Ausgabe 02/2007 - Union Investment Real Estate GmbH

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Ausgabe 02/2007 - Union Investment Real Estate GmbH
N r. 0 2 / 2 0 0 7
NACHHALTIG INVESTIEREN
Warum die Immobilienwirtschaft
neue Maßstäbe setzen muss
DEMOGRAFIE UND OUTSOURCING
Wie sich der Flächenbedarf in
Deutschland verändern wird
FINANCIAL ENGINEERING
Wie Offene Immobilienfonds ihre
Rendite optimieren können
N r. 0 2 / 2 0 0 7
NACHHALTIG INVESTIEREN
Warum die Immobilienwirtschaft
neue Maßstäbe setzen muss
DEMOGRAFIE UND OUTSOURCING
Wie sich der Flächenbedarf in
Deutschland verändern wird
FINANCIAL ENGINEERING
Wie Offene Immobilienfonds ihre
Rendite optimieren können
Titelfoto: Das SIEEB (Sino-Italian
Ecological and Energy Efficient
Building) gehört zum Campus
der Tsinghua University in
Peking. Weitere Informationen:
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RAUM & MEHR 02_03
E D I TO R I A L
Nachhaltigkeit rechnet sich
von Professor Maximilian Gege
Die deutsche Bundeskanzlerin nimmt
Arbeitskreis für Umweltbewusstes Ma-
in Grönland die Folgen des Klimawan-
nagement (B.A.U.M. e. V.), darunter Adi-
dels in Augenschein; zwei große US-
das, Bosch, Siemens, DaimlerChrysler,
Spielzeugkonzerne rufen weltweit
Deutsche Post und Deutsche Telekom:
vertriebene, bleihaltige Produkte aus
Produkte von hoher Qualität ressourcen-
chinesischer Produktion zurück; Invest-
schonend herzustellen, die eigene En-
mentbanker befürchten, der Ölpreis
ergiebilanz zu verbessern, Mitarbeitern
könne noch in diesem Jahr um bis zu 30
gute Arbeitsbedingungen zu garantie-
ist Vorsitzender des Bundes-
Prozent steigen, und japanische Auto-
ren sowie sich im sozialen und gesell-
deutschen Arbeitskreises für
bauer erklären sich bereit, hohe Entschä-
schaftlichen Leben zu engagieren.
digungen für Asthmakranke zu zahlen.
Immobilienunternehmen werden diesem
Was das mit Immobilien zu tun hat?
Trend folgen – zum Nutzen ihrer Kunden
Eine ganze Menge. Nicht nur deshalb,
und damit auch dem eigenen. Denn an-
weil Gebäude in erheblichem Maße
gesichts weiter steigender Energiekosten
zum Ausstoß des klimaschädlichen CO2
und nicht zuletzt infolge gesetzlicher
beitragen oder Mieter und Eigentümer
Vorgaben zum Klima- und Umweltschutz
im kommenden Winter womöglich mit
werden Büro- oder Wohnungsmieter
deutlich steigenden Heizkosten rechnen
genauso wie private oder gewerbliche
müssen. Es geht um viel mehr: um die
Bauherren die Immobilie zunehmend
Website zum Buch „Die Zu-
Wechselwirkungen von Ökonomie und
unter ökologischen wie energetischen
kunftsanleihe“ des Bundes-
Ökologie, um die Auswirkungen gesell-
Gesichtspunkten beurteilen.
schaftlicher Veränderungen auf unter-
30 bis 40 Milliarden Euro pro Jahr ließen
nehmerisches Handeln und umgekehrt
sich in Deutschland an gebäudebezo-
um die Chance, als Branche soziale Ent-
genen Energiekosten einsparen – eine
wicklungen positiv zu beeinflussen.
immense Entlastung für Unternehmen
Was etwa Automobilhersteller, Chemie-
wie Privathaushalte. Zugegeben, das
unternehmen oder Banken längst er-
geht nicht ohne Investitionen.
kannt haben, wird in der globalisierten
Doch diese rechnen sich: Schon nach
Weltwirtschaft auch für die Immobilien-
acht bis zwölf Jahren, je nach Entwick-
branche immer wichtiger: die Sicherung
lung der Energiepreise, amortisieren
des langfristigen Unternehmenserfolgs
sich entsprechende Mehrausgaben. Ein
durch „nachhaltiges Wirtschaften“.
überschaubarer Zeitraum – gerade für
Was das in der Praxis heißt, zeigen rund
die an langfristiges Denken gewöhnte
500 Mitglieder im Bundesdeutschen
Immobilienbranche.
Professor Maximilian Gege
Umweltbewusstes Management (B.A.U.M. e. V.).
Weitere Informationen
erhalten Sie unter:
www.baumev.de
Website zum Portal rund
um das Thema nachhaltiges
Wirtschaften: www.
nachhaltigwirtschaften.net
deutschen Arbeitskreises für
Umweltbewusstes Management (B.A.U.M. e. V.)
Foto: B.A.U.M. e.V.
www.zukunftsanleihe.de
RAUM & MEHR 04_05
I N H A LT
MARKT & BRANCHE
06
Nachhaltig investieren Viele Branchen haben
längst erkannt, dass sich nachhaltiges Wirtschaften
auszahlt. Die Immobilienwirtschaft scheint dieser
Entwicklung noch hinterherzuhinken. Doch nun
kommt Bewegung in die Branche. Seite 6
Im Interview Judith Gabler, Geschäftsführerin
RICS Deutschland, über Nachhaltigkeit in der
deutschen Immobilienwirtschaft, Herstellungskosten von ökologischen, energieeffizienten
Bauten und den neuen Energieausweis. Seite 13
Zwischen Okzident und Orient Wegen der
gestiegenen Konsumnachfrage in der Türkei
investieren internationale Immobiliengesellschaften
Fotos: Artur/View/ Paul Raftery; Laif/Frank Tophoven; Union Investment; Corbis/Bob Sacha; Getty Images/Photonica/Nicholas Prior
zunehmend in türkische Shoppingcenter. Seite 14
14
MENSCH & ARBEIT
RAUM & ANLAGE
Klein, aber fein Um Kosten zu senken, mieten
Begehrte Betten Die europäische Hotelbranche
Firmen vermehrt kleinere Büroflächen an. Demogra-
boomt. Das zieht zahlreiche Investoren an. Dadurch ist
fischer Wandel und Arbeitsplatzverlagerung könnten
das Transaktionsvolumen am Hotelmarkt im vergan-
die Nachfrage ebenfalls reduzieren. Seite 18
genen Jahr auf ein Rekordniveau gestiegen. Seite 22
Ingenieurleistungen Offene Immobilienfonds
nutzen immer häufiger das „Financial Engineering“,
22
um renditerelevante Faktoren zu steuern und
so die Erträge zu optimieren. Seite 26
Im Interview Reinhard Kutscher, Vorstandssprecher
der Union Investment Real Estate AG, über Perspektiven Offener Immobilienfonds und die internationale
Neuausrichtung des Unternehmens. Seite 29
RAUM & LEBEN
Braunes Gold „Süß“ ist das Adjektiv, das am
häufigsten mit Schokolade verbunden wird.
Vor allem bewirkt die Kostbarkeit aber eines:
Sie macht glücklich. Seite 30
30
18
RAUM & MEHR 06_07
MARKT & BRANCHE
Nachhaltig
Viele Branchen haben längst erkannt, dass sich nachhaltiges Wirtschaften
Die Immobilienwirtschaft scheint dieser Entwicklung noch hinterher
Immobilien-Lebenszyklus
Angesichts steigender Energiepreise kommt die
Immobilienwirtschaft am Thema der Energieeffizienz von Gebäuden nicht vorbei. In den
OECD-Ländern sind laut einer Erhebung von
Jones Lang LaSalle Errichtung, Betrieb und Abriss von Gebäuden und baulichen Anlagen für
annähernd 25 bis 40 Prozent des Energieverbrauchs, für rund 30 Prozent des Rohstoffverbrauchs und für etwa 30 bis 40 Prozent der
Treibhausgasemissionen verantwortlich.
investieren
auszahlt, und es gehört daher zu den Kernzielen ihrer Unternehmensstrategie.
Fotos: Getty Images/Imagemore; Corbis/Tetra Images;
Corbis/Solus-Veer/George Hammerstein; Picture-Alliance/Stefan Sauer
zuhinken. Doch nun kommt Bewegung in die Branche
beispielsweise mit Hilfe von Solarzellen gewonnen werden – sollen dabei
helfen, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren.
Foto: Artur/Robertino Nikolic
Solarzellensegel im Hafen von Barcelona: Erneuerbare Energien – wie sie
RAUM & MEHR 08_09
MARKT & BRANCHE
Englische Supermarktkunden haben seit Neuestem einmal mehr die Qual der Wahl. Nicht nur können sie ihr Ökogewissen
erleichtern und ihre global-soziale Verantwortung dadurch unter
Beweis stellen, dass sie Bioprodukte und fair gehandelte Waren in
den Einkaufswagen laden. Allein durch den Griff ins Verkaufsregal
können sie auch etwas für den weltweiten Klimaschutz tun. Wie
das? Ganz einfach: Jeder Einzelne trägt seinen Teil zum weltweiten
CO2-Ausstoß bei – sei es beim Fahren im eigenen Pkw, sei es durch
die Flugreise in den Urlaub, beim Duschen oder eben beim Kauf einer exotischen Frucht, die rund um den Globus flog, bis sie im heimischen Obstregal landete. „Carbon Footprint“ – „KohlendioxidFußabdruck“ – nennen Amerikaner und Briten diesen individuellen
Anteil an der globalen Erderwärmung. „Kohlendioxid-neutrale“ Sortimente im Supermarkt sollen helfen, den „Carbon Footprint“ so
klein wie möglich zu halten. Wer etwa weit gereiste Bananen kauft,
dem werden Ausgleichsmaßnahmen versprochen: Sei es durch das
Anpflanzen von Bäumen, sei es durch eine besonders energieeffiziente Produktion, Verpackung oder Vertriebslogistik des Handelsunternehmens selbst. „Seen to be green“ heißt – in Abwandlung
des deutschen „Tue Gutes und rede darüber“ – bei immer mehr
angloamerikanischen Unternehmen die Umweltdevise.
Kein Zweifel, die weltweite Klimadebatte zeigt Wirkung. Verantwortungsbewusstsein ist gefragt – und wird eingefordert. Von Kunden
und Geschäftspartnern, von Politik und Gesellschaft. Sie alle gehören
schließlich zur Gruppe der sogenannten Stakeholder. Und deren Urteil
– das weiß man in den Vorstandsetagen multinationaler Konzerne
längst – kann die Reputation eines Unternehmens rasch befördern
oder im Gegenteil dauerhaft beschädigen. Und nicht zuletzt vom
Ruf hängt es ab, wie die Geschäfte laufen: Der Preis eines Produkts
werde zur Hälfte von der Reputation seines Produzenten bestimmt,
glaubt etwa Beat Schmid, Direktorin des Instituts für Medien und
Kommunikationsmanagement an der Universität St. Gallen. Angesichts des jüngsten Skandals um giftige Bleifarben in Kinderspielzeug,
des Einsturzes einer nagelneuen Brücke in China und erst recht des
inzwischen unumstrittenen weltweiten Klimawandels und der daher
dringend erforderlichen Reduktion des CO2-Ausstoßes heißt das für
Unternehmen aller Branchen: Nur wer im Sinne von Auftraggeber
und Kunden Produktverantwortung und Qualitätsmanagement ernst
nimmt, nur wer mit der endlichen Ressource Energie sparsam umgeht,
kurz, nur wer in einer globalisierten Welt vernetzt denkt, aber lokal
handelt und im Alltagsgeschäft von heute auch an morgen denkt,
wirtschaftet nachhaltig und sichert so die eigene Zukunft.
Die Umsetzung ist allerdings komplizierter – und das liegt vor allem
an der inzwischen großen Komplexität des Themas „Nachhaltigkeit“
und der Diskussion darüber, was nachhaltiges Wirtschaften im Einzelnen bedeutet. Dabei ist die Ursprungsidee eigentlich ganz simpel: Die
Forstwirtschaft war es, die den Begriff „Nachhaltigkeit“ prägte. Denn
um dauerhaft den Rohstoff Holz zu produzieren, dürfen jeweils nur so
viele Bäume geschlagen werden, wie in einem definierten Zeitraum
neue heranwachsen können. Anders gesagt: Wer heute zu gierig ist,
gefährdet seine Existenzgrundlage für morgen.
S PA R S A M E R U M G A N G M I T E N E R G I E
Diese Erkenntnis setzte sich mit der Zeit auch in anderen Branchen durch. Vor allem in jenen, bei denen die Produktentwicklung
Jahre in Anspruch nimmt. Allen voran die Automobilindustrie. Aber
auch Handels- und Versicherungsunternehmen, Banken und Chemieriesen haben erkannt, dass sie nur dann für die Zukunft gerüstet
sind, wenn sie bei jeder ihrer Entscheidungen an die Konsequenzen
für die Welt von morgen denken. Ökologisch optimierte Produktionsverfahren, umweltschonende Produkte, der verantwortliche
Umgang mit Mitarbeitern, die Förderung des Nachwuchses und
schließlich das sichtbare Engagement für die Gesellschaft gehören
daher heute zu den Kernbereichen nachhaltigen Wirtschaftens.
Einer der wichtigsten Bestandteile jeder verantwortlichen, auf die
Zukunft hin ausgerichteten Unternehmensphilosophie und -praxis ist
daher der sparsame Umgang mit Energie. In einer Untersuchung unter weltweit 47.000 Mitgliedern des internationalen Berufsverbands
der Immobilienfachleute, der Royal Institution of Chartered Surveyors
Union Investment prämiert erstmals nachhaltige Immobilieninvestments
Union Investment wird im nächsten Jahr
breiten Öffentlichkeit rücken. „Wertstei-
lieninvestments einen Beitrag zur Stärkung
mit dem „Prime Property Award 2008“ zum
gerung und Wertsicherung eines Immobi-
und Entwicklung städtischer Standorte leis-
ersten Mal nachhaltige Immobilieninvest-
lieninvestments haben immer auch etwas
teten. Der „Prime Property Award“ ist mit
ments in Europa prämieren. Mit dem Wett-
mit der Lage und dem Umfeld zu tun. Somit
insgesamt 30.000 Euro dotiert und wird auf
bewerb, einer Weiterentwicklung des 2001
liegen die Standortqualität und deren Ent-
der Expo Real im Oktober 2008 verliehen.
ins Leben gerufenen DIFA-Award, will die
wicklung auch im Interesse von Immobilien-
Fondsgesellschaft eine Brücke zwischen
investoren“, erklärt Reinhard Kutscher, Vor-
Wettbewerbsunterlagen stehen unter
Investoren- und städtischen Interessen
standssprecher der Union Investment Real
www.prime-property-award.de zum
schlagen und die neue, nachhaltige Invest-
Estate AG. Für europäische Städte werde es
Download bereit. Einsendeschluss für die
mentqualität erstmals in den Fokus einer
andererseits immer wichtiger, dass Immobi-
Kurzbewerbung ist der 31. Januar 2008.
RAUM & MEHR 10_11
MARKT & BRANCHE
(RICS), etwa nannten 60 Prozent der Befragten die Energieversorgung
als wichtigste Komponente nachhaltigen Managements, gefolgt von
Bodenverschmutzung, Transport und Abfallfragen. Doch gebe es
deutliche Unterschiede zwischen den Branchen, stellten RICS und das
Oxford Institute for Sustainable Development in ihrem „Sustainability
Audit“ fest. In den Bereichen öffentliche Verwaltung und Gesundheitswesen werde nachhaltiger gehandelt als in der Öl- und Gaswirtschaft oder im Investmentmanagement. Ausgerechnet dort aber, wo
sich der als wichtigster Aspekt nachhaltigen Wirtschaftens angesehene sparsame Umgang mit Energie am unkompliziertesten umsetzen ließe und sich womöglich auch noch direkt in barer Münze auszahlen würde, in der Immobilienwirtschaft nämlich, wird das Thema
offenbar stiefmütterlich behandelt. Die Zürcher Kantonalbank etwa
hat weltweit gerade einmal fünf Immobiliengesellschaften ausgewählt, die nach Ansicht der zuständigen Analysten für solche Anleger empfehlenswert sind, die in nachhaltig wirtschaftende Firmen
investieren wollen. Anhand von gut 130 Einzelkriterien prüft die Bank
das unternehmerische Handeln auf seinen Nachhaltigkeitsfaktor. Eine
deutsche Gesellschaft ist nicht darunter. British Land, Land Securities
und Hammerson haben britische Wurzeln, Investa Property ist in Australien zu Hause, Mitsubishi Real Estate in Japan.
Tatsächlich sucht man Nachhaltigkeitsberichte nach den anerkannten Regeln der Global Reporting Initiative (GRI) in der deutschen
Immobilienwirtschaft (noch) vergeblich. Der „GRI Leitfaden“, der inzwischen bereits in seiner dritten Ausgabe vorliegt, nennt Regeln für
die standardisierte Darstellung der ökonomischen, ökologischen und
sozialen Performance des jeweiligen Unternehmens. Internationale
Immobilienunternehmen folgen den GRI-Standards bereits häufiger.
So erhielt der portugiesische Shoppingcenter-Entwickler und -Betreiber Sonae Sierra im Mai den erstmals verliehenen Umweltpreis
„ReSource“ des International Council of Shopping Centres (ICSC).
Ausgezeichnet wurde das Unternehmen ausdrücklich wegen seines
„innovativen Sustainable Development Managements“, so die Jury.
Zwei Projekte des Entwicklers von Einkaufszentren hob sie als Vorbild für nachhaltige Projektentwicklung besonders hervor: den Neubau des „Mediterranean Cosmos“ im griechischen Thessaloniki und
die umweltgerechte Erweiterung des Einkaufs- und Freizeittempels
„RioSul Shopping“ in Seixal bei Lissabon. „Ziel ist es, jedes einzelne
Einkaufszentrum profitabel und umweltfreundlich zugleich zu gestalten“, erläuterte Jury-Präsident Stephen Pragnell das Sonae-Sierra-Konzept in seiner Laudatio. Das Unternehmen habe erkannt, erläuterte Pragnell, dass umweltbewusstes Bauen womöglich nicht die
kostengünstigste Alternative sei, langfristig aber mehr Vorteile biete:
„guten Return on Investment und zufriedene Kunden.“
W E R T H A LT I G E I M M O B I L I E N I N V E S T M E N T S
Auch Adrian Pitts, Professor an der School of Architecture der Universität im britischen Sheffield, weist darauf hin, dass sich umwelt- und
ressourcenschonendes Bauen für Developer auf Dauer rechnet. „Die
Werthaltigkeit eines Immobilieninvestments hängt nicht mehr allein
von günstigen Herstellungskosten und der späteren Wertsteigerung
des Objekts ab“, sagt er. Entscheidender sei, dass durch geeignete
Managementmaßnahmen die Mieteinnahmen über die gesamte Lebensdauer eines Gebäudes maximiert würden. „Unternehmen sind
heute daran interessiert, kleinere, dafür aber flexiblere Flächen von
hoher Qualität zu mieten – und sind dafür auch bereit, einen höheren
Preis zu zahlen.“ Wer sich als Projektentwickler und Investor auf die
Bedürfnisse dieser Kundschaft einstelle, werde belohnt: Schließlich
biete das Investment langfristig eine höhere Sicherheit. „An Standorten oder in Zeiten, in denen das Angebot die Nachfrage übersteigt,
werden sich solche Flächen leichter vermieten lassen“, schreibt der
Experte. „Nachhaltiges Bauen hat mehrere Vorteile: Man senkt langfristig die Gebäudekosten, erhöht die Zufriedenheit der Mieter und
schützt das Klima“, ist auch Professor Maximilian Gege überzeugt.
Er ist Vorsitzender der bereits 1984 gegründeten Umweltinitiative
RICS-Umfrage zum Thema „Nachhaltigkeit“
Bedeutung nach Regionen, Skala von
1 (keine Bedeutung) bis 4 (sehr bedeutend)
Region/Land
1
2
3
Die wichtigsten Themenbereiche, Angaben in %
(Mehrfachnennungen möglich)
Bedeutung nach ausgewählten Branchen,
Nachhaltigkeitsindex: Basis = 100
4
Australien/Asien
2,95
Energieversorgung
59,2
Fachübergreifender Sektor
70,2
Afrika
2,77
Bodenverschmutzung
42,7
Öffentlicher Bildungssektor
53,4
USA
2,76
Transport
35,8
Gesundheitswesen
52,2
Großbritannien
2,75
Abfallmanagement
33,7
Projektentwicklung (priv. Bereich)
43,5
Südamerika
2,75
Klimawandel
25,4
Öffentliche Verwaltung/Regierung
41,6
Restl. Europa
2,60
Bodenschätze
24,8
Architekturbüro
39,1
Kanada
2,47
Überschwemmung
23,4
Bauunternehmen
38,8
Mittlerer Osten
2,43
Luftverschmutzung
20,0
Bauingenieur
33,8
Südostasien
2,32
Wasserversorgung
14,8
Private Investmentmanager
32,2
Rest der Welt
2,29
Quelle (3): RICS „A Green Profession?“, Juni 2007,
Umfrage unter 47.000 RICS-Mitgliedern
Öl- und Gaswirtschaft
28,1
„Bundesdeutscher Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management“
(B.A.U.M. e. V.), heute der mit mehr als 500 Mitgliedsunternehmen
europaweit größte Verein seiner Art. „Vor allem das Thema Energieeffizienz wird in Zukunft eine riesige Rolle spielen, daher ist jeder gut
beraten, sich so früh wie möglich darauf einzustellen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.“
So dürfte in Zukunft der Energieverbrauch zu einem der wichtigsten Qualitätsmerkmale eines Gebäudes werden. „Solange die
Energiekosten weiter steigen, werden Gebäudenutzer extrem sensibel auf sämtliche Nebenkosten reagieren. Und an denen haben
die Energiekosten bekanntlich den höchsten Anteil“, sagt etwa Jörg
Nehls, Geschäftsführer des Immobilienberatungsunternehmens DTZ
Deutschland, und bestätigt die Beobachtung von Adrian Pitts. So
habe eine Umfrage unter 100 britischen Immobilienunternehmen
ergeben, dass die überwiegende Mehrzahl bereit sei, für ein energieeffizient geplantes und errichtetes Gebäude zehn Prozent mehr
Miete zu zahlen. „Damit wird Energieeffizienz zum neuen Qualitätskriterium für Premium-Immobilien“, prognostiziert Nehls.
Fotos: Union Investment (2)
ENERGIEEFFIZIENTE GEBÄUDE
Befördert werden dürfte diese Entwicklung durch die europaweite
Einführung eines Energieausweises. In Deutschland wurde er erst kürzlich in Gesetzesform gegossen: Wer Wohnungen oder Häuser, die vor
1966 errichtet wurden, verkauft oder vermietet, muss ab dem 1. Juli
2008 einen entsprechenden Ausweis vorlegen können. Bei Gebäuden jüngeren Datums haben Eigentümer ein halbes Jahr mehr Zeit,
sich von einem ausgewiesenen Experten den jeweiligen Energiebedarf
des Hauses bescheinigen zu lassen. Für „Nicht-Wohngebäude“, wie
etwa Büros, Hotels, Einzelhandelsflächen oder Schulen, gilt die Ausweispflicht erst ab dem 1.7.2009. Der Effekt soll ähnlich sein wie bei
Kühlschränken, Waschmaschinen oder Autos: Der „Kunde“ soll auf
den ersten Blick sehen können, ob ein Haus sinnlos Energie verschleudert oder baulich und technisch so ausgerüstet ist, dass es besonders
sparsam mit der knappen Ressource umgeht. Immobilieneigentümer,
aber auch Projektentwickler und Investoren sollen auf diese Weise für
das Thema Energieeffizienz sensibilisiert und motiviert werden, auch
Bestandsgebäude energetisch auf den neuesten Stand der Technik zu
bringen. Für Judith Gabler, Geschäftsführerin von RICS Deutschland,
wird der Energieausweis dem Thema Nachhaltigkeit einen zusätzlichen
Schub geben: „Der Ausweis sorgt für Transparenz: Mieter können die
Energiekennzahlen verschiedener Gebäude direkt vergleichen. Energieeffiziente Gebäude werden dadurch einen Wettbewerbsvorteil
haben“, ist die Expertin überzeugt (siehe Interview auf Seite 13).
Wie bedeutsam der lange geforderte Vorstoß des Gesetzgebers
ist, zeigt die Statistik: „Gebäude sind während der Bauphase und
während der Nutzung für fast 40 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich“, rechnet Gabler vor. In Megastädten und Ballungsräumen
verursachen Gebäude gar bis zu 70 Prozent des klimaschädlichen
Gases. Schlechte oder unzureichende Dämmung, energetisch ineffiziente Heizanlagen und Kühlsysteme, mangelnder Einsatz regenerativer Energieträger, geringe Tageslichtausnutzung oder schlicht die
Überdimensionierung von Nutz- und Nebenflächen sind die Ursachen
dafür, dass Gebäude beträchtliche Energieschleudern sind.
Das Central Plaza Hamburg, bekannt als Unilever-Haus (oben), gehört zum Portfolio der Union Investment Real Estate AG. Anfang
2009 will die Fondsgesellschaft mit der nachhaltigen Sanierung
beginnen. Nach Fertigstellung soll das Gebäude (Simulation unten) den aktuellen Energieeinsparverordnungen entsprechen.
Abriss eines Hochhauses im
Londoner Finanzdistrikt:
Nicht immer lohnt unter wirtschaftlichen
und energetischen
eine Sanierung.
Wie immens das Einsparpotenzial ist, zeigt allein ein Blick auf
den deutschen Wohnungsbestand. Rund 80 Prozent wurden vor
1979 gebaut, jenem Jahr, in dem hierzulande erstmals eine „Wärmeschutzverordnung“ für Neubauten in Kraft trat. Und erst ganz wenige dieser mehr als 30 Jahre alten Gebäude wurden bereits unter
Energiespargesichtspunkten saniert. Die Deutsche Energie-Agentur
(dena) schätzt daher, dass in den kommenden 20 Jahren rund die
Hälfte des Wohnungsbestands oder etwa 19 Millionen Einzelwohnungen auch energietechnisch modernisiert werden müssen. Würden sie in den kommenden Jahren nach und nach auf den neuesten
Stand der Energiespartechnik gebracht, könnte Deutschland ab 2020
jährlich allein 37 Millionen Tonnen CO2 im Gebäudebereich einsparen. Hausbesitzer schließlich würden angesichts weiter steigender
Energiepreise rund 40 Milliarden Euro in den kommenden 13 Jahren
einsparen, wenn sie die Möglichkeiten zur Gebäudesanierung und
der Modernisierung ihrer Heizungsanlagen ausnutzten, rechnet das
Bundesbauministerium vor. Und auch bei Bürovermietern und -nutzern dürfte die Einführung des Energieausweises für ein Umdenken
sorgen, ist DTZ-Experte Nehls überzeugt: „Erstmals wird der Energieverbrauch eines Gebäudes sichtbar, quantifizierbar und vergleichbar.
Das Zertifikat erhöht die Transparenz und stellt zugleich eine verbindliche Richtschnur für Immobilien und deren Nutzer dar.“
LOHNENDE IMMOBILIENINVESTMENTS
Mag sein, dass deutsche Immobilienunternehmen bisher keine
Nachhaltigkeitsberichte veröffentlichen und das Thema anders als
US-amerikanische oder britische Gesellschaften noch kaum als Marketinginstrument für sich entdeckt haben. In der Praxis arbeitet so
manches Unternehmen längst im Sinne nachhaltigen Umweltschutzes.
Beispiel Bauverein in Darmstadt: „Unser Ziel ist das Fünf-Liter-Haus“,
beschreibt Projektverantwortlicher Arne Schreier die griffige Formel für
die Zukunft. Das Unternehmen ist gerade dabei, vier Wohngebäude
aus den Baujahren 1949/50 so zu modernisieren, dass sie sogar den
Neubaustandard der gültigen Energieeinsparverordnung (EnEV) um
20 bis 30 Prozent unterschreiten und zumindest rechnerisch noch
maximal fünf Liter Heizöl pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr
benötigen. Die Hälfte der insgesamt 112 Wohneinheiten wird vermietet, die andere Hälfte als Eigentumswohnungen verkauft. „Der
Vermietungs- und Verkaufserfolg zeigt uns, dass unser Konzept aufgeht“, sagt Schreier. Obwohl die Kaltmiete nach der Modernisierung
von rund 5 Euro auf nun 8 Euro pro Quadratmeter und Monat stieg,
sind fast alle Wohnungen vermietet. Die Eigentumswohnungen, die
rund 2.100 Euro pro Quadratmeter kosten, waren bereits vor der
Fertigstellung zu rund 80 Prozent verkauft.
Schreier ist deshalb überzeugt, dass sich die Investition von etwa
870 Euro pro Quadratmeter sowohl für Firmen wie auch für Mieter und Eigentümer lohnt. Je nach Entwicklung der Energiepreise
könnten Nutzer durch die Modernisierungsmaßnahmen zwischen 6
und 10 Euro pro Quadratmeter und Jahr sparen, so die Rechnung.
Das verschafft Vermietern mehr Spielraum: Wenn die Nebenkosten
sinken, kann die Kaltmiete steigen – was übrigens gleichermaßen
für Vermieter von Wohnungen wie von Büro- oder Industrieflächen
gilt. Schreier: „Auf diese Weise können wir unsere Modernisierungs-
Fotos: Getty Images/Peter Macdiarmid
Effizienzkritieren
RAUM & MEHR 12_13
MARKT & BRANCHE
maßnahmen refinanzieren und investieren in intelligente Energietechnik statt in umweltschädlichen Ressourcenverbrauch.“
Auch Eigentümer von Gewerbeimmobilien beginnen daher
umzudenken. So stellte die Bonner IVG im vergangenen Herbst
ihren Businesspark Taufkirchen bei München auf Bioenergie um.
Ergebnis: Für die Mieter reduzieren sich die Energiekosten um rund
ein Drittel. Der neue Stuttgarter Sitz des Energieriesen EnBW will
mit zukunftsweisenden Techniken wie Betonkernaktivierung und
Erdwärmenutzung seinen Primärenergieverbrauch um 54 Prozent
im Vergleich zu Referenzgebäuden senken. Das Berliner Architektenduo Matthias Sauerbruch und Louisa Hutton schließlich zeigt,
wie die energieeffiziente Modernisierung von Bestandsgebäuden
aussehen kann: Die Hauptverwaltung des Berliner Wohnungsunternehmens GSW an der Kochstraße mit ihrem markanten, 17geschossigen Turm aus dem Jahr 1961 machten sie zum „ersten
ökologischen Hochhaus“ Deutschlands. Das Gebäude kommt ohne
mechanische Belüftung aus, und dank einer neuen zweischaligen
Verglasung soll der Energiebedarf gegenüber einem herkömmlichen
Hochhaus um 40 bis 50 Prozent gesenkt werden.
Kein Zweifel also: Die Themen Energieeffizienz, ökologische Gebäudeplanung oder nachhaltige Quartiersentwicklung werden die
Immobilienwirtschaft in den kommenden Jahren zunehmend beschäftigen. „Eigentümer und Investoren werden ihre Portfolios in
Bezug auf die energetische Beschaffenheit der Flächen überprüfen
müssen“, glaubt Jörg Nehls – und bereit sein, entsprechende Investitionen zu schultern. Dies wird sich laut dem DTZ-Experten langfristig rentieren: „Wir gehen davon aus, dass die Mietpreis- und Wertentwicklung energiesparender Immobilien positiver ausfallen wird
als für herkömmliche Gebäude, die ansonsten dieselben Lage- und
Qualitätsstandards zu bieten haben.“ Ansporn genug auch für die
Immobilienwirtschaft, den „Carbon Footprint“ ihrer Kunden mit ins
Kalkül zu ziehen: Wer weiß, vielleicht gibt es ihn ja schon bald, den
ersten „CO2-neutralen“ Mietvertrag.
Anne Wiktorin arbeitet als freie Journalistin in Köln.
„Deutschland wird einen Spurt hinlegen“
RAUM & mehr: Wie erklären Sie
sich, dass ausgerechnet die deutsche Immobilienwirtschaft das Thema Nachhaltigkeit noch kaum für
sich entdeckt hat: weder in der Unternehmensphilosophie noch im Bezug auf ihr „Produkt“ Immobilie?
Judith Gabler: Richtig, Deutschland kommt ein wenig spät aus den
Startlöchern. Die RICS befasst sich
etwa auf internationaler Ebene bereits im sechsten Jahr mit dem Thema Nachhaltigkeit. Seit einem Jahr
gehört zudem das Thema Nachhaltigkeit auch in Deutschland zum
Pflichtprogramm bei der Prüfung
zum Chartered Surveyor. Ein Grund
dafür, dass wir in Deutschland ein
wenig im Rückstand sind, mag sein,
dass hierzulande immer noch der
Sachwert einer Immobilie eine relativ wichtige Rolle spielt. Doch diese
Sichtweise ändert sich – und damit
wird auch das Thema einer nachhaltigen Bewirtschaftung an Bedeutung gewinnen. Ein zweiter Punkt
ist die Zersplitterung der deutschen
immobilienwirtschaftlichen Verbändelandschaft: Vielleicht hat der starke Impulsgeber gefehlt. Nun aber
gibt es eindeutige Signale: Die Regierung forciert das Thema und for-
dert die Branche auf, bei der Umsetzung ihr Know-how einzubringen.
RAUM & mehr: Wirtschaften Immobilienunternehmen in anderen
Ländern tatsächlich nachhaltiger,
oder machen sie mit einem Label
wie „CarbonNeutral“ – CO2-neutral – nur das bessere Marketing?
Gabler: Nein, generell arbeiten
ausländische Unternehmen im Vergleich zu deutschen nicht nachhaltiger. Zumal deutsche Firmen im
Ausland ja unter Beweis stellen,
dass sie über das nötige Fachwissen verfügen. Und ja, es ist sicher ein Schuss Marketing dabei,
wenn man von „CarbonNeutral“
spricht. Vor allem müsste der
Begriff nach unserer Ansicht noch
schärfer definiert werden.
RAUM & mehr: Sind ökologische,
energieeffiziente Bauten teurer als
herkömmliche?
Gabler: Ja, die Herstellungskosten
sind gewiss höher. Über die Lebensdauer des Gebäudes macht sich
dies aber bezahlt – schließlich sinken dadurch die Bewirtschaftungskosten deutlich. Und das bringt
mehr Spielraum bei der Nettomiete.
RAUM & mehr: Was bringt der
neue Energieausweis?
Gabler: Er wird vor allem eine
große Transparenz bringen. Der
Ausweis zeigt die Kerndaten eines
Gebäudes, diese müssen bei Bürogebäuden sogar öffentlich ausgehängt werden. Das wird für mehr
Vergleichbarkeit sorgen, der Kunde
bekommt gewisse Qualitätsmerkmale an die Hand. Außerdem werden Empfehlungen ausgesprochen,
wie das Gebäude energetisch verbessert werden kann. Damit schafft
der Ausweis den nötigen Freiraum
für Verbesserungen.
Foto: RICS Deutschland
Judith Gabler, Geschäftsführerin der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) Deutschland, über Nachhaltigkeit in der deutschen
Immobilienwirtschaft, Herstellungskosten von ökologischen, energieeffizienten Bauten und den neuen Energieausweis
Judith Gabler ist Geschäftsführerin der Royal Institution
RAUM & mehr: Wird es den „CO2neutralen“ Mietvertrag geben?
Gabler: Das Umweltbewusstsein
und die Sensibilität für den Faktor Betriebskosten steigt bei Wohnungs-, aber auch bei Büromietern
– daran besteht gar kein Zweifel. Die Richtung ist daher klar: Es
geht um Energieeffizienz, die Nutzung erneuerbarer Energien und
ressourcenschonendes Bauen. Der
flächendeckend CO2-neutrale Mietvertrag ist heute aber noch Utopie.
Das Interview führte Anne Wiktorin.
of Chartered Surveyors (RICS)
Deutschland.
Weitere Informationen unter
www.rics.org oder per E-Mail
an jgabler@rics.de.
Zwischen Okzident
und Orient
Wegen der gestiegenen
Konsumnachfrage in der
Türkei investieren derzeit
internationale Anleger
zunehmend in türkische
Shoppingcenter
Blick auf die Ortaköy-Camii-Moschee in Istanbul:
Die positive Wirtschaftsentwicklung in der Türkei hat auch das
Interesse von Immobilieninvestoren geweckt.
RAUM & MEHR 14_15
Die Türkei wird auch in Zukunft konservativ-religiös regiert. Mit überwältigender Mehrheit wurden erst im Juli die AKP
als führende Partei und Recep Erdogan als Premierminister bestätigt. Insbesondere für junge Türken in den Städten steht das jedoch nicht im Widerspruch dazu, sich modern zu kleiden und die
Errungenschaften der Telekommunikationswelt vom HD-Fernseher bis zum Computerspiel zu nutzen. In zahlreichen Shoppingcentern, allen voran in Istanbul, werden die aufkommenden Konsumwünsche erfüllt. Zwar befinden sich die Einkaufstempel noch
mehrheitlich fest in türkischer Hand, zunehmend drängen jedoch
internationale Investoren auf den Markt, um an der gestiegenen
Konsumnachfrage zu partizipieren.
Das älteste Istanbuler Einkaufszentrum, die „Galleria Ataköy“,
eröffnete 1988 an der Autobahn vom Flughafen Atatürk Richtung
Innenstadt. Mit seinen 45.000 Quadratmetern Verkaufsfläche leitete es als erster moderner, westlich orientierter Konsumtempel
den Wandel der Einkaufslandschaft in der Türkei ein. Noch immer
empfehlen alle Reiseführer für Istanbul neben dem traditionellen
„Großen Basar“ den Einkaufsbummel in der Straße Istiklal im europäischen Viertel Beyoglu. Die Fahrt mit der historischen Straßenbahn ist sicher amüsant. Aber ihre Eleganz hat die Straße längst
eingebüßt, denn die Modewelt hat sich neu orientiert, nicht anders
als in den Fußgängerzonen westeuropäischer Städte.
Fotos: Laif/Frank Tophoven; Kanyon/Murat Germen;
H Ö H E R E A N FA N G S R E N D I T E N
Seit 2005 steigt in der Türkei die Zahl großer Einkaufszentren.
So stellt der Einzelhandelsmarkt heute 20 Prozent des türkischen
Bruttosozialprodukts dar und erlebt eine hohe Nachfrage und
steigende Investitionsmöglichkeiten, schreibt das internationale
Immobilienberatungsunternehmen NAI apollo in einer aktuellen
Analyse. Grund dafür sind laut einer OECD-Studie ein kontinuierliches BIP-Wachstum (2006 rund sechs Prozent), sinkende Inflations- und Arbeitslosenquoten (2006 jeweils rund zehn Prozent)
sowie verstärkte ausländische Direktinvestitionen. Auch für die
kommenden beiden Jahre prognostiziert die OECD ein Wirtschaftswachstum von etwa sechs Prozent. Das verfügbare Pro-KopfEinkommen der türkischen Bevölkerung stieg durch die positive
Wirtschaftsentwicklung 2006 auf den bisherigen Höchstwert von
rund 5.500 Dollar und kurbelte so den Konsum an. Die Bevölkerung ist im Durchschnitt jünger als in allen anderen europäischen
Ländern, das durchschnittliche Einkommen ist inzwischen höher
als etwa in Rumänien oder Bulgarien.
Die positive Wirtschaftsentwicklung in der Türkei hat auch das
Interesse von Investoren geweckt: „Mittlerweile bietet die Türkei interessante Investitionsrahmenbedingungen“, sagt Michael Montebaur, Vorstandsmitglied der Union Investment Real Estate AG und
zuständig für das Asset Management Ausland. In den vergangenen
Monaten hätten daher immer mehr ausländische Investoren die Türkei für sich entdeckt. „Besonders Shoppingcenter-Investments sind
attraktiv, weil die Anfangsrenditen deutlich höher sind als in Westeuropa“, sagt Montebaur. Auch werde das Risiko im Emerging Market
Türkei durch den doppelten Wachstumseffekt – Bevölkerungsanstieg
und Wirtschaftswachstum – deutlich abgeschwächt.
MARKT & BRANCHE
Vom Wachstumstrend profitieren besonders die modernen
Einzelhandelskonzepte. 2006 gab es nach Erhebungen des auf
Einzelhandel spezialisierten Beratungsunternehmens Kuzey Bati
in der Türkei 107 große Shoppingcenter mit jeweils über 10.000
Quadratmetern Verkaufsfläche, davon 51 in Istanbul mit insgesamt einer Million Quadratmetern Ladenfläche. Weitere 22 Center waren hier noch in Planung und zusätzlich 20 bereits im Bau.
Die Standorte der türkischen Center konzentrieren sich insgesamt
in den Metropolen Istanbul, Ankara und mit Abstrichen in Izmir,
wenngleich verstärkt auch Centerentwicklungen in den „Secondary
Cities“ wie Mersin, Antalya, Kayseri und Eskisehir vorangetrieben
werden. Angesichts der neu in die Türkei expandierenden Handelsunternehmen wie C&A, Ikea und Media Markt erwartet GfK
Prisma ein exponentielles Wachstum der modernen Shoppingcenterflächen insbesondere in der Hauptstadt Ankara.
Aber auch der Büroimmobilienmarkt wächst. So haben die Mietpreise für hochwertige Büroflächen in Istanbul nach Informationen von
NAI apollo 30 Dollar pro Quadratmeter und Monat erreicht. Istanbul
deckt rund 60 Prozent des gesamten Immobilienmarkts der Türkei
„Kanyon“ ist das modernste Shoppingcenter Istanbuls. Der Baukomplex
umfasst zudem einen Büroturm und drei Wohnblocks, die in einem Bogen
die viergeschossige Einkaufsmall unter freiem Himmel einschließen.
RAUM & MEHR 16_17
MARKT & BRANCHE
ab. Das Angebot an hochwertigen Büroimmobilien im
Hauptgeschäftsbezirk beläuft sich auf rund 1,3 Millionen Quadratmeter, wovon sich 1,05 Millionen
Quadratmeter im europäischen und 250.000 Quadratmeter im asiatischen Geschäftsbezirk befinden,
schreibt NAI apollo. In 2006 lag die Wachstumsrate
von Büroflächen bei 3,7 Prozent und damit auf dem
höchsten Niveau in den letzten drei Jahren.
Das derzeit größte Centerprojekt in der Türkei realisiert der Entwickler Multi Turkmall. Das „Forum Istanbul“ mit 148.000 Quadratmetern Verkaufsfläche, dazu Wohnungen, Gastronomie, Ausstellungsflächen und ein Aquarium, entsteht bis Ende 2008 im Stadtteil
Bayrampasa. IKEA wird der Ankermieter. Als die Schweden 2005 auf
der asiatischen Seite des Bosporus ihren ersten eigenen Markt einrichteten, kamen am Eröffnungstag 500.000 Menschen. Finanzpartner für das „Forum Istanbul“ ist die Eurohypo, die ihr neues Büro im
„Kanyon“ bezogen hat, dem zurzeit modernsten Shoppingcenter in
Istanbul. Es liegt im Stadtteil Levent, wo Banken- und Bürotürme die
Straßen säumen. „Kanyon“ ist ein türkisches Investment von Eczacibasi und einem REIT der IS Bank. Murat Ergin, CEO von Kuzey Bati,
warnt jedoch: „Baugenehmigungen für neue Einkaufszentren werden
zunehmend erschwert, schon für ‚Kanyon‘ hat es zweieinhalb Jahre
gedauert, und ein Gesetz zur Beschränkung von Einkaufszentren ist in
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen Türkei
Einwohner
ca. 72 Mio.
Fläche
814.580 km2
Istanbul
Ankara
Eskisehir
Izmir
Kayseri
Antalya
Mersin
200 km
Chancen
Inflationsrate Juni 2007: 8,6 %
(2006: 9,6 %), Tendenz weiter sinkend
Risiken
Wachstum Bruttosozialprodukt um
4,5 %, 2002–2006 jährlich 7,2 %
Leistungsbilanzdefizit (in % des BIP)
2005: 6,3 %, 2006: 7,9 %
(bei gleichbleibenden Energiekosten
3,4 bzw. 3,9 %)
BIP pro Kopf der Bevölkerung
2002–2005 verdoppelt,
2006: 5.477 $
Exporte 2006: 85,1 Mrd. $, Importe
137,0 Mrd. $ (2007 gleiches Handelsbilanzdefizit erwartet)
Direkte ausländische Investitionen
seit 2002 jährlich verdoppelt auf
20,2 Mrd. $ 2006, 1. Quartal 2007
10,0 Mrd. $
Öffentliche Ausgaben: Steigerung
um 9,3 % (vorwiegend im Bausektor)
Produktivität steigend
Transparenz und Korruption
Rang 65 von 159 Ländern
(zum Vergleich: Russland Rang 126)
Arbeitslosenquote 2006: 9,9 %
Private Ausgaben nach leichtem
Rückgang 2006 gering steigend
Quelle: EFG Istanbul Securities, Transparency International, Stand: Juli 2007
Vorbereitung.“ Die türkische Regierung wolle so
ein Überangebot an Center-Flächen vermeiden
und den Markt stärker regulieren. Demzufolge dürften die bereits vorhandenen Shoppingcenter langfristig an Wert gewinnen.
Bislang kommen in türkischen Städten weiterhin viele Einzelhandelsobjekte auf den Markt.
Deshalb sind aktuell nur noch in Einzelfällen Anfangsrenditen
von 9 bis 11 Prozent realisierbar. Generell ist die Versorgung mit
hochwertigen Shoppingcenterflächen im internationalen Vergleich in der Türkei aber noch sehr gering. Laut dem International
Council of Shopping Centers ICSC kommen in der Gesamttürkei
nur magere 30 Quadratmeter Verkaufsfläche auf 1.000 Einwohner, ein im europäischen Vergleich weit unterdurchschnittlicher
Wert. In den Niederlanden dagegen beläuft sich die Ausstattung
auf 460 Quadratmeter pro 1.000 Einwohner. Speziell in Istanbul
sind es allerdings bereits knapp 108 Quadratmeter, fast ebenso
viel wie etwa in Polen. Die Mieten in den türkischen Shoppingcentern schwanken je nach Standort beziehungsweise Größe und
Lage der Mietfläche stark zwischen 16 und 129 Euro je Quadratmeter und Monat.
G R O S S E S I N V E S TO R E N I N T E R E S S E
„Wer in der Türkei Fuß fassen will, muss in Istanbul präsent
sein“, ist Ralf Licht, CEO von Sireo Investment Management mit Sitz
in Luxemburg, überzeugt. Ende 2006 startete Sireo den „Fonds 6
Türkei“ für deutsche institutionelle Anleger und gründete in Istanbul
die Sireo Turkey als Joint Venture mit Timsan, um innerhalb von zwei
Jahren 300 Millionen Euro zu platzieren. Ausländische Unternehmen, die sich in der Türkei engagieren wollen, müssen laut Gesetz
zumindest mit einer Zweigniederlassung vertreten sein. Viele wählten jedoch zunächst das Joint Venture mit türkischen Marktführern,
wie beispielsweise der niederländische Entwickler und Betreiber von
Shoppingcentern Multi Development mit Turkmall. Das Branchenschwergewicht ECE operierte zunächst mit Koc; die Metro-Gruppe
suchte die Partnerschaft mit dem türkischen Marktführer Tepe.
Als erster deutscher institutioneller Anleger investierte die Commerz Grundbesitz Gruppe im Juli 2005 knapp 80 Millionen Euro in
das „Forum Bornova“ von Multi Turkmall in Izmir. Auch der Essener
Projektentwickler mfi treibt die Gründung einer türkischen Gesellschaft voran. Sein Ziel: innerhalb von zehn Jahren 1 Milliarde Euro
in neue Shoppingcenter zu investieren und alte Objekte zu revitalisieren. „Die Türkei ist eine der dynamischsten Volkswirtschaften Europas“, sagt Christina Weiss, Vorstandsmitglied der mfi. „Die günstige demografische Entwicklung sowie politische Entscheidungen in
Richtung eines rechtssicheren und liberalen Marktes bieten hervorragende Rahmenbedingungen für einen Markteinstieg.“
Deutlich expansiv entwickelt sich auch das Segment der Fachmärkte. So entsteht derzeit in der Istanbuler Vorstadt Beylikdüzü ein
Media Markt, finanziert von einem Offenen Immobilienfonds der Union
Investment Real Estate AG. Die Fondsgesellschaft ist bereits seit einem
Jahr mit einer Shoppingcenter-Entwicklung in der Hafenstadt Mersin als Joint Venture mit Multi Turkmall vertreten. Dort eröffnet Ende
Fotos: Corbis/Owen Franken; Keystone/Orkan Olgun; Union Investment (2)
Oktober mit dem „Forum Mersin“ ein modernes Erlebnis- und Einkaufszentrum mit rund 70.000 Quadratmetern und Stilelementen
eines klassischen Altstadtbasars. Gesamtinvestition: rund 200 Millionen Euro, geschätzte Besucherzahl: jährlich 10 Millionen Menschen.
Jüngster Coup von Union Investment ist die Übernahme der Shoppingcenter-Entwicklung „Forum Kayseri“ für rund 250 Millionen Euro,
wiederum als Joint Venture mit Multi Turkmall. Nach Übergabe des in
der Provinz Kayseri im Südosten Anatoliens gelegenen Centers beabsichtigt Multi Turkmall, einen 50-prozentigen Anteil an dem Investment zurückzuerwerben. „In Kayseri ist der Bedarf an hochwertigem
Einzelhandel noch nicht gedeckt“, so Michael Montebaur.
Das aktuelle Interesse internationaler Investoren an Shoppingcentern in der Türkei lässt sich mittlerweile auch an den Rankings
der europäischen Einzelhandelsinvestments ablesen. Laut Jones
Lang LaSalle (JLL) wird die Türkei im ersten Quartal 2007 mit rund
100 Millionen Euro in der Rangliste auf Platz 9 geführt. Insgesamt
wurden in Kontinentaleuropa im ersten Quartal 2007 rund 3,1
Milliarden Euro investiert. „Die Tatsache, dass es bis zum Ende
des ersten Quartals bereits weit fortgeschrittene Verhandlungen
mit einem möglichen Volumen von insgesamt nochmals über 100
Millionen Euro gibt, zeigt, dass die Türkei weiter stark im Fokus
steht“, schreibt JLL. Das bestätigt auch Cushman & Wakefield. Die
Londoner Immobilienberatungsgesellschaft erwartet allein 2007
in der Türkei Investitionen in Gewerbeimmobilien von insgesamt
4 Milliarden Euro, davon 80 Prozent in Shoppingcenter.
Gudrun Escher und Nikolaus von Raggamby
Altstadtbasar (unten) trifft Moderne: Union Investment ist in der Türkei
unter anderem mit der Shoppingcenter-Entwicklung „Forum Kayseri“ und
der Center-Entwicklung in der Hafenstadt Mersin (Simulationen oben und
Mitte) vertreten. Mit dem „Forum Mersin“ eröffnet Ende Oktober ein modernes Einkaufszentrum mit Stilelementen eines klassischen Altstadtbasars.
Bürofassade: Unternehmen achten vermehrt
auf eine effiziente Flächennutzung in ihren Gebäuden.
RAUM & MEHR 18_19
MENSCH & ARBEIT
Klein, aber fein
Um Kosten zu senken, mieten Firmen vermehrt kleinere Büros an. Demografischer
Fotos: Getty Images/Science Faction/Le-Dung Ly
Wandel und Arbeitsplatzverlagerung könnten die Nachfrage ebenfalls reduzieren
In vielen Märkten zieht das Vermietungsgeschäft an,
die Mieten steigen. Der Leerstand bei Büroimmobilien bleibt indes
vielfach weiterhin hoch. Auch in einem positiven Wirtschaftsumfeld gelingt es nicht, das Überangebot, vor allem zweitklassiger
Flächen, abzubauen. Denn Unternehmenswachstum bedeutet nicht
in jedem Fall, dass auch mehr Flächen angemietet werden. Der
demografische Wandel und die Verlagerung von Arbeitsplätzen
in Billiglohnländer könnten künftig für weiteren Leerstand sorgen.
Fachleute gehen deshalb davon aus, dass die Nachfrage nach Büroimmobilien in Europa insgesamt eher sinken als steigen wird.
Immer mehr Unternehmen achten darauf, dass ihre Büroflächen effizient genutzt werden. Mit spitzem Bleistift prüfen sie, wie
viel Quadratmeter auf jeden Arbeitnehmer entfallen, wie hoch die
Kosten pro Arbeitnehmer und pro Quadratmeter sind und wie das
Verhältnis zwischen Haupt- und Nebennutzflächen wie Fluren oder
Küchen ist. Letztere sollten nicht über 20 Prozent beanspruchen. Laut
einer Studie des internationalen Interessenverbands CoreNet Global
(CNG), dem 7.000 Konzerne mit betrieblichen Immobilien angehören, unterziehen bereits 57 Prozent der rund 300 befragten, vornehmlich in den USA angesiedelten Firmen ihre Immobilien diesem
Leistungscheck. 30 Prozent planen dies für die Zukunft.
„Auch in Europa brennt dieses Thema schon längere Zeit. Wer
im internationalen Wettbewerb bestehen möchte, muss den Flächenverbrauch reduzieren, um Kosten zu senken“, sagt Rainer Köllgen, Deutschland-Repräsentant von CNG. Das Einsparpotenzial ist in
der Tat groß. Während in den USA auf jeden Mitarbeiter rund zehn
Quadratmeter Bürofläche kommen, sind es in Deutschland, Frankreich, Italien und den Beneluxstaaten mehr als 20 Quadratmeter.
„Seit zehn Jahren machen wir Kostenvergleiche und prüfen, wie
unsere Kunden von ihren Bürokosten herunterkommen können“,
bestätigt Alexander Malkwitz von AT Kearney. Und auch Monika
Litschke, bei Union Investment Real Estate für die Vermietung verantwortlich, beobachtet, dass der Flächenverbrauch in den Fokus
der Unternehmen rückt: „In den letzten Jahren haben wir eine Flächenreduktion pro Arbeitsplatz festgestellt, da Mieter auf mehr Flächeneffizienz geachtet haben. Das gilt allerdings vornehmlich für
Firmen mit internationalem Hintergrund und im IT-Bereich.“
Verstärkt wird dieser Trend durch sich stetig verändernde Arbeitswelten. Laut der CNG-Studie beispielsweise werden 2010
die Mitarbeiter nur noch 25 Prozent ihrer Arbeitszeit im Büro
verbringen. Den Rest arbeiten sie von zu Hause aus, im Hotel oder in Teamräumen. „Die Unternehmen müssen sich da-
her Gedanken darüber machen, wie sie die Flächen anders
und effizienter zuschneiden – auch in Europa“, sagt Köllgen.
Denkbar sind sogenannte Hoteling-Konzepte, bei denen Unternehmen eine bestimmte Anzahl von Räumen unterschiedlichster Ausstattung zur Verfügung stellen, die die Mitarbeiter
im Voraus buchen können. Beim Desk-Sharing-Modell teilen sich
mehrere Mitarbeiter einen Schreibtisch, ausgehend davon, dass
nicht alle Mitarbeiter zeitgleich im Büro sind. Ob die Reduzierung
aufgeht, bleibt abzuwarten. „Nur auf die wenigsten Unternehmen passen etwa Hoteling-Konzepte mit einer effizienten Mehr-
Wichtigste Faktoren für die Standortwahl
Mehrfachnennungen* möglich
161
Kunden- und Marktzugang
Zugang zu Facharbeitern
84
Risikominimierung/Diversifikation
68
Lebensqualität für Arbeitnehmer
61
Qualität der lokalen Infrastruktur
61
Staatliche Auflagen
30
Verflechtung mit Zulieferfirmen
30
Staatliche Subventionen
27
Zugang zum Niedriglohnsektor
26
* 312 befragte Unternehmen
Quelle: CoreNet Global, 2004
Weniger Erwerbstätige
Bevölkerungsentwicklung in Deutschland bis 2050, in Mio.
unter 20 Jahre
20 bis 67 Jahre
über 67 Jahre
100
80
60
40
20
0
2005
2010
2020
2030
2040
2050
Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2006, Bevölkerung Deutschlands bis 2050
RAUM & MEHR 20_21
MENSCH & ARBEIT
Callcenter in Mumbai (ehemals Bombay). US-Unternehmen haben in den letzten Jahren bis zu 1,6 Millionen Arbeitsplätze an Standorte wie Indien
Fotos: Laif/Redux/The NewYorkTimes; Artur/Tomas Riehle
und Osteuropa verlagert. Europäische Unternehmen kommen im selben Zeitraum auf 400.000 bis 600.000 ausgelagerte Stellen.
fachbelegung von Arbeitsplätzen. Wenn man den Mitarbeitern
trotzdem innovative Büros sowohl für konzentriertes als auch für
kommunikatives Arbeiten bieten möchte, ist eine Flächeneinsparung nur geringfügig oder unter Umständen gar nicht realisierbar“, sagt Olaf Schmetzer, Partner von Ernst & Young Real Estate.
Hinzu kommt die Frage, wie sich die Innenflächen sinnvoll nutzen
lassen. Denn Arbeitsplätze ohne Tageslicht sind im Gegensatz zu
den USA in Deutschland und vielen anderen europäischen Staaten nicht erlaubt. „Es ist daher vielfach sinnvoller, Office-Konzepte
zu etablieren, die die vorhandenen Arbeitsprozesse unterstützen
und zum Beispiel den Wissenstransfer fördern oder die Einarbeitungszeit neuer Mitarbeiter verkürzen, als nur auf die möglichst
hohe Einsparung bei den Quadratmetern pro Mitarbeiter zu setzen“, sagt Schmetzer.
Die arbeitsrechtlichen Bestimmungen in Deutschland und Europa setzen der Flächeneffizienz zusätzliche Grenzen. „Amerikanische
Verhältnisse wird es bei uns daher nie geben, auch wenn der Flächenverbrauch an Bedeutung gewinnt“, sagt Helge Scheunemann,
Analyst bei Jones Lang LaSalle. „Hinzu kommt, dass das Thema soziale Nachhaltigkeit hierzulande eine viel größere Rolle spielt. Die
Arbeitnehmer sollen sich wohlfühlen. Dieser Wohlfühlfaktor wirkt
ebenfalls einschränkend auf die Flächeneffizienz“, sagt er. Der Flächenverbrauch ist folglich nicht nur eine Frage der Gesetzgebung,
sondern auch der Arbeitskultur. „In Europa ist die Bürofläche ein
Nutzfaktor und zugleich ein Motivationsfaktor“, bestätigt Tobias Just,
Analyst bei der Deutschen Bank Research (DB Research). Es werde
immer im Blick gehalten, welche Auswirkungen eine Kostenreduktion auf die Leistung der Mitarbeiter habe. „Drastische Flächenreduzierungen sind Einzelfälle und keine Musterbeispiele für die deutsche
Volkswirtschaft. Es gibt keine holzschnittartigen Lösungen. Das muss
jedes Unternehmen für sich austarieren“, sagt Just.
Die heimische Arbeitskultur könnte indes bald einen Dämpfer
erhalten. Denn in jüngster Vergangenheit wurden immer mehr Arbeitsprozesse ins Ausland verlagert. Durch diese Offshoring-Mentalität würden im Inland Arbeitsplätze verloren gehen und der Bedarf an Büroflächen sinken. Nach einer aktuellen Schätzung von
DB Research haben US-amerikanische Unternehmen bis Anfang
2007 zwischen 1,2 und 1,6 Millionen Offshore-Arbeitsplätze im
Bereich von IT- und Back-Office-Dienstleistungen an Standorten
wie Indien und Osteuropa geschaffen. Europäische Unternehmen
kommen im selben Zeitraum auf 400.000 bis 600.000 ausgelagerte Stellen. „Empirisch konnte aber bisher nicht nachgewiesen
werden, dass bei uns dadurch netto Arbeitsplätze verloren gehen“,
sagt DB-Research-Experte Just. „Im Gegenteil: Durch die Effizienzsteigerung entstehen vielfach sogar neue Jobs.“
Weltweiter Flächennachfragemix für Büroangestellte
zugewiesene, feste Büroarbeitsplätze
heute
2010
sonstige Arbeitsplätze außerhalb
des Büros
nicht zugewiesene
Arbeitsplätze
Home-Arbeitsplätze
Quelle: CoreNet Global, 2004, 312 befragte Unternehmen
Team-Arbeitsplätze
Unternehmen achten zunehmend darauf, dass ihre Büroflächen effizient genutzt werden. Während in den USA auf jeden Mitarbeiter rund zehn
Quadratmeter Bürofläche kommen, sind es in Deutschland, Frankreich, Italien und den Beneluxstaaten mehr als 20 Quadratmeter.
Mittlerweile hat Offshoring nach Meinung vieler Experten sogar
an Attraktivität verloren. „Es hat sich gezeigt, dass die Verlegung nach
Indien und China weitaus schwieriger ist als gedacht“, sagt Alexander
Malkwitz von AT Kearny. Vor allem die sprachlichen Barrieren haben
sich als Hemmschuh erwiesen. „Zudem ist der Dienstleistungssektor
nicht in dem Maße vom Offshoring betroffen wie der Industriesektor,
weil für ihn vor allem die Kundennähe und die spezialisierten Fachkräfte von Bedeutung sind“, sagt Scheunemann. Die nicht immer
positiven Erfahrungen, die Unternehmen in den vergangenen Jahren mit der Verlagerung von Arbeitsplätzen an das andere Ende der
Welt gemacht haben, lassen viele Konzernchefs umdenken. Laut der
CNG-Studie ist nicht mehr das niedrige Lohnniveau für die Wahl eines
Standorts ausschlaggebend. Viel wichtigeres Kriterium ist der Zugang
zu Kunden und Märkten sowie zu gut ausgebildeten Fachkräften.
D E M O G R A F I S C H E R FA K TO R
Auch die demografische Entwicklung ist ein weiterer Faktor,
der die Büronachfrage drosseln könnte. Nach Schätzungen des
statistischen Bundesamts wird es 2020 in Deutschland 4,2 Prozent
weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter zwischen 20 und 65
Jahren geben als noch 2005. 2030 werden es sogar 15,3 Prozent
weniger sein. Ähnlich stellt sich die Bevölkerungsentwicklung in
den anderen europäischen Staaten dar: Die Geburtenraten gehen
so stark zurück, dass sie die Sterbefälle nicht mehr kompensieren.
„Der demografische Faktor schlägt voll durch. Gibt es weniger Erwerbstätige, herrscht ein Fachkräftemangel. Das könnte die Unternehmen ins Ausland treiben – mit entsprechenden Auswirkungen
auf die Büronachfrage“, sagt Helge Scheunemann.
Besonders betroffen sind strukturschwache und ländliche Regionen. Denn sie leiden zusätzlich darunter, dass die erwerbsfähigen
Menschen in Metropolregionen abwandern. Nach einer Analyse
von Union Investment profitieren in Deutschland insbesondere die
Städte Frankfurt, Hamburg, München, Berlin und Stuttgart von
diesen Wanderungsbewegungen. Doch was bedeuten diese drei
strukturellen Trends für die Immobilieninvestoren? Wie attraktiv ist
der europäische Markt noch? „Aus Investorensicht bleiben Europa
und Nordamerika wichtige und interessante Investitionsstandorte“,
sagt Reinhard Kutscher, Vorstandssprecher der Union Investment
Real Estate AG. „Attraktiv werden auch in Zukunft Metropolregionen wie Hamburg, Frankfurt, London, Paris und München sein.
Strukturschwache Regionen hingegen stehen eindeutig auf der
Verliererseite“, sagt Kutscher.
Die Metropolregionen sind es auch, die am stärksten vom
Wirtschaftswachstum profitieren. „Wir rechnen damit, dass in
den wichtigen Bürostandorten die Leerstandsquoten bis 2010
um zwei Prozent sinken werden und die Spitzenmieten in München oder Hamburg um über zehn Prozent zulegen“, sagt Tobias
Just. Dass der Leerstand gänzlich abgebaut wird, gilt jedoch als
unwahrscheinlich. „7 Millionen Quadratmeter stehen in den Top5-Standorten in Deutschland leer. 4 Millionen sind davon qualitativ zweitklassig und haben damit kaum Vermarktungschancen“,
argumentiert Scheunemann. Ein Großteil dieser schwer vermietbaren Gebäude stammt aus den 50er-, 60er- und 70er-Jahren und
ist seit Jahrzehnten nicht modernisiert worden. „Als Investor sollte man sich daher Gedanken über die Renovierung und Umwidmung von alten Immobilien machen“, rät etwa AT-Kearney-Experte
Malkwitz. Bei vielen steht das aktive Bestandsmanagement bereits
auf der Tagesordnung. Erfolgreiche Projekte wie das Madou Plaza
in Brüssel oder die geplante Sanierung des Unilever-Hochhauses
in Hamburg sind Beispiele dafür.
Johanna Lutteroth arbeitet als freie Journalistin in Hamburg.
RAUM & MEHR 22_23
RAUM & ANLAGE
Begehrte Betten
Die europäische Hotelbranche boomt. Das zieht zahlreiche institutionelle Investoren
an. Dadurch ist das Transaktionsvolumen am Hotelmarkt im vergangenen Jahr auf ein
Rekordniveau gestiegen. Mittlerweile ist die Nachfrage sogar größer als das Angebot
Europäische Hotelinvestments
in Mrd. Euro
Einzeltransaktionen
Portfoliotransaktionen
8,6
9,4
2003
2004
21,6
16,3
9,0
(1. Halbjahr)
5,3
2002
Quelle: Jones Lang LaSalle Hotel, Juli 2007
2005
2006
2007
für bemerkenswert hohe Investitionsvolumina. Aufsehen erregte
in jüngster Zeit vor allem der Kauf der Hotelkette Hilton durch
den amerikanischen Großinvestor Blackstone für 26 Milliarden
Dollar. Bei diesem Geschäft stand jedoch mehr der Erwerb der
Betreibergesellschaft und weniger der Kauf der Hotelgebäude
im Vordergrund. Als klassische Hoteltransaktion gilt der Kauf
von 76 Accor-Hotels für 583 Millionen Euro durch den französischen REIT Foncière des Murs im Vorjahr. Oder die Veräußerung
von 132 Scandic-Hotels an EQT Partners für 833 Millionen Euro.
Und erst im Juli dieses Jahres wurde der Verkauf von weiteren 72
deutschen und 19 niederländischen Accor-Häusern an Moor Park
Real Estate gemeldet. 863 Millionen Euro investierte der britische
Finanzinvestor hierfür.
ZAHL DER PORTFOLIOVERKÄUFE STEIGT
Damit scheint auch 2007 das Interesse an Hotelimmobilien
nicht abzureißen – nach dem Investmentrekord im vergangenen
Jahr. JLL-Berechnungen zufolge wechselten allein in Deutschland
in den ersten sechs Monaten dieses Jahres Hotels im Gesamtwert
von etwa 1,4 Milliarden Euro den Besitzer. „Das entspricht rund
60 Prozent des Gesamtvolumens aus dem Vorjahr“, sagt Ursula
Kriegl, Leiterin Hotels Deutschland bei JLL. 93 Prozent des investierten Kapitals stammten aus dem Ausland.
2006 lag das Transaktionsvolumen in europäische Hotels bei
insgesamt 21,6 Milliarden Euro und damit immerhin 38 Prozent
über dem von 2005. 1997 flossen etwa 1,8 Milliarden Euro in Hotels, 2003 waren es bereits rund 9 Milliarden Euro. Nach dem Rekordjahr 2006 bleibt der europäische Hotelinvestmentmarkt aber
auch im ersten Halbjahr 2007 auf hohem Niveau. Mit rund 9 Milliarden Euro liegt das Transaktionsvolumen allerdings geringfügig
(drei Prozent) unter dem Ergebnis des Vergleichszeitraums von
2006. Rund 72 Prozent des gesamten europäischen Hotelinvestmentvolumens gingen in diesem Jahr auf das Konto von Portfoliotransaktionen. „Insgesamt wird 2007 das Transaktionsvolumen die
20-Milliarden-Euro-Marke wohl nicht erreichen“, schätzt Christoph
Härle, Executive Vice Präsident bei JLL Hotels.
Ausschlaggebend für das Rekordvolumen 2006 waren vor
allem die Portfolioverkäufe. Sie lagen mit 15 Milliarden Euro um
Fotos: Union Investment (3)
Der Radio- und Fernsehpionier Max Grundig sammelte einst Grandhotels, das Schlosshotel Bühlerhöhe in BadenBaden gehörte neben etlichen anderen zu einer ganzen Kollektion
von Hotels in seinem Besitz. Ihren Reiz scheinen vor allem Luxushotels bis heute nicht verloren zu haben. So erwarb der Unternehmer Reinhold Würth das Schlosshotel Friedrichsruhe nahe seinem Unternehmenssitz im baden-württembergischen Künzelsau
und investierte hierbei 40 Millionen Euro. Aber nicht nur private,
sondern zunehmend auch institutionelle Investoren interessieren
sich verstärkt für die Hotels.
Denn die Branche boomt. Europas Hoteliers haben im ersten
Halbjahr 2007 deutlich höhere Umsätze erzielen können. Nach einer
neuen Studie der Beratungsgesellschaft Deloitte legten die Zimmererträge gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 6,8 Prozent zu. „Der
exzellente Start der europäischen Hoteliers ist vor allem der guten gesamtwirtschaftlichen Lage in der Euro-Region zu verdanken. Neben
der gestiegenen Nachfrage im Business-Segment hat insbesondere
der touristische Sektor zu dem Wachstum beigetragen“, analysiert
Deloitte-Hotelexperte Benjamin Ploppa. Zwar läge Deutschland nicht
unter den Top Ten, jedoch hätte sich der deutsche Hotelmarkt auf
hohem Niveau stabilisiert. Davon profitierten auch die Betreiber in
Deutschland. Laut Jones Lang LaSalle (JLL) stiegen in Berlin, Köln und
München die Belegungszahlen in den Vier- und Fünf-Sterne-Hotels
im ersten Halbjahr 2007 um durchschnittlich vier Prozent.
Die guten Zahlen ziehen immer mehr Investoren in den Hotelmarkt. Spektakuläre Käufe sorgen bereits seit einigen Jahren
Das Radisson SAS Hotel Manchester Airport
(oben und unten links) und das Steigenberger Hamburg gehören zum Hotelportfolio von Union Investment. Gegenwärtig umfasst dieses 17 Hotels
mit über 5.200 Zimmern im
Wert von rund 1,3 Milliarden Euro.
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RAUM & ANLAGE
35 Prozent über dem Wert von 2005. Rund 29 Prozent des Investitionsvolumens entfielen auf globale Investoren, die zwar ihren Sitz in den USA haben, jedoch Kapital aus vielen Ländern
der Welt einsammeln. 43 Prozent des Hotelinvestmentvolumens
entfielen auf Private-Equity-Fonds und wurden beispielsweise durch die Investmentbank Morgan Stanley oder den Finanzinvestor Blackstone getätigt. Vor allem Blackstone ist derzeit im
Hotelsegment sehr aktiv und kontrolliert nach einer Aufstellung
der französischen Beratungsgesellschaft MKG weltweit zwischen 560.000 und 600.000 Zimmer. Durch den Einstieg beim
US-Konzern Hilton ist Blackstone an einer der weltweit größten
Hotelgruppen beteiligt. Hilton besitzt derzeit rund 2.800 Hotels
mit 480.000 Zimmern in 76 Ländern. Zum Vergleich: Die britische
InterContinental-Hotelgruppe, nach Anzahl der Zimmer der größte Hotelkonzern überhaupt, kommt auf rund 3.600 Hotels und
539.000 Gästezimmer in knapp 100 Ländern.
„Vor fünf Jahren galten Hotels noch als uninteressant, als
schwach rentierlich – das hat sich gedreht“, sagt Michael Widmann, Geschäftsführer von PKF Hotelexperts Wien. Jetzt würden
auch Banken gerne wieder Hotelentwicklungen und -käufe finanzieren. Die Kreditinstitute hätten sich aufgrund notleidender Kredite
in diesem Segment lange zurückgehalten. Mit dem Einbruch der
Büromieten im Jahr 2002 seien aber Hotels wieder mehr in den Blickpunkt gerückt. Was Investoren an Hotels besonders schätzen, sind
laut Widmann die lang laufenden Verträge mit den Betreibern, der
relativ stabile Cashflow und das sehr geringe Leerstandsrisiko.
In Deutschland dominierten bisher Pachtverträge, im Ausland
sind dagegen Managementverträge seit Langem üblich. Bei Pachtverträgen zahlen die Hotelpächter fixe Beträge an den Eigentümer,
bei Managementverträgen werden vom Erfolg des Hotelbetriebs
abhängige Beträge gezahlt. Den Wandel am deutschen Markt bestätigt auch JLL-Hotelexpertin Ursula Kriegl: „Der Trend geht zu Management- und Hybridverträgen.“ Letztere mixen beide Formen,
etwa indem eine Sockelpacht durch erfolgsabhängige Zahlungen
ergänzt wird. Das Auslaufen bestehender Festpachtverträge habe in
den vergangenen drei Jahren entscheidend dazu beigetragen, dass
deutsche Hotels für ausländische Investoren interessant wurden.
M A N A G E M E N T V E R T R Ä G E I M KO M M E N
Viele, vor allem deutsche, Eigentümer von Hotelimmobilien
scheuten bisher vor Managementverträgen aufgrund des höheren Risikos zurück. Doch Management- oder Hybridverträge
liefern in der Regel höhere Renditen: Mit einem Pachtvertrag für
ein Hotel in der Top-Lage einer deutschen Großstadt seien rund
fünf Prozent Anfangsrendite erzielbar, sagt JLL-Expertin Kriegl.
Abseits dieser Lagen seien sechs bis sieben Prozent Rendite möglich. Für Managementverträge gebe es noch ein Prozent mehr.
Die Chancen, dass sich Managementverträge künftig auszahlen,
stehen nicht schlecht. Den deutschen Hotels im Vier- und FünfSterne-Segment geht es zurzeit besser als noch zu Beginn des
Jahrtausends (siehe auch Grafik unten).
Die unterschiedlichen Vertragsarten im Hotelgewerbe
Festpachtvertrag: Der Pächter zahlt einen
Umsatzpachtvertrag: Der Eigentümer erhält
Managementvertrag: Es handelt sich um ei-
festen Betrag an den Eigentümer des Ho-
vom Pächter einen vertraglich vereinbarten
nen Geschäftsbesorgungsvertrag. Der Betrei-
tels. Meist ist die Summe indexiert und an
Prozentsatz vom Umsatz. Der Eigentümer
ber handelt als Geschäftsführer im Namen
die Inflationsentwicklung gekoppelt. Bei
trägt dabei das unternehmerische Risiko.
und auf Rechnung des Eigentümers. Die Ver-
dieser Art von Verträgen kommt der Boni-
Es gibt Mischformen, die Fest- und Umsatz-
gütung setzt sich aus festen, umsatz- und ge-
tät des Pächters eine hohe Bedeutung zu.
pachtvertrag kombinieren.
winnabhängigen Komponenten zusammen.
Performance ausgewählter 4- und 5-Sterne-Hotels
1. Halbjahr 2007
Stadt
Belegung
in %
Durchschnittlicher Zimmerpreis
in Euro
Zimmererträge
1. Halbjahr 2007 in Euro
Zimmererträge, Veränd.
1. Halbjahr 2006 in %
London
78,5
341
267
15,8
Paris
80,6
290
233
17,0
Mailand
66,1
304
201
–5,7
München
71,8
133
96
12,3
Berlin
67,9
139
95
1,2
Hamburg
70,1
129
90
–6,9
Frankfurt
64,2
136
87
–10,1
Köln
67,9
108
73
–4,6
Düsseldorf
64,7
105
68
–6,1
Quelle: Jones Lang LaSalle Hotels, August 2007
Der Schweizerhof in Berlin und das Marriott Hotel Champs-Élysées in Paris (rechts). Eigentümer ist die Union Investment Real Estate AG, die
seit 1971 im Hotelbusiness aktiv ist und zu den am stärksten im Hotelsektor investierten deutschen Immobilienfondsgesellschaften gehört.
Ein weiterer Grund dafür, dass Festpachtverträge in Deutschland immer seltener abgeschlossen werden, sind die internationalen Bilanzierungsregeln. Nach dem amerikanischen Standard
US-GAAP muss die Pachtzahlung für die gesamte Laufzeit des
Vertrags als Verbindlichkeit bilanziert werden. Bei Umsatzpachtverträgen wird angenommen, dass nicht bilanziert werden muss,
wenn die Vertragslaufzeit weniger als zwölf Jahre beträgt. Daher
schließt Accor beispielsweise Umsatzpachtverträge mit elf Jahren
Laufzeit und entsprechenden Verlängerungsoptionen ab.
Fotos: Union Investment (2); Getty Images/Altrendo
VO L AT I L S T E I M M O B I L I E N A N L AG E K L A S S E
Die Attraktivität von Hotelbeimischungen in Immobilienportfolios bestätigt auch Niels Nielsen, Leiter Hotel Investment und
Asset Management bei Union Investment Real Estate: „Der Hotelsektor ist immer als alternative Immobilien-Asset-Klasse betrachtet worden. In den letzten Jahren hat dieser Bereich eine zunehmend stärkere Bedeutung für viele Immobilienfonds bekommen.
Der Grund dafür ist, dass Hotelimmobilien eine relativ attraktive
Rendite im Vergleich zu anderen Immobilien-Asset-Klassen generieren. Daneben bieten Hotels zum Beispiel mit indexierten Festpachtverträgen eine gute Inflationsabsicherung und tragen daher zur
Diversifikation des Portfolios bei.“ Jedoch sieht Nielsen auch Risiken
bei Hotelengagements: „Hotels sind wahrscheinlich die volatilste
Immobilienanlageklasse. Trotz der kurzen Halteperioden vieler Investoren in den vergangenen Jahren bleiben Hotelinvestments im Grunde
ein langfristiges Investment, da sie über eine lange Halteperiode gute
Erträge generieren“, sagt der Experte. Union Investment investiert
seit rund 40 Jahren in diesen Bereich und hält über ihre fünf Offenen
Immobilienfonds derzeit insgesamt 17 Hotelimmobilien in Deutsch-
land und im westeuropäischen Ausland. Dabei gilt das Interesse vor
allem Business-Hotels im Drei- bis Fünf-Sterne-Segment. Zudem setzt
die Fondsgesellschaft bei ihren Investments auf große Namen wie
Hilton, Marriott, Radisson SAS oder Steigenberger.
Dass Hotelimmobilien ein interessantes Investment für institutionelle Anleger sind, beweisen auch in den letzten Monaten die zahlreichen Portfoliotransaktionen in Europa. Diese sind aber nicht nur
konjunkturell getrieben: Viele der Verkäufe in jüngster Zeit gingen
auf Hotelgesellschaften zurück, die sich vom Eigentum ihrer Häuser
trennten, um sich auf das Management ihrer Hotels zu konzentrieren.
„Diese Phase ist weitgehend abgeschlossen“, so Widmann. Bis auf
den international tätigen französischen Hotelkonzern Accor hätten
die meisten Gesellschaften ihre Häuser veräußert. „Der Verkaufsprozess ist noch im Gange“, meint dagegen JLL-Hotels-Experte Härle. So
seien die Verkäufe zwar bei der InterConti-Gruppe abgeschlossen,
doch andere Betreiber hätten noch Hotels im Eigentum.
2007 und 2008 wird das Transaktionsvolumen in Europa daher weiterhin sehr hoch bleiben, prognostiziert Härle. Grundsätzlich sei nach Ansicht von JLL der Hotelinvestmentmarkt transparenter geworden und die Anleger professioneller. „Die Investoren
kennen sich besser auf den Märkten aus und können daher auch
Chancen und Risiken eines Hotelinvestments besser einschätzen
als vielleicht vor fünf oder sechs Jahren“, erklärt JLL-Hotelexpertin Ursula Kriegl. „Daher wird sich die Entwicklung auf den Investmentmärkten auch 2008 fortsetzen. Insbesondere
werden wir Abverkäufe und eine Aufteilung
der in den letzten Jahren erworbenen Hotelportfolios sehen.“
Von Frank Peter Unterreiner und
Nikolaus von Raggamby.
Arbeiten an einem
Stahlgerüst: Auch beim
Financial Engineering
kommt es auf die richtige
Foto: Corbis/zefa/Pinto
Konstruktion an.
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Ingenieurleistungen
Offene Immobilienfonds nutzen immer häufiger das „Financial Engineering“, um
renditerelevante Faktoren zu steuern und so die Erträge zu optimieren
Santiago de Chile und Mexiko-Stadt, Singapur, London
oder Prag: Seit Jahren schon suchen deutsche Offene Immobilienfonds nach Chancen auf ausländischen Märkten, zunehmend
auch in den Emerging Markets rund um den Globus. Zunächst erleichterte die gemeinsame Währung den Immobilienerwerb in der
Euro-Zone. Schließlich sorgte das vierte Finanzmarktfördergesetz
für mehr Reiselust der Fondsmanager: Das Mitte 2002 in Kraft
getretene Gesetz räumt Anlagegesellschaften größere Freiheiten
bei der Investition von Kundengeldern auch im Ausland ein. Das
zunehmend wichtiger gewordene grenzüberschreitende Geschäft
hat für die Kapitalanlagegesellschaften vor allem einen Vorteil: Zyklische Veränderungen in den Einzelmärkten können besser gegeneinander ausgeglichen werden. Zudem bietet das Investment
in ausländische Büro-, Einzelhandels- oder Hotelimmobilien auch
Kleinanlegern die Chance, vom konjunkturellen Aufschwung anderer Volkswirtschaften zu profitieren.
Wie bedeutend das Auslandsgeschäft bei den Offenen Fonds
inzwischen ist, belegt die Statistik. Noch Ende 2002 übertraf der
Deutschlandanteil der Liegenschaften jenen im Ausland deutlich:
Gut 58 Prozent aller Grundstücke und Gebäude in den Portfolios der
deutschen Fondsgesellschaften befanden sich im Heimatland. Genau
umgekehrt ist die Situation heute: Zum 31. März 2007 errechnete
der BVI Bundesverband Investment und Asset Management, dass gut
62 Prozent des Immobilienfondsvermögens in Objekten jenseits der
Grenze angelegt sind – der Löwenanteil von knapp 55 Prozent des
Liegenschaftsvermögens wurde in Europa investiert.
Mit dem Strategiewechsel zugunsten vermehrter Auslandsinvestitionen stiegen auch die Anforderungen an das Fondsmanagement.
Denn ob sich das Investment als nachhaltig renditestark erweist, hängt
nicht allein von der Immobilie selbst ab. „Nach wie vor steht zwar die
Immobilienrendite im Mittelpunkt jeder Investitionsentscheidung. Wie
sich ein Objekt im Ausland am Ende rentiert, das bestimmen aber
auch die steuerlichen Rahmenbedingungen sowie Währungskursrisiken und die Kosten ihrer Absicherung. Daher betrachten wir diese
Wechselwirkungen schon im Vorfeld des Ankaufsprozesses“, erläutert Felix Gold, Rechts- und Steuerexperte bei Union Investment Real
Estate in Hamburg. „Financial Engineering“ heißt dieses Arbeitsfeld
im Fachjargon – und es gewinnt mehr und mehr an Bedeutung. „Die
Fondsperformance wird ohne Zweifel am stärksten von der Marktentwicklung und der Ertragskraft der Immobilie selbst bestimmt“, bestä-
tigt Sonja Knorr, Immobilienanalystin bei der Berliner Ratingagentur
Scope. „Das Financial Engineering übernimmt dann gewissermaßen
das Finetuning der Performance.“ Aufgabe der „Finanzingenieure“
ist es dabei, das Zusammenspiel der einzelnen renditerelevanten Faktoren zu steuern und auf diese Weise Fondsperformance und Anlegerrendite zu optimieren. Ein komplexer Auftrag, wie das Beispiel vom
Ankauf des Bürogebäudes „Birmann 24“ für den Fonds UniImmo:
Global in Santiago de Chile zeigt.
W E S E N T L I C H E P A R A M E T E R G E S T A LT E N
Den 16-geschossigen Büroturm mit rund 24.000 Quadratmetern Nutzfläche erwarb Union Investment im Januar 2007 für umgerechnet 48 Millionen Euro – und tätigte damit als erste deutsche Kapitalanlagegesellschaft ein Investment im Andenstaat. Ein Blick auf
die immobilienspezifischen Parameter des Geschäfts – Marktsituation, Objektqualität, Vermietungsstand und Mieterbonität – macht
deutlich, welchen strategischen Vorgaben ein Ankauf wie dieser
unterliegt. Chile gilt als politisch stabil, sein Rechtssystem entspricht
europäischem Standard; Wirtschaft und Währung des Landes entwickeln sich positiv; Standort des komplett vermieteten Bürogebäudes aus dem Baujahr 1999 ist das bei internationalen Unternehmen
gefragte „Las Condes“; auch die Mieter – darunter Microsoft, JP
Morgan, UBS, Merrill Lynch, Hewlett Packard und Linux – gelten
als bestens beleumundet. Kurz gesagt: Aus Sicht der InvestmentManager machte der Ankauf Sinn.
Was aber sagen die Finanzingenieure? Sie werden heute bei
jedem Investment zu Rate gezogen. Ihr Urteil hat Gewicht, prüfen
und gestalten sie doch wesentliche Parameter, die den späteren
Investmenterfolg mitbestimmen. Vielfach unterstützen sie die Immobilienankäufer auch bei Vertragsverhandlungen im In- und Ausland. Dabei interessiert die Fachleute als Erstes, ob die Immobilie
direkt oder indirekt über eine Objektgesellschaft gehalten werden
soll. Das macht einerseits steuerlich einen Unterschied; andererseits
müssen die Vorgaben des deutschen Investmentgesetzes beachtet
werden: Dies schreibt in der bestehenden Fassung vor, dass Beteiligungen an Objektgesellschaften 49 Prozent des Fondsvermögens
nicht überschreiten dürfen. Noch werden bei dieser Anlagegrenze
auch 100-prozentige Beteiligungen an Immobiliengesellschaften einbezogen, ein Umstand, der im neuen Investmentgesetz allerdings
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geändert werden soll. „Bei ,Birmann 24’ handelte es sich um einen
sogenannten Share-Deal, denn angeboten wurden die Anteile an
zwei Gesellschaften chilenischen Rechts und nicht die Immobilie direkt“, erläutert Felix Gold – eine Konstruktion, die durchaus Vorteile
hat und bei der Ankaufsprüfung kein Hindernis darstellte.
Besonders spannend ist für die Finanzingenieure bei Auslandsinvestitionen weiterhin die Frage der Währungsstabilität. „Für uns ist
zunächst wichtig, dass Mietzahlungen inflationssicher sind“, erläutert
der Experte. In Ländern mit vergleichsweise hoher Inflationsrate werden Mieten daher zumeist in Euro oder US-Dollar vereinbart. Chile ist
dabei ein Sonderfall, bedient sich das Land doch eines währungstechnischen Schutzmechanismus: Zusätzlich zur Landeswährung führte
die Regierung schon vor Jahren die Verrechnungseinheit UF (Unidad
de Fomento) ein. Sie bietet Inflationssicherheit im Geschäftsverkehr,
denn der Wert des UF gegenüber dem Peso wird von der chilenischen
Zentralbank ständig aktualisiert. „Die Mieten im Objekt ,Birmann 24’
lauten auf UF, daher ist das Inflationsrisiko überschaubar“, sagt Gold.
Auch hier also schaltete die Investment-Ampel auf Grün.
ABSICHERUNG VON WÄHRUNGSRISIKEN
Die dritte wichtige Frage betrifft die Finanzierung des Investments
– und berührt damit unter anderem auch Fragen der Absicherung
offener Fremdwährungspositionen. Zunächst wird entschieden, in
welchem Maße das Investment mit Krediten finanziert werden soll.
Dabei gilt: Ein Kredit wird grundsätzlich in derjenigen Währung abgeschlossen, in der auch die Mietzahlungen fließen. Besonders attraktiv ist die Aufnahme von Krediten dann, wenn die Darlehenskosten
niedriger liegen als der Ertrag, den die Immobilie erwirtschaftet. In
diesem Fall nämlich wird die Fremdfinanzierung zum Hebel, mit dem
sich die Fondsrendite verbessern lässt. Zudem wird durch die Aufnahme von Fremdkapital in jener Währung, in der auch die Erträge
erwirtschaftet werden, das Währungskursrisiko auf natürliche Weise abgesichert: Schließlich wird der Kredit im Verkaufsfall durch den
Erlös in identischer Währung getilgt, ein Kursrisiko entfällt.
„Hedging“ nennt man diese Form der Absicherung von Währungskursrisiken: Mit Devisentermingeschäften werden offene
Fremdwährungspositionen im Fondsvermögen abgesichert. Der
Einsatz von Absicherungsinstrumenten ist durch das Investmentge-
setz bindend vorgeschrieben: Offene Fonds, so die Vorgabe, dürfen
maximal 30 Prozent bezogen auf das Fondsvermögen in ungesicherten Währungspositionen vorhalten. „Dies ist relativ hoch bemessen, die weitaus größte Zahl der Fondsgesellschaften bleibt deutlich
unter dieser Marke und sichert das Währungsrisiko in viel höherem
Maße ab“, berichtet Scope-Analystin Knorr. Umsonst indes gibt es
das Hedging nicht – und dabei gilt: Je volatiler eine Währung, desto höher der Preis für die Absicherung. Den US-Dollar etwa im August 2007 gegen Kursverluste zu sichern, schlug mit jährlich 0,57
Prozent der abgesicherten Summe zu Buche. Die Sicherung des chilenischen Peso kostete bereits 1,48 Prozent pro Jahr, das britische
Pfund gar 1,62 Prozent. Wirtschaftlich lohnenswert ist ein Investment in Ländern mit hohen Hedgingkosten also nur dann, wenn
auch die Immobilienrendite diese Kosten rechtfertigt. „Im Fall ’Birmann 24’ war dies der Fall“, sagt Gold.
Nachhaltig guter Immobilienertrag, inflationssichere Mietzahlungen, gute Finanzierungsmöglichkeiten mit Renditehebel, ein zu
vertretbaren Kosten abgesichertes Währungskursrisiko – bleibt noch
die Gretchenfrage: Wie hoch muss ein Anleger seine Auslandserträge versteuern? „Dabei ist zu klären, ob es ein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und dem jeweiligen Zielland der Immobilieninvestition gibt und was dort geregelt ist“, sagt
Steuerexperte Gold. Im Fall Chile gibt es kein solches Abkommen.
Für den Anleger heißt das: Seine Erträge werden in Chile und in
Deutschland besteuert, der deutsche Fiskus rechnet die chilenische
Steuerzahlungen an. Im Interesse jener Anleger, deren deutscher
Steuersatz niedriger liegt als derjenige, den das Ausland erhebt,
kann es deshalb sinnvoll sein, Erträge nach Deutschland zu verlagern. Gern genutztes Mittel ist das Gesellschafterdarlehen: Der
deutsche Fonds könnte seiner chilenischen Objektgesellschaft ein
Darlehen gewähren, für das er Zinserträge erhält. Auch diese werden zwar an die Anleger ausgeschüttet und müssen versteuert werden, bei individuell niedrigem deutschen Steuersatz aber verbessert
dies die Nachsteuer-Rendite des Anlegers. Immobilienmarktexperten
wie Andreas Schulten, Vorstand des Analyseinstituts BulwienGesa
in Berlin, betonen dabei stets die hohe Bedeutung der Immobilie
selbst: „Entscheidend bleibt das immobilienspezifische Risiko-Rendite-Profil eines Investments, auch im Ausland.“
Anne Wiktorin arbeitet als freie Journalistin in Köln.
Geografische Verteilung und Nutzungsarten der Liegenschaften von Offenen Immobilienfonds
Verteilung in %, in Klammern Veränderung zu 12/2002 in Prozentpunkten
23,5 (–13,7)
sonstige deutsche Städte
38,6 (+14,2)
Euroländer
(ohne Deutschland)
Nutzungsarten in %, in Klammern Veränderung zu 12/2002 in Prozentpunkten
7,2 (+3,5)
sonstiges
68,1 (–6,0)
Büro
3,2 (–0,6)
Industrie (Lager, Hallen)
14,8 (–6,2)
3,8 (+0,8)
deutsche Großstädte
Hotel
15,9 (+1,8)
7,2 (+3,9)
außereuropäische Länder
europäische Länder
(nicht Euroraum)
17,7 (+2,3)
Handel, Gastronomie
Quelle (2): BVI, Angaben per 31. März 2007
„Wir haben unsere Wertschöpfungskette neu definiert“
Reinhard Kutscher, seit Juni 2007 Vorstandssprecher der Union Investment Real Estate AG, über die internationale Neuausrichtung
des Unternehmens, die Reform des Investmentgesetzes und die Perspektiven Offener Immobilienfonds
RAUM & mehr: Auch international stellt sich
Union Investment neu auf?
Kutscher: In der Neuaufstellung zeigt sich, wo
wir Wachstumspotenziale sehen. Für das strategisch wichtige Auslandsgeschäft haben wir
den Vorstand erweitert und ein eigenes, viertes
Vorstandsressort geschaffen. Das Auslandsressort wird von Michael Montebaur geleitet. In
seinem Bereich wird die Verantwortung für das
gesamte internationale Transaktionsmanagement sowie die Steuerung der Fremdverwaltung für die Auslandsimmobilien liegen – mit
Ausnahme der Shoppingcenter, für die mein
Vorstandskollege Frank Billand nun auch international zuständig sein wird.
RAUM & mehr: Die Anforderungen der
Märkte sind komplexer geworden, gute
Renditeobjekte sind knapp. Wie stellen Sie die
Marktbearbeitung sicher?
Kutscher: Asset Management ist „local business“, in der Tat entscheidet sich vieles im Ankauf vor Ort. Das neue Vorstandsressort „Ausland“ ist daher in drei regionale Asset-Management-Bereiche untergliedert, und zwar
in die Abteilung Core Markets mit Zuständigkeit für die europäischen und amerikanischen
Kernmärkte, die Abteilung Asset Management
Asia/Pacific und den Bereich Asset Manage-
ment Emerging Markets mit Zuständigkeit für
die CEE-Märkte sowie Südamerika. Eine Aufstellung, die uns noch schlagkräftiger in den
globalen Märkten agieren lässt. Um unsere Wachstumsziele im Ausland zu erreichen,
werden wir beispielsweise in Hamburg und
auch bei unseren ausländischen Tochtergesellschaften Personal aufbauen.
RAUM & mehr: Welche Bedeutung spielt
dabei das Risikomanagement?
Kutscher: Funktionen wie Risikomanagement
gewinnen im Zuge der Internationalisierung
unserer Aktivitäten an Bedeutung; denn
natürlich ist die hohe Komplexität des internationalen Immobiliengeschäfts auch risikoseitig abzudecken. Die Bedeutung von Risikound Strukturierungsaspekten steigt quasi mit
jedem Beteiligungskauf – gegenwärtig umfasst
unser Portfolio rund 50 Beteiligungen unterschiedlicher Größe, Tendenz deutlich steigend.
An der Verbesserung der Risikomanagementsysteme – auf der Investment- wie auch auf
der Portfolioebene – kommt heute kein größerer Immobilien-Investor mehr vorbei.
RAUM & mehr: Inwieweit hilft Ihnen die
Reform des Investmentgesetzes?
Kutscher: Die Branche ist in den Jahren
2004 bis 2006 durch eine schwierige Phase
gegangen. Sie hat daraus gelernt und Konsequenzen gezogen. Einige unserer Reformvorschläge sind in den Gesetzesentwurf zum
Investmentgesetz eingeflossen, wenngleich
nicht alle Vorschläge berücksichtigt wurden.
Immerhin verbessern sich die Rahmenbedingungen für Offene Fonds dadurch deutlich.
Das Produkt wird sicherer und besser steuerbar. Aber auch die Flexibilität in der Anlagepolitik erhöht sich. Das verbessert unsere Position im internationalen Wettbewerb.
RAUM & mehr: Was ändert sich konkret?
Kutscher: Im Gesetzesentwurf ist zum
Beispiel eine Liberalisierung der Anlagegrenzen vorgesehen. So können wir künftig verstärkt über Beteiligungsgesellschaften
investieren, was im internationalen Anlagegeschäft marktüblich und steuerlich notwendig ist. Auch die sogenannte Drei-ObjektGrenze fällt weg. Das heißt, Offene Fonds
können sich zukünftig an Gesellschaften beteiligen, die mehr als drei Objekte besitzen.
Nachzubessern ist hingegen beim Thema Doppelstöckige Strukturen – Beispiel: Eine Holding in Luxemburg investiert in eine Objektgesellschaft in Frankreich. Hier hoffen wir als
Foto: Thomas Müller
RAUM & mehr: Union Investment richtet
sich als Immobilien-Investment-Manager aus.
Spiegelt sich diese Neuausrichtung auch in
der neuen Managementorganisation wider?
Reinhard Kutscher: Durch die Entwicklung
der Immobilie zur Assetklasse und die steigende Nachfrage nach indirekten Produktvehikeln ergeben sich analog zu Wertpapieren
neue Anforderungen an die Funktionen eines
Produktmanagements. Wir haben in den vergangenen Monaten unsere Wertschöpfungskette neu definiert. Unser Augenmerk liegt in
verstärktem Maße darauf, neben der Optimierung unserer Bestände auch neue Marktsegmente und Anlageprodukte zu identifizieren.
Um diese Potenziale zu heben, haben wir alle
produktbezogenen Aktivitäten – Portfoliostrategie, Fondsmanagement, Marketing, den
Bereich Finanzen und Beteiligungen – zentral
im neuen Ressort des Vorstandssprechers gebündelt. Darüber hinaus werden wir künftig
mit sechs spezialisierten Asset-ManagementEinheiten – vorher waren es drei – im Markt
tätig sein. Die verstärkte Globalisierung der
Anlagemärkte erfordert diese Ausdifferenzierung und ein spezifisches Sektor-Know-how,
zum Beispiel im Hotel- oder Retail-Bereich.
Reinhard Kutscher ist seit 1999
Mitglied des Vorstands und seit Juni
dieses Jahres Vorstandssprecher
der Union Investment Real Estate AG.
Branche noch darauf, dass der Gesetzgeber
internationalen Standard zulässt.
RAUM & mehr: Heißt das, mit den Offenen
Immobilienfonds ist auch in Zukunft zur rechnen?
Kutscher: Mehr denn je. Der Bedarf an indirekten,
risikodiversifizierten Immobilien-Anlageprodukten
ist groß, bei institutionellen wie privaten Anlegern. Das Modell des Offenen Fonds erfüllt da eine
wichtige Funktion und befindet sich erst am Anfang einer auch internationalen Verbreitung.
Das Interview führten Fabian Hellbusch
und Nikolaus von Raggamby.
RAUM & MEHR 30_31
RAUM & LEBEN
Braunes Gold
„Süß“ ist das Adjektiv, das in Deutschland am häufigsten
mit Schokolade verbunden wird. Vor allem
bewirkt die Kostbarkeit aber eines: Sie macht glücklich
Für die Azteken war flüssige Schokolade (links) eine Quelle der Weisheit, ein
Aphrodisiakum und Medizin zugleich.
Auch heutzutage wird Schokolade als
Kostbarkeit verkauft – wie etwa
vom spanischen Star-Patissier Oriol Balaguer. Seine Boutique in Barcelona
Fotos: Reinhard Hunger; Oriol Balaguer Barcelona
gleicht dem Atelier eines Juweliers.
RAUM & MEHR 32_33
Egal ob Jung oder Alt, Reich oder Arm – die meisten lieben das Gefühl, wenn Schokolade langsam im Mund schmilzt und
Zunge und Gaumen sanft umspielt, bis sich das volle Aroma entfaltet. Die braune Köstlichkeit macht glücklich, behaupten viele.
Mittlerweile wurde das sogar wissenschaftlich nachgewiesen: Beim Verzehr von Schokolade werden im Körper Botenstoffe ausgeschüttet, die für das Glücksgefühl zuständig sind. Vielleicht sind gerade deswegen
vor allem Nord - und Mitteleuropäer, die lange dunkle Winter durchleben müssen, der Schokolade verfallen. 8,96 Kilogramm aßen die Deutschen im vergangenen
Jahr pro Kopf. Nur in Belgien (10,74 Kilo), der Schweiz (10,14 Kilo),
Großbritannien (9,94 Kilo) und Norwegen (9,19 Kilo) wurde mehr
vom braunen Gold genascht. Schlusslichter beim Schokoladenkonsum
sind Spanien (1,54 Kilo), Brasilien (0,93 Kilo) und China (0,12 Kilo).
„Süß“ ist das Adjektiv, das in Deutschland am häufigsten mit
Schokolade verbunden wird. Das hat einen einfachen Grund: „Die
meisten Konsumenten verstehen unter Schokolade Vollmilchschokolade. Die aber besteht nur zu einem Drittel aus Kakao und zu zwei
Dritteln aus Zucker und ist daher in erster Linie süß“, sagt Michaela
Schupp, die mit ausgewählten Schokoladen handelt. Dabei schmeckt
Kakao – der Rohstoff der Schokolade – eher herb, fast bitter.
Fotos: Getty Images/Dorling Kindersley; Reiters/Oswaldo Rivas; Corbis/ San Francisco Chronicle/Paul Chinn
D U N K L E S C H O KO L A D E I M T R E N D
Die Ureinwohner Südamerikas kultivierten als Erste die
Kakaopflanzen. Die Maya bauten sie sogar in Plantagen an.
Aus den Bohnen brauten sie ein Getränk, das sie mit Chili und
Pfeffer würzten. Es war eine Art Göttertrunk, der allein den Priestern und anderen ausgewählten Persönlichkeiten vorbehalten blieb.
Ähnlich hielten es die Azteken, die das Getränk Xocoatl (xoco heißt
herb, atl steht für Wasser) nannten. Sie boten den Kakao ihren Göttern als Opfergabe dar und nutzten ihn zugleich als Zahlungsmittel.
Ein Kaninchen beispielsweise kostete 100 Kakaobohnen. Für die Azteken war die flüssige Schokolade zudem eine Quelle der Weisheit
und der Energie, ein Aphrodisiakum und Medizin zugleich. Kolumbus hatte die Bedeutung des Kakaos nicht erkannt. Erst der Eroberer
Hernán Cortés wurde auf die Bohnen aufmerksam. Als er sah, dass
die indianischen Völker Kakao nicht nur als Zahlungsmittel nutzten,
sondern generell einen Kult darum machten, wurde er neugierig
und beschloss, einige Schiffsladungen davon mit nach Europa zu
nehmen. Zunächst wurde die Schokolade, damals noch flüssig und
mit Wasser zubereitet, ausschließlich am spanischen Hof getrunken.
Nur langsam verbreitete sich das Getränk in ganz Europa. Statt Chili
und Pfeffer wurde die Schokolade immer öfter mit Zucker und Honig
aufbereitet. Erstmals verdiente sie die Beschreibung süß.
Heute liegt der Marktanteil der süßen Vollmilchschokolade nach
Angaben des Bundesverbands der deutschen Süßwarenindustrie (BDSI)
bei knapp 70 Prozent. Sogenannte Bitterschokoladen hingegen kommen lediglich auf rund 20 Prozent – noch. Denn die dunklen Schokoladen werden immer beliebter. „Der Trend geht ganz klar in diese
Richtung. Der Marktanteil der Bitterschokoladen steigt kontinuierlich“,
sagt Thomas Pape vom Infozentrum Schokolade. Damit wächst auch
das Bewusstsein für die Unterschiede zwischen den Sorten und den
Kakaoarten. Chocolatiers wie Lindt, Rausch oder
Leysieffer fördern diese Entwicklung, um die Qualität
der von ihnen verarbeiteten Kakaosorten hervorzuheben. Süße Konsumschokoladen wie Ritter Sport, Toblerone oder Milka etwa werden größtenteils aus Forastero hergestellt. Das ist eine sehr robuste,
hauptsächlich in Afrika angebaute Kakaopflanze, deren Bohnen
vergleichsweise bitter, sauer und weniger aromatisch sind. Dunkle Schokoladen lassen sich daraus nicht fertigen, weil sie zu herb
schmecken würden. Dafür eignet sich ausschließlich Edelkakao,
der allerdings nur fünf Prozent der Welternte ausmacht.
Der feinste dieser Edelkakaos ist der reine Criollo, der äußerst
aromatisch und wenig säuerlich ist. Er wächst nur noch in einigen
Regionen Venezuelas und Mittelamerikas. Chuao im Norden von
Caracas ist ein solches Anbaugebiet. Seit 400 Jahren
wird hier der Kakao kultiviert. Der italienische Schokoladenhersteller Amedei ist Hauptabnehmer vom
Großteil der Ernte dieses Edelkakaos. Seine Dunkelschokolade „Chuao“ gilt als eine der erlesensten.
Kostenpunkt: 12,80 Euro pro 100 Gramm. Die Firma
Domori, ebenfalls in Italien ansässig, pflanzt den fast ausgestorbenen
Criollo-Kakao seit etwa zehn Jahren auf der venezuelanischen Hacienda San José an. Mit Erfolg. Mittlerweile produziert Domori zwei
Schokoladen aus diesen Ernten. Die „Ocumare 61“ und „Ocumare
67“. Kostenpunkt: 14,40 Euro pro 100 Gramm.
Etwas ganz Besonderes bringt Ende 2007 der spanische Chocolatier Cacao Sampaka, der unlängst im Berliner CityQuartier
DomAquarée einen Laden eröffnete, auf den Markt: „Es handelt sich um eine dunkle Schokolade, hergestellt aus der ersten
Bohnensorte, die Cortés nach Spanien brachte“, sagt Jörg Lay, der
für Cacao Sampaka in Deutschland tätig ist. Sampaka beschäftigt
zwei Chocolatiers. Der ältere der beiden, Quim Capdevilla, hat diese
Criollo-Bohne auf einem seiner zahlreichen Streifzüge durch die Plantagen Mittel- und Südamerikas in Mexiko wiederentdeckt. „Das ist
eine seiner wichtigsten Beschäftigungen: Kakaoplantagen mit Potenzial aufzutun“, sagt Lay. Neben diesen Spezialsorten gibt es weniger
exklusive, aber durchaus hochwertige Edelkakaos wie etwa den Arriba, ein in Ecuador angebauter Forastero, oder den Carupano. Dieser ist der beste Kakao des Typs Trinitario – einer Kreuzung aus dem
Forastero und dem Criollo. Da aber nicht nur die Qualität der Bohne
entscheidend ist für den Geschmack des Kakaos, wird auch zwischen
den Anbaugebieten unterschieden. „Kakaopflanzen reagieren ähnlich wie Weinreben auf die Böden und die Lage. Säuregehalte und
Aromen verändern sich je nach Boden“, sagt Pape.
Es liegt daher nahe, sich der Weinterminologie zu bedienen, um
die Schokoladen mit ihren zahlreichen Aromen zu beschreiben. 480
unterschiedliche Komponenten wurden bisher im Labor nachgewiesen. Experten gehen davon aus, dass es bis zu 1.000 gibt. Sogenannte Herkunftsschokoladen tragen der − je nach Anbaugebiet − individuellen Ausprägung der Aromen Rechnung. Fast alle Chocolatiers
haben sie im Sortiment. Bei Rausch etwa sind es die „Plantagenschokoladen“. Sie haben die Form einer Zigarre und werden ähnlich wie
die feine Rauchware in einer Holzkiste aufbewahrt.
Zu den Herkunftsschokoladen zählt auch die „Chuao“, ebenso
wie die „Ocumare 61” und die „Ocumare 67“, die ebenfalls in Holz-
Ausgewählte Chocolatiers
Becks Cocoa (www.beckscocoa.com)
Cacao Sampaka (www.cacaosampaka.com)
Chocolats de luxe (www.chocolats-de-luxe.de)
Hachez (www.hachez.de)
Leysieffer (www.leysieffer.de)
Lindt (www.lindt.de)
Meisterwerk Chocolaterie (www.meisterwerk24.de)
Oriol Balaguer (www.oriolbalaguer.com)
Rausch (www.rausch.de)
Schell Schokoladenmanufaktur (www.weinpraline.de)
kisten abgepackt sind, oder die „Cru Sauvage“ aus bolivianischem
Kakao vom Chocolatier Clement Chococult. Sie alle sind qualitativ
vergleichbar mit einem Rotwein von einem der berühmten Weingüter im Bordeaux. Dass Edelschokoladen Cru, Premier Cru oder
Grand Cru heißen, ist durchaus normal und soll ihre herausragende
Qualität hervorheben. Eine verbindliche Regelung gibt es noch nicht.
„In zehn Jahren wird das aber sicherlich der Fall sein“, sagt Schokoladenexpertin Schupp. „Das ist die Zukunft der Kakaowelt.“ Doch
trotz der vielen Parallelen hinkt die Analogie. „Der Chocolatier ist
in der Regel darauf angewiesen, dass der Kakaohändler vernünftigen Rohstoff liefert. Der Weinbauer hingegen kann selbst auf die
Qualität der Trauben Einfluss nehmen“, sagt Pape. Denn Chocolatiers wie Amedei und Domori, die ihren Kakao teilweise selbst anbauen, sind Ausnahmen. Die meisten beauftragen Kakaohändler,
eine bestimmte Qualität einzukaufen, oder ordern Schokoladenrohmasse, sogenannte Halbfertigprodukte, von Schokoladenherstellern wie Barry Callebaut, Kakao Verarbeitung Berlin oder dem
Schweizer Unternehmen Felchlin, um sie mit eigenen Rezepturen
zu verfeinern. „Dass man sich der Weinbegriffe bedient, ist meines
Erachtens daher reines Marketing“, sagt Pape.
Ein Einwand, der bei Traditionshäusern wie dem Bremer Chocolatier Hachez auf Resonanz stößt. „Eine Anleihe beim Wein macht
durchaus Sinn. Es gibt aber viele, die den Bogen überspannen“, sagt
Hasso Nauck, Chef von Hachez. Denn erfolgreich wird ein Produkt nur
dann, wenn es hält, was es verspricht. „Wenn Grand Cru daraufsteht
und weder die Qualität des Kakaos noch die Rezeptur und Verarbeitung stimmen, dann ist das Produkt schnell weg vom Fenster“, sagt
Nauck. „Die Balance zwischen Rohstoff und Veredelung muss nicht
nur beim Wein, sondern auch bei der Schokolade stimmen.“
Dass in den vergangenen Jahren die Kakaoproduktion kaum noch
die wachsende Nachfrage bedienen konnte, könnte diese Balance
ins Wanken bringen, meint Nauck: „Die Preise sind gestiegen, die
Qualität der Bohnen wird immer schlechter.“ Den Herstellern bleibe
langfristig nur eine Möglichkeit: sich in den Plantagen zu engagieren, um die Qualität zu sichern. „Das wird eine wachsende
Aufgabe für die Zukunft sein“, sagt er. Cacao Sampaka, Amedei und Domori werden womöglich nicht mehr
lange Ausnahmen bleiben.
Johanna Lutteroth ist freie Journalistin in Hamburg.
Ein Plantagenarbeiter in Nicaragua inspiziert eine Kakaopflanze (links). In den vergangenen Jahren haben Kakaoproduzenten die
Nachfrage kaum bedienen können. Dadurch wurde die Qualität der Bohnen (rechts) immer schlechter.
RAUM & MEHR 34_35
MAGAZIN
Union Investment kauft in Kiel und Worms
Q Quer Passage in Kiel Die Union Investment Real Estate AG investiert die durch den erfolgreichen Verkauf zweier deutscher Büroimmobilien-Portfolios erzielte Liquidität unter anderem
auch in Deutschland. Für ihren Offenen Immobilienfonds UniImmo: Deutschland erwarb Union
Investment von der HSH Real Estate das Kieler Einzelhandels- und Büroobjekt Quer Passage für
rund 50 Millionen Euro. Der nahezu vermietete Einzelhandelsbereich hat eine direkte Anbindung
an das Shoppingcenter Sophienhof in der Kieler Innenstadt. Zu der rund 11.000 Quadratmeter
Portfolioerneuerung
abgeschlossen
RAUM & mehr sprach mit Frank Billand, Vorstandsmitglied der Union Investment Real Estate AG, über
die Neuausrichtung des Deutschlandportfolios.
RAUM & mehr: Im Mai 2007 hat Union Investment für rund 2,5 Milliarden Euro Immobilien in
Deutschland verkauft. Wie stellt sich die Situation
für Ihre Fonds dar?
Frank Billand: Durch die Verkäufe haben wir
die Risiken einer zu starken Ausrichtung auf
Deutschland in unseren Fondsklassikern – UniImmo: Deutschland und UniImmo: Europa –
deutlich gesenkt. Die Perspektive ist hervorragend: Die Offenen Immobilienfonds weisen jetzt
gut diversifizierte, ausgewogene Portfoliostrukturen auf, an denen wir momentan – mit der
komfortablen Liquidität im Rücken – auf der Ankaufseite weiterarbeiten wollen. Hinzu kommt,
dass sich im Zuge der restriktiven Kreditvergabe für Immobilienfinanzierungen die Wettbewerbsposition der Offenen Immobilienfonds verbessert: Im Ankauf operieren sie ohne oder mit
vergleichsweise geringem Kreditanteil.
umfassenden Einkaufspassage zählen auch etwa 4.600 Quadratmeter Büro- und Lagerflächen.
Neben dem Ankermieter C&A sind etwa der Lebensmitteldiscounter Plus, der Modeanbieter
Mexx sowie die Sparkasse Kiel vertreten. „Die Quer Passage hat mit dem Sophienhof eine Alleinstellung in der Innenstadt von Kiel. Sie passt damit hervorragend in das Portfolio unseres
Deutschland-Fonds, dessen Anteil an Shoppingcentern in hoch frequentierten Haupteinkaufsstraßen wir weiter ausbauen wollen“, sagt Frank Billand, im Vorstand der Union Investment Real Estate AG unter anderem für Shoppingcenter und Asset Management Deutschland verantwortlich.
Q Logistikpark in Worms Weiterhin erwarb Union Investment für ihren Offenen Immobilienfonds
Immo-Invest: Europa die Projektentwicklung eines Logistikparks in Worms. Das Investitionsvolumen
beträgt rund 27,5 Millionen Euro. Nach Fertigstellung Anfang 2008 wird der Neubau rund 30.000
Quadratmeter Logistikflächen sowie weitere 1.300 Quadratmeter Büro- und Sozialflächen umfassen.
RAUM & mehr: Bedeutet dies, dass Sie auch in
Deutschland wieder kaufen werden?
Billand: Eindeutig ja. Deutschland bleibt auf
lange Sicht unser wichtigster Investitionsmarkt. Seit den Verkäufen haben wir bereits
rund 150 Millionen Euro in Deutschland reinvestiert.
RAUM & mehr: Was kennzeichnet Ihre künftige
Deutschland-Strategie?
Billand: Der Fokus unseres Geschäftsmodells
wird bedeutend stärker auf dem Asset Management – also primär dem An- und Verkauf von
Immobilien – liegen. Gleichzeitig wollen wir
weiter in das Mieter-Management investieren
und damit die Potenziale, die in den Kundenbeziehungen liegen, noch systematischer erschließen.
„Die Immobilie bedient die sehr hohe Nachfrage nach neuen, flexibel aufteilbaren Logistikflächen in
einer wachstumsstarken Region mit hoher Zentralität in Europa“, sagt Billand. Der Erwerb markiert
den Markteintritt von Union Investment in den deutschen Logistikmarkt. „Strategisch wollen wir im
Logistiksegment weiter wachsen. Darüber hinaus wollen wir unser Büroportfolio in Deutschland in
allen Fonds durch Objektankäufe weiter ergänzen.“
Rekordumsatz auch bei deutschen Gewerbeimmobilien
Q Gewerbeimmobilien in Europa stoßen bei internationalen Investo-
schwerpunkts von Großbritannien nach Kontinentaleuropa zu rechnen
ren weiterhin auf starkes Interesse. Der Immobiliendienstleister Jones
sei. Bislang ist der Löwenanteil aller Investitionen in die drei größten
Lang LaSalle (JLL) meldet für das erste Halbjahr 2007 erneut Spitzen-
Märkte Großbritannien, Deutschland und Frankreich geflossen. Daran
werte. Demnach wurden in diesem Zeitraum in Europa Immobilien-
wird sich JLL zufolge auch in den kommenden Monaten dieses Jahres
transaktionen in Höhe von 120,7 Milliarden Euro getätigt. Das ent-
nichts ändern.
spricht einem Plus von rund 9 Prozent gegenüber dem Vergleichszeit-
Direktanlagen in europäische Gewerbeimmobilien
raum des Vorjahrs. In Deutschland wurde mit rund 27 Milliarden Euro
1. Halbjahr 2007, nach Ländern, in Mrd. Euro
(entsprechend knapp einem Viertel des gesamteuropäischen Trans-
31,4
40,6
sonstige
Großbritannien
aktionsvolumens) im ersten Halbjahr 2007 ein Rekordergebnis (plus
26 Prozent gegenüber Vorjahreszeitraum) erzielt. Nur Großbritannien
schneidet beim Halbjahresvergleich mit rund 41 Milliarden Euro besser ab, bei vergleichsweise geringem Anstieg (4,2 Prozent). Auch für
6,6
gesamt
120,7 Mrd. €
Niederlande
15,5
26,6
das zweite Halbjahr 2007 prognostiziert JLL kein Abflauen der Inves-
Frankreich
torennachfrage – obgleich mit einer Verschiebung des Investitions-
* ohne Wohnimmobilien, Grundstücke und Entwicklungsprojekte
Deutschland
Quelle: JLL, August 2007
Fotos: Union Investment (3); Corbis/Construction Photography; LooK/Rainer Martini
Neues Vorstandsressort Ausland unter Leitung von Michael Montebaur
Q Der Vorstand der Union Investment Real
Center zuständig. Im Vorstandsbereich von
aus ist Hartlief der neue Bereich Zentralaufga-
Estate AG wurde zum 1.8.2007 um ein zusätz-
Ingo Hartlief liegt die Verantwortung für das
ben Immobilienmanagement unterstellt.
liches Ressort erweitert und besteht nun aus
Fonds- und Immobiliencontrolling. Darüber hin-
Reinhard Kutscher hat neben der Sprecherfunk-
vier Personen unter Führung des Vorstands-
tion im Vorstand die Leitung des Segments Im-
sprechers Reinhard Kutscher. Neu im Vorstand
mobilien innerhalb der Union Investment Grup-
ist Michael Montebaur, der das neu geschaf-
pe übernommen. In seinem Vorstandsressort
fene Ressort Asset Management Ausland lei-
verantwortet Kutscher alle produktbezogenen
tet. Seit 1994 im Unternehmen, hat Montebaur
Aktivitäten der Union Investment Real Estate
als Abteilungsleiter für das Asset Management
AG. Hierzu gehören die Portfoliostrategie, das
Ausland den internationalen Expansionskurs
Fondsmanagement, der Bereich Finanzen und
der Fondsgesellschaft entscheidend mitge-
Beteiligungen sowie das Marketing und die
prägt. Der von Montebaur verantwortete
Kommunikation.
Auslandsbereich ist in drei regionale AssetManagement-Einheiten (Core Markets, Asia/
Pacific, Emerging Markets) untergliedert.
Frank Billand ist im Vorstand für das Asset Ma-
Michael Montebaur ist seit Anfang
August im Vorstand der Union Investment
Real Estate AG: Er leitet das neu
nagement Deutschland, das Projekt Manage-
geschaffene Vorstandsressort Asset
ment sowie das Asset Management Shopping
Management Ausland.
+ ++ Die n ä ch st e RAU M &m ehr- A u s ga be e rs c h e i n t i m M ä r z 2 0 0 8 + + +
Wir eröffnen neue Perspektiven.
Für gemeinsamen Erfolg.
Nur wer bereit ist, Dinge auch mal anders zu sehen, kann neue Perspektiven entdecken.
Ein Prinzip, dem wir seit jeher folgen und das uns zu einem der führenden europäischen ImmobilienInvestment-Manager gemacht hat. Mit 40 Jahren Immobilien-Know-how und der anerkannten Kapitalmarktexpertise einer starken Gruppe agieren wir souverän auf den globalen Märkten. Beleg hierfür
ist unser Portfolio mit mehr als 150 Qualitätsimmobilien in 20 Ländern weltweit. Darunter LandmarkBuildings wie z.B. das Chilehaus in Hamburg, das nicht nur in den Augen von Kennern ein echtes
„Sahnestück” ist.
Für die Zukunft haben wir noch viel vor. Mit innovativen Produkten und strategischen Partnerschaften
wollen wir neue Märkte erschließen. Begleiten Sie uns dabei! Schließlich ist Erfolg erst richtig schön,
wenn man ihn teilt.
www.union-investment.de
Stand B2.142