem Markt und kommen nie an. Nur noch aus CV- Designgründen muss man es an einem bestimmten Arbeitsort noch ein bisschen aushalten, bis man wieder wechseln kann. Die stetige Hoffnung, woanders eine bessere Arbeit zu finden, treibt einen weiter. Die Wahrscheinlichkeit, dass der neue Job doch der falsche ist, ist enorm gross. So beginnt eine neue Form der Belastung. Professor Dr. Theo Wehner Professor Dr. Theo Wehner leitet das Institut für Arbeits- und Organisationspsychologie an der ETH Zürich. Er befasst sich in Forschung und Lehre mit den Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Arbeit in Organisationen und Gesellschaft. Aktuell leitet er z.B. das NF-Projekt «Freiwilligenarbeit als psycho soziale Ressource für Work-Life-Balance und Gesundheit». 8 fauch November 13 Die «Baby Boomer Generation» und die «Generation auf Achse»: Was bedeutet dies für die Unternehmen? Das bedeutet, dass die Bindung zwischen Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden niedriger ist. Die Austauschbarkeit wird andererseits immer grösser. Viele Mitarbeiter wollen sich nicht mehr binden, auch nicht an Arbeitskollegen. Man trifft sich ja auf Xing wieder. Aufgrund dieser Situation kann ich mich auf dem Arbeitsmarkt viel autonomer und individueller bewegen, aber ich muss alles selber bewirtschaften. Wer weniger Selbstbewusstsein hat und eher introvertiert ist, ist stark überfordert mit dieser Entwicklung. Der Wissensarbeiter, der selbstbewusst ist, der will «rein hauen», mit 45 eventuell aussteigen und nicht auf die Rente warten. Den klassischen Arbeitsplatz, von 9 bis 17 Uhr, fünf Tage die Woche, den gibt es für viele nicht mehr. Das ist kein Verlust und kein Gewinn, denn es eröffnet neue Wege, Vielfalt, Individualität... Bezahlte Vollbeschäftigung ist längst out. Gibt es überhaupt noch Arbeit für alle? Betätigungsfelder und Aufgaben für alle gibt es sicher, ob diese auch bezahlbar sind, das ist die Frage! Wir forschen viel im Bereich der Freiwilligenarbeit. Hier gibt es junge Menschen, die «Voluntourism» erfunden haben. Sie gehen als Touristen nach Südamerika, machen aber Ferien indem sie als Volunteer auf einer Fairtrade-Kaffeeplantage mitarbeiten. Erstaunlicherweise haben Freiwillige, die dadurch in ihrem Alltagsleben ja noch eine Rolle mehr ausfüllen, dennoch eine bessere Work-Life-Balance, als jene, die keine Freiwilligenarbeit verrichten. Was halten Sie von der Initiative «Für ein bedingungsloses Grundeinkommen»? Mehrere derzeitige Initiativen in der Schweiz nehmen wahr, dass in der Arbeitswelt Ungleichheit herrscht. So etwa auch die 1:12-Initiative. Am weitesten geht allerdings die Idee, Einkommen und Arbeit voneinander zu trennen. Das ist eines der grössten Gedankenexperimente. Was würde diese Trennung – falls sie vollzogen wird – mit uns machen? Viele Befürworter glauben, dass man nur noch das machen würde, was für einen Sinn macht. Zu wissen, was man will, ist nicht trivial und kann auch eine Überforderung darstellen. Wir würden in eine Situation katapultiert, die wir nicht kennen, deren psychologische Auswirkungen wir nicht vorher sagen können. Das Denken über die Arbeitsgesellschaft wird durch diese Initiative jedoch befruchtet und sollte nicht gebremst werden. Viele Ablehner haben das Menschenbild, dass man dann nur noch in der Hängematte liegen würde, wenn Existenzsicherung irrelevant wird. Die Erfahrung kann dieses Bild keineswegs bestätigen. Es gibt ganz, ganz wenige, die sich in der Arbeitslosigkeit «einrichten», und diese machen dann auch meist noch Eigenarbeit oder sind für die Schwarzarbeit zu haben. Menschen wollen Tätig-Sein «Es geht vermehrt darum, das Unerwartete zu managen.» und wissen, dass sie in der Betätigung Sinn finden. Das gilt sicher auch für Zeiten des bedingungslosen Grundeinkommens, die noch in weiter Ferne liegen, aber sinnvollerweise in der Schweiz nun angedacht und weiter gedacht werden. Die Arbeitswelt unterliegt einem ständigen Veränderungs prozess. Welche Fähigkeiten brauchen wir, um mit diesen Ver änderungen gut umzugehen? Wir dürfen nicht in unseren Erwartungen verharren. Dies fordert flexibles Reagieren im Arbeitskontext. Die Hauptdiskussion in den Betrieben ist oft dieselbe: «Wer ist für was zuständig» oder noch einfacher: «Dafür bin ich nicht zuständig». Diese Form der Abgrenzung funktioniert in Wissensgesellschaften, wo es täglich auch um Innovationen geht, nicht mehr. Rollenidentität bedeutet heute Überlappung unterschiedlicher Rollen, nicht deren Abgrenzung, und Mitverantwortung tragen. Daher müssten wir auch mehr Frustrationstoleranz haben und Widerstandskräfte aufbauen. Denn diese werden in der dynamischen Arbeitswelt gebraucht. Wir sind nicht für rein reproduktive, mechanische Tätigkeiten gemacht. Roboter erledigen diese viel zuverlässiger. Es geht vermehrt darum, das Unerwartete zu managen. Um dem Unerwarteten begegnen zu können, muss man wiederum offen und neugierig sein für Veränderung und für die Erfahrungen der Anderen. Hedy Bühlmann, Coach bei FAU, und Nadja Toscan sind Kommunikationswissenschaftlerinnen. R e d a k t i o n s p r a k t i k u m Journalistin/Journalist Fotografin/Fotograf (80–100 Prozent) Möchten Sie auf einer Print- oder Online-Redaktion arbeiten? Sehen Sie Ihre berufliche Zukunft in den Medien oder in der Kommunikation? Beim «arbeitsmarkt» schreiben oder fotografieren stellensuchende Medienschaffende zu Themen aus der Arbeitswelt. Die veröffentlichten Beiträge im Heft und im Internet erhöhen Ihre Chancen, eine Stelle zu finden. www.derarbeitsmarkt.ch Bremgartnerstr. 7 I 8003 Zürich I Telefon 044 295 11 33 November 13 fauch 9 S p a n n u n g s f e l d Ö k o n o mi e S p a n n u n g s f e l d Ö k o n o mi e Frischzellenkur für unser Wirtschaftssystem Hat der gute, alte Kapitalismus ausgedient? Wohl kaum, zumindest nicht so bald. Aber die Zeichen stehen auf Veränderung. Immer mehr Menschen engagieren sich für Alternativen. Sie setzen auf Tauschhandel, fordern neue Werte oder ein Grundeinkommen. Alles Freaks? Mitnichten. T e x t R e g u l a B ä t t i g F oto z V g Da sind die Banken, der Euro, der Arabische Frühling und das Klima: Es kriselt. Warum eigentlich? Schliesslich gilt: Wenn jeder für sich schaut, dann geht es allen gut. In etwa so sieht – frei nach Adam Smith – die Grundidee der Marktwirtschaft aus und nach deren Grundzügen funktioniert unsere Wirtschaft. «Wenn jeder für sich schaut, schaut eben jeder nur für sich», findet hingegen Christian Felber, Buchautor und Globalisierungskritiker aus Österreich. Er plädiert daher für ein neues Wirtschaftssystem, für die Gemeinwohl-Ökonomie. Eine Idee, die für einiges Auf sehen gesorgt hat. Felber aber findet, was er da vorschlage, sei eigentlich nichts Neues. «Die Gemeinwohl-Ökonomie lehnt sich «In die Gemeinwohl-Bilanz sollen demokratische Werte einfliessen: Menschenwürde, Solidarität, Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit.» an den Werten an, die wir in unseren persönlichen Beziehungen anstreben und die auch fast überall in der Verfassung verankert sind», stellt er fest. Dass Unternehmen derzeit an ihrem Gewinn und Länder an ihrem Bruttoinlandprodukt gemessen werden, ist nach Ansicht von Felber ein grundlegender Fehler. «Geld ist nur das Mittel des Wirtschaftens», sagt er. «Das eigentliche Ziel ist das Gemeinwohl.» Und der Erfolg eines Projekts müsse anhand der Zielerreichung gemessen werden, nicht anhand der eingesetzten Mittel. Er schlägt als Alter native eine Gemeinwohl-Bilanz vor. Dort sollen die häufigsten Werte demokratischer Gesellschaften einfliessen: also Menschenwürde, Solidarität, ökologische Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und Demokratie. Der Lohn der Sache? Je mehr GemeinwohlPunkte eine Unternehmung erzielt, umso mehr rechtliche Vorteile soll sie erhalten. Konkret gemeint sind Steuerprivilegien oder Vorteile bei Unzählige Gegenentwürfe Auftragsvergaben. Auf der ganzen Welt beschäftigen sich Menschen mit Alternativen zum herrschenden Wirtschafts system. Detaillierte Informationen und weiterführende Links: www.gemeinwohl-oekonomie.org www.grundeinkommen.ch www.talent.ch www.weltethos.org 10 fauch November 13 «Wie ein Blitz getroffen» Christian Felber ist jedoch nicht der Einzige, der sich mit neuen – nachhaltigeren – Wirtschaftsmodellen be- fasst. In absehbarer Zeit soll in der Schweiz sogar über die Initia tive «Grundeinkommen» abgestimmt werden. Die vom Basler Unternehmer Daniel Häni und dem Künstler, Filmer und Autor Enno Schmidt vorbereitete Volksinitiative schlägt vor, in der Schweiz ein bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen. Dieses Geld soll, so Häni, «der ganzen Bevölkerung ein menschenwürdiges Dasein und die Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglichen». Konkret wird ein Betrag von 2500 Franken genannt, für Kinder soll ein altersabhängiger Betrag gelten. «Für den grössten Teil der Bevölkerung würde ein Grundeinkommen nicht bedeuten, dass sie mehr Geld zur Verfügung hätten», stellt Häni klar. Das Grundeinkommen würde lediglich die bestehenden Erwerbseinkommen und die aus Abgaben finanzierten Sozial versicherungen wie beispielsweise die Taggelder der Arbeitslosenkasse in seiner Höhe ersetzen. «Aber es würde weitaus mehr Sicherheit bedeuten, und finanzielle Existenzängste würden der Vergangenheit angehören.» Sozialleistungen, die höher als das Grundeinkommen sind, sollen entsprechend erhalten bleiben. Häni geht davon aus, dass die Finanzierung eines Grundeinkommens in der Schweiz möglich sei und eine sinnvolle Investition wäre. «Die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens hat mich wie ein Blitz getroffen», erzählt Daniel Häni. 1990 war er erstmals auf einen Artikel zu diesem Thema gestossen. «Das Grundeinkommen ist wesentlich dafür, dass der Mensch sein eigentliches Potenzial nutzen kann», findet der 47-jährige Basler. «Das Grundeinkommen selber löst keine Probleme», ist sich Häni bewusst. «Aber es macht den Kopf frei.» Und genau das sei der springende Punkt: «Unsere Gesellschaft steht vor grossen Herausforderungen: Da brauchen wir Leute, die Selbstverantwortung tragen, selber denken und sich engagieren.» Ist Häni ein Utopist? «Nein», findet er, «mein Unternehmen beweist das Gegenteil.» Beim Unternehmen Mitte handelt es sich um ein Kaffeehaus, indem man nicht konsumieren muss, sondern nur, wenn man will. «Dann nennen Sie mich lieber einen Spinner», sagt er. «Ich spinne an einer Wirtschaftsordnung, die für die Menschen da ist und nicht umgekehrt. Diese Bewegung ist am Wachsen. Das zeigt unter anderem auch der Erfolg der Unterschriftensammlung für das Grundeinkommen.» Wolfensohn, Vasella & Co. Tatsächlich ist Häni alles andere als ein einsamer Rufer im Wald. Da ist beispielsweise auch die Stiftung Weltethos, die sich stark mit der Thematik des ethischen – oder auch anständigen – Wirtschaftens befasst. In ihrem Manifest für ein Globales Wirtschafts ethos wird verlangt, dass die Wirtschaft Grundbedingungen schafft, sodass alle Menschen ihre Grundbedürfnisse decken und in Würde leben können. Dies beinhaltet auch den nachhaltigen Umgang mit der Umwelt und den Kampf gegen Ungerechtigkeit oder Korruption. Von weltfernen Utopisten kann man bei den Erstunterzeichnern des Manifests kaum sprechen: Nebst dem Schweizer Theologen Hans Küng – einer der treibenden Kräfte der Weltethos-Idee – gehören zu den Erstunterzeichnern des entsprechenden Manifests auch der ehemalige Präsident der Weltbank, James Wolfensohn, Daniel Vasella, ehemals CEO von Novartis, und Desmond Tutu, Friedensnobelpreisträger. Negativzins auf sämtliche Guthaben Neue Wege werden jedoch auch im Kleinen gesucht. So wird Tauschen für immer mehr Menschen eine echte Alternative zum Kaufen. Tauschnetze, Tauschvereine oder Zeitbörsen boomen. Obwohl selber 1995 eher «zufällig reingerutscht», ist die als Projektleiterin tätige Ursula Dold mittlerweile nicht nur eine grosse Verfechterin der Tauschidee, sondern auch Präsidentin von «Talent», einer der grösseren Tauschorganisationen der Schweiz. Anders als bei rein regional angelegten Tauschnetzen sei bei Talent der persönliche Kontakt nicht das oberste Ziel, erklärt sie. Abgerechnet wird bei «Talent» daher nicht im Sinne von «ich backe dir einen Kuchen, und du streichst mir dafür die Küche» wie bei Tausch börsen, sondern in einer Art eigener Währung, dem Talent. Für jede Leistung wird ein bestimmter Talentbetrag zwischen den Tauschpartnern ausgehandelt, der dann auf ein Konto kommt und beim Kunden der Leistung vom Konto abgezogen wird. Diese Konten haben für Dold auch eine politische Dimension, nicht nur weil damit eine Art Komplementärwährung existiert: «Auf Talentkonten gilt ein Negativzins.» Anders als wir es uns von Bank- und Postkonten gewohnt sind, nimmt das Guthaben dort nicht im Laufe der Zeit durch Zinszahlungen zu, sondern es nimmt ab, je länger es liegen bleibt. «Die Teilnehmer sind daher motiviert, Unternehmen Mitte in Basel keine Ersparnisse anzuhäufen, sondern ihre Talente im Umlauf zu halten», meint Dold. In ihrer Zukunftsvision ist der Talent eine effektive Komplementärwährung zum herkömmlichen Geld. «Und zwar eine, mit der man sich Dinge leistet, die man sich sonst nicht leisten würde, weil erst Essen, Miete und Versicherungsbeiträge bezahlt werden müssen.» Massagen beispielsweise, der neue Wohnzimmertisch oder die geführte Kanutour. In seiner Form als Nebenwährung hat der Talent nach Ursula Dolds Ansicht das Potenzial, die negativen Mechanismen des aktuellen Geldsystems, durch das die Schere zwischen Armen und Reichen immer weiter aufgeht, aufzuzeigen. «Für mich ist der Talent ein Beispiel für eine wünschenswerte Alternative.» Regula Bättig ist Journalistin. November 13 fauch 11 A n sp a n n u n g im HR M a n a g e m e n t A n sp a n n u n g im HR M a n a g e m e n t rungsprozesse zu unterstützen. Grosse KMUs oder Konzerne hingegen richten ihr Talentmanagement in viele verschiedene Richtungen aus. Für die Kleinen wie die Grossen gleichsam wichtig ist die Einbindung in die Unternehmensstrategie und Firmenkultur: Gesucht – Gefunden – Entwickelt. Erste Studien in der Schweiz zeigen bereits, dass der Einfluss des Talentmanagements auf den Unternehmenserfolg signifikant ist. Und immer mehr Unternehmer verstärken ihre Bemühungen in Richtung Rekrutierung und Talententwicklung. Zudem treffen sie Vorkehrungen, um diese Mitarbeitenden langfristig an das Unternehmen zu binden. Deren Rekrutierung allerdings gestaltet sich alles andere als einfach. Talente nehmen die strategisch wichtigen und imageträchtigen Positionen ein, die man selbst vielleicht gerne gehabt hätte. Nur die Besten. Und die Anderen?! Angetrieben durch die Globalisierung der Märkte und stetig steigende Anforderungen an die Wettbewerbsfähigkeit verdichten sich Tempo, Druck und Komplexität im beruflichen Umfeld zunehmend. Die Anspannung, unter der auch die HR Verantwortlichen stehen, nimmt in gleichem Masse zu. Insbesondere im Hinblick auf das Talentmanagement prallen häufig Welten und verschiedene Sichtweisen aufeinander. T e x t A n j a W o e l l n e r F oto GE P A Mitarbeitende legen heute zunehmend mehr Wert auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Freizeitkompensation statt Überstundenzuschlag sowie Entwicklungsmöglichkeiten. Demgegen über stehen die Interessen des Arbeitgebers, für den Wachstum, Innovationskraft und Gewinn vorrangig sind. Diese oft ungleichen Interessenslagen führen zu Spannungen. Vor allem zwischen den vorhandenen Mitarbeitenden und den neuen Nachwuchskräften, «Erfolge sind unerlässlich. Und unter diesem Druck entstehen schnell Egoismen und Differenzen.» den Talenten. Rekrutiert, um den Unternehmenserfolg zu beeinflussen und die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Sie nehmen die strategisch wichtigen und imageträchtigen Positionen ein, die man selbst vielleicht gerne gehabt hätte, initiieren und treiben Veränderungsprozesse voran, schaffen Wettbewerbsvorteile und helfen, 12 fauch November 13 Marktanteile zu gewinnen. Und all das macht sie zu etwas Besonderem im Unternehmen. Ihre Einzigartigkeit und Bedeutung für den Unternehmenserfolg fordert und fördert besondere Aufmerksamkeit. Und das erzeugt Unmut, sogar Frust. Bei allen Beteiligten. Talentmanagement signifikant für Unternehmenserfolg Im Talentmanagement geht es darum: «Die am besten geeignete Persönlichkeit, zur rechten Zeit, für die am besten geeignete Funktion zu rekrutieren, zu halten oder entsprechend zu entwickeln, um den Erwartungen der Shareholder zu entsprechen/zum Unternehmenserfolg beizutragen.1» Eine allgemeinverbindliche Defi nition gibt es nicht. Jedes Unternehmen legt individuell seine Talentstrategie, Massnahmen und Prozesse fest. Talente nehmen in den Firmen Schlüsselfunktionen ein. Und das erfordert eine klare und eindeutige Beschreibung dessen, was gefordert ist und gefördert wird. In einem kleinen Unternehmen wird es darum gehen, mit einem Talent die Nachfolge abzusichern und Verände- Die Jagd nach den Talenten Dass die globalen Arbeitsmärkte transparenter als vor dem Inter netzeitalter sind, ist zwar ein Vorteil, aber dadurch erhöht sich das Risiko, dass Talente abwandern. Der «Talentmarkt» ist ein sehr kleiner Markt. Talente sind ein rares Gut, schwer zu finden und sich ihres Wertes bewusst. Daher wird auch von «War for Talents2» geredet. In der HRM Trend Studie 2012 spricht der Autor Dr. Cachelin bereits von «… Zwei-Klassen-Gesellschaft und verschärftem Wettbewerb». Um die gesuchten Talente zu finden und erfolgreich zu rekrutieren, ist besonderes Können vom HR gefordert. Namentlich Kreativität, Flexibilität und Geduld. Insbesondere die sehr hohen Investitionen (Zeit und Geld) in das betriebsinterne Talentmanagement bedürfen einer Rechtfertigung und eines messbaren ROI (Return on Investment / Ertrag aus investiertem Kapital). Erfolge sind unerlässlich. Und unter diesem Druck entstehen schnell Egoismen und Differenzen. In manchen Unternehmen kann heute der Eindruck aufkommen, dass sich die Belegschaft mehrheitlich aus Talenten oder strategisch wichtigen Leistungsträgern zusammensetzt. Richtig ist: Talente machen etwa 5 % (<100 Mitarbeitende) bis ca. 20 % (>500 Mitarbeitende) des gesamten Personals aus. Demzufolge setzt sich die Belegschaft zu 80%-95 % aus «den Anderen», mehr oder weniger gut qualifizierten und erfahrenen Fach-und Führungskräften zusammen. Sie sind zwar keine «Talente per Definition», doch genauso wichtig für den Unternehmenserfolg. Sie besitzen keine oder weniger starke Karrierebestrebungen, die Familie oder das Sozialleben ist ihnen wichtiger. Und doch: Ob der emsigen Jagd nach den raren und so gesuchten Potentialen und dem deutlich grösseren Zeit-und Kostenaufwand im Hinblick auf Suche und zukünftige Entwicklung, entsteht oftmals ein falscher Eindruck bei der übrigen Belegschaft. «Wir gehen vergessen», dieser Satz ist häufig zu hören. Dann wird es schnell emotional. Gefühle wie Missachtung der eigenen Leistung, fehlende Wertschätzung durch das Management bis hin zu Minderwertigkeitsgefühlen treten zutage. Neid entsteht: auf das so viel höhere Gehalt und die zahlreichen Entwicklungsmöglichkeiten. Die darüber hinaus so offensichtlichen Benefits wie der schöne Firmenwagen oder das Firmen-Natel mit dem Apfel-Logo. In diesem Spannungsfeld liegt Konfliktpotential. Hier zu vermitteln, ist für das HR nicht nur anspruchsvoll, sondern vor allem zeit- und betreuungsintensiv. Erfolgreiche Unternehmen begegnen dieser Situation mit einer offenen und klaren Kommunikation. Aber vor allem indem sie ein ebenso grosses Augenmerk auf den Erhalt von Produktivität und Motivation bei der übrigen Belegschaft legen. Fehler bei der Rekrutierung und Personalentwicklung oder einen Imageschaden «Wichtig ist eine Kultur, in der Leistung belohnt und Wertschätzung erfahren wird, sich alle entwickeln und einen Beitrag leisten können. kann sich niemand leisten. Denn das wirkt sich nachteilig auf Unternehmenserfolg, Kundenbeziehungen oder auch die Attraktivität als Arbeitgeber aus. HR in vielfältigen Rollen gefordert Gelebtes Talentmanagement beeinflusst Gewinn, Produktivität und Effizienz gleichermassen wie die Attraktivität des Arbeitgebers und die Stärke des Firmenbrands. Ebenso wie die Motivation und Loyalität der Mitarbeitenden – der Besten und der Anderen. Um sich als HR Verantwortliche in solch verschiedenen Spannungsfeldern frei und langfristig erfolgreich bewegen zu können, sind nicht nur eine stabile Gesundheit, eine hohe Sozialkompetenz und fachliches Know-how von Nöten. Die Fähigkeit, flexibel zwischen verschiedenen Rollen wechseln zu können, ist ebenso wichtig. Erfolgreiche HR Verantwortliche agieren als Unternehmens- und Sozialberater, Change Manager, sind Mediator und Schiedsrichter, Coach Was Talente wollen…: und Mentor. An einem spannenden •Innovative Unternehmen, die auf WachstumsTag sind mehrere Rollen gleichzeitig kurs & global präsent sind. •Eine attraktive & starke Arbeitgebermarke/ gefragt. Employer Brand. Engagement, Enthusiasmus und der •Sinnhaftigkeit in ihrer Aufgabe/Rolle. leidenschaftliche Einsatz für die Er •Werte & Motivatoren im beruflichen Umfeld, reichung der Unternehmensziele sind die mit den eigenen übereinstimmen. •Gestaltungsspielräume, hohe Flexibilität & letztendlich weder ausgefeilten Talentsehr gute Entwicklungsmöglichkeiten. management-Programmen, Assess•Angemessenes Gehalt / Benefits & eine ment Centern3, Talentscouts4, BonusBeteiligung am Unternehmenserfolg. plänen oder Firmenwagen zu verdanken. Wichtig ist, eine Kultur und ein … und sie für das Unter nehmen attraktiv macht: Umfeld zu schaffen, in der Leistung belohnt und Wertschätzung erfahren •Wissen, Fähigkeiten/Begabungen/Potentiale, die einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. wird. Und jede/r sich entwickeln kann •Hoher Qualifizierungsgrad, hohe Mobilität & und seinen Beitrag leisten will. Arbeitsmarktfähigkeit. Anja Woellner ist HR Managerin. •Flexible Reaktion auf Veränderungen, Initiator [1] Zusammenfassung verschiedener Begriffsdefi nitionen zum «Talentmanagement». Talente gelten als «High Potentials». [2] Begriff von McKinsey in den 90er Jahren eingeführt als «intensiver Wettbewerb zahlreicher Unternehmen um einige wenige Nachwuchskräfte, mit überdurchschnittlichen Fähigkeiten». [3] Assessment Center: Personalauswahlverfahren, das der Kompetenzüberprüfung (sozial/fachlich) dient. [4] Talentscout: Talentsucher/in & Treiber von/in Veränderungsprozessen. •Persönlichkeit mit Führungsqualitäten, initiativ, kreativ, kommunikations- & ent scheidungsstark. •Sehr gute Sprachkenntnisse in 2 oder mehr Sprachen. •Ausgeprägte Affinität zu Arbeit & Leben mit/in anderen Ländern/Kulturen. November 13 fauch 13 R u b r ik t i t e l r u b r ik t i t e l Mal glänzendes Gold, mal rostendes Eisen: Die Generation 50plus Für Menschen über 50 ist die Stellensuche eine besondere Herausfor derung. «Zu alt», befinden viele Unternehmen. Ein gefährlicher Trend, denn bei älteren Arbeitnehmenden endet eine Kündigung nicht selten in der Langzeitarbeitslosigkeit. Aber: Es gibt Hoffnung. T e x t R e g u l a B ä t t i g F oto i s t o c kp h o t o Für die Liebe zur Natur. Als Schweizer Bio-Pionierin lässt Coop das grüne Herz der Schweiz höher schlagen. Mit über 1’600 Bio-Produkten in über 800 Filialen. Gemeinsam mit Ihnen. Jeden Tag. Feiern Sie mit uns 20 Jahre Naturaplan. www.naturaplan.ch 14 fauch November 13 «Golden Ager» werden sie von Verkaufsstrategen genannt, «Best Ager» oder «Generation Gold»: Als Kunden sind die Vertreter der Generation 50plus sehr interessant. Anders im Arbeitsmarkt. Dort gelten sie als altes Eisen, und das Interesse schwindet rapide. Das war weniger ein Problem, so lange in der Schweiz das ungeschriebene Gesetz galt, dass Firmen ihren über 50-jährigen Angestellten nicht kündigten und diese selbst bei Umstrukturierungen weiter beschäftigten – notfalls in irgendeiner Form. Doch mit der Globalisierung kam der Wandel. «41 Prozent der Kündigungen im letzten Jahr betrafen Arbeitskräfte über 50. Das ist deutlich mehr als der Anteil dieser Arbeitsgruppe an der Erwerbsbevölkerung, der gut 30 Prozent beträgt», liess sich Pascal Scheiwiller diesen Juni in der «NZZ am Sonntag» zitieren. Scheiwiller ist Managing Director bei Lee Hecht Harrison, dem weltweit grössten Anbieter von beruflichen Neuorientierungen. Dieser neue Trend dürfte in den Statistiken bald Spuren hinterlassen: Die Lee-Hecht-Harrison-Studie zeigt auch, dass über 50-Jährige überproportional häufig in die Langzeitarbeitslosigkeit fallen. Sprich: Über 41,5 Prozent aller Personen, die seit über einem Jahr stellenlos sind, sind über 50 – und dies obwohl ihr Anteil unter allen Arbeitslosen bei 22,7 Prozent liegt. Dieser erschreckende Trend macht auch vor der Aussteuerung nicht halt. Von den durchschnittlich 2700 Menschen, die jeden Monat ihr Recht auf Arbeitslosenunterstützung verlieren, ist knapp ein Drittel über 50 Jahre alt. Die Tendenz? Steigend. Hauptsache günstig «Firmen investieren lieber in junge als in ältere Mitarbeiter. Das ist aus ihrer Sicht interessanter», sagt George Sheldon, Professor für Arbeitsmarkt- und Industrieökonomie an der Universität Basel. Ältere Arbeitnehmer sind zwar gut qualifiziert und haben Erfahrung – was gemeinhin als Mehrwert gilt. Allerdings ist ihr Profil oft sehr spezifisch auf den früheren Arbeitgeber zugeschnitten. Branchen- und Funktionswechsel wären nötig – und das kostet. Laut Personaldienstleister Adecco stellt lediglich ein Drittel aller Schweizer Firmen noch regelmässig Leute über 50 ein. Es sei durchaus üblich, dass Dossiers mit Jahrgang 1963 und tiefer direkt im Schredder landen, heisst es dort. Kein Wunder, eigentlich. Denn auf dem internationalisierten Arbeitsmarkt finden Firmen für jeden Posten einen Kandidaten, der ihren Kriterien nahezu vollständig entspricht. Kommt hinzu, dass es sich dabei meist um junge Fachkräfte handelt, die als flexibler und leistungsfähiger gelten. Und: die erst noch weniger kosten. Es spart sich aber auch leichter auf dem Buckel der Generation Ü50. Diesbezüglich können Personalfachleute aus dem Nähkästchen plaudern: «Für ein Unternehmen, das 200‘000 Franken pro Jahr einsparen muss, ist es verlockend, einen älteren Mitarbeiter zu entlassen anstelle von zwei jungen Mitarbeitenden», wird erklärt. Hinter vorgehaltener Hand, versteht sich. Öffentlich präsentieren Unternehmen lieber ein erstaunliches soziales Gewissen und Engagement. Silberstreifen zeichnet sich ab Ganz ohne Gegenreaktion bleibt der Trend glücklicherweise nicht. Es gibt Forderungen, dass das Alter in Bewerbungen nicht mehr angegeben werden muss oder die Arbeitslosenkasse sich an Umschulungen und Weiterbildungen beteiligt. Das Vorgehen, fehlende Fachkräfte im Ausland zu rekrutieren, statt auf erfahrene – aber halt auch teurere – Arbeitnehmer zu setzen, werde immer weniger goutiert, weiss beispielsweise Albert Daum, der als Arbeitgeberpräsident diesen Juli in Pension ging. Und es gibt deutliche Silberstreifen am Ho rizont, beispielsweise in der Angebote für Arbeitnehmende Dienstleistungsbranche. Ältere ab 50 Jahren Kunden wollen vermehrt auch Das Stellenportal www.jobs-50plus.ch schlägt von älteren Mitarbeitern beraten eine Brücke zwischen älteren Stellensuchenund betreut werden. Die Generaden und Unternehmen, die deren Erfahrung tion Gold hat nämlich nicht nur schätzen. Unternehmen können Stellen für Kaufkraft, sie hat auch Macht. Arbeitnehmer ab 50 Jahren platzieren und nach Regula Bättig ist Journalistin. Kandidaten suchen. Weitere Adressen: www.50plusoutinwork.ch oder www.top50interim.com Wer wo arbeitet Wer wo arbeitet Gregor Alles im Umbruch T e x t und F otos Gö r a n Li n d h o l m Eva 16 fauch November 13 Vorbei sind die Zeiten, in denen die berufliche Laufbahn bis ins Pensionsalter klar vorgezeichnet war. Heute e rwarten wir von unserem Job mehr als nur ein gesichertes Einkommen und Prestige. Das ewige Streben nach noch mehr Geld und Macht will abgelöst sein durch Sinnhaftigkeit und Erfüllung. Anstelle des Berufs tritt die Berufung. Für die meisten von uns ist diese oft nur über einen steinigen Weg erreichbar, manchmal gezeichnet von Brüchen und Schlaglöchern. Die Suche nach der eigenen, berufenen Karriere führt bei den einen über steile, vertikale Pfade, a ndere begeben sich seitwärts auf verschlungenen Wegen ins Dickicht ihrer Wünsche. Für manche geht’s ganz schnell, andere erreichen ihr Ziel erst im hohen Alter. Doch wer seine Berufung gefunden hat, lebt sie gerne individuell, jenseits gängiger Konventionen. Wo früher fest zementierte Rollenbilder die Geschlechter in der Berufswahl weitgehend einschränkten, gibt es heute praktisch keine Beschränkungen mehr. Wo einst Tradition und Herkunft die Verhaltensregeln im Arbeitsumfeld diktierten, werden heute bewusst eigene Wertvorstellungen und Individualität gelebt. Das braucht Mut zur Veränderung und Durchhaltewillen. Vielleicht sollten wir mehr Mut aufbringen, um dort hinzukommen, wo wir wirklich hingehören. Und wo wir unser Leben selber dirigieren. Die porträtierten Menschen auf den folgenden Seiten sind ihren Weg konsequent gegangen. Schauen Sie hin, lassen Sie sich anstecken und finden Sie heraus, wer welche Tätigkeit ausübt. November 13 fauch 17 Wer wo arbeitet Wer wo arbeitet Jenny Nathalie 18 fauch November 13 Valentin November 13 fauch 19 Wer wo arbeitet Wer wo arbeitet Die Arbeitsumgebung Psychotherapie Tätigkeitsfelder den Porträtierten zuordnen Recht Foto: Marga Schuttenhelm Kunstschaffen Kleinkinderziehung Musik Transport Logistik Foto: Suva HR Management Kanalreinigung November 13 fauch 21 Wer wo arbeitet Wer wo arbeitet Janina Ueli 22 fauch November 13 November 13 fauch 23 Wer wo arbeitet S p a n n u n g s f e l d M i g r at i o n Keine Heimat, nirgends?! Gjon kam, um zu arbeiten und blieb, um zu leben: Damit ist der Kosovo-Albaner nicht allein. Mittlerweile ist er stolzer Schweizer, allerdings einer mit zwei Heimaten. Was spricht dagegen, fragt sich Adrian Përnoka, selber gebürtiger Kosovo-Albaner. T e x t A d r i a n P ë r n o k a F oto S im o n e G l o o r Gjon* arbeitet als Kundenberater bei einem führenden Möbelhaus, seine Frau ist Produktionsmitarbeiterin in einer Fabrik. Der 16-jährige Sohn besucht die Pädagogische Mittelschule und die 8-jährige Tochter die Grundschule. Seit nunmehr fünf Jahren sind sie alle Schweizer – und sie sind stolz darauf. Ende der 1980er Jahre kam der damals 20-jährige Gjon als Saisonier in die Schweiz. Zwei Monate arbeitete er als Bodenplattenle ger. «Es war ein heisser Sommer, und die Temperaturen lagen weit über 30 Grad», erzählt er. «Eine Knochenarbeit.» Doch sein Schweizer Arbeitgeber verschwindet von der Bildfläche, ohne einen einzigen Rappen Lohn zu bezahlen. Was folgt, sind Übernachtungen am Luzerner Hauptbahnhof, bis Gjon nach zwei Wochen einen Job als Servicemitarbeiter in einem Restaurant in Luzern finden kann. «Es waren harte Jahre», berichtet Gjon. «Sogar mit einem verstauchten Fussknöchel musste ich meine Schicht beenden – und das, obwohl ich kaum laufen konnte.» Schikanen gab es auch sonst: Zwar als Servicemitarbeiter angestellt, musste er seinem Chef jedoch auch die Schuhe putzen. Lena-Lisa Die Auflösung finden Sie auf den Seiten 42 – 43. Migranten: Ein Stück Schweiz Von Saison zu Saison wechselte Gjon die Jobs, seine Situation wurde dabei immer besser. Doch Ende der 1990er Jahre erhielt er keine saisonale Einladung mehr. Ein harter Schlag für den Fami lienvater. Mit Hilfe eines Anwalts bekam er nach einem langen Kampf die Aufenthaltsbewilligung B zugesprochen. Seine Frau und sein Erstgeborener folgten ihm ins gelobte Land – in die Schweiz. Mittlerweile hat Gjon nicht nur den Schweizer Pass, er spricht auch perfekt Schweizerdeutsch. Er fühlt sich wohl hier, hat ein funktionierendes Umfeld, Freunde. Ähnliche Geschichten gibt es viele: Mittlerweile besucht deshalb eine ganze Reihe von Migran ten der zweiten und dritten Generation die Hochschulen und Universitäten; sie arbeiten als Arzt, Bäcker oder Coiffeuse, spielen für die Schweizer Fussballnationalmannschaft und leben im Einklang mit der Schweizer Kultur. Ausländer hier wie da Die Schweiz ist seit Jahrzehnten ein beliebter Zufluchtsort für andere Nationen. Migranten aus aller Welt kommen und kamen. Einfach ist dieser Schritt nie, und ihre Situation wird auch nicht unbedingt einfacher, wenn die Migranten am neuen Ort allmählich Fuss gefasst haben. Für viele von ihnen ist die fehlende 24 fauch November 13 ... aber die zweite und dritte Generation arbeitet als Arzt oder Bankerin und spielt für die Schweizer Fussballnationalmannschaft. ugehörigkeit ein grosser Frust. Sie sind weder Fisch noch Vogel, Z seit einigen Jahren ist in dieser Hinsicht ein gar negativer Trend erkennbar: Kosovo-Albaner, die in der Schweiz leben, werden beim Besuch ihres Heimatlandes als «Ausländer» bezeichnet. Die Einheimischen sagen: «Die Ausländer sind gekommen», wenn diese in den Sommerferien anreisen. Das deprimiert viele Migranten, denn auch in der Schweiz werden sie immer Ausländer bleiben – egal, wie gut sie integriert sind, egal auch, dass sie seit Jahren einen Schweizer Pass besitzen. Der Schmerz, auch im eige nen Geburtsland als Ausländer bezeichnet zu werden, ist gross. So stellt sich die Frage, wo fühlen sich diese Leute am ehesten «Nichts spricht dagegen, dass man zwei ‹Zuhause› haben kann!» zuhause? Während die erste Generation immer noch mit dem Kosovo verbunden ist, empfindet die zweite und die dritte Generation wohl eher die Schweiz als ihr Zuhause. Das soll auch so sein, jedoch sollten sie ihre Wurzeln nie vergessen. Wünschenswert wäre, dass die Schweizer Gesellschaft dafür mehr Verständnis aufbringt. Integration ist eine Herzensangelegenheit, und wir sind nicht verpflichtet, einander zu lieben, aber einander respektieren, das sollten wir – ja, müssen wir! Nichts spricht dagegen, dass man zwei «Zuhause» haben kann! Gjon beweist es. Er hat sich integriert, ohne seine Wurzeln dabei zu verlieren. *Name der Redaktion bekannt Adrian Përnoka ist Marketingassistent. November 13 fauch 25 S p a n n u n g s f e l d I n t e g r at i o n S p a n n u n g s f e l d I n t e g r at i o n Fremdsein ist immer anders Da ihr Anwaltspatent nicht anerkannt wurde in der Schweiz, hat die Kurdin Sevim Yavuz-Hazine nochmals einen Master in Jus gemacht. Fast ein Drittel der Schweizer Bevölkerung hat heute einen Migrationshintergrund. Ob die Anwältin aus der Türkei, der amerikanische Manager beim multinationalen Unternehmen oder der portugiesische Fliessbandmitarbeiter – sie alle sind Teil der Schweizer Arbeitsgesellschaft. Das ist eine Herausforderung. Immer. Aber immer anders. T e x t M a r c d a S i l vA F oto S im o n e G l o o r Aktuelle Zahlen zeigen, dass heutzutage fast die Hälfte der Jahresaufenthalter in der Schweiz als hochqualifiziert gilt. In seiner Studie «Hochqualifizierte mit Migrationshintergrund» hat Ganga Jey Aratnam von der Universität Basel festgestellt, dass bei den Hochqualifizierten aus Drittstaaten sehr viel Potenzial brach liegt1. «Brain Waste» nennt sich das Phänomen, wenn diese aufgrund des Zulassungssystems nicht als Arzt oder Ingenieur arbeiten können, sondern in der Gastronomie landen, als Reinigungskraft oder Hilfsarbeiter. Denn um im Wissenschaftsbereich und in reglementierten Berufen tätig zu sein, ist die Anerkennung des Diploms zentral. Sprachkenntnisse? Das kleinste Problem … Ein Beispiel dafür ist Sevim Yavuz-Hazine. Die 42-jährige Kurdin kam 2002 mit ihrer Familie als politischer Flüchtling in die Schweiz. In ihrem Heimatland hatte sie zuvor während acht Jahren als Anwältin gearbeitet – hier jedoch bekam sie keine Chance, ihren Beruf auszuüben: Ihr Diplom wurde nicht anerkannt. Nicht mehr als Juristin arbeiten zu können, war für Sevim Yavuz-Hazine jedoch keine Option. Sie entschloss sich daher, einen Grossteil ihres Studiums erneut zu absolvieren – ein langer, mühsamer Weg. Erst acht Jahre nach ihrer Einreise in der Schweiz konnte sie ihr Studium an der Uni Fribourg mit dem Master in Jus abschliessen. Bereut habe sie den Schritt nie, sagt Hazine. «Auch wenn das Vollzeitstudium mir und meiner Familie einiges abverlangt hat.» «Bei den Hochqualifizierten aus Drittstaaten liegt sehr viel Potenzial brach.» Den eingeschlagenen Weg abzubrechen, das Studium hinzuwerfen und sich neu zu orientieren, sei jedoch nie zur Debatte gestanden. «Ich bin die erste Frau in meiner Familie, die eine höhere Schule besucht hat, und ich habe als erste Person aus dem Dorf die Universität abgeschlossen.» Diese grosse Verantwortung, die das mit sich brachte, habe sie hier nicht ablegen wollen. «Sonst wäre das in der Türkei Erreichte umsonst gewesen.» Sprachkenntnisse? Überflüssig! Ganz anders hingegen präsentiert sich die Situation bei den sogenannten globalen Nomaden, die ihre Karriere bei einem multinationalen Konzern starten und dann firmenintern in verschiedenen 26 fauch November 13 Niederlassungen des Unternehmens arbeiten. Ihr Lebensmittelpunkt – beruflich wie privat – verschiebt sich alle paar Jahre in ein neues Land. Bei Novartis gibt es klare Richtlinien und Bedingungen für solche Verschiebungen. Auch können sich die Mitarbeiter durch einen Besuch ein Bild vom neuen Ort machen und mitsamt ihrer Familie im Vorfeld Sprachkurse besuchen sowie ein Cross-CulturalTraining absolvieren. Doch die Unternehmenssprache ist Englisch: Es besteht eigentlich keine Notwendigkeit, die Sprache des Gastlandes zu lernen. Je nach Dauer des Aufenthalts ist es sogar unpraktisch. Sprachkenntnisse? Zwingend! Im Gegensatz zu den internationalen Unternehmen, in deren Büros und Gängen Englisch gesprochen wird, sind gute Deutschkenntnisse für die Arbeit in kleinen und mittleren Unternehmen eigentlich unerlässlich. Vielleicht weniger während der Arbeit an sich, wie Marcel Studer, früherer Personalverantwortlicher des Bisquitfabrikanten Wernli AG, sagt: «Um an einer Produktions- und Verpackungslinie Routinearbeiten auszuführen, sind gute Deutschkenntnisse nicht zwingend.» In anderen Bereichen bestehen jedoch grosse Hürden. «Es kam vor, dass Mitarbeitende ihre oft noch schulpflichtigen oder in Ausbildung stehenden Kinder zur Unterzeichnung der Arbeitsverträge mitnahmen, um die Verträge zu übersetzen und allfällige Unklarheiten zu klären.» Die Wernli AG organisierte und finanzierte daher ein freiwilliges Deutschkursangebot, um ihre Mitarbeitenden bei der Verbesserung ihrer Sprachkompetenz zu unterstützen. Sicher ein gutes Beispiel dafür, wie ein Unternehmen die soziale und berufliche Integration seiner Angestellten fördern kann. Sprache ist nicht gleich Sprache Jedoch kann es auch unter Deutschsprachigen zu grundlegenden Missverständnissen und Spannungen kommen. Auslöser dabei seien die kleinen, feinen Unterschiede, findet der seit etwas mehr als drei Jahren in der Schweiz lebende Deutsche Thomas Engelbrecht: «Als ich in die Schweiz kam, habe ich schnell festgestellt, dass Umgangsformen und Umgangston anders sind.» In Deutschland werde Klartext geredet, während hier in der Schweiz viel diplomatischer kommuniziert werde. Auch das Verhalten am «Erstaunlich ist allerdings, dass vor allem im Sozialbereich und bei NPOs Personen mit einem Migrationshintergrund auf hochqualifizierten Stellen untervertreten sind.» rbeitsplatz sei anders: Die Kommunikation in Deutschland bilde A in der Regel die hierarchische Ordnung im Unternehmen ab. «Die oben sagen, was gemacht werden muss, und kontrollieren danach auch die Ausführung.» Er erlebe dies in der Schweiz anders: «Natürlich entscheidet auch hier letztlich der Vorgesetzte. Aber er hört sich vorher die Ansichten der Angestellten dazu an und nimmt diese auf.» Sprache? Nicht das Problem … Während Hochqualifizierte aus dem EU/EFTA-Raum mehr oder weniger problemlos eine neue Stelle in der Schweiz finden, ist es bei Personen aus Drittstaaten anders. Sie erfahren bei Bewerbungen oft auch Diskriminierung. Die Eidgenössische Kommis sion gegen Rassismus wird immer wieder mit Fällen konfrontiert, bei denen Personen aus dem Balkanraum, aus der Türkei und Afrika trotz hoher Qualifikation und guten Abschlüssen Schwierigkeiten haben, eine Anstellung zu finden. Begünstigt wird die se Diskriminierung weil Merkmale wie Geschlecht, Nationalität sowie die ethnische oder religiöse Zugehörigkeit als Killerkriterien bei der Vorauswahl von Stellenbewerbenden definiert werden. Erstaunlich ist allerdings, dass vor allem im Sozialbereich und bei NPOs Personen mit einem Migrationshintergrund auf hochqualifizierten Stellen untervertreten sind. Henri-Michel Yéré von der Elfenbeinküste hatte Glück bei seiner Suche nach einer Stelle2. Er ist Doktor der Philosophie und hat einen Masterabschluss der Universität Basel. Nur dank einer Zufallsbekanntschaft anlässlich eines Theaterbesuchs kam er nach vielen erfolglosen Versuchen zu einem Jobinterview. Prompt erhielt er die Stelle. Nach wie vor arbeitet er bei Novartis in Basel in der Abteilung Diversity and Inclusion. Marc da Silva ist Ethnologe. [1] Ganga Jey Aratnam. 2012. Hochqualifizierte mit Migrationshintergrund. Emp fehlungen der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus EKR. Kurzfassung der Studie zu möglichen Diskriminierungen auf dem Schweizer Arbeitsmarkt. Basel. [2] Ueli Mäder. 2012. «Ich habe viel in meine Ausbildung investiert und Glück gehabt.» In: TANGRAM (29). S.97–99. November 13 fauch 27 Meine Wunscharbeit «I Meine Wunscharbeit «D ch fühle mich äusserst privilegiert, dass ich mein Hobby zu meinem Beruf machen konnte. Wenn man seine Arbeit mit Leidenschaft «A er ideale Arbeitgeber nimmt mich als Partner ernst und bietet Freiraum, der zum innova- rbeiten bedeutet für mich das Vertiefen und Erweitern von Fähigkeiten und Können. Mir ist es wichtig, dass ich meine tiven Arbeiten nötig ist: Ich kann an tut, dann ist sie erfüllend und kein Jahreszielen arbeiten. Flexible Jahres Gaben in meinem täglichen Tun ein- Zwang, nimmt nicht nur Energie, son- arbeitszeiten sowie die Möglichkeit zu bringe. Ich bewege gern und mag es, dern gibt einem auch viel zurück. In un- Home-Office ermöglichen es mir, meine Ideen zu entwickeln sowie Neues serer Gesellschaft definieren sich so v iele Zeit selbstverantwortlich zu gestalten anzupacken. Die Vorstellung, unter Menschen über ihre Arbeit, da ist es ein und mir Inseln zu schaffen, um auf rigiden Vorgaben repetitive Aufga- Jammer, wenn sie keine Freude bereitet. zutanken. Diese Möglichkeit bietet sich ben zu erledigen, wäre mir ein mir auch im Arbeitsalltag, denn ein Gräuel. So gesehen bin ich ganz Ruhe- oder Entspannungsraum gehört unternehmend. Nebst dem Ziel eines mit zur Infrastruktur des Unternehmens. erfüllenden Arbeitsergebnisses trage Ich wünsche mir zudem Lohntranspa- ich auch mir Sorge: Die Pflege einer Ich halte es auch für wichtig, dass eine Arbeit vielseitig und nicht gleichförmig ist, man gefordert wird und immer wieder Neues lernen kann. Ebenso halte ich Feedback - sei es im Team oder von einem Vorgesetzten – für essenziell, damit man nicht alleine vor sich hinbrütet. Es tut gut, das Werk, das man kreiert hat, beantwortet zu wissen.» Jaël Malli (33), Sängerin «Lunik», Bern «Meine Ideen integrieren, mit Menschen in einem kreativen Austausch zusammenarbeiten, und am Schluss ein Produkt in den Händen halten, zu dem ich wesentlich beigetragen habe, das ist für mich Wunscharbeit. Ein Job entspricht umso mehr meinen Vorstellungen, wenn sich Arbeit und Freizeit in fruchtbarer Weise ergän zen; wenn die Freizeit neue Inputs für die Arbeit liefert und umgekehrt. Als Journalistin bin ich diesbezüglich privilegiert. Auch ist mir wichtig, das Gefühl zu haben, dass meine Vorgesetzten meine Fachkompetenzen schätzen und mir meine Aufgaben in dem Vertrauen übergeben, dass ich diese meistere. Dies fordert und fördert – und ist für mich ein bedeutender Motivator.» renz und dass Männer wie Frauen für die gleiche Leistung den gleichen Lohn erhalten. Ausserdem wünsche ich mir, dass mir mein Wunsch-Arbeitgeber mindestens einmal pro Jahr einen So zialeinsatz für zwei Wochen gewährt, beispielsweise als Arbeitskraft in einer Bergregion oder in einem sozialen Projekt.» Thomas Hostettler (46), Berufsbilder, Malters Carmen Püntener (38), Redaktorin Online «der arbeitsmarkt», Zürich «A kräftigen Gesundheit und lebendirbeit soll Freude machen, das meine Aufgabe und Rolle als Mit da die Arbeit wenig Spass macht – das arbeiter ideal.» kenne auch ich. Aber oft ist arbeiten Paul Gemperle (50), Leiter Syna Luzern, Luzern ein wichtiger Teil des Lebens, und daher sollte es mehr als nur Pflicht und Mühsal sein. Aus diesem Grund mag ich den Ausdruck ‹Work-Life-Balance› nicht. Ich finde es unbefriedigend, wenn man die Arbeit als etwas Negatives ansieht, das man bloss abspult, um dann in der Freizeit endlich wieder leben zu können. Deshalb bin ich dankmuss. Arbeit soll für uns Menschen Sonja Sanders (40), Verantwortliche Kommunikation und Marketing FAU, Zürich voll – beide ergänzen und fördern te. Natürlich gibt es Momente, bar, dass ich nicht etwas Sinnloses tun «Für mich bedeutet Wunscharbeit, dass ich Freude daran habe, Sinn darin sehe, meine Stärken optimal einsetzen und aus Fehlern lernen kann. Ich könnte mir nicht vorstellen, einfach einem Broterwerb nachzugehen, damit ich am Ende des Monats meine Rechnungen begleichen kann. Persönliche Freiheit, Entwicklungspotenzial und die Möglichkeit, nebenher noch anderen Ideen nachzugehen, sind für mich essenziell.» ger Beziehungen ist für mich wert- ist für mich das Allerwichtigs- sinnstiftend und wertschöpfend sein. Ich habe den Eindruck, dass unser Team Freude hat an der Arbeit, und auch für mich selber habe ich dieses Ziel erreicht, denn schon als kleiner Junge wollte ich machen, was ich jetzt tue.» Rolf Hiltl (48,) Geschäftsführer Haus Hiltl, Zürich «Am wichtigsten ist mir bei der Arbeit, dass sie sich durch eine hohe Nachhaltigkeit auszeichnet und sich stetig am Kunden orientiert. Egal, ob kleines KMU oder globaler Konzern: Jene Unternehmen bestehen auf dem Markt, die sich an diesen zwei simplen Grundregeln orientieren. Die anderen werden untergehen. Bei der täglichen Arbeit erwarte ich sodann ein leistungsorientiertes Engagement und die Fähigkeit zur Selbstkontrolle. ‹Zu viele Köche verderben den Brei› gilt nicht nur in der Küche oder, wie bei mir, in der Zahnpastaproduk tion: Eine klare Verantwortlichkeit ist das A und O. Zuletzt gelten solche Prinzipien für alle Mitarbeitenden: von der Reinigungskraft bis hin zum CEO.» «Mein Wunscharbeitsplatz ist grün, weil grün entspannt und Arbeit ja auch Freude machen soll. Er ist mit Energie geladen, also mit Kreativität, und im Umfeld sind harmonische Menschen, die gerne nach vor ne denken und nicht an Ort stehen bleiben. Er bietet Raum für das Leben und einen Blick ins Grüne. Grün steht auch für Gedeihen, Wandel, Neues und Überraschendes. All dies gibt es an meinem Wunsch arbeitsplatz, an dem ich Inhalte mit all denen sinnstiftend teile, die offen sind für kreative Impulse in unserem normalen Alltagsleben.» Patricia von Ostheim (60), Communication Managerin, Weggis Thomas Minder (52), Schaffhauser Ständerat und Geschäftsleiter Trybol AG, Neuhausen 28 fauch November 12 November 13 fauch 29 S p u r e n s u c h e i n d e r K r is e S p u r e n s u c h e i n d e r K r is e Und plötzlich versagte der Körper ... T e x t A . B . I llustration M i c h a e l M o n t i Freitag, der 11. November 2011, Hauptbahnhof Zürich … ich steige aus dem Zug, die Gedanken bei dem äusserst wichtigen Meeting, das den Beginn einer langfristigen Partnerschaft zwischen meinem Arbeitgeber und einer anderen Unternehmung markieren soll. Mir ist schlecht! Ich habe mich auf der Fahrt von Luzern nach Zürich mehrfach übergeben, wie jeden Morgen. Ich wollte am liebsten raus, die Enge des morgendlichen Pendlerzuges spürte ich wieder extrem. Die Nähe, Tausende Gerüche nach Schweiss, Kaffee, Essen, kaltem Zigarettenatem, dazu missgelaunte und maskenhafte Gesichter, kein Lächeln … Mittendrin, ICH! Wie Tausende Ameisen strömen die Menschen aus dem Zug. Ich bleibe stehen, Menschen rempeln dieses Hindernis auf dem Bahnsteig an, werfen mir unfreundliche Blicke zu, giften mich an. Mir wird schwarz vor Augen. Zum Glück eine Bank. Ich erlebe alles wie in Trance, bleibe sitzen bis zum nächsten Zug nach Luzern. Zwei Stunden später stehe ich vor der Sprechstundenhilfe meines Hausarztes, flehe um einen Termin und schüttle mich vor Weinkrämpfen. Es geht einfach nicht mehr! Wie bin ich nur so weit gekommen? Es war ein schleichender Prozess. Irgendwann kam die Einsicht, dass ich in meiner langjährigen Tätigkeit im Sportmarketing nicht mehr arbeiten wollte. Zu oberflächlich schien mir diese Welt nach vielen Jahren in führenden Positionen auf Unternehmensseite und bei Agenturen. VIP-Anlass hier, Apéro dort, immer viel Arbeit, viel unterwegs – und die Gedanken? Natürlich 24 Stunden beim Job, immer «unter Strom». Ausgleich? Wozu! Der Job macht doch Spass. Ich bin beliebt, habe Erfolg, strotze vor Selbstbewusstsein. «Bist Du das? Ist Dir das alles wirklich wichtig?» Ich kann mich nicht mehr mit den Unternehmenszielen identifizieren. Mir ist es egal geworden, ob das Produkt durch meine Arbeit eine höhere Sichtbarkeit im TV hat oder nicht. Ein Branchenwechsel ist für mich die logische Konsequenz. Ich wechsle ins Gesundheitswesen, starte im Management bei einer Stiftung mit Akutspital und Rehabilitation. Ich fühle mich wohl! Die Arbeit dort macht Spass und gibt Sinn. Es vergeht keine Woche, in der ich nicht etwas über mich im Umgang mit Behinderung lerne. Ein echter Mehrwert. Die Aufgabe ist eine echte Herausforderung, die Präsenzzeit wird mehr, die firmen politische Situation schwieriger. Ich gerate zwischen die Fronten von Machtblöcken, werde dabei immer mehr aufgerieben. Meine Mitarbeitenden stellen die richtigen Fragen, auf die ich keine Antworten mehr weiss. Mein Vorgesetzter wird von «jetzt auf gleich» kaltgestellt. Bin ich der Nächste? Mein bester Freund stirbt unerwartet. Es zerbricht etwas in mir! Auf einer Mitarbeiter versammlung stelle ich die «falsche» Frage. Zwei Wochen später bin ich «frei» gestellt und sehr verletzt! Ich versuche die Zeit zu 30 fauch November 13 dass ich Defizite habe, versuche durch noch mehr Engagement diese zu decken. Habe keine Rückendeckung, bekomme keine Feedbacks, spüre den Druck einer unglaublichen Erwartungshaltung, ich kann nicht mehr schlafen, bekomme immer häufiger starke Migräneanfälle, breche zum ersten Mal zusammen, sage mir, dass es irgendwie schon wieder geht, und dann kommt der 11. November 2011, und ich merke, es geht nicht mehr! Der Körper sagt «nein», «mach Schluss», «hol mich hier raus»! Heute bin ich froh, durch dieses «Tal der Tränen» gegangen zu sein. Der Weg durch die Reha, der schwierige Weg zum Psychiater, die Unterstützung von Coaches und die Suche nach der neuen Chance, der neuen Herausforderung, dem neuen Leben. Ich habe es noch nicht gefunden. Ich brauche noch Zeit. Ich weiss aber, dass ich es finden werde. Ich habe mir die Zeit genommen und mit professioneller Hilfe in mich hinein gehört. Ich weiss, ich bin auf dem richtigen Weg. Ich kann wieder positiv in die Zukunft blicken, mich auf das Neue freuen und lächeln, wenn einmal etwas nicht klappt. A.B. ist Marketingleiter. Und plötzlich ist alles anders … Bricht die Arbeit von heute auf morgen weg, kann das verheerende Auswirkungen für Betroffene haben. Um den Teufelskreis vermeintlicher Unzulänglichkeiten aufzubrechen, braucht es radikale Ehrlichkeit. T e x t B . K . F oto Gö r a n Li n d h o l m nutzen und nehme mir eine dreimonatige Auszeit. Meine Frau bekommt unbezahlten Urlaub. Gemeinsam packen wir das Auto und fahren nach Zentralasien. Ich kann mir das erste Mal wirklich Gedanken über meine Wertvorstellung im Job machen und mich fragen, was wirklich für mich wichtig ist. Wieder zu Hause angekommen, suche ich einen Job und nehme den ersten, der sich mir bietet, in einem grossen Zürcher Spital an. Eine neu geschaffene Position. Keiner, inklusive mir, macht sich Vorstellungen, welche Kompetenzen für die Position benö tigt werden und ob eine Person dies schaffen kann. Ich merke, Las Vegas, Singapur, Monte Carlo, St. Moritz … Um nur ein paar der gehobenen Destinationen zu nennen, die ich in den letzten 25 Jahren als IT-Verkaufsleiter zusammen mit meiner Partnerin im Rahmen von Incentive-Reisen besuchen durfte. Die besten Hotels der Welt, Privatjets, Stretch-Limousinen für die private Nutzung und Champagner im Überfluss waren eine Selbstverständlichkeit. Ebenso aussergewöhnliche Geschenke wie zum Beispiel das Fahren eines Formel-1-Rennwagens. Mit rund 300 Stundenkilometern über die Rennpiste zu flitzen war eines der absoluten Highlights. Zu den Incentives kamen respektable Bonuszahlungen hinzu. Eine grosszügige Wohnung direkt über dem See mit Blick auf das einmalige Panorama der Schweizer Alpen sowie Fernreisen auf sämtliche Kontinente entsprachen meinem gehobenen Standard. Ich genoss einen hohen Lebensstil und einen ansehnlichen Status – im Beruf wie auch im privaten Umfeld. In dieser Welt lebte ich über Jahre, ja gar Jahrzehnte. Dies sollte sich ändern, als ich mit 59 Jahren durch einen ungeschickten Stellenwechsel in die Arbeitslosigkeit gelangte. Plötzlich war alles ganz anders. Doch im ersten Moment war mir das nicht bewusst. Vielleicht konnte und wollte ich mir die neue Situation auch nicht eingestehen. Ich war überzeugt, dass ich mit der Arbeitslosigkeit problemlos umgehen könne. Auch war ich sicher, auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor eine gefragte Fachkraft zu sein und schnell wieder eine neue Anstellung zu finden. Dementsprechend machte ich mir nicht allzu grosse Gedanken und war ganz zuversichtlich. Ich gestaltete meine plötzlich «neugewonnene Freizeit» mit aus giebigen Einkaufstouren, Sightseeings ins benachbarte Ausland oder gar nach Übersee. Wieso sollte ich meinen Lebensstil ändern? Ich stand bis anhin ja auf der Sonnenseite des Lebens. Doch nach und nach musste ich erfahren, dass meine Einschätzung der Situation und die Realität auf dem Arbeitsmarkt stark voneinander abwichen. Hundert Bewerbungen – hundert Absagen. Dies nagte an meinem Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl. Vom selbstsicheren IT-Verkaufsleiter wurde ich zum unsicheren, an sich selbst zweifelnden Zeitgenossen. Die Frage, wie und warum es zu dieser Situation gekommen war, liess mich nicht mehr los. Schlaflose Nächte und stundenlanges Herumstudieren wurden zum festen Bestandteil meines Lebens. Nichts mehr mit Ausschlafen und die Tage geniessen ... Ich, der beruflich immer urde sehr engagiert war und ein hohes Ansehen genossen hatte, w plötzlich nicht mehr gebraucht. Ich hatte keine sinnvolle Aufgabe mehr und fühlte mich als Mensch 3. Klasse. Im eigenen Spannungsfeld gefangen Mein Alltag war geprägt durch Lustlosigkeit, Faulheit und Verletzlichkeit – verbunden mit Pflichtterminen bei Sozialinstitutionen. Künstlich geschaffene Tagesstrukturen gaben mir minimalen Halt. November 13 fauch 31 S p u r e n s u c h e i n d e r K r is e Ich entwickelte persönliche Ängste, Nervosität und neue Verhaltensmuster in der Kommunikation, was nie zuvor dagewesene Spannungen auslöste. Ich begann, alles persönlich zu nehmen, wurde immer empfindlicher und legte jedes Wort auf die Gold waage. Ich wurde zum Eigenbrötler und gegenüber meinem Umfeld immer unausstehlicher. Das Zusammenleben und Zurechtfinden in der Gesellschaft gestaltete sich zusehends schwieriger. Meine Persönlichkeit wurde durch Selbstmitleid zusätzlich stark auf die Probe gestellt. Ich war abgestumpft, emotional abwesend und entwickelte eine Wut auf mein persönliches Umfeld. Die Menschen, die angeblich verantwortlich für meine Situation waren, verurteilte ich aufs schärfste. Alle waren schuld an meiner Misere, nur ich nicht. Warum auch nur? Oft wünschte ich mir nichts sehnlicher, als mich auf eine einsame Insel abzusetzen ... Aber eigentlich wollte ich doch nur eine neue Anstellung und wieder eine sinnvolle Aufgabe haben. Wie Incentives konnte ich es schaffen, wieder aus dem Unter Incentives versteht man Anreize, die langen dunklen Tunnel hinauszuge motivieren. Das englische Wort «incentive» langen? stammt vom lateinischen Adjektiv «incentivus»: «anregend», «reizend». Incentives sollen dazu motivieren, den Arbeitseinsatz, die Loyalität zu einem Unternehmen oder einer Marke zu steigern. Incentives sind üblicherweise an die Erfüllung eines Ziels (z.B. Verkaufszahlen) innerhalb eines definierten Zeitraums gebunden. Zur Arbeitslosigkeit stehen Die Erstellung eines persönlichen Soziogrammes hat mir geholfen, zu e rkennen, dass ich nicht alleine bin. Dass ich über ein gutes soziales Umfeld verfüge, das es gut mit mir meint und mich in meiner schwierigen Situation «Alle waren schuld an meiner Misere, nur ich nicht.» 32 fauch November 13 D a i ly B u si n e ss unterstützt. Und wie wichtig mir mein persönliches Umfeld ist. Durch lange Gespräche mit vertrauten Personen bin ich mir bewusst geworden, dass mir meine ungewollte Auszeit auch eine Chance bietet, mein bisheriges Leben zu reflektieren und in meiner Persönlichkeit zu wachsen. Ich habe gelernt, die Situation so anzunehmen und zu akzeptieren, wie sie ist – ja zu sagen zu dem, was ist. Zu meiner Arbeitslosigkeit zu stehen. Und wie wichtig es ist, Eigenverantwortung zu übernehmen, aber auch Hilfe anzunehmen. Dies war ein Lernprozess, den ich durchlaufen habe – auch mit professioneller Unterstützung. Ich nahm plötzlich wahr, welch einmalige Dienstleistung den Stellensuchenden von den zuständigen RAVs angeboten wird. Sei dies in Form von Kaderkursen, einer persönlichen psychologischen Betreuung oder der Mitwirkung in Projekten bei der Institution FAU. Der FAU bietet die Möglichkeit, eine 40-Stunden-Woche-Struktur sinnvoll zu leben und umzusetzen. Für mich waren vor allem die einmaligen Kameradschaften, der Erfahrungsaustausch und das Netzwerken besonders wertvoll. Ebenso die persönliche Unterstützung durch meine Coach. Durch die Unterstützung meines persönlichen Umfelds und die professionelle Beratung habe ich begonnen, nach und nach ein neues, positives Lebensgefühl zu entwickeln. Ich konnte mein Selbstwertgewühl stärken und persönlich wachsen. Ich habe erkannt, dass ich jemand bin, mit all meinen Stärken und Schwächen. Was auch immer kommen mag, ich kann wieder positiv in die Zukunft blicken. B.K. ist IT-Verkaufsleiter. Gedankensplitter eines Coach «Coaching ist eine Kunst, keine reine Wissenschaft.» Mit dieser provokativen Behauptung stellt der Autor in keiner Weise das wissenschaftliche Gerüst dieser Disziplin in Frage. Vielmehr unterstreicht er seine Erkenntnis, dass ein gutes Rezept noch keine erfolgreiche Mahlzeit garantiert. T e x t C h r is t i a n Fö l l mi F oto S im o n e G l o o r Vielfältig in ihrem Wesen und ihren Erfahrungen sind nicht nur die Teilnehmenden des FAU-Programms. Ebenso unterschiedlich sind auch die beruflichen und privaten Hintergründe von uns Coaches. Täglich fragen wir uns, ob die Teilnehmenden und wir, gemeinsam als Team, auf dem richtigen Weg sind. Spannend und anspruchsvoll gestaltet sich unser Auftrag, wenn es gilt, zumindest den auf den ersten Blick widersprüchlichen Anforderungen bei der Zielerreichung gerecht zu werden. Etwa wenn ein FAUTeilnehmender sich der Verlockung des erstbesten Stellenangebots ausgesetzt sieht, welches den persönlichen Neigungen und Wünschen nur wenig entspricht. Oder wenn die mittelfristig angelegten Zielsetzungen wieder in Frage gestellt werden müssen. Lösung liegt beim Coachee Als Coach muss ich auch der Versuchung widerstehen, meinem Gegenüber den vermeintlich richtigen Lösungsansatz vorzugeben. Diesen Weg muss der Coachee, mit entsprechender Begleitung und Unterstützung, selber finden. Bei meiner Arbeit darf ich zudem nicht vergessen, dass sich auch FAU – Fokus Arbeit Umfeld, wie jede Organisation,finanziell innerhalb gegebener Grenzen bewegt und somit nicht immer jeder Wunsch erfüllbar ist. Mitgefühl ohne gleichzeitigen Verlust der emotionalen Unabhängigkeit in Bezug auf die persönliche Situation des Stellensuchenden ist eine weitere Herausforderung für jeden Coach. Ziel einer Teilnahme bei FAU ist die möglichst schnelle und erfolgreiche Rückkehr unserer gut qualifizierten Stellensuchenden in den Arbeitsmarkt. Dies entspricht auch dem Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO, dessen Erfüllung letztlich die Existenzberechtigung unseres Programms ausmacht. Die maximale Aufenthaltsdauer eines Teilnehmenden beim FAU beträgt sechs Monate. Um diese Zeit zielführend zu gestalten, braucht es aus meiner Sicht eine strukturierte Vorgehensweise, einen roten Faden. Die gemeinsam mit dem Coachee definierte Zielvereinbarung ist der sichtbare Ausdruck dieser individuellen Strategie. Gewisse Schritte, wie etwa die Überarbeitung des Lebenslaufs oder auch eine persönliche Standortbestimmung, erfolgen tendenziell in der Anfangsphase der FAU-Zeit. Das Angehen neuer Bewerbungsstrategien im Rahmen einer Diversifikation dagegen schliesst üblicherweise an eine bereits erfolgte persönliche Auslegeordnung an. Vertrauen als Basis Die Arbeit mit Menschen ist für mich etwas gleichermassen Spannendes und Anspruchsvolles. Es bedeutet, dass ich «meine» Teilnehmenden auf einer gewissen Wegstrecke ihres Lebens begleiten darf. Auf der Basis gegenseitigen Vertrauens wird eine zielfüh rende Zusammenarbeit erst möglich. Dabei versuche ich, mich in die Situation meines Gegenübers einzufühlen. Das ermöglicht mir, Erlebtes auch als Aussenstehender nachvollziehen zu können. Gleichzeitig ist die Fähigkeit sich abzugrenzen zwingende Voraussetzung für jeden Coach und Berater. Die Freuden und auch Enttäuschungen meines Gegenübers sind nicht meine persönlichen Freuden und Enttäuschungen. Ein professioneller Prozessbegleiter und Gesprächspartner bedarf emotionaler Selbständigkeit, um seine Rolle wahrzunehmen und damit den Auftrag zu erfüllen. In der Begleitung von Teilnehmenden bei der Stellensuche denke und handle ich nicht im «Entweder-oder», sondern suche stets eine Lösung im «Sowohl-als-auch». Dies ist und bleibt ein Anspruch, eine Herausforderung, eine Vision. Christian Föllmi ist Coach bei FAU. November 13 fauch 33 Projekte Teilnehmende Arbeit als Balanceakt Es gibt viele Ursachen für Krankheiten. Immer öfter gehört auch die Arbeit dazu. Dabei ist nicht nur ein Zuviel an Arbeit schädlich, auch das Zuwenig kann krank machen. T e x t A n n e m a r i e G u t k n e c h t F oto Gö r a n Li n d h o l m Über die Wechselwirkung von Arbeit und Gesundheit lässt sich stundenlang referieren, das Ganze ist ein nahezu uferloses Thema. Wer es auf den Punkt bringen möchte, tut gut daran, sich erst einmal die Definitionen der beiden Begriffe anzuschauen. Der Brockhaus von 1997 definiert den Begriff «Arbeit» als «bewusstes, zielgerichtetes Handeln des Menschen zum Zweck der Existenz sicherung wie der Befriedigung von Einzelbedürfnissen; zugleich wesentlicher Moment der Daseinserfüllung». Arbeit ist also weitaus mehr als Broterwerb. Ähnlich existenziell mutet die Definition des Begriffs «Gesundheit» an. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Gesundheit bereits 1946 umfassend beschrieben als «Zustand des vollständi gen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit und Gebrechen». 1987 präzisierte die WHO: «Gesundheit ist die Fähigkeit und Motivation, ein wirtschaftlich und sozial aktives Leben zu führen.» Sie leben Ihr Potenzial? – oder flowwork.ch! Mario Lagetto Fassadenreinigungs-Spezialist Reinigung, Hauswartung und Unterhalt leicht gemacht. 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Arbeit und Gesundheit präsentieren sich daher als ein hochgradig interaktives, sehr fragiles System. reicher Hotels und Gastronomiebetrieben in der Schweiz): «… Die Arbeitgeber sind gut beraten, der Betriebs- und Unterneh mensführung das nötige Gewicht beizumessen.» Sie hat festgestellt, dass bei gut geführten Betrieben in der Regel alles stimmt: «Die Wirtschaftlichkeit, die Stimmung im Betrieb, die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und der Gäste…» Und: «Es gibt weniger Absenzen.» Angst bekämpfen, Gesundheit stärken Dass Arbeitslosigkeit krank machen kann, ist ebenfalls keine neue Erkenntnis. Denn ist die Existenzsicherung nicht gewährleistet, entsteht Angst, und Angst gefährdet unsere Gesundheit. Es ist daher wichtig, dass sich die Behörden dessen bewusst werden und die Programme für Stellensuchende entsprechend ausrichten. Das heisst, dass deren Gesundheit aufgebaut und wieder gestärkt wird. Auch sollte eine Neuorientierung gefördert und unterstützt werden. Es ist illusorisch, in der heutigen Arbeitswelt lebenslang in einem einmal erlernten Beruf Arbeit zu finden. Die Berufswelt verändert sich stetig – also müssen Weiter- und Neuausbildungen gerade auch bei stellensuchenden Personen gefördert werden. Annemarie Gutknecht ist Sekundarlehrerin und EDV-Fachfrau. Auch die Führung ist von Bedeutung Negativ wirkt sich die Arbeit dann auf unsere Gesundheit aus, wenn das Arbeitspensum zu gross oder der Arbeitnehmende überfordert ist. Also wenn er Aufgaben zu erledigen hat, die er mit seinen Fähigkeiten gar nicht erfüllen kann. Allerdings hat es auch negative Folgen, wenn der Arbeitnehmer bei seiner Arbeit nicht genug gefordert wird; wenn er zu wenige oder zu einfache Aufgaben hat und er seine Fähigkeiten nicht einsetzen kann. Doch nicht nur die Arbeit an sich, auch die Führung hat einen Einfluss auf die Gesundheit der Arbeitnehmer. So schreibt Regula Pfister, Präsidentin der ZFV-Unternehmungen (Betreiberin zahlNovember 13 fauch 35 Projekte Teilnehmende Neuorientierung – seinem Leben eine neue Richtung geben Die Kündigung erfolgte vier Tage nach 20jähriger Betriebszugehörigkeit und einer Tätigkeit im Management eines grossen Medienunternehmens. Am Anfang stand Trauer, Wut und Hoffnungslosigkeit. Es folgte eine erfolglose Stellensuche begleitet von Frustration und Resignation. Doch plötzlich stellten sich Glücksgefühle und innere Zufriedenheit über das Verlassen der alten Arbeitswelt ein… Bei Robert Walser die Bestätigung gefunden undatierte Briefe. Die undatierten wurden mit einer Datierungshypothese versehen. Detektivischer Spürsinn war dabei gefragt, galt es doch, sich an Punkten wie dem Textinhalt, den Bezügen auf andere Briefe und Walsers wechselnden Wohnadressen zu orientieren. Der Berufseinstieg nach einem Studium lässt oft auf sich warten. Hilfe für den Leser Zur Editionsarbeit gehört auch die systematische Kommentierung von Textbesonderheiten. Auf formaler Ebene galt es beispiels weise, nachträgliche Eintragungen von fremder Hand auf den Originalen zu beschreiben: Randvermerke, Unterstreichungen, Manuskriptbeschädigungen oder Textverluste. Sprachlich-inhalt lich wurden – nicht zuletzt im Interesse eines besseren Lesever ständnisses – im Text vorkommende Örtlichkeiten und Eigennamen kommentiert, aber auch orthografische und grammatikalische Fehler oder Helvetismen. In Absprache mit dem herausgebenden Verlag Suhrkamp in Berlin wurden die Briefe zudem für die Drucklegung einheitlich formatiert. Die ersehnten Berufsperspektiven eröffnen sich meist erst über ein Praktikum. Längst verstorbene Schweizer Autoren können dabei eine Hilfestellung bieten. T e x t I v o P a v l o v F oto z V g Neun Monate nach der Übergabe meines Slawistik-Diploms der Universität Bern schwand meine Hoffnung, eine Stelle zu finden, für die mich dieser Abschluss qualifiziert hätte. Dank meinem RAV-Berater und den Kontakten von FAU erhielt ich im April 2013 jedoch die Möglichkeit, an einem Projekt zur Edition des Werkes des Schriftstellers Robert Walser (1878–1956) teilzunehmen. Ziel ist die Überarbeitung der bestehenden Gesamtausgabe des in Biel geborenen Schriftstellers. Das Projekt begann 2011 und wird voraussichtlich bis 2026 dauern. Finanziert wird es zu einem guten Teil aus Mitteln des Lotteriefonds des Kantons Bern. Ein Teil der neuen Gesamtausgabe widmet sich der Korrespondenz des Schriftstellers, denn seit der letzten Ausgabe aus den Jahren 1975 und 1979 hat sich deren Bestand durch neu aufgefundene Walser-Briefe fast verdoppelt. Nach einer kurzen Einarbeitungszeit in die alte, heute nicht mehr gebräuchliche deutsche Schreibschrift war es meine Hauptaufgabe, bestehende Transkriptionen der Briefmanuskripte zu überprüfen. In einem zweiten Schritt begann ich, Briefe zu entziffern, die noch nicht trans kribiert waren. Auf Texteingriffe wurde dabei strikt verzichtet, die Brieftexte werden konsequent getreu der Originalschreibung wiedergegeben – Rechtschreibefehler inklusive. Im Laufe der Korrektur- bzw. Transkriptionsarbeiten unterteilte ich die Briefe in zwei Unterkategorien, nämlich in datierte und in 36 fauch November 13 Theorie in die Praxis umgesetzt Über die Mitarbeit beim Editionsprojekt konnte ich für mich wesentliche Schritte im praktischen Umgang mit Projekt- und Teamarbeit verstehen. Ich lernte dabei, wie komplex und vielseitig ein Projekt in Wirklichkeit ist und welche Faktoren für seinen erfolgreichen Verlauf relevant sind. Eine strukturierte, konsequente und sorgfältige Arbeitsweise wie auch das rechtzeitige Kommunizieren von Schwierigkeiten waren für mich die wichtigsten Erfolgsträger. Sprache und Literatur waren in meinem Leben immer etwas Zentrales, deshalb habe ich mich auch für das Slawistik-Stu dium entschieden. Das Projekt gab mir die Möglichkeit, mein theoretisches Wissen, das ich mir während des Studiums angeeignet hatte, endlich praktisch anzuwenden. Dies machte mich besonders glücklich: Es bewies mir, dass ich auf diesem Gebiet tatsächlich zuhause bin, verstärkte meinen Glauben an meine Fähigkeiten und Kompetenzen und motivierte und qualifizierte mich für die künftige Arbeitssuche. Ivo Pavlov ist Sprachwissenschaftler. T e x t T h o m a s W y m a n n F oto F o t o l i a …und ein neuer Lebensweg zeichnete sich ab. Endlich durfte ich bei FAU St.Gallen starten! Ich hatte das grosse Glück, dass meine Coach die Intention, einen Neuanfang zu wagen, voll und ganz unterstützte und mir mit Tat und Rat zur Seite stand. Es war ein Neustart, um meine Gesundheit ins Lot zu bringen und meine Neuorien tierung auf die richtige Bahn zu lenken. Neu orientieren bedeutete, viele Informationen zu sammeln und zu ordnen, sich immer wieder selbst zu reflektieren und folgende Themen kritisch zu hinterfragen: Der Beruf: Heizungsinstallateure, Ärzte und viele andere Berufsbilder sind feste Bestandteile unserer Gesellschaft und absolut notwendig. Aber braucht es einen Coach? Meine Antwort lautet: Ja, unbedingt. Denn die Wirtschaft wird immer rauer und ruppiger. Auch die ökonomischen Aussichten verheissen keine grosse Entspannung. Deshalb kommen mehr und mehr Menschen «unter die Räder» und sind auf fachliche Hilfe und Unterstützung angewiesen. Also braucht es Coaches, die ihr Wissen und ihre Empathie in den Dienst dieser Menschen stellen. Das Alter: Auf dem Stellenmarkt hat es kaum noch Platz für 45-Jährige. Gesucht werden junge Menschen mit knapp 25 Jahren, die über ein langjähriges, fundiertes Wissen verfügen. Ein Paradox. Beim Coach zählt – neben der Fachkompetenz – die grosse Lebenserfahrung, um andere Menschen fundiert unterstützen zu können. Das Alter ist also ein grosses Plus und kein Hindernis. Die Fachkompetenz: Das wohl schwierigste Thema meiner Neu orientierung. SVEB 1? Coaching-Seminare? Coaching-Ausbildung und wenn ja, welche? Meine Recherchen im Internet ergaben keine eindeutigen Hinweise, welche Ausbildungen am besten zum Beruf des Coachs hinführen. Also befragte ich acht FAU Coaches in Zürich und Luzern nach ihrem persönlichen Werdegang. Sie gaben mir sehr freundlich und engagiert Auskunft. Mein Problem: es waren acht ganz unterschiedliche Wege! Die Fachrichtung: Sollte es nun der Beruf «Coach» oder «Kursleiter» oder beides zusammen sein? Hier halfen mir viele vertiefte Ge- spräche mit meiner Coach bei FAU weiter. Mein Ziel ist es, JobCoach zu werden, da mir der persönliche und vertiefte Kontakt zu einzelnen Menschen mehr bedeutet als ein Wirken mit der Gruppe. Der Einstieg: Als Quereinsteiger ohne Erfahrung und Fachaus bildung musste ich erst einmal eine Brücke zu einem möglichen Arbeitgeber schlagen. Ich entdeckte ein Inserat für einen Job Coach/ Kursleiter von der Firma, bei der ich meine Standortbestimmung absolviert hatte. In diesem Inserat wurde auch die Möglichkeit eines Praktikums angeboten. Genau das Richtige! Eine E-Mail genügte, und schon wenige Tage später erhielt ich die Zusage fürs Praktikum. Im Praktikum eignete ich mir viele methodische Kompetenzen an und nutzte die Gelegenheit, einen zweitägigen Kurs zum Thema «Bewerbung im Internet – Einsatz Social Media» zu konzipieren und unter Aufsicht durchzuführen. Dieser Kurs wurde als exzellent bewertet. Der Lohn für meine Arbeit ist ein Zeugnis, welches ich künftig bei Bewerbungen als Türöffner verwenden kann. Als nächsten Schritt strebe ich das SVEB Modul 1 zum Erwachsenenbildner an. Dazu ergänzend betreue ich ehrenamtlich Stellensuchende als Mentor innerhalb des Programms «tandem». Mein Fazit: Ich ermutige alle diejenigen, die in ihrem Leben an einer Kreuzung stehen, diesen Moment nachhaltig und clever für eine Neuorientierung zu nutzen. Zwar ist die Ausgangslage für Stellensuchende ab 45 eine Herausforderung, doch das Alter darf nicht zur Ausrede werden. Sicher braucht es Elan, einen neuen Weg zu suchen. Man nehme dazu: eine grosse Portion Mut, sehr viel Eigeninitiative, unendlich viel Geduld, eine Handvoll gute Freunde, Gesundheit und Lebensfreude. Thomas Wymann ist Detailhandel-Ökonom. November 13 fauch 37 Projekte Teilnehmende Projekte Teilnehmende T e x t U l r i c k e B ä n zi g e r - B ü h l e r F oto f o t o l i a Mythos Mistel Die Mistel ist im deutschsprachigen Raum vor allem bekannt als Baumparasit. In der anthroposophischen, zunehmend aber auch immer mehr in der konventionellen Medizin wird sie auch in der Krebstherapie eingesetzt. Ob als Glücksbringer oder Medikament, der Pflanze wird seit jeher eine heilende Wirkung zugeschrieben. 38 fauch November 13 Es gibt kaum eine andere Pflanze, die stärker von Mythen umrankt ist als die Mistel. Sie gilt als Symbol für Fruchtbarkeit und ewiges Leben. In zahlreichen Ländern kennt man die Weihnachtstradi tion, sich unter einem Mistelzweig zu küssen, was für Glück und ewige Liebe sorgt. Und fast jedes Kind weiss, dass die Mistel der wichtigste Bestandteil des legendären Zaubertranks ist, der A sterix und Obelix überirdische Kräfte verleiht. Tatsächlich sind Misteln weltweit verbreitet und gehören zur Gattung der Sandelholzgewächse. Die Pflanze gilt als Gehölzparasit, das heisst, sie wächst auf anderen Gehölzen, auf Sträuchern und Bäumen. Im Volksmund wird sie daher auch «Schmarotzerpflanze» und «Hexenbesen» genannt. Die Blüten der Mistel sind unscheinbar, und je nach Art wachsen daraus weisse, gelbe oder rote Beerenfrüchte. Der botanische Name der Mistel ist Viscum, was Leim bedeutet beziehungsweise Klebstoff. Der Name basiert darauf, dass sich die Samenkörner an ihren Wirten im wahrsten Sinn des Wortes festleimen. Durch den Römer Plinius1 ist historisch überliefert, dass die Priester der Gallier – die Druiden – sowohl die Misteln als auch die Bäume, auf denen sie wuchsen, als heilig verehrten. Nach dem Naturforscher Gustav Freiherr von Pohl2 ist die Mistel alles andere als ein Schmarotzer. Im Gegenteil: Seiner Ansicht nach unterstützt diese ihre Wirtspflanze und sichert so deren Überleben. Von Pohl beschreibt, dass die Wirtspflanzen unter Beschuss von geopathischen Immissionen stehen, weil sie auf sogenannten Reizzonen wachsen. Der Begriff ist weit gefächert und nicht überall in der Literatur eindeutig definiert, teilweise wird auch von Geopathie oder Radiästhesie gesprochen. Es geht um Wasseradern, Erdspalten und erdmagnetische Gitternetze. Wasseradern sind unterirdische Wasserläufe unterschiedlichster Fliesskraft und Tiefe. Erdspalten und Verwerfungen sind natür liche Formationen, die sich aus Erdplatten ergeben. Erdspalten können trocken oder wasserführend (also Wasseradern) sein, sie können aber auch das Edelgas Radon ausstossen3. Wenig Forschung in diesem Bereich In der Literatur werden immer wieder die Standortphänomene im Bereich von geopathischen Immissionen als biophysikalisches Phänomen thematisiert. In der Gegenwart wurden Wirkungen dieser Standortphänomene wissenschaftlich bisher noch wenig erforscht. Das mag vor allem daran liegen, dass geopathische Immissionen nicht mit wissenschaftlich anerkannten Feldmess geräten messbar oder zu orten sind. Vielmehr müssen Radiäs thesisten (Rutengeher) zu Rate gezogen werden. Daraus wird geschlussfolgert, dass etwas, das sich den Messgeräten entzieht, nicht existieren kann. Die etablierte Wissenschaft distanziert sich daher von diesen Phänomenen. Betrachtet man nun den Untergrund der Sträucher und Bäume, auf denen Misteln wachsen, so lassen sich nach geo- und baubio logischen Erkenntnissen Störzonen feststellen. Meist handelt es sich um Wasseradern ab einer bestimmten Fliessgeschwindigkeit oder sogar um Kreuzungen von Wasseradern. Der Architekt und bekannte Geomantologe Guntram Stoehr4 sieht die Landschaft als ein vielfältiges Beziehungsnetz feinstofflicher Kraftstrukturen an, die das Leben von Organismen beeinflussen. Seiner Ansicht nach reflektieren dies vor allem Bäume mit ihren Wuchsformen. Die negative Auswirkung unterirdischer Wasserläufe auf lebende Organismen begründet Stoehr in der Fähigkeit der Wassermo leküle, Schwingungszustände von Erdstrahlung aufzunehmen. Während die meisten Zierpflanzen unterschiedlich stark unter Geopathien leiden, benötigen viele Heilpflanzen anscheinend eine starke Bestrahlung, um die beste Heilwirkung zu erzielen. In der Literatur erfolgt die Schlussfolgerung, dass stark bestrahlte Heilkräuter etwas in sich aufnehmen und verstoffwechseln. Es scheint ein Stoff oder ein Prozess in Gang gesetzt zu werden, der heilend wirkt und dessen Wirkungsweise vermutlich in einer negativelektrischen Oberladung der Zelle liegt, wie unter anderem beim Wissenschaftsjournalist Hans Mayer5 zu lesen ist. Mistel als Heilmittel Die Mistel gehört zu den Pflanzen, die sich über Störzonen heimisch fühlen. Es wird ihr die besondere Kraft zugeschrieben, die Polarisationsebene des Lichts nach rechts zu drehen. Damit wirkt sie dem negativen Linksdrall entgegen, den beispielsweise eine Wasserader bewirkt. Bäume und Sträucher, die auf linksdrehender (Energie abführend) Strahlung stehen, wären sonst eventuell schwer gestört. Die Mistel sorgt in ihrer Symbiose für den Ausgleich, bewahrt ihre Wirtspflanze also vor dem negativen Einfluss. Rudolf Steiner entdeckte dieses Phänomen, und daher wurde die Mistel zuerst vor allem in der anthroposophischen Medizin sehr bekannt. Jedoch wird sie inzwischen auch in der konventionellen Medizin in der Onkologie eingesetzt. Mistelsaft gilt seit Jahrhunderten als ausgezeichnetes Krebsheilmittel. Man nimmt an, dass dieser mit seiner rechtsdrehenden Eigenschaft der linksdrehenden Desorganisation der Krebszelle entgegenwirkt. Wissenschaftlich gesichert ist dies indes nicht. Doch schon Plinius beschrieb, dass ein Misteltrank unfruchtbare Tiere fruchtbar machen und Ver giftungen heilen würde. Ulricke Bänziger-Bühler ist dipl. Informatikerin und Dozentin. Quellen [1] Birkhan H: naturalis historia 16:249–251, In: Kelten-Einfälle an der Donau. Akten des 4. Symposiums deutschsprachiger Keltologinnen und Keltologen. Philologische – Historische – Archäologische Evidenzen (Linz/Donau 17.–21. Juli 2005) [= Denkschriften d. Österr. Akad. d. Wiss., phil. hist. Kl., 345. Bd.], Wien 2007:307–324 [2] Pohl Gustav Freiherr von: Erdstrahlen als Krankheits- und Krebserreger, Fortschritt für alle. Feucht; 3 Auflage 1983 [3] Hensch E G: Geomantisch Planen, Bauen und Wohnen. Band I Grundlagen der geomantischen Arbeit, Band II Praktisches Handbuch, Drachenverlag 2007 [4] Stoehr G: Vom Wesen der Bäume, AT Verlag 2012 [5] Mayer & Winkelbaur: Biostrahlen. Der Mensch im Strahlungsfeld von Kosmos, Erde und Umwelt (5), Orac 1989: 160, 161 Unsere Spezialdünger: Sonne, Wasser und Mist. Wir arbeiten lieber mit der Natur zusammen. Und das schmeckt man. Bio Knospe. Bringt den Geschmack zurück. November 13 fauch 39 Projekte Teilnehmende gesehen gelesen gehört Projekt «Outplacement» gibt Energie und Motivation Die Idee für mein Projekt ist bereits vor meiner Zeit bei FAU entstanden. Mein Coach ermutigte mich, das Projekt tatsächlich anzupacken und vermittelte mir eine Partnerfirma in Freiburg, die konkret am Aufbau eines neuen Firmensegments «Outplacement» interessiert war. T e x t K a r i n R o l l i F oto F o t o l i a Da ich meine Stelle aufgrund einer Reorganisation verloren hatte und die Dienstleistung eines Outplacements gut hätte gebrauchen können, konnte ich mich von Anfang an sehr gut mit dem Projektinhalt identifizieren. Ich sah hier die Chance, die Erfahrungen aus meinem Stellenverlust wirksam einzubringen. Durch die Projektarbeit hatte ich mit vielen Unternehmungen direkten Kontakt. Dank dieser Kontakte war ich auch näher am Stellenmarkt dran und sah für mich die Möglichkeit, eher eine neue Stelle zu finden. Die Partnerfirma, für die ich das Outplacement-Projekt begleiten durfte, ist im zweisprachigen Fribourg beheimatet. Daher musste das Projekt in Deutsch und in Französisch abgewickelt werden. Für mich war das eine grosse Herausforderung, aber auch die Chance, mein Französisch zu verbessern. Schliesslich hatte ich schon einige Absagen wegen meiner doch etwas eingerosteten Französischkenntnisse erhalten. Ich komme aus dem Bereich Kommunikation mit Schwerpunkt «Elektronische Medien» und verfüge über entsprechende Projektleitungs-Erfahrung. Diese konnte ich innerhalb des FAU-Projektes gut einsetzen und mit Hilfe meines Coaches zusätzlich erweitern. Konkretes Projekt in zweisprachigem Umfeld Kernaufgabe des Projekts war es, für die Partnerfirma einen Projektplan mit allen nötigen Teilaufgaben zur Etablierung des neuen Segmentes «Outplacement» zu erstellen. Ich erarbeitete eine Liste mit potentiellen Kunden, machte mir Gedanken zur Preispolitik und erstellWas ist ein Outplacement? te realistische Zeitabläufe. Gleichzeitig setzte ich mich mit der konkreten Eine Firma muss aus finanziellen oder reorUmsetzung von Briefschaften, Präganisatorischen Gründen eine oder mehrere sentationsvorlagen, Webinhalten und Personen entlassen. Dies ist für betroffene Werbemitteln auseinander. Dies auf Mitarbeiter alles andere als einfach. Aus diesem Grund beauftragt die Firma einen externen Deutsch und Französisch. Die regelAnsprechpartner, der die Mitarbeitenden betreut. mässigen Meetings fanden grössEs geht darum, die Mitarbeitenden zu untertenteils in französischer Sprache statt, stützen und ihnen zu helfen, den Stellenverlust so dass ich mich auch im mündli zu verarbeiten. Die eigenen Kompetenzen und chen Ausdruck eindeutig verbessern Fähigkeiten sollen erkannt und geschärft werkonnte. den. Dazu werden die Stellensuchenden aktiv Die Unterstützung, die ich in der Partim Bewerbungsprozess unterstützt. Eine solche nerfirma und von meinem FAU-Coach Begleitung kann durch einen externen Partner besser wahrgenommen werden, als durch die HR-Abteilung des ehemaligen Arbeitgebers. Gemeinwohl-Ökonomie «Geld kann nur Mittel zum Zweck sein.» sagt Christian Felber, österreichischer Globalisierungskritiker und Autor. Er ist Initiator der «Demokratischen Bank» und prägte den Begriff «Gemeinwohl-Ökonomie». Darunter versteht er ein Wirtschaftsmodell, dessen Wertmassstab nicht der Finanzgewinn, sondern sein Beitrag zum Gemeinwohl ist. Belohnt wird, wer Werte und Verhaltensweisen wie Vertrauen, Solidarität und Teilen lebt. Also eine echte Alternative zu einer von Arbeitslosigkeit, Finanzblasen, Demokratieabbau und Armut geprägten Realität. Das Wirtschaftsmodell der Zukunft? Auf jeden Fall wächst die von Politikern/-innen, Privatpersonen und Unternehmen mitgetragene Initiative stetig. Weitere Informationen unter: www.gemeinwohl-oekonomie.org/de Christian Felber: Die Gemeinwohl-Ökonomie Das Wirtschaftsmodell der Zukunft Deuticke im Paul Zsolnay Verlag Wien 2012 Aussteigen-Umsteigen Wer träumt nicht manchmal davon, noch einmal neu zu beginnen, etwas ganz anderes zu tun, mehr auf die innere Stimme zu hören? Warum sind es so wenige, die zu neuen Ufern aufbrechen? Bei der Jobwahl haben wir heute enorm viele Möglichkeiten und so auch die Freiheit, uns neu zu erfinden. Das kann zu erstaunlichen Veränderungen führen: Ein langjähriger Bank-Filialleiter kündigt zum Beispiel seinen gut bezahlten Job und eröffnet einen Tee- und Gewürzladen. Warum bleiben solche Aus- und Umstiege die Ausnahme? Dieses Buch will dazu beitragen, dass mehr Menschen ihre eigene Geschichte schreiben, statt die Ziele anderer zu verfolgen. erfahren durfte, war vorbildlich. Ich konnte mein Wissen im Bereich Projektmanagement aber auch in der Thematik «Outplacement» wesentlich ergänzen. Als besonders wertvoll empfand ich den Austausch mit Kollegen und Schulungsteilnehmern innerhalb des FAU. Durch einen Vortrag über mein Projekt beim FAU-Teilnehmermeeting konnte ich ausserdem meine Auftrittskompetenz erproben und festigen. Mein persönliches Fazit aus dem Projekt: Durch klare Zielsetzungen, Eigeninitiative und Energie lässt sich manches bewegen. Ich fand es motivierend, nach längerer Zeit wieder eine konkrete Aufgabe mit nutzbaren Ergebnissen vorlegen zu können und bin überzeugt davon, dass sich meine Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch das Projekt verbessert haben, und ich schon bald eine geeignete Stelle finden werde. Karin Rolli ist PR-Fachfrau. Radikal führen unternehmen dar. Die geschilderten Erlebnisse und Beispiele sind amüsant, erschreckend, aber auch wohlvertraut. Anonyma: Ganz oben. Aus dem Leben einer weiblichen Führungskraft. C.H. Beck München 2013 Die Midlife-Boomer Die demografischen Veränderungen in Europa sind schleichend, doch unabwendbar. Wir werden älter. Daher ist ein neues Bild vom Altern gefragt. Zu tief sitzt die Vorstellung: Von nun an geht es bergab. Das stimmt nicht, sagt die Journalistin Margaret Heckel. Menschen ab 50 werden zufriedener und glücklicher. Der Mangel an Fachkräften verschärft sich kontinuierlich, so werden Menschen um die 50 mehr denn je auf dem Arbeitsmarkt gefragt sein. Wer als Firma attraktiv sein will, muss auf diese Veränderungen reagieren und künftig individuelle Arbeitszeitmodelle anbieten. Die Autorin beschreibt die Menschen in dieser neuen Lebensphase als Midlife-Boomer: eine zahlenmässig starke und gut ausgebildete Gene ration um die 50, deren Erfahrungen und Qualitäten auch morgen noch gefragt sein werden. Margret Heckel: Die Midlife-Boomer: Warum es nie spannender war, älter zu werden. Edition Körber Stiftung Hamburg 2012 Reinhard K. Sprenger: Radikal führen Campus Verlag Frankfurt am Main 2012 Zufrieden am Arbeitsplatz Zufrieden und gesund im Job - und dies trotz zunehmendem Druck. Wie auch Sie das schaffen, zeigt das praktische Beobachter-Handbuch. In Zeiten von Umwälzungen und wachsendem Druck ist es kein einfaches Unterfangen, sein persönliches Wohlfühlklima am Arbeitsplatz zu schaffen. Laufbahnberaterin und Psychologin Regula Zellweger zeigt, wie Sie es am besten anpacken. Sie bietet ganz konkrete Hilfestellungen, die Ihre psychische und körperliche Gesundheit im Job stärken. Regula Zellweger: Jobwohl – zufrieden am Arbeitsplatz Was Sie gegen Frust und Stress tun können Beobachter-Buchverlag 2010 Wir essen die Welt Entscheiden Mathias Morgenthaler und Marco Zaugg: Aussteigen-Umsteigen. Wege zwischen Job und Berufung. Zytglogge Verlag Oberhofen 2013 Kind oder Karriere? Bio oder Budget? Kino oder Couch? Täglich müssen wir Entscheidungen treffen und uns dabei fragen, ob wir auf unseren Kopf oder Bauch hören sollen. Die Kulturinstitution Stapferhaus Lenzburg beleuchtet noch bis April 2014 mit der Ausstellung «Entscheiden» ein Thema, das für uns Lust wie auch Last ist. Anonyma: Ganz oben www.stapferhaus.ch Die Autorin Anonyma beschreibt sich in ihrem Buch «Ganz oben» als einzige Frau unter rund 50 Topmanagern eines deutschen Unternehmens. Dabei stehen ihre Erfahrungen im Umgang mit Privilegien und klassischen FrauenDienstleistungen im Fokus. Das Buch stellt einen Erfahrungsbericht einer Topmanagerin über ihren Aufstieg und ihren Alltag in einem Gross- «Radikal führen – das bedeutet Konzentration auf das Wesentliche, Klarheit und Konsequenz. Hier geht es um das Kerngeschäft der Führung, um fünf fundamentale Aufgaben, die eherne Wegweiser im Dickicht der Moden und Aufgeregtheiten sind.» So beschreibt Reinhard K. Sprenger sein Buch «Radikal führen». Er setzt der überbordenden Zahl von Theorien und Modellen fünf Kernaufgaben von Führung entgegen. Dabei greift er auf seine Praxiserfahrung als Führungsperson in einem internationalen Unternehmen zurück. Bis am 9. Februar 2014 können die Besucherinnen und Besucher im Naturama Aarau auf spielerische Art erkunden, woher unsere Nahrungsmittel stammen, wie sie produziert wurden und welche Auswirkungen unsere Kaufentscheide auf die Umwelt und das Leben anderer Menschen haben. www.wir-essen-die-welt.ch November 13 fauch 41 Wer wo arbeitet Der Nonkonformist: Valentin, 63 Anwalt Wer ist wer… die Auflösung Mit 29 Jahren kam er in Hamburg in Kontakt mit dem Rotlichtmilieu und beschloss, seinem Leben als Rechtsanwalt eine neue Richtung zu geben. Statt für Patentrechte zu weibeln, steht er heute den Hells Angels, Prostituierten und anderen Randgruppen als Anwalt zur Seite. Valentin Landmann ist Rechtsanwalt in Zürich. Die Nomadin: Nathalie, 43, HR Leiterin Sie ist für 4‘000 Mitarbeitende verantwortlich. Weil sie spüren will, was diese Mitarbeiter bewegt, bewegt sie sich selbst. Ihren fixen Arbeitsplatz hat sie aufgegeben und ist, einer Nomadin gleich, täglich unterwegs. Nathalie Bourquenoud ist Leiterin HR bei der Postfinance in Bern. Die Gegensätzliche: Janina, 30 Model und LKW Fahrerin Gegensätze ziehen sich an. Sie wollte Model sein. Und Lastwagenfahrerin. Ein Kindheitstraum, der wahr geworden ist. Heute ist sie nicht nur ein international erfolgreiches Model und fährt LKW, sondern führt auch ihre eigene Logistikfirma. Janina Martig aus Basel ist Model, Lastwagenfahrerin und Unternehmerin. Die Spätzünderin: Eva, 87 Künstlerin Die Unverwüstliche: Jenny, 23 Kanalreinigerin Der Kombinierer : Gregor, 29 Kleinkinderzieher und Barkeeper Die Ausbildung zur Kosmetikerin musste sie aus gesund heitlichen Gründen abbrechen und wurde LKW-Fahrerin. Durch ihre Spezialisierung auf Kanalreinigung sorgt sie heute dafür, dass die Kanäle genauso rein werden, wie früher die Haut ihrer Kundinnen. Jenny Jakober ist Spezialistin für Kanalreinigung in Sarnen und fährt LKW. Seine Ausbildung zum Floristen brach er ab. Als Kleinkinderzieher und Barkeeper hat er sich dafür einen bunten Strauss voller Möglichkeiten zusammengestellt. Gregor Küffer arbeitet als Kleinkinderzieher in Sursee und als Barkeeper in Biel. Die Berufene: Lena-Lisa, 30 Dirigentin Dass Beruf von Berufung kommt, war Lena-Lisa schon als Kind klar. Und ihre Berufung war und ist die Musik. Sie hat den richtigen Ton offenbar getroffen und dirigiert heute mehrere bekannte Orchester. Lena-Lisa Wüstendörfer aus Zürich ist Dirigentin. 42 fauch November 13 Bildhauerin wollte sie werden. Oder mindestens Dekorateurin. Die Eltern entschieden anders und sie wurde Primarlehrerin. Nach ihrer Pensionierung erfüllte sie sich ihren Traum doch noch und wandte sich der Objektkunst zu. Sie hat es geschafft und gilt heute als angesehene und bekannte Künstlerin. Eva Zwimpfer aus Luzern ist Objektkünstlerin. Sie wurde mehrmals ausgezeichnet und ihre Werke werden regelmässig ausgestellt. Der Modellierer: Ueli, 61 Facharzt für Psychiatrie Mit 33 Jahren modellierte sich der gelernte Töpfer sein neues Leben und studierte Medizin. Heute ist er Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und arbeitet lieber mit Menschen als mit Ton. Ueli Schneider ist Facharzt für Psychiatrie und Psycho therapie FMH mit Praxen in Küssnacht a.R. und Bern November 13 fauch 43 verstehen vereinfachen vernetzen ■ ■ Der Profit für Non-Profit! Für Sie setzen wir uns ein. Unkonventionelle Unternehmen verlangen unkonventionelle Kommunikationslösungen. Minimale Ressourcen verlangen maximalen Nutzen. Darin sind wir die Experten. Ihre Marketingkommunikation neu gedacht. Pomcany’ss Marketing AG Aargauerstrasse 250 8048 Zürich Telefon 044 496 10 10 www.pomcanys.ch ■ ■ verstehen vereinfachen vernetzen ■ ■ Unsere Spannbreite verleiht Ihnen Flügel! Als leistungsfähiges und kreatives Medienhaus ist Stutz Druck ihr Spezialist für die Konzeption und Herstellung von medienübergreifenden Kommunikationsmitteln. Auf unsere umfassenden und anerkannt professionellen Verlagsdienstleistungen sind wir besonders stolz. Stutz Druck verbindet eine strategische Partnerschaft mit Pomcany’s Marke ting AG. Deren Kompetenz und Erfahrung in der Unternehmens- und Marketingkommunikation ermöglichen es, unseren Kunden eine interdisziplinäre Zusammenarbeit anzubieten und sie dabei zu unterstützen, ihre Kommunikationsziele effizient und effektiv zu erreichen. Stutz Druck AG Einsiedlerstrasse 29 8820 Wädenswil Telefon 044 783 99 11 www.stutz-druck.ch ■ ■