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Ausgabe Bern
56 August 2007 | 5. Jahrgang
ensuite
Nr.
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Uf dr Strass chasch
nid bschiisse!
Zwischen Puppen-Punk und kosmopolitischer Kleinkunst
Seite 4
Hundstage mit Klee
Magischer Akt der Beseelung
Seite 10/35
Sommerclubbing
Elektronische Spurenelemente
mit Rumpelbeats
Seite 13
Paul Senn
Fotoreporter mit formal-ästhetischer
Seite 34
Intensität
n
Der Vorverkauf läuf
t!
Sämtliche Starticket
-Vorverkaufsstellen
in der Schweiz
Telefon 044 412 30 30
www.theaterspektak
el.ch oder www.start
icket.ch
Bern, Allmend, 9. – 22. August
Vorstellungen
Montag bis Freitag
Mittwoch und Samstag
Sonntag
20h00
15h00 + 20h00
14h30 + 18h00
Zirkuszoo
Donnerstag, 09.08.
Täglich
14h00 – 19h30
09h00 – 19h30
Vorverkauf
Ticketcorner, Tel. 0900 800 800, www.knie.ch und an der Zirkuskasse:
Donnerstag, 09.08.
12h00 – 21h00
Montag – Samstag
10h00 – 21h00
Sonntag
10h00 – 19h00
Mittwoch, 22.08.
10h00 – 20h30
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Impressum
Herausgeber: Verein WE ARE, Bern Redaktion: Lukas Vogelsang
(vl); Stephan Fuchs (sf); Anna Vershinova (av) // Claudia Badertscher (cb), Andrea Baumann (ab), Peter J. Betts (pjb), Jean-Luc
Froidevaux (jlf), Till Hillbrecht (th), Michael Imoberdorf (mi), Sonja Koller (sk), Andy Limacher (al), Belinda Meier (bm), Monique
Meyer (mm), Magdalena Nadolska (man), Eva Pfirter (ep), Nicolas
Richard (nr), Caroline Ritz (cr), Benedikt Sartorius (bs), AnneSophie Scholl (ass), Karl Schüpbach (ks), Sarah Stähli (ss), Tabea
Steiner (ts), Kathrina von Wartburg (kvw), Simone Wahli (sw),
Sonja Wenger (sjw) Cartoon: Bruno Fauser, Bern; Telefon 031 312
64 76 Kulturagenda: kulturagenda.ch; ensuite - kulturmagazin,
Bewegungsmelder AG, allevents, Biel; Abteilung für Kulturelles
Biel, Abteilung für Kulturelles Thun, interwerk gmbh. Korrektorat: Monique Meyer (mm)
Abonnemente: 58 Franken für ein Jahr / 11 Ausgaben. Abodienst: 031 318 60 50
ensuite – kulturmagazin erscheint monatlich. Auflage: 10‘000
Anzeigenverkauf: anzeigen@ensuite.ch Layout: interwerk gmbh:
Lukas Vogelsang Produktion & Druckvorstufe: interwerk gmbh,
Bern Druck: Fischer AG für Data und Print Vertrieb: Gratisauflage an 350 Orten im Kanton Bern; passive attack, Telefon 031 398
38 66 Web: interwerk gmbh
Hinweise für redaktionelle Themen (nicht Agendaeinträge!)
erwünscht bis zum 11. des Vormonates. Über die Publikation
entscheidet die Redaktion. Bildmaterial digital oder im Original
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Agendahinweise bis spätestens am 18. des Vormonates. Redaktionsschluss der Ausgabe ist jeweils am 18. des Vormonates.
(siehe auch www.ensuite.ch - menü: veranstalter)
Die Redaktion ensuite - kulturmagazin ist politisch, wirtschaftlich
und ethisch unabhängig und selbständig. Die Texte repräsentieren die Meinungen der Autoren/innen, nicht jene der Redaktion.
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mail: redaktion@ensuite.ch
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ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
Bild Titelseite und links:
Paul Senn Fotoreporter
Ausstellung im Kunstmuseum Bern
Paul Senn, Strandleben, Coney Island, New
York, 1946. FFV/KMB, Dep. GKS. © GKS.
INHALT
ensuite im August
KULTUR & GESELLSCHAFT
■ Ein dringender Appell an die Evolution: Wir
brauchen Schwimmhäute und Kiemen! So viel
Wasser wie in diesem Sommer hält ja kein Mensch
aus. Und wenn unsere StadtpolitikerInnen alles
dransetzen, die BernerInnen mit Wellen und Stadtbächen aufzuheitern, ich glaube, sie setzen momentan einfach auf das falsche Pferd (oder besser
Fisch). Dafür erhält der Bahnhofs-Baldachin in
diesem Sommer seine fehlende Begründung geschenkt, wie ein Lottogewinn - nur ist anzunehmen,
dass wir, wenn der Bau mal fertig gestellt ist, eine
Hitzeperiode haben und wir uns unter dem Dach
wie in einem Mikrowellenofen fühlen werden… So
ist das Leben. Man wünscht sich was und man erhält es oder eben nicht – was soll’s.
Aber Wünsche sind nötig. Sie kreieren neue
Visionen und bringen Hoffnung ins Leben. Da
stimmt es mich nachdenklich, wenn ich sehe, wie
heute unsere Wünsche und Visionen von den
Marketingfirmen kreiert und manipuliert werden.
Wir werden getrimmt in Strom, Handy-Hülsen und
iDings. Unsere Visionen gleichen unterdessen dem
Notizbuch eines Lifestyle-Magazin-Redaktors und
wir klonen uns täglich aufs Neue, erfinden uns kopierend neu – und vergessen dabei unsere eigene
kleine, persönliche Geschichte.
Doch dafür haben wir eine Häppi-Gesellschaft
mit den Häppi-Festivals und alle sind so lustig und
so party. Sie kippen zwar literweise Alkohol und
schmeissen jegliche Chemie hinten nach – damit
alles lustig bleibt. Denn ohne geht’s nicht. Man suggeriert uns Häppi-Live intravenös. Für die OrganisatorInnen und die Strom-Handy-iDings-Firmen
ist das sicher lustig. Und die Masse verliert oder
gewinnt eine neue Vision – je nachdem wie wir es
betrachten – Hauptsache sie liefert Geld.
Deswegen ist uns zu wünschen, dass wir noch
weitere Baldachine, Stadtbäche und konfusmoderne Zentren erfinden. Die fördern wenigstens eine wahrhafte Kommunikation und
damit wirkliche Visionen. Und damit wären dann
auch diese blöden Baustellen in Bern einigermassen erträglich…
Lukas Vogelsang
Chefredaktor
in anderem strassenzustand 4 | mode in afrika 6 |
natürlich greift der stier die 32
LITERATUR
richard ford, jonathan lethem, sjon 12 | filosofenecke 13
BÜHNE
der bunte traum einer heissen sommernacht 9 |
hundstage mit klee 10 | «unter künstlern gelten
andere regeln als im büro» 11 | ausblick bühne 11
KINO / FILM
60 jahre filmfestival locarno 19 | la vraie vie est
ailleurs 19 | ensemble, c‘est tout 20 | transformers 20 | el camino de san diego 21 | das andere
kino 22 | der subversive blockbuster 25
MUSIK
im klub 13 | donau abwärts - murten classics 14
| der beat-man-way 17 | konzert-rückblick 17 |
ECM listening post 18 | cd-tipps 18
LIFESTYLE
insomnia 26 | stadt und land: mit neuster tunneltechnik in die vorstellungswelt der «üsserschwiizer» gerückt: das wallis 30 | reiseziel hotel: mord
und totschlag zwischen rindsfilet und crème caramel 31
DIVERSES
tratschundlaber 21 | leserbriefe / forum 26 |
von menschen und medien / fauser cartoon 27 |
stadtläufer 28 | sommerversuch I & II 28
KULTUR-PUBLIREPORTAGE
sommerakademie 2007 im zentrum paul klee
65
STADT THUN
wie im film! copy paste im kuckucksnest 79
KULTURAGENDA
kulturagenda bern 49 | biel 73 | thun 76
Kunstbeilage:
artensuite ab Seite 33
3
fokus
KULTUR & GESELLSCHAFT
in anderem strassenzustand
Von Jean-Luc Froidevaux - das 4. Buskers Bern
■ Ein charmantes Understatement, die Bezeichnung «Strassenmusik-Festival»; darunter stellt
man sich alles andere vor, als drei Nächte lang
äusserst abwechslungsreiche Musik, Theater und
Artistik aus aller Welt. Die Organisatorinnen, Lisette und Christine Wyss, erfüllen einmal mehr den
selbsterhobenen Anspruch, Acts auf die Strasse
zu holen, über die man kaum je mit Einkaufstüten
in der Hand auf dem Heimweg stolpert. Wenn die
deutschen Gyp-Hopper «Ohrbooten» neben einer indischen Hochzeitskapelle und einer BalkanBrass-Brand spielen, auf die Appenzeller Streichmusik eine Puppen-Punk-Show folgt und danach
der Ein-Mann-Loop-Jam, dann sinkt die Hemmschwelle vor Unbekanntem auf Randsteinhöhe,
manch Innenhof wird zum Experimentierfeld. Wir
umkreisen die Artisten bis die Anziehungskraft
nachlässt und steuern dann unsere Bahn weiter
hinein in den Kosmos der Kleinkunst.
Der direkte Kontakt mit dem Publikum ist ein
Härtetest. «Uf dr Strass chasch nid bschiisse!»,
damit meint Christine Wyss die fehlenden Möglichkeiten optischer und akustischer Kosmetik mittels
Scheinwerfern und Abmischung. Zwar stellt sie
eine technische Aufrüstung auch unter Buskern
fest, das ausgeklügelte Rotationsprinzip der dreissig Standorte setzt aber das Mitschleppen und
schnelle Aufbauen des Equipments voraus. Gefällt
es den Zuschauern nicht, oder entsteht keine Interaktion, zeigen sie dies ebenso schnell unmittel4
Bild: zVg.
bar und direkt. Wer läuft hingegen schon aus dem
Auditorium Stravinski raus, wenn er über hundert
Franken Eintritt bezahlt hat? - ausserdem würde
die Künstlerin, geblendet vom Scheinwerferlicht,
weit weg auf der Bühne, diesen Ausdruck der Missachtung kaum gebührend wahrnehmen.
Street-Credibility Das Buskers kennt weder
abgehobene Bühnen noch abgetrennte Zuschauerbereiche oder gar VIP-Lounges und ist daher
auch für Sponsoren wenig interessant (eine spezielle Fernsehübertragung wird es dieses Jahr
geben, Jugendliche können sich als BuskerTVMacher anmelden unter www.achsensprung.ch).
Umso mehr sind die Organisatorinnen darauf
angewiesen, dass die Zuschauer neben dem Hutgeld für die Artisten den minimalen Beitrag von
zehn Franken für die drei Tage mit dem Kauf eines
Bändelis abgelten. Dieses berechtigt zusätzlich zu
einem vergünstigten Eintritt ins Buskerhaus, wo
die Party (dieses Jahr erstmals mit zwei Freinächten) weitergeht, wenn Law-and-Order-PolitikerNachbarn ihre Nachtruhe einfordern. Woher wohl
das für Bern einzigartige Phänomen stammt, dass
Leute mitten in die Stadt ziehen, aber lieber nicht
unter Menschen wären? Ganz so museal ist die
zum mit Strassenmusik bespielen äussert geeignete UNESCO-Welterbe-Kulisse doch auch wieder
nicht - nicht zu verwechseln mit dem «AMEXCO
Gelderbe»-Gebiet oberhalb Zytglogge mit den
standardisierten Mode- und Fastfoodketten, das ei-
nige Leute auch noch zu Bern zählen, kulturell und
vom sozialen Leben her mehrheitlich aber einem
globalen potemkinschen Dorf gleicht.
Gassenhauer und Strassenfeger Das Buskers
konnte sich in den vier Jahren von einer vagen Idee
zu einer festen Grösse entwickeln und wird von
Bern Tourismus als Top Event beworben, zusammen mit dem Jazz-Festival und dem Grand-Prix wobei die Teilnehmer an Letzterem nicht bloss wesentlich weniger gut riechen, sondern auch nicht
annähernd so gut tönen und nur die Kollapse, nicht
die Kollekten freiwillig sind. Die anfängliche Skepsis der Behörden gegenüber Strassenkünstlern
teilt jeder Berner: In meiner Jugend waren mir die
Gaukler, Musiker und Feuerspeier Inbegriff einer
urbanen Kultur, die ich von Interrail-Ferien kannte,
da sich selten einer ins rurale Bern verirrte (ausser die heimischen Zampanoos natürlich), aber
sogar auf den hundeverkotetsten Boulevards von
Paris spielten - lag es an der irrigen Vorstellung,
sie würden hier mit in der Hutkollekte nur mühsam unterzubringenden Goldbarren überschüttet,
oder an der Angst vor den von den Wappentieren
schwer zu unterscheidenden, brummenden, aber
äusserst exzessiv grüssenden Eingeborenen?
Später besuchten uns manchmal sogar richtige
Musiker, wenn auch nicht gerade Bob Dylan oder
Beck, die, wie viele andere, ihre Karriere auf der
Strasse begannen. Aber ich erinnere mich an einen Schlagzeuger, der mit seiner virtuosen Trakensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
fokus
die vorpremiere
tierung eines einzelnen Snares meine Kultivierung
an ebendiesem Instrument initiierte, und da gab es
noch den Geigenwunderknaben, der von der Strasse entdeckt wurde. Darauf folgte die dunkle, aber
lange Epoche wolldeckenbehangener Hochlandperuaner mit Bambusflöten, und heute erschüttert
vielleicht mal ein kräftiger, russischer Bariton die
Schaufensterscheiben. Ansonsten bremsen bloss
noch dekorativ mit Akkordeon ausgetattete osteuropäische Bettler unsere Laufgeschwindigkeit unter den Lauben auf weltweit tiefstes Niveau herunter...da jetzt nachgewiesen wurde, dass wir auch
mit dem Mundwerk in Sachen Geschwindigkeit
nicht zur Weltspitze zählen, kriegen wir übrigens
jetzt am Buskers Unterstützung von der stärksten
Zunge, dem Weltmeister im Zungengewichtheben
(dessen Schlange allerdings Visa-Probleme hatte,
wie die angekündigten Sufi-Musiker aus Pakistan).
Aber das ist bloss eine der vielen Skurrilitäten, die
dieses Jahr noch um den Bizaar, der Plattform für
Kunstschaffende, erweitert werden.
4. Buskers Bern Strassenmusik-Festival
Do, 9. - Sa, 11. August 2007, 18:00–24:00 h,
Altstadt Bern
30 Gruppen (Musik, Artistik, Comedy, Theater,
Spektakel, Puppenshow) spielen auf rund 30
Plätzen nach Programm, total rund 250 Shows.
Dieses Jahr neu mit Bizaar, dem kreativen
Markt, BuskersTV, einer zweiten Jugendbühne,
einem erweiterten Kinder- und Familienprogramm und zwei Freinächten im Buskershaus.
Datum
Zeit
Ort
Infos
Donnerstag, 16. August
20:30 h
CinéSplendid 2, Bern
www.xenixfilm.ch oder
www.lavraievie.lefilm.ch
Gratis-Tickets
www.ensuite.ch (Link folgen)
oder Tel: 031 318 6050
Infos und Programm unter
www.buskersbern.ch
Vorverkauf im Tourist Center Bahnhof und Bärengraben, Bern Billet, Kulturbüro, Jugendamt
und OLMO.
ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
■ Dieser Film erzählt eine Geschichte
in drei Reisen. Jede dieser Reisen – nach
Marseille, Neapel und Berlin bzw. Dortmund – hat Frédéric Choffat mit einem
minimalen Team gedreht: Zwei Schauspieler, eine Kamerafrau, ein Toningenieur
und eine Assistentin. Jede Teilgeschichte
wurde chronologisch in einer Woche gedreht. Die Drehvorlage bestand lediglich
aus einer detaillierten Beschreibung der
Struktur des Films. Die einzelnen Szenen
wie auch die Dialoge entwickelten sich jedoch erst während der Reise selber.
Mehr auf Seite 19 in diesem Heft!
ensuite
5
fokus
KULTUR & GESELLSCHAFT
mode in afrika
Von Sonja Hugentobler
Foto: Sonja Hugentobler
■ Im Rahmen des «Festival de la Mode Africaine»
zeigt eine Ausstellung in den Räumen der Firma
Zürcher und Stalder AG in Lyssach-Schachen BE,
was die Mode über Afrikas Kultur erzählt.
Der afrikanische Kostümfundus der deutschen
Ethnologin Ilsemargret Luttmann öffnet dem Besucher ein Fenster zum sonnigen Afrika und gibt
eine Vorahnung auf das sinnliche Erlebnis, das der
Besuch eines afrikanischen Marktes unserem Auge
bescheren kann. Bunte Stoffe in fröhlichen Farben
wie wir sie aus Afrikareportagen oder dem eigenen
Urlaub kennen, sprechen vom sonnigen Gemüt der
Bewohner des schwarzen Kontinents und stehen
ganz im Gegensatz zu den negativen und traurigen
Nachrichten, die uns von dort meist erreichen.
Die dreissig Damen- und fünf Männergewänder
geben einen Überblick über die westafrikanische
Mode der letzten dreissig Jahre, während derer sich
als postkoloniales Produkt ein richtiger Modeboom
entwickelt hat. Die Kleider zeigen, dass afrikanische
Mode mühelos westliche Impulse aufsaugt, gleichzeitig aber der Tradition verbunden bleibt. Das
Kleidungsstück hat eine Bedeutung für die Identität und die Kultur eines Menschen, während es im
Westen zu einem reinen Konsumartikel geworden
ist, der ersetzt wird, sobald der nächste Modetrend
kommt.
Da die Demokratisierung der Mode in unserem
Sinn noch nicht stattgefunden hat, gibt Bekleidung
Aufschluss über soziale Hierarchien, Zivil- oder Besitzstand. Anders als in der westlichen Welt, wo eine
mittellose Studentin in der Kopie eines Gucci-Kleides
von Zara für 60 Franken vornehmer aussehen kann
als die arrivierte Dame im Original für mehrere
tausend Franken, lässt Bekleidung in Afrika genuin
Rückschlüsse auf den sozialen Status zu. Man trägt,
was einem zusteht und greift nicht zu Mimikry und
irreführenden Signalen. Trotzdem widerspiegelt die
Mode kulturelle Phänomene. Statt wie bei uns die
Statusangst, bringen AfrikanerInnen ihre Wunschträume zum Ausdruck. So wechseln die Moden von
Druckdessins mit den soziokulturellen Werten, die
sich heute auf technologische Errungenschaften wie
Handys, Generatoren oder Ventilatoren konzentrieren. Für weniger Privilegierte sind sogar Petrollampen noch Objekte der Begierde. Da die Vermittlung
von Mode nicht durch Werbung und Markennamen
erfolgt, ist deren Inszenierung durch den eigenen
Körper ein «Akt der Selbstvergewisserung und der
Identitätskonstruktion, die in spannungsvollem Verhältnis zu der politischen Ohnmacht im öffentlichen
Raum und zur wirtschaftlichen Misere steht», wie
Dr. Luttmann in ihrem Aussstellungsprospekt ausführt.
Traditionellerweise wird der Stoff für ein afrikanisches Gewand auf dem Markt gekauft und beim
Schneider angefertigt. So entstehen handgefertig6
te Einzelstücke. Fremde Einflüsse werden integriert
und zu afrikanischen Modellen umgearbeitet. Die
afrikanische Antwort auf den westlichen BusinessAnzug zum Beispiel nennt sich abacost (Wortschöpfung aus à bas le costume, nieder mit dem Anzug),
eine Art Hemdjacke zur Hose. Ebenso ist das afrikanische Damenkostüm taille-basse mit Wickelrock
und genähter Bluse im viktorianischen Stil, mit ausgestelltem Schösschen zur Betonung der Hüften,
eine Mischung aus traditionellen und westlichen
Elementen. Wenn die Frau verheiratet ist, trägt sie
das Kostüm als Dreiteiler, mit einem zusätzlich um
die Hüften geschlungenen Tuch, meist ein BatikDruck.
Die berühmten Batikstoffe, die unser Afrikabild
so nachhaltig prägen, haben ihren Ursprung jedoch
nicht in Afrika, sondern in Indonesien. Im 19. Jahrhundert haben Indonesiens holländische Kolonialherren damit begonnen, Kopien der balinesichen
und javanischen Woodblock(Holzstempel)-Drucke in
Holland industriell herzustellen. Die holländischen
Drucke der Firma Vlisco aus Helmond kamen jedoch
bei der indonesischen Bevölkerung nicht an. Durch
westafrikanische Soldaten, die auf der Insel stationiert waren, um Aufstände in der Kolonie zu kontrollieren, brachten sie die Ware nach Ghana, Togo,
in die Elfenbeinküste und Nigeria, wo sie reissenden
Absatz fand und wo Vlisco heute noch eine Monopolstellung geniesst. Den «wax hollandais» können
sich jedoch nur die reichen Afrikaner, vor allem
Städter leisten. Es existieren heute sogennanten
«fancies», billige Imitationen, die in afrikanischen
Fabriken mit hohem ausländischem Kapitalanteil
produziert werden, so dass der Profit auch hier leider nicht in afrikanische Taschen fliesst, wenn es
nicht sogar chinesische und indische Billigprodukte
sind, die mittlerweile die afrikanischen konkurrenzieren.
Westliche Designer inspirieren sich von afrikanischer Kultur Kaum eine europäische Kunstsparte hat sich noch nicht von Afrika inspirieren
lassen. Neben der bildenden Kunst und der Musik
gilt das auch für die Modewelt. Wir sind angetan von
der grafischen Sprache Afrikas, der Farbpalette der
Savanne und den Motiven der afrikanischen Fauna
und Flora. Ganz selbstverständlich umgeben wir
uns mit Accessoires aus Holzkugeln, Basttaschen,
Glasperlen, Sisalgürteln, und wir tragen mit regelmässig wiederkommenden Modetrends Stoffe, die
von afrikanischen Mustern inspiriert sind.
Ein afrikanischer Designer macht europäische
Mode Der in Paris ansässige, malinesische Designer
Lamine Kouyaté, ist seit Jahren international erfolgreich mit seinem Label Xuly Bët, das er in Paris präsentiert. Von der französischen Modemarke
Naf Naf wurde Koujaté für deren nächste Winterkollektion verpflichtet. Kouyaté möchte nicht mit
afrikanischer Ethno-Mode in Verbindung gebracht
werden und produziert einen farbenfrohen StreetStyle im Grunge-Look, mit nach aussen gekehrten
Nähten. Ein Look, der an jenes Recycling erinnert,
wie er es jahrelang in seinem Heimatland erlebt hat,
wenn sich Camionladungen von europäischen Altkleidern über die Marktstände ergossen, wo lokale
Schneider die besten Stücke auswählten und sie auf
afrikanische Bedürfnisse umfunktionierten.
Recycling Einen Orden für echtes Recycling
verdienen die Handwerkskünstler von Madagaskar.
Dort ist Recycling kein Marketing-Gag, sondern eine
aus der Not entstandene Tugend. Aus Mangel an
Ressourcen greifen die Madegassen auf industrielles
Verpackungsmaterial zurück und produzieren mit
Fingerfertigkeit und Fantasie die unglaublichsten
Accessoires wie Auto-Miniaturen und Aktenkoffer
aus Milchpulverbüchsen, Hutschachteln und Überseekoffern aus Metall-Benzinkanistern oder Handtaschen aus Orangensaft-Tetrapak.
Öffnungszeiten
Mo-Sa 14:00–17:00 h oder für Schulklassen nach
Voranmeldung 034 448 42 42
jeden Mittwoch 19:00 h Filmvorführung
Mi 8.8. Vortrag Dr. Bernhard Gardi , Leiter Wissensch. Abtl. Afrika, Museum der Kulturen, Basel
So 2.9., 14:00-17:00 h Führung, Finissage und Verkauf von Stoffen, Postkarten, Büchern etc.
Wo man afrikanische Mode findet
■ In jeder grösseren Schweizer Stadt finden sich
Afrika-Shops, die unter anderem Stoffe, Kleider
und Schmuck verkaufen. Wir stellen vier vor:
Bei La Perla findet die anspruchsvolle Schmuckliebhaberin authentisches afrikanisches Kunsthandwerk, vom Besitzer Robert Bruderer direkt
aus Ostafrika importiert. www.ethnoschmuck.ch
La Perla, Metzgergasse 12, 9000 St. Gallen
Lea Kray verkauft in ihrer Boutique Joy Jewel
Damenmode aus afrikanischen Stoffen in modischen, westlichen Schnitten, die sie in ghanesischen Schneiderateliers in Kleinserien anfertigen lässt. www.joyjewels.com
Joy Jewel, St. Peterhofstadt 3, 8002 Zürich
Boutique Mambo ist ein afrikanischer Kuriositätenladen, wo die Kongolesin Baheta Ba Sita
nebst Nahrungsmitteln und touristischen Artikel
auch Kleider und Metragen in authentischen Bogolanstoffen anbietet.
Boutique Mambo, Chemin du Bourg 20, 2502 Biel
Afro Shop Basel ist ein afrikanischer Kuriositätenladen. Man findet von Haar- und Kosmetikprodukten über CD bis zu Nahraungsmitteln alles,
was das Herz begehrt. www.afro-shop.ch
Afro Shop Basel, Gasstrasse 14, 4056 Basel
ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
7
1 von 311 Haltestellen:
Bahnhof.
veranstaltungen
BÜHNE
der bunte traum einer
heissen sommernacht
Von Magdalena Nadolska – Shakespeares «Sommernachtstraum» auf Berndeutsch im Park des Burgerheims Bern
■ Diese Augen. Diese riesigen gelb-orangen Augen. Seit Juni starren sie mich an, von Plakatsäulen,
an Bahnhöfen, im Bus, im Tram. Verfolgungswahn.
Ich liess mich von den Uhuaugen hypnotisieren und
musste den Sommernachtstraum sehen!
Auf dem Theatergelände um das Burgerheim ist
der Uhu wieder da und schaut die Theaterfreunde
von Wegweisern, Speisekarten und Infotafeln an.
Er sorgt für Ordnung und leitet das Publikum an
den richtigen Ort. Doch die gute Organisation des
Anlasses ist nicht lediglich auf den Uhu zurückzuführen. Die MitarbeiterInnen haben orange Staff-TShirts an und sind mit Walkie-Talkies ausgerüstet
– das Gelände ist nun mal gross und die Kommunikation wird mit den technischen Hilfsmitteln gewährleistet. Mitten unter den Theaterbesuchern
fällt ein Dreiergrüppchen auf. «Wie steht es mit dem
Wetter? Werden wir abbrechen müssen?», fragt der
Regisseur Rolf Schoch. Die Antwort bekommt er
von der Heimleiterin des Burgerheims Marianne
Reinhard und vom OK-Präsidenten Peter Küpfer.
«Es wird eventuell gewittern.», «Für das Emmental
gab es eine Hagelwarnung». «Wir bleiben in Kontakt», sagt der Regisseur und macht seinen letzten
Kontrollgang, damit das Stück pünktlich beginnen
kann. Bevor die ZuschauerInnen in den Rängen
Platz nehmen, können sie das bereitstehende
Mückenspray anwenden und sich eine Wolldecke
gegen die Abendkälte mitnehmen. So werden die
Tücken eines Freilichttheaters überspielt und das
Publikum darf mit Spannung die Tribüne erobern.
Doch bevor man sich auf seinen Stuhl setzt, gibt es
ein Präsent: ein Zuckerbeutelchen zum 40. Jubiläum des Burgerheims – mit was wohl, ja natürlich
ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
mit den Uhuaugen drauf!
In das saftige Grün des Waldstücks und rund
um einen Teich wurde das abstrakte Bühnenbild
platziert. Der Bühnenbildner Dany Rhyner hat die
weissen geometrischen Elemente als Kontrapunkt
zu der üppigen Natur des Burgerheim Parks gewählt. Zwischen den Bäumen sind riesige Kugeln
und ein Würfel aufgestellt. Dazu kommt ein Stangenwald und kleinere Sitzwürfel. Das Bild soll von
den Figuren, von den Kostümen und vom Licht belebt werden. Die SchauspielerInnen bringen bereits
in der ersten Szene viel Farbe auf die Bühne. «Von
Anfang an sah ich die Figuren in einer ganz klaren
Farbzuteilung, gegeben durch ihre Symbolik. Auch
um den Zuschauenden das Wirrwarr der Gefühle,
das temporeiche Hin und Her, das sich Verwirren
und wieder Entwirren als buntes und trotzdem
klares Bild zu präsentieren», so Eveline Rinaldi, die
Kostümbildnerin. Recht hat sie, die Kostüme helfen.
Die parallelen Handlungen in Shakespeares Stück
werden dank ihnen geordnet und leicht zum Nachvollziehen dargeboten. Da sind zum einen die Athener BürgerInnen, mit dem Königspaar und den beiden Liebespaaren, die durcheinandergeraten. Dann
wird man in die zauberhafte Feen- und Koboldwelt
um das Herrscherpaar Oberon und Titania entführt.
Ein schöner Regieeinfall ist dabei die Teilung des
Waldgeistes Puck in eine weibliche und eine männliche Figur. Als dritten Handlungsstrang wird das
humoristische Spiel im Spiel einer Handwerkertruppe verfolgt.
Obwohl sie manchmal in Pathos ausufern, vermögen die Darstellenden in den tragenden Rollen
das Publikum zu überzeugen. Sehr positiv fallen die
Bild: zVg.
beiden roten Pucks auf. Der männliche Puck, der an
Mephisto erinnert und die weibliche Puck, die eher
eine Bezaubernde Jinnie verkörpert, sind ständig in
Bewegung, schwirren leicht über die Bühne und zeigen eine für Laien herausragende Bühnenpräsenz.
Doch auch die Statisterie ist stets konzentriert und
hält souverän den Blicken der Zuschauermenge
Stand. Die kleinen Kinder als grüne Kobolde und
gelbe Elfen sorgen für einen ausgiebigen Jöö-Effekt, doch die eindeutigen Publikumslieblinge sind
die grauen Handwerker. Das Theater im Theater unterhält. Vor allem der als Thisbe verkleidete Flaut
und Zettel, der mal als Esel mal als Pyramus agiert,
bekommen Szenenapplaus und viele Lacher geschenkt. Wie dankbar das Stück für Laien ist, sieht
man vor allem bei den Handwerkszenen.
Das rund 50-köpfige Ensemble hat es geschafft
einen Sommernachtstraum ohne unnötige Längen
und mit fliessenden Übergängen auf die Bühne zu
bringen. Gewöhnungsbedürftig war die berndeutsche Textfassung von Laurenz Suter. Shakespeares
Sprache übersetzt in Worte wie «Meitschi», «Giele»,
«Müntschi» oder «i dräie düre» sorgt für den Lokalkolorit, den das Publikum jedoch offenbar zu schätzen weiss. Am meisten wird man aber von der Stimmung im Burgerheim verzaubert. Der Abend wird
von Vogelgezwitscher begleitet, plötzlich taucht ein
Fisch im Teich auf, sogar eine Fledermaus schwirrt
herum. Die Natur spielt mit. In sie hinein passen
Schochs Regieeinfälle wie riesige Seifenblasen als
Begleiterinnen der Elfen.
Unterdessen ist es dunkel geworden. Die Mitternachtsglocke im Stück erinnert an die Geisterstunde. Die BürgerInnen Athens kehren nach Hause und
9
veranstaltungen
überlassen die Bühne den Waldgestalten. Erst da, in
der Dunkelheit kommt das Bühnenlicht zur vollen
Geltung und die rosa-grüne Traumwelt legt ihren
letzten Zauber über das Publikum. Schade, dass
mein Freund der Uhu nicht zur Vorstellung erschienen ist.
Die Aufführungen finden bis 11. August im Park des
Burgerheims Bern statt.
Infos:
info@einsommernachtstraum.ch
www.einsommernachtstraum.ch
www.burgerheim-bern.ch
WIE KAM ES ZU DIESER
INSZENIERUNG?
BÜHNE
■ Das Burgerheim hatte vor vierzig Jahren die
«revolutionäre Idee, dass man Wohnungen für autonomes Leben im Alter anbot, in welchen auch
Pflegeleistungen möglich sind – eine Idee, welche
damals europaweit einzigartig war!», erzählt der
OK-Präsident Peter Küpfer im Programmheft. Die
Direktion des Burgerheims hat beschlossen das
Jubiläum mit einem Freilichttheater zu feiern.
Das gibt den BewohnerInnen des Burgerheims
die Möglichkeit an einem kulturellen Anlass teilzunehmen und bietet die Gelegenheit, Gäste aus
der Stadt ins Burgerheim einzuladen. Kurzerhand
wurde der Verein «Freilichttheater Burgerheim
2007» gegründet und ein Organisationskomitee
mit der Durchführung des Theaters im Park beauftragt. Für das Leitungsteam der Inszenierung
wurden Profis engagiert, der Rest des Ensembles,
bis auf einen Profi-Schauspieler, bilden Laien. Am
10. Dezember 2006 fand das erste Treffen mit
SchauspielerInnen und dem Regisseur statt. Nach
Leseproben im Dezember hat das Ensemble dann
im Januar «richtig» zu proben begonnen. Alles in
allem wurde die Inszenierung in etwa 63 Proben
erarbeitet. Der Anlass könnte ohne die freiwilligen
HelferInnen niemals in diesem Rahmen stattfinden. Jeden Abend sind neben dem Ensemble über
30 Leute anwesend, die ohne Lohn ihre Arbeit im
Dienste des Theaters verrichten.
Die Veranstalter griffen auf die hausinterne
Gastronomiemannschaft zurück und bieten dem
Publikum nicht nur Theater-, sondern auch Verpflegungskunst. Ob Firmenanlass mit Kombination des Theaters mit einem Apéro, einem individuellen Nachtessen im Sinne eines Shakespearschen
Gaumentraumes oder eines Cüplis an der TräumliBar, für jeden Geschmack ist etwas dabei. Bei jedem Wetter gibt es einen Saal oder eine Wiese, die
zum Restaurant umfunktioniert werden können.
So zum Beispiel das Hochhausdach des Burgerheims, von wo man über das Theatergelände und
die Stadt eine wunderbare Aussicht hat.
Beratung und Reservation für Gastronomie:
Telefon 031 307 66 80.
10
hundstage mit klee
Von Michael Imoberdorf - Sonderausstellung «Überall Theater» mit
Begleitprogramm im ZPK
■ Es ist Sommer und heiss. Ich will ins Marzili. Drückender als die Grosswetterlage ist aber
der Redaktionsschluss. Statt passivem Aare-Abwärtstreiben steige ich die Nydegg-Treppe hoch.
Oben angekommen klebt das T-Shirt an Rücken und
Bauch. Der Zwölfi-Bus kommt nicht. «Sch... Bahnhofsumbau», brummt ein älterer Herr. Ich nicke.
Dann kommt z’Zwölfi: aussen rot und innen heiss.
«Zentrum Paul Klee». Ich steige aus und melde
mich an der Rezeption. Zusammen mit dem Kurator
Dr. Michael Baumgartner betrete ich den Ausstellungsraum. Mehrere Menschen lachen irgendwo im
hinteren Ausstellungsbereich. «Die sind beim Chaplin.» Aha. Lachen aus einer ganz anderen Richtung.
Ich bin irritiert. Ich glaubte, fröhliche Menschen
seien an Hundstagen nur in Freibädern anzutreffen.
Nach einer kurzen Einführung verabschiedet sich
Dr. Baumgartner. Ich stehe verloren zwischen den
Bildern, Videos usw. Wo soll man bloss anfangen?
Auf gut Glück stelle ich mich vor einen Bildschirm.
«Kasperletheater aus dem Jahr 1984.» Ich ziehe die
Ohrhörer über und nehme mir vor, mich möglichst
bald zu verdünnisieren (bevorzugt Richtung Marzili). Ich bin halt kein Museumsmensch, rede ich mir
ein. Der Kasper legt los. Er ist grotesk-komisch, einfach zum Totlachen. Eine ältere Frau steht mit mir
vor der Kiste. Wir können uns beide kaum halten
vor Lachen. Urkomisch. Sowohl die Situation (im
Kleezentrum mit einer älteren Dame vor einem
Fernsehen sich einen ablachen) wie der Kasper (gefrässiges Krokodil frisst Kaspers Freund Fritz und
einen Schirm). Und dann erlebe ich so etwas wie
meine erste Museums-Katharsis. Wie ein Bienchen,
dass auf einer Wiese von Blümchen zu Blümchen
fliegt, springe ich von zeitgenössischer Videokunst
zu Chaplin, von Chaplin zu Klees Handpuppen und
von da zu dessen Bildern und wieder zurück.
Begleitprogramm Die Programmverantwortliche für Theater, Ursula Frauchiger, hat das weit gefasste Themenfeld der Ausstellung («Überall Theater») für das Begleitprogramm eingegrenzt. Im
Fokus des Begleitprogramms steht die Animation
von Figuren, oder sakral ausgedrückt, der «magische Akt der Beseelung toter Materie».
Das klingt ein bisschen wie Hokuspokus. Das
Prinzip ist aber ziemlich alltäglich. Gegenstände
werden im Alltag ständig sinnentleert und mit einer
neuen Funktion versehen. Beispielsweise dieses ensuite-Heft. Im Moment ist es ein Magazin. Es kann
zusammengerollt auch als Fliegenklappe genutzt
werden. Oder man kann sich Notizen auf den Umschlag schreiben und es so als Notizheft brauchen.
Dieses Phänomen ist ein wichtiges Prinzip des
(klassischen) Theaters. Schauspieler Hans Muster
ist auf der Bühne nicht Hans Muster. Während der
Vorstellung ist seine Identität als Privatperson ausgelöscht. Er nimmt eine neue Identität, etwa jene
von Hamlet, an. Im Fokus des Rahmenprogramms
zu «Überall Theater» stehen aber nicht Schauspieler, sondern Gegenstände. Auch Kartoffeln, Puppen
usw. können die Theaterfiguren verkörpern.
Als Theaterzuschauer kennt man normalerweise
lediglich die Aufführung, d. h. das fertige Produkt.
Die Produktion selbst bleibt einem meist vorenthalten. Man sieht zwar das Sosein von Bühnenfiguren, aber nicht, wie sie geworden sind. Das Rahmenprogramm bietet Zuschauern die Möglichkeit,
mitzuverfolgen wie Bühnenfiguren entstehen.
Siehe Ausstellungskritik S. 35 im artensuite.
Weitere Infos: www.zpk.org.
Bild: Puppentheater mit zwei Kasperlefiguren: Der Teufel und Der
Kasperl, 1916 (die Figuren wurden zusammen mit Rahmen und Dekoration 1945 bei einem Fliegerangriff zerstört), um 1924, Fotograf: Felix KleeZentrum Paul Klee, Bern, Schenkung Familie Klee
ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
veranstaltungen
AUSBLICK BÜHNE
■ Wir stellen hier zwei Produktionen aus dem
Begleitprogramm zur Sonderausstellung «Überall
Theater» des Zentrums Paul Klee vor. Improvisationen sind vergleichbar mit öffentlichen Proben
und bieten einen spannenden Einblicke in die Entstehungsgeschichte von Theaterproduktionen.
Aus den Improvisationen heraus werden Stücke
entwickelt, die später in ganzer Länge gezeigt
werden.
BÜHNE
«unter künstlern gelten andere regeln als im büro»
Theater Handgemenge und KASOKA, Berlin
Maler Kasper
Figurenstück mit nachgebauten Handpuppen
von Paul Klee
Von Claudia Badertscher - Interview mit Franziska Buser, Organisatorin des
Festivals «Begegnung im Wartsaal 3» Bild: Claudia Badertscher
■ Hauptamtlich arbeitet Franziska Buser als
Produktmanagerin einer grossen Schweizer Firma.
Diesen Mai hat sie sich in die Terra incognita des
Kulturmanagments schweizerischer Kleinkunst
vorgewagt und in Eigenregie das Kulturfestival
«Begegnung im Wartsaal 3» auf die Beine gestellt. Auf diverse Beine: Im Wartsaal am Helvetiaplatz begegnen sich vom 20. bis zum 25. August
die Tänzerinnen Franziska Buser und Regula Zoll,
der junge Zürcher Literat Matthias Amann, der
Berner Singer und Songwriter Matt, die tanzende
Querflötistin Isabel Lerchmüller und der Fotograf
Martin Bichsel, der die Ausstellung «Bous al Mar»
über das berühmte Stierfest im gleichnamigen
spanischen Ort zeigt.
Unterscheidet sich die Arbeit in der Bürowelt von derjenigen mit Künstlern?
Die Mechanismen von Kultur- und Produktmanagment ähneln sich im Grunde stark, doch
unter Künstlern gelten andere Regeln als im
Büro. Beispielsweise sind die Leute schlechter erreichbar, und man trifft sich auch mal um elf Uhr
abends, was im Büroalltag unvorstellbar ist.
Tanz, Literatur, Fotografie und Musik unter
einem Dach - ist das nicht zu viel des Guten?
Ich hegte schon lange den Wunsch, ein Festival
zu organisieren, bei dem sich verschiedene Formen der Kunst begegnen. Diese Begegnung soll
Verbindungen zwischen den Künsten entdecken,
aber auch Spannung erzeugen. Zudem kann so
ein breiteres Publikum angesprochen werden. Für
den Besucher hat dieses Konzept den Vorteil, dass
er sich nicht entscheiden muss, ob er eine Ausstellung anschauen oder doch eher ein Konzert anhören will.
Der Wartsaal erscheint gar klein für solch
ein Projekt.
Als ich den Wartsaal zum ersten Mal sah,
dachte ich sofort: Hier könnte ich meine Idee
eines Begegnungsfestivals umsetzen. Trotzdem
zweifelte ich plötzlich, ob der Raum nicht doch zu
ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
klein ist. Ich bin dann immer wieder vorbeispaziert
und habe «ineglüsslet» und mich immer mehr in
den Wartsaal verliebt. Wie viele Menschen unterschiedlichster Art sind sich hier schon begegnet?
Unzählige flüchtige und sicherlich auch intensive
Begegnungen haben diesen Ort geprägt. Daher
verkörpert der Wartsaal das Begegnungskonzept
des Festivals ideal. Zudem sehe ich die beschränkte Grösse nun eher als Vorteil: Auf engem
Raum begegnet das Publikum den Künstlern unmittelbarer.
Und wie «begegnen» sich die einzelnen Künste?
Die Künstler begegnen sich einerseits örtlich:
Die Wartsaalbank wird dabei vermittelnd wirken.
Andererseits vereinen sich auch verschiedene
Künste: Isabel Lerchmüller spielt in der «Chorea
für eine tanzende Flötistin» von Christian Henking
Querflöte, während sie tanzt; Regula Zoll und ich
tanzen zu Texten von Matthias Amann.
Tanzen zu Text?
Genau. Text hat einen eigenen Rhythmus, einen Takt wie Musik.
Wirst Du dem Berner Publikum zukünftig
weitere Begegnungen mit Kunst ermöglichen?
Mit der «Begegnung im Wartsaal 3» spreche
ich die Besucher auf verschiedenen Sinnesebenen
an. Ein Traum wäre, ein Festival zu organisieren,
das gleichzeitig weitere Sinne einbezieht. Der
Riechsinn könnte dabei mit Düften angeregt, der
Tastsinn mit weichem Lehm, aus dem sich Statuen
formen lassen, angespornt werden!
Deine zukünftige Berufung scheint im Kulturmanagement zu liegen…
…, was ich mir tatsächlich sehr gut vorstellen
könnte. Mein Ziel wäre es dann, Veranstaltungen ohne staatliche Unterstützung auf die Beine
zu stellen. Vielleicht könnte ich dazu ja sogar
die Kontakte einsetzen, die ich momentan in der
Wirtschaft knüpfen kann.
■ Ein Maler steht vor seiner Staffelei und wird
ständig in der Arbeit unterbrochen. Besucher
stellen sich ein: Muse, Zeitgeist, Kritiker, Epigone, Tod und Teufel. Alle kommen sie vorbei und
verwickeln den Maler in ihre Geschichten, fordern
ihn heraus oder verführen ihn. Der Maler ist in der
Rolle des Kaspers gefangen, nur durch List gelingt es ihm, seine Haut zu retten. (mi)
Improvisationen: 31. Juli bis 11. August (mit Museumsticket frei!)
Aufführungen: 8., 10. und 11. August um 17:00 h sowie 9. August um 20:00 h im Seminar Nord II
hermesdance, Bern
In der grünen Ecke des Kreises
Tanztheater mit Rekonstruktionsfragmenten aus
der Bauhausepoche
■ Karin Hermes orientiert sich für ihre Tanztheaterproduktion «In der grünen Ecke des Kreises»
am interdisziplinären Diskurs, wie er auch für das
Bauhaus üblich war. Aus der Jetzt-Zeit und mit
heutigen Mitteln werden Rekonstruktionsfragmente aus dem Triadischen Ballett (Choreografie
Oskar Schlemmer), dem Solotanz von Gret Palucca, dem Stabtanz und dem Circus der Bauhausbühne entweder historisch authentisch integriert
oder dekonstruiert. Die Rekonstruktionen basieren auf der Recherche von Dokumenten und Notationen aus dem Zentrum Paul Klee, der Akademie der Künste Berlin, der Universität Köln und
aus den Tanzarchiven Leipzig und Köln. (mi)
Improvisationen: 1. – 5. August zwischen 14:00
und 16:00 h im Forum (mit Museumsticket frei!)
Uraufführung: 11. September um 20:00 h. Weitere Aufführungen: 12. und 13. September um
20:00 h
Tickets unter www.kulturticket.ch oder an
der Museumskasse
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literatur
Der Sommerhit 2007
Richard Ford: Die Lage des Landes. Roman. Aus
dem Amerikanischen von Frank Heibert.
Plagiate und Liebe
Jonathan Lethem: You Don’t Love Me Yet. Roman.
Winterliche Jagd
Sjon: Schattenfuchs. Roman. Aus dem Isländischen
von Betty Wahl.
■ Was 2002 «Die Korrekturen» von Jonathan
Franzen, 2003 «Middlesex» von Jeffrey Eugenides
war, ist dieses Jahr «Die Lage des Landes» von
Richard Ford, nämlich der literarische Sommerhit,
der anders als der musikalische stets aus Übersee
zu kommen scheint.
Und wie bei seinen Vorgängern handelt es
sich auch bei dem vorliegenden um einen höchst
umfangreichen Roman, der nichtsdestotrotz oder
vielleicht gerade deshalb den Weg an viele Strände
und Badeanstalten finden wird.
Ford, welcher mit «Die Lage des Landes» seine
vor bald zwanzig Jahren begonnene Frank- Bascombe-Triologie («Der Sportreporter», «Unabhängigkeitstag») abschliesst, wird für sein neuestes
Werk nicht nur mit Lorbeeren überschüttet. Von
verschiedenen Seiten wird ihm Langatmigkeit,
gar Ereignislosigkeit vorgeworfen. Und tatsächlich
glänzt der Plot nicht eben mit Ereignissen.
John Updikes «Rabbit» nicht unähnlich, wenn
auch deutlich intellektueller, mimt Bascombe den
Durchschnittsamerikaner, welcher es als Makler zu
einem mehr als nur bescheidenen Erfolg gebracht
hat. Nun, gezeichnet von Prostatakrebs, von seiner zweiten Ehefrau Sally nach Wiederauftauchen
deren ersten, bereits für tot erklärten Ehemann
Wally aufs Schmächlichste verlassen, gibt Frank
nicht etwa klein bei, sondern stellt sich seinem
Schicksal in Form des alltäglichen Lebens mit dessen ganz alltäglichen Aufgaben in den drei Tagen
erzählter Zeit vor Thanksgiving. Sei es auf der Beerdigung eines Freundes, im Gespräch mit seiner
Exfrau, in einer Lesbenbar oder in der Umklammerung seines Sohnes Paul, bei Verkaufsgesprächen
mit potenziellen Käufern, in der Kontemplation mit
seinem tibetischen Mitarbeiter Mike, es ist stets
ein Vergnügen, Frank Bascombe zuzusehen. Und
am Ende ereilt ihn sogar so etwas wie ein Happy
End, wenn es auch zunächst ganz anders scheint.
Wer Ford live erleben möchte hat am 11. sowie
14. August anlässlich der Salzburger Festspiele Gelegenheit dazu. (sw)
■ Der 1964 geborene Jonathan Lethem ist, wenn
auch ein Grossteil seiner Romane in deutscher
Übersetzung vorliegen, in Europa immer noch
nicht hinlänglich bekannt.
Um den Lesern Lethems Werk näherzubringen,
scheint sein neuester Roman besonders geeignet,
hier kehrt er zum Setting seiner frühen Werke zurück. Nicht das dunkle New York bietet den Rahmen für diesen wesentlich fröhlicheren Roman
- im Vergleich etwa zu «Motherless Brooklyn» -,
sondern die Sonnenstube Kalifornien.
Lucinda und Matthew, beide Mitglieder einer
namenlosen Band, verbindet eine amour fou, der
sie sich beide zu entziehen versuchen. Als Lucinda im Kunstprojekt ihrer einstigen Collegeliebe
Falmouth, wo sie Beschwerdeanrufe in einer möglichst neutralen Weise zu beantworten hat, auf
Carlton Vogelsong trifft, erlebt nicht nur ihr persönliches, sondern auch das Schicksal der Band
einen Wendepunkt.
Sind es zunächst Vogelsongs Formulierungen,
welche sie betören, ist es bald auch dessen Person
selbst, die sie in ihren Bann schlägt. Sie wird zu
seiner Bettgespielin, wo sie sich einerseits seiner
oft herrischen Art unterwirft, andererseits seine
magischen Worte an den schreibblockierten Songschreiber Bedwin Greenish der Band weiterleitet.
Dieser kreiert daraus Songs, die der Band zumindest zu einem lokalen Erfolg verhelfen. Insbesondere der Song «Monster Eye» wird von der, wenn
auch kleinen, so doch stetig wachsenden Fangemeinde positiv aufgenommen.
Eine Referenz an seinen ersten Roman «Gun,
with Occasional Music», mit welchem ihm seinerzeit der Durchbruch gelang, ist das Känguruh,
welches der Leadsinger der Band, Matthew, der
tagsüber in einem Zoo arbeitet, aus Mitleid für dessen offensichtliche Langeweile bei sich zu Hause in
der Badewanne beherbergt. Nebst derart skurrilen
Protagonisten ist der Roman aber vor allem eine
herzerwärmende Liebesgeschichte. (sw)
■ Sjon, mit bürgerlichem Namen Sigurjon B. Sigurdsson, legte mit süssen fünfzehn Jahren seinen
ersten Lyrikband vor und ist bis heute ein Tausendsassa geblieben, der nicht nur als Texter für Björk
von sich reden macht, sondern auch für das Drehbuch von «Dancer in the Dark» von Lars von Trier mitverantwortlich zeichnet. 1987 legte er nach
mehreren Lyrikbänden seinen ersten Roman vor.
Das nun in Deutsch erschienene Werk «Schattenfuchs», welches bereits 2004 auf Isländisch
erhältlich war, mag zwar ein dünner Band sein,
verzaubert jedoch in seiner Mischung aus Prosa
und Lyrik, der Verwebung von Mystischem und Realem.
In einem kalten isländischen Winter Ende des
19. Jahrhunderts begibt sich ein Pastor namens
Baldur auf die Fuchsjagd, während der er nicht nur
den Naturgewalten zu trotzen hat, sondern auch
einer listigen schwarzen Füchsin kaum beizukommen weiss.
Zur selben Zeit bereitet Friorik für seine liebe
Abba die letzte Reise vor. Abba, geistig behindert,
wurde vor Jahren aus einem Schiffswrack geborgen und wurde zunächst wie ein Tier in einem
Käfig gehalten, bis sie Friorik zu sich nach Hause
nahm, in ihr den Menschen erkennend.
Anders als Baldur, der sich als über der Natur
stehend empfindet, ist Pflanzen-Friorik eins mit
den Elementen, dessen Bewunderung für das Werk
der Natur auch vor dessen Abnormitäten nicht halt
macht.
Sjons Wintergedicht mag etwas unpassend sein
im Sommer, in Anbetracht der momentanen Wechselfälle des Wetters scheint jedoch auch ein plötzlicher Wintereinbruch nicht allzu fern.
Seine Wortbilder, die uns die unendlichen Weiten des Inselstaates Island ahnen lassen, entführen
uns in eine Welt fernab der Errungenschaften der
Zivilisation und sind ganzjährig von besonderem
Reiz. (sw)
Ford, Richard: Die Lage des Landes. Roman. Aus
dem Amerikanischen von Frank Heibert.
Berlin Verlag 2007. ISBN 978-3-8270-0065-1.
12
Lethem, Jonathan: You Don’t Love Me Yet. Roman.
Faber and Faber. United Kingdom 2007. ISBN 9780-571-23562-9. Auf Deutsch ist der Roman unter
dem Titel «Du liebst mich, du liebst mich nicht»
beim Tropen Verlag Berlin erschienen.
Sjon: Schattenfuchs. Roman. Aus dem Isländischen
von Betty Wahl. S. Fischer Verlag. Frankfurt am
Main 2007. ISBN 978-3-10-075120-1.
ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
veranstaltungen
FILOSOFENECKE
Von Alther&Zingg
«WIE SEHR WIR AUCH ALS NATURUND KULTURWESEN IN DIE UNABSEHBAREN PROZESSE DER WIRKLICHKEIT EINGEBUNDEN SIND: WIR
HABEN DARIN DANN UNSERE FREIHEIT, WANN IMMER WIR ETWAS VON
SELBST ANFANGEN.»
Volker Gerhardt, 1999
SZENE
im klub
Von Benedikt Sartorius
■ Nachdem in den neunziger Jahren Bands und
Projekte wie The Prodigy, The Chemical Brothers
oder Daft Punk Massstäbe in massentauglicher
elektronischer Musik setzten, dauerte es eine
ganze Weile, bis der letzte Schrei wieder einmal
im Computer-Lager gefunden wurde. 2007 ist
nun dieser Moment, in dem eigentliche Undergroundphänomene wie das französische Label Ed
Banger mit Produzentenduos wie Justice auch in
der Tagespresse eine breite Plattform erhalten.
Als Katalysator dienen zudem junge Rockbands,
die elektronische Spurenelemente einsetzen und
so den leuchtstäbeschwenkenden New Rave erfanden.
New Rave soll Lifestyle sein, bei dem der Mut
zur Hässlichkeit in Sachen Modefragen für Aussenstehende als treibende Kraft erscheint. Und
es ist lustig, dass in diesem Kontext ein Abend
des traditionellen Dampfzentrale-Sommerfoyers
die zu Kindheitszeiten heissgeliebten NintendoCompüterli und andere trashige Arcade-Games
aus der Versenkung holt: Die Teamtendo-Band aus
Paris wird am 12. August zur Pixeljagd aufspielen,
hofiert von den omnipräsenten Round Table
Knights.
Neben der Berne-Beats-Eröffnungsnacht mit
der fast kompletten städtischen DJ-Prominenz
treten im Sommerfoyer auch minimale TechnoProduzenten wie Agnès auf. Überraschend dürfte
auch der Abend mit Kalabreses Rumpelorchester
ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
werden. Der Zürcher Produzent, Clubbetreiber
und Schlagzeuger Sacha Winkler alias Kalabrese wird sein vielgelobtes Album «Rumpelzirkus»
(Stattmusik) mit Liveband umsetzen. Die Platte
ist eine sorgfältig aufgebaute und geschlossene
Liedersammlung, einsetzbar für die unterschiedlichsten (Club-)Stimmungen: Hier der klamaukige Beginn von «Öisi Zuekunft», der unmerklich
in organischen Minimal-House-Funk umschlägt
über das karge introvertierte «Heartbreak Hotel»
bis hin zum ausgelassenen Bläsersatz von «Auf
dem Hof». Kalabrese funktioniert Alltagsinstrumente zu Klangquellen um, zelebriert mit seinem
Stimmeinsatz seine nicht vorhandenen Qualitäten
als Sänger und zeigt, dass er sich selbst nicht zu
ernst nimmt, wie auch der Track «Aufm Klo» unterstreicht. Der kontrolliert verspielte «Rumpelzirkus» des Kalabrese kommt ohne billige Effekthascherei, ohne grosse Gesten und ohne kurzlebige Trendhörigkeit aus – ein sehr cooles Album.
Dampfzentrale: Sommerfoyer 9.8. – 18.8, u. a. mit
Teamtendo (10.8.), Marco Repetto (15.8.) Agnès
(16.8.), Kalabreses Rumpelorchester (17.8). Komplettes Programm: www.dampfzentrale.ch
Sommerclubbing bietet auch das Wasserwerk
mit Summer In The City bis am 18.8. Programm auf
www.wasserwerkclub.ch
■ Die Wirklichkeit: Ein Begriff, der uns Menschen
begleitet, definiert wird, revolutioniert wird, neu
besetzt wird. Ob wir uns nun als Geschöpfe oder
als Schöpfer verstehen und begreifen, die Wirklichkeit bleibt letztendlich vage und eine Frage
des Moments, der Kultur und der eigenen Wahrnehmung. Ihretwillen sind Kriege geführt, Köpfe
gerollt und Menschen in ihren elementaren Bedürfnissen eingeschränkt worden. Aber auch die
Freiheit, die viel gelobte, zeigt sich in verschiedenen Facetten. Sei’s als Lebensgefühl der Unabhängigen, sei’s als politisches Gut der französisch
oder sonst wie revolutionierten Gesellschaften.
Filosofen setzen sich mit der Frage auseinander,
was die Wirklichkeit und die Freiheit ausmachen,
wie sie definiert werden. In der Meinung Gerhardts
stellt die Wirklichkeit den Rahmen unseres Daseins
dar. Die Freiheit hingegen ist das Produkt unserer
selbst initiierten Handlungen. Dadurch werden wir
zu freien Radikalen innerhalb des Rahmens Wirklichkeit, werden selbsterkennend über das Selbstbewusstsein zur Selbstverwirklichung finden.
«Das Ich ist der Souverän seiner eigenen Akte»,
schreibt Gerhardt. Vernunftbegabung als Fetisch
des modernen Menschen, kann man denken. Oder
doch eher ein Appell an jeden Einzelnen von uns,
sich seine Freiheiten, seine Wirklichkeit selber zu
schaffen, sich aus der Umklammerung der Ideen,
Instinkte und Triebe zu lösen? Was macht die individualisierte Gesellschaft aus? Gibt es Kategorien
des Individualismus, beispielweise eine materielle,
spirituelle oder intellektuelle? Fragen im Spannungsfeld von Wirklichkeit und Freiheit. Etwas anfangen heisst auch, Bestehendes und Bekanntes
hinter sich zu lassen oder neu zu ordnen. Dies als
Preis für die Freiheit. Die Selbstverwirklichung zu
akzeptieren fällt nicht immer leicht, das Resultat
der eigenen Selbstanfänge liegt oft im Dunkeln.
Aber so kommt der Mensch als Individuum weiter
im Leben, erfährt sein Selbst und seine Umwelt
neu.
In diesem Sinne: Nehmen Sie sich die Freiheit,
fangen Sie etwas von selbst an und teilen Sie uns
Ihre Gedanken zum Thema doch gleich mit! Sie
können dies am Mittwoch, 29. August ab 19:00
Uhr im Tonus Musiklabor an der Kramgasse 10
tun. Alther&Zingg freuen sich auf Sie.
13
musik
KLASSISCHE MUSIK
donau abwärts
Von Kaspar Zehnder - Zum Programm der Murten Classics (13. August – 2. September) Bild: zVg.
■ Das Programm auf einen Blick: Je ein Sinfoniekonzert für die Wiener Komponisten Haydn,
Mozart, Beethoven, Schubert und für die Wien
nahe stehenden Deutschen Johannes Brahms und
Richard Strauss sowie eine Walzergala zum K&KAbschluss.
Wien bleibt aber nicht nur Wien. Der Auftakt
kommt vom Ostrand der Donaumonarchie: Die
Berner Gruppe Klezmer Pau Wau spielt sich mit
Musik aus dem Ursprung Europas in die Herzen des
Publikums (13./14./15.8., je 19:30 h).
Offen für Neues Ebenfalls eine östliche Sprache reden die Konzerte Offen für Neues, einmal
mit Werken von Bohuslav Martinu zu Texten von
Kafka (18.8., 17:00 h), einmal mit neuerer serbischer Musik zu Texten von Ivo Andric und Miroslav Krleža (25.8., 17:00 h). Der Schauspieler Ulrich
Beseler und der Flötist Kaspar Zehnder treten mit
tschechischen (Jan Reznícek, Eduard Spácil) bzw.
serbischen KollegInnen (Misa Stefanovic, Deana
Patakovic) auf.
Ein besonderes Spannungsfeld entsteht im Programm mit Maya Homburger (Barockvioline) und
Barry Guy (Kontrabass), welches Ignaz Franz Bibers Rosenkranz-Sonaten, ein epochales Werk für
Violine solo, in zeitgenössisch improvisierenden
Kontext stellt (1.9., 17:00 h).
Ein Familienkonzert am See (1.9., 15:00 h) folgt
den Spuren Erich Kästners und Till Eulenspiegels,
zwei unterschiedlichen Schelmen der Weltliteratur.
Kammermusik Angeführt von einer prominent
besetzten Aufführung von Franz Schuberts Oktett
(Paetsch, Kolly, Magnenat, Demenga, Khatchatryan, Siegenthaler, Chenna und Darbellay 21.8.,
20:00 h) lenken auch die Kammermusik-Konzerte
den Blick immer wieder von Wien nach Osten:
Unter dem Motto «Donau abwärts» bringen Ana
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Ioana Oltean (Flöte) und Simon Bucher (Klavier)
Werke von Beethoven, Bartók, Lipatti u. a. zur Aufführung (26.8., 17:00 h) und das Talich Quartett
stellt Mozarts «Jagdquartett» Kammermusik von
Kalliwoda und Dvorák gegenüber (2.9., 17:00 h).
Wiederum Dvorák, diesmal aber in Kombination mit Brahms (Liebeslieder-Walzer) und seinem
Schweizer Zeitgenossen Hans Huber ist im Vokalkonzert mit Maria C. Schmid, Liliane Zürcher, Jan
Martin Mächler, René Perler sowie dem Klavierduo
Dominique Derron und Pius Urech zu hören (19.8.,
17:00 h).
Artist in Residence: Nemanja Radulovic
Mit Spannung erwartet werden die Konzerte des
diesjährigen Artist in Residence. Das BeethovenKonzert ist bereits ausverkauft. Für seine fulminanten Auftritte wurde Nemanja Radulovic bereits
mehrfach ausgezeichnet. Seit seinem Einspringer
für Maxim Vengerov 2006 öffnen sich dem 1985 in
Serbien geborenen Geiger alle Türen. (Rezital mit
Laure Favre-Kahn 2.9., 11:00 h, Sommernachtskonzert mit Solowerken von Bach, Ysaye und Miletic
28.8., 21:45 h).
Valiant Forum Die Förderung junger Talente
hat an den Murten Classics Tradition: Das Orchestre
des Jeunes de la Suisse Romande, das Jugendsinfonieorchester Aargau und der Jugendchor «molto
cantabile» aus Luzern sind die diesjährigen Gewinner am Valiant Forum, um ihren definitiven Platz in
der Rangliste spielen und singen sie anlässlich des
Preisträgerkonzertes (28.8., 20:00 h).
Mozart im Schlosshof Die Kulisse des mittelalterlichen Schlosses und der Blick auf See und Jura
stehen seit den Anfängen der Sommerfestspiele
Murten im Zentrum des Festivals und garantieren ein Fest für Ohr und Auge. Ebenfalls auf die
Anfänge zurück geht die Idee der Mozartserenaden, welche in zwei Konzerten aufgegriffen wird.
In beiden Programmen stehen Werke im Zentrum,
welche Mozart in Wien geschrieben hat. Die Klavierkonzerte KV 413-415 (mit Andrea Bacchetti und
der Cappella Istropolitana, 29.8., 20:00 h) und die
«Gran Partita» für 12 Bläser und Kontrabass (mit
der Sinfonietta Cracovia unter Kaspar Zehnder
22.8., 20:00 h).
Sommernachtskonzerte Im Park des Hotel
Vieux Manoir finden spätabends Sommernachtskonzerte statt. Michaela Paetsch Neftel / Wieslaw
Pipczynski (29.8., 21:45 h) und Nemanja Radulovic
(28.8., 21:45 h) verneigen sich je in einer Hommage
vor Fritz Kreisler, das Klavierduo Soós-Haag führt
im Wiener- und im Böhmerwald spazieren (21.8.,
21:45 h), und Solisten der Sinfonietta Cracovia
spielen «Eine kleine Nachtmusik» und die Serenata
notturna von Mozart sowie Schönbergs «Verklärte
Nacht» (22.8., 21:45 h).
Und übrigens! Und vergessen wir nicht die Sinfoniekonzerte im Schlosshof, die bereits eingangs
erwähnt wurden: z. B. Schubert mit Kaspar Zehnder, Brigitte Engerer (Klavier) und der Prague Philharmonia (16.8., 20:00 h). Oder das Oboenkonzert
von Richard Strauss, 1945 für die Tonhalle Zürich
geschrieben und von Thomas Fuchs, ihrem gegenwärtigen Solo-Oboisten, gespielt (18.8., 20:00 h).
Oder Haydns «Jahreszeiten» mit Anne-Florence
Marbot, Clemens Löschmann, Dominik Wörner und
dem Schweizer Kammerchor (1.9., 19.00 h). Oder
die Walzergala zum Schluss und zum Auftakt für
«2008: 20 Jahre Murten Classics». (2.9., 20:00 h).
Weitere Informationen zu genauen Aufführungsorten und Programmen sowie Reservationen unter
www.murtenclassics.ch, Tel 0900 325 325, Infos
auch unter 079 408 37 61.
ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
musik
ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
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Kultur Casino Bern
Mittwoch, 26. September 2007, 19.30 Uhr
Montag, 28. Januar 2008, 19.30 Uhr
Slowakische Philharmonie und Chor
Residentie Orkest Den Haag
Vladimir Valek, Leitung
Bohuslav Martinu, Carl Orff
Neeme Järvi, Leitung - Egils Silins, Bariton
Wagner, R. Strauss
Montag, 22. Oktober 2007, 19.30 Uhr
Sonntag, 16. März 2008, 19.30 Uhr
Nationale Philharmonie Russland
Ural Philharmonic Orchestra
V. Spivakov, Leitung - Nikolai Tokarev, Klavier
Prokofjew, Schtschedrin, R. Strauss, Schostakowitsch
Dmitrij Liss, Leitung - Lylia Zilberstein, Klavier
Mussorgskij/Leopold Stokowski, Prokofjew
Mittwoch, 28. November 2007, 19.30 Uhr
Sonntag, 18. Mai 2008, 19.30 Uhr
Orchestre Philharmonique de Liège
St. Petersburger Philharmoniker
Pascal Rophé, Leitung - Schweizer Klaviertrio
Bizet, Daniel Schnyder (Uraufführung), Saint-Saëns
Yuri Temirkanov, Leitung
Schostakowitsch
Abonnemente sind noch erhältlich bis 24. August. Preise: Fr. 102.-- bis 432.--.
Auskunft über Tel. 031 859 77 43 oder e-mail: kulturprozent@gmaare.migros.ch.
Konzept und Realisation Migros-Kulturprozent
BERN • HANOI • LAOS • BERN • HANOI • LAOS • BERN • HANOI • LAOS • BERN
IDEALE mode
im Kellergeschäft
Kramgasse 9, Bern
April - August
DI - FR 13.30 - 18.30 h
SA 11.00 - 16.00 h
T: 076 399 55 67
ideale@bluewin.ch
www.ideale.biz
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musik
KONZERT-RÜCKBLICK
Montreux Jazz Festival
Das diesjährige 41. Montreux Jazz Festival fand
vom 6. bis 21. Juli statt.
SZENE
der beat-man-way
Von Benedikt Sartorius Bild: Daniel Desborough
■ Reverend Beat-Man, Gründer und Vorsteher des
weit über die Landesgrenzen hinausausstrahlenden
Labels Voodoo Rhythm, ist ein Adept der TrashKultur und destilliert seinen scharfen Brand aus BMovies, Wrestling, Science-Fiction, Rock’n’Roll und
dem Wanderpredigertum. Er zelebriert den Dilettantismus, bezeichnet sich mit voller Überzeugung
als «Nichtkönner» und entlarvt sich als Tief- oder
eben doch als Hochstapler, der mit grossartigen
Veröffentlichungen den rohen, primitiven Blues seit
Jahren predigt – sei dies in seiner früheren Rolle als
Lightning Beat Man, sei dies als Gitarrist und Sänger der irren The Monsters oder im Verbund mit der
Industrial-Truppe Herpes Ö Deluxe. So überrascht
es kaum, dass auch die neue Platte nur eines ist:
umwerfend – und vielfältiger als je zuvor. «Surreal
Folk Blues Gospel Trash Vol. 1» heisst diese, trägt
der Einfachheit halber einzelne Komponenten des
Beat-Man-Gegenuniversums gleich im Titel und
führt musikalisch weiter als der brillante, weit rohere Vorgänger «Get On Your Knees».
Verlassener Cowboy Das Album beginnt mit
einem rollenden Delta-Blues: «The Clown Of The
Town» bringt den klagenden Beat-Man im Trio mit
Robert Butler an der Mundharmonika sowie den ExDead-Brother Delaney Davidson am Schlagzeug. Es
folgt die erprobte Ein-Mann-Band-Inkarnation. Der
Reverend stürzt sich in das arg verzerrte «I Belong
To You» und dampft das Gebräu zum Schluss in
eine reduzierte akustische Gitarre ein. Die WesternBalladen «I’m Happy» und «Coco Grace» präsentieren Beat-Man als verlassenen Cowboy im tränenreichen Niemandsland, ehe wiederum mit Band
der rockende «Jesus Christ Twist» angestimmt
wird. Bedrohlich grollend beschwört der besessene
Prediger die Zuhörerschaft durch Lärmwände hindurch – der Teufelsritt dieser Platte.
Eine Türe öffnet sich knarzend, säuselndes Pfeifen wartet im hawaiianisch angehauchten Paradies
von «Our Girls», nur die Stimme kräht unnachahmensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
lich weiter in rudimentärem Englisch mit Akzent. Ein
neues Leben soll begonnen, eine Familie gegründet
werden. Die Frau seines Lebens findet sich schnell
im beschwingten Surf-Gitarren-Saloon von «Another Day Another Live», der abrupte Abbruch des
Optimismus folgt auf dem Fuss, ein lebenserfahrener und gebrochener Reverend hat in «No Hope»
jegliche Hoffnung auf traute Zweisamkeit verloren.
Legendenbildung «I Wanna Know» ist ein schön
hinkender Rock’n’Roll-Kracher, neuerlich elegische
Stimmungen werden daraufhin angestimmt im von
einem Cello getragenen «One Fine Day»: Die unvergessene Verflossene wird besungen, irgendwann
wird sie zurückkommen, hoffentlich. Bei «Meine
kleine Russin» könnte der skurrile Finne M.A. Numminen Pate gestanden haben. Wie hier Beat-Man
– sekundiert von einer traurigen Mandoline – Sätze
wie «Lass uns Liebe machen am Strand und in dem
See» lüstern langzieht, ist ein komischer Höhepunkt
der Platte, der nur noch von seiner Lebensgeschichte zum Schluss übertrumpft wird.
Der 40-jährige bricht im siebenminütigen JazzShuffle «The Beat-Man Way» selbstironisch seine
eigene Legende, warnt vor Drogenmissbrauch,
zeigt sich resistent gegen alle Autoritäten und garniert die rastlose Geschichte mit einem von amerikanischen Fernsehpredigern inspirierten Nahtoderlebnis. Natürlich wählt der Reverend weder Himmel noch Hölle, sondern antwortet kühl: «I don’t
give a fuck, I just do it the Beat-Man-Way!»
So geht die erste Folge der grossen, kontrastreichen und doch sturen Surreal-Folk-Blues-GospelTrash-Liederersammlung in der Bar zu Ende, die
zweite Runde soll pünktlich zum Weihnachtsgeschäft erscheinen. Was für ein Fest.
Surreal Folk Blues Gospel Trash Vol. 1 (Voodoo
Rhythm / RecRec) erscheint am 20. August.
Plattentaufe: 24. August, Dachstock, Reitschule
Bern.
Wilco
■ Trotz widrigen Umständen – der Saal war bestuhlt und in ein Zweiklassensystem aufgeteilt,
die Atmosphäre glich einer SamstagabendshowFernsehaufzeichnung – spielte die Chicagoer Band
Wilco als «Opening Act» (!) für Tori Amos das vermeintliche Konzert des Jahres. Das Sextett rund
um den Songwriter Jeff Tweedy, der bereits mit
seiner alten Band Uncle Tupelo stilbildend für den
sogenannten Alternative Country in Erscheinung
trat, spielte sich durch ein Set, das den Schwerpunkt auf die neueste Veröffentlichung «Sky Blue
Sky» legte. Diese für Wilco-Verhältnisse konventionelle Liedersammlung, die zunächst gar banal
anmutet und erst beim wiederholten Hördurchgang ihre Feinheiten freilegt, besticht durch erhabene Schönheit, durch Spielfreude und raffinierte
Einfachheit, hinter der sich das Komplexe verbirgt.
Die Liedoberflächen befinden sich bei Wilco in
ständigem Wandel. Ein Song wie «Via Chicago»
erschien im Konzert zunächst als Ballade, ehe der
Schlagzeuger Glenn Kotche und der Gitarrist Nels
Cline konspirative Blicke austauschten und in ein
wildes Noise-Inferno einstimmten, um wieder zur
Stille zurückzufinden. Ein berührender Moment,
der für immer bleiben wird, wie auch der repetitive Scheunenstürmer «Spiders (Kidsmoke)»,
der den 75-minütigen Auftritt beschloss und den
Ausnahmestatus dieser einzigartigen Band nachhaltig unterstrich. (bs)
CDs: Sky Blue Sky (Nonesuch / Warner)
Kicking Television – Live In Chicago
Rufus Wainwright
■ Spätestens die beiden grössenwahnsinnig orchestrierten und brillanten «Want»-Alben katapultierten den selbsternannten Gay Messiah an die
Oberfläche einer jüngeren Songwriter-Generation, die zu unterschiedlich ist, um sie auf einen
gemeinsamen Nenner zu bringen. Der Opernliebhaber Rufus Wainwright betrat die kleine Montreux-Halle in bayrischen Lederhosen, die siebenköpfige Begleitband schmetterte das broadwayhafte Titelstück seiner jüngsten Platte «Release
The Stars» in den Raum, das grosse Entertainment
nahm seinen Lauf. Die Show – mit Selbstironie
und dem Spiel mit schwulen Codes durchzogen –
wechselte von stillen Judy-Garland-Interpretationen in musicalhaften Pomp über und gipfelte
in einem dilettantischen Tanz, während sich der
stimmlich verausgabte Wainwright in Frauenkleider kleidete und zum Schluss, genau, «Gay Messiah» anstimmte. (bs)
CD: Release The Stars (Geffen/ Universal)
17
musik
ECM listening post
Von Lukas Vogelsang
■ Für einmal haben wir keine neue Vorstellung
aus dem ECM-Label. Für einmal habe ich die erste ECM-CD hervorgeholt, die ich gekauft hatte.
Das ist schon lange und doch erst 17 Jahre her
– aber eine Würdigung ist schon lange fällig.
Von 1983 bis 1989 spielte dieses Trio, Keith
Jarrett (Piano), Gary Peacock (Bass) und Jack
DeJohnette (Drums), eigentlich nur Jazzstandards. Das war Konzept. Mit «Changeless» probierte Keith Jarrett neue Wege. Die vier Stücke
sind von ihm komponiert und wurden im Oktober
1987 an verschiedenen Konzerten live aufgenommen. Die CD kam dann erst 1989 heraus.
Ich hatte damals noch keinen Bezug zum
Jazz gefunden und stellte mich auch eher skeptisch. Noch hängte ich in psychedelischen Wolken der 70er oder intellektualisierte The Velvet
Underground. Durch einen Freund stiess ich auf
«Changeless» und damit begann meine kleine
Jazzkarriere. Ich gestehe: Das nie endenwollende
«Dancing» zu Beginn der CD hat mich zum Jazz
bekehrt.
Anders als das legendäre «Köln Concert»
geht für mich diese Musik ein Stück tiefer und
ist irgendwie kräftiger. Es ist die fast nach einem
Ritual anmutende Perfektion des Trios, ineinander verwoben, wie ein eigenes Instrument und
Klangkörper geformter Moment. Eine Reise
am Existenzpunkt des Seins. Eigentlich ist alles
komponiert und doch ist es Improvisation. Jeder
Ton kann nicht anders, als in diesem Moment so
gespielt werden. Damit ist «Changeless» mein
persönlicher Grundstein für ein Kunstverständnis geworden. Aus dieser Musik entstand meine
Arbeit der sogenannten «Philosik» (eine Musikphilosophie). Und damit wurde auch Manfred Eicher, als sensibler Toningenieur der Zeit, ein Teil
dieses Prozesses. Changeless eben.
Keith Jarrett Trio / Changeless
ECM 1392
Sie wissen
nicht wohin?
abo@ensuite.ch
18
Im wunderschönen Monat Mai
Editors – An end has a start
■ Diese CD ist so was von daneben, dass nur noch
Kult übrig bleibt. Doch das ist richtig zu verstehen:
Zum einen wäre da der Titel: «Im wunderschönen
Mai – Dreimal sieben Lieder nach Schumann und
Schubert» – die CD kam im Juni heraus und im
August über diese CD zu berichten, hat was Groteskes. Aber was kann man bei der Music Edition
«Winter & Winter» schon anderes erwarten – wobei
wir schon bei der zweiten Groteske wären. Diese
Edition hat schon viel von sich zu hören gegeben.
Eigenwillig sind die «Winters» ja – vor allem im
Sommer. Mit dem Mai-Werk geben sie eine Sammlung von herrlich schnulzigen Liedern von Robert
Schumann und Franz Schubert heraus – doch die
hat’s wirklich in sich. Barbara Sukowa (Gesang),
Reinbert de Leeuw (Piano) und das Schönberg Ensemble haben ganze 21 Juwelen auf CD gebrannt.
Kleine Kunstwerke, kleine Haar-zu-Berg-Steher.
Und die klingen ganz gut – einen gewissen Glamour und Kitsch tut dem Wohnzimmer auf jeden
Fall gut. (vl)
■ Ihr erstes Album «In The Dark Room» war eine
Überraschung und die Band hatte damit sogar ein
ebenso überraschendes Gastspiel in Bern. Mit «An
End Has A Start» haben die vier Engländer Tom
Smith (Vocals / Guitar), Chris Urganowicz (Guitar),
Russel Leetch (Bass Guitar) und Ed Lay (Drums)
ein fast ebenbürtiges Album nachgeworfen. Im direkten Vergleich muss man allerdings dem Vorgänger etwas mehr Charakter zubilligen. Dafür haben
die Editors mit dem zweiten Wurf ihren Stil klarer
herausgefiltert und an der Soundhandschrift gebastelt. Man muss sich an das Strickmuster jedoch
noch etwas gewöhnen. Die Arrangements sind
immer noch sehr gut, die melancholisch düstere
Singröhre von Leadsänger Tom Smith - er hat einfach eine göttlich charismatische Stimme - durchdringen vor allem nach mehrmaligem Anhören des
Albums. Es hat mehr Kanten und Kratzer als zuvor.
Erstaunlich ist auch, dass einige Patzer auf der
Aufnahme geblieben sind: So gibt’s manchmal kleine Unebenheiten in einigen Riffs, aber vor allem
Tom Smith fällt in einer wunderbaren Ballade fein
neben den Ton – und die Produzenten haben es belassen. Damit fallen die Editors um ein vieles persönlicher und nahbarer auf und der coole Chic von
rebellischen Designgitarreros kommt auf den Boden. Der letzte Song «Well Worn Hand» entschuldigt übrigens jede aufkommende Mainstreamlangweile. Reinhören! (vl)
www.winterandwinter.com
Jenny Chi – ChiBossa
■ Jung ist sie, die Jenny, schön ist sie auch,
kommt aus Zürich und eine Stimme hat sie– es ist
eine wahre Freude. Produziert wurde die CD von
Peter Bürli vom Radio DRS – Martin Pearson, der
schon für Queen und den Ex-Pink-Floyd Roger Waters im Studio stand, übernahm die Tontechnik.
Live - eben so, wie die meisten DRS-Aufnahmen
hergestellt werden – sind 13 ältere Bossa-NovaStücke eingespielt worden. Der Sound ist brillant.
Für ein Debüt-Album ist es meisterlich gelungen,
das Konzept stimmt bis ins letzte Detail. Ruhig und
unkitschig, mit einer feinen unschuldigen Unsicherheit, sensibel, ohne zerbrechlich zu scheinen
– so präsentiert sich sonst nur ein Stern. Der kaum
hörbare Akzent in Jennys Portugiesisch tut viel
Gutes für den Bossa. Er hilft der Rhythmik und hält
eine kühlwarme Distanz. Aber es ist nicht nur der
Charme von Jenny Chi – die hochkarätigen Musiker, allen voran Ademir Candido (Gitarre) bringen
sehr viel mit ein. Michael Zismann (Bandoneon)
spielt bei einem Stück übrigens auch mit. Eine
wunderschöne Entschuldigung für den kaltnassen
Sommer. (vl)
www.jennychi.ch
www.editorsofficial.com
Kleiner Tipp:
Daliah
■ Wer nach dem Buskers-Festival von ihnen noch
nicht genug hat oder zum neuen Fanclub von Daliah gehört, kann diese am 25. August am legendären Murifeldfest nochmals auf der Bühne erleben.
Die sechs MusikerInnen haben sich im Spätsommer 2006 zusammengefunden und spielen seither ein musikalisches Potpourri zwischen Italien,
Frankreich, Deutschland, Schweiz und Südamerika. Reggae und Chanson werden mit Soul und
Funk gemischt, mit Blues- und Jazzteilen gewürzt.
Der Sound ist unaufdringlich cool und klingt spannend - für eine so junge Band ist ein interessanter
Mix entstanden, der diesem wässrigen Sommer
mit ein paar Streicheleinheiten auf die Sprünge
hilft. (vl)
www.daliah.ch
ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
cinéma
SPOTLIGHT KINO
LA VRAIE VIE
EST AILLEURS
FILM
60 jahre filmfestival locarno
Von Sarah Stähli Bild: zVg.
■ Das Filmfestival Locarno feiert dieses Jahr
vom 1. bis 11. August sein sechzigstes Jubiläum.
170 Filme wurden für den runden Geburtstag ausgewählt. Frédéric Maire, der das Festival dieses
Jahr zum zweiten Mal leitet, kündet es als «Festival
der Entdeckungen» und «Festival festive» an. Die
Filmauswahl reflektiere den Zustand unserer Welt.
Eine Welt, die sich im Krieg, in der sozialen und
politischen Krise befindet. Filme aus über dreissig
Ländern sind in der offiziellen Auswahl vertreten,
darunter um die zwanzig Debütfilme und über
zwanzig Filme von Regisseurinnen. Ein Schwerpunkt liege dieses Jahr auf dem amerikanischen
und dem asiatischen Kino.
Die Piazza Grande mischt wie gewohnt Hollywood-Blockbuster («The Bourne Ultimatum»,
«Hairspray») und kleinere Produktionen («Nichts
als Gespenster», «The Drummer»).
«1 Journée» von Jacob Berger und «Vogliamo
anche le rose» der italienisch-schweizerischen Regisseurin Alina Marazzi sind die beiden Beiträge aus
der Schweiz. Eröffnet wird das Piazza-Programm
am 1. August mit dem japanischen Anime «Vexille».
Der internationale Wettbewerb versammelt 19
Filme, die um den Goldenen Leoparden buhlen.
Maire lobt die geografische Bandbreite der Filme,
vertretene Länder sind unter anderen Argentinien
(«Las vidas posibles»), Südkorea («Boys of tomorrow»), Algerien («La maison jaune») und Kanada
(«Contre toute espérance»). Der Schauspieler
Anthony Hopkins wird als Regisser in Locarno erwartet: Zusammen mit seinem Hauptdarsteller
Christian Slater präsentiert er seinen Film «Slipstream». Aus der Schweiz ist Fulvio Bernasconi
mit «Fuori dalle corde» dabei. Zur offiziellen Jury
des internationalen Wettbewerbs 2007 gehört unter anderen die französische Schauspielerin Irène
Jacob, der deutsche Regisseur Romuald Karmakar,
und der chinesische Regisseur Jia Zhang-Ke.
Schweizer Filme mit internationalem Potenzial In der Apellation Suisse hat die Organisation
Swiss Films zehn Schweizer Kinofilme ausgewählt,
ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
die sich durch «internationales Potenzial auszeichnen» und seit dem letzten Locarno Festival
die Schweizer Kinolandschaft mitgeprägt haben.
Gezeigt werden fünf Dokumentar- und fünf Spielfilme, unter ihnen «Comme des voleurs» von Lionel Baier und «Someone beside you» von Edgar
Hagen. Am 7. August findet ausserdem zum zweiten Mal der «Journée du Cinéma Suisse» mit Filmvorführungen, Veranstaltungen, einer Masterclass
für Schauspieler und einer DVD-Lancierung statt.
Die Atelier-Ausstellung «Animated Switzerland»,
an der u. a. Sets der Grossproduktion «Max & Co»
ausgestellt sind, beschäftigt sich mit der Schweizer
Trickfilmszene.
«Als Geburtstagsgeschenk» schenkt das Festival
dem Publikum die reizvolle Retrospektive «Retour
à Locarno». Diese widmet sich Regisseuren, die in
Locarno «geboren», hier entdeckt wurden und ihren Durchbruch erlebt haben. Die Filmemacher
werden in Locarno anwesend sein und ihre Filme
präsentieren. Unter ihnen sind illustre Namen wie
Claude Chabrol, Alain Tanner, Mike Leigh, Catherine
Breillat, Raul Ruiz und István Szabó zu finden.
Die Filmreihe «Signore & Signore» schliesslich
ehrt die grossen Diven des italienischen Kinos:
Anna Magnani («Bellissima»), Sofia Loren («La
ciociara»), Asia Argento («Il fantasma dell’ opera»)
oder Gina Lollobrigida («Pane, amore e fantasia»)
und viele weitere. Zwanzig Filme, die zwischen 1941
und heute entstanden sind, widerspiegeln zugleich
ein Stück italienische Kinogeschichte. Den Locarno
Excellence Award erhält diesen Jahr der Schauspieler Michel Piccoli, ein Aushängeschild des französischen Autorenkinos. Den Ehrenleoparden wird
dem taiwanesische Regisseur Hou Hsiao-hsien vergeben, dessen neustes Werk «Le voyage du ballon
rouge», mit Juliette Binoche in der Hauptrolle, auf
der Piazza Grande zu sehen sein wird.
Film Festival Locarno
1. – 11. August, www.pardo.ch
BILD: ZVG.
■ Wir kommen alle mal in Berührung damit: Irgendwann begegnen wir zum richtigen Zeitpunkt
einem Menschen, der sich als Schlüsselfigur unauslöschbar in unser Leben einbrennt. Diese
Begegnungen sind eigentlich Fragen unseres
Unterbewusstseins. Die können auch mehrmals
geschehen. Es sind Wegkreuzungen in unseren
Leben, an denen wir entscheiden können oder
gar müssen, wohin wir weitergehen. In diesen
Bruchteilen von Momenten oder Stunden entstehen halbe Universen – in ein paar kleinen Bewegungen, Worten oder Berührungen. Die Antworten aus diesen Begegnungen können schwierig
sein. Doch sie prägen uns sicher für den Rest der
Zeit und wir werden sie nie vergessen können.
In «La vraie vie est ailleurs» geht’s um drei
Reisende, die, in Genf startend, in unterschiedliche Richtungen unterwegs sind. Ein Mann
steigt in den Zug nach Berlin, um seinen kleinen
Sohn kennenzulernen. Eine junge Italienerin
zieht nach Neapel um und eine Wissenschafterin
reist nach Marseille an eine Konferenz. Alle drei
begegnen auf ihrer Nachtreise einer Person, die
ihr Leben in Frage stellt. «Findet das wahre Leben
anderswo statt?» Das Zitat stammt von Arthur
Rimbaud und war Ausgangspunkt für den Film.
Der junge Regisseur Frédéric Choffat beschäftigt
sich in seinem Film mit der Frage: Wie kommen
Menschen mit ihrem Leben zurecht? Mit ihrem
Alltag? Ihren Wirklichkeiten?
Der Doppelbürger und 1973 geborene Choffat
hat bisher vor allem Dokumentations- und Kurzfilme gedreht. «La vraie vie es ailleurs» ist sein
erster Spielfilm. Der Film überzeugt mit einer
einfachen und stillen Erzählform. Die Schauspieler, die Schauplätze, alles ist einfach gehalten.
Choffat gibt uns die Möglichkeit, ganz persönliche Momente dreier Menschen mitzuerleben.
Momente, die wir nicht einmal uns selber erzählen könnten. Diese gewählte Nähe verleiht eine
berührende Intimität. Ein stiller Film, der uns ein
paar Fragen und Erinnerungen hinterlässt, die
wir so rasch nicht wieder vergessen werden. (vl)
Filmstart: Siehe Seite 5 in diesem Heft.
19
cinéma
SPOTLIGHT KINO
ENSEMBLE, C‘EST TOUT
■ Der neue Film von Regisseur und Drehbuchautor Claude Berri lässt viel Zeit und Raum für
den knochenharten Realismus und die feingliedrige Poesie des Alltags. Mit «Ensemble, c‘est
tout», nach dem gleichnamigen Roman von
Anna Gavalda aus dem Jahr 2004, erzählt uns
das französische Kino eine weitere warmherzige
Geschichte über die kleinen Schwierigkeiten und
grossen Schönheiten des Lebens.
Die Handlung umspannt ein Jahr im Leben
von vier Menschen, die sich alle auf verschlungenen Wegen in der viel zu grossen Pariser Altbauwohnung von Philibert (Laurent Stocker) zusammenfinden. Sie beginnt im Garten der alten
Paulette (Françoise Bertin), die stürzt und sich
zu ihrem Entsetzen im Spital wiederfindet. Ihr
Enkel Franck (Guillaume Canet) kümmert sich als
einziger der Familie um sie, auch wenn er bei seiner Arbeit als Koch kaum Zeit dafür findet. Nach
Hause in sein Zimmer bei Philibert kommt er fast
nur um zum Schlafen, von seinem Mitbewohner
selbst hält er nicht allzu viel, und vor lauter Griesgram vergisst er beinahe, sich selbst zu mögen.
Philibert ist aber viel zu wohlerzogen und
schüchtern, um sich dagegen zu wehren. Eines
Tages unterhält er sich vor der Türe kurz mit der
introvertierten Camille (Audrey Tautou), die im
Dachzimmer des Hauses vor sich hin vegetiert.
Camille ist viel zu dünn und zerbrechlich, um dem
Leben etwas entgegenzusetzen und als sie krank
wird, nimmt Philibert sie zu sich in die Wohnung
und päppelt sie wieder auf.
Aus der anfänglichen Einsamkeit aller drei
entsteht so Schritt für Schritt eine dicke Freundschaft, und aus der ablehnenden Haltung von
Franck gegenüber Camille entwickelt sich Streit
um Streit eine Liebesbeziehung. Doch erst als sie
Paulette zu sich in die Wohnung holen und nochmals alle von vorne anfangen müssen, können
sie ihre eigenen Ängste überwinden.
«Ensemble, c‘est tout» handelt davon, was die
Einsamkeit in Menschen anrichtet, und auch, wie
sie aufblühen können, wenn sie diese erst überwunden haben. Mit subtilem Humor und feinen,
achtsamen Dialogen zeigt der Film auch, wie
viel Liebe und Freundschaft in jedem einzelnen
steckt, wenn man plötzlich zur Selbstlosigkeit
findet - ohne dabei die eigene Freiheit aufgeben
zu müssen. (sjw)
Der Film dauert 97 Minuten und kommt am
23.8. in die Kinos.
20
FILM
transformers
Von Sonja Wenger Bild: zVg.
■ Atemberaubende Actionszenen, gut erzählte
Geschichten ohne viel Sinn, aber mit umso mehr
Pathos, unterhaltsame, wilde Spässe im Kino: Das
ist die Spezialität von Regisseur Michael Bay, und er
wird dabei immer besser. Nach «The Rock», «Armageddon», «Pearl Harbour» und «The Island» wagte
sich Bay nun an eine Verfilmung mit den Kultfiguren
der Transformers. Diese lebenden, intelligenten Roboterwesen können sich, wie es der Name sagt,
blitzschnell in andere Maschinen verwandeln - und
sind seit Mitte der achtziger Jahre ein Verkaufshit
des US-amerikanischen Spielzeugherstellers Hasbro. Und auch in Europa sind die Figuren bis heute
in immer neuen Ausführungen in den Kinderzimmern beliebt, genauso wie die gleichnamige Animationsserie und Comicbücher.
Doch nicht nur für die eingefleischte Fangemeinde - die noch vor Filmbeginn Zeter und Mordio geschrien hat - ist der Film «Transformers» ein
martialisches Gaudi voller witziger Dialoge und
Hollywood in Reinkultur. Selbst ohne Kenntnis der
Vorgeschichte oder der einzelnen Charaktere ist
«Transformers» ein Vergnügen. Er bietet im Bereich
der Spezialeffekte bisher noch Ungesehenes, es
gibt Gut und Böse und ein Happy End - und mit Shia
LaBeouf als Sam Witwicky nach langer Zeit wieder
einen jungen Schauspieler, dessen Talent nur noch
von seinem Sympathiebonus übertroffen wird.
Die Geschichte selbst ist einfach gestrickt. Es gibt
die guten Transformers, die sogenannten Autobots,
die das Leben respektieren und sich, wenn auch mit
Waffen, eine friedliche Koexistenz aller wünschen.
Ihr Anführer ist Optimus Prime, im Original gesprochen von Peter Cullen. Sein Gegenspieler bei den
Bösen, den Decepticons, ist Megatron, mit der Stimme von «Matrix Agent Smith» Hugo Weaving, der
sich das Universum untertan machen will und dabei
alles auslöscht, was sich ihm in den Weg stellt. Beide
Seiten sind auf der Suche nach dem Allspark, eine
Art Meteor-Raumschiff, dass vor langer Zeit auf der
Erde bruchgelandet und die Lebensquelle aller Maschinen ist.
Nun will es das Schicksal, dass Sams Grossvater
einst im Eismeer den Allspark entdeckte und dadurch seinen Enkel heute zum Ziel der Decepticons
gemacht hat. Sam will nämlich die geheimnistragenden Erbstücke seines Opas verhökern, um sich
endlich ein Auto leisten zu können, das ihn für sein
Traumgirl Mikaela attraktiver machen soll. Dass der
abgewetzte Camaro, den er sich nicht ganz freiwillig dafür aussucht, kein anderer als der gute Autobot Bumblebee ist, realisiert Sam erst, als er seinem
eigenen Wagen nachrennt, weil er glaubt, dass ihm
dieser gerade gestohlen wird. Schneller als ihnen
lieb ist, finden sich Sam natürlich mit Mikaela mitten im Kampf der Transformers wieder. Dass die Decepticons mit ihren unzerstörbaren Waffen bereits
damit begonnen haben, die USA anzugreifen, dass
ihnen ein ganzer Geheimdienst auf den Fersen ist
und Sams Eltern trotzdem von allem nichts erfahren
dürfen, macht das Ganze nur noch komplizierter.
Bevor sich am Ende alle miteinander vereinen,
um gegen das Böse zu kämpfen, muss Sam mal
kurz erwachsen werden und sich die US-Armee
gegen Skorpionroboter und einen hinterhältigen
Radioplayer wehren. Das Publikum seinerseits wird
mit coolen Sprüchen, rasanten Transformationen,
die man gar nicht oft genug sehen kann, und einem
übellaunigen, um sich ballernden Nokia-Handy belohnt. Doch auch die menschlichen Nebenrollen
haben es in sich: Zwar bleibt John Voight als ebenfalls um sich ballernder Verteidigungsminister eher
schwach auf der Brust. Dafür kann sich kaum einer
besser auf die Schippe nehmen als der wunderbare
John Turturro.
Der Film dauert 143 Minuten und ist seit dem
31.7. in den Kinos.
ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
cinéma
TRATSCHUNDLABER
Von Sonja Wenger
FILM
el camino de san diego
Von Sonja Wenger
Bild: zVg.
■ Wenn einer eine Reise tut, da kann er was erleben – eine Weisheit, die so universell ist wie das Leben selbst. Wie bereits in früheren Werken hat der
argentinische Regisseur Carlos Sorin auch in seinem
neuen Film «El Camino de San Diego» hauptsächlich
mit Laiendarstellern gearbeitet. Nach «Historias mínimas» aus dem Jahr 2002 und dem charmanten
«Bombón, El perro» von 2004 setzt Sorin so einen
erzählerischen Stil fort, der in jeder Szene die Authentizität durchschimmern lässt und jede Filmminute zum Genuss macht.
Angesiedelt zwischen einer Semidokumentation
und einem witzigen Road Movie erzählt «El Camino
de San Diego» eine Geschichte, wie sie sich tatsächlich hätte zutragen können. Der Waldarbeiter Tati
Benítez (Ignacio Benítez) ist ein glühender Anhänger des argentinischen Fussballheiligen Diego Maradona. Er weiss alles über sein Idol, trägt nur dessen
hellblau-weisses T-Shirt mit der Nummer zehn und
hat sich diese Nummer gar auf den Rücken tätowieren lassen. Sein uraltes Eintrittsbillett für ein
Maradona-Spiel hütet er wie eine Reliquie. Für seine
Freunde ist er ein sympathischer Spinner, aber ein
anständiger Kerl, und heimlich beneiden sie ihn wohl
auch ein bisschen um seine Leidenschaft.
Doch das Leben meint es nicht nur gut mit Tati.
Gerade als seine Frau (Paola Rotela, auch im echten
Leben mit Benítez verheiratet) mit dem dritten Kind
schwanger ist, verliert er seine Stelle. Als Hilfskraft
für den alten Holzschnitzer Silva sucht er danach im
Wald nach ausgefallenen Wurzeln und ungewöhnlichen Hölzern. Als er während eines Gewitters Unterschlupf sucht, glaubt er in einem Wurzelstrunk
das Gesicht von Maradona zu erkennen. Danach
beschäftigt ihn kaum noch eine andere Frage, als
was er damit machen könnte. Genau zu jener Zeit
wird Maradona mit einem Herzinfarkt in eine Klinik
in Buenos Aires eingeliefert - die Medien berichten
tagelang über nichts anderes, vor der Klinik versamensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
meln sich Tausende seiner Anhänger.
Für Tati ist dieses Ereignis nicht nur ein Schock,
sondern auch ein Wink Gottes. Er selbst muss die
Wurzel zu seinem Idol in die Hauptstadt bringen, damit sie ihm Glück und Gesundheit bringt. Auch wenn
das Geld hinten und vorne nicht reicht, Tati lässt sich
durch nichts mehr von seinem Vorhaben abbringen.
Was sich danach dem Publikum eröffnet, ist eine Reise von der nördlichen Region Misiones in Richtung
Süden, die in vielerlei Hinsicht den Charakter einer
Wallfahrt trägt. Durch sein ruhiges, offenes Wesen
begegnet Tati allerlei Charakterköpfen, die ihm immer zur rechten Zeit das Richtige bieten können.
Mal kann er in einem Ambulanzwagen zusteigen,
mal auf einem Laster reisen, dann wieder in einem
Bus voller fröhlicher Pilgerreisender. Schliesslich
nimmt ihn der brasilianische Lastwagenfahrer Waguinho (Carlos Wagner La Bella) mit, auch wenn er
sich eine Spitze gegen Maradona und für Pelé nicht
verkneifen kann. Mit Waguinhos unerschütterlichem
Humor und erfrischenden Gutmütigkeit schafft es
Tati tatsächlich bis in die Hauptstadt. Doch die Odyssee ist noch lange nicht zu Ende. Bis Tati mit all den
Begegnungen im Herzen zurückreisen kann, gilt es
noch ein paar Hindernisse mehr zu überwinden.
Geschickt hat der Regisseur eine Vielzahl von Ereignissen miteinander verwoben. Schon die kleinsten
Auftritte der Nebendarsteller lassen ganze Welten
und Lebensgeschichten entstehen. Sorin zeigt zudem ein vollkommen unpathetisches Bild der streckenweise öden Landschaft Argentiniens, nur um
mit wenigen Sätzen, reduzierten Musikklängen oder
echten Gesichtern gleichzeitig eine Liebeserklärung
dafür zu verkünden. Mit all diesen Elementen versprüht «El Camino de San Diego» dann auch einen
ansteckenden Optimismus und ist ein wohltuendes
Plädoyer für das Reisen.
Der Film dauert 98 Minuten und kommt am 6.9.
in die Kinos.
■ Da ist man mal einen Monat weg und schon
verliert man die Übersicht. Also da war doch die
Hilton erst drin, dann draussen, dann wieder rein
und das Paris jetzt frei ist, hatte vor sechzig Jahren auch noch einen anderen Beiklang als vor
sechzig Tagen. Vor kurzem konnte man nun bei
der britischen BBC lesen, dass die US-Behörden
herausfinden wollen, ob die Hilton im Gefängnis
besser behandelt wurde als andere – also muss
sie vielleicht sogar wieder rein.
Gleichzeitig beklagte sich Victoria Beckham
nach ihrer Ankunft in Los Angeles allen Ernstes,
dass ihr Promileben schon sehr anstrengend sei.
Ständig rein in die Zeitungen, dann wieder raus
aus dem Fernsehen. Umbarmherzig wurde ja ihre
Ich-komme-in-Amerika-an-und-gebe-viel-Geldaus-Dokuserie auf eine Stunde gekürzt, worauf
die «New York Post» den Becks trotzdem noch
eine «Orgie der Genusssucht» vorgeworfen hatte - also wieder rein.
Definitiv raus aus allem ist wohl der ehemalige
«Lüthi & Blanc»-Darsteller Hans Schenker, nachdem er im «Blick» Anfang Juni die Schweizer
Promis «alle fertig» gemacht hatte. Eigentlich
schade. Da ist Stoff drin für fetzende Drehbücher,
denn in Schenkers Wortwitz sind durchaus Qualitäten zu finden - ganz im Gegensatz zu den verschnupften Retourkutschen in derselben «Blick»Ausgabe. Da meinte der «350-Tage-Fasnächtler»
Victor Giacobbo (seines Zeichens immerhin Komiker und Satiriker): «Schenker ist ein tragischer
Soap-Darsteller.» Wie garstig - und definitiv out!
Neuerdings ist ja «grün sein» bei den Promis
super in, also grün im ökologischen Sinne, nicht
als Metapher vom Obst. So weiss das «In Style»
genau, was die Promis denn alles für die Natur
tun: Courtney Love beispielsweise braucht nur
Recycling-Toilettenpapier, «auch wenn es nicht
das Weichste ist». Die Brosnans benutzen «ein
geschlossenes Wassersystem für die Toilette»
- ausserdem setzen sie nützliche Links auf ihre
Webseite. Und Alicia Silverstone hängt ihre Wäsche zum Trocken im Freien auf - auch sie also
raus!
Damit man sicher drin bleiben kann, macht es
«Wii» nun möglich, von der Couch aus Holz zu
hacken und Tennis zu spielen. Zumindest in der
Werbung finden das alle lustig. Der letzte Schrei
des Monats findet sich allerdings auf www.littlelily.com. Dort kann man sich die «Oscar»-Outfits
der Stars für Hunde bestellen: Red-carpet-Collection für Diva-Dogs, besonders gut kommt der
Smoking von Leonardo DiCaprio. Vielleicht ist
das was für Tinkerbell Hilton, zur Feier, wenn
Frauchen das nächste Mal raus kommt?
21
das andere kino
www.cinematte.ch / Telefon 031 312 4546
■ Es gehörte zu den Sommerferien wie Sonne,
Badi und Glacé: Das Sommerwunschprogramm im
Schweizer Fernsehen. Wenn die televisionären Balken in die Länge wuchsen, die anzeigten, für welchen Film sich das Publikum entschieden hatte, war
die Spannung gross – ob Spaghettiwestern oder
Liebesschnulze, Klassiker oder B-Movie: Der Filmgenuss war ein anderer, wenn er in einer demokratischen Wahl zustandekam.
Nach dem tollen Publikumsecho im vergangenen
Jahr liessen wir Ihnen auch in diesem Jahr die Wahl.
Über 160 Personen haben im Internet ihre Lieblingsfilme ausgewählt und damit ihr ganz persönliches
Cinématte-Sommerwunschprogramm zusammengestellt.
Wir dürfen Ihnen zu einer exzellenten Wahl gratulieren – zu einer attraktiven Mischung aus Alt und
Neu, aus Klassikern und Kultfilmen, aus Ernstem
und Heiterem:
Eine liebevoll gezeichnete Dorfchronik ist Jour
de Fête, in dem Jacques Tati als staksiger Briefträger vergeblich versucht, die Post in seinem Dorf zu
modernisieren. Le Grand Bleu erzählt die Geschichte der Freitaucher Jaques Mayol und Enzo Molinari, die eine gemeinsame Leidenschaft teilen – die
Liebe zum Meer, zur Tiefe und zum Tauchen. Eine
poetisch-melodramatische Erzählung mit faszinierenden Bildern und einem brillianten Soundtrack.
Als typisches Beispiel für die «Nouvelle Vague»
gilt die Gangster-Love-Story A Bout de Souffle
von Jean-Luc Godard mit Jean-Paul Belmondo.
Der Musikfilm The Wall erzählt seine Geschichte
vom Krieg, von der Isolation und den Drogen fast
ausschliesslich in Bildern und Musik. 1965 mit drei
Oscars ausgezeichnet wurde Zorba the Greek, in
dem Anthony Quinn als Alexis Zorba brilliert.
In Dead Poets Society versucht der neue
Englischlehrer eines konservativen Eliteinternats,
seine Schüler mit originellen Lehrmethoden zu eigenständig und kreativ denkenden Menschen zu
erziehen und ihnen seine Leidenschaft für Poesie
weiterzugeben.
Neu präsentiert in diesem Jahr das LesbischSchwule Filmfestival Queersicht mit Fresa y Chocolate und Priscilla, Queen of the Desert zwei Klassiker im Rahmen des Sommerwunschprogramms.
22
www.kellerkino.ch / Telefon 031 311 38 05
■ JE VAIS BIEN, NE T‘EN FAIS PAS (Von Philippe Lioret, Frankreich 2006, 96‘, Französisch/d,
Spielfilm) Nach ihrer Rückkehr aus den Sommerferien erfährt Lili, dass ihr Zwillingsbruder nach
einem heftigen Streit mit dem Vater das Elternhaus verlassen hat. Wochen vergehen ohne ein Lebenszeichen von Loïc. Lili befürchtet das Schlimmste. Nach Monaten erhält sie überraschend eine
Ansichtskarte von ihrem Bruder, bald darauf eine
weitere, dann noch eine. Lili begibt sich auf die Suche nach dem Verschwundenen und kommt dabei
einem Familiengeheimnis auf die Spur... Im Zentrum von JE VAIS BIEN NE T‘EN FAIS PAS steht
ein rätselhaftes Familiengeheimnis, das auf den
ersten Blick recht harmlos erscheint, aber im Laufe des Films erschreckende Dimensionen annimmt.
Treffend im Ton und voller Emotion erzählt der
Film von Zusammenhalt, Vertrauen, Schutz und
Intimität innerhalb der Familie. Erleben Sie Frankreichs Shooting Star Mélanie Laurent in einem
intelligenten Gefühlsthriller von Regieausnahmetalent Philipp Lioret.
IRON ISLAND (Von Mohammad Rasoulof,
Iran 2005, 90‘, Originalversion/d/f, Spielfilm) Ein
schrottreifer Tanker, der im Persischen Golf ankert,
eine Handvoll prägnanter Darsteller und eine originelle Drehbuchidee: Mehr braucht der iranische
Regisseur Mohammad Rasoulof nicht, um einen
Mikrokosmos seiner Gesellschaft auf dem Seelenverkäufer lebendig werden zu lassen. An Bord leben die Bewohner in winzigen Parzellen. Trotzdem
halten sie auf dem rostigen Kahn auch noch Tiere.
Es wird gestritten, geliebt, gespielt und auch gestorben – das alles unter dem strengen Regiment
von Kapitän Nemat, der aus den armen und naiven
Bewohnern eine straff reglementierte Gesellschaft
macht, in der alles seinen Platz hat – sogar der
Schulunterricht. Aber die Tage der «Eisernen Insel» sind gezählt: Das Schiff sinkt langsam. Kein
Wunder, denn es wird Stück für Stück demontiert,
um das Altmetall zu verscherbeln. Die Bewohner
wissen nicht, welchem Schicksal sie der Kapitän
ausliefern will.
Die Spieldaten entnehmen Sie bitte unserer Homepage www.kellerkino.ch.
www.kinokunstmuseum.ch / Telefon 031 328 09 99
■ SAISONSTART: 1. SEPTEMBER Ab 1. September stellen wir in der Reihe Filmemacher heute
den Regisseur Tony Catlif vor. Mit Gadjo dilo gelang Catlif 1997 der internationale Durchbruch. Als
Berner Premiere zeigen wir u. a. seinen neusten
Film Transylvania.
Kunst und Film: Ab 1. September mit der dänischen Künstlerin Simone Aaberg Kærn, welche
vom 31. August bis zum 6. Oktober in der Berner Galerie MADONNA#FUST zu sehen ist. Zwei Dokumentarfilme über Markus Raetz und Hans Josephson
stehen ab 9., bzw. 15. September auf dem Programm. Mit seinen verblüffenden und poetischen
Installationen und Skulpturen hat der Berner Raetz
längst den internationalen Durchbruch geschafft,
während der 87-jährige Zürcher Josephson erst
seit ein paar Jahren als einer der bedeutendsten
Bildhauer unseres Landes gehandelt wird.
Bollywood & Beyond: In Ergänzung zur Ausstellung «Horn Please. Erzählen in der zeitgenössischen indischen Kunst» (Kunstmuseum Bern, 21.
September 2007 – 6. Januar 2008) untersucht das
ergänzende Filmprogramm Erzählstrukturen im
indischen Mainstream- und Studiofilm. Ab 22. September.
Theater und Film: In einer Zusammenarbeit mit
dem Stadttheater Bern präsentieren wir zu ausgesuchten Bühnenproduktionen Filme, u. a. Federico
Fellinis Prova d’orchestra. Ab 9. September.
Filmgeschichte: Ab Oktober bieten die Kinemathek Lichtspiel und das Kino Kunstmuseum gemeinsam eine fortlaufende, filmgeschichtliche Reihe an.
Sie zeigt chronologisch, anhand von rund 50 Filmbeispielen, die Entwicklung des Kinofilms von ihren
Anfängen bis zum Ende des letzten Jahrtausends
auf.
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PROFITIEREN!
Werden Sie
FreundIn des Kino Kunstmuseum und profitieren Sie
während der Kinosaison 07/08 von den Vorteilen:
- Freunde erhalten für einmalige Fr. 40.— eine Ermässigung von 25 %
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- FreundeSuperPlus erhalten für einmalige Fr.
350.— freien Eintritt mit einer Begleitperson
Infos: 031 311 60 06 oder
info@kinokunstmuseum.ch
ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
Für das Tagesprogramm die Tageszeitung oder das Internet www.bernerkino.ch
K IN O
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d e r
R e i t s c h u l e
www.reitschule.ch / Telefon 031 306 69 69
Im Juli und August macht das Kino
in der Reitschule
Sommerpause
In der 2. Septemberwoche geht’s wieder los....
Vorschau auf das
Herbst/Winter-Programm:
September:
Stummfilme mit Live Musik in der Grossen Halle
der Reitschule
Oktober:
Auftakt zum 20-jährigen Jubiläum der Reitschule:
Das Kino wird vom Oktober bis in den März hinein
Programmthemen aufnehmen, die in den letzten
20 Jahren für das politische, gesellschaftliche
und kulturelle Selbstverständnis der Kinogruppe
massgebend waren: Auf- und Widerstände, Soziale
Bewegungen, Kino von Frauen, Lesbisch-schwules
Kino, Kinoland Schweiz, Globalisierung.
8. bis 11. November:
Lesbisch-Schwules Filmfestival QUEERSICHT
29. November bis 22. Dezember:
Naher Osten - Was vermag das Kino?
Filmreihe zu Palästina - Israel
Ab September wieder jeden 2. Donnerstag:
UNCUT - Warme Filme am Donnerstag
ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
LICHTSPIEL
www.lichtspiel.ch / Telefon 031 381 15 05
■ Wir waren die Swissair. Piloten schauen zurück. (Buchvernissage) Denis Hänzi präsentiert
das Resultat seiner kultursoziologisch angelegten
Studie, die die beruflichen Selbstbilder von vier
ehemaligen Swissairpiloten nachzeichnet. In den
1970er Jahren haben sie sich der Fliegerei verschrieben – jener von Fortschrittsoptimismus geprägten Zeit also, als die Swissair den Ruf der weltbesten Airline genoss und eine stolze, unabhängige
Schweiz verkörperte. Wie sehen die Berufspiloten
rückblickend «ihre» Airline? Wie denken sie über
den Untergang unserer einst so stolzen nationalen
Fluggesellschaft? Das Lichtspiel serviert dazu
Swissair- und Piloten-Filme aus dem hauseigenen Archiv. (Mo 13.8., 21:00 h)
Wiederum gibt es wunderbare deutsche Schlagerfilme aus den Fünfziger-und Sechzigerjahren
(wieder)zuentdecken: so Fritz Umgelters Wenn die
Conny mit dem Peter mit dem legendären Traumpaar Conny Froebes und Peter Krause (Mi 15.8.,
21:00 h). In La Paloma von Paul Martin konkurrieren sich zwei Berliner Variétébühnen, indem sie
versuchen, sich gegenseitig die Stars auszuspannen (Mi 22.8., 21:00 h), schöne Melodien und flammende Herzen sorgen in der turbulenten Komödie
Davon träumen alle Mädchen von Thomas Engel
für beste Unterhaltung. (Mi 29.8., 21:00 h)
Sortie du Labo: Mit S’Vreneli am Thunersee
(1936) erzählt Paul Schmid eine Geschichte von
unmöglicher Liebe im Jahre 1866. Der Dichter Ott
liebt die Dorfschönheit Vreneli. Vreneli jedoch liebt
den Jäger Hans. Hans liebt Vreneli, doch muss er
– zu Unrecht des Mordes beschuldigt – in die Fremde ziehen. So simpel und reaktionär die politische
Aussage der Geschichte auch daherkommt, die
Equipe war bunt gemischt: So wurde neben der
Hauptdarstellerin Lotti Geisler der intellektuelle
Willy Roettges, ein Mitglied der Basler Bohème,
als künstlerischer Berater beauftragt. Dieser holte
seine Kollegen aus dem avantgardistischen «Club
33» sowie dem antifaschistischen Kabarett «Resslirytti» ins Boot. Eine durchaus spannende Vorstellung, wie vor den Augen erklärter Feinde des
Establishments ein traditioneller «Trachtenfilm»
produziert wurde. (Mo 20.8., 21:00 h).
www.pasquart.ch / Telefon 032 322 71 01
■ Original und Remake Wenn die Temperaturen
hochklettern und der Bielersee mit erfrischender
Abkühlung lockt, ist es Zeit für den legendären
Open-Air-Zyklus des Filmpodiums. Dieses Jahr gibt
es unter dem Titel Original und Remake besondere Leckerbissen zu sehen, die abends unter freiem
Himmel über die Leinwand flimmern. Originalfilme
haben den Ruf besser zu sein als die neueren Versionen. Ob sie es tatsächlich sind oder ob die Neuverfilmungen, die häufig mit mehr Spannung und
Action auftrumpfen, oben aus schwingen, darüber
können die Zuschauer jeweils am Freitag- und am
Samstagabend rätseln. Der direkte Vergleich offenbart Unterschiede und Besonderheiten, aber
lässt trotzdem jeden Film für sich stehen. Die
meisten der ausgewählten Remakes sind Verfilmungen eines literarischen Werkes und stehen
als Neuadaptionen im Bezug zum Originalfilm und
zur Buchvorlage. Die Frage nach Echtheit, danach,
was das Original und was die Kopie ist, bildet das
Grundthema des Zyklus.
Gezeigt werden u. a. Es geschah am helllichten Tag, ein Schweizer Film aus dem Jahre 1958,
der sich stark an einen Roman von Dürrenmatt
anlehnt. Der Krimi, der im Gedächtnis bleibt wie
klebriger Honig an den Händen, überzeugt durch
die beiden Hauptdarsteller Heinz Rühmann und
den späteren James-Bond-Bösewicht Gerd Fröbe.
Schokotrüffel und eine Zeichnung mit einem Riesen spielen bei der Auflösung des Mordfalles an
einem kleinen Mädchen eine zentrale Rolle. Spannungsgeladen ist auch The Pledge (2001), das
US-amerikanische Pendant mit Jack Nicholson in
der Rolle des Detektiven Jerry Black, dem ein ungelöster Mordfall und ein Gelübde an die Hinterbliebenen des Opfers am Tag seiner Pensionierung
zum Verhängnis wird. In den weiten Nevadas, leer
und trostlos, kämpft er gegen die Einsamkeit und
dafür, dass er sein Versprechen einhalten kann.
King Kong, den berühmtesten Gorilla der Filmgeschichte in zwei Versionen; Lolita, beide Verfilmungen des Skandalromans von Vladimir Nabokov, der in seinem Buch das Tabuthema Pädophilie
unter dem Teppich hervorkehrte. Und: Shall we
Dance, The Ladykillers und Solaris.
23
Alther&Zingg
Wir machen
Ein filosofisches Gespräch:
aus Gedanken
Druck(kult)sachen.
«WIE SEHR WIR AUCH ALS NATURUND KULTURWESEN IN DIE UNABSEHBAREN PROZESSE DER WIRKLICHKEIT EINGEBUNDEN SIND: WIR
HABEN DARIN DANN UNSERE FREIHEIT, WANN IMMER WIR ETWAS VON
SELBST ANFANGEN.»
Volker Gerhardt, 1999
telefon 031 720 51 11
www.fischerprint.ch
Mittwoch, 19. August 2007 // 19:00 h
tonus-labor, Kramgasse 10
Mitbringen: Ideen, Stimme, Instrumente oder so...
Kino am Fluss - Ihr Sommerwunschprogramm
Donnerstag, 16. und Samstag, 18. August, 21.00h
A Bout De Souffle
Regie: Jean-Luc Godard; mit: Jean-Paul Belmondo, Jean Seaberg; F/1960, OV mit d UT, 88 Min.
Gangster-Love-Story. Jean Seberg legt den verliebten Jean-Paul Belmondo herein. Jean-Luc Godards Regiedebüt gilt als typisches Beispiel der
"Nouvelle Vague". Ab Ende der 50er revolutionierte Frankreichs "Neue Welle" das Kino mit ruckartigen Schnitten, Handkamerabildern und Verzicht auf
Studioaufnahmen. Das Skript schrieb Godard mit Freund François Truffaut: eine leicht spöttische Hommage an die amerikanischen Noir-Thriller.
Wasserwerkgasse 7, Bern
Reservationen 031 312 45 46 oder www.cinematte.ch
cinéma
FILM
der subversive blockbuster
Von Benedikt Sartorius Bild: zVg.
■ Gleich am Ende der atemberaubenden «Itchy &
Scratchy»-Trickfilm-im-Trickfilmeingangssequenz,
in der das Atomwaffenarsenal der US-Armee zum
Einsatz kommt, stellt Homer Simpson, Vorsteher
der bekanntesten animierten Familie der Welt, die
entscheidende Frage: «Wie kann man nur so blöd
sein, im Kino für etwas zu zahlen, das man im Fernsehen umsonst bekommt!»
Der lang erwartete «The Simpsons Movie» stellt
so unmissverständlich seine Zeichenhaftigkeit und
die eigenen Produktionsbedingungen ins Zentrum
und verarbeitet alle popkulturellen Versatzstücke,
die in der wildgewordenen Medienwelt umherfliegen. Die Kinder spielen Shootergames, Bart Simpson muss hundertmal an die Wandtafel schreiben,
dass er diesen Film nicht downloaden darf und
verteilt lustige Seitenhiebe Richtung Disney, die
Leinwand wird durch eine Werbung der SimpsonsProduktionsfirma Fox in Beschlag genommen und
immer wieder ertönt der Ruf nach einem Sequel.
Grenzenloses Phänomen Diese selbstreflexive
und ironische Ebene ist eine Erklärung für die immense Bedeutung der seit achtzehn Jahren bestehenden Trickfilmserie und es ist diese Ebene,
die die Simpsons zu einem gern untersuchten und
ergiebigen Sujet für die Sozial- und Kulturwissenschaften macht. Fast noch wichtiger für den immensen Erfolg der über 400 Folgen à 22 Minuten,
die bei mehrmaligem Schauen immer mehr Facetten freilegen, ist die Durchschnittlichkeit der gelben
Familie und den dargestellten Lebenswelten. Jede
und jeder darf sich einen Teil des grenzenlosen Phänomens abschneiden und amüsiert sich auf seine
Weise, sofern man nicht mit Sittenwächtern und
Regierungen vom Schlage der Bush-senior-Administration sympathisiert, die in den Simpsons ein die
ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
Gesellschaft korrumpierendes Element sahen.
Die Handlung des Kinodebüts ist simpel: Springfield – dieser universale Nicht-Ort der US-amerikanischen Durchschnittsgesellschaft – ist in Gefahr.
Die Natur steht am Rande des Kollapses, der See
ist längst verätzt und natürlich will niemand, ausser
der engagierten Lisa Simpson, auch nur etwas von
einer drohenden Katastrophe wissen. Schon gar
nicht Homer, der durch seine Donutsucht die von
Grampa Simpson im religiösen Delirium beschworene Apokalypse auslöst. Die Folgen sind ein vieläugiges Mutantenhörnchen, das nach dem Passieren
einer augenscannenden Sicherheitsschleuse dem
dossierunkundigen Präsidenten Schwarzenegger
(«I’m elected to lead, not to read») vorgeführt wird
und ein Glasdom, der gleich einer Käseglocke die
Stadt hermetisch von der Aussenwelt abriegelt
– wäre da nicht ein kleines Schlupfloch, das der
fünfköpfigen Familie die Flucht vor dem wütenden
Lynchmob ermöglicht.
Die Flüchtlinge reisen nach Alaska, das zunächst
als paradiesische Anderswelt erscheint, sich durch
Ölbohrungen und Details wie der «Eskimoe’s Tavern» aber immer mehr als Spiegelbild der Heimatstadt entpuppt. Springfield mutiert in Abwesenheit
der Simpsons zur vor sich hin vegetierenden anarchischen Geisterstadt mit marodierenden Bewohnern, die dem Erdboden gleichgemacht werden
soll. Selbstredend kann es nur einen geben, der
Springfield vor dem Untergang retten kann: Homer
Simpson, dieser unverantwortliche, tollpatschige
und doch so liebenswürdige Vielfrass.
Hochkomisches Actionkino Dem «Simpsons
Movie» gelingt es, die Möglichkeiten der grossen
Leinwand mit liebenswürdigen Details und virtuos inszenierten Szenen auszuschöpfen. Barts Nu-
disten-Skateboardfahrt ist rasendes Actionkino in
2D, der selbstmörderische Bombenentschärfungsroboter schönster Verweis auf einen anderen Monolithen der Hochkomik und wie in Homers Mund
– inspiriert durch sein wandelbares Hausschwein
– das Spiderman-Thema zum Spiderpigsong wird,
ist schlicht herzerwärmend komisch. In den traditionellen Starauftrittszenen parodiert Tom Hanks
sein Image als Gutmensch, der die Glaubwürdigkeit
der Regierung hochhalten muss und Green Day, die
millionenschwere Fun-Protest-Band, ertrinkt gnadenlos im Lake Springfield.
Weniger überzeugend ist die Darstellung und
Einbindung der zahlreichen Nebenfiguren: Dem jähzornigen Erzchristen Ned Flanders gelingt es entgegen der Serietradition beinahe, sich als perfekter
Vater zu inszenieren und Russ Cargill – der neuen
Figur in der Simpsons-Welt – geht die Vielschichtigkeit von anderen zwielichtigen Seriengestalten
wie dem Energiemogul Mr. Burns oder SideshowBob ab. Speziell in den Flanders-Szenen schielt
das hochkarätige Autorenteam um den SimpsonsErfinder Matt Groening zu stark Richtung Konsens
und vergisst für kurze Zeit die subversive Kraft des
gelben, unerschöpflichen Paralleluniversums, in
dem feinsäuberlich und nahezu permanent die Alltagsmythen der globalen Gesellschaften zerpflückt
werden. Überdies gilt: Kein grosser Prophet ist, wer
diesem Film mehr Wirkung als Al Gores Klimafilm
«An Inconvenient Truth» zuspricht, auch wenn
die Hebebühne bei Lisas Präsentation erheblich
klemmt.
«The Simpsons Movie» läuft seit dem 27. Juli im
Kino. www.simpsonsmovie.com
25
magazin
INSOMNIA
LESERBRIEFE / FORUM
leserbrief@ensuite.ch
HEIMAT?
Von Eva Pfirter
■ Mitternacht auf meinem Berner Balkon. Es
ist still. Grillen zirpen leise, irgendwo raschelt
ein Tier im Garten unter mir, ab und zu fährt ein
Auto vorbei – langsam, zivilisiert, ohne viel Gas
zu geben. Und dann ist’s wieder still Die Mittellinie der Strasse leuchtet grellweiss ins schwarze
Nichts. Ein Glas Rotwein steht auf dem Tisch,
das Kräutergärtchen gedeiht, die Wäsche an der
Leine duftet frisch. Die Luft ist wunderbar; kühl
und vollgesogen mit Feuchtigkeit und dem leichten Duft verspäteten Frühlings. Über dem Gurten
hängt eine graue Wolke. Ein altes Velo quietscht
in der Kurve. Der Nachbar nebenan hustet und
rückt einen Stuhl zurecht. Die Nachbarin über
mir lacht am Telefon. Teenager schlendern vorbei, lachend, rauchend, flirtend. Dann sind sie
weg und es ist wieder ruhig. Die Nacht strahlt
alles aus, was die Schweiz ausmacht: Wohlbefinden, Sicherheit, Raum für mich. Raum, den
niemand antastet. Ich könnte ewig sitzen bleiben,
ins Dunkel hinausschauen und wohlig vor mich
hin schlummern. Ich könnte schlafen. Wunderbar
schlafen. Doch ich kann nicht.
Mitternacht auf meinem Römer Balkon. Die
Luft ist schwer und warm. Der laue Wind streicht
über mein Gesicht. Er duftet nach Aufwachen,
Leben, junger Nacht. Eine Autotür knallt und eine
zweite. Stöckelschuhe tänzeln über den Asphalt
und jemand ruft «Aspetta!». In der Strasse unter meinem Balkon sitzt eine Gruppe Studenten
auf Automotorhauben, lachend, diskutierend, in
der einen Hand den Aperitivo haltend. Der letzte
Bus brummt vorbei, laut und schwer wie ein alter Walfisch. Meine Mitbewohnerin rennt zur
Tür, begrüsst eine Freundin und rauscht hinaus,
eine Duftwolke zurücklassend. Der Martini auf
der staubigen Balkonbrüstung ist schon fast zu
warm. In der Küche klappert Emma mit Töpfen
vom Nachtessen. Zwischendurch klingelt eines
ihrer beiden Handys. An meinen Schuhen hängt
noch etwas Sandstaub.
Ich könnte ewig so stehen bleiben. An meiner
Balkonbrüstung. Aufs Kino hinabschauend, das
Leben ist. Die warme Luft ist alles, was mir Italien
bedeutet: Lebenshunger, Überschwang, Leichtigkeit. Süss und gleichzeitig schwer. Es ist zu laut
zum Schlafen. Es ist beinahe zu hell, auch wenn
es eigentlich dunkel ist. Ich könnte bleiben. Ewig
bleiben. Doch ich kann nicht.
26
Thema: L‘ Aubier - Oase der Sinne
ensuite, Juni 54/55, S. 34
■ Ich bin zwar Abonnent, weiss aber nicht, ob Ihr
so eine Leserseite habt - habe bis an noch nicht darauf geachtet, ausser auf Eure so genialen Artikel
(wie den letzten mit dem Stadttheater) ... bin jetzt
aber schon ein paar Seiten weiter und beim Artikel
«l´aubier - oase der sinne» stecken geblieben.
Als langjähriger Ökofutterer (nicht erst seit
es in Hollywood in ist) hatte ich mich wie doll darauf gefreut, dass erstens meine Frau und ich von
Freunden in das Hotel «Le café Hotel» (gehört
zusammen mit dem in Montezillon) eingeladen
wurden und dass on top of it ich noch von meiner
Frau ins Les Murailles 5 zum Znacht eingeladen
wurde.
Das Hotel in Neuchâtel ist sehr schön, die Zimmer herrlich einladend und die Ambiance in den
Stockwerken einmalig. Die Leute lieb! Einzig beim
Frühstück vermisste ich ein wenig Musik und die
Verbindung zum Bauernhof ... es war da nicht viel
zu spüren von einem Unterschied (ich bin ca. 150
bis 200 Nächte pro Jahr in Hotels).
Aber das mit dem l´aubier! Am Abend, nach einer Entdeckungstour durch Neuchâtel, ging‘s los.
Man kommt auch mit dem Zug dorthin! Das Herantreten ist super... diese Aussicht! Wahnsinn... und
der herzig einladende kleine Garten vor dem Haus.
Aber, wie Sie erkannt haben (oder Andrea Baumann), musste man aber sofort die Kamera zücken, weil dies die einzig wertvolle Ansicht von der
Liegenschaft ist.
Ein hässlicher Wintergartenanbau zerstört
schnell die innere Ruhe des Gebäudes. Weder modern noch romantisch. Weder cool noch warm!
Chance verpasst. Die Einrichtung könnte von einen billigen Möbelhaus, welche es entlang der A1
zu Massen gibt, stammen. IKEA hätte da Wärmeres
und Moderneres zu bieten. Wenn schon bei IKEA
... überall stehen, hängen oder liegen Gegenstände
oder Möbel herum, die eine Ambiance vorspielen
sollen. Weil sie aber ganz offensichtlich nicht gebraucht werden, auch die Schränke nicht, strahlen
sie soviel Charme aus, wie die hohlen Bücher in
den Ausstellungswohnwänden bei Hubacher.
Und so geht es weiter mit dem Essen dann. BIO
muss doch nicht einfallslos sein! Auch nicht grau!
Wie Vegi auch nicht mehr nur Bohnen und Braun
ist! Wo ist das Gefühl, der Bauernhof sei grad nebenan? Warum habe ich Salate auf dem Teller,
die sicher nicht von dem Hof sind, sondern wahrscheinlich von einem Bio-Bauern in Kenia? Bio
heisst auch Saison ... ok, ich hatte auch Spargeln,
aber auch den Verdacht, dass die aus einen BioGlas kommen. Ok, vielleicht bin ich ein zu extremer Gourmet - darum gehe ich halt auf den Berner
Markt (der beim Münster) und mache meine Freuden für uns und Freunde selber. Kochen kann ich.
Und Lust für Bio habe ich auch - weil dies ein Motivator ist, die volle Natur auf dem Gaumen zu spüren und das mit gutem Gewissen.
Also, ein paar weniger Auszeichnungen
und aber viel mehr Gefühl und LUST - bitte!
Auf ein andermal - früher waren die Bio-Weine
ja auch alle schlecht, so als Erkennungszeichen.
Und heute von Weinliebhabern aber ganz an die
Spitze gebracht. Das dauerte, aber es lohnt sich. In
diesem Sinne ... ich freue mich auf die Geniesser in
der BIO-Gastro-Branche ;-) Es gibt solche ... habe
ich auch schon entdeckt!
Thomas Kaupert; Bern
Kultur geht
uns
alle was an!
abo@ensuite.ch
Leserbriefe
Wir freuen uns über Ihre Zuschriften. Je kürzer
ein Brief, umso grösser ist die Möglichkeit für
eine Veröffentlichung. Es ist nicht nötig, dass
der Inhalt sich nur auf Artikel bezieht, welche im
ensuite - kulturmagazin erschienen sind - aber
es wird die Veröffentlichung fördern. Die Redaktion behält sich vor, Artikel zu kürzen. Es werden nur Zuschriften publiziert, welche mit Name
und Wohnort versehen sind. Einsendungen an:
ensuite - kulturmagazin, Leserdienst, Sandrainstrasse 3, 3007 Bern oder per Email: leserbrief@ensuite.ch
ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
magazin
CARTOON
www.fauser.ch
VON MENSCHEN UND MEDIEN
biedere, gemütliche neidhammel
Von Lukas Vogelsang
■ Der Möchtegernsommer ist für Medien sicher
nicht einfach. Da die Nachrichtenagenturen ferienbedingt, ebenfalls reduziert, wichtige und unwichtige Agenturmeldungen verbreiten, müssen
unsere JournalistInnen selber ans Werk. Das kann
übel sein – vor allem wenn diese aus der Übung gekommen sind - und man wünscht sich zuweilen die
verflucht langweiligen Agenturen wieder zurück
an den Arbeitsplatz.
So hat «Der kleine Bund» vom 14. Juli eine
wunderbare Sommerfüllidee gehabt und füllte die
Beilage mit dem Thema: «Unsere kleine Stadt».
Und natürlich ist damit Bern gemeint und natürlich dreht sich alles um den Vergleich mit Zürich.
Aber dem nicht genug: Die Diskussion ist vom
Chefredaktor Arthur K. Vogel sogar selber angezettelt und geschrieben worden – einem Luzerner,
der seit Anfang dieses Jahres in Bern wohnt. Einer
eben, der das Duell der Berner gegen die Zürcher
noch nicht miterlebt hat oder eben dann nur am
Rande. Was er sicher mitbekam, ist, dass die Reaktionen Bern-Zürich und dann retour Zürich-Bern
ganz gut für Diskussionsstoff sorgen. Einzig, der
Rückschlag aus Zürich ist meistens um ein Höllisches tiefer unter der Gürtellinie – und niemand
wagt sich dagegenzstellen, wohlweislich, dass der
Funken Wahrheit eine Flamme ist und es besser ist,
ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
zu schweigen… Bern ist unverbesserlich selbstbesessen. Neidisch sind wir, weil uns die lockere Art
der Zürcher nicht bekommt, neidisch sind wir, weil
die Welt in Zürich stattfindet und nicht hier in unserem ach so gemütlichen Nest. Der Tod von Bern
heisst Kleindenken, Politik und Medien. Wir sind
(und das ohne Wertung) eine Beamtenstadt und
keine Firmenhochburg. Wer in Bern etwas sein will,
muss erst die gnadenlose Attacke von geltungssüchtigen Karrierebeamten überleben oder aber
mit den Medienhäuser verbandelt sein – denn in
unserem Zürcher Medienhaus wird nur über «Gekauftes» geschrieben.
Tja, was für ein Vogel also. Unklarer wird das
Ziel von «Unsere kleine Stadt». Soll es eine Plattform für lechzende Zürcher Journalisten sein?
Ist es die Einladung, uns im August in Olten zum
Kantönliduell zu treffen? Oder sollte es tatsächlich die Berner motivieren, stolz über ihre verfilzte
Baugrube zu sein? Der Chefredaktor Vogel stüpft
sich gleich selber ins Luzerner Füdli, wenn er Jean-Martin Büttner (vom «Tagesanzeiger») neben
seinem Artikel schreiben lässt: «Von den Zürchern
sind solche Abfälligkeiten selten zu hören – aus
dem einfachen Grund, dass sich diese gar nicht für
Bern interessieren.» Man könnte frivol anhängen:
Den Berner interessiert es auch nicht.
Die Kommune Bern wird Vogel mit diesem Artikel
kaum gewinnen können. Denn irgendwann – bestens bemüht, das Sandsteinlager in einem guten
Licht erscheinen zu lassen – verfällt er selber in
einen Anti-Berner-Släng, redet von «gestörtem
Verhältnis», wenn’s um den Verkehr geht, dass es
«ihm den Hut lüpft», dem Berner, und dass diese
«rätselhaft» über das Roadpricing nachdenken.
Da redet der Chefredaktor vom «Bund» über Abfälle und Strassenpoller und meint wohl, damit
einen Zürcher beeindrucken zu können oder dem
Berner die Brusthaare zu polieren. Ich kann mir
auch schlecht vorstellen, dass man sich in Zürich
dafür interessiert, ob wir in der Buslinie 11 und 21
Platz haben oder nicht.
Vielleicht täten die von Vogel abgewerteten
Zürcher «Privatisierungsfetischisten» Bern ganz
gut. Je mehr man seinen Artikel liest, umso klarer
wird einem, dass der Arthur K. Vogel Bern nicht
gern hat. Er lebt hier wegen der Arbeit – eine Art
Zwangsgemeinschaft -, aber mehr hat er hier
nicht verloren. Oder wie einst ein Militäroffizier
vor meinem Rauswurf der grünen Institution beizubringen versuchte: «Du bist keiner von uns und
wirst es nie werden!» Ich war dankbar und stolz
darauf – es scheint, der Vogel auch.
27
magazin
STADTLÄUFER
Von Andy Limacher
■ nr. 33 // badespass. Regelmässige Leser dieser Kolumne wissen mittlerweile, dass ich im
Weissenbühl wohne. Geografisch nahe liegend
für den Badespass wären für mich also vor allem
Eichholz und Marzili, und allenfalls Weyermannshaus und Ka-We-De. Aber in keinem dieser Bäder
lasse ich mich sehen.
Am liebsten kämpfe ich mich an denjenigen Sonntagen, an denen der Asphalt brodelt,
nämlich quer durch die Stadt: Zuerst die Monbijoustrasse hinauf, dann quer über die Grossbaustelle und anschliessend den Killerhügel des
Nordrings hoch. Wenn mir dann der Schweiss in
Strömen aus den Poren dringt, weiss ich, dass ich
mir den Besuch im Wylerbad verdient habe.
An dieser Stelle hätte ich jetzt gerne einen
Stadtläufer-typischen Abschnitt mit Fakten platziert. Zum Beispiel: Beim Wyler wurde schon
Ende des 18. Jahrhunderts gebadet. Oder: Das
Wylerbad ist das einzige Bad in Bern, bei dem
das Wasser nicht chemisch aufbereitet wird. Diese beiden Fakten treffen aber leider auf das Marzili beziehungsweise das Lorrainebad zu. Im Gegensatz dazu ist das Wylerbad völlig faktenfrei,
was bedeutet, dass Sie mit meiner persönlichen
Wahrnehmung vorlieb nehmen müssen.
Nun, selbst bei grossem Andrang findet sich
im Schwimmbecken immer ein Plätzchen. Auch
einen Schattenplatz muss ich jeweils nicht lange suchen. Die grosse Sportwiese ist definitiv
ein Plus, und die Pommes sind immer frisch und
knackig. Darüber hinaus schätze ich die Lage:
Schweizer Qualitäts-Bio-Glacé bekomme ich
im Luna Llena gleich um die Ecke, und auf dem
Nachhauseweg stehen mir für ein kühles Blondes
optional Kairo, Brass und Du Nord offen.
Nicht dass sie mich jetzt für einen halten, der
nie in die Aare steigt. Aber wenn schon, dann
ohne die Fleischbeschauung im Marzili. Sie finden mich auf der kleinen Wiese unterhalb der
Lorraine – unweit des Wylerbads.
www.ensuite.ch
Wissen was im nächsten Monat läuft.
SOMMERVERSUCH I
SOMMERVERSUCH II
■ Kluge Köpfe schützen sich – vor der Sonne. Am
Besten, man cremt sich das Gesicht und die Haare
ein, und frau trägt einen Tschador, belehrt mich
ein Freund. Ich gucke mich im Restaurant um und
frage mich, von welcher Gefahr er wohl spricht.
Weit und breit nur käsebleiche Wintergesichter.
Dasselbe Bild bietet sich auf Berns Strassen: Die
reinste Milchschwemme, und das ohne Subventionen. Dabei ist schon Ende Juli. Auch um mich
steht’s nicht besser: Aus dem Spiegel linst mir ein
weisses Antlitz entgegen. Im Gegensatz zu den
japanischen Touristinnen vor dem Zyglogge, die
ihr Sonnenschirmchen flugs in einen Regenschirm
umfunktioniert haben, freue ich mich darüber
aber gar nicht. Was soll nur aus all den Kleidern in
kräftigen Farben werden, die mir «InStyle» wärmstens zur «knackig braunen Haut» empfohlen hat,
und die nun im Schrank den Motten harren?
Insgeheim keimen in meinem Kopf frevlerische
Fragen: Wo ist die Klimaerwärmung, wenn man sie
braucht? Haben sich die Grünen zu früh gefreut?
Ich entschliesse, dieser Misère nicht mehr länger
tatenlos zuzusehen. Wie in allen schwierigen Lebenslagen stöbere ich in einem original indianischen Wiki. Unter dem Stichwort «Wetter» finde ich
aber nur Hinweise zu Thomas «der aus grossen
roten Knöpfen weissagt» Bucheli und Anleitungen
zu Regen-, nicht aber zu Sonnentänzen. Mir bleibt
also nichts anderes übrig, als auf eine Errungenschaft der modernen Zivilisation zurückzugreifen: Die Sonnenbank! Stracks marschiere ich zur
nächstgelegenen Bank-Filiale und starre in die
Röhre, was meinem Teint jedoch nicht die erhoffte Farbe verleiht. Enttäuscht gehe ich weiter,
überhole auf dem Bundesplatz backbord die Alinghi, die nun – was der weissen Tücher wegen erst
wenige wissen - dort anstelle des Bundeshauses
steht, und finde mich vor der Auslage einer Apotheke wieder: Im Handumdrehen ruckzuck braun
werden! Mit diversen Tuben und Sprays bewaffnet
mache ich mich auf den Heimweg. Angekommen
teste ich die Wundermittelchen sogleich allesamt
an meinen Beinen, und siehe da - es wirkt! Schon
nach wenigen Minuten nimmt meine Haut den
auf der Packungsbeilage versprochenen «ausgewogenen sun touch» an. Erfreut stürze ich mich in
ein Röckchen und betrachte das Ergebnis im Spiegel - doch, o weh! - Für Momente wähne ich ein
Zebra in meinem Zimmer. Bald aber realisiere ich,
dass es meine Beine sind, die mir da in tiefbraunweisser Safaribettwäscheoptik entgegenblinken.
Zum Glück regnet’s heftig ans Fenster, und
Meteo-Wetterfrosch Bucheli bestätigt: Es soll noch
lange weiterregnen! Das erste Mal diesen Sommer
bin ich ihm für diese Nachricht dankbar. (cb)
■ Der Sommer will nicht und alle Versuche,
Stimmung zu erzeugen, sind im Juli verwässert.
Nehmen wir ein Heim-Beispiel: Das Gurtenfestival, ein Anlass, der vorwiegend Teenies anspricht.
Der missglückte Versuch eines Sommerfestivals
mit guter Musik und Sonnenbrand zeichnet der
betörend stinkende Morastboden und die tonnenschweren Abfallberge. Die Organisatoren reiben
sich natürlich immer noch die Hände: Das Festival
macht schätzungsweise 8 bis 10 Millionen Franken
Umsatz auf dem Hausberg. Da sind 80‘000 Franken für die Bodensanierung nur lächerlich. TeleBärn hat sich zumindest um eine gute Reportage
bemüht und fragte die betrunkenen Besucherkinder, an welche Bandnamen sie sich denn von
den 54 Artistengruppen erinnern könnten. Mehr
als sechs schaffte niemand. Die Kinder waren zu
betrunken, zum anderen waren sie an diesem Festival nicht wegen der Musik. Warum dann?
Sex, Drugs und Alkohol. Unser Jugend ersäuft
sich selbst. Um mehr geht’s nicht mehr. «Hinten
knutscht ein Pärchen hemmungslos herum. Bis er
kurz abbricht, den Kopf dreht und kotzt. Dann küssen sie weiter.» Dies rapportierte Marina Bolzli am
23. Juli auf espace.ch. Am Festival-Eingang wurden «Notfallpäckli» ausgehändigt mit Kondomen.
Welch ein Versprechen. Das Festivalzeltlager oder
eben «die grösste Jugendherberge der Welt» wurde im Vorfeld als Tummelplatz für den Beischlaf
propagiert. In Artikeln wurde belustigend gewarnt,
nicht zu erschrecken, wer oder was am Morgen neben sich aufzufinden sei… Da beruhigen auch die
Worte der Festivalpromotoren nicht, die öffentlich
sich loben, «auf dem Gurten seien schon Kinder
gezeugt worden!». Wow. In den 68ern wurde dazu
wenigstens noch philosophiert...
Zwischenflash: Das «Sunday Times Magazine»
zeigte in der Ausgabe vom 22. Juli (also zeitparallel zum Gurtenfestival) vom einen Artikel über junge Mütter. Also eigentlich Kinder, die im Alter von
14 oder 15 bereits geschwängert sind und Kinder
gebären. Auf der Titelseite baucht die nackte 15jährige Aimee, im achten Monat schwanger. Kein
Einzelfall unter Minderjährigen, sondern gemäss
der «Sunday Times» eine «epidemische» Entwicklung. Das emotionale Unverständnis ist medial
gross vorbereitet. Es riecht nach Skandal – und ist
es eigentlich auch. Nur fragt sich, in welche Richtung der Skandal zeigt.
Wo ist der moralische Zeigefinger? Warum sagt
niemand was? Ganz einfach: Wer sollte denn? Die
Medien sind Parter der Organisatoren, die Sponsoren können sich nicht negativ outen und das Publikum hat vergessen, dass es dabei war... (vl)
Ein Abo macht Sinn.
28
ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
magazin
KULTUR & GESELLSCHAFT
natürlich greift der stier die
Von Peter J. Betts
■ Natürlich greift der Stier die Muleta an, mit der
ihn die1 Frau oder der Mann während der «suerte
de muerte» reizt und ermüdet, bevor sie oder er
ihn mit einem Degenstich zwischen die Schulterblätter tötet. Die Muleta: für den Stier ein «rotes
Tuch»? Ich denke, der gequälte, wütende Stier
würde mit Tötungsabsicht jede von einem Menschen provokativ gemachte Bewegung angreifen,
weil er sie mit Mensch gleichsetzt und das wiederum mit der Ursache seiner Qual. Dies, nachdem
ihn der Picador während der «suerte de varas» mit
seiner Lanze vom hohen Ross herab immer wieder
in den Nacken gestochen hat und nachdem, während der zweiten Phase der Agonie, der «suerte
de banderillas», ihm einige Paare mit Bändern umwickelter und Widerhaken versehener Stäbe in den
Widerrist gesteckt worden sind. Man schreibt des
Stiers Jagd mit Tötungsdrang dem «roten Tuch»
(nicht dem rot-grünen Baldachin) zu. Zwar ist
die Muleta durchaus ein rotes, durch einen Stock
versteiftes Tuch – aber: man sagt heute, der Stier
sei farbenblind. Er urteilt ohne Farbsinn über das
«rote Tuch». Man sagt, eine aus dem Nest gefallene kleine Meise soll bitte ja nie ins Nest zurückgebracht werden, weil das Vögelein den Geruch
des (diesmal) rettenden Menschen annähme und
die Eltern es verständlicherweise (s. oben) des
menschlichen Geruches wegen ablehnen würden,
damit wäre dann die Rettungsabsicht zur Tötung,
vielleicht gar der ganzen Brut, mutiert. Meisen
haben keinen Geruchssinn. Haben kommunale
Exekutivbehörden einen Kultursinn? Hat das Kollektiv des Gemeinderates gar Kunstsinn, wenn es
über die Qualität eines Kunstprojektes oder eines
Kunstwerkes befindet? Es kursiert die Anekdote,
dass der Gemeinderat (damals gab es noch keine
Gemeinderätinnen, trotzdem habe der Gemeinderat schon damals Kunst im öffentlichen Raum gebührend ernstgenommen) bei der Besichtigung einer Auftragsplastik von Max Fueter feststellte, der
Flötenspieler habe eindeutig einen zu kleinen Geschlechtsteil. Der Künstler habe seiner Figur dann
gehorsamst nach bestem Wissen und Gewissen
einen stadtwürdigeren verpasst. Angeschraubt?
Angeschweisst? (Kann man Bronze schweissen, löten?) Der Gemeinderat, seiner Pflicht zu nachhaltiger Verantwortung bewusst, sei höchst befriedigt
ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
gewesen. Se non è vero, è ben trovato. Im Sitzungszimmer des Gemeinderates im Erlacherhof ist auf
Ofenkacheln die eindrückliche Szene gemalt, wie
ein Architekt(?) auf seinen Knien den Gnädigen ein
prestigeträchtiges, städtebauliches Modell zur Begutachtung präsentiert – so mag das Weltkulturerbe seinen Anfang genommen haben: nicht sichtbar
vom hohen Ross herunter, mit, trotz eindrücklicher
Schwerter, Wohlwollen ausstrahlenden bärtigen
Männern und einem knienden Phantasten. Plus ça
change... Wunderbar, falls der Gemeinderat künftig
seine eigenen Richtlinien (kennt er sie überhaupt?)
bezüglich Kunst im öffentlichen Raum verbessern
will. Ein Masterplan muss her? Im Wettbewerb für
den neu zu gestaltenden Berner Bahnhofplatz hatte er, vielleicht unbewusst, bereits in der Praxis
eine Neuigkeit nicht verhindert: Wer sich am Architekturwettbewerb beteiligen wollte, musste bereits
für das Wettbewerbsprojekt mit einer externen
Künstlerin oder einem Künstler zusammenarbeiten, die/der dann bis zur endgültigen Realisation
des erkorenen Projektes als Teammitglied mit den
Architekten zusammenarbeiten sollte; als Kunst
erkennbare Kunst war dabei nur Teil der Aufgabe des exotischen Teammitgliedes: Ansonsten –
und das war als wichtigster Teil erachtet worden
- sollte dessen Kreativität, als Blick von aussen
die Gesamtentwicklung, die Gesamtrealisation in
den verschiedensten Bereichen mitbestimmen.
Mit der Wahl des Architekturbüros durch die Jury
war also auch die Künstlerin oder der Künstler gesetzt und der im Rahmen der gesamten Baukosten
budgetierte Betrag für konkret sicht- oder fühlbare Kunst festgelegt. Weder Kunstkommission,
noch Abteilung Kulturelles, noch Gemeinde- oder
Stadtrat würden künftig etwas dazu zu sagen
haben. Die Jury, mit einer Vertretung von Kunstsachverständigen und vom Gemeinderat, wählte
endgültig, ausgenommen, natürlich, von rechtlich
bewilligungspflichtigen Vorhaben. So hatte man
gemeint. Damit hätte der Gemeinderat erstmals
seinen in eigenen Richtlinien festgehaltenen Absichten mutig Vorschub geleistet: für das Lösen
von öffentlichen Aufgaben Kulturschaffende zusätzlich zu Fach- und Politvertretungen beizuziehen und damit den schöpferisch anderen oder unvoreingenommenen Blick von aussen gestalterisch
im Interesse der Öffentlichkeit zu nutzen. Auch
wenn Kulturschaffende und Politschaffende wenig
Verständnis füreinander zu haben pflegen. Das
war natürlich lange bevor man beschlossen hatte,
das Forum für Gestaltung im Kornhaus eingehen
zu lassen. Wird der Gemeinderat jemals Sinn dafür
entwickeln, dass jene Menschen, deren einziges
Kapital, der einzige Werkstoff, das einzige Werkzeug von entscheidender Bedeutung die Phantasie ist, Wesentliches dazu beitragen könn(t)en,
Probleme des Alltags nachhaltig anzugehen? Natürlich passt der gemeinderätliche KiöR-Entscheid
beim Bahnhofplatz zur zunehmend gängigen Praxis, dass Investoren Generalunternehmungen beauftragen, mit prestigeträchtigen Stars der Architektur städtebaulich «bedeutende» Bauvolumina
zu realisieren: mit offener, d. h. beliebiger Nutzung
(egal, ob Kaserne oder Schulhaus oder Bürogebäude oder???), solange die horrenden Mietzinse
bezahlt werden können. Natürlich passt es zum
Trend, wunderbare Verpackungen zu «designen»,
die dazu gehörenden Verpackungsautomaten
zu bauen und sich erst dann zu überlegen, ob es
überhaupt einen passenden Inhalt gäbe, oder ob
die Werbebranche erst noch beauftragt werden
muss, ein entsprechendes Bedürfnis zu schaffen,
das man dann schon irgendwie gewinnbringend
erfüllen können wird. Aber eben: Stiere jagen das
«rote Tuch», ob farbenblind oder nicht. Meisen
ohne Geruchsinn lassen die von Menschen gerettete Brut wegen ihres angenommenen menschlichen Geruchs eingehen. Und der Gemeinderat
befindet über die Qualität künstlerischer Projekte.
Mit welchen offiziellen Begründungen auch immer.
Es wird keine wahrnehmbare Kunst beim neu gestalteten Bahnhof geben.
1
«Der kleine Bund», 7. Juli 07, letzte Seite: vielleicht ist Ana Infante jetzt tatsächlich als offiziell
geprüfter Matador eine der wenigen Stierkämpferinnen Spaniens, und ihr Traum hat sich erfüllt.
29
magazin
STADT UND LAND
mit neuster tunneltechnik in die vorstellungswelt der «üsserschwiizer» gerückt: das wallis
Von Anne-Sophie Scholl Bild: zVg.
■ Goethe mochte es nicht, das Wallis. Er schimpfte
über das Unwetter, das ihn am Furkapass fast zur
Umkehr gezwungen hatte. Schlechter Laune hatte
er sich auch dazu verleiten lassen, über die Leute im Land herzuziehen. Er wetterte gegen deren
«Menschenwerk». Sion zum Beispiel gefiel ihm gar
nicht: «so ein Schindel- und Steinhaufen, mitten
in der grossen herrlichen Natur.» Seine zweite
Schweizer Reise hatte ihn 1779 von Genf her über
den Umweg zum Fuss des Montblanc und den Col
de Forclaz nach Martigny und das Rhonetal hinauf
geführt. Sein Reisebericht ist in Briefform stilisiert.
November war es: Hüfthoch im Schnee einsinkend,
durch dichtes Schneetreiben und ohne Sicht unter drohenden Lawinenniedergängen verschaffte
Goethe sich die gesuchte Grenzerfahrung in der
Natur.
Rilke liebte das Land. Er machte das Wallis zu
seiner letzten Heimat und liess sich bei der Kirche
von Raron seine Grabstätte errichten. «Wie redet
und wirkt und handelt diese Landschaft zu mir!»,
schreibt er überschwänglich. «Sie ist herrlich
hart und gross, und ... mitten im Garten beinahe
zärtlich.» Das Zusammenkommen von Härte und
Sanftheit ist es, was Rilke immer wieder anzog in
dieser Landschaft.
Widersprüche prägen auch heute das Bild der
«Üsserschwiizer» von dem breiten Südtal: Charmant der Dialekt, für viele allerdings oft schwer
verständlich. Schön und stolz die kräftigen
schwarzen Kampfkühe. Hässlich die Industrie im
kahlen unteren Teil des Haupttals. Sonnigwarm die
mediterran anmutenden Südhänge. Einengend der
sture, schwere Katholizismus.
30
Mutige Aufbrüche Stur mögen manche Walliser sein. Oder eigensinnig. So zum Beispiel
auch Adeline Favre aus dem Eifischtal, dem Val
d’Anniviers. Es war ein Ereignis, als sie 1938 mit
dreissig Jahren die Fahrzeugprüfung ablegte: «Bei
Marius Zufferey, einem Neffen von mir, habe ich
meine ersten Fahrstunden genommen. Als wir
nach Venthôme kamen und ich eine Kurve nehmen
sollte, wusste ich plötzlich weder ein noch aus. Ich
klammerte mich ans Lenkrad und drückte mit aller
Kraft aufs Gaspedal. Marius zog die Handbremse,
aber ich blieb mit dem Fuss auf dem Gaspedal.
Wir fuhren eine Böschung hinauf, hinunter in einen Garten, verwüsteten ein Beet, wo Gurken und
Mais angepflanzt waren, und landeten vor einem
Zwetschgenbaum, ohne ihn jedoch zu berühren.»
Aufs Gaspedal drückte Adeline auch sonst in
ihrem Leben. Als Zweitgeborene war sie nach Genf
gegangen, um den Beruf der Hebamme zu lernen
und blieb dort, als mit dem Tod der älteren Schwester die Pflicht sie eigentlich zurückgerufen hätte
an den Hof der Eltern. Als ausgebildete Hebamme
ging sie schliesslich doch zurück ins heimische Tal
und brachte kühne neue Ideen mit sich. Sie war
die einzige Hebamme, die ein Auto besass und
praktische Überlegungen waren es auch, die sie in
ihrer täglichen Arbeit leiteten. Bei Adeline wurde
die Nabelschnur der Neugeborenen kurz nach der
Geburt abgeschnitten und die Plazenta verbrannt.
Sie, eine stämmige Frau, die 125 Kilo auf die Waage brachte, verwarf die Tracht und kleidete sich in
modische Kostüme. Sie machte sich stark für ein
neues Verständnis für die Lebenswelt der Frauen
und gewann damit nach und nach das Vertrauen
der Taleinwohnerinnen. 8000 Kinder hat sie in
dem weit verzweigten Tal auf die Welt gebracht.
Ihr Leben ist eindrücklich dokumentiert in dem
von ihr verfassten Lebensbericht «Ich, Adeline,
Hebamme aus dem Val d’Anniviers».
Besuchenden präsentiert sich das Val
d’Anniviers heute als wildromantisches Tal. Und
wenn man tagsüber in den Ortschaften nur wenigen Kindern begegnet, liegt das daran, dass heute
im Tal in Vissoie eine Tagesschule eingerichtet ist,
die einzige im Wallis. Ein Bruch mit der Tradition
und dennoch ein Geschenk, ermöglicht die Schule
doch den Eltern in den entlegenen Siedlungen eine
Arbeit ausser Haus anzunehmen.
In Sprache gezeichnet Unvermutete Seiten
sind im Wallis zu entdecken. Der Blick von fremden
und heimischen Schriftstellerinnen und Schriftstellern zeigt Wege in die Geschichte und in die Gegenwart des Tals. Fiktiver Reisebericht, poetischer
Vierzeiler, glühender Kitschroman, dramatischer
Comic oder schlicht gute und hierzulande wenig
bekannte Literatur – in deutscher, französischer
und englischer Sprache legt sich die literarische
Topografie des Wallis über die Landschaft des
Rhonetals. Eine literarische Landkarte, die neue
Zugänge erschliesst in eine Landschaft, die hinter
den Bergen ganz nah liegt.
Das Buch:
Michael T. Ganz, Dominique Strebel (Hrsg.): Dies
Land ist masslos und ist sanft. Literarische Wanderungen im Wallis. Rotpunktverlag 2006.
ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
magazin
REISEZIEL HOTEL
mord und totschlag zwischen rindsfilet
und crème caramel
Von Andrea Baumann (auf dem Bild: Peter Denlo als Herr Bühler)
■ Tina, eine attraktive, junge Frau bahnt sich
hastig einen Weg zwischen Tischen und speisenden
Gästen und spricht eine ebenso attraktive, junge,
selbstbewusste Frau in Trenchcoat und sportlicher
Mütze an: Frau Kommissarin! Ich möchte endlich
gehen! Ich bin am Ende mit meinen Nerven! Kommissarin Caprez antwortet gelassen: Noch ein paar
Minuten!
Tina reagiert verärgert auf soviel Coolness:
Aber verstehen Sie doch! Ich habe meinen Vater
und meine beste Freundin verloren! Und meine Mutter liegt mit Schussverletzungen und einem Schock
im Spital! Caprez kontert scharfzüngig: Wir spielen
hier nicht Shakespeare, Frau Tamburic. Lassen sie
die Dramatik weg!
Kein Fernseh-Krimi, kein klassisches Bühnenstück – nein, DinnerKrimi nennt sich diese Theaterform.
Unterhaltung in Form von Krimis kombiniert
mit kulinarischen Höchstgenüssen ist kein neues
Rezept. Aber Achtung - sowie Suppenhuhn nicht
gleich Suppenhuhn ist, ist DinnerKrimi nicht gleich
DinnerKrimi. Es kommt auf die Ingredienzen und
die Dosierung an. Die Krimiliteratur bietet zwar eine
eindrückliche Sammlung an Kriminalgeschichten
sowie eine Reihe von illustren Kommissaren, Inspektoren und Detektivinnen, die sich als Vorlage
fast aufdrängen, so etwa Miss Marple, Hercule
Poirot, Mankell, Wachmeister Studer, Colombo, um
nur einige aufzuzählen. Für den Initianten Peter
Denlo war jedoch von Anfang an klar, seine DinnerKrimis sollen keine Historienkrimis werden.
Wie soll denn dies auch gehen? Die Gäste schlemmen in Jeans, Poloshirt und Sneakers und sollen
gleichzeitig einen aktiven schauspielerischen Part
bei der Auflösung auf Schloss Eilean Donan in
Schottland im Jahr 1389 übernehmen! Vielmehr setzt der junge Autor und Schauspieler Denlo auf eine
vielschichtige, zeitgenössische Story, die genauso
zum Schmunzeln wie Miträtseln animiert.
Das Erstlingsstück «Zum Hauptgang: Mord» feierte
seine Premiere am 24. Mai 2007 im Hotel Uto Kulm
auf dem Üetliberg in Zürich und fand während der
Tournee durch die Deutschschweiz rasch ein breites
Publikum. In Bern ist DinnerKrimi jeweils im Landensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
gasthof Sternen in Muri zu sehen. Nach der Castingphase und kurz vor Probenbeginn des zweiten
Stücks traf sich ensuite – kulturmagazin mit dem
Initianten Peter Denlo.
Was hat Dich interessiert, DinnerKrimi in der
Schweiz zu lancieren?
Aus der Not heraus kriegt der Mensch Ideen. Als
Schauspieler ist man immer auf der Suche nach Arbeit. Ein eigenes Projekt macht immer Sinn, braucht
jedoch Mut und Zeit. Die Idee von DinnerKrimi kam
mir in Deutschland, da diese Art von Theater in unserem Nachbarland seit Jahrzehnten ein breites
Publikum findet. Und so dachte ich, dass dies bei
uns auch funktionieren könnte. Ausserdem reizte es
mich, Hotelräume zu Bühnen umzufunktionieren,
vor allem in der Schweiz, wo die Hotellerie eine von
Tradition gezeichnete Geschichte kennt.
Welche Hotels hast Du angefragt?
Mir war von Anfang an wichtig, Hotels und Restaurants, die eine hohe Qualität bieten, mit dabei
zu haben. Das Essen muss munden, das Ambiente
soll stimmen und zusammen mit dem Krimi soll ein
besonderer Abend entstehen. Klare Richtlinien sind
neben der Küche auch die Grösse der Räumlichkeiten und die Qualität des Services. Die Resonanz der
Hotels war so gut, und als Häuser wie das Romantikhotel Wilden Mann in Luzern, das Schlossrestaurant Rapperswil oder das Hotel Uto Kulm auf dem
Üetliberg spontan zugesagt hatten, wusste ich, dass
mein Konzept aufgeht.
Wie läuft Dein DinnerKrimi ab?
Bei der Ankunft erhält der Gast einen Apéro.
Danach gibt es drei oder vier Gänge. Wir spielen
zwischen den Menüfolgen, damit sich der Gast aufs
Essen und dann wieder aufs Theater konzentrieren kann. Aber der Gast darf niemandem trauen,
sein Tischnachbar bei der Vorspeise könnte bereits ein Schauspieler sein und so gibt es durch das
Stück Mord und Totschlag, viele Verdächtige und
ein Detektiv. Aber keine Sorge, niemand wird in
Ohnmacht fallen und es spritzt auch kein Blut. DinnerKrimi sorgt für Unterhaltung und Spannung.
Zu viert spielen wir über zehn Rollen, was für viel
Abwechslung und gute Lacher sorgt.
Nach welchen Gesichtpunkten hast Du die
Story «Zum Hauptgang: Morde» geschrieben?
Das Stück ist ein Vierakter, in dem es gleich zum
Anfang einen Toten gibt und danach alle auf der
Suche nach dem Mörder oder Verdächtigen sind.
Der Fall wird übrigens von einer Frau aufgelöst,
denn ich habe mich bewusst für eine Kommissarin
entschieden, um dem Klischee von Colombo und
Derrick nicht zu entsprechen. Die Handlung durfte
nicht zu kompliziert werden, da man ja immer wieder durch das köstliche Essen abgelenkt wird. Gute
Witze und komische Situationen sind mir genauso
wichtig, wie eine gesunde Portion Interaktion mit
dem Publikum. Wenn ein Gast einen sachdienlichen
Hinweis hat, darf er diesen gerne laut einbringen.
Somit entsteht für uns Schauspieler Improvisation, die jede Vorstellung von DinnerKrimi einmalig
macht.
Wie viele Morde planst Du pro Stück ein?
Das verrate ich nicht. Kommt es Euch selber
ansehen und haltet die Augen offen, denn es kann
immer und überall etwas passieren.
Was serviert DinnerKrimi als nächstes?
Von Frauenfeld bis Interlaken, vom Kanton Basel-Stadt bis Nidwalden spielen wir von September
bis Dezember in insgesamt zehn Hotels. Das neue
Stück heisst «Gabel. Messer. Mord.» und wir werden
es uns nicht nehmen lassen, den bevorstehenden
Schweizer Wahlherbst durch den Kakao zu ziehen.
Somit ist diesmal nicht unsere Kommissarin gefragt den Fall zu lösen, sondern Agent Kunz vom
Schweizer Geheimdienst.
Premiere von «Gabel. Messer. Mord.»:
Uto Kulm, Üetliberg, Zürich am 2. September 2007
Landgasthof Sternen, Muri Bern:
29.9./13.10./24.11.2007
Hotel Freienhof, Thun:
28.9./19.10./11.11.2007
Hotel Metropole, Interlaken:
15.9./6.10./1.12.2007
Kurhaus Weissenstein (Solothurn):
8./9./10.11.2007
Infos und weitere Locations:
www.dinnerkrimi.ch
31
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SINNIGES
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ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07
arttensuite
ar
nr. 08 / 2007
Titelseite: Paul Klee
Marionetten (bunt auf schwarz), 1930, Ölfarbe auf Karton, 32 x 30,5 cm,
Kunsthaus Zürich, Schenkung Erna und Curt Burgauer / weiter Seite 33
Paul Senn - revidiert präsentiert 34 | Mienen, Masken, Possenspiel - Paul Klee und das Theater 35 | Kunst im Buch 37
| Galerienseiten 38/39 | In die Röhre gucken 41 | Fragen und Entdecken um des Spielens willen 42 | Berner Galerien
43 | Augenspiel 46 | Impressum 46 | Berner Museen Bern / Biel / Thun 47
artensuite
34
Mittagessen in der Bergschule, Adelboden, Berner
Oberland, 1935. FFV/KMB,
Dep. GKS. © GKS.
Flüchtlingskind im Lager
von Rivesaltes, Frankreich,
1942. FFV/KMB, Dep.
GKS. © GKS.
Paul Senn - revidiert präsentiert
Paul Senn Fotoreporter
Kunstmuseum
Bern, Hodlerstrasse 12,
Bern. Geöffnet
Mittwoch bis
Sonntag 10:0017:00 h, Dienstag
10:00-21:00 h. Bis
2. September.
■ «Diese groben, fast trotzig hingezeichneten Linien! Alles schien mir so
eindeutig auf diesen Bildern von arbeitenden und fleissigen Schweizern.
Da werden keine Fragen gestellt,
nichts wird angezweifelt. Ein Optimismus wird da verbreitet, der einen
Heutigen krank machen kann.» Mit
diesen harschen Worten beschreibt
Bernhard Giger 1982 den Eindruck,
Monika Schäfer
Paul Senn.
Farbfotografien
1946 - 1951
Schule für Gestaltung Bern
und Biel, Foyer,
Schänzlihalde 31,
Bern. Geöffnet
Montag bis Freitag 08:00-21:00 h,
Samstag 08:0012:00 h.
13. August bis
22. September.
Eröffnung 16.
August, 17:00 h.
der eine erste Sichtung des Fotoarchivs Paul Senns in ihm hinterlassen
hat – Worte, die in Anbetracht von
Senns immensem und vielfältigem
Werk nur im Kontext der in den 1980er
Jahren einsetzenden kritischen Aufarbeitung der Geschichte der Schweiz
im Zweiten Weltkrieg nachvollzogen
werden können. Tatsächlich hatte
Paul Senn (1901-1953) mit den siebzig
Fotografien des 1943 erschienen Bildbandes «Bauer und Arbeiter» einen
Beitrag für die geistige Landesverteidigung geleistet. Die jahrzehntelange
Rezeption Senns als Schilderer des
einfachen Schweizer Lebens wird
dem vielgereisten und durchaus gesellschaftskritischen Berner Fotografen aber in keiner Weise gerecht.
Im Rahmen des Paul-Senn-Projekts
sind nun seit 2004 die Aufarbeitung
des umfangreichen Nachlasses und
die Revision der Rezeption Senns im
Gange. Bei der vertieften Sichtung
des Fotoarchivs und der Restaurierung und zeitlichen Einordnung der
einzelnen Bilder und Negative ist sowohl in Vergessenheit geratenes als
auch unbekanntes Material zum Vorschein gekommen. In der aktuellen
Ausstellung im Kunstmuseum Bern,
die gewissermassen als krönender
Abschluss des Paul-Senn-Projekts gelten kann, werden unter anderem die
zahlreichen Bildreportagen Senns in
Erinnerung gerufen. So hat dieser der
politisch links stehenden Illustrierten «Aufstieg» Fotografien für über
500 Reportagen geliefert. Darunter
befinden sich etliche sozialkritische
Beiträge, so zum Beispiel die Bildreportage Senns über die Ausbeutung
von Kindern in der Schwefelmine im
sizilianischen Villarosa. Interessant
ist in diesem Zusammenhang Senns
Arbeit für «Die Nation» unter der Leitung Peter Suravas. Die Kombination
von Senns Bildern und Suravas eindringlichen Texten ist nicht nur bei
der Leserschaft auf grosse Resonanz
gestossen. So hat die erste gemeinsame Reportage «Kein Lohn – ein
Hohn», ein Bericht über die erbärmliche Lohnsituation von Emmentaler
Heimarbeiterinnen, eine gesamtschweizerische Diskussion über diese und ähnliche Missstände ausgelöst
und schliesslich für die Emmentalerinnen zu einer Lohnerhöhung geführt. Paul Senn aufgrund solcher sozialkritischer Arbeiten als «concerned
photographer» zu bezeichnen, greift
jedoch zu kurz. Zu vielseitig ist sein
Gesamtwerk, als dass man es nur
einem Schlagwort zuordnen könnte.
Dies wird anhand der Fotografien aus
den krisengeschüttelten 1930er Jahren
deutlich: Einerseits thematisiert Senn
Arbeitslosigkeit, Altersarmut und spanische Flüchtlingsströme, andererseits schiesst er Bilder vom Schweizer
Grand-Prix, Bergwinter und Simmentaler Fleckvieh. In der Berner Aus-
stellung ist auch Paul Senns in der
bisherigen Rezeption vernachlässigter
Leidenschaft fürs Reisen viel Platz gewidmet. Er besuchte unter anderem
Spanien, Italien, Amerika und Kanada und brachte jeweils umfangreiches
Bildmaterial mit nach Hause. Besonderes Anliegen bei seinen AmerikaReisen waren ihm die Lebenssituation
der Afroamerikaner und die Gemeinschaften ausgewanderter Schweizer.
Eine Sensation stellen die im Archiv
entdeckten über tausend, teilweise
noch unbekannten Farbfotografien
dar – Paul Senns Werk erhält dadurch
einen besonderen Stellenwert in der
Geschichte der Schweizer Farbfotografie. Einerseits setzte Senn die Farbe ein, um die Lebendigkeit der Menschenmassen am Strand von Coney
Island zusätzlich zu betonen, andererseits gelangen ihm mit den beiden
Touristinnen vor dem Grand Canyon
und dem venezianischen Fischerboot
mit gelben Segeln Bilder von grosser
formal-ästhetischer Intensität. Die Frage nach dem künstlerischen Wert der
oftmals im Auftrag von Zeitschriften
für Fotoreportagen geschossenen Bilder stellt sich auch bei Paul Senn. Die
Ausstellung im Berner Kunstmuseum,
die die Arbeiten Senns aus ihrem publizistischen Zusammenhang herauslöst und zu Einzelbildern ästhetisiert,
kann durchaus als Beitrag verstanden
werden, Paul Senn nicht nur als Reporter, sondern auch als Künstler zu
begreifen. Bernhard Gigers Aussage kontrastierend möchte ich sagen,
dass die «Heutigen» an Paul Senns Fotografien sehr wohl ihre wahre Freude haben werden.
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Paul Klee, komische Figur
aus einem bayrischen
Volksstück, 1924, 170,
Feder und Aquarell auf
Papier auf Karton, 22,7
x 20,3 cm, Zentrum Paul
Klee, Bern, Leihgabe aus
Privatbesitz
Mienen, Masken, Possenspiel –
Paul Klee und das Theater
■ Das menschliche Gesicht wurde
vom Naturwissenschafter und Schriftsteller Georg Christoph Lichtenberg
einst als die «unterhaltsamste Fläche
auf Gottes Erdboden» bezeichnet. Das
Spiel seiner Züge verrät gleichermassen Emotionen, wie es sie zu wecken
vermag. Insbesondere für Schauspieler ist die Mimik ein Ausdrucksinstrument, mit dessen Hilfe sie
Nicola Schröder
Stimmungen erzeugen und transportieren. Welch grosse Faszination das
Schau- und mit ihm das Mienenspiel
auf Paul Klee ausübte, zeigen viele
seiner Arbeiten. In ihnen erscheinen
menschliche Antlitze in den verschiedensten Spielarten. Klee setzte sich
unter anderem mit der Varianz von
Möglichkeiten auseinander, die eine
einzelne Physiognomie bietet, indem
er an ihr eine ganze Reihe von Empfindungen erprobte. So finden sich
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in einer Abfolge von Ölpausen auf
Karton von 1919 die Darstellungen
«Formender Künstler», «Empfindender
Künstler» und «Abwägender Künstler»
neben einem «Denkenden Künstler»,
die derzeit in der Ausstellung «Überall
Theater» des Zentrums Paul Klee in
Bern zu sehen sind.
Die Gruppe veranschaulicht eine
Auseinandersetzung mit dem darstellenden Potenzial von Gesichtszügen
und zeigt gleichzeitig eine Reflexion
der Künstlerfigur. In anderen Arbeiten
studiert Klee die Schönheit in ihren
Nuancen an verschiedenen Köpfen.
In ihrer dominanten Rolle innerhalb
der Ausstellung bilden Gesichter auch
einen der Hauptanknüpfungspunkte
für das begleitende Videoprogramm,
das die künstlerische Bedeutung des
Themas bis in die aktuelle Gegenwart
belegen soll. Die Inhalte der Videos,
die teils auf Bildschirmen, teils auf
einer Grossbildprojektion zu sehen
sind, werden in einer Reihe von Ge-
sprächen auf der Ausstellungsbühne
mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
des Museums, Gästen und dem Publikum diskutiert. Auf diesem Weg steigt
der Zuschauer in den Prozess der Reflexion, der die gesamte Ausstellung
durchscheint, mit ein: Schauspieler
waren für Klee nicht nur Akteure auf
der Bühne, sondern auch alltägliche
Dinge und Personen. Er konnte sich
zuweilen mehr über die Zuschauer
der Vorstellungen amüsieren, namentlich «Stadträthe, Vereinspräsidenten,
Bundesbeamte und Grossmetzger
mit geputztem Anhang» als über die
Vorstellung selbst. Deshalb bevölkern
neben zahlreichen Theaterfiguren
und -grössen so viele Gesichtsdarstellungen die Werke Klees, dessen
ausgesprochenes Interesse für das
Schauspiel in einer chronologischen
Dokumentation als Rahmen der Ausstellung nachvollzogen wird. Klee war
ein grosser Liebhaber des Theaters,
was ebenso die Kleinkunst und das
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Paul Klee, Ad Parnassum,
1932, 274, Ölfarbe und
Kaseinfarbe auf Leinwand,
100 x 126 cm, Kunstmuseum Bern, Dauerleihgabe
des Vereins der Freunde
Kunstmuseum Bern
Musiktheater einschloss. Klee griff FiPaul Klee. guren und Motive des Theaters auf,
Überall Theater um sie in eigenen bildnerischen WerBis 14. Oktober ken in reflektorischer Art wiederzugeben. Auf der anderen Seite entwarf er
Ad Parnassum. selbst Puppen und Kunstfiguren, mit
Die Ausstellung denen er sich spielerisch ausdrückte.
rund um das So gehen in seinem Werk Illusion
Meisterwerk und Realität im Schaffensprozess inZentrum Paul nerhalb der Kreativität miteinander
Klee, Monument auf. Die Ausstellung «Überall Theater»
im Fruchtland 3. zeigt mit einer grossen Auswahl von
Geöffnet Diens- Arbeiten, die sich über Zeichnungen,
tag bis Sonntag Gemälde und experimentelle Blätter
10:00-17:00 h, in Mischtechniken – darunter auch
Donnerstag zahlreiche Leihgaben aus Privat- und
10:00-21:00 h. Bis Museumsbesitz – bis hin zur vollstän6. Januar 2008. dig versammelten Gruppe der Kleeschen Handpuppen erstreckt, das
vielschichtige Wechselspiel zwischen
Eingang und Wiedergabe von Inspiration. Gegen Ende seines Lebens
werden Klees Kunstfiguren gar zu
Metaphern des eigenen Verfalls und
verschmelzen mit seiner persönlichen
Geschichte. Die Gegenüberstellung
von Werken Klees mit Dokumenten
zur Schauspielkultur seiner Zeit, die
durch Bild- und Tondokumente vervollständigt wird, macht deutlich, dass
es sich um eine aussergewöhnliche
Verflechtung von Leben und Kunst
handelt, bei der die Grenzen nur
schwer zu ziehen sind. In vielen Blättern spiegelt sich der aufkommende
Starkult der zwanziger Jahre genauso
wie der Wandel der Theater-, Varieté-, und Zirkuswelt. Mit einem breiten
Rahmenprogramm trägt das Zentrum
Paul Klee der Idee von der Verflechtung aus Leben und Spiel Rechnung
und bereichert die Ausstellung mit
Darbietungen aus Tanz, Theater und
Musik. Der Besucher soll eintauchen
in die Welt der Gesten, Posen, Mienenspiele und Masken, wie Klee sie
vorfand und kreierte. Puppenspielerinnen und Tänzerinnen vermitteln
neben Sängern und Musikern einen
emotional spürbaren Eindruck von
der Vielfalt, die der Kunst Klees innewohnt.
Diese Vielfalt unterstreicht das
Zentrum neben der gegenwärtigen
Wechselausstellung mit einer neuen
Präsentation seiner Sammlungsbestände unter dem Titel «Ad Parnassum». Den roten Faden dieser Ausstellung bilden die beiden verwobenen
Stränge des «Ad Parnassum»-Motivs
und der Werke der Sonderklasse, die
Klee mit seinem Siegel, das der Unverkäuflichkeit gleichbedeutend war, für
seinen Nachlass reservierte. Das titelgebende Schlüsselwerk der aktuellen
Werkschau ist ein konservatorisches
Sensibelchen, das die Ausstellungsmacher vor eine grosse Herausforderung stellte. Um die Leihgabe des
Vereins der Freunde des Kunstmuseums Bern von der Innenstadt zum
wenige Kilometer entfernten KleeZentrum transportieren zu können,
wurde ein aufwendiger Versuchslauf
gestartet. In einem klimatisierten
und luftgefederten Spezialtransporter
wurde ein «Testbild» in einer gepolsterten Klimakiste mit Wärmedämmung auf die Strecke geschickt, um
mit Hilfe von spezieller Messtechnik
die reale Belastung des Bildes bei
seinem Umzug ermitteln zu können.
Der Testlauf ergab, dass man die für
die spröde gewordene Farbschicht
so gefährlichen Erschütterungen und
Temperaturschwankungen auf ein
vertretbares Mass eindämmen konnte. Also durfte auch das Original
seine Reise antreten. Umrahmt von
weiteren Werken der «Sonderklasse»,
der höchsten Stufe im selbst erstellten
Klassifikationssystem Klees für seine
farbigen Arbeiten, demonstriert das
Bild nun im Zentrum Paul Klee seine
Ausnahmestellung. Das 1932 entstandene Werk in pointilistischem Duktus
steht zentral für das immer wiederkehrende Motiv des Berges und der
verwandten Pyramide, das sich durch
die gesamte Schaffenszeit Klees zieht.
Einige seiner frühesten Werke mit realistischen Landschaftsdarstellungen
eröffnen die Reihe chronologisch,
die sich über seinen Karrieresprung
in Zeiten des Blauen Reiters in München, seine Arbeit im Umfeld des Bauhauses während der zwanziger Jahre
und die Akademiephase in Düsseldorf bis hin zu seinem produktiven
Spätwerk nachvollziehen lässt. Der
Parnass als Götterthron und Sitz der
Musen ist eines der meist verbreiteten
Motive der Kunstgeschichte und steht
damit nicht zuletzt für die ausgeprägte Auseinandersetzung Klees mit
den Traditionen der bildenden Kunst.
Der aufgeworfene Kontext gibt demnach einen subtilen Einblick in das
Gebilde von Anspruch und Erfolg aus
der Perspektive des Künstlers. Indem
er Werke als gelungen markierte, gestand er sich die erfolgreiche Besteigung des Parnass – im übertragenen
Sinne die Aneignung der künstlerischen Sprache zu.
Mehr dazu siehe Seite 10.
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Kunst im Buch
Albtraum
Bumblebee
Hitliste
■ Angst und Schrecken, wenn nicht
sogar schiere Panik scheint Hieronymus Bosch verbreiten zu wollen.
Pessimistisch und auf Furcht erregende Art und Weise hielt Bosch (um
1450-1516) seinen Zeitgenossen – und
ebenso uns Gegenwärtigen – ihre
Sünden vor Augen, prangert diese
an und verweist vor allem mit ungewöhnlicher Ausdrucks- und Schöpferkraft auf die Folgen eines sündigen Lebens: Detailreich zeigt Bosch
qualvolle Folterungen der sündigen
Seelen in Hölle und Vorhölle, dass
dem Betrachter Hören und vor allem
Sehen vergeht. Immer wieder sind es
Torheit und die Angst vor dem Teufel
und der Hölle, die thematisiert sind.
Sicher ist darin ein Zeichen der Zeit
zu sehen, denn gerade am Ende des
15. Jahrhunderts schienen Dämonen,
Teufel und Hexen äusserst real und
greifbar – so entstand der berüchtigte «Hexenhammer» mit dem die
Hexenverfolgung einen Höhepunkt
erreichte.
Kaum mehr als drei Dutzend
Gemälde und eine handvoll Zeichnungen sind von Hieronymus Bosch
überliefert. Nichtsdestotrotz ist er einer der bekanntes und beliebtesten
Künstler der gesamten westlichen
Kunstgeschichte. Seine Bildwelten
und vor allem seine Fantasie gerade
in der Erschaffung von Dämonen,
Monstern und teuflischen Wesen fasziniert auch heute noch. Und sie werfen die Frage auf: Wieso? Wie konnte
er eine derartig beunruhigende Welt
erschaffen?
Larry Silver (Professor für Kunstgeschichte an der Universität von
Pennsylvania) führt kenntnisreich
durch Boschs Werk: ausgehend vom
wohl bekanntesten Gemälde Boschs,
dem «Garten der Lüste», über seine
Wurzeln bis hin zu Nachfolgern des
Künstlers wie Joachim Patinier oder
Pieter Bruegel. Der vierhundert Seiten
starke Wälzer besticht durch die zahlreichen hervorragenden Abbildungen,
eine grosser Teil davon Details, wie
sie gerade bei Bosch ungemein hilfreich sind. (di)
■ Bunt und mehr chaotisch als überschaubar kommen die Arbeiten von
Christine Streuli daher. Schicht um
Schicht baut sie ihre dichten Werke
auf: in Acrylfarbe und Pinsel, mit
Spray und Lack, im Abklatschverfahren oder mit Schablonen. Oberflächlicher Kitsch? Nur dekoratives Ornament? So einfach kann man Streulis
Malerei nicht abhandeln (schliesslich
bespielt sie momentan gemeinsam
mit Ives Netzhammer den Schweizer
Pavillon an der Biennale in Venedig).
«Sampling» könnte man Streulis Methode nennen. Denn was sie benutzt,
kennt man: Es sind mittelalterliche
Teppiche, Arabesken, Ornamente,
Teppichstoffe, Blumenmuster, Rosetten, Rorschachtests, die einfallen.
Nichts Neues! Aber Streuli verbindet
Nichtzusammengehörendes auf geschickte Art und Weise und kreiert so
ihre Bildwelten, die nicht so einfach
in aktuelle Malereirichtungen einzuordnen sind. Irgendwo zwischen Abstraktion und Figuration schweben
Streulis Werke. Es sind zwar allenthalben Figuren, Schmetterlinge, Blumen und Arabesken auszumachen,
aber sie sind immer Täuschung, sind
Konstruktion. Passend dazu entstehen die Arbeiten intuitiv und spontan: «So empfinde ich jedenfalls,
wenn ich Farbtuben, Papier, Karton,
Spraydosen, Holz oder Sonstiges um
mich herumstehen sehe: Alles schreit
nach Einsatz, nach Aktion oder Reaktion, nach Bewegung.»
Die erste umfassende Publikation
zu Streulis Werk, sehr passend «bumblebee» (Hummel) betitelt, wartet mit
kurzen Texten zu Themen wie Symmetrie oder Stillleben auf und gibt einen guten Einblick in Streulis ausgesprochen sinnliche Reizüberflutung.
«Nichts ist tiefer als die Oberfläche»,
wie es Karl Kraus treffend ausdrückte.
(di)
■ Von A wie «Annabelle» über B wie
«Bilanz» bis zu C wie «Capital», alle
publizieren sie meist kurz vor dem
Start der Art Basel ihre Kunst-Hitlisten: Welches sind die besten Künstler und Künstlerinnen? Welches sind
die wichtigsten Kunstschaffenden auf
dem globalen Kunstmarkt oder in der
Schweiz? Welches sind Auf- und AbsteigerInnen dieses Jahres?
Wie alles andere auf dieser Welt
– vom Buchmarkt, über die Filmindustrie bis zur Musikbranche – wird
bereits seit Jahr und Tag gelistet und
juriert was das Zeug hält; es wird
gemessen, berechnet, befragt und
ermittelt, alles in Zahlen umgerechnet und mundgerecht in kleine gut
verdauliche Bissen zugeschnitten,
die als Fastfood in Sekundenschnelle verzehrt werden können. Und wie
ist das in der Kunstszene? Ist diese
messbar? Kann Kreativität berechnet
werden?
In einem schmalen Büchlein von
Jörg Becher sind nun auch «Die 50
wichtigsten Künstler der Schweiz»
(wo bleiben die Künstlerinnen?) festgehalten. Bechers Hitliste beruht auf
einer Anfang 2007 von «Bilanz» ausgeführten Umfrage unter 51 Kunstsachverständigen. Im Vergleich zu dieser
Methode erarbeitet das Magazin «Capital» seit 1970 seinen Kunstkompass
anhand von Ausstellungs- und Publikationserfolgen. Wer ausstellt, muss
gut oder zumindest wichtig sein!
Zu jedem der 50 Kunstschaffenden
gibt es in Bechers Publikation einen
kurzen Text, ein Werkbeispiel und
ein Porträtfoto. Gerade die Fotos von
Tom Haller vermögen zu überzeugen. Jedes Porträt ist anders und dem
Künstler angepasst. Die Texte sind etwas kurz, so erlauben sie nur einen
kleinen Einblick in das Werk der verschiedenen Künstler von Emmanuelle
Antille bis Andro Wekua. (di)
Larry Silver, Hieronymus Bosch, Hirmer, 2006, 424 Seiten, Fr. 214.00.
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Christine Streuli. bumblebee, Verlag Jörg Becher, Die 50 wichtigsten Künstfür moderne Kunst, 2006, 112 Seiten, ler der Schweiz, Echtzeit Verlag, 2007,
Fr. 43.90.
224 Seiten, Fr. 38.00.
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■ Sie wuseln wieder rum, die schrullig liebenswerten Charaktere, die im
Eröffnungs-Video des Kulturraums der
«Valiart» im vergangenen Sommer die
Wände unsicher gemacht haben.
Beherzt hat damals die gebrechliche
Oma mit einem gezielten Schlag den
Bankräuber zur Strecke gebracht. Der
neuste Streich aus dem Hause «Pixelfarm», Tom Hänni, Simon Küffer und
Reno Bertolotti, zeigt nicht etwa die
Fortsetzung der Geschichte, sondern
das Prequel vor dem grossen Raub, die
Vorgeschichte, die den Hintergrund
der Protagonisten beleuchtet.
In stringenter Schwarzweissästhetik
umspielen animierte Video-Einstellungen die fünf rauchenden und trin-
kenden Pokerfaces, die sich in der Mitte des Raumes als skulpturale Runde
versammelt haben. Auf drei Wänden
wird jeweils gleichzeitig die Herkunft
und Vergangenheit, die Rolle im geplanten Raub sowie die Zukunft, Erwartungen und Wünsche eines jeden
Protagonisten dargelegt, den der Betrachter über ein Schaltpult per Knopfdruck ins Zentrum des Interesses rücken kann. Da sitzt beispielsweise der
breitschultrige, gutmütige Gorilla – ein
belesener Schöngeist – während sich
die Gangsterlady beseelt vom Helfersyndrom und aus Liebe zum starken
Helden als Politesse in den Raub mit
reinziehen lässt.
Die Idee, den sozialen Hintergrund
und die individuellen Beweggründe
zu erörtern, aus denen schliesslich
kriminelle Handlungen erwachsen
können, ist vielversprechend. Sie greift
aber einerseits in der allzu klischeehaften Beschreibung der Einzelpersonen etwas zu kurz, als eine wirkliche, sozialkritische Aussage gemacht
werden könnte und wirkt andererseits
zu melancholisch ernsthaft, damit man
sie als überspitzte Parodie entlarven
könnte. Sie stellen eher romantisierte
Vorstellungen dar, wie man sich als
Durchschnittsnormalo in einen spektakulären Bankraub phantasieren kann,
über den dann in der Zeitung zu lesen
wäre: «Grosser Coup geglückt». (sm)
Chantal Michels von Foto zu Foto mitzuverfolgen, wissend, dass sich hinter
der Kostümierung und der Gesichtsbemalung immer die Künstlerin selbst
verbirgt. Wenn die hyperrealistische,
fotografische Abbildung auf die malerisch applizierte Farbe auf dem Gesicht der Künstlerin trifft, entsteht ein
irritierender Effekt, der die Spannung
der Bilder zwischen Anwesenheit und
Abwesenheit der «Unwiderruflichen»
ausmacht.
Chantal Michel hat gemeinsam mit
dem Kuratorinnen-Team Caroline Nicod und Valentine Reymond ein Gesamtkunstwerk geschaffen. Wenn sich
die Fotografien gleichen Formats freskengleich und wie Grabplatten in die
unterste Zone der Kirchenwand einfügen, dann werden in der Hängung
die Bedingungen des besonderen
Ausstellungsraums nicht nur berücksichtigt, sondern harmonisch in das
Gesamtkonzept der Kirche eingebunden. Es ist der Dialog mit dem Ort, der
den besonderen Reiz der Ausstellung
ausmacht. Das durchdachte Hängekonzept, das auf die kirchliche Liturgie abgestimmt ist, sakraler Gesang,
der den Besucher schon an der Pforte
empfängt und ihn durch den Besuch
begleitet sowie die Werke selbst verleihen dem bedeutungsvollen Kirchenraum noch zusätzlich eine stimmige
Atmosphäre zu einem Kunstgenuss
der aussergewöhnlichen Art. (sm)
Der grosse Coup
Valiart Kulturraum,
Theaterplatz 7, Bern.
Geöffnet täglich 9:0018:30 h, Donnerstag
bis 21:00 h, Samstag
9:00-16:00 h. Bis 25.
August.
Barocke Magie
■ Unumstösslich in der Vergangenheit entschwunden und doch auf seltsame Art präsent wirken die Gesichter
in Chantal Michels neuster Werkserie,
die in der barocken Abteikirche in
Bellelay zu sehen ist. Es sind Kopien
nach grossen Meistern des Künstlers
Hermann Gerber, die Michel in ihren
Fotografien nachstellt, womit sie einen
zusätzlichen Schritt vom eigentlichen
Original weg, hin zu einer eigenen
Umsetzung geht. Als Hommagen an
berühmte Vorbilder wie Paul Klee
oder Ferdinand Hodler stellen Michels
Bilder Fragen nach dem einzigartigen,
originalen Werk und seines Stellenwerts in der Geschichte der Kunst.
Es ist erstaunlich, die Wandelbarkeit
Chantal Michel,
Die Unwiederruflichen
Abtei von Bellelay, bei Tavannes,
Delémont. Bus auf
Reservierung ab
Tavannes: 0800
55 3000. Geöffnet
täglich 10:00-12:00
h, 14:00:18:00 h. Bis
16. September.
Psychedelische Erlösungsphantasien
■ Seit Mai dieses Jahres hat die Galerie «Milieu» an der Münstergasse 6 ihr
Ausstellungsprogramm aufgenommen.
Die stets offene Tür möchte auch flanierende Passanten einladen, einen
Blick in den Kunstraum zu werfen.
«Wir wollen primär junge Kunstinteressierte, aber auch Menschen ansprechen, die vielleicht noch nie im Leben
eine Galerie betreten haben», sagt
Rémy Pia, einer der vier Galeristen,
und vermutet, dass gerade Bern für
eine junge Galerie mit dem Fokus auf
internationale Newcomer ein ideales,
noch unbespieltes Pflaster bietet. Neben Rémy Pia stehen Arci Friede, Dave
Marshal und Nicola Enrico Stäubli als
Betreiber hinter der Galerie, die als
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gemeinschaftliches Projekt geleitet
wird. Zum Konzept gehört beispielsweise, dass bisher in jeder Ausstellung
mindestens ein Werk bereits unter 100
Franken zu erwerben war, so dass der
Besitz von Kunst keiner kaufkräftigen
Elite vorbehalten sein muss.
Zurzeit zieren überaus bunte Gemälde des Amerikaners Kelsey Brookes die weissen Wände, wobei er das
Gemäuer – inspiriert durch die Gewölbemalerei von Niklaus Manuel im
Berner Münster – als gestalterisches
Element ins Hängekonzept mit einbezogen hat. Der Künstler trägt die
ornamentalen Strukturen, die er mit
feinster Pinselarbeit auf die Leinwände
appliziert, über deren Ränder hinaus
und verwandelt den gesamten Raum
in ein psychedelisches Liniengewirr.
Seine vielarmigen, indischen Gottheiten wissen den Betrachter in allen
erdenklichen Farbkombinationen zu
betören, doch zugleich irritiert hier
eine verrenkte Hip-Hop-Attitüde, dort
ein Pin-up-Girl in eindeutiger Pose
oder gar das kuschelige Gesicht einer Disney-Figur. So kreuzen sich die
anbetungswürdigen Götzen der westlichen Konsumwelt mit den sagenumwobenen Heilsbringern des Orients
zu ungewöhnlichen, grotesk witzigen
und zugleich merkwürdig abstossenden Collagen – universelle Bilder
der Erlösung in Sex, Konsum und globalisierten Identitäten. (sm)
Kelsey Brookes
Milieu, Galerie /
Artspace, Münstergasse 6, Bern. Geöffnet Donnerstag
13:30-19:00 h, Freitag 13:30-19:00 h,
Samstag 12:00-17:00
h. Bis 25. August.
artensuite
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Der grosse Coup
In die Röhre gucken
■ Als die amerikanische Künstlerikone Robert Smithson 1970 seine berühmte Schuttmole «The Spiraly Jetty»
im Salt Lake in Utah auslegte, konzipierte er direkt neben seinem Land
Art Werk ein Kino, in dem der künstlerische Entstehungsfilm zur Monumentalskulptur hätte gezeigt werden
sollen, und zwar unter Tags. Eine
spiralförmige Wendeltreppe sollte
Sylvia Mutti
den Besucher in einen Vorführraum
im Untergeschoss geleiten, in dem
man wortwörtlich – und nicht ohne
ironisches Augenzwinkern – einen
Underground-Film zu sehen bekommen hätte. Errichtet wurde das Kino
im Untergrund nie und auch die spiralförmige Mole war während Jahren
in den Tiefen des Sees versunken.
Nun holt das Haus für Kunst Uri
Verborgenes ans Tageslicht, aus der
Unterwelt an die Erdoberfläche: «Im
Untergrund / Below ground level»
ist eine abwechslungsreiche, internationale Show zeitgenössischer Werke,
die sich unter anderem dem Phänomen des Tunnels verschrieben haben. Zwischen hell und dunkel, oben
und unten, klaustrophobischer Enge
und weit verzweigten Kanalsystemen
zeigen fünfzehn Kunstschaffende Arbeiten, die sich sowohl geografisch als
auch metaphorisch mit dem Thema
beschäftigen. Der Standort Uri, ganz
in der Nähe des Gotthards, bietet sich
für diesen Gegenstand in idealer Weise an, so dass die Ausstellung zum
Jubiläum «125 Jahre Gotthardbahn»
konzipiert wurde.
Die Kuratorin der Ausstellung, Sylvia Rüttimann, hat gemeinsam mit
Monika Hardmeier einen als Lesebuch konzipierten Katalog herausgegeben. Zehn Autorinnen und Autoren
beleuchten den Tunnel aus kunsthistorischer, geschichtlicher, philosophischer, künstlerischer, literaturund filmwissenschaftlicher Sicht und
bringen mit ihren Beiträgen Licht ins
Dunkel.
Als hätte der Rasen vor dem
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Kunsthaus eine Lunge, bemerkt der
aufmerksame Besucher beim Eintreten wie sich das Grün rhythmisch
hebt und senkt. Hat sich hier etwa
ein Murmeltier oder ein Krümelmonster unter dem Gebäude eine Schlafhöhle gegraben? Mit «Wenn es hier
wäre» hat Eva Baumann die äusseren
Anzeichen von unsichtbarem Leben
geschaffen, das als Mysterium unter
der Erdoberfläche haust.
Oberfläche gegen Untergrund,
dunkel versus hell, schwarz gegen
weiss: Hiervon zeugt ein besonderes
Bijou der Ausstellung, eine Videoarbeit
des Südafrikaners William Kentridge.
In seinem als animierte Kohlezeichnung gestalteten Film «Mine», konstruiert sich der materielle Reichtum des
weissen Patrons buchstäblich aus den
Höhlensystemen seiner Bergwerke,
in denen schwarze Arbeiter schuften.
Die englische Doppelbedeutung des
Titels, «Bergbaumine» und das Possessivpronomen «mein» reflektiert die ungleichen Besitzverhältnisse sowie die
soziale Unterdrückung der schwarzen Bevölkerungsschicht zur Zeit des
Apartheidregimes. Dem unwirtlichen
Arbeitsumfeld unter Tage hat auch
Milo Keller in seinen ästhetischen Fotoarbeiten ein Denkmal gesetzt. Wie
der weit aufgerissene Schlund eines
Brontosaurus ragt ein geöffnetes Rohr
aus dem Tunnel heraus, vergleichbar
mit einem skulpturalen Readymade.
Die Fotos inszenieren die gewaltige
Arbeitskonstruktion im künstlichen
Licht der Neonröhren, was ihnen etwas Ungetümes, Ursprüngliches und
zugleich märchenhaft Unwirkliches
verleiht. Inmitten der natürlichen
Erde entsteht eine völlig technisierte
Welt von eigenartig kühler Schönheit.
Viel weniger spektakulär und auf
das Wesentliche reduziert, fliesst das
«Kanalvideo» von Peter Fischli und
David Weiss rund eine Stunde lang
dahin. Während eine Kamera sich
von sphärischen Klängen begleitet
durch eine enge Röhre vorwärts bewegt, wechselt das Bild vom Hell ins
Dunkel und wieder zurück zu Hell.
Wie leuchtende Halos kommen die
Schnittstellen der Rohre auf einen zu
und umgeben das schwarze Loch in
der Mitte mit schimmerndem Schein,
wobei eine immerwährende Sonnenfinsternis entsteht und vergeht.
Der Untergrund bietet für zahlreiche literarische Arbeiten Inspiration. Er gewährt zum einen Schutz und
Geborgenheit oder ist zum anderen
Halbwelt, Ort des Illegalen, Erschreckenden. Taucht der Zug in Friedrich
Dürrenmatts beängstigender Kurzgeschichte «Der Tunnel» nie mehr aus
der Röhre auf und rast in einem höllischen Tempo ins Verderben, so lässt
auch Claudio Fähs Kurzfilm seine Protagonistin bei «Kilometer 11» im Gotthard herumirren. In leicht trashiger
Manier gedreht und mit spannungsreicher Bombastmusik unterlegt, manifestiert sich hier der Underground
im Genre des Films.
Die tröstliche, erlösende Aussicht
dagegen, dass einen das Licht am
Ende des Tunnels empfängt, führt
uns Rudolf Steiner in einem Videobeitrag vor Augen, die einer Nahtoderfahrung gleichkommt: Ein tanzender
schwarzer Punkt hüpft zunächst auf
hellem Hintergrund über den Monitor, wird immer grösser und entpuppt sich schliesslich als Ausgang
eines Tunnels, dem der Künstler mit
der Kamera in der Hand entlangging.
Der Lichtpunkt nimmt mit zunehmender Dauer überhand, bevor sich
der Schwarzweisskontrast völlig umdreht und die Szenerie in gleissendes
Hell taucht – mit den Worten Falcos:
«Out of the dark, into the light.» Dem
Himmel so nahe, dies könnte auch
das Motto Sandro Steudlers «L-Beam»
sein. Um dies zu erfahren, muss man
allerdings zuerst in die Knie gehen:
Auf Bodenhöhe blickt der Betrachter
in einen Schacht, der über eine verwinkelte Spiegelkonstruktion direkt
in den Himmel führt, als hätte sich
das Oben an das Unten angenähert,
als stünde man unmittelbar an einem
Abgrund, an dessen Ende die unendliche Freiheit, das Licht am Ende des
Tunnels wartet.
Im Untergrund
/ Below Ground
Level
Haus für Kunst
Uri, Herrengasse
2, Altdorf. Geöffnet Donnerstag und Freitag
15:00-19:00 h,
Samstag und
Sonnag 12:0017:00 h. Bis 2.
September.
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artensuite
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Peter Fischli / David Weiss,
Mick Jagger und Brian
Jones befriedigt auf dem
Heimweg, nachdem sie ‚I
Can‘t Get No Satisfaction‘
komponiert haben, aus
der Serie «Plötzlich diese
Übersicht», 1981,
Ungebrannter Ton.
© 2007 Peter Fischli /
David Weiss
Fragen und Entdecken
um des Spielens willen
Peter Fischli und David
Weiss. Fragen &
Blumen
Kunsthaus Zürich, Heimplatz 1.
Geöffnet Dienstag bis Donnerstag, 10:00-21:00
h, Freitag bis
Sonntag 10:0017:00 h. Bis 9.
September.
■ Sie sind die Meister des skurrilen,
ironischen Humors, der kunstgewordenen Banalität und poetischen Geste mit Fragezeichen – und dies schon
seit 1979. Damals entschlossen sich
Peter Fischli und David Weiss von
nun an zu zweit ihre weitere künstlerische Karriere zu verfolgen. Was
sie mit grossem Erfolg tun: Beliebt
bei Kunstkritik wie Publikum sind
Sylvia Rüttimann
ihre Werke in vielen wichtigen Ausstellungen zu sehen, nicht zuletzt an
der Biennale Venedig und der documenta in Kassel, wo ihr Film «Der Lauf
der Dinge» 1987 grosse Aufmerksamkeit erregte, die beiden an die Spitze
der Schweizer Kunst der Gegenwart
katapultierte und international bekannt machte.
Fast dreissig Jahre Arbeit, da ist
schon einiges zusammengekommen.
Zeit für eine Retrospektive. Und so
ist es nun also auch geschehen: Kuratoren Bice Curiger und Vicente Todoli
haben zusammen mit den Künstlern
eine Schau eingerichtet, die zuerst in
der Londoner Tate Modern und noch
bis September dieses Jahres im Zürcher Kunsthaus zu sehen ist. Es ist ein
Werk, dessen Einzelteile reichlich bekannt sind, von dem man aber auch
nach mehrmaliger Betrachtung immer wieder von neuem begeistert ist.
Nur schon «Der Lauf der Dinge».
Berechtigterweise ist er in die Geschichte erfolgreicher Künstlerfilme
eingegangen. Einerseits unverschämt
einfach, kommt er doch mit fast keinen Filmschnitten und kleinstmöglicher Handlung aus – Ursache und
Wirkung –, fesselt er trotzdem durch
seine Komplexität (immerhin geht es
nach Wikipedia um die «Ausnutzung
der Schwerkraft, der Zentripetalkraft,
des Trägheitsmoments, des 3. Axioms, des Hebelgesetzes u. a.») und
unbezahlbare Komik. Faszinierend
wie Fischli/Weiss es schafften, mit
unglaublicher Unpräzision die Dinge
ins Rollen zu bringen. So ungeschickt
und tölpelhaft und doch genau und
wirkungsvoll hat kaum jemand alte
Reifen, Flaschen, Kübel, Leitern, Müllsäcke und ähnliche Alltagsgegenstände in Bewegung gebracht, so dass der
eine den anderen wiederum in Fahrt
bringt. Um was genau auszudrücken?
Man weiss es nicht so genau, sicherlich kann das Ganze philosophisch
aufgeladen werden, aber das Wichtigste ist und bleibt der Humor, der
Spass am physikalischen Ernst. Der
Film kann noch so oft angesehen
werden, das Schmunzeln bleibt eigentlich nie aus. Das zeigen auch die
Reaktionen der immer sehr zahlreich
vor der grossformatigen Projektion
sitzenden Zuschauer im Kunsthaus.
Einen «childlike spirit of discovery»
hat die Tate den beiden denn auch
attestiert. Was die Vorgehensweise
der Künstler tatsächlich ganz gut beschreibt. Schon die frühe «Wurstserie»,
aber auch die Filme «Der geringste
Widerstand» und «Der rechte Weg»
waren diesem Konzept verpflichtet,
und hier wiederum spielt der Weg
eine wichtige Rolle: Die Künstler treten verkleidet in den bizarren Rollen
als Ratte und Bär auf und begeben
sich auf eine Reise zum Leben, machen Entdeckungen und erleben
Enttäuschungen, untersuchen überkommene Sicherheiten, versuchen
die Welt zu erklären, ein Modell zu
finden, und finden sich öfters im
Scheitern. Als einen Versuch enzyklopädischer Welterfassung, gespickt
mit Humor und Bastlertrieb, erweist
sich die mehrteilige Arbeit aus ungebranntem Ton «Und plötzlich diese
Übersicht». Liebenswerte und wortspielerische Szenen, die die Zuschauer einmal grinsen, dann lauthals lachen lassen.
Und so kann man sich durch die
Abteilungen des Bürkli-Saales seinen
Weg entlang dem Fischli/Weiss‘schen
Universum medialer Vielfältigkeit
bahnen, vorbei an den spektakulär
unspektakulären Flughäfen, Blumen,
Würsten, Fragen, Tonfiguren, Videos
und Skulpturen, die manchmal so
aussehen als wären sie gar keine.
Baumstämme liegen da rum, ein Lederhocker, auf den man sich besser
nicht setzen sollte, da er ein aus Polyuhrethan abgeformtes Kunstwerk ist.
Sogar ihr eigenes Atelier haben die
Künstler so gefälscht und ins Kunsthaus geschafft, samt leerer Pizzaverpackung. Das ist lustig, aber auch
ein wenig befremdend, ging es doch
den beiden Künstlern eigentlich nie
um die eigene Person des Künstlers.
Selbstironie?
artensuite August 08 | 07
artensuite
43
BERNER
GALERIEN
Galerieneintrag:
Auf den Seiten «Galerien in Bern» werden nur
noch Galerien publiziert, welche unsere jährliche Publikationsgebühr bezahlt haben. Wer
sich hier eintragen lassen möchte, melde sich
bei der Redaktion: Telefon 031 318 6050 oder
redaktion@ensuite.ch.
Bernhard Huwiler, Devils Tower, Kaltnadel auf Rives Bütten bis
11.08.07 Galerie Bernhard Bischoff
Altes Schlachthaus
Metzgergasse 15, Burgdorf
T 034 422 97 86
Sa & So jeweils 11:00-17:00 h
Jwan Luginbühl zeigt bewegliche Eisenfiguren. Jeden zweiten Sonntag mit ShuttleBus zum Skulpturenpark von Bernhard Luginbühl
bis 4.11.
annex14 - Galerie für
zeitgenössische Kunst
Junkerngasse 14, 3011 Bern
T 031 311 97 04 / www.annex14.ch
Mi-Fr 14:00-18:00 h / Sa 11:00-16:00 h oder
nach Vereinbarung
Hochschule der Künste Bern
Mit Werken von: Constance Allen, Nino Baumgartner, Mohéna Kühni, Daniela Markovic, Annina Matter, Yvonne Motzer, Nicole
Murmann, Nora Schmidt, Inga Steffens
Eröffnung Di, 21.8., ab 18:00 h
Mi, 22. - Sa, 25.8.
Art-House
Mittlere Strasse 3A, 3600 Thun
T 033 222 93 74 7 www.art-house.ch
Mi&Fr 14:00-17:30 h / Do 16:00-19:30 h / Sa
11:00-16:00 h und nach Vereinbarung
Barbara Schultz
Malerei- Pinselzeichnungen
Vernissage: 11.8., ab 17:00 h
Finissage: 8.9., ab 14:00 h
Art + Vision
Junkerngasse 34, 3011 Bern
T 031 311 31 91
Di-Fr 14:00-19:00 h / Do 14:00-21:00 h /
Sa & So 11:00-16:00 h
artensuite August 08 | 07
Bärtschihus Gümligen
Dorfstrasse 14, 3073 Gümligen
Mary Poppins!
superkalifragilistigexpialigetisch
Fri-Art
22 Petites Rames, 1700 Fribourg
T 026 323 23 51 / www.fri-art.ch
Di-Fr 14-18:00 h / Sa&So 14:00-17:00 h
Exposition 4a
emotional landscapes i
bis 19.8.
bk Galerie Bernhard Bischoff & Partner
Speichergasse 8, 3011 Bern
T 031 312 06 66
www.bernhardbischoff.ch
Mi-Fr 14:00-18:00 h / Sa 11:00-16:00 h oder
nach Absprache
Landscapes Reloaded
Katia Bourdarel, Raffaella Chiara, Rainer Eisch, Bernhard Huwiler, Christian Indermühle, Reto Leibundgut
bis 11.8. (nur nach Voranmeldung geöffnet)
Diplomausstellung des Studiengangs
Kunst in den Berner Galerien
«The Students are alright»
Mit Werken von: Constance Allen, Nino Baumgartner, Mohéna Kühni, Daniela Markovic, Annina Matter, Yvonne Motzer, Nicole
Murmann, Nora Schmidt, Inga Steffens
Mi, 22. - Sa, 25.8.
Galerie 25 Regina Larsson
2577 Siselen / T 032 396 20 71
www.galerie25.ch
Fr-So 14:00-19:00 h oder nach tel. Vereinbarung
«Zeichnungen»
Peter Engl, Berlin D, Lilly Keller, Cudrefin,
Brigitte Konrad, Berlin D, Oliver Maurer,
Neuchâtel NE , Erica Pedretti, La Neuveville
BE, Ezra Pirk, Ebikon LU, Renate Salzmann,
Schwarzenegg BE, Fernand Schmutz, Bülach ZH, Anja Storz, Bern BE, Sylvia Vananderoye, Uettligen BE
Vernissage: So, 26.8., ab 14:00 h
26.8. - 23.9.
Galerie 67
Belpstrasse 67, 3007 Bern / T 031 371 95 71
www.galerie67.ch
Mo 14:00-18:30 h / Di-Fr 9:00-12:00 h &
14:00-18:00 h / Sa 10:00-12:00 h
Galerie Artdirekt
Herrengasse 4, 3011 Bern / T 031 312 05 67
www.artdirekt.ch
Südsicht O7
Ausstellung in der Klinik Südhang
Klinik für Suchttherapien, Südhang 1, 3038
Kirchlindach. Öffnungszeiten: Mi-Fr 17:0020:00 h / Sa & So 14:00-18:00 h
Vera Goulart (Brasilien-Worb), Werner Neuhaus (Moosegg), Kathrin Racz (Bern), Nick
Röllin (Bern), Anna Schmid (Spiez), Nikola
Zaric (Lausanne)
Galerie bis Heute
Amtshausgasse 22, 3011 Bern
T 031-311 78 77 / www.galerie-bisheute.ch
Do-Fr 14:00-18:00 h / Sa 11:00-16:00 h &
nach Vereinbarung
Die Galerie bleibt bis 23. August geschlossen.
Nächste Vernissage:
Ronald Kodritsch
One more wastes sunsets, please!
8.9. - 6.10.
Galerie Beatrice Brunner
Nydeggstalden 26, 3011 Bern
T 031 312 40 12 / www.beatricebrunner.ch
Mi-Fr 14:00-18:00 h / Sa 11:00-16:00 h
artensuite
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Christina Priska Oldani, Bilder und Zeichnungen bis 18.08.07
Galerie Rigassi
Rainer Eisch, mr_broum bis 11.08.07 Galerie Bernhard Bischoff
Galerie Bärtschi
Nydeggstalden 32, 3011 Bern
T 031 311 61 15
www.art-baertschi.ch
Do-Fr 14:00-18:30 h & Sa 10:00-16:00 h
Galerie Christine Brügger
Kramgasse 31, 3011 Bern
T 031 311 90 21
Mi-Fr 14:00-18:30 h & Sa 11:00-16:00
Uwe Gräbner, Alex Zürcher, Peter Pernath
Galerie Duflon & Racz
Gerechtigkeitsgasse 40, 3011 Bern
T 031 311 42 62
Do 14:00-19:00 h, Fr 16:00-19:00 h & Sa
12:00-17:00 h oder nach tel. Vereinbarung.
Pierre Bonard
Gouachen
bis 4.8.
Franz Roth
Malerei
Vernissage: 10.8, ab 18:00 h
11.8 - 29.9.
Galerie Henze & Ketterer
Kirchstrasse 26, 3114 Wichtrach
T 031 781 06 01 / www.henze-ketterer.ch
Di-Fr 10:00-13:00 h & 14:00-18:00 h / Sa
10:00-16:00 h
Galerie im Graben
Waldeckstrasse 12, 3052 Zollikofen
T 031 911 96 06
Fr 17:00-19:00 h / Sa 16:00-19:00 h & So
11:00-17:00 h
Galerie Madonna#Fust
Rathausgasse 14, 3011 Bern
T/F 031 311 28 18 / www.madonnafust.ch
Mi/Fr 12:30-18:00 h / Do 12:30-20:00 / Sa
10:00-16:00 h und auf Anfrage
Simone Aaberg Kaern, Petre Elena Köhle und Nicolas Vermot Petit-Outhenin
Vernissage: 31.8., 17:30-20:00 h
Galerie Margit Haldemann
Brunngasse 14, Brunngasshalde 31
T 031 311 56 56 / margithaldemann@bluewin.ch, www.galeriehaldemann.ch
Mi-Fr 14:00-18:00 h / Sa 11:00-16:00 h
Bis Mitte August ist die Galerie nur nach
Vereinbarung geöffnet!
Barbara Ellmerer
Waldstücke und Bildnisse
Vernissage: Mi, 22.8., 18:00-20:00 h
22.8. - 22.9.
Soirée des Vereins Berner Galerien: Fr, 14.8.,
Galerien bis 23:00 h offen
Galerie Martin Krebs
Münstergasse 43, 3011 Bern
T 031 311 73 70 / www.krebs.artgalleries.ch/
Di-Fr 14:30-18:30 h / Sa 10:00-14:00 h
Hannes Egli
«Das Berner Münster»
«La Strada»
Vernissage: Mi, 15.8, 18:00-20:00 h
Kurzausstellung auch am So 10:00-14:00 h
geöffnet!
Thomas Baumgärtel
«Landschaft»
Vernissage: Mi, 22.8, 18:00-20:00 h
22.8. - 29.9.
Galerie Kornfeld
Laupenstrasse 41, 3001 Bern
T 031 381 46 73 / www.kornfeld.ch
Mo-Fr 14:00-17:00 h
Galerie Ramseyer & Kaelin
Junkerngasse 1, 3011 Bern
T 031 311 41 72
Mi-Fr 16:00-19:00h / Sa 13:00-16:00h
Galerie Rigassi
Münstergasse 62, 3011 Bern
T 031 311 69 64 / www.swissart.net/rigassi
Di-Fr 11:30-13:30 h & 15:30-19:00 h / Sa
10:30-16:00 h oder nach tel. Vereinbarung
Christina Priska Oldani - Bilder und
Zeichnungen
Michael Ball - Skulpturen
bis 18.8.
Provisorium. Galerie im Atelier – Atelier
in der Galerie
Ein Ausstellungsprojekt von Selma Käppeli
und Nicola Müllerschön
Vernissage: Di, 21.8., 19:00 h
22.8.- 15.9.
Galerie Rosengarten Thun
Haus Immer, Bälliz 35, Thun
T 033 223 12 42 / www.galerie-rosengarten.ch
Di-Fr 14:00-17:00 h & Sa 10:00-16:00 h
Fritz Rieder
4.8 - 25.8.
Galerie Silvia Steiner
Seevorstadt 57, 2502 Biel / T 032 323 46 56 /
www.silviasteinergalerie.ch
Mi-Fr 14:00-18:00 h / Sa 14:00-17:00 h oder
nach Vereinbarung
Galerie Tom Blaess
Uferweg 10b, 3013 Bern / T 079 222 46 61
www.tomblaess.ch
Galerie Toni Müller
Herzogstrasse 3, 3014 Bern
www.galerie-toni-mueller.ch
Mi-Fr 15:00-18:30 / Sa 11:00-14:30 oder nach
Vereinbarung
Karin Frank
Verbindungen / Verbindlichkeiten
Acrylbilder
bis 11.8.
artensuite August 08 | 07
Martina Lauinger, Klone Chromosomen 4.08.-28.09.07. Klinik
Bethesda Tschugg
Kabinett Bern
Gerechtigkeitsgasse 72-74, 3011 Bern
T 031 312 35 01 / www.kabinett.ch
Do & Fr 14:00-19:00 h / Sa 11:00-16:00 h
Markus Raetz
Werke aus der Sammlung Toni Gerber
bis 18.8.
Diplomausstellung des Studiengangs
Kunst in den Berner Galerien
«The Students are alright»
Mit Werken von: Constance Allen, Nino Baumgartner, Mohéna Kühni, Daniela Markovic, Annina Matter, Yvonne Motzer, Nicole
Murmann, Nora Schmidt, Inga Steffens
ab 20:00 h Apéro bei der Galerie Stage
Mi, 22.8. - Sa, 25.8.
Klinik Bethesda Tschugg
3233 Tschugg BE / T 032 338 4 444
www.klinik-bethesda.ch
täglich 8:00-19:00 h
Patente Gene
Martina Lauinger
Apéro vor dem Weinkeller, Rundgang mit
der Künstlerin: 4.8., 11:00-13:00 h,
bis 28.9.
Kornhausforum
Forum für Medien und Gestaltung
Kornhausplatz 18, 3011 Bern
T 031 312 91 10 / www.kornhausforum.ch
Di-Fr 10:00-19:00 h / Do 10:00-20:00 h / Sa
10:00-16:00 h
Sexarbeit
bis 1.8.
pong. mythos
Vernissage: 19.8., 18:00 h
ab 16.8.
Facing Peace - Face à la Paix
Vernissage: 22.8., 19:00 h
22.8. - 1.9.
artensuite August 08 | 07
Ruth Burri, Malerei & Objekte von 24.08.-14.09.07 raum
Corina Steiner & Elke Lehrenkrauss, Portrait bis 31.8. ONO, Bern
Kunstraum Oktogon
Aarstrasse 96, 3005 Bern
Fr 16:00-19:00 h / Sa 11:00-15:00 h
Kunst in den Berner Galerien
«The Students are alright»
Mit Werken von: Constance Allen, Nino Baumgartner, Mohéna Kühni, Daniela Markovic, Annina Matter, Yvonne Motzer, Nicole
Murmann, Nora Schmidt, Inga Steffens
ab 20:00 h Apéro bei der Galerie Stage
Mi, 22. - Sa, 25.8.
Kunstreich
Gerechtigkeitsgasse 76, 3011 Bern
T 031 311 48 49 / www.kunstreich.ch
Mo-Fr 9:00-18:30 h / Do 9:00-20:00 h / Sa
9:00-16:00 h
Yatchi Itho
Suishu Tomoko
23.8. - 29.9.
Milieu Galerie/Artspace
Münstergasse 6, 3000 Bern
www.milieu-digital.com
Do&Fr 13:30-19:00 h / Sa 12:00-17:00 h
Kelsey Brookes
Supernumerary
New paintings and prints
ONO Bühne Galerie Bar
Kramgasse 6, 3011 Bern
T 031 312 73 10 / www.onobern.ch
Nachtgalerie Fr&Sa 22:00-24:00 h oder nach
tel. Vereinbarung
Corina Steiner und Elke Lehrenkrauss
Fotografie
bis 31.8.
peripherie arts
Im Stufenbau, Pulverstrasse 8, 3063 Ittigen
Tel 076 325 19 11 / www.peripherie-arts.ch
Di&Mi 18:00-20:00 h (oder nach tel. Vereinbarung)
PROGR Zentrum für Kulturproduktion
Speichergasse 4, 3011 Bern / www.progr.ch
«Unknown Pleasures»
bis 10.8.
Di 14:00-20:00 h & Mi-Sa 14:00-17:00 h
Diplomausstellung des Studiengangs
RAUM
Militärstrasse 60, 3014 Bern
www.kulturraum.ch
Mi-Fr 16:00-19:00 h / Sa 12:00-16:00 h
r a u m SommerSchaufenster
mit Reto Steiners Klon VI (Kreis) 2005 Gips
(Besichtigung: durch das Schaufenster oder
klingeln oder vereinbaren 079 307 31 42.)
bis 12.8.
Frauen mit Köpfchen
Ausstellung Ruth Burri
Bilder und Objekte
Vernissage: Fr, 24.8., 18:00-20:00 h
24.8. - 14.9.
SELZ art contemporain
Clos du Tacon 20 A; 2742 Perrefitte
www.selz.ch
T 079 779 56 27
SLM Kunstausstellung
Dorfplatz 5, 3110 Münsingen
T 031 724 11 11
Mo-Do 8:00-12:00 h & 13:30-17:00h / Fr
8:00-12:00 h & 13:30-18:00 h
Stadtgalerie
Speichergasse 4, 3001 Bern
T 031 311 43 35 7 / www.stadtgalerie.ch
Di 14:00-20:00 h & Mi-Fr 14:00-17:00 h
«Unknown Pleasures»
Thomas Bayrle, Pierre Bismuth, Wim Delvoye, Cyprien Gaillard, Doug Fishbone, Shih
artensuite
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artensuite
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Augenspiel
Von Dominik Imhof
Impressum
■ Da man uns Berner Kunstliebhabern und
Augenmenschen die Kunst im öffentlichen
Bahnhofsraum – d. h. die einzigen Lichtblicke rund um den Bahnhofsplatz – aufs
Hinterlistigste, wenn nicht sogar aufs GrobFahrlässigste geraubt hat und uns dem lärmenden, chaotischen und schwer zu überwindenden Baustellenzirkus überlassen hat,
wo wir doch klimatisierte, menschenleere
und folglich erholsame museale Räumlichkeiten gewohnt sind, da dachte man sich
wohl in irgendeiner mehr oder weniger hohen Behördenstelle, es muss Ersatz in ebenso skulptural-objekthafter Weise an anderer
Stelle geschaffen werden. So findet man
seit geraumer Zeit eine neue Einrichtung
auf dem Kornhausplatz, die ganz unheilvoll
auf den braven Kindlifrässerbrunnen blickt,
mit dem sie ja so gar nichts verbindet. Ein
riesiger Betonsockel, dem man den Versuch jegliche Vandalenakte bereits im Vorfeld durch enormes Gewicht im Keime zu
ersticken von weiter Ferne bereits ansieht
– selbst mit einem geschlossenen Auge. Darüber erstreckt sich ein Stahlungetüm in die
Höhe, 5,5 Meter sind es, das seiner boden-
haftenden Halterung alle Ehre macht. EuroCountdown-Uhr nennt man so etwas. Gott
sei Dank, wissen wir doch jetzt bei jeder
Kornhausplatz-Traversierung wie lange wir
noch auf den nächstjährigen Fussballzauber
warten müssen.
Übrigens gibt es derartige Uhren auch an
den anderen Austragungsorten der Euro 08.
Dort sind sie auch nicht schöner.
Wer aber rasche Erholung von diesem
sechs Tonnen Ungetüm braucht, dem sei hier
ein Tipp mit auf den Weg gegeben: Gehen
Sie nur wenige Schritte weiter ins Postgässlein. Da hat der im November 2005 verstorbene Künstler Carlo E. Lischetti den oberen
Postgassbrunnen aus den Anfängen des 19.
Jahrhunderts unter dem Titel «Keine Brunnenfigur» 1991 umgestaltet – hier kann man
wirklich von Gestaltung sprechen. Unscheinbar, scheinbar funktional führt zum Sockel
neben dem eigentlichen Brunnenbecken
eine Treppe mit Geländer hinauf. Wie der Titel bereits klar macht, gibt es oben nichts: die
Brunnenfigur fehlt. Jeder kann selber zum
Denkmal werden. Schlicht, einfach, aber
umso präziser ist Lischettis Denkmal.
artensuite erscheint monatlich als Beilage im ensuite - kulturmagazin.
Herausgeber: edition ■ ensuite, Bern
Redaktion: Dominik Imhof (di); Monique Meyer (mm), Sylvia Mutti (sm), Nicola
Schröder (ns), Sylvia Rüttimann (sr), Monika Schäfer (ms)
Chieh Huang, Alevtina Kakhidze, Lang/
Baumann, Elodie Pong, Boy & Erik Stappaerts, Aaron Schuster
bis 10.8.
in der Stadt Bern zwischen 1937 und 1988
bis 31.8.
Heiliggeistkirche Bern
Der geschlossene öffentliche Raum /
Grenzen
Eine szenische Installation
ab 12:00 h
bis 9.8.
DENN BERN
IST ÜBERALL!
VALIART KulturRaum
Bundesgasse 26, 3001 Bern
Täglich 9:00-18:30 h / Do bis 21:00 h / Sa
bis 16:00 h
Der grosse Coup
Pixelfarm (Tom Hänni, Simon Küffer, Reno
Bertolotti)
Sound: Fabian Friedli
Ein Projekt der Serie Hands up! rund um den
Mythos Bankraub im digitalen Zeitalter.
bis 25.8.
Wartsaal 3
Helvetiaplatz 3, 3005 Bern
T 031 351 33 21 / www.wartsaal3.ch
täglich 11:00-19:00 h
Temporäre Austellungen
Stadtarchiv Bern
Erlacherhof, Junkerngasse 47
Mo-Fr 8:00-12:00 h, 13:30-17:00 h
Wenn alles wahr wäre ...
Wahlpropaganda zu den Gemeindewahlen
Diplomausstellung des Studiengangs
Bildnerisches Gestalten
HKB, Vestibül, Fellerstrasse 11, 3027 Bern
Diplomausstellung des Studiengangs Bildnerisches Gestalten
Mit Werken von Estelle Currat, Sandro Galli,
Florian Glanzmann, Dominic Gyger, Thomas Kägi, Sarah Kaufmann, Yves Lavoyer,
Patricio Perez, Rebecca Siegfried, Nadja Spalinger, Julia Steiner
Vernissage: Fr, 24.8., 18:00 h,
25.-29.8.
Die Redaktion artensuite ist politisch,
wirtschaftlich und ethisch unabhängig
und selbständig. Die Texte repräsentieren
die Meinungen der Autoren/innen, nicht
jene der Redaktion.
Copyrights für alle Informationen und Bilder liegen beim Verein WE ARE in Bern
und der edition ■ ensuite.
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Telefon 031 318 6050
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www.artensuite.ch
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Wenn alles wahr wäre ... bis 31.8. Stadtarchiv Bern
Alterswohnheim Steingrüebli
Schiessplatzweg 36, 3072 Ostermundigen
Mo&Di 10:00-17:00 h / Mi-So 10:00-19:00 h
Agathe Zinsstag
Skulpturen
Bruno Unterrassner
Fotografien
artensuite August 08 | 07
BERNER MUSEEN
BERN / BIEL / THUN
Abegg-Stiftung
Werner Abegg-Strasse 67, 3132 Riggisberg
täglich 14:00-17:30 h
Sonderausstellung 2007
Drachen aus Seide, Blumen aus Gold.
Textile Schätze der chinesischen LiaoDynastie (907-1125)
bis 11.11.
Antikensammlung Bern
Hallerstrasse 12, 3012 Bern
Mi 18:00-20:00 h
Die Antikensammlung beherbergt nebst
den Abgüssen (rund 230 Exponate antiker
Skulpturen von den Anfängen der griechischen Archaik bis zur römischen Spätantike)
auch eine kleine Sammlung mit originalen
Fundstücken aus der griechisch-römischen
Antike.
Bernisches Historisches Museum
Helvetiaplatz 5, 3005 Bern
Di-So 10:00-17:00 h
Berns Weg in die Moderne
Warum ist die Gegenwart so geworden wie
sie heute ist? Die Sonderausstellung lädt ein
zu einem Gang durch die Schweizer Verfassungsgeschichte und die Geschichte Berns
im 19. und 20. Jahrhundert.
bis 6.1.2008
Erlebnispark Physik
Bildungsvergnügen für die ganze Familie
bis 14.10.
Centre Dürrenmatt
Chemin du Pertuis-du-Sault 74, 2000
Neuchâtel
Mi-So 11:00-17:00 h
Am Rande der Sprache
bis 26.8.
Einstein-Haus
Kramgasse 49, 3011 Bern
1.10.-16.12., Di-Fr 10:00-17:00 h / Sa 10:0016:00 h
Führungen jederzeit nach Absprache
Heilsarmeemuseum
Laupenstrasse 5, 3001 Bern
Di-Do 9:00-12:00 h & 14:00-17:00 h
Dokumente, Zeitschriften, Bilder, Fotos,
Grammophonplatten, Kassetten, Musikinstrumente und andere Sammelobjekte.
artensuite August 08 | 07
Institut für Archäologie der
Universität Bern
Länggassstrasse 10, 3012 Bern
T 031 631 89 92
Mo-Fr, 8:00-17:00 h
Kunsthaus Centre Pasqu’art
Seevorstadt 71-75, 2502 Biel
Mi-Fr 14:00-18:00 h / Sa&So 11:00-18:00 h
Out of Art
Vernissage: 2.6, 17:00 h
bis 5.8.
Gian Pedretti - Der Maler / Le peintre
Einzelausstellung
Vernissage: 2.6., 17:00 h
bis 5.8.
SURREALITES - Aspekte des Surrealen
in der zeitgenössischen Kunst
Vernissage: Sa 18.8, 17:00 h
19.8. - 21.10.
Photoforum Pasquart
Jacob Holdt - United States 1970-1975
bis 12.8.
Kunsthalle Bern
Helvetiaplatz 1, 3005 Bern
Mi-So 10:00-17:00 h / Di 10:00-19:00 h
Allan Kaprow
Kunst als Leben - Art as Life
bis 26.8.
Kunstmuseum Bern
Hodlerstrasse 8-12, 3007 Bern
Di 10:00-21:00 h / Mi-So 10:00-17:00 h
Serge Spitzer – Installation
Re/Search (Alchemy and/or Question
Marks with Swiss Air)», 1996-2002
bis Ende 2007
Expressionismus aus den Bergen Kirchner, Bauknecht, Wiegers und die
Gruppe Rot-Blau
bis 19.8.
Ueli Berger: Alles in Allem - Arbeiten
auf Papier 1967-2007
bis 5.8.
Im Kabinett: Lascivie e santità - Druckgraphik der Carracci
bis 5.8.
«Verfluchter Kerl!» Karl Stauffer-Bern:
Maler, Radierer, Plastiker
17.8. - 2.12.
Kunsthaus Langenthal
Marktgasse 13, 4900 Langenthal
Mi & Do 14:00-17:00, Fr 14:00-19:00 h, Sa&
So 10:00-17:00 h
Kunstmuseum Thun
Hofstettenstrasse 14, 3602 Thun
Di-So 10:00-17:00 h / Mi 10:00-21:00 h
Simon Dybbroe Møller
Like Origami Gone Wrong
bis 19.8.
Pamela Rosenkranz
bis 19.8.
360° Thun - Marquard Wocher und das
Panorama in Thun
bis 28.10.
museum franz gertsch
Platanenstrasse 3, 3401 Burgdorf
Di-Fr 10:00-18:00 h / Mi 10:00-19:00 h /
Sa&So 10:00-17:00 h
frisch gestrichen
Vernissage: 3.8., 18:30 h
4.8. - 28.10.
Max Roth - Monolothische Skulpturen
bis 28.10.
Museum für Kommunikation
Helvetiastrasse 16, 3000 Bern
Di, Do-So 10:00-17:00 h & Mi 10:00-19:00 h
«nah und fern: Menschen und ihre Medien»
Dauerausstellung
As Time Goes Byte
Neue Dauerausstellung zur Computergeschichte und digitalen Kultur
Bilder, die haften
Neue Dauerausstellung zu den Briefmarken
instant city
Ein elektronischer Musik Bau Spiel Automat
«instant city» steht in der Ausstellung «As
Time Goes Byte» und ist vieles zugleich: interaktives Computergame, unberechenbares
Musikinstrument, theaterales Gesellschaftsspiel und Leuchtkörper.
bis 12.8.
Museum Neuhaus Biel
Schüsselpromenade 26, 2501 Biel
Di-So 11:00-17:00 h / Mi 11:00-19:00 h
Bürgerlicher Lebensstil im 19. Jahrhundert: Wohnen und Haushalten
artensuite
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artensuite
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Die Stiftung Sammlung Robert präsentiert
eine neu gestaltete permanente Ausstellung
im Museum Neuhaus.
Historische Umzüge und Narrentreiben
Die Bieler Fasnachtstradition 1896-2007
16.8. - 11.11.
Kinosammlung William Piasio:
Archäologie des Kinos
Museum Schwab / Museum
für Archäologie
Seevorstadt 50, 2502 Biel
Di-Sa 14:00-18:00 h / So 11:00-18:00 h
Das archäologische Fenster der Region
Permanente Ausstellung
Keltenjahr 2007
La Tène. Die Untersuchung. Die Fragen. Die
Antworten.
bis 24.2.
Naturhistorisches Museum der
Burgergemeinde Bern
Bernastrasse 15, 3005 Bern
Mo 14:00-17:00 h / Di/Do/Fr 9:00-17:00 h
Mi 9:00-18:00 h, Sa&So 10:00-17:00 h
Anpasser und Alleskönner - Tiere in der
Stadt
Dauerausstellung
Psychiatrie Museum Bern
Bolligenstrasse 111, 3060 Bern
Mi 14:00-16:00 h
Neben historisch wichtigen Gegenständen
und Dokumenten beherbergt das Museum
auch eine Sammlung bildnerischer Patientenarbeiten, die mehrheitlich auf jener Morgenthalers beruht. Sie umfasst über 2500
Bilder (Zeichnungen, Aquarelle, Ölbilder
und Collagen), rund 1500 Textblätter sowie
viele Stoffarbeiten, Objekte aus Holz, Ton,
Keramik und anderen Materialien.
Schloss Landshut
Schweizer Museum für Wild & Jagd
3427 Utzenstorf
Di-Sa 14:00-17:00 h
«abnorm? Vom Kopfschmuck bei Reh
und Steinbock»
bis 21.10.
Abendführungen 2007 auf Schloss Landshut
Jeweils am letzten Donnerstag der Monate
Mai bis September, in der Regel von 19:30
– ca. 20:30 h
Schloss Münsingen
Schlossstrasse 13, 3110 Münsingen
jeweils am Sonntag, 14:00-17:00 h oder nach
Vereinbarung
Schlossmuseum Thun
Schlossberg 1, 3600 Thun
10:00-16:00 h
Das historische Museum mit einmaliger
Aussicht auf Stadt, See und Alpen.
Töpferwerkstadt
Typische Heimberger Keramik Werkstatt
des 19. Jahrhunderts
Teil der Dauerausstellung
Schweizerische Nationalbibliothek
Hallwylstrasse 15, 3003 Bern
Mo-Fr 9:00-18:00 h / Mi 9:00-20:00 h / Sa
9:00-16:00 h / So 12:00-17:00 h
Das neue Bild der Schweiz
Eine Ausstellung des ETH-Studio Basel – Institut Stadt der Gegenwart
bis 1.9.
Schweizerisches Alpines Museum
Helvetiaplatz 4, 3005 Bern
Mo 14:00-17:00 h / Di-So 10:00-17:30 h
Berge bauen
Auf rund 220m2 sehen Sie die Sonderausstellungen zu Themen der Bergwelt im 2. Stock
des Schweizerischen Alpinen Museums.
bis 10.2.2008
Unsere öffentlich zugängliche Infothek bietet Ihnen u. a. folgende Dienstleistungen
an: regelmässige Publikation ausgewählter
Neuerscheinungen. Beratung in Dokumentationsfragen und bei Recherchen. Leseplätze mit Internetarbeitsplatz, Lexika usw.
Konsultationsmöglichkeit für aktuelle Zeitschriften, Wörterbücher, Nachschlagewerke
und aktuelle Fahrpläne ausländischer Bahnunternehmungen.
Zentrum Paul Klee
Monument im Fruchtland 3, 3001 Bern
Di-So 10:00-17:00 h / Do 10:00-21:00 h
Kindermuseum Creaviva 10:00-17:00 h, Do
bis 21:00 h
Paul Klee – Ad Parnassum
bis 14.10.
Paul Klee – Überall Theater
bis 14.10.
Theaterwelten
Interaktive Stationen für Kinder
Maske, Garderobe, Bühne, Geräusche,
Schattentheater.
Für Kinder und Erwachsene
bis 25.11.
Führungen und Aktivitäten finden Sie in der
ensuite - kulturmagazin-agenda und unter
www.zpk.org
Schweizerisches
Schützenmuseum Bern
Bernastrasse 5, 3005 Bern
Di-Sa 14:00-17:00 h / So 10:00-12:00 h &
14:00-17:00 h
Das 13. Sternzeichen – Der Armbrustschütze
bis 2.12.
Universitätsbibliothek Bern
Münstergasse 61-63, 3011 Bern
Mo-Fr 8:00-19:00 h / Sa 8:00-12:00 h
Musik in Bern zwischen spätmittelalter
und Reformation
bis 14.10.
Stiftung Historisches Erbe SBB
Bollwerk 12, 3000 Bern 65
Mo-Fr 9:00-12:00 h & 13:30-17:00 h
Die Infothek der Schweizer Bahngeschichte zum Nachlesen und Ansehen.
artensuite August 08 | 07