Inklusionsbarometer Hessen 2011

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Inklusionsbarometer Hessen 2011
Inklusionsbarometer Hessen 2011
Herausgeber:
hessenstiftung – familie hat zukunft
Inklusionsbarometer Hessen 2011
Ergebnisse des Erhebungsjahres 2011
Im Auftrag der hessenstiftung – familie hat zukunft
Durchführung:
PROSOZ Institut für Sozialforschung - PROKIDS
März 2012
hessen
nstiftung – familie
e hat zukunft
Dr. Ulric
ch Kuther
Darmstä
ädter Straße 100
64625 Bensheim
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Telefon: 06251 / 7005-31
1
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age: www.hessen
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Inhaltsverzeichnis
Grußwort des Hessischen Sozialministers ..................................................... 6 Grußwort der Hessischen Kultusministerin..................................................... 8 Zusammenfassung ..................................................................................... 10 1. Hintergrund .......................................................................................... 15 2. Ziele und Methodik .............................................................................. 17 2.1. Ziele der Studie .............................................................................. 17 2.2. Durchführung der Befragung.......................................................... 18 2.3. Das Erhebungsinstrument.............................................................. 19 2.4 Die Rahmenbedingungen für die Interviews ................................... 20 3. 4. 5. Stichprobenbeschreibung .................................................................. 27 3.1 Geschlechterverteilung ............................................................... 27 3.2 Art der Behinderung .................................................................... 27 3.3 Schultypen .................................................................................. 30 3.4 Familiäres Zugehörigkeitsgefühl ................................................. 32 Der Lebensbereich der Familie .......................................................... 33 4.1 Der Wunsch nach Unterstützung seitens der Familie ................ 33 4.2 Das Ausmaß der Unterstützung durch die Familie ..................... 34 4.3 Das Bedürfnis nach gemeinsamen Aktivitäten mit der Familie .. 35 4.4 Die Beziehungen zu den Geschwistern ...................................... 36 Der Lebensbereich Schule ................................................................. 37 5.1 Die Erwartungen bezüglich Hilfestellungen seitens der
Lehrkräfte .................................................................................... 37 5.2 Die Erwartungen bezüglich der Hilfestellung seitens der
Mitschüler .................................................................................... 38 5.3 Vermisste Angebote an der Schule ............................................ 39 5.4 Der Schulwechsel als Option ...................................................... 40 6. 7. 8. Der Lebensbereich Freunde und Freizeit ......................................... 43 6.1 Die Unterstützung durch Freunde .............................................. 43 6.2 Das Bedürfnis nach selbstständiger Freizeitbeschäftigung........ 44 6.3 Vereinszugehörigkeit .................................................................. 45 6.4 Die durch Schulfahrten geprägte Alltagsstruktur der Kinder ...... 46 6.5 „Kochen“ und „Backen“ als attraktive Freizeitbeschäftigung ...... 47 Zukunft ................................................................................................. 49 7.1 Die Wünsche der Kinder ............................................................. 49 7.2 Berufswünsche ........................................................................... 53 Die Wahrnehmung von Hilfe, Zugänglichkeit sowie sozialen
Beziehungen ........................................................................................ 57 9. 8.1 Die Präsenz der Behinderung..................................................... 57 8.2 Die Wahrnehmung von Hilfe ....................................................... 57 8.3 Das Bedürfnis nach Selbstständigkeit ........................................ 58 8.4 Die Wichtigkeit von Beziehungen zu anderen Menschen .......... 58 8.5 Die Bewertung der Tagesgeschehnisse ..................................... 59 8.6 Veränderungswünsche ............................................................... 60 Das Wohlbefinden der Kinder............................................................ 61 9.1 Allgemeines Wohlbefinden ......................................................... 61 9.2 Wohlbefinden in der letzten Woche ............................................ 63 9.3 Aktuelles Wohlbefinden .............................................................. 63 9.4 Wohlbefinden in der Familie ....................................................... 65 9.5 Wohlbefinden in der Schule ........................................................ 65 9.6 Wohlbefinden in der Wohngegend ............................................. 66 9.7 Wohlbefinden im Freundeskreis ................................................. 67 10. Fazit und Ausblick .............................................................................. 69 10.1 Anmerkungen zum methodischen Vorgehen ............................. 69 10.2 Anmerkungen zu den Ergebnissen ............................................ 69 10.3 Ausblick....................................................................................... 70 Grußwort des Hessischen Sozialministers
Liebe Leserinnen und Leser,
„Das kann ich schon alleine!“ Kinder bringen immer
wieder zum Ausdruck, welch‘ starkes Bedürfnis sie
nach Selbständigkeit und Unabhängigkeit haben.
Sie wollen sich ausprobieren, sie sind neugierig und
wissbegierig, wollen entdecken und Abenteurer erleben. Sie wollen aber
auch Geborgenheit und Liebe spüren und wissen, dass es jemanden gibt,
der in der Not hilft und tröstet.
Dies gilt auch für Kinder mit Behinderungen. Sie stellen sich sehr pragmatisch ihrer Behinderung, wollen sich mit ihr auseinandersetzen. Sie wollen
sich fordern und gefördert werden und sie finden kreative Lösungen im Umgang mit ihren Behinderungen bzw. mit ihren Beeinträchtigungen. Dies sind
die wichtigsten Ergebnisse der Studie „Inklusionsbarometer Hessen“, die Sie
in den Händen halten.
Die Studie zeigt deutlich, dass ein Umdenken hin zu einem partnerschaftlichen Miteinander im Umgang mit Kindern mit Behinderungen stattgefunden
hat. Überraschendes Ergebnis ist, wie wenig präsent die Behinderungen
bzw. deren Auswirkungen in den Gesprächen über die Lebensumstände der
Kinder waren. Kinder scheinen sich mit den gegebenen Lebensumständen
zu arrangieren.
Seit März 2009 ist das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit
Behinderungen für Deutschland (UN-Behindertenrechtskonvention) völkerrechtlich verbindlich. Es schafft keine Sonderrechte, sondern konkretisiert
und spezifiziert die universellen Menschenrechte bezogen auf die Lebenslagen für Menschen mit Behinderungen. Es verbietet jegliche Diskriminierung
von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen und garantiert
ihnen uneingeschränkt die bürgerlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte.
Hessen hat dem UN-Übereinkommen per Kabinettbeschluss im November
2008 zugestimmt und damit den Willen der Landesregierung zu dessen Umsetzung deutlich gemacht. Als einziges Bundesland hat Hessen hierfür eine
eigene Stabsstelle eingerichtet.
Kinder mit Behinderungen genießen nach Artikel 7 der Konvention einen besonderen Schutz. Die Hessische Landesregierung unterstützt das gemein6
same Aufwachsen von Kindern mit und ohne Behinderungen. Inklusive Lebensbedingungen sollen und müssen in unserer Gesellschaft Realität werden.
Gemäß dem Motto der Verbände von Menschen mit Behinderungen „Nichts
über uns – ohne uns“ sind Menschen mit Behinderungen und eben auch
Kinder mit Behinderungen die Expertinnen und Experten in eigener Sache,
deren Wissen, aber auch tägliche Erfahrungen unabdingbar sind, um das
gleichberechtigte Miteinander in der Gesellschaft zu gestalten.
Genau dieser Vorgabe folgt der Ergebnisbericht „Inklusionsbarometer“. Die
Ergebnisse können dazu beitragen, Maßnahmen zu planen und Ziele für zukünftige Entwicklungen zu setzen.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr Stefan Grüttner
Hessischer Sozialminister
und Beiratsvorsitzender der hessenstiftung – familie hat zukunft
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Grußwort der Hessischen Kultusministerin
Liebe Leserinnen und Leser,
zum ersten Mal wurde in Hessen eine Erhebung
durchgeführt, in der Schülerinnen und Schüler mit
Anspruch auf sonderpädagogische Förderung zu
Themen, die sie direkt betreffen, in diesem Umfang
befragt wurden.
Mit der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention hat sich
Deutschland und damit auch Hessen verpflichtet, für Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen das Recht auf einen gleichberechtigten Zugang zu Bildung umzusetzen. Auch in der Öffentlichkeit ist das Bewusstsein
für die Rechte und Bedürfnisse dieser Schülerinnen und Schüler in den letzten Jahrzehnten immer weiter gewachsen.
Häufig wird das Thema Inklusion allerdings sehr emotional und zu polarisierend diskutiert. Die emotionale Betroffenheit ist dabei durchaus verständlich,
sie darf aber nicht zu einer einseitigen Sichtweise verleiten und den Blick auf
die Bedürfnisse des einzelnen Kindes verstellen.
Daher ist es mir ganz persönlich ein wichtiges Anliegen, bei allen Reformen
immer das Wohl und die individuelle Förderung jedes einzelnen Kindes und
Jugendlichen in den Mittelpunkt zu stellen. Das bedeutet, ideologische Auseinandersetzungen, die häufig zu Lasten des Kindes gehen, im Sinne gemeinsamer Lösungen zu vermeiden und die direkt Betroffenen selbst zu
Wort kommen zu lassen:
„Wir können uns in der Schule melden, wenn wir etwas nicht kapiert haben.
Dann erklärt die Lehrerin es uns am Tisch, das finde ich gut.“ Dies ist eine
Schüleraussage von vielen der Studie, die zeigt, dass Schüler mit Behinderungen sehr individuelle Förderung brauchen und diese auch als sehr hilfreich erfahren. Individuelle Förderung benötigen sie an allgemeinen Schulen
wie an Förderschulen.
Schülerinnen und Schüler, die einen Bezug zu ihrer Beeinträchtigung oder
Behinderung haben, äußerten deutlich den Wunsch, dass sie sich mit dieser
auseinandersetzen möchten und hierzu ihre bereits positiven Erfahrungen
auch untereinander austauschen wollen.
Bewusstseinsbildende Maßnahmen wie diese Studie helfen Vorurteile abzubauen und ein ungezwungeneres Miteinander zu pflegen. Dieser Bewusst8
seinsbildung dient auch der Wettbewerb „An die Töpfe fertig los! Freundschaft geht durch den Magen“, eine Initiative des Hessischen Kultusministeriums zusammen mit der Hessenstiftung und der Lebenshilfe.
Die vorliegende Studie leistet einen wichtigen Beitrag für die Weiterentwicklung der sonderpädagogischen Förderung und den inklusiven Unterricht in
Hessen. Ich danke allen Beteiligten für die gute und wichtige Zusammenarbeit!
Dorothea Henzler
Hessische Kultusministerin
und stellvertretende Beiratsvorsitzende der hessenstiftung – familie
hat zukunft
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Zusammenfassung
Im September 2011 wurden Hessische Kinder mit Behinderung bzw. Beeinträchtigung in qualitativen Face-to-Face-Interviews zu ihrer Lebensqualität
und den für die Kinder relevanten Themen befragt. Die Interviews fanden in
den Räumlichkeiten der jeweiligen Schulen statt. Insgesamt wurden 67 Kinder im Alter zwischen 9 und 10 Jahren aller acht Förderschwerpunkte befragt. Die Interviews verliefen nach Einschätzung der Interviewerinnen in einer entspannten bzw. neutralen und offenen Atmosphäre. Die Kinder wirkten
während der Interviews größtenteils interessiert, gelassen und fröhlich, teilweise aber auch etwas nervös. Die Kinder besuchen sowohl Förder- als
auch integrative Regelschulen. Die Studie erhebt nicht den Anspruch, die
Kriterien einer repräsentativen Untersuchung zu erfüllen.
Stichprobenbeschreibung
Von den 67 befragten Kindern sind 63% Jungen und 37% Mädchen. Die
Mehrzahl der Kinder (90%), die an den Interviews teilgenommen haben, hat
eine Einfachbehinderung bzw. -beeinträchtigung. Die Mehrheit der befragten
Kinder weist eine Lernbeeinträchtigung auf, fast ein Viertel eine Hörbehinderung. Jedes zehnte in dieser Studie interviewte Kind ist körperlich behindert
und jeweils jedes dreizehnte Kind ist sehbehindert, sprachbeeinträchtigt
oder erhält Erziehungshilfe. Je 1 Kind wurde als geistig behindert bzw. langzeiterkrankt beschrieben. 10% der Kinder weisen eine Mehrfachbehinderung
auf. Von den befragten Kindern besuchten zum Zeitpunkt der Befragung
64% eine Förderschule und 36% eine integrative Grundschule. In den beiden Schultypen sind die Kinder mit den verschiedenen Behinderungsarten
nicht gleich häufig vertreten. Die überwiegende Mehrheit der befragten Kinder wohnt bei den Eltern und fühlt sich dort auch zu Hause. Zwei Kinder
wohnen bei Pflegeeltern und ein weiteres ist in einem Heim untergebracht
und fühlt sich dort auch zugehörig.
Lebensbereich Familie
Die Mehrheit der befragten Kinder wünscht sich auf Nachfrage Hilfe bzw.
Unterstützung von ihrer Familie. Die Eltern, v.a. die Mütter, werden am häufigsten in dieser Rolle gesehen, seltener die Geschwister. Die Bereiche, in
denen der Wunsch nach Hilfe bzw. Unterstützung besteht, sind mehrheitlich
von der Behinderung der Kinder unabhängig (z.B. Hilfe bei den Hausaufgaben oder beim Aufräumen). Interessanterweise stellen die Kinder mit dem
Wunsch nach Unterstützung häufig gleichzeitig fest, dass sie die gewünsch10
te Hilfe im Alltag bereits erhalten. Ein Teil der Kinder betont, keine Hilfe von
Seiten der Familie erhalten zu wollen. Insgesamt weisen die Antworten der
befragten Kinder darauf hin, dass die betroffenen Kinder zumindest teilweise
die Unterstützung durch die Familie deutlich wahrnehmen und diese in ihrem
Bezugssystem nicht als selbstverständlich gilt.
Das Bedürfnis der Kinder nach gemeinsamen Aktivitäten (v.a. mit der gesamten Familie) ist groß bzw. diese werden von den Kindern vermisst. Hierbei werden v.a. gemeinsame Unternehmungen mit der Familie im Freien,
gemeinsames Schwimmengehen, gemeinsam Spiele spielen oder gemeinsame Urlaubsreisen am häufigsten genannt. Ein Teil der Kinder ist allerdings
auch explizit der Meinung, bereits viel mit der Familie zu unternehmen. Auffällig ist, dass die Vorschläge der Kinder aus dem üblichen Erfahrungsschatz
der Kinder dieses Alters stammen und meistenteils relativ einfach umzusetzen sind.
Die Beziehung der befragten Kinder zu ihren Geschwistern schildern sie als
ambivalent. Aus den Aussagen geht mehrheitlich hervor, dass die Kinder sie
eher als Be- denn als Entlastung empfinden.
Lebensbereich Schule
Die Erwartungen der Kinder im Hinblick auf Hilfestellungen bzw. Unterstützung in der Schule sind geringer als die Erwartungen gegenüber Familienmitgliedern. Der Wunsch nach Unterstützung bezieht sich fast ausschließlich
auf schulimmanente Themen wie Hausaufgaben und bestimmte Schulfächer, selten auf die Schlichtung von Streitigkeiten durch die Lehrkräfte. Aus
den Aussagen der Kinder geht außerdem hervor, dass es einigen Kindern
schwer fällt, um Unterstützung zu bitten. Andere Kinder finden wiederum das
Ausmaß an Unterstützung in der Schule zufriedenstellend. Nur ein kleiner
Teil der befragten Kinder äußert den Wunsch, weniger Unterstützung durch
die Lehrkräfte erhalten zu wollen.
Hilfestellungen von MitschülerInnen werden von den Kindern deutlich seltener thematisiert als Hilfestellungen seitens der Lehrkräfte. Es lassen sich
dabei zwei Perspektiven finden. Einerseits wünschen sich die Kinder weniger, andererseits mehr (gut gemeinte) Unterstützung durch ihre MitschülerInnen.
Auf die Frage, ob die Kinder bestimmte Angebote in der Schule vermissen,
wissen die Kinder in den meisten Fällen keine Antwort. Aus den Aussagen
geht hervor, dass ein Teil der Kinder mit den bereits vorhandenen Angeboten zufrieden ist, ein anderer Teil äußert für das Alter erwartungsgemäße
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Wünsche, wie Schaukel, Schulkiosk oder bestimmte Unterrichtsfächer. Einige Kinder stellen bei diesem Thema allerdings auch einen Bezug zu ihrer
Behinderung her, indem sie Angebote vermissen, in denen sie sich mit ihrer
Behinderung auseinander setzen können oder mit denen sie bereits an anderer Stelle positive Erfahrungen gemacht haben und durch die sie sich weiterentwickeln können.
Für die Mehrheit der Kinder ist ein Schulwechsel keine Option. Aus den
Aussagen der Kinder, die einen Schulwechsel erwägen, wird eine gewisse
Idealvorstellung des Besuches einer Regelschule sowie der Einfluss sozialer
Beziehungen auf diesen Wunsch deutlich.
Lebensbereich Freunde und Freizeit
Die Hilfe bzw. Unterstützung von Seiten der Freunde wird von den Kindern
gut akzeptiert, die Mehrheit der Kinder bewertet sie positiv. Ein kleiner Teil
der befragten Kinder berichtet, keine Unterstützung von ihren Freunden zu
erhalten, sich dies aber durchaus zu wünschen. Auffällig ist, dass einige
Kinder auch die Gegenseitigkeit der Unterstützung untereinander betonen.
Die Kinder scheinen von sich selbst also nicht den Eindruck zu haben, einseitige Hilfeempfänger zu sein. Aus einigen Aussagen wird darüber hinaus
deutlich, welche kreativen und pragmatischen Lösungen die Kinder finden,
um mit ihren Behinderungen im Alltag umzugehen.
Außerdem geht aus den Gesprächen mit den Kindern ihr großes Bedürfnis
nach selbständiger Freizeitbeschäftigung hervor. Am stärksten ist das Bedürfnis nach Aktivitäten im Freien bzw. Aktivitäten mit Abenteuercharakter,
gefolgt von dem Bedürfnis, alleine schwimmen zu gehen, selbständig am
Verkehr teilzunehmen oder mit den Freunden alleine etwas unternehmen zu
können. Meistenteils steht diesen Bedürfnissen die fehlende Erlaubnis bzw.
die fehlende Zeit der Eltern entgegen.
Die große Mehrheit der Kinder ist Mitglied in einem Verein oder macht bei
einer Sport-AG in der Schule mit. Aus den Aussagen der Kinder wird deutlich, wie begeistert sie von den Tätigkeiten in ihrem Verein sind und welche
wichtigen außerschulischen Erfahrungen die Kinder hier machen. Ein Teil
der Kinder gibt an, nicht in einem Verein zu sein, sich dies aber zu wünschen. Lediglich ein geringer Teil lehnt es explizit ab, Mitglied in einem Verein zu sein.
Für viele Kinder entstehen lange Fahrtzeiten durch die Wege zur Schule und
wieder zurück nach Hause, dies betrifft v.a. die Förderschulkinder. Auch
wenn dies für die meisten Kinder zur Selbstverständlichkeit geworden ist,
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bestimmen die langen Fahrtzeiten die Alltagsstruktur der Kinder, indem sie
den Kindern zum einen wenig Zeit lassen, zu Hause Aktivitäten nachzugehen und zum anderen Auswirkungen auf die Kontakte der Kinder mit ihren
Freundinnen und Freunden haben.
Zukunft
Wenn sich die Kinder vorstellen, eine gute Fee oder ein Zauberer würde ihnen drei Wünsche gewähren, stehen die materiellen Wünsche an erster
Stelle, gefolgt von der Antwort „weiß nicht“. Der dritthäufigste Wunsch der
Kinder ist der Wunsch nach Spielzeug, der vierthäufigste der nach einem eigenen Auto. Darauf folgen Wünsche nach intensiveren Freundschaften,
mehr Schulfreude bzw. Spaß an der Schule zu haben sowie Berufswünsche.
Im Vergleich der Aussagen zwischen Jungen und Mädchen wird deutlich,
dass Mädchen häufiger „weiß nicht“ als Antwort nennen und an zweiter bzw.
dritter Stelle Wünsche äußern, die den sozialen Bereich betreffen. Jungen
wünschen sich eher materielle Dinge. Insgesamt zeigt sich in den spontan
geäußerten Wünschen der Kinder, dass diese sich nicht grundlegend von
denen nicht behinderter Kinder unterscheiden und altersgerecht sind. Nur in
wenigen Fällen wird der Bezug zu der Behinderung der Kinder deutlich.
Nach dem Berufswunsch gefragt, gibt die Mehrheit der Kinder an, später
einmal bei der Polizei arbeiten zu wollen. Darauf folgt der Wunsch, ein nichttechnisches Handwerk zu erlernen oder bei der Feuerwehr zu arbeiten.
Mädchen und Jungen unterscheiden sich in ihren Berufswünschen. Auch die
Berufswünsche der befragten Kinder mit Behinderungen unterscheiden sich
nicht grundsätzlich von denen nichtbehinderter Kinder.
Dies trifft auch weitgehend auf die Frage zu, was den Kindern für ihre Zukunft besonders wichtig ist bzw. was in Zukunft anders sein soll. In einigen
Antworten der Kinder hierzu zeigt sich dennoch, dass die Behinderung der
Kinder auch ihre Zukunftsvorstellungen beeinflusst.
Wahrnehmung von Hilfe, Zugänglichkeit sowie sozialen Beziehungen
Insgesamt wird deutlich, dass das tägliche Leben der Kinder mit ihrer Behinderung bzw. Beeinträchtigung für sie eine Selbstverständlichkeit ist. Teilweise ist den Kindern ihre Behinderung auch wenig präsent.
Auffällig ist, dass ein Teil der Kinder auf Fragen zu Hilfen und dem Bedarf
nach Unterstützung mit Antworten reagiert, die die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Kinder betonen.
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In der Gesamtschau zeigt sich darüber hinaus, dass Beziehungen zu anderen Menschen für die befragten Kinder eine hohe Relevanz haben. Die wird
beispielsweise sowohl in Äußerungen zu den Geschwistern, FreundInnen
und MitschülerInnen als auch zu Themen wie Streit und Ablehnung durch
Gleichaltrige deutlich.
Auch aus den Antworten zu der Frage, was die Kinder an einem normalen
Tag toll finden, geht hervor, wie wichtig den Kindern soziale Beziehungen
sind. Darüber hinaus werden Rahmenbedingungen bzw. Geschehnisse rund
um das Thema Schule sowie Sport und Spiel häufig genannt. Manche Kinder können allerdings auch nichts finden, was sie an einem für sie normalen
Tagesablauf deutlich positiv hervorheben könnten.
Auch wenn ein großer Teil der Kinder zu der Frage, was aus ihrer Perspektive anders sein sollte, keine Vorstellungen hat, gibt die Mehrzahl der Kinder
hierzu interessante Antworten. Die meisten Antworten beziehen sich auf den
Lebensbereich „Familie“, gefolgt von Schulthemen und Themen des Alltags.
Darüber hinaus beziehen sich einige Antworten auch auf soziale Beziehungen, Antworten mit Bezug zu der Behinderung der Kinder sind eher die Ausnahme.
Das Wohlbefinden der Kinder
Die meisten befragten Kinder mit Behinderungen bzw. Beeinträchtigungen
haben sowohl ein deutlich positives allgemeines und aktuelles Wohlbefinden
als auch ein gutes Wohlbefinden in der Schule, in der Familie, im Freundeskreis und im Wohnumfeld. Das retrospektive Wohlbefinden fällt dagegen
vergleichsweise eher niedrig aus. Am wohlsten fühlen sich die Kinder in ihrem Freundeskreis, darauf folgt das aktuelle Wohlbefinden und das Wohlbefinden in den Lebensbereichen Familie, Wohnumgebung und Schule. Das
allgemeine und das retrospektive Wohlbefinden erreichen die niedrigsten
Werte, allerdings liegen auch diese noch deutlich im positiven Bereich. Eine
kleine Gruppe von Kindern berichtet über ein negatives Wohlbefinden, mit
12% ist dieser Anteil im Rückblick auf die letzte Woche vor der Befragung
am höchsten. Jungen und Mädchen unterscheiden sich in keinem der erfragten Wohlbefinden signifikant. Allerdings geben Kinder, die eine Förderschule besuchen, ein höheres Wohlbefinden im Freundeskreis an als Kinder,
die eine integrative Schule besuchen. Zudem gibt es einen Hinweis darauf,
dass sich in Hessen die befragten Kinder mit Behinderung bzw. Beeinträchtigungen im Gegensatz zu nicht behinderten Kindern in ihrer Schule deutlich
wohler fühlen.
14
1. Hintergrund
Inklusion - ein Begriff, der sich noch etwas sperrig denkt und spricht, aber
auf dem besten Wege ist, sich in unserer Gesellschaft zu verankern. Dies
nicht zuletzt, weil sich auch Deutschland 2009 als Unterzeichner der UNKonvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen dazu verpflichtet hat, Menschen mit Behinderungen nicht nur zu integrieren (also behinderten Menschen einen Zugang zu der Welt der nicht behinderten Menschen zu gewähren), sondern nach der Manier echter Inklusion Bedingungen zu schaffen, die beiden Gruppen gleichermaßen gerecht werden und
diese gleichwertig nebeneinander stellt. Transparent wird dieser Unterschied
in der noch unterschiedlichen Beschulung behinderter und nicht behinderter
Kinder in Deutschland. Anders als in vielen anderen europäischen Ländern
besuchen Kinder mit Behinderungen bzw. Beeinträchtigungen in Deutschland separate Förderschulen, nur ein geringer Teil besucht eine (integrative)
Regelschule.
Dies
soll
(und
muss
sich
nach
der
UNMenschrechtskonvention) kurzfristig ändern und stellt das deutsche Schulsystem vor eine große Herausforderung.
Eine Möglichkeit, die Forderungen aus der UN-Konvention über die Rechte
von behinderten Menschen direkt umzusetzen sowie der Philosophie des
Hessischen Bildungs-und Erziehungsplans1 gerecht zu werden, ist die Beteiligung von Kindern mit Behinderung im Rahmen einer landesweiten Befragung in Hessen, in der es um die relevanten Themen aus Sicht dieser Kinder gehen soll. Die Maxime des PROSOZ Instituts für Sozialforschung –
PROKIDS in Befragungen von Kindern und Jugendlichen diese als Expertinnen und Experten ihrer Lebenswelt selbst zu Wort kommen zu lassen,
wird in dieser Studie konsequent auf eine Gruppe übertragen, die bisher
kaum Beachtung fand. Wer die Inklusion von Kindern mit Behinderungen
bzw. Beeinträchtigungen umsetzen will, muss die besonderen Bedürfnisse
dieser Kinder kennen, die sich teilweise auch je nach Behinderungsart unterscheiden. Kinder mit Behinderungen sind allerdings bislang nicht zu den
Besonderheiten ihrer Lebenslage befragt worden und konnten somit ihren
besonderen Bedürfnissen auf ihrem Entwicklungsweg keinen Ausdruck geben. Diese Lücke soll mit dem Inklusionsbarometer Hessen geschlossen
werden, indem Kinder mit Behinderungen bzw. Beeinträchtigungen selbst
zum ersten Mal zu relevanten (Alltags-)Themen befragt werden.
1
Der Hessische Bildungs- und Erziehungsplan erachtet die Einbeziehung aller an Bildung Beteiligten als besonders wichtig.
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Ermöglicht wurde diese qualitativ angelegte Untersuchung durch die finanzielle Förderung der hessenstiftung – familie hat zukunft. Um in der Konzeption der Untersuchung möglichst viele Interessen und Perspektiven zu integrieren, wurde zum Auftakt ein Workshop mit Vertreterinnen und Vertretern
des Hessischen Kultusministeriums sowie relevanter Interessensverbände
durchgeführt.
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2. Ziele und Methodik
2.1. Ziele der Studie
Ziel der Studie ist es, Kinder mit Behinderungen an ihren für ihr Leben relevanten Themen zu beteiligen. Da es zurzeit keine systematischen Befragungen zum Thema Lebensqualität von Kindern mit Behinderungen in der Bundesrepublik gibt, sollen in der Untersuchung in einem ersten explorativen
Schritt die immanent wichtigen Themen im direkten Kontakt mit diesen Kindern gesammelt werden. So sollen die Themen eruiert werden, die diese
Kinder tatsächlich in ihrem Leben tangieren. Im Austausch mit einschlägigen
Interessensverbänden wurde festgelegt, dass in der Befragung folgende
Schwerpunktthemen für alle Lebensbereiche abgedeckt werden sollen:
•
Hilfen (z.B. Wünsche an Beziehungen bzw. Bezugspersonen, Rücksicht, Spontanität)
•
Zugänglichkeit (z.B. zu verschiedenen Bereichen, Selbständigkeit)
•
Angebote (z.B. Therapie, Spielplatzausstattung)
Etwa 70 Kinder aus Schulen aller acht Förderschwerpunkte sowie aus gemeinsamen Unterricht (begrenzt auf das Alter 9 bis 10 Jahre) sollen in der
Studie beteiligt werden. Der Anspruch der Studie soll nicht sein, die Kriterien
einer repräsentativen Studie zu erfüllen. Vielmehr soll sie die direkte Einbeziehung aller Kinder mit derselben Erhebungsmethode ermöglichen und viel
Raum für neue und interessante Aspekte zum Thema Lebensqualität behinderter Kinder ermöglichen, die nur von den Betroffenen selbst zu erhalten
sind. Da es ein weiteres Ziel der Untersuchung ist, den individuellen Entwicklungsweg aller Kinder in den Fokus zu nehmen, fiel die Entscheidung zu
Gunsten von Face-to-Face-Interviews. Mit Hilfe dieser Datenerhebungsmethode sollte den Kindern Gelegenheit gegeben werden, ihren individuellen
Bedürfnissen auf ihrem Entwicklungsweg Ausdruck geben zu können.
Da in Deutschland zurzeit kein quantitativ inklusives Erhebungsinstrument
für Kinder mit und ohne Behinderung vorliegt, liegt ein weiteres Ziel der Untersuchung darin, auf Grundlage dieser Befragung ein Instrument entwickeln
zu können, das die relevanten Lebenslagen behinderter und nicht behinderter Kinder trifft.
17
2.2. Durchführung der Befragung
In 15 verschiedenen Schulen in Hessen wurden im September 2011 67 Face-to-Face-Interviews vor Ort durchgeführt. Das Ziel für die Datenerhebung
war, 64 Schülerinnen und Schüler aus Schulen aller acht Förderschwerpunkte sowohl aus Förderschulen als auch aus Schulen mit gemeinsamem Unterricht für die Befragung auszuwählen und zu gewinnen. Im Juni 2011 wurden auf Empfehlung des Hessischen Kultusministeriums verschiedene
Schulen in Hessen angeschrieben und um die Teilnahme an der Studie gebeten.
Insgesamt 17 Schulen sagten im Sommer zu, wovon zwei Schulen während
der Erhebungsphase aufgrund verschiedener Umstände ausfielen2. Letztendlich wurden die Interviews in 15 verschiedenen öffentlichen Schulen in
Hessen durchgeführt. Dabei handelte es sich um neun Förderschulen und
sechs integrative Grundschulen. Zehn der Schulen liegen in Frankfurt am
Main (sechs Förderschulen und vier integrative Grundschulen), drei in Wiesbaden (eine Förderschule und 2 integrative Grundschulen), eine Förderschule in Friedberg sowie eine weitere Förderschule in Idstein.
Nachdem die angeschriebenen Schulen ihre Teilnahme zugesagt hatten,
wurde mit den Schulleitern bzw. Ansprechpersonen Kontakt aufgenommen,
um das weitere Vorgehen zu planen. Neben der konkreten Terminplanung
für die Durchführung der Interviews ging es auch darum, die zu leistende
Vorarbeit der Schulleiter bzw. Ansprechpersonen zu klären. Neben der Organisation der Interviewdurchführung sowie des Einholens des Einverständnisses der Eltern, war die Auswahl der Kinder für die Befragung besonders
wichtig. Die Ansprechpersonen bekamen die Aufgabe, unter den Schülerinnen und Schülern fünf bis sechs Interviewpartner auszuwählen, die im Spätsommer 2011 im Alter zwischen neun und zehn Jahre waren, die 4. Klasse
der Schule besuchten, eine der acht Behinderungsarten aufwiesen und in
der Lage waren, sich zu äußern (ggf. auch mittels Gebärdensprache), wodurch mehrfach schwerstbehinderte Kinder von den Interviews ausgeschlossen waren.
Die Schulen waren unterschiedlich erfolgreich darin, Kinder und deren Eltern
für die Teilnahme an den Interviews zu motivieren. Dementsprechend vari-
2
In einer Schule gaben die Eltern kein Einverständnis für die Befragung der ausgewählten Kinder oder die Kinder waren erkrankt. In der anderen Schule war die Klassenlehrerin der teilnehmenden Klasse am Tag vor den Interviews schwer verunfallt, so dass diese zur Stabilisierung
der Kinder kurzfristig abgesagt werden mussten.
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iert die Anzahl der befragten Kinder pro Schule, diese ist allerdings auch von
der Größe der Schule abhängig (s. Tab. 2.1).
Die Interviews wurden von insgesamt fünf Interviewerinnen unterschiedlichen Alters durchgeführt, die vor der Datenerhebungsphase an einer speziell auf das Inklusionsbarometer Hessen ausgerichteten Interviewerschulung
teilgenommen hatten.
2.3. Das Erhebungsinstrument
Die Grundlage für die Interviews war ein Interviewleitfaden, der vom
PROSOZ Institut für Sozialforschung entwickelt und in Pretests erprobt worden war. Die einzelnen Fragen waren hier vorformuliert, konnten und mussten allerdings je nach Bedarf umformuliert werden, denn das Ziel war, auf
jedes Kind individuell einzugehen. Die meisten Fragen hatten ein offenes
Format, nur wenige Fragen enthielten Antwortvorgaben (z.B. Wohlbefinden,
Wunsch nach einem Schulwechsel). Auch die Reihenfolge der Fragen bzw.
Themenbereiche war grundsätzlich vorgegeben, wurde aber je nach Erzählfluss der Kinder ggf. flexibel gehandhabt. Der Leitfaden ist in sechs Themenbereiche unterteilt.
Im ersten Themenbereich wurden die Kinder darum gebeten, einen typischen Tagesablauf zu schildern. Die Schilderungen der Kinder wurden von
den Interviewerinnen paraphrasiert niedergeschrieben. Darüber hinaus wurden die Kinder hier nach ihrem allgemeinen und aktuellen Wohlbefinden gefragt sowie ihrem Wohlbefinden in der letzten Woche. Dies erfolgte mit Hilfe
der Barometerskala, die den Kindern vorgelegt wurde (s. Kap. 5). So konnten sie auf die zutreffende Antwortstufe mit dem Finger tippen oder zeigen
(also nonverbal kommunizieren). In diesem ersten Teil sollten die Kinder außerdem darüber Auskunft geben, was sie an solch einem typischen Tag toll
finden und was sie gerne anders hätten.
In dem zweiten, dritten und vierten Themenbereich ging es um die zentralen
Lebensbereiche der Kinder: Familie, Schule, Freundeskreis/Freizeit/Wohnumgebung. Die Fragen zu diesen Lebensbereichen waren jeweils vorstrukturiert in „Äußerungen zu Hilfen“ (Wünschen die Kinder Hilfe? Welche Hilfen
sind gewünscht? Von wem?), „Äußerungen zu Zugänglichkeiten“ (Möglichkeiten zur Selbständigkeit – was steht dem entgegen?) sowie „Äußerungen
zu Angeboten“ (z.B. „Vermisst du bestimmte Angebote, die du gemeinsam
mit deiner Familie unternehmen kannst“?). Für jeden Themenbereich wurde
das Wohlbefinden erfasst. Zu den Themenbereichen „Schule“ und „Freundeskreis/Freizeit/Wohnumgebung“ wurden darüber hinaus Fragen ergänzt
19
(z.B. „Wunsch nach einem Schulwechsel“ oder Fragen zur Zusammensetzung des Freundeskreises).
Im fünften Themenbereich ging es um die Zukunftserwartungen der Kinder.
Diese wurden über die Wünsche der Kinder (ein Zauberer/eine Fee kommt,
das Kind hat drei Wünsche frei) erfasst sowie über die konkrete Aufforderung, sich in die eigene Zukunft zu versetzen: Was ist der Berufswunsch?
Was soll in der Zukunft anders sein? Was ist den Kindern für die eigene Zukunft besonders wichtig?
In der Abschlussfrage sollten die Kinder reflektieren, was sie besonders gut
können bzw. wo sie besonders gut zurechtkommen. Diese letzte Frage sollte
den Kindern ihre vorhandenen Ressourcen vor Augen führen und sie so positiv aus dem Interview entlassen.
Um einige Rahmenbedingungen sowie die Atmosphäre der Interviews zu
dokumentieren (s.u.), haben die Interviewerinnen Anmerkungen und Einschätzungen zum Ablauf der Interviews (z.B. Vertrauensverhältnis, Sprachkenntnisse des Kindes, eigene Gefühle, Verlauf, aufgetretene Störungen,
Sonstiges) auf der letzten Seite des Interviewleitfadens notiert.
2.4 Die Rahmenbedingungen für die Interviews
Die Interviews fanden in den Schulen der Kinder vor Ort statt, in einem Fall
in einem Hort, den die Kinder im Anschluss an den Förderschulunterricht
besuchten. Die Interviewerinnen meldeten sich bei den SchulleiterInnen
bzw. in den vorher vereinbarten Klassen bei den Lehrkräften und diese wiesen den Interviewerinnen die Kinder, die interviewt werden sollten, zu. Für
den Rest der Klasse lief der Unterricht anschließend wie gewohnt weiter. Die
Kinder wurden jeweils einzeln in einem separaten, ruhigen Raum von einer
Interviewerin befragt.
20
Abbildung 2.1: Interviewsituation (Beispiel 1)
Die Interviews dauerten je nach Temperament, Auskunftsbereitschaft sowie
Sprachverständnis des Kindes unterschiedlich lange (von 25 bis 80 Minuten). Die meisten Interviews dauerten allerdings etwa 40-50 Minuten. Anhängig von dem erteilten Einverständnis der Eltern wurden die Interviews
aufgezeichnet.
Abbildung 2.2: Interviewsituation (Beispiel 2)
Um die Rahmenbedingungen und die Atmosphäre der Interviewsituation
einzufangen, hatten die Interviewerinnen die Aufgabe, im Anschluss an die
Interviews ihren Eindruck von der Gefühlslage des Kindes sowie dessen
Möglichkeiten einzuschätzen.
21
Insgesamt hat sich gezeigt, dass die Intervie
ews von den befrragten Kindern
positiv aufg
genommen worde
en sind und meisttenteils in positive
er oder zumindest neutra
aler Atmosphäre durchgeführt
d
wurd
den. Die Gefühlsla
age der Kinder
während der
d Interviews wa
ar – bei vielen Kindern nach einer anfänglichen
Nervosität – vor allem interressiert, gelassen und fröhlich. Ein
ne Vertrauensbasis war in den meisten Fällen vorhanden
n. Trotz der meisstenteils guten
oder durchschnittlichen Spra
ach- und Verständ
dnismöglichkeiten
n der Kinder ist
kritisch anz
zumerken, dass ein
e Teil der Kinde
er im Rahmen de
er Interviews in
Bezug auf ihre Sprachkenntnisse sowie ihr V
Verständnis an Grenzen
G
gestoßen ist.
Die Atmosphäre während der
d Interviews wurde in 15% der Fälle
F
als angespannt und
d in 36% als neuttral erlebt (s. Abbildung 2.3)3. Fastt die Hälfte der
Interviews verlief nach Einsschätzung der Intterviewerinnen ab
ber in klar entspannter Atmosphäre.
A
Abbildung 2.3: A
Atmosphäre währen
nd der Interviews
Des Weiteren wurden währrend der Interview
ws beobachtete VerhaltensweiV
sen der Kin
nder notiert, um so
s vorsichtige Rücckschlüsse auf de
eren Gefühlslage ziehen zu können. In de
en meisten Fällen
n erlebten die Intterviewerinnen
die Kinder als interessiert (46%),
(
gelassen (42%) und fröhlicch (41%), also
durchaus positiv
p
besetzte Gefühlslagen
G
(s. A
Abb. 2.4). In 32% der Fälle wirkten die Kinder auf die Interviiewerinnen (auch)) nervös. Darüberr hinaus mach3
In diesem Bericht
B
kann es vorko
ommen, dass die ang
gegebenen Prozentw
werte sich nicht zu
100% aufaddieren. Diese Abweichu
ung der Summe von 1
100% resultiert aus de
er kaufmännischen
Rundung der Ergebnisse. In diesem
m Bericht wird immer kkaufmännisch gerunde
et.
22
ten die Kinder in gut einem
e
Viertel der Fälle (26%) zum
m einen einen eng
gagierten und zum anderren einen zurückh
haltenden Eindrucck. 12% der Kind
der
n von ihrem Verh
halten darauf sch
hließen, dass sie gelangweilt ware
en,
ließen
2% de
er Kinder wirkten ängstlich.
ä
Abbiildung 2.4: Gefühlsla
age der Kinder wäh
hrend der Interviewss (Mehrfachantworte
en)
Das Verhältnis
V
zwische
en Interviewerin u
und befragtem Kin
nd schätzten die Interview
werinnen in überr der Hälfte der Interviews (52%) als offen und üb
ber
zwei Fünftel
F
(45%) als neutral ein (s. Abb. 2.5).
Abbildun
ng 2.5: Vertrauensve
erhältnis zwischen Interviewerin
I
und Kiind
23
Lediglich 3%
3 der Interviewss verliefen nach E
Einschätzung derr Interviewerinnen auf der Basis eines dista
anzierten Verhältn
nisses.
gebnis der Intervie
ews auch von den
n Verständnis- un
nd SprachmögDa das Erg
lichkeiten der
d Kinder bestimmt wurde, gaben die Interviewerinnen auch hierzu eine ku
urze Einschätzung
g ab. In gut zweii Fünftel aller Inte
erviews (42%)
wurden die
e Sprachkenntnissse der befragten K
Kinder als durchscchnittlich erlebt
(s. Abb. 2.6
6). Ein Viertel derr Kinder (24%) wie
es allerdings schle
echte, ein Drittel (34%) der Kinder dagege
en gute Sprachken
nntnisse auf.
Abbildung
g 2.6: Sprachkenntn
nisse der Kinder
24
Über vier Fünftel der Kinder
K
hatten nach
h Einschätzung der
d Interviewerinnen
ein gu
utes (32%) oder durchschnittliches
d
s Sprachverständn
nis (56%) bzw. Ve
erständnis der im Intervie
ew gestellten Frag
gen (s. Abb. 2.7.).
Abbildung 2.7: Verständnis
V
der Kind
der
Gut einem
e
Zehntel de
er Kinder (12%) ffiel es jedoch (zumindest teilweisse)
schwe
er, den Gesprächssinhalten zu folge
en.
25
26
3. Stichprobenbeschreibung
3.1 Geschlechterverteilung
Von den 67 befragten Kindern sind 42 (63%) Jungen und 25 (37%) Mädchen. Dieses leichte Ungleichgewicht spiegelt die ungleiche Verteilung von
Jungen und Mädchen auf Förderschulen zu Ungunsten der Mädchen wider.
3.2 Art der Behinderung
Die Art der Behinderung der befragten Kinder wurde den Interviewerinnen
von den Lehrkräften vor - in den seltensten Fällen nach - den Interviews mitgeteilt. Mit den Kindern wurde dies von Seiten der Interviewerinnen nicht
thematisiert. Die Mehrzahl der Kinder, die an den Interviews teilgenommen
haben, haben eine Einfachbehinderung (90%). 10% der Kinder weisen eine
Mehrfachbehinderung auf (s. Tabelle 3.1).
Tab. 3.1: Art der Mehrfachbehinderungen
Art der Mehrfachbehinderung
Anzahl der Kinder
Sehbehinderung und Erziehungshilfe
1
Sehbehinderung und geistige Behinderung
1
Hörbehinderung und Sprachbeeinträchtigung
1
Hörbehinderung und Körperbehinderung
1
Körperbehinderung und geistige Behinderung
1
Körperbehinderung und Lernbeeinträchtigung
1
Lernbeeinträchtigung und geistige Behinderung
1
27
Die Mehrheit der befragten
n Kinder (38%) w
weist eine Lernbe
eeinträchtigung
auf, fast ein
n Viertel (23%) ein
ne Hörbehinderun
ng (s. Abb. 3.1.).
Abbildung
g 3.1: Art der Einfach
hbehinderungen
Jedes zehnte der in dieser Studie interview
wten Kinder (10%)) ist körperlich
behindert und
u jeweils jedess dreizehnte Kind (8%) ist sehbehiindert, sprachbeeinträchttigt oder erhält Errziehungshilfe. Je
e 1 Kind (2%) wurde als geistig
behindert bzw.
b
krank (in diessem Falle „psychisch“) beschrieben
n.
28
In Bez
zug auf die Behin
nderungsarten „Hö
örbehinderung“, „K
Körperbehinderun
ng“
sowie
e „Sprachbeeinträchtigung“ ist dass Verhältnis zwiscchen Mädchen und
Junge
en in dieser Stich
hprobe weitgehen
nd ausgeglichen (s.
( Abb. 3.2.). Me
ehr
Junge
en als Mädchen weisen
w
jedoch eine Sehbehinderun
ng auf oder erhalten
Erzieh
hungshilfe. In Bezzug auf Lernbeein
nträchtigungen verhält es sich ande
ers
herum
m, hiervon sind vo
on den befragten Kindern mehr Mädchen
M
als Jungen
betrofffen.
Abbildung 3.2: Art der E
Einfachbehinderung
gen (nach Geschleccht)
29
3.3 Schultypen
Von den befragten
b
Kindern
n besuchten zum
m Zeitpunkt der Befragung 43
(64%) eine
e Förderschule und 24 (36%) eine integrative Gru
undschule. Die
Verteilung von Jungen und Mädchen auf die beiden verschied
denen Schultypen ist seh
hr ausgeglichen.
Abbildun
ng 3.3: Schultypen nach
n
Geschlecht
30
Die Abbildung
A
3.4 ma
acht dagegen deu
utlich, dass die Kinder
K
mit den ve
erschied
denen Behinderun
ngsarten in den b
beiden Schultypen
n nicht gleich häufig
vertre
eten sind.
Abbildun
ng 3.4: Schultypen nach
n
Behinderungssart
So be
esuchen Kinder mit
m einer Hör- oderr Sehbehinderung
g häufiger eine Fö
örderschule, Kinder mit einer
e
Sprach- ode
er Lernbeeinträch
htigung oder Kinde
er,
die Erziehungshilfe erh
halten, besuchen wiederum häufig
ger eine integrative
Grund
dschule.
31
3.4 Familiiäres Zugehörig
gkeitsgefühl
Als Einleitu
ung zu dem Them
mengebiet, das sicch mit dem Leben
nsbereich „Familie“ besc
chäftigt, wurden die
d Kinder gefragtt, wo sie sich zu Hause fühlen.
Dabei wurd
de die spontane Antwort
A
der Kinde
er abgewartet und
d erst bei einer
nicht einde
eutigen Antwort weiter
w
nachgefrag
gt. Die überwiege
ende Mehrheit
der befragtten Kinder (94%) wohnt
w
bei ihren E
Eltern und fühlt sicch auch dort zu
Hause (s. Abb.
A
3.5).
Abbildung 3
3.5: Familiäres Zuge
ehörigkeitsgefühl
Zwei Kinde
er wohnen bei Pfle
egeeltern (3%) un
nd ein weiteres (2%
%) ist in einem
Heim unterrgebracht und füh
hlt sich dort zugeh
hörig. Die Antworrt eines Kindes
konnte nich
ht eindeutig zugeo
ordnet werden.
Aus den In
nterviews mit den
n Kindern geht he
ervor, dass ein nicht unerheblicher Anteill der Eltern getrennt ist und die K
Kinder bei einem alleinerziehena
den Elterntteil (fast ausschlie
eßlich bei den Mü
üttern) leben, teilw
weise mit neuem Partnerr/neuer Partnerin. Für wie viele Kin
nder dies genau zutrifft
z
bleibt allerdings un
nklar, da dies in de
en Interviews nich
ht systematisch errhoben wurde.
32
4. Der Lebensbereich der Familie
4.1 Der Wunsch nach Unterstützung seitens der Familie
Die überwiegende Mehrheit der befragten Kinder (30) wünscht sich auf
Nachfrage Hilfe bzw. Unterstützung von ihrer Familie. Am häufigsten werden
die Eltern – hier v.a. die Mutter - in dieser Rolle gesehen (19), seltener die
Geschwister (7).
Die Bereiche, in denen der Wunsch nach Unterstützung bzw. Hilfe besteht,
sind mehrheitlich von der Behinderung der Kinder unabhängig (14). Hier
nennen die Kinder v.a. Hilfe beim Aufräumen oder den Hausaufgaben “Von
Mama und Papa wünsche ich mir Hilfe beim Aufräumen und Betten machen,
die Spielsachen aufräumen und so.“ (Junge mit Lernbeeinträchtigung) oder
„Mama und Papa könnten mir bei den Hausaufgaben helfen. Die haben aber
wenig Zeit, weil die immer viel arbeiten“. (Mädchen mit Hörbehinderung).
Aber auch in ganz anderen, von der Behinderung der Kinder unabhängigen
Dingen erhoffen sich die Kinder Unterstützung: „Manchmal kann ich nicht
gut einschlafen, dann soll mir meine Mutter helfen. Aber ich kriege dann Ärger mit ihr.“ (Mädchen mit Hörbehinderung) oder „Wenn ich schwere Sachen
heben muss, dann ist es gut, wenn mein Bruder mir hilft, das schaffe ich
sonst nicht.“ (Junge mit Sehbehinderung).
Einige von den Kindern geäußerte Unterstützungswünsche haben aber auch
einen klaren Bezug zur Behinderung der Kinder (11). Die lernbehinderten
Kinder äußern hier die Unterstützung bei den Hausaufgaben oder beim Lesen und Schreiben “Eigentlich brauche ich nicht so viel Hilfe. Aber bei den
Hausaufgaben vielleicht, dass die mehr so flutschen. Vieles flutscht auch,
aber ich hätte gerne, dass alles flutscht, also auch die ZauberlehrlingsAufgaben in Deutsch, oder noch schneller.“ (Junge). Auch die Unterstützung
beim Bauen wird von Kindern mit geistiger Behinderung gewünscht: „Ich
brauche manchmal Hilfe, wenn ich was bauen will. Alle sollen mir dann helfen.“ (Junge) und von einem körperbehinderten Jungen die Hilfe beim Rollstuhlfahren.
Auffällig ist, dass die Kinder mit dem Wunsch nach Unterstützung gleichzeitig feststellen, dass sie die gewünschte Hilfe im Alltag bereits erhalten, z.B.
„Bei den Hausaufgaben helfen meine Schwestern oder Mama und Papa.
Das ist gut so.“ (Mädchen mit Hörbehinderung) oder „Wenn ein Kind mich
schlägt, dann hilft mir meine Mutter.“ (Junge mit Lernbeeinträchtigung).
33
Ein Teil der befragten Kinder (14) betont allerdings auch, dass sie keine Hilfe
von Seiten ihrer Familie erhalten wollen. So erläutert ein Mädchen mit Hörbehinderung „Ich mag das nicht, wenn meine Mutter mir hilft und Sachen
rauslegt. Ich sage dann ‘Nein, ich mag das nicht! ’“ oder ein weiteres Mädchen mit Hörbehinderung „Mein Papa will mir immer helfen, aber er soll das
nicht!“. Interessanterweise wird – allerdings selten - von den Kindern auch
die Gegenseitigkeit der Unterstützung in der Familie betont: „Ja, meine Familie hilft, aber manchmal brauchen sie auch die Hilfe!“ (Junge mit Sprachbeeinträchtigung).
4.2 Das Ausmaß der Unterstützung durch die Familie
Eine Reihe der Kinder (12) betont bei der Thematisierung der Unterstützung
durch die Familie, dass sie bereits genug Unterstützung von Seiten ihrer
Familie erhalten. Die meisten Aussagen beziehen sich hierbei auf die Erledigung der Hausaufgaben, hier werden v.a. die Mütter sowie die Geschwister
genannt: „Meine Schwester hilft manchmal bei den Hausaufgaben. Mehr Hilfe brauche ich nicht.“ (Junge mit Hörbehinderung) oder „Bei den Hausaufgaben helfen meine Mama und meine Geschwister auch schon!“ (Mädchen mit
Lernbeeinträchtigung). Einige Kinder gehen dabei direkt auf ihre Behinderung ein. So sagt z.B. ein körperbehindertes Mädchen „Die Hilfe von meinem Papa mit der Schiene und dem Strumpf reicht. Mein Papa macht das
richtig gut mit der Schiene! Aber der Verbandswechsel und so was im Krankenhaus tut so weh, dass ich immer ganz viele Schimpfwörter schreie!“ oder
ein sehbehindertes Mädchen „Meine Familie hilft mir immer. So beim Laufen
oder Treppensteigen.“ Weitere Aussagen bleiben wiederum eher allgemein
„Mama hilft mir sehr in allen Sachen. Ich brauch nicht noch mehr Hilfe.“
(lernbeeinträchtigtes Mädchen) oder „Alle helfen mir immer, wenn ich Hilfe
brauche. Meine Mutter fragt immer und sagt, dass sie mir helfen kann.“
(lernbeeinträchtigtes Mädchen).
Leidglich zwei Kinder sagen explizit, dass sie nicht genügend Hilfe durch ihre Familie erhalten: „Ich brauche Hilfe beim Lesen. Zu Hause hilft mir niemand.“ (lernbeeinträchtigter Junge).
Insgesamt weisen diese Aussagen der befragten Kinder darauf hin, dass die
betroffenen Kinder zumindest teilweise die Unterstützung durch die Familie
deutlich wahrnehmen und diese in ihrem Beziehungssystem nicht als selbstverständlich gilt.
34
4.3 Das Bedürfnis nach gemeinsamen Aktivitäten mit der Familie
Aus den Antworten der Kinder, die danach gefragt wurden, ob sie bestimmte
Angebote vermissen, die sie gemeinsam mit der Familie unternehmen können, geht hervor, dass das Bedürfnis der Kinder nach gemeinsamen Aktivitäten groß ist bzw. diese von den Kindern vermisst werden (36). 9 Kinder
beziehen sich dabei explizit auf die gesamte Familie, 6 auf Aktivitäten mit
dem Vater und 2 auf Aktivitäten mit der Mutter.
Neben einigen generellen Aussagen zum Wunsch nach gemeinsamen Aktivitäten z.B.: „mehr Ausflüge und Unternehmungen“, (körperbehinderter Junge), „Ja, meine Mutter macht nichts mit mir. Ich möchte gerne was mit meiner Mutter unternehmen, egal was!“ (Junge, der Erziehungshilfe erhält), geben die meisten Kinder recht genau an, welche Unternehmungen sie vermissen. So haben viele Kinder das Bedürfnis, gemeinsame Freizeit mit ihrer
Familie im Freien zu verbringen: „Eine Fahrradtour in den Stadtwald. Wir
machen so etwas gar nicht.“ (Junge mit Sprachbeeinträchtigung), „Ich möchte in den Kletterwald gehen, da gibt es eine coole Seilbahn und so. Das geht
aber nicht, weil wir am Wochenende immer was anderes vorhaben.“ (Mädchen mit Hörbehinderung) oder „Ich würde gern mal mit dem Papa so richtig
durch den Wald fahren, so Motor Cross oder mit dem Fahrrad. Das, was wir
dann mal zusammen machen, ist für mich dann immer langweilig. Das ist
dann irgendein Fest und nur was für meine kleinen Geschwister.“ oder Freizeitaktivitäten zu Bildungsthemen: „Ich würde gerne mal ins Automuseum
gehen oder irgendein Museum, Bootmuseum oder so.“ (Junge mit Lernbeeinträchtigung). Auch das Bedürfnis, mit der Familie bzw. einzelnen Familienmitgliedern schwimmen zu gehen, wird von den Kindern häufiger genannt: „Ich würde gerne ins Schwimmbad gehen.“ (Junge mit Lernbeeinträchtigung) oder „Die ganze Familie soll schwimmen gehen.“ (Junge, der
Erziehungshilfe erhält). Darüber hinaus vermissen die Kinder es, mit der
Familie Spiele zu spielen oder ins Kino zu gehen. So äußert ein Mädchen
mit Hörbehinderung und Sprachbeeinträchtigung: „Keiner hat Zeit für mich!
Ich würde gerne mehr Spiele spielen und so. Und mehr ins Kino!“ oder ein
Junge, der Erziehungshilfe erhält „Wenn alle lange arbeiten waren, ja, dann
hätte ich noch Lust was zu spielen. So Brettspiele, einen Film gucken oder
Wii spielen.“. Weitere Wünsche betreffen eher das Familienleben an sich,
beispielsweise: „Ich wünsche mir, dass wir eine schöne, gute Familie werden, wenn wir zum Beispiel essen würden an einem Tisch. Ich möchte auch
gerne in den Zoo gehen.“ (lernbeeinträchtigter Junge). Nicht zuletzt vermissen die Kinder auch häufig gemeinsame Urlaubsreisen: „Mit Mama war ich
schon mal an der Ostsee. Da sollen wir alle zusammen nochmal hinfahren.
35
Mit Papa will ich dann da schwimmen.“ (Junge mit Hörbehinderung) oder
„Wir sollen alle zusammen nach Hamburg fahren. Da ist die größte Modelleisenbahnanlage!“ (sehbehinderter Junge).
Auch wenn also die Mehrheit der Kinder gemeinsame Aktivitäten mit der
Familie vermisst, gibt es auch 11 Kinder, die explizit der Meinung sind, dass
sie bereits viel mit der Familie zusammen unternehmen und sich darüber
hinaus nichts mehr wünschen: „Nein, wir gehen spazieren, schwimmen, in
den Zoo, spielen UNO und Playstation 3.“ (sehbehinderter Junge, der Erziehungshilfe erhält), „Wir machen eigentlich schon viel, so in den Zoo gehen,
spazieren und in den Ferien ganz viel. Ich übe mit Papa Nagel einschlagen,
ein bisschen muss ich ja auch lernen und so schwer ist es ja nicht.“ (Junge
mit Lernbeeinträchtigung). „Meine Mutter macht mit mir schon viel, z.B. Eis
essen! Wir holen uns auch Kuchen und gehen zusammen shoppen oder im
Park spazieren.“ (Mädchen, das Erziehungshilfe erhält) oder „Wenn ich mal
was vorschlage, dann macht die Mama das auch mit mir.“ (Junge mit Sehbehinderung).
Die Vorschläge der Kinder stammen aus dem üblichen Erfahrungsschatz der
Kinder dieses Alters und sind - mit Ausnahme der Reisewünsche - meistens
relativ einfach umzusetzen (z.B. Brettspiele, Ausflug in den Stadtwald, Zoo).
4.4 Die Beziehungen zu den Geschwistern
An verschiedenen Stellen gehen die Kinder in den Gesprächen auf ihre Geschwister ein. Interessant ist hierbei die Unterscheidung, inwieweit die Kinder das Verhältnis zu ihren Geschwistern im Alltag als Be- oder als Entlastung empfinden. Aus insgesamt 9 Äußerungen der Kinder geht explizit hervor, dass für die Kinder ihre Geschwister eher ersteres sind. Sie sind von ihren Geschwistern „genervt“, weil sie z.B. ungebeten in das Zimmer kommen
oder weil es Streit gibt, so kommentiert ein Mädchen mit Körperbehinderung:
„Ein Mädchen wäre ja o.k. gewesen, aber wenn ich noch einen Racker (gemeint ist der Bruder) bekommen hätte, wär mir die Birne weggeflogen. Aber
meine Eltern wollen auch keine Kinder mehr. Hab ich eigentlich Glück gehabt.“ Andere Äußerungen – dies sind explizit 4 – weisen allerdings auf eine
über die üblichen Geschwisterzwistigkeiten hinausgehende Ebene hin, z.B.
berichtet ein hörbehindertes Mädchen: „Manchmal passt meine Schwester
auf mich auf. Sie schimpft immer doll mit mir und sperrt mich in mein Zimmer
ein.“ und ein Mädchen mit Lernbehinderung schildert: „Manchmal passe ich
auf meinen Bruder auf. Der ist behindert. Er kann nicht sprechen und ist
gemein zu mir. Er kratzt mich und stößt mich vor den Kopf.“.
36
5. Der Lebensbereich Schule
5.1 Die Erwartungen bezüglich Hilfestellungen seitens der Lehrkräfte
Die Erwartungen der Kinder bezüglich Hilfestellung bzw. Unterstützung in
der Schule sind geringer als die Erwartungen gegenüber Familienmitgliedern
(s. Kap. 4). Dennoch wünschen sich 21 von den Kindern, die eindeutige
Aussagen zu diesem Thema gemacht haben, mehr Hilfe in der Schule. Der
Wunsch nach mehr Unterstützung bezieht sich dabei fast ausschließlich auf
schulimmanente Themen wie Hausaufgaben oder bestimmte Fächer (Mathe,
Deutsch, Lesen). In wenigen Fällen erwarten die Kinder von den Lehrkräften
auch Unterstützung bei der Schlichtung von Streitigkeiten: „Wenn es Streit
gibt, sollen die Lehrer uns helfen.“ (Junge einer integrativen Schule, Erziehungshilfe) oder „Manchmal ärgern mich die Jungs – dann soll er kommen.“
(Mädchen einer Förderschule mit Langzeiterkrankung). Manchen Kindern
fällt es schwer, um die Unterstützung zu bitten: „Ich möchte mehr Hilfe beim
Lesen, weil ich das nicht so gut kann. Ich trau mich aber nicht, das zu sagen.“ (Junge einer Förderschule mit Lernbeeinträchtigung). Andererseits
empfinden Kinder eine gezielte Förderung als etwas Positives, so meint ein
Junge einer Förderschule mit Hörbehinderung: „Manchmal bekomme ich
Extraunterricht und die anderen machen den Unterricht weiter. Das finde ich
richtig gut!“.
Diesen Kindern stehen etwas mehr Kinder gegenüber (26), die mit dem
Ausmaß an Hilfe und Unterstützung in der Schule zufrieden sind und es als
ausreichend empfinden. Dies wird beispielsweise in den folgenden Aussagen der Kinder deutlich: „Ich bekomme schon viel Hilfe!“ (Junge einer integrativen Schule mit Körperbehinderung), „Die Hilfe in der Schule ist genau
richtig.“ (Mädchen einer Förderschule mit Sprachbeeinträchtigung), „Nein,
ich brauche nicht mehr Hilfe!“ (Mädchen einer Förderschule mit Hörbehinderung) oder „Wir können uns in der Schule melden, wenn wir etwas nicht kapieren. Dann erklärt die Lehrerin es uns am Tisch, das finde ich gut.“ (Junge
einer Förderschule mit Lernbeeinträchtigung). Hier darf allerdings nicht vergessen werden, dass sehr viele der befragten Kinder täglich im Anschluss
an die Schule einen Hort besuchen, in dem sie von den Horterzieherinnen in
den meisten Fällen viel Unterstützung bei der Erledigung der Hausaufgaben
erhalten. Die Schule und der Hort werden in den Berichten der Kinder häufig
nicht differenziert.
37
Den Wunsch nach weniger Hilfe bzw. Unterstützung seitens der Lehrkräfte
äußern sieben Kinder. In einigen der Aussagen wird auch deutlich, wie wichtig den Kindern die Anerkennung ihrer Selbständigkeit ist: „Ich möchte
manchmal auch weniger Hilfe bei Mathe und Deutsch. Das kann ich schon
gut.“ (Mädchen einer Förderschule mit Hörbehinderung), „Ich möchte alleine
rechnen, da soll mir keiner bei helfen.“ (Junge einer integrativen Schule mit
Sprachbeeinträchtigung), „Ich will weniger Hilfe beim Rechnen haben. Meine
Lehrerin hilft mir aber trotzdem.“ (Mädchen einer Förderschule mit Lernbeeinträchtigung), oder „O.4 will mir manchmal helfen, das nervt!“ (Junge einer
Förderschule mit Hörbehinderung). Darüber hinaus drücken die Kinder in ihren Aussagen teilweise auch ein gewisses Schamgefühl aus, wenn es um
das Thema „Hilfe und Unterstützung in der Schule“ geht. So führte ein hörbehindertes Mädchen von einer Förderschule an, dass sie sich manchmal
weniger Hilfe wünsche, weil die anderen Kinder dann „nerven“ würden.
5.2 Die Erwartungen bezüglich der Hilfestellung seitens der Mitschüler
Hilfestellungen von MitschülerInnen werden von den Kindern deutlich seltener thematisiert als von Seiten der Lehrkräfte. In den Interviews lassen sich
dennoch zwei – gleich häufig genannte – Perspektiven der Kinder finden.
Einerseits äußern die befragten Kinder deutlich, dass sie sich weniger (gut
gemeinte) Hilfe von ihren MitschülerInnen wünschen: „Ich will auch mal was
alleine machen. Gestern wollte ich meinen Stuhl wegbringen, da hat das der
M. einfach gemacht. Gefragt hat er vorher nicht.“ (Junge einer Förderschule
mit Hör- und Körperbehinderung) oder „Die brauchen mir nicht helfen. Wenn
ich mal hinfalle, holen die immer den Lehrer.“ (Junge einer Förderschule mit
Sehbehinderung).
Andererseits gibt es aber auch Kinder, die die Unterstützung durch ihre MitschülerInnen positiv bewerten bzw. sich diese wünschen. So konstatiert ein
sprachbeeinträchtigtes Mädchen einer Förderschule: „Die anderen helfen
mir, wenn es Ärger auf dem Schulhof gibt. Die Lehrer machen das nicht so.“
und ein Junge einer Förderschule (Erziehungshilfe) meint: „Ich wünsche mir
manchmal, dass ich auch ein bisschen Aufmerksamkeit bekomme. Manche
Lehrer und Schüler ignorieren mich.“
4
O. ist der Integrationshelfer
38
Insgesamt stehen die Kinder diesem Thema also ambivalent gegenüber.
Fraglich bleibt, welche Rahmenbedingungen zu einer positiven Bewertung
der Unterstützung durch die MitschülerInnen führen und welche zu einer ablehnenden.
5.3 Vermisste Angebote an der Schule
Auf die Frage „Vermisst du bestimmte Angebote an deiner Schule?“ wissen
die Kinder in den meisten Fällen keine Antwort. Grundlegend ist wahrscheinlich die Äußerung eines hörbehinderten Mädchens einer Förderschule:
„Nein, da habe ich noch nie drüber nachgedacht.“ Einige Kinder tun an dieser Stelle allerdings auch ihre Zufriedenheit mit den vorhandenen Angeboten kund: „Nein, AGs und so gibt es genug.“ Darüber hinaus gibt es eine
Reihe von Aussagen, die für Kinder in diesem Alter erwartungsgemäß und
altersgerecht sind, wie beispielsweise der Wunsch nach einer Schaukel, einer Rutsche oder einem Schulkiosk, bestimmten Unterrichtsfächern oder
Schließfächern. Auffällig sind aber vor allem jene Aussagen der Kinder, die
einen Bezug zu ihrer Behinderung haben. Die Kinder vermissen Angebote
an ihrer Schule,
•
in denen sie sich mit ihrer Behinderung auseinander setzen können:
„Ich wünsche mir, dass unsere Lehrerin mehr Gebärdensprache
macht. Weil, dann lerne ich das besser und kann mich besser mit
den anderen in der Klasse unterhalten.“ (Mädchen einer Förderschule mit Hörbehinderung),
•
mit denen sie teilweise in Therapien bereits positive Erfahrungen
gemacht haben:„Ich will mehr rausgehen!“ (Mädchen einer Förderschule mit Seh- und geistiger Behinderung) oder „Ich will Stangenrutschen, damit ich das üben kann!“ (Mädchen einer integrativen
Schule mit Gehbehinderung)
•
durch die sie sich weiterentwickeln können: „Wir wollen mal freies
Werken machen. So mit Holz. Aber das dürfen wir erst später.“
(Junge einer integrativen Schule mit Lernbeeinträchtigung) oder „Ich
vermisse an der Schule eine Küche, wo man kochen lernen kann.“
(Junge einer Förderschule mit Lernbeeinträchtigung),
•
und/oder durch die sie individuell gefördert werden: „Ich wünsche
mir einen eigenen Stundenplan, ganz für mich.“ (Junge einer integrativen Schule mit Lernbeeinträchtigung).
39
5.4 Der Schulwechsel
S
a Option
als
Am Ende des
d Themenbereicches „Schule“ wurden die Kinder danach gefragt,
ob sie liebe
er auf eine anderre Schule gehen würden. Diejenigen Kinder, die
den Wunsc
ch nach einem Scchulwechsel hege
en, wurden danacch gefragt, was
das für ein
ne Schule sein solle und was dorrt anders sein so
oll, als auf der
Schule, die
e die Kinder mom
mentan besuchen
n. Wie die Abbild
dung 5.1 zeigt,
kommt für die große Mehrheit der Schülerrinnen und Schü
üler (82%) ein
Schulwech
hsel nicht in Frag
ge, dies gilt für 87% der integra
ativ beschulten
SchülerInnen und für 79% der FörderschülerInnen.
Abbildung 5.1:
5 Wunsch nach eiinem Schulwechsell (Förderschüler)
Teilweise wurden
w
von den Kindern
K
spontan klare Voten für ih
hre Schule geäußert: „Ne
ein, ich will nicht auf
a eine andere S
Schule!“ wurde z.B
B. zweimal von
Förderschu
ulkindern gesagt. Kinder, die integrativ beschult werden, meinten:
„Eine bess
sere Schule kann
n ich mir gar nicht vorstellen!“, „N
Nein, ich liebe
meine Lehrerin!“, „Die Schule ist superduper.. Die letzte, die M.-Schule
M
in S.,
war nicht so
s toll“, „Ich finde
e es gut, auf eine normale Schule zu gehen. Ich
bin gerne hier.“
h
Oder „Ich will nicht auf eine S
Schule, wo nur Be
ehinderte sind,
weil da sind halt nur welche
e, die müssen dah
hin. Ich bin lieberr auf einer normalen Schule.“
Ein geringe
er Teil der Kinde
er (5%) ist in dieser Frage unentsschlossen. Ein
körperbehinderter Junge, de
er eine Förderschule besucht, sah beispielsweise
40
für sich in beiden Schulformen Vorteile: „Ich möchte gerne in die Schule gehen, die bei uns zu Hause ist. Da muss ich nicht weit gehen. Hier ist es aber
gut, es ist nicht so laut, weil wenig Kinder in der Klasse sind.“
Immerhin 14% der befragten Kinder – zwei Kinder von einer integrativen
Grundschule und sieben Kinder, die eine Förderschule besuchen – würden
lieber eine andere Schule besuchen. Aus den Aussagen der Förderschulkinder kommt dabei direkt oder indirekt die Idealvorstellung, eine Regelschule zu besuchen, zum Ausdruck. So waren Antworten auf die Nachfrage zum
Wunsch nach einem Schulwechsel beispielsweise: „Ich will nebenan in die
normale Schule gehen. Dort werden andere Sachen gelernt.“, „An der anderen Schule kann ich mehr lernen.“ oder „Eine Schule wie die P.-H.-Schule.
Das ist eine große Schule, für große Kinder. Da kann man gut lernen und es
gibt Schließfächer und eine Mensa.“ In den Aussagen der Kinder wird außerdem deutlich, dass die sozialen Beziehungen der Kinder Einfluss auf ihren Wunsch haben, die Schule zu wechseln. Die Erzählungen von anderen
machen den Besuch einer Regelschule attraktiv und aktivieren vermutlich
auch das Bedürfnis der Kinder „dazu zu gehören“: „Mutter hat gesagt.“ oder
„Meine Schwester geht auch auf die Schule“. Darüber hinaus beziehen die
Kinder ihre eigenen Erfahrungen mit in ihre Entscheidung mit ein: „Da, wo
meine Schwester zur Schule geht, war ich früher auch. Da sind auch meine
Freunde, die ich gerne mag.“. Nicht zuletzt gibt es aber auch ganz praktische Gründe für den Wunsch, eine andere Schule zu besuchen: „Ich möchte
gerne in E. zur Schule gehen, weil ich da wohne.“
41
42
6. Der Lebensbereich Freunde und Freizeit
6.1 Die Unterstützung durch Freunde
Die Hilfe bzw. Unterstützung von Seiten der Freunde wird von den Kindern
gut akzeptiert. 39 Kinder berichten davon, dass sie von ihren Freuden Unterstützung erhalten, circa die Hälfte der Kinder (26) bewertet dies positiv.
Beispielsweise berichtet ein Junge mit Lernbeeinträchtigung: „Wenn ich
Probleme habe, helfen mir meine Freunde. Das ist toll.“ und ein Mädchen
mit Hörbehinderung sagt: „Manchmal gibt es Streit. Dann helfen mir meine
Freunde und beruhigen mich. Das finde ich schön.“ Zwei Kinder stehen der
Hilfe durch ihre Freunde ambivalent gegenüber: „Manchmal ist die Hilfe gut,
manchmal auch nicht.“ (Junge mit Hörbehinderung). Lediglich ein Kind lehnt
die erhaltene Unterstützung durch Freunde komplett ab: „Meine Freunde
helfen mir, wenn ich hinfalle. Das sollen sie aber gar nicht.“ (Junge mit Körper- und Hörbehinderung).
Allerdings geben vier Kinder in den Gesprächen auch an, dass sie von ihren
Freunden keine Unterstützung erhalten, drei Kinder wünschen sich dies
aber, so beispielsweise ein hörbehinderter Junge: „In der Schule helfen mir
die Freunde nicht. Das ist doof, wenn mich jemand haut. Dann muss ich
immer zur Erzieherin gehen, die hilft mir dann. Der Lehrer auch.“. Lediglich
ein Kind wünscht sich keine Hilfe von Freunden.
Auffällig ist, dass von den Kindern auch die Gegenseitigkeit der Unterstützung betont wird: „Ja, alle helfen sich gegenseitig bei den Hausaufgaben.
Das ist super.“ (Junge mit Lernbeeinträchtigung), „Meine Freunde helfen mir.
Gute Freunde vertrauen einander.“ (Mädchen, das Erziehungshilfe erhält)
oder „Ich helfe auch denen (meinen Freunden), wenn sich jemand weh getan hat.“ (hörbehinderter Junge). Die Kinder scheinen also von sich nicht
den Eindruck zu haben, einseitige Hilfeempfänger zu sein.
Aus einigen Aussagen der Kinder geht hervor, wie kreativ diese sind, pragmatische Lösungen im Umgang mit den verschiedenen Behinderungen zu
finden. So berichtet ein körperbehindertes Mädchen: „Meine Freunde helfen
mir beim Fußball spielen, also beim Kicken. Sonst spiele ich auch mit der
Hand. Ich kann mit dem Fuß sogar einen Hochschuss. Ich muss mich
erstmal dran gewöhnen mit dem linken Fuß zu spielen. Solange ich die
Schiene habe, müssen wir auch die Extra-Regeln haben. Aber eigentlich
mag ich das.“ Ein sehbehinderter Junge wiederum hat eine Lösung mit seinen Freunden beim Fangenspiel entwickelt: „Meine Freunde helfen mir beim
43
Fangen. Da machen wir Teamarbeit. Die anderen kriegen es gar nicht mit!“
Und ein Mädchen mit Körperbehinderung macht schließlich zusammen mit
ihren Freunden das Beste aus der Situation: „Ich kann alles machen außer
Trampolinspringen, sonst bricht der Knochen wieder. Also ich darf nicht selber Trampolin springen, nur darauf sitzen und die anderen hüpfen mich
dann so hoch. Das ist so lustig! Einmal sogar so, dass ich übers Netz geflogen bin.“
6.2 Das Bedürfnis nach selbstständiger Freizeitbeschäftigung
Aus den Gesprächen mit den Kindern wird an verschiedene Stellen deutlich,
wie groß ihr Bedürfnis nach selbständiger Freizeitbeschäftigung ist. Insgesamt tätigen 35 Kinder entsprechende Aussagen, die sich auf verschiedene,
altersgerechte Freizeitbetätigungen beziehen.
Am stärksten ist das Bedürfnis nach Aktivitäten im Freien bzw. Aktivitäten
mit Abenteuercharakter, wie Esskastanien suchen, Fische im Teich füttern
und Frösche fangen, in den Park gehen, picknicken, mehr rausgehen oder
Hornissen beobachten. So wünscht sich ein sehbehinderter Junge: „Ich
möchte gerne ganz alleine eine Hütte bauen.“ und ein hörbehinderter Junge:
„Alleine auf den Spielplatz gehen würde ich gerne. Aber der ist so nah am
Wald.“ Außerdem träumt ein Junge mit Lernbeeinträchtigung: „Ich würde
gerne mal mit meinen Freunden nach Fischen suchen, sie mit einem Netz
fangen. Und dann essen, aber vorher überm Lagerfeuer grillen.“
Darüber hinaus möchten einige Kinder mehr Selbstständigkeit, wie alleine
schwimmen gehen dürfen: „Ich will gerne alleine ins Schwimmbad, aber das
erlauben meine Eltern nicht.“ (Junge, der Erziehungshilfe erhält) oder selbständig am Verkehr teilnehmen können: „Ich möchte gerne alleine mit dem
Bus fahren.“ (Junge mit Lernbeeinträchtigung) oder „Mit dem Fahrrad alleine
so durch die Gegend fahren, das wär toll.“ (Junge mit Hörbehinderung).
Auch mit den Freunden alleine etwas unternehmen zu dürfen ist ein großer
Wunsch der Kinder: „Ich möchte mit meinen Freunden allein auf die
Dippemess5 gehen!“ (Junge mit Hörbehinderung).
Ob das Bedürfnis nach höherer Selbstständigkeit in der Freizeit vielleicht ein
Alters- oder Zeitproblem ist, müsste gesondert geprüft werden. Neun Kinder
führen allerdings explizit an, dass sie die Erlaubnis ihrer Eltern nicht erhalten: „Mit meiner Freundin in die Stadt gehen und shoppen. Das geht aber
5
Die Dippemess ist ein großes Volksfest / Kirmes in Frankfurt.
44
nicht, weil ich nicht alleine in die Stadt darf. Sarah darf das aber!“ (lernbeeinträchtigtes Mädchen) oder „Ich will mehr mit meinen Freunden spielen, das
darf ich aber nicht, wenn Schule ist.“ (Junge mit Sehbehinderung). Zwei Kinder berichten zudem davon, dass ihre Eltern keine Zeit haben: „Toll wäre,
wenn ich mich öfter mit Freunden treffen könnte. Aber das geht nicht immer,
weil meine Eltern arbeiten.“ (Mädchen mit Sehbehinderung).
6.3 Vereinszugehörigkeit
Die Hälfte der Kinder (32) ist Mitglied in einem Verein oder macht bei einer
Sport-AG in der Schule mit. Am häufigsten werden von den Kindern Sportvereine (z.B. Fußballverein, Rollisport, Schach-AG) besucht, aber auch die
Jugendfeuerwehr, der Kinderchor oder die Pfadfinder werden genannt. Auffällig bei den Antworten der Kinder auf die Frage nach der Vereinszugehörigkeit ist, dass bei vielen Kindern die Begeisterung für ihre Tätigkeit im Verein bzw. der AG zum Ausdruck kommt. Zehn Kinder äußerten dies explizit
z.B.: „Die ganze Mannschaft sind meine Freunde, da fühle ich mich gut. Wir
haben diese Saison schon ein Pokalspiel gewonnen!“ oder „Ich bin im Tanzverein und in der Mädchengruppe. Da gehe ich gerne hin.“ Manche Antworten der Kinder lassen wiederum erahnen, welche wichtigen außerschulischen Erfahrungen Kinder mit Behinderungen bzw. Beeinträchtigungen in
Vereinen oder ähnlichen Strukturen machen können, so sagte ein Mädchen
mit Sprachbeeinträchtigung: „Ich traue mich sogar, im Chor vorzusingen!“.
15 der befragten Kinder gaben an, zwar nicht in einem Verein zu sein, sich
dies aber zu wünschen. Woran die Vereinsmitgliedschaft scheitert, wurde
von den Kindern selten thematisiert, ein körperbehinderter Junge konkretisierte allerdings: „Ich wäre gerne im Fußballverein. Papa sucht einen, das ist
aber schwer.“ Und ein ebenfalls körperbehindertes Mädchen schwärmte:
„Ja, eigentlich würde ich schon gerne im Sportverein sein. Im Judo. Dann
könnte ich meinen Bruder so über die Schulter und dann durch das Fenster
werfen.“
Einige Kinder (12) lehnen es allerdings auch explizit ab, Mitglied in einem
Verein zu sein. Gründe dafür werden nur selten genannt, einige Kinder führen aber schlechte Erfahrungen mit den anderen Kindern an: „Der Sohn vom
Trainer hat mich angeschrien, als ich einen Ball durchgelassen hab.“ (lernbeeinträchtigter Junge).
Letztlich hat sich ebenfalls gezeigt, dass eine Minderheit der befragten Kinder mit dem Begriff „Verein“ nichts angefangen kann und mit der Frage überfordert ist.
45
Auch wenn es also Kinder gibt, die einer Vereinszugehörigkeit skeptisch gegenüber stehen, machen die Antworten der Kinder rund um das Thema
„Verein bzw. Arbeitsgruppen“ doch erneut deutlich, dass die befragten Kinder einen starken Wunsch danach hegen, zu einer Gemeinschaft zu gehören, also „dazu zu gehören“ sowie sich auszuprobieren.
6.4 Die durch Schulfahrten geprägte Alltagsstruktur der Kinder
Viele der befragten Kinder werden mit dem Schulbus oder dem Taxi zur
Schule gebracht und auch wieder abgeholt. Für viele Kinder entstehen dadurch lange Fahrtzeiten, v.a. für die Kinder, die eine Förderschule besuchen
(im Extremfall zwei Stunden für eine Fahrt). Aus den Formulierungen der
Kinder geht hervor, dass dieser Umstand für die meisten Kinder zur Selbstverständlichkeit geworden ist, einige Kinder erwähnen dies allerdings auch
explizit, so ein hörbehindertes Mädchen: „Papa holt mich morgens, wenn der
Wecker geklingelt hat. Ich bin dann so müde, weil ich so früh aufstehen
muss.“, ein Mädchen mit Lernbeeinträchtigung: „Das frühe Aufstehen ist
doof!“ oder ein körperbehinderter Junge: „Ich muss früh aufstehen, weil das
Taxi so früh kommt. Das finde ich nicht so gut.“ Die langen Fahrtzeiten sowie der häufig an die Schule anschließende Aufenthalt der Kinder im Hort
bestimmen die Alltagsstruktur der Kinder. So lassen sie den Kindern zum einen vergleichsweise wenig Zeit zu Hause zu sein und dort Aktivitäten nachzugehen: „Wenn Schule ist, komme ich spät nach Hause. Da kann ich nicht
mehr viel mit Mama und Papa machen.“ (Mädchen mit Hörbehinderung)
oder „Wenn ich früher nach Hause komme, das wär toll. Dann kann ich mehr
spielen!“ (Mädchen mit Hörbehinderung). Zum anderen wird deutlich, dass
diese Tagesstruktur auch Auswirkungen auf die Kontakte der Kinder zu ihren
Freudinnen und Freunden hat. So berichtet ein Junge mit Hörbehinderung
„Ich habe drei beste Freunde, L., Y., N., die sind auch im Hort. Die wohnen
aber ganz woanders, da ist es mit dem Treffen schwierig.“ Ein Mädchen mit
Lernbeeinträchtigung: „Ich habe bei uns zu Hause gar keine Freunde.“ sowie
ein sehbehinderter Junge: „Fast alle Freunde aus der Schule wohnen nicht
bei mir in der Nähe.“ Dementsprechend wünscht sich ein Junge mit Hörbehinderung: „Meine Freunde sollen in der Nähe wohnen!“.
46
6.5 „Kochen“ und „Backen“ als attraktive Freizeitbeschäftigung
An verschiedenen Stellen in den Interviews bringen die Kinder ihr Interesse
zum Ausdruck, sowohl in der Schule als auch zu Hause selbständig zu kochen und zu backen bzw. dies lernen zu wollen. Neun Kinder äußern dies
explizit. So berichtet beispielsweise ein lernbehindertes Mädchen: „Zu Hause mit allen zusammen kochen, das will ich mal. Einmal habe ich Eier gekocht, war auf der Toilette und als ich wieder da war, war alles voll Rauch.
Hab es dann aber alleine hingekriegt!“ und ein körperbehinderter Junge:
„Backen, das finde ich gut. Ich will auch kochen lernen.“ oder ein Mädchen
mit Hörbehinderung bedauert: „Ich darf nie alleine kochen.“
Dies zeigt erneut das altersgerechte Bedürfnis der Kinder, sich weiterentwickeln zu wollen und nach Selbständigkeit zu streben.
47
48
7. Zukunft
Unabhängig von den verschiedenen Lebensbereichen der Kinder ging es in
der Studie auch darum, etwas über die Zukunftsvorstellungen von Kindern
mit Behinderung zu erfahren. Da es Kindern dieses Alters erfahrungsgemäß
schwer fällt, die abstrakte Zukunftsebene einzunehmen, wurden die Kinder
als erstes aufgefordert, einer Fee bzw. einem Zauberer drei Wünsche zu
nennen. In weiteren Fragen wurden die Kinder nach ihrem Berufswunsch
und danach, was ihnen für ihre Zukunft besonders wichtig ist, gefragt.
7.1 Die Wünsche der Kinder
Um die Wünsche der Kinder zu erfahren, wurden sie gebeten, sich vorzustellen, dass eine gute Fee oder ein Zauberer kommen würde und ihnen drei
Wünsche gewähren würde. Was würden sich die Kinder von der Fee bzw.
dem Zauberer wünschen? Insgesamt hat es 201 Antworten auf diese Frage
gegeben, da von jedem der 67 Kinder drei Wünsche genannt werden konnten (darunter fallen auch die Antwortmöglichkeiten „weiß nicht“ und „mir
egal“ etc.). Die Antworten wurden mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse
einer von 25 Kategorien zugeordnet.
Die ersten 17 Kategorien können der Abbildung 7.1 entnommen werden. In
die Tabelle sind nur Kategorien aufgenommen worden, die mindestens
fünfmal von den befragten Kindern benannt worden sind.
49
A
Abbildung 7.1: Wün
nsche der Kinder
Der Wunsc
ch nach „materielllen Dingen“ wird von den Kindern insgesamt am
häufigsten genannt. 34% (d
das entspricht 23 Nennungen) äuß
ßern beispielsweise den Wunsch nach einem Computer, e
einem Fahrrad od
der neuen (orthopädisch
hen) Schuhen.
Darauf folg
gt mit 33% die Antwort
A
„weiß nich
ht“. Diese Antworrt wird verhältnismäßig häufig
h
als Zweit- oder Drittwunsch
h benannt. Die Intterviewerinnen
sprechen bei
b den Antworten
n „weiß nicht“ man
nchmal von einer Überforderung
der Kinder,, insbesondere, wenn
w
gar kein Wun
nsch benannt worrden ist.
Der dritthäufigste Wunsch der
d Kinder ist der W
Wunsch nach „Sp
pielzeug“. 31%
der Kinder wünschen sich beispielsweise
b
einen Fußball oder Lego,
L
ein ferngesteuertes
s Auto oder einen
n Barbie-Kopf zum
m Schminken.
50
Mit 21% folgt an vierter Stelle der Wunsch nach einem eigenen Auto, dies
schließt auch den Wunsch nach einem ‚echten‘ Führerschein ein. Besonders
häufig besteht an dieser Stelle der Wunsch nach teuren Autos, wie zum Beispiel einem Ferrari oder einem Lamborghini. Jedoch wünschen sich die Kinder auch einen eigenen ‚echten‘ Krankenwagen, der nicht unbedingt fahren
muss, oder ein Feuerwehrauto.
Dem Wunsch nach einem eigenen Auto folgt der Wunsch nach „Reichtum
und Geld“. 19% der Kinder wünschen sich Reichtum und nennen an dieser
Stelle, dass sie nicht arm sein wollen, dass sie 10 Millionen bekommen
möchten oder aber, dass sie sich alles leisten können möchten. Ebenfalls
19% (bzw. 13 Nennungen) der Kinder wünschen sich ein Haus oder aber eine größere Wohnung. Häufig wird in diesem Zusammenhang genannt, dass
die Familie in einer Villa wohnen soll. Einige Kinder wünschen sich einen
Diener, der im Haus hilft.
„Intensivere Freundschaften“ wünschen sich 15% der Kinder, in diesem Zusammenhang benennen die Kinder, dass sie mehr Freundschaften schließen möchten oder dass sie nicht mehr geärgert oder genervt werden wollen
und somit keine Ausgrenzung mehr erfahren müssen.
„Mehr Schulfreude bzw. Spaß an der Schule“ und „mehr Wünsche“ äußern
jeweils 13% der Kinder als Wunsch, das entspricht jeweils 9 Nennungen.
„Schulfreude“ bedeutet in diesem Fall, dass sich die Kinder bessere Noten
wünschen oder dass sie besser lernen können, dass sie Schließfächer in der
Schule erhalten oder dass sie eine andere Schulform besuchen können.
Dies würde für die Kinder mit einer größeren Schulfreude einhergehen.
An zehnter Rangfolge nennen die Kinder Berufswünsche: 8 Nennungen beziehen sich auf einen zukünftigen Arbeitsplatz. Zum einen äußern die Kinder
den Wunsch, später überhaupt eine Arbeit zu haben, zum anderen existieren konkrete Berufswünsche, beispielsweise der Beruf SchauspielerIn bzw.
SängerIn oder aber auch der Wunsch Bundeswehrsoldat zu werden („wie
Papa“) (s. auch Abschnitt 7.2).
Mit jeweils 10% nennen die Kinder an elfter Stelle die Wünsche nach „Sportlichkeit“, „Tierhaltung bzw. den Umgang mit Tieren“ und „Übernatürlichem“.
Der Wunsch nach Sportlichkeit beinhaltet den Wunsch nach mehr Talent im
Fußball, Ballet lernen oder insgesamt schneller werden. Der Wunsch nach
Flugkräften, einem Prinzessinnendasein oder Zauberkräften wird der Kategorie „Übernatürliches“ zugeordnet.
Mit jeweils 8% fallen der Wunsch nach „Glück/Gesundheit in der (zukünftigen) Familie“, der Wunsch nach „nichts“, der Wunsch nach „mehr Spielmög51
lichkeiten mit
m den Freunden“ und „Waffen spiielerischer Art“ au
uf den zwölften
Rang.
ch nach einer glü
ücklichen und gessunden Familie scchließt die zuDer Wunsc
künftige Fa
amilie ein. So wün
nschen sich einige
e Mädchen eigene
e Kinder, diese
sollen gesu
und geboren werd
den, oder: „einen netten Mann“. In
n die Kategorie
„Spielmöglichkeiten mit Freu
unden“ fällt unter a
anderem der Wun
nsch nach täglichem Sch
hwimmen, dass die Freunde in derr Nähe wohnen und diese auch
immer zu Besuch
B
kommen dürfen. Mit „Wafffen spielerischer Art“
A sind keine
Schusswafffen gemeint, son
nder beispielsweisse Wurfsterne au
us verschiedenen Manga
as, die die Kinde
er im Fernsehen anschauen: „Spä
äter sollen mir
sauviel Wald
W
und sauvviel Wasserfläch
hen gehören, sodass man
Softairschla
achten machen ka
ann.“
A
Abbildung
7.2: Wün
nsche der Kinder (na
ach Geschlecht)
Jungen wü
ünschen sich auff dem ersten Ra
ang „materielle Dinge“
D
und mit
ebenso vie
elen Nennungen mehr,
m
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eug. An dritter
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nen die befragten Jungen den Wun
nsch nach einem eigenen Auto.
An vierter Stelle folgen die Wünsche „Reichttum“ und „Haus bzw.
b
einer größeren Woh
hnung“.
Mädchen wissen
w
an erster Stelle
S
nicht, was sie sich wünsche
en sollen. 18%
der Mädch
hen geben „weiß nicht“ als häufig
gste Antwort. An zweiter Stelle
nennen Mä
ädchen „materielle Dinge“, gleichzzeitig wünschen sie
s sich jedoch
genauso hä
äufig „intensivere Freundschaften“ (jeweils 12%). Auf
A dem vierten
52
Rang nennen die befragten Mädchen den Wunsch nach der „Haltung eigener Tiere bzw. dem Umgang mit ihnen“. Ebenso häufig wird der Wunsch
nach Spielzeug geäußert.
Insgesamt zeigt sich in der Aufstellung der spontan geäußerten Wünsche
der Kinder, dass diese sich nicht grundlegend von denen nicht behinderter
Kinder unterscheiden und altersgerecht sind. In einigen Fällen wird der Bezug zu der Behinderung der Kinder deutlich. So wird von drei Kindern explizit
der Wunsch nach mehr Leichtigkeit beim Lernen geäußert: „Ich möchte besser lernen können. Das geht in der neuen Schule jetzt schon besser.“ (Junge einer Förderschule mit Körperbehinderung), „Ich wünsche mir, dass das,
was wir lernen müssen, bei mir besser flutscht oder Tag für Tag von selber
ins Hirn kommt.“ (Junge einer integrativen Schule mit Lernbeeinträchtigung).
Ebenfalls mit direktem Bezug zu ihrer Sehbehinderung wünscht sich ein
Mädchen, das eine Förderschule besucht: „Ich wünsche mir von der Fee,
das ich besser sehen kann. Und auch, dass ich nicht nochmal an den Augen
operiert werden muss.“ und ein sehbehinderter Junge stellt klar: „Ich will keine Brille mehr haben!“. Auch an dieser Stelle wird erneut deutlich, wie wichtig den befragten Kindern soziale Beziehungen, v.a. mit FreundInnen sind (s.
auch Kapitel 8). So wünschen sich die Kinder mehr Zeit für ihre FreundInnen, dass sie nicht so weit von ihnen entfernt wohnen oder auch beliebter zu
sein: „Ich wünsche mir, beliebt zu sein. Jetzt bin ich das nicht, das finde ich
doof.“ (Mädchen einer integrativen Schule mit Lernbeeinträchtigung).
7.2 Berufswünsche
Im Anschluss an ihre generellen (Zukunfts-)Wünsche wurden die Kinder gefragt, welchen Beruf sie später gerne ergreifen würden. Hierzu haben 64 der
befragten Kinder Angaben gemacht (darunter fällt jedoch auch die Antwortmöglichkeit „weiß nicht“). Die Antworten wurden mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse einer von 24 Kategorien zugeordnet, welche sich an das
Schema anlehnen, das bereits im LBS-Kinderbarometer NRW aus dem Jahr
20006 genutzt wurde.
Es zeigt sich, dass ein knappes Drittel der befragten Kinder (31%) den
Wunsch äußert, später einmal bei der Polizei zu arbeiten (s. Abb. 7.3).
6
In Nordrhein-Westfalen wurde regelmäßig vom PROSOZ Institut für Sozialforschung im Auftrag der LBS West bzw. Initiative Junge Familie - PROKIDS das landesweite LBSKinderbarometer NRW durchgeführt, in dem jeweils ca. 2000 Kinder im Alter von 9 bis 14 Jahren zu ihren zentralen Lebensbereichen sowie ihrem Wohlbefinden befragt wurden.
53
Abbild
dung 7.3: Berufswün
nsche der Kinder
Auf die anderen Kategorien
n entfallen jeweilss nur wenige Antw
worten. Knapp
jedes zehn
nte Kind (9%) mö
öchte gerne ein n
nichttechnisches Handwerk,
H
wie
z.B. Bäcke
er, Köchin oder Floristin,
F
erlernen, weitere 9% wisssen zu diesem
Zeitpunkt noch
n
nicht, was sie später einma
al werden wollen. Der Wunsch
nach einer Anstellung bei der Feuerwehr wirrd von 6% der intterviewten Kinder genann
nt. Jeweils 5% ne
ennen den Wunssch, Fußballprofi zu
z werden, im
Bereich Mo
odedesign zu arbeiten oder einen Beruf zu ergreifen, der mit Tieren zu tun hat (z.B. Pferdepfflegerin oder Hund
desitterin).
Auf die and
deren Kategorien,, wie z.B. Arzt/Ärzztin, Krankenpflege, technisches
Handwerk, Künstler/Künstle
erin, Computerspe
ezialist, Verkaufsspersonal oder
Lehrkraft entfallen
e
hier nur Einzelnennungen
E
. Dennoch lässt sich
s
erkennen,
dass die gewünschten Beru
ufsgruppen tendenziell mit denen aus
a dem LBSKinderbaro
ometer NRW 2000
0 vergleichbar sin
nd. An dieser Ste
elle sind natürlich aufgrund der kleinen Sttichprobe keine d
direkten Übereinstimmungen zu
erwarten, doch
d
auch wenn man die Berufsw
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nder nach den
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hnlichkeiten deutlich.
So wird de
er Wunsch, späterr bei der Polizei zzu arbeiten, von einem
e
Großteil
der befrag
gten Jungen genannt (40%). Mäd
dchen äußern diiesen Wunsch
ebenfalls, allerdings zu eine
em geringeren A
Anteil (17%). Für Mädchen sind
neben dies
sem Berufswunscch spätere Anste
ellungen in den Bereichen
B
des
nichttechnischen Handwerks und des Moded
designs spannend, ebenso wie
der Wunsc
ch, später mit Tie
eren zu arbeiten. Für Jungen steh
ht der Wunsch
54
nach einer Anstellung bei der Polizei sehr deutlich auf dem ersten Platz, gefolgt von dem Traum, Feuerwehrmann oder Fußballprofi zu werden.
Ein ähnliches Muster ist auch im LBS-Kinderbarometer NRW 2000 zu erkennen, wodurch ein erster Hinweis darauf vorliegt, dass sich die Berufswünsche der hier befragten Kinder nicht grundsätzlich von den Wünschen
der Kinder ohne Behinderung aus dem Jahr 2000 in Nordrhein-Westfalen
unterscheiden (siehe dafür: http://www.prosoz.de/fileadmin/daten/mandanten/
prosoz/kundencenter/downloads-institut/institutsberichte/nrw/BERICHT_2000.pdf)
Auch hier wird also zusammenfassend deutlich, dass die Berufswünsche der
Kinder altersgerecht sind und kaum durch die Behinderung der Kinder beeinflusst werden. Dies trifft auch weitgehend auf die sich anschließende Frage zu, was den Kindern für ihre Zukunft besonders wichtig ist bzw. was in
Zukunft anders sein soll.
In einigen Äußerungen zu den Zukunftsvorstellungen der Kinder zeigt sich
allerdings trotz aller „Normalität“ mehr oder weniger explizit, welch tiefgehende Bedeutung die Behinderung der Kinder für sie hat. Einige Kinder betonen, dass es ihnen für die Zukunft wichtig ist, etwas zu lernen. So lautet
die Antwort eines lernbeeinträchtigten Jungen aus einer integrativen Schule
auf die Frage, was ihm für seine Zukunft besonders wichtig sei: „Lesen und
schreiben zu können.“, ein lernbeeinträchtigtes Mädchen einer integrativen
Schule nennt: „bessere Noten“ und ein lernbeeinträchtigter Junge einer Förderschule: „für meine Zukunft ist mir besonders wichtig, etwas zu lernen.“
Auch die Unterstützung durch die Eltern bzw. die Selbständigkeit der Kinder
in der Zukunft ist für die Kinder ein Thema: „Ich wünsche mir, dass meine
Mama mir auch später hilft, wenn ich groß bin.“ (lernbeeinträchtigtes Mädchen einer integrativen Schule), „Wichtig ist mir für die Zukunft, dass ich mit
gewissen Dingen des Alltags besser umgehen kann und ich mich selbst
besser beschützen kann.“ bzw. „Ich habe Angst davor, als Erwachsener immer noch begleitet werden zu müssen.“ (körperbehinderter Junge einer Förderschule). Schließlich gibt es auch Kinder, die vor dem Hintergrund ihrer
Behinderung bzw. Beeinträchtigung auch an ihre familiäre Situation denken,
wenn sie in die Zukunft schauen. Ein hörbehindertes Mädchen einer Förderschule äußert beispielsweise: „Wenn ich mal ein Kind kriege, dass das dann
gesund ist.“ oder ein Mädchen einer integrativen Schule (Erziehungshilfe)7:
„Wenn ich heirate, wünsche ich mir einen lieben Mann, der gut zu mir und
den Kindern ist. Ich will keinen Streit.“
7
Aktueller familiärer Hintergrund des Kindes: Die Mutter war jahrelang Opfer häuslicher Gewalt.
55
56
8. Die Wahrnehmung von Hilfe, Zugänglichkeit
sowie sozialen Beziehungen
8.1 Die Präsenz der Behinderung
In den Gesprächen mit den Kindern wird in allen Themengebieten übergreifend deutlich, dass das tägliche Leben der Kinder mit ihrer Behinderung
bzw. Beeinträchtigung für sie eine Selbstverständlichkeit ist. Teilweise ist
den Kindern ihre Behinderung auch wenig präsent, auf jeden Fall wird sie
von den Kindern kaum thematisiert und wenn, dann eher beiläufig, wie z.B.:
„Ich habe ganz schön Muckies in den Armen von den Krücken, die ich mal
haben musste.“ (körperbehindertes Mädchen), „Doch, ich kann alles draußen spielen, auch Fußball und Basketball. Das ist nur blöd, wenn die Sonne
stark scheint.“ (sehbehinderter Junge) oder „Als ich ein Baby war, war ich so
klein wie eine Holzpuppe!“ (körperbehinderter Junge). Insgesamt geht aus
den Aussagen der Kinder immer wieder hervor, dass sie keinesfalls eine
Sonderstellung eingeräumt bekommen möchten, dies drückt ein sehbehindertes Mädchen mit den einfachen Worten aus: „Den Kindern geht`s gut –
warum denn nicht?“
8.2 Die Wahrnehmung von Hilfe
In den Interviews wurden die Kinder regelmäßig danach gefragt, ob es
manchmal vorkommt, dass sie sich Hilfe oder Unterstützung wünschen (z.B.
in der Familie, in der Schule oder von ihren Freunden) und wobei sie sich
Hilfe wünschen etc. (s. auch Kap. 2). Einige Kinder reagieren auf diese Fragen spontan mit Äußerungen wie: „Nein, brauche ich nicht!“, „Ich kann schon
allein machen, ich brauch keine Hilfe!“ oder „Ich schaff schon alles alleine.“
Für einige Kinder ist es bei der Thematisierung von Hilfe und Unterstützungswünschen durch verschiedene Personen und in unterschiedlichen Settings also wichtig, ihre Selbständigkeit sowie ihre Unabhängigkeit zu betonen. Vermutlich werden die befragten Kinder durch die Nachfragen auf ihre
Defizite gestoßen, die sie kaum oder nur in geringem Maße wahrnehmen
(s.o.). So entsteht wahrscheinlich bei den Kindern das Bedürfnis, sich von
der vermeintlichen Hilfsbedürftigkeit zu distanzieren, d.h., ihnen ist es wichtig, keine Sonderrolle einzunehmen (s.o.).
57
8.3 Das Bedürfnis nach Selbstständigkeit
Alle Kinder wurden zu allen Lebensbereichen auch gefragt, ob sie gerne
mehr alleine tun würden. Das Wort „alleine“ sollte als Hinweis auf mehr
Selbstständigkeit gelten, wurde aber von einigen Kindern als Synonym für
Einsamkeit verstanden (7): „Wie jetzt? Es ist besser was mit anderen Kindern zu machen!“ (sehbehinderter Junge, der Erziehungshilfe erhält), „Ich
will Sachen nur alleine machen, wenn meine Freunde mich nerven. Alleine
hat man auch mal seine Ruhe!“ (Mädchen, das Erziehungshilfe erhält). Auch
an dieser Stelle wird also erneut das große Bedürfnis der Kinder nach Zugehörigkeit sowie positiven Beziehungen zu anderen Menschen deutlich.
Unabhängig von den Begrifflichkeiten, die bei den Kindern bestimmte Assoziationen hervorrufen, geben 8 Kinder hier explizit Situationen an, die einen
klaren Bezug zu ihrer Behinderung bzw. Beeinträchtigung haben. So
wünscht sich ein körper- und hörbehinderter Junge mehr Selbständigkeit mit
seinen Orthesen: „Ich würde gerne die Orthesen anziehen können – alleine.“
und ein weiterer körperbehinderter Junge (Rollstuhl) meint: „Ich möchte mal
alleine auf die Toilette gehen, aber das lernt man irgendwann in der Schule.“
Ein sehbehindertes Mädchen wünscht sich wiederum mehr Unabhängigkeit
beim Anziehen: „Mich selber anzuziehen, das möchte ich lernen. Ich müsste
es mal versuchen dürfen.“ Und ein körperbehinderter Junge setzt sich für
mehr Selbständigkeit das Ziel: „Ja, mein Brot selber machen.“
8.4 Die Wichtigkeit von Beziehungen zu anderen Menschen
In der Gesamtschau geht aus den Interviews hervor, dass Beziehungen zu
anderen Menschen für die Kinder eine hohe Relevanz haben. Aus 29 Gesprächen mit den Kindern lässt sich dies explizit ableiten. Beispielsweise berichtet ein Mädchen mit Hörbehinderung: „Ich mag es gar nicht, wenn ich
mich mit Papa oder meinem Bruder streite. Dann geh ich in mein Zimmer
und weine.“ und ein Mädchen mit Körperbehinderung: „Meine Schwester unternimmt nichts mit mir. Das finde ich sehr schade.“ Auch Freundschaften
beschäftigen die Kinder in hohem Maße, hierbei besonders ablehnendes
Verhalten: „Eine Freundin spielt gar nicht mehr mit mir. Immer wenn wir nur
kurz spielen, sagt sie: Geh weg! Ich will jetzt mit jemand anderem spielen!“
(körperbehindertes Mädchen), „Ich wünsche mir Freunde und noch mehr
Freunde!“ (lernbeeinträchtigtes Mädchen) oder „Wenn ich den ganzen Tag
mit meinen Freunden verbringen könnte, das wäre was!“ (Junge mit Sprachbeeinträchtigung). Ein Junge, der Erziehungshilfe erhält, berichtet: „Ich wün58
sche mir mehr Zeit mit meinen Eltern. Meine Eltern sind mir wichtiger als die
Wii.“ oder „Mit anderen macht es mehr Spaß zu spielen und nicht alleine!
Sonst kann ich alles alleine! Zum Beispiel mit dem Fahrrad nach Hause fahren.“ (lernbeeinträchtigtes Mädchen).
Die Wichtigkeit von Beziehungen zu anderen Menschen spiegelt sich auch
an anderen Stellen wider, z.B. in der Frage nach den (Zukunfts-)Wünschen
der Kinder (s. Kap. 7). Hier wünschen sich 15% der Kinder spontan intensivere Freundschaften sowie jeweils 8% mehr Spielmöglichkeiten mit Freunden und dass die (zukünftige) Familie gesund und glücklich bleiben möge.
Auch aus den Antworten zu der Frage, was die Kinder an einem normalen
Tag toll finden, wird erneut die Relevanz von sozialen Beziehungen (v.a. zu
Familie und Freunden) für die Kinder deutlich: „Wenn ich im Hort bin und mit
Freunden spielen kann.“ (hörbehinderter Junge) oder „kein Streit mit
Schwester“ (Junge mit Hörbehinderung).
Auch in den Veränderungswünschen zeigen sich viele Aspekte zu sozialen
Beziehungen: „Das Gelaber von meiner Schwester. An ihrem Geburtstag
war es noch schlimmer!“, ein Mädchen mit Lernbeeinträchtigung sagt hier
„Mein Vater fehlt mir so, er ist in Schweden. … Wir müssten eine Familienhelferin haben, für meinen Bruder.“, „Ich will nicht mehr geärgert werden.“
(lernbeeinträchtigtes Mädchen) oder „Wenn ich mehr Freunde hätte.“ (Mädchen mit Langzeiterkrankung), aber auch „Meine Klassenkameraden lügen.
Sie sagen, ich bin schuld. Sie sollen nicht lügen. Ich will von denen nicht
mehr geschlagen und beleidigt werden.“ (Junge, der Erziehungshilfe erhält).
8.5 Die Bewertung der Tagesgeschehnisse
Neben sozialen Beziehungen werden Rahmenbedingungen bzw. Geschehnisse rund um das Thema Schule häufig genannt: „Meine Schule, weil auf
dem Hof bald neue Geräte stehen.“ (Junge mit Sprachbeeinträchtigung),
„Sport und Mathe sind gut. Die Pausen und Deutsch sind super!“ (hörbehinderter Junge), „Wenn ich mit meiner Mutter spazieren gehe oder shoppen.
Oder mit ihr in den Zoo gehe, die Vögel sind schön!“ (lernbeeinträchtigter
Junge), „Es war ein Tag, da haben wir geredet und Urlaubsbilder angesehen
alle zusammen.“ (Mädchen mit Lernbeeinträchtigung), „Nach den Hausaufgaben mit Freunden spielen.“ (sehbehinderter Junge). Auch Sport und Spiel
gehören zu den Aspekten, die die Kinder in ihrer Tagesstruktur besonders
positiv bewerten, so beispielsweise: „PSP-Fußball im Hort“ (Junge mit Hörbehinderung), „freitags reiten“ (sprachbeeinträchtigtes Mädchen) oder „Ich
59
gehe zum Sport – Judo und Ballett mache ich. Und ich gehe gerne mit meinem Bruder Fußball gucken. Er ist im Verein.“.
Es gibt auch Kinder, denen nichts einfällt, was sie an einer normalen Tagesstruktur deutlich positiv hervorheben könnten („Ich finde eigentlich an meinem Tag nix besonders toll.“) oder die mit der Frage überfordert sind.
8.6 Veränderungswünsche
Im Anschluss an die Frage, was die Kinder an einem normalen Tag toll finden, wurde auch die Gegenperspektive beleuchtet, indem sie angeben sollten, was sie gerne anders hätten und was ihnen dabei helfen würde. 25 der
befragten Kinder können hierzu keine Angaben oder äußern Sätze wie „Alles soll so bleiben.“ oder „Nein, alles ist o.k.“.
Ein größerer Teil der Kinder (28) hat hierzu allerdings sehr wohl Ideen. Die
meisten Antworten beziehen sich dabei auf den Lebensbereich „Familie“. Ein
hörbehinderter Junge gibt z.B. an und ein Junge mit Lernbeeinträchtigung
wünscht sich an dieser Stelle: „Ich hätte gerne Hilfe bei den Hausis.“. In anderen Äußerungen geht es um Schulthemen, z.B. „Die Schule sollte länger
auf sein. Man kann dort lernen und Sport machen.“ und um Themen des Alltags: „Ich will ein Handy haben.“ (hör- und körperbehinderter Junge) oder
„Nicht so früh aufstehen!“ (Junge mit Hörbehinderung). Es zeigen sich wenig
Veränderungswünsche, die sich auf die Behinderung beziehen: „Mich selber
anzuziehen, das möchte ich lernen. Ich müsste es mal versuchen dürfen.“
(sehbehindertes Mädchen) oder „Ich brauche Hilfe beim Rechnen und
Deutsch. Ich kann nicht so gut schreiben.“ (lernbeeinträchtigtes Mädchen).
60
9. Das Wohlbefinden der Kinder
Das Wohlbefinden der Kinder ist in der angewandten Kindheitsforschung eine zentrale Variable. Es wurde in dieser Studie sowohl als übergeordnetes
allgemeines Wohlbefinden, als auch als aktuelles und retrospektives Wohlbefinden erfasst. Darüber hinaus wurde es in den verschiedenen zentralen
Lebensbereichen der Kinder, also Familie, Schule, Wohngegend und Freundeskreis, erfragt.
Das Wohlbefinden der Kinder wurde über eine eigens vom PROSOZ Institut
für Sozialforschung-PROKIDS entwickelte und seit 1999 etablierte Barometerskala erfasst (s. Abb. 9.1).
Abbildung 9.1: Die verwendete Barometerskala zur Erfassung des Wohlbefindens
Die verschiedenen Zustände des Wohlbefindens sind in sieben Stufen über
Wetterphänomene visualisiert. Das Gewitter steht dabei für „sehr schlechtes“
Wohlbefinden, der wolkenlose Sonnenhimmel für „sehr gutes“ Wohlbefinden.
Die fünf Kästchen dazwischen entsprechen den Gefühlen „schlecht“, „eher
schlecht“, „weder gut noch schlecht“, „eher gut“ und „gut“. Das schlechteste
Wohlbefinden wird für die Auswertung mit dem Zahlenwert „1“ erfasst, das
Beste mit dem Zahlenwert „7“.
Die Barometerskala wurde den Kindern zu Anfang der Interviews erklärt. Bei
den konkreten Fragen zum Wohlbefinden wurde den Kindern die Skala vorgelegt und sie konnten auf eines der sieben Kästchen zeigen. Diese Antwort
wurde von den Interviewerinnen in den Leitfaden übertragen.
9.1 Allgemeines Wohlbefinden
Das allgemeine Wohlbefinden der Kinder mit Behinderungen im Alter von 9
bis 10 Jahren in dieser Stichprobe ist im Durchschnitt „gut“ (M=6,0) und liegt
damit deutlich auf der positiven Seite der Antwortskala. Die Abbildung 9.2
gibt die genaue Verteilung der Antworten wieder. Keines der befragten Kinder hat zur Beschreibung seines allgemeinen Wohlbefindens die negative
61
Seite der Antwortskala
A
genutzt. Fast zwei F
Fünftel (39%) der Kinder fühlen
sich „sehr gut“, ein gutes Drrittel (34%) „gut“. Je 13% geben ein „mittelmäßi„
gutes“ Wohllbefinden an.
ges“ bzw. „eher
Abbildung
g 9.2: Das allgemein
ne Wohlbefinden
In dieser Stichprobe
S
geben
n die Jungen (M=
=6,1) ein höhere
es allgemeines
Wohlbefind
den an als die Mädchen
M
(M=5,8)). Inwieweit sich dieser Unterschied in einer
e
repräsentativven Stichprobe w
wiederholen lässt, gilt es zu prüfen, zumal sich diese Stichprobe aus 24 Mä
ädchen und 45 Jungen zusammensetzt und
u
sich darüberrhinaus in ihrer B
Behinderungsart unterscheiden.
u
Doppelt so
o viele Jungen wiie Mädchen erhalten Erziehungshilfe (11% Jungen, 5% Mädchen)
M
und 12%
% mehr Mädchen als Jungen haben
n eine Lernbehinderung (34% Jungen, 46%
% Mädchen).
62
9.2 Wohlbefinden
W
in
n der letzten Wo
oche
Mit einem Mittelwert vo
on M=5,3 („eher gut“) fällt das rettrospektive Wohlb
befinden
n der befragten Kinder
K
deutlich geringer aus als das allgemeine Wohlbefind
den und erlangt den
d negativsten W
Wert von allen in dieser Studie erh
hobenen
n Wohlbefinden. 12%
1
der Kinder g
geben für die zurü
ückliegende Woche
ein ne
egatives Wohlbefinden an (s. Abb. 9
9.3).
Abbild
dung 9.3: Das retrosspektive Wohlbefind
den
Fast drei
d Fünftel der Kiinder (57%) haben sich in der letzten Woche dagegen
„sehr gut“ oder „gut“ gefühlt, 13% „eherr gut“. Kinder, die
e integrativ beschult
werde
en (M=5,5), geben
n ein höheres retrrospektives Wohlb
befinden an als Kinder de
er Förderschulen (M=5,2). Inwiewe
eit sich dieses Erg
gebnis in replizieren
lässt, muss in einer re
epräsentativen Sttudie geprüft werrden. Da die vorliegende
e Stichprobe aus 43 Förderschulkkindern und 24 in
ntegrativ beschulten
Kinde
ern besteht.
9.3 Aktuelles
A
Wohlb
befinden
Das aktuelle
a
Wohlbefinden der Kinder („Wie fühlst du dich denn heute?
?“)
liegt wiederum
w
mit eine
em Mittelwert von
n M=6,4 deutlich stärker
s
im positiven
Bereic
ch der Antwortskkala und ist nach
h dem Wohlbefin
nden der Kinder im
Freun
ndeskreis (s.u.) da
as zweitbeste Wo
ohlbefinden. Den
n negativen Bereich
der An
ntwortskala wähltt keines der Kinde
er aus (s. Abb. 9.4
4). Über vier Fünfftel
63
(85%) der befragten
b
Kinder fühlen sich an dem aktuellen Tag „sehr
„
gut“ oder
„gut“ sowie
e 11% „eher gut“. 5% der Kinder ssind in dieser Frag
ge ambivalent.
Interessantter Weise stellt sicch das Wohlbefin
nden bezogen auff die Schulform
genau gegenteilig zum retrospektiven Wohlbe
efinden dar.
Abbildu
ung 9.4: Das aktuelllle Wohlbefinden
Die Förderrschüler geben miit einem Mittelwerrt von 6,6 ein höh
heres aktuelles
Wohlbefind
den an als Kinde
er, die integrativve Schulen besucchen (M=6,2).
Auch diese
er Unterschied muss
m
in einer syystematischen Studie überprüft
werden.
64
9.4 Wohlbefinden
W
in
n der Familie
5% der Kinder fühlen sich in ihrer Fam
milie bzw. zu Hau
use „sehr schlech
ht“
oder „eher
„
schlecht“ (s.. Abb. 9.5).
Abbildung 9.5: Das familiale
fa
Wohlbefind
den
Allerdings berichtet die große Mehrheit d
der befragten Kind
der von einem „se
ehr
guten“ (62%) oder „gu
uten“ (23%) Wohlbefinden in der Familie,
F
weitere 6%
6
bezeic
chnen es als „ehe
er gut“. Der Mittelw
wert liegt bei M=6,3.
9.5 Wohlbefinden
W
in
n der Schule
Das schulische
s
Wohlbefinden schneide
et im Durchschnittt von allen Leben
nsbereic
chen am schlechttesten ab (M=6,1)). Immerhin 6% der befragten Kind
der
geben
n an, sich in der Schule „schlechtt“ oder „eher schlecht“ zu fühlen (s.
Abb. 9.6).
9
Fast drei Vie
ertel der Kinder (74%) fühlen sich in ihrer Schule dad
gegen
n „sehr gut“ oder „gut“,
„
jedes achte Kind (12%) „eherr gut“.
65
Abbildung
g 9.6: Das schulisch
he Wohlbefinden
9.6 Wohlb
befinden in derr Wohngegend
Etwas höh
her als in der Sch
hule liegt das Wo
ohlbefinden der Kinder
K
in ihrer
Wohngege
end (M=6,2). Insge
esamt 5% der be
efragten Kinder wä
ählen bei ihrer
Wohngege
end die negative Seite
S
der Antwortsskala (s. Abb. 9.7)).
Abbildung 9.7: Das Wohlbefinden im Wohnumfeld
66
Dageg
gen stehen gut drei Viertel (79%), die sich in ihrem
m Wohnumfeld „gu
ut“
oder „sehr
„
gut“ fühlen. Weitere 12% der Kinder schätzen ihr Wohlbefinden in
der Wohngegend
W
als „e
eher gut“ ein, 5% sind in dieser Fra
age unentschieden
n.
Mädchen (M=6,4) gebe
en ein höheres W
Wohlbefinden in Be
ezug auf die Woh
hngegen
nd an als Jungen (M=6,1). Auch dieser Unterschied müsste in einer rer
präsentativen Stichprob
be auf Signifikanzz überprüft werden
n.
9.7 Wohlbefinden
W
im
m Freundeskreiis
Der Mittelwert
M
M=6,5 gibt
g an, dass der F
Freundeskreis derr Lebensbereich ist,
in dem
m sich die Kinder am wohlsten fühlen. Das Wohlbeffinden der Kinder in
ihrem Freundeskreis lie
egt zwischen „gut“ und „sehr gut“.. Die Verteilung der
d
Antwo
orten (s. Abb. 9.8
8) zeigt, dass fasst zwei Drittel de
er befragten Kind
der
(65%)) ein „sehr gutes“ Wohlbefinden im
m Zusammensein mit ihren Freunden
angeb
ben und fast ein weiteres Viertel ((23%) ein „gutes““. Im negativen BeB
reich der
d Antwortskala antworten lediglicch 2% der Kinder.
Abbildu
ung 9.8: Das Wohlb
befinden bei Freund
den
Kinde
er, die eine Förde
erschule besuchen
n (M=6,7), geben
n in dieser Unterssuchung
g ein höheres Wo
ohlbefinden im Frreundeskreis an als
a Kinder, die eine
integrrative Grundschule besuchen (M=6
6,0). Ob dieser Unterschied
U
in ein
ner
repräs
sentativen Studie stabil bleibt, muss geprüft werden..
67
Werden die Angaben zum Wohlbefinden aus dieser Stichprobe mit Werten
zum Wohlbefinden der Kinder aus den 4. Klassen des LBSKinderbarometers Hessen 2011 (s. dazu: http://www.prosoz.de/fileadmin/daten/mandanten/prosoz/pdf/Endbericht_Hessen_mit_Vorworten_f9.pdf)
vergleichend
angeschaut, so zeigen sich im allgemeinen und familialen Wohlbefinden sowie dem Wohlbefinden im Freundeskreis und der Wohnumgebung leichte
Unterschiede zu Gunsten der Kinder mit Behinderungen. Der Unterschied im
schulischen Bereich fällt sogar noch deutlicher aus. Inwieweit es den Kindern mit Behinderungen in Hessen tatsächlich besser geht, oder sich die Unterschiede durch den zeitlich verschobenen Datenerhebungszeitpunkt oder
die unterschiedliche Datenerhebungsart erklärt werden kann, muss in einem
systematischen Inklusionsbarometer geklärt werden, das sowohl repräsentativ für Kinder mit als auch ohne Behinderungen in Hessen steht.
68
10. Fazit und Ausblick
10.1
Anmerkungen zum methodischen Vorgehen
Die Wahl des Settings für die Durchführung der Face-to-Face-Interviews – in
gewohnter Umgebung vor Ort in der jeweiligen Schule der Kinder – hat sich
als sehr geeignet erwiesen. Die Kinder waren hoch motiviert, an der Studie
teilzunehmen. Nichtsdestotrotz stellte die Durchführung der Interviews hohe
Anforderungen an die Interviewerinnen. In den Gesprächen hat sich bestätigt, dass es wichtig ist, die Sprache aus der Lebenswelt der Kinder aufzunehmen, empathisch auf die Kinder einzugehen und sich um einen Beziehungsaufbau (den Umständen angemessen) zu bemühen.
Es hat sich gezeigt, dass sowohl die Schilderung eines typischen Tagesablaufes als auch die Beschreibung des besonders Positiven an diesem Tag
sowie die Veränderungswünsche für manche der befragten Kinder offensichtlich (zu) abstrakt waren und ihnen schwer fielen. Auch die Aufgabe, sich
ihre Zukunft vorzustellen überforderte manche Kinder8. Beides kann jedoch
auch dem Alterseffekt geschuldet sein.
Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zu beachten, dass für die Auswahl
der Kinder in der Stichprobe bestimmte Kriterien galten, z.B. das Alter zwischen 9 und 10 Jahren, aber auch ein Mindestmaß an Verbalisierungsfähigkeiten. So wurden z.B. schwer mehrfachbehinderte Kinder in diese Untersuchung nicht einbezogen.
10.2
Anmerkungen zu den Ergebnissen
Einige zentrale Ergebnisse zogen sich durch alle Themenbereiche der Interviews. Zum einen brachten die Kinder immer wieder sowohl implizit als auch
explizit zum Ausdruck, welch starkes Bedürfnis sie nach Selbständigkeit und
Unabhängigkeit haben. Sie wollen sich ausprobieren, sie stellen sich pragmatisch ihrer Behinderung und wollen sich mit ihr auseinandersetzen, sie
wollen sich fordern und gefördert werden und finden kreative Lösungen im
Umgang mit ihren Behinderungen bzw. Beeinträchtigungen. Die befragten
8
Antwort auf die Frage nach dem Berufswunsch: „Keine Ahnung – frag mich nochmal, wenn ich
14 bin.“
69
Kinder wollen sich, wie auch nicht behinderte Kinder, weiter entwickeln und
haben dabei kein Interesse, eine Sonderstellung einzunehmen.
Zum anderen wird deutlich, welch hohen Stellenwert soziale Beziehungen
für die befragten Kinder einnehmen. Dies zeigt sich in dem großen Bedürfnis
nach gemeinsamen Aktivitäten mit der Familie, aber auch in der Begeisterung für Aktivitäten im Verein oder Unternehmungen mit Freunden. Dabei
schwingt in vielen Fällen der Wunsch mit, Mitglied einer Gemeinschaft zu
sein, also „dazuzugehören“. Ob dieses Bedürfnis bei den Kindern mit Behinderungen stärker ausgeprägt ist als bei Kindern ohne Behinderung, muss in
eier weitergehenden Untersuchung geklärt werden.
In den Gesprächen über die Lebensumstände der Kinder waren die Behinderung/Beeinträchtigung bzw. deren Auswirkungen wenig präsent. Dies
spricht einerseits für die Fähigkeit der Kinder, sich optimal mit den gegebenen Lebensumständen zu arrangieren. Andererseits bleibt offen, ob dies
ebenfalls der Fall gewesen wäre, wenn die Stichprobe um Kinder mit einem
schwereren Behinderungsgrad erweitert worden wäre.
Aus den Gesprächen lässt sich ableiten, dass speziell durch die Mütter, bereits so viele Barrieren für die Kinder abgebaut werden, dass diese für die
Kinder in den Auswirkungen tatsächlich weniger spürbar sind.
10.3
Ausblick
Ziel der Studie war unter anderem, ein inklusives quantitatives Erhebungsinstrument für Kinder (mit und ohne Behinderung) zu entwickeln. Bei einer solchen quantitativen Untersuchung wäre es interessant folgenden Themen
weiter auf den Grund zu gehen:
70
•
Welche Rolle spielen der Besuch des Hortes sowie die dortige
Betreuung in dem Leben der Kinder? Lässt sich der Effekt, dass
diese Kinder zwischen Hort und Schule nicht differenzieren wiederholen?
•
Lässt sich das Ergebnis bezüglich der stärkeren SchulWechselfreudigkeit von Förderschülern bestätigen und gibt es
Unterschiede zu nicht behinderten Kindern? Bei einer anschließenden Untersuchung ist es wichtig, darauf zu achten, ob und
welche Schulwechsel bereits stattgefunden haben.
•
Zeigen sich möglicherweise Unterschiede zwischen behinderten
und nicht behinderten Kinder bezüglich der Vereinszugehörigkeit
bzw. dem Wunsch einem Verein beizutreten?
•
Unterscheiden sich die Wünsche bezüglich Freizeitaktivitäten
zwischen behinderten und nichtbehinderten Kindern?
•
Es hat sich gezeigt, dass die Hilfe durch die Mitschüler von den
befragten Kindern als ambivalent wahrgenommen wird. Welche
Rahmenbedingungen führen zu einer positiven Bewertung der
Unterstützung durch die Mitschülern und welche zu einer ablehnenden?
•
Welche weiteren Auswirkungen haben die teilweise sehr zeitaufwändigen Schulfahrten der Kinder auf deren Alltagsstruktur?
•
Inwieweit ist die Beziehung der Kinder mit Behinderungen bzw.
Beeinträchtigungen zu ihren Geschwistern durch die Behinderung bzw. Beeinträchtigung beeinflusst? Und wie wirkt sich die
zusätzliche Behinderung eines Geschwisterkindes aus?
•
Lässt sich der Wunsch nach „therapeutischem Spielzeug“ verallgemeinern?
•
Gibt es Unterschiede zwischen Kinder mit und ohne Behinderung bezüglich der Ansicht, dass Freundschaft unter anderem
eine Gegenseitigkeit von Hilfe darstellt?
•
Fühlen sich befragte Kinder mit Behinderungen bzw. Beeinträchtigungen im Gegensatz zu nicht behinderten Kindern in ihrer
Schule deutlich wohler?
•
Haben Kinder mit einer Behinderung ein gesteigertes Bedürfnis
nach Selbstständigkeit?
•
Ist der Wunsch nach Aktivitäten mit der Familie tatsächlich ausgeprägter als bei Kindern ohne Behinderung?
Insgesamt hat sich auch in dieser Untersuchung erneut gezeigt, zu welchen aufschlussreichen Erkenntnissen es führt, wenn Kinder mit geeigneten Methoden als Expertinnen und Experten ihrer eigenen Lebenswelt
ernst genommen und selber befragt werden. Auch wenn den Kinder mit
dieser ersten explorativen Studie also eine Stimme gegeben wurde, sollte dieser Ansatz aber weiter aufgenommen werden und in einem weiteren Schritt Kinder verschiedenen Alters mit und ohne Behinderung in einem quantitativen Ansatz zu ihrer Lebensqualität befragt werden.
71
72
Über das Buch:
Wie sehen Kinder mit Behinderung bzw. Beeinträchtigung ihren Alltag in Familie
und Schule? Wie erleben sie ihre Freizeit und ihre Freunde? Was erwarten sie
von ihrer Zukunft? Diese Fragen beantwortet das erste Inklusionsbarometer, für
das Kinder mit Behinderung bzw. Beeinträchtigung zu ihrer Lebensqualität und
den für sie wichtigen Themen befragt wurden. Für die qualitative Studie wurden
67 hessische Kinder im Alter zwischen 9 und 10 Jahren aller acht Förderschwer­
punkte interviewt.
Herausgeber:
Ein Stiftungszweck der hessenstiftung – familie hat zukunft ist es, gute Bedingun­
gen für das Aufwachsen von Kindern zu fördern. Dazu gibt sie seit 2004 regel­
mäßig das Kinderbarometer Hessen heraus. In dieser Befragung werden Kinder als
Experten und Expertinnen ihrer eigenen Sache ernst genommen. Das Inklusions­
barometer erweitert diesen Ansatz auf Kinder, deren Teilhabe aufgrund von
Behinderung ohnehin beeinträchtigt ist.