Marktstudie zum „Management zahlungsgestörter
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Marktstudie zum „Management zahlungsgestörter
Ihre Ansprechpartner Für mehr Informationen Jochen Wentzler Partner | Restructuring Services Tel: +49 (0)211 8772 2381 jwentzler@deloitte.de Markus P. Neuhaus Director | Restructuring Services Tel: +49 (0)211 8772 3968 mneuhaus@deloitte.de Für weitere Informationen besuchen Sie unsere Website auf www.deloitte.com/de Diese Veröffentlichung enthält ausschließlich allgemeine Informationen und weder die Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft noch Deloitte Touche Tohmatsu Limited („DTTL“), noch eines der Mitgliedsunternehmen von DTTL oder eines der Tochterunternehmen der vorgenannten Gesellschaften (insgesamt das „Deloitte Netzwerk“) erbringen mittels dieser Veröffentlichung professionelle Beratungs- oder Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Unternehmensberatung, Finanzen, Investitionen, Recht, Steuern oder in sonstigen Gebieten. Diese Veröffentlichung stellt keinen Ersatz für entsprechende professionelle Beratungs- oder Dienstleistungen dar und sollte auch nicht als Grundlage für Entscheidungen oder Handlung dienen, die Ihre Finanzen oder Ihre geschäftlichen Aktivitäten beeinflussen könnten. Bevor Sie eine Entscheidung treffen oder Handlung vornehmen, die Auswirkungen auf Ihre Finanzen oder Ihre geschäftlichen Aktivitäten haben könnte, sollten Sie einen qualifizierten Berater aufsuchen. Keines der Mitgliedsunternehmen des Deloitte Netzwerks ist verantwortlich für Verluste jedweder Art, die irgendjemand im Vertrauen auf diese Veröffentlichung erlitten hat. Deloitte erbringt Dienstleistungen aus den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Consulting und Corporate Finance für Unternehmen und Institutionen aus allen Wirtschaftszweigen. Mit einem weltweiten Netzwerk von Mitgliedsgesellschaften in mehr als 150 Ländern verbindet Deloitte herausragende Kompetenz mit erstklassigen Leistungen und steht Kunden so bei der Bewältigung ihrer komplexen unternehmerischen Herausforderungen zur Seite. „To be the Standard of Excellence“ – für rund 200.000 Mitarbeiter von Deloitte ist dies gemeinsame Vision und individueller Anspruch zugleich. Deloitte bezieht sich auf Deloitte Touche Tohmatsu Limited, eine „private company limited by guarantee“ (Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach britischem Recht), und/oder ihr Netzwerk von Mitgliedsunternehmen. Jedes dieser Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig. Eine detaillierte Beschreibung der rechtlichen Struktur von Deloitte Touche Tohmatsu Limited und ihrer Mitgliedsunternehmen finden Sie auf www.deloitte.com/de/UeberUns. © 2012 Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Stand 12/2012 Marktstudie zum „Management zahlungsgestörter Forderungen“ Marktstudie zum „Management zahlungsgestörter Forderungen“ Inhaltsverzeichnis 6 Einleitung 7 Zusammenfassung 10 Kapitel 1: Rechtliche Rahmenbedingungen 13 Kapitel 2: Marktumfeld, Marktteilnehmer und zahlungsgestörtes Forderungsvolumen 22 Kapitel 3: Bedeutung von Inkassounternehmen für Marktteilnehmer 27 Kapitel 4: Unternehmensumfrage – Analyse Abkürzungsverzeichnis Abb. Abbildung Annahmequote Verhältnis Zusage zu Kundenanfrage Atradius Atradius Collections B.V. BDIU Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. BGA Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. BGB Bürgerliches Gesetzbuch BITKOM Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. BIP Bruttoinlandsprodukt bspw. beispielsweise Bürgel Bürgel Wirtschaftsinformationen GmbH & Co. KG Bvh Bundesverband des Deutschen Versandhandels bzw. beziehungsweise B2C Business-to-Consumer B2B Business-to-Business ca. circa Conversion Rate Bezeichnet die Zielerreichungsquote einer Marketingmaßnahme: Conversion Rate = Anzahl Käufer/Anzahl Kaufinteressenten (z.B. Website-Besucher) Creditreform Verband der Vereine Creditrefom e.V. Deloitte Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft DIHK Deutsche Industrie-und Handelskammertag e.V. DRD-Index Debitorenregister Deutschland von Creditreform Durchschnitt Berechnet als arithmetisches Mittel Durchschnittliche Hauptforderung Summe aller Rechnungsbeträge/Anzahl der Schuldner D&B D&B Deutschland GmbH EOS EOS Holding GmbH & Co. KG EU Europäische Union Euler Hermes Euler Hermes Deutschland AG FTE Full time Equivalent GDV Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. Gesamtforderung Summe der vom Inkassounternehmen beim Schuldner insgesamt geltend gemachten Forderung, die sich aus Hauptforderung, Mahnspesen, Verzugszinsen, Inkassovergütung und vom Schuldner zu tragende Fremdkosten zusammen setzt. GFK GfK SE ggü. gegenüber Hauptforderung Rechnungsbetrag bei Inkassoübergabe ohne Mahnspesen und ohne Verzugszinsen Marktstudie zum „Management zahlungsgestörter Forderungen“ 3 ifo Institut ifo Insitut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V. IfW Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel i.H.v. in Höhe von i.V.m. in Verbindung mit IKU Inkassounternehmen Inkassoforderung Forderungen, deren Betreibung durch Inkassounternehmen erfolgt IW Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. Kundenforderung Forderung, deren Bearbeitung im Rahmen des kaufmännischen Mahnverfahrens erfolgt Mio. Million Mrd. Milliarde ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr p.a. per anno rd. rund RDG Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (Rechtsdienstleistungsgesetz) RDGEG Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz Realisierungsquote Realisierungsquote Netto = Summe aller Zahlungseingänge – Summe Fremdkosten nach Ablauf des angegebenen Zeitraums/Übergabevolumen (= Summe aller Rechnungsbeträge) RefE Referentenentwurf RVG Rechtsanwaltsvergütungsgesetz Schufa Schufa Holding AG Spezialisierte Beitreibung Forderungen, deren Betreibung durch spezialisierte Unternehmen (Inkassodienstleister) erfolgt Tsd. Tausend u.a. unter anderem u.ä. und ähnliche VDV Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e.V. vgl. vergleiche vzbv Verbraucherzentrale Bundesverband ZDH Zentralverband des Deutschen Handwerks e.V. ZEW Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH ZPO Zivilprozessordnung Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Gründe für eine schlechte Zahlungsmoral bei Privatpersonen Abbildung 2: Anzahl an Arbeitslosen und Arbeitslosenquote 2010-2013 Abbildung 3: Schuldnerquoten in Deutschland 2004-2012 Abbildung 4: Einstufung der Bevölkerung in Deutschland nach dem Schufa-Risikomodell Abbildung 5: Insolvenzverfahren nach Schuldnerarten 2010-2011 Abbildung 6: Entwicklung des SchuldnerKlima-Index sowie seiner Teilindikatoren, Sommer 2012 Abbildung 7: Gründe für eine schlechte Zahlungsmoral bei Unternehmen Abbildung 8: Branchenspezifische Zahlungsmoral in Deutschland Q2 2012 Abbildung 9: Zahlungsmoral:Trend 2013 (BDIU Frühjahrsumfrage) Abbildung 10: Branchenübergreifender Anteil nicht-termingerechter Zahlungen sowie Forderungsausfälle Abbildung 11: Zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung bei Gericht ermittelte Forderungen Abbildung 12: Anzahl an Arbeitsplatzverlusten durch Insolvenzen Abbildung 13: Nutzung externer Dienstleister im Europavergleich Abbildung 14: Einsatz von geeigneten Instrumenten zum Schutz gegen Forderungsausfall Abbildung 15: Auftraggeberstruktur der Inkassobranche Abbildung 16: Prozessdarstellung Abbildung 17: Vertriebskanäle der Unternehmen Abbildung 18: Zahlungsarten der Kunden Abbildung 19: Forderungsübergabe nach Tagen Abbildung 20: Realisierungsquote der übergebenen Forderungen Abbildung 21: Allgemeine Kriterien für die Beauftragung eines Inkassounternehmens Abbildung 22: Wesentliche Gründe für die Auswahl eines Inkassounternehmens Abbildung 23: Bedeutung der Medien bei der Übergabe der Forderung Abbildung 24: Interaktion mit IKU Abbildung 25: Einbindung der unternehmensinternen Abteilungen Abbildung 26: Ansprache des Schuldners Abbildung 27: Bedeutung der Prozesses Abbildung 28: Inanspruchnahme von Inkassodienstleistungen Abbildung 29: Auswirkungen einer möglichen Reduzierung der vom Schuldner zu erstattenden Beitreibungskosten Abbildung 30: Risiko- und Preispolitik Marktstudie zum „Management zahlungsgestörter Forderungen“ 5 Einleitung Wir – die Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft („Deloitte“) – haben die Veröffentlichungen zu einer geplanten Gesetzesinitiative des Bundes ministeriums der Justiz zur „Bekämpfung von unseriösen Geschäftspraktiken“, von der Endverbraucher, Judikative wie die Inkassowirtschaft insgesamt betroffen werden könnten, zum Anlass für eine Studie zum „Management zahlungsgestörter Forderungen“ genommen. Ziel der Studie ist es, mögliche Auswirkungen auf Handel, Industrie und den Dienstleistungssektor zu untersuchen und die praktische Relevanz von Inkassodienstleistungen aus der Perspektive der inanspruchnehmenden Unternehmen darzustellen. Bei der Konzeption unserer Studie haben wir uns von drei zentralen Fragen leiten lassen: • Welche Bedeutung hat das Outsourcing auf professionelle Inkassounternehmen innerhalb des Forderungsmanagements der befragten Unternehmen? • Was sind aus Sicht der befragten Unternehmen die für ein erfolgreiches Inkassowesen entscheidenden Rahmenbedingungen? • Welche Auswirkungen hat die Gesetzesinitiative zur „Bekämpfung von unseriösen Geschäftspraktiken“ auf diese Rahmenbedingungen und damit mittel- bis langfristig auf Unternehmen, Verbraucher und staatliche Instanzen? Das geplante Gesetzesvorhaben beinhaltet neben dem verbesserten Schutz des Verbrauchers vor unseriösen Geschäftspraktiken u.a. auch eine Neuregelung der Vergütungsstruktur für Inkassodienstleistungen. Als einen inhaltlichen Schwerpunkt betrachten unsere Untersuchungen daher die möglichen Auswirkungen einer faktischen Vergütungsbegrenzung auf das Outsourcing von Inkassodienstleistungen. An der Studie teilgenommen haben 16 Unternehmen. Dabei wurden bewusst führende Unternehmen ausgewählt, deren Kundenstamm sich im Wesentlichen aus Endverbrauchern zusammensetzt und deren Forderungsmanagement deshalb einer verhältnismäßig hohen Last ausgesetzt ist; sie decken darüber hinaus sechs verschiedene Branchen ab: • • • • • • 6 Transport/Personenbeförderung Internet/Telekommunikation Energieversorgung Verlagswesen (Online-)Handel Finanzdienstleistungen Damit wurde der vorwiegend auf den Endverbraucher ausgerichtete Markt umfassend abgedeckt. Während die statistische Signifikanz einzelner quantitativer Aussagen zweifellos mit Vorsicht beurteilt werden muss, erlaubt die Auswahl der befragten Unternehmen doch einige wichtige und belastbare qualitative Aussagen über die Realität des Inkassowesens in der Bundesrepublik Deutschland. Die Studie zum „Management zahlungsgestörter Forderungen“ gliedert sich in die folgenden Kapitel: • Einleitend haben wir die wesentlichen Umfrageergebnisse der Studie zusammenfassend dargestellt. • Der Studie vorangestellt haben wir in Kapitel 1 die rechtlichen Rahmenbedingungen für Inkassodienst leistungen sowie die Eckpunkte der beabsichtigten Gesetzesinitiative. • Es folgt in Kapitel 2 eine Darstellung des Marktumfelds, der Marktteilnehmer sowie des gesamtwirt schaftlichen Volumens zahlungsgestörter Forderungen. • In Kapitel 3 gehen wir auf die Einbindung von Inkassounternehmen als externe Dienstleister in den allgemeinen Wertschöpfungsprozess der Marktteilnehmer ein. • Das Kapitel 4 widmet sich den Untersuchungsergebnissen, die wir im Rahmen einer Management-Um frage unter 16 namhaften Unternehmen unterschiedlichster Branchen, die externe Dienstleistungen beim Forderungsmanagement in Anspruch nehmen, gewinnen konnten. Unsere Ausführungen zum geschäftlichen und rechtlichen Umfeld sowie ausgewählten Branchenkennziffern basieren auf der Auswertung allgemein zugänglicher Quellen. Darüber hinaus konnten wir bei unseren prozessualen Darstellungen auf Informationen zurückgreifen, die uns auf Anfrage von verschiedenen Inkassounternehmen („IKU“) zur Verfügung gestellt wurden. Zusammenfassung Die vorliegende Studie zeigt, dass einem professionellen externen Inkasso von den befragten Unternehmen durchweg eine sehr hohe Bedeutung beigemessen wird; dabei stehen neben der bloßen Beitreibungsquote hohe qualitative Anforderungen an die Inkasso-Tätigkeit der beauftragten Unternehmen im Vordergrund, die in der Praxis nur mit hohem technischen und personellen Aufwand erfüllt werden können. Die Ergebnisse der Studie legen schließlich nahe, dass der beabsichtigte staatliche Eingriff in die Struktur der Inkassovergütung mit hoher Wahrscheinlichkeit zwei in dieser Form nicht beabsichtigte Folgen haben könnte: erstens eine zunehmende Verlagerung der Forderungsbeitreibung auf gerichtliche Verfahren; zweitens eine zunehmende Umlage kalkulierter Forderungsausfälle auf den Endverbraucher. Qualitativ hochwertiges Inkasso ist ein kritischer Erfolgsfaktor im Geschäft mit dem Endkunden Es gibt zahlreiche Gründe, warum Unternehmen ihr Forderungsmanagement teilweise auf IKU ausgliedern. Als wichtigsten Grund gaben die befragten Unternehmen Wirtschaftlichkeitserwägungen vor dem Hintergrund eines verschärften Wettbewerbs oder oft eines branchenspezifisch hohen Margendrucks an. Deshalb wird einem professionalisiert betriebenen Inkasso auch gerade dort große Bedeutung beigemessen, wo eine Branche maßgeblich von geringen Margen geprägt ist, beispielsweise im Online- und Versandhandel. Dennoch leisten sich die befragten Unternehmen weiterhin ein durchaus teures innerbetriebliches Mahnwesen: so wendet ein Unternehmen im Durchschnitt je gemahntem Euro drei Cent für innerbetriebliches Forderungsmanagement auf, Spitzenwerte gehen bis 13 Cent. Erst nach ca. vier Monaten werden die Forderungen im Durchschnitt an einen externen Dienstleister abgegeben. Als Grund hierfür wird auch genannt, dass bestimmte Schuldnergruppen auf eine Inanspruchnahme durch das Unternehmen selbst schlicht nicht reagieren. Externes Inkasso erscheint daher in diesem Bereich alternativlos. Auffällig ist, dass bei der Auswahl des jeweiligen IKUs, neben quantitativen Aspekten wie der Beitreibungsquote auch qualitative Anforderungen an die Arbeit des Inkassodienstleisters bei den befragten Unternehmen eine entscheidende Rolle spielen: • • • • Nachvollziehbarkeit der Prozesse Ergebnisdokumentation Strategie und Beitreibungsphilosophie Direkte Einflussnahmemöglichkeiten durch den Auftraggeber Professionelles Forderungsmanagement erfordert verlässliche Partner und erhebliche Investitionen Bei allen befragten Unternehmen wird deutlich, dass sich das Forderungsmanagement stets im Spannungsfeld eines im Massengeschäft zwangsläufig hohen Rationalisierungsdrucks einerseits und dem Erfordernis einer individuellen Rücksichtnahme auf den Einzelfall andererseits bewegt. Auftraggeber erwarten von einem Inkassounternehmen auf der einen Seite die reibungslose Integration des Inkassos in die innerbetrieblichen Geschäftsprozesse; auf der anderen Seite stehen Kundenbeziehungen und die Unternehmensreputation auf dem Prüfstand, weswegen der Flexibilität im Einzelfall eine hohe Bedeutung beigemessen wird. Ersteres erfordert massive technische Investitionen in Aufbau und Unterhaltung notwendiger IT-Schnittstellen und inkassospezifischer Workflow-Systeme; letzteres einen hohen Personalaufwand, beispielsweise für die individuelle telefonische Betreuung von Schuldnern. Dabei müssen trotz des erheblichen Rationalisierungsdrucks compliancerechtliche Anforderungen sowie die technische und organisatorische Sicherstellung von Datenschutz und Datensicherheit durchgängig erfüllt und die Möglichkeit externer Kontrollen gewährleistet werden. Die Senkung der Vergütung von Inkassounternehmen wirkt sich zwangsläufig auf Qualität und Leistungsspektrum aus; betriebswirtschaftlich werden Kosten hierdurch nicht gesenkt, sondern allenfalls verlagert Allen befragten Unternehmen ist grundsätzlich an einer möglichst kostengünstigen Beitreibung ausstehender Forderungen gelegen. Dabei betrachten die Auftraggeber aber weniger isoliert die Vergütung des IKUs; es dominiert vielmehr eine Betrachtung des Gesamtbilds der entstehenden Kosten – also beispielsweise auch die Kosten des innerbetrieblichen Forderungsmanagements, Schaden durch Forderungsausfälle etc. Im Hinblick auf die oben aufgezeigten erheblichen Investitions- und Personalkosten eines Inkassounternehmens befürchtet die Mehrzahl der teilnehmenden Unternehmen im Falle einer erzwungenen Deckelung der Inkassovergütung auch eine qualitative Veränderung der Marktstudie zum „Management zahlungsgestörter Forderungen“ 7 Dienstleistungen: so gehen 50% der befragten Unternehmen davon aus, dass die bislang sehr hohe Quote außergerichtlicher Konfliktlösungen, die ausnahmslos alle Befragten als sehr wichtig oder wichtig einstufen, sinkt, sowie 60% der befragten Unternehmen, dass demgegenüber die zeit- und kostenintensive Beitreibung über staatliche Gerichte und Vollstreckungsorgane an Bedeutung gewinnen wird. Neben höheren Beitreibungskosten und geringeren Beitreibungsquoten befürchten einige der befragten Unternehmen auch Ausfälle im wichtigen Bereich der Kleinstforderungen, da ein Inkasso in diesem Bereich betriebswirtschaftlich kaum haltbar wäre, was langfristig eine sinkende allgemeine Zahlungsmoral für Kleinstforderungen nach sich ziehen würde. Besonders in der Telekommunikationsbranche wird eine zunehmende Umlage solcher Kostensteigerungen auf den Endverbraucher erwartet. Dies kann in der Form allgemeiner Preissteigerung geschehen. Im Versandhandel liegt aus betriebswirtschaftlicher Sicht eine gezielte Verteuerung beispielsweise der Versandkosten speziell für Fälle der Verwendung bestimmter risikobehafteter Zahlungsarten näher. Dies führt zu einem weiteren Problem: in Deutschland sind gerade die für den Unternehmer riskanteren „offenen“ Zahlungsarten (Überweisung, Lastschrift, Kunden bzw. Bonuskarten, Internetbezahlverfahren) bislang besonders beliebt.1 Eine Verteuerung hier träfe also sehr viele Menschen. Darüber hinaus aber träfe sie vor allem wirtschaftlich schwache Verbraucher: denn diesen stehen viele für den Unternehmer sichere Zahlungswege wie beispielsweise Kreditkarten oder Treuhanddienste deutlich seltener zur Verfügung als zahlungskräftigen Endkunden. Quantitative Auswertung Die befragten Unternehmen erzielten im Geschäftsjahr 2011 Umsätze bzw. Beitragseinnahmen in einer Größenordnung von Mio. 64 bis Mrd. 13,5 Euro, ohne Berücksichtigung von Kreditinstituten. Weiterhin beträgt die Anzahl der Endkunden bei den befragten Unternehmen zwischen Tsd. 185 und Mio. 21.2 Es ist zu berücksichtigen, dass die Höhe der Umsätze und Margen sowie die Anzahl der Endkunden der befragten Unternehmen als Bezugsgröße für die Rele1 2 8 Deutsche Bundesbank (2012): „Zahlungsverhalten in Deutschland 2011“ Ohne ÖPNV. vanz des zahlungsgestörten Forderungsvolumens in Abhängigkeit des Geschäftsmodells sehr stark variieren. „Offene“ Zahlungsarten dominieren Als Vertriebskanäle werden von den befragten Unternehmen im Wesentlichen das Internet sowie der mobile Vertrieb einschließlich Außendienst genutzt. Darüber hinaus hat der stationäre Handel bei Unternehmen mit Geschäftsstellen/Filialen eine große Bedeutung. Eine Forderungsbegleichung erfolgt insbesondere durch das elektronische Lastschriftverfahren sowie durch Überweisung, also durch „offene“ Zahlungsarten. Die Kosten des internen kaufmännischen Mahnwesens bewegen sich in einer Bandbreite von Mio. 0,1 bis Mio. 8 Euro jährlich. Die zu bearbeitende Forderungshöhe beträgt im Durchschnitt aller befragten Unternehmen rd. 205 Euro und in der Spitze 540 Euro (ohne Berücksichtigung von Kreditinstituten). Der handelsrechtliche Aufwand für das interne kaufmännische Mahnwesen im Verhältnis zu den im Jahresdurchschnitt erstmals ins Mahnwesen übergehenden Einzelforderungen bewegte sich, soweit von den Unternehmen mitgeteilt, in einer Bandbreite von rd. 1,30 bis 6,70 Euro bei einem Spitzenwert von 175 Euro. Der jährliche interne Aufwand der Unternehmen im Verhältnis je gemahntem Euro liegt im Durchschnitt bei drei Cent und in der Spitze bei 13 Cent. Langjährige Geschäftsverbindungen zu Inkassounternehmen Eine Übergabe gemahnter Forderungen an einen Inkassodienstleister erfolgt im Gesamtdurchschnitt aller befragten Unternehmen nach rd. vier Monaten, wobei die Unternehmen in der Regel mit zwei Inkassounternehmen zusammenarbeiten und die Geschäftsverbindung überwiegend seit mehr als fünf Jahren besteht. 40% Realisierungsquote neun Monate nach Abgabe an den Dienstleister Durch die Unternehmen werden im Jahr durchschnittlich Hauptforderungen in Höhe von Mio. 30 Euro an die Dienstleister übergeben. Nach Bereinigung um maximale und geringste Werte liegt das übergebene Forderungsvolumen im Verhältnis zum Umsatz/ Beitragseinnahmen bei rd. einem Prozent, wovon nach neun Monaten durchschnittlich 40% durch IKU realisiert werden können. Branchenbetrachtung1 Durchschnittswerte der befragten Unternehmen Internet/ Telekommunikation Finanzdienstleistungen (Online-) Handel Personenbeförderung 185–21.000 Tsd2 14 Mio. 9 Mio. 10 Mio. *3 Internet und mobiler Vertrieb (inkl. Außendienst) sowie stationärer Handel Internet und stationärer Handel Mobiler Vertrieb (inkl. Außendienst) und stationäre Stellen Internet und (jeweils hälftig) Call-Center und Katalogbestellungen Mobiler Vertrieb Elektr. Lastschriftverfahren und Überweisung Elektr. Lastschriftverfahren Elektr. Lastschriftverfahren, daneben Überweisung Fast ausschließl. Überweisung *4 36 76 20 43 *4 1,0 Mio. 0,8 Mio. 2,0 Mio.5 1,2 Mio. *4 205 € (540 € in der Spitze6) 135 € 250 €5 260 € *4 Anzahl der Tage, nach denen durchschnittlich die Forderungsabgabe an IKU’s erfolgt 121 79 140 (insgesamt), 115 (Versicherungen) 193 *4 Anzahl der Forderungen, die an IKU’s übergeben werden 187 Tsd. 297 Tsd. 125 Tsd.5 54 Tsd. 675 Tsd. 540 € 275 € 290 €5 255 € 40 € 30 Mio. € 53 Mio. € 47 Mio. €5 19 Mio. € 27 Mio. € Anteil der Hauptforderungen am Umsatz bzw. an den Bruttobeitragseinnahmen 1%6 1,9% (am Umsatz) 0,2%5 1,2% (am Umsatz) *4 Anteil der nach neun Monaten realisierten Forderungen durch Inkassodienstleistungen 40% 40% 42%5 45% 54% Anzahl der Endkunden Überwiegende Vertriebskanäle Primäre Zahlungsart Anzahl der Mitarbeiter im internen kaufmännischen Mahnwesen Anzahl der jährlichen Einzelforderungen, die in die erste kaufm. Mahnstufe übergeben werden Durchschnittliche Kundenforderung in der kaufmännischen Mahnbearbeitung Durchschnittliche Hauptforderung der zum Inkasso übergebenen Forderungen Hauptforderungen 1 2 3 4 5 6 Im Folgenden werden nur Angaben gemacht, soweit keine Rückschlüsse auf die Umfrageteilnehmer gezogen werden können und wir von mehr als einem Teilnehmer Antworten erhalten haben. ohne ÖPNV Umfrageteilnehmer aus der Branche der Personenbeförderung weisen aufgrund der systembedingten Erfassung jeder Einzelbeförderung signifikant höhere Kundenzahlen (Transaktionen) aus. (teilweise) keine Angaben der befragten Unternehmen nur Versicherungen ohne Finanzinstitute Marktstudie zum „Management zahlungsgestörter Forderungen“ 9 Kapitel 1: Rechtliche Rahmenbedingungen Um die Studie vor dem Hintergrund der geplanten Gesetzesinitiative zur „Bekämpfung von unseriösen Geschäftspraktiken“ besser einordnen zu können, haben wir nachfolgend die allgemeinen gesetzlichen Rahmenbedingungen im Inkassowesen, die Gesetzesinitiative sowie ein weiteres Gesetzesvorhaben kurz dargestellt. Aktuelle gesetzliche Bestimmungen Gemäß § 2 Abs. 2 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) ist Inkasso „(…) die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird (IKU).“3 Die Haupttätigkeit von Inkassounternehmen besteht demnach in der Einziehung kaufmännisch ausgemahnter, jedoch noch nicht gerichtlich geltend gemachter Forderungen sowie in der Einziehung bereits titulierter Forderungen. Die Ausübung von Inkassodienstleistungen und somit der Einzug fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen als eigenständiges Geschäft unterliegt seit dem 1. Juli 2008 den Bestimmungen des RDG.4 Hiernach dürfen nur natürliche oder juristische Personen sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit Inkassodienstleistungen ausführen, die bei der zuständigen Behörde registriert sind (§ 10, Absatz 1, Satz 1 RDG). Zur Registrierung und damit zur Ausübung von Inkassodienstleistungen sind vom Gesetz geber in § 12 RDG folgende Voraussetzungen festgesetzt worden: • Persönliche Eignung und Zuverlässigkeit (Absatz 1, Nummer 1): – strafrechtlich unbescholten innerhalb der letzten drei Jahre vor Antragsstellung zur Registrierung, – geordnete wirtschaftliche Verhältnisse,5 sowie – kein Widerruf nach § 14 RDG sowie kein Widerruf, Rücknahme oder Versagung einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft und kein Ausschluss aus der Rechtsanwaltsschaft innerhalb der letzten drei Jahre. • Theoretische und praktische Sachkunde (Absatz 1, Nummer 2): – Theoretische Sachkunde umfasst insbesondere durch Zeugnisse belegte Kenntnisse des BGB, des Handels-, Wertpapier- und Gesellschaftsrechts, des Zivilprozessrechts einschließlich Zwangsvoll streckungs- und Insolvenzrecht sowie des Kostenrechts.6 – Praktische Sachkunde setzt in der Regel eine mindestens zweijährige unter Anleitung erfolgte Berufsausbildung oder praktische Berufsausbildung voraus.7 • Eine Berufshaftpflichtversicherung mit einer Mindestversicherungssumme von EURO 250.000 für jeden Versicherungsfall (Absatz 1, Nummer 3). Ebenfalls seit dem 1. Juli 2008 ist es IKU erstmals nach § 79 Abs. 2 Nr. 4 ZPO gestattet, auch das gerichtliche Mahnverfahren zu beantragen. Vergütung von Inkassodienstleistungen Für außergerichtliche Inkassodienstleistungen existiert derzeit keine Gebührenordnung. Die Vergütung wird mit dem Auftraggeber (Gläubiger) auf Grundlage freier kaufmännischer Kalkulation berechnet. Gängige Formen umfassen pauschale Vergütungssysteme, die Einzelleistungsvergütung sowie Mischformen. Nach unseren Kenntnissen orientiert sich die Mehrzahl der IKU am Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).8 Dies ist von der Rechtsprechung weitestgehend anerkannt. Gemäß § 22 der Satzung des BDIU haben sich die Mitgliedsunternehmen bei der Festsetzung ihrer Vergütungssätze im Rahmen des „Üblichen und Angemessenen“ zu halten.9 Gemäß einem aktuellen Urteil des Bundesverfassungsgerichts10 kann der Gläubiger die Kosten für die Beauftragung eines IKU grundsätzlich als Verzugskos6 7 8 3 4 5 10 § 2 Absatz 2 Rechtsdienstleistungsgesetz § 2 Absatz 2 Rechtsdienstleistungsgesetz. „Die Vermögensverhältnisse einer Person sind in der Regel ungeordnet, wenn über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden oder sie in das vom Insolvenzgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führenden Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 der Insolvenzordnung, § 915 der Zivilprozessordnung) eingetragen ist. Ungeordnete Vermögensverhältnisse liegen nicht vor, wenn im Fall der Insolvenzeröffnung die Gläubigerversammlung einer Fortführung des Unternehmens auf der Grundlage eines Insolvenzplans zugestimmt und das Gericht den Plan bestätigt hat, oder wenn die Vermögensinteressen der Rechtsuchenden aus anderen Gründen nicht konkret gefährdet sind.“ (§ 12 Absatz 2 RDG) 9 10 § 12 Absatz 1 Nummer 2 RDG i.V.m. § 10 Absatz 1 RDG und § 11 Absatz 1 RDG. § 12 Absatz 1 Nummer 2 RDG i.V.m. § 10 Absatz 1 RDG und § 12 Absatz 3 RDG. Eine nicht repräsentative Untersuchung der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) von bei den Verbraucherzentralen eingegangenen Beschwerden über „unseriöses Inkasso“ im Zeitraum zwischen Juli und September 2011 ergab, dass die IKU „durchschnittlich deutlich mehr Gebühren für ihre Tätigkeit als die zulässigen Höchstgebühren, die Rechtsanwälte für die Inkassotätigkeit verlangen dürfen“, verlangten. (vgl. vzbv (2012): „Auswertung von Verbraucherbeschwerden zu Zahlungsaufforderungen von Inkassounternehmen“ vom 01.12.2011; Pressemitteilung des vzbv vom 01.12.2011). § 22 Vereinbarungen über die Inkassovergütung, Satzung des BDIU. Urteil des Bundesverfassungsgericht (1 BvR 1012/11) vom 07.09.2011. ten gegenüber dem Schuldner geltend machen. Diese dürfen jedoch nicht die Kosten, die bei alternativer Beauftragung eines Rechtsanwalts entstehen würden, übertreffen.11 Eine vereinbarte Erfolgsprovision zwischen Gläubiger und IKU hingegen ist in der Regel nach Auffassung von Rechtsprechung und Literatur nicht vom Schuldner zu erstatten. Referentenentwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken Der „Referentenentwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken“12 enthält hinsichtlich der Inkassobranche drei Regelungsbereiche: • Erhöhung der Transparenz gegenüber dem Schuldner: Demnach werden IKU dazu verpflichtet, bereits bei der ersten Kontaktaufnahme detailliert ihren Auftraggeber, die Hauptforderung (Zeitpunkt der Entstehung und Forderungsdarlegung durch Vertrag) sowie die Nebenforderung (detaillierte Darstellung der Kosten sowie Zeitpunkt des Verzugseintritts) darzulegen. • Verbesserung der staatlichen Aufsicht inklusive eines erweiterten Sanktionsspektrums: Die Widerrufsmöglichkeiten der Registrierung im Dienstleistungsregister sollen erweitert werden. Darüber hinaus ist die Einführung neuer Bußgeldtatbestände sowie die Erhöhung des Höchtsatzes von EURO 5.000 auf EURO 50.000 vorgesehen. • Transparente Kostenerstattungsregelungen: Hinsichtlich der Inkassokosten beabsichtigt der Gesetzgeber, durch eine Rechtsverordnung des Bundesministeriums der Justiz geregelte, gestaffelte, aufwandsbezogene Begrenzung der Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten einzuführen. Eine höhere Erstattung seitens des Schuldners darf nur verlangt werden, wenn im Einzelfall besondere Beitreibungsaufwendungen entstanden sind, so dass eine „Kostenerstattung auf Basis der Regelsätze grob unbillig wäre.“ Zum Referentenentwurf wurden von verschiedenen Seiten nachfolgend zusammengefasste Stellungnahmen abgegeben: für die Verbraucher“.13 Auf die Deckelung der Inkassovergütung geht der vzbv nicht explizit ein, jedoch ist aufgrund einer Aussage14 in der Studie des vzbv aus Dezember 2011 grundsätzlich davon auszugehen, dass der vzbv einer wie auch immer gearteten Deckelung positiv gegenüberstehen dürfte.15 Der Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Berlin ist der Ansicht, dass die Maßstäbe des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes angewendet werden sollten.16 Dementgegen kritisieren sowohl der BDIU als auch verschiedene Wirtschaftsverbände, Repräsentanten der Auftraggeber der Inkassobranche, insbesondere die Deckelung der Inkassokosten. Gemäß BDIU ist eine Neuregelung der Inkassokosten unnötig und hinsichtlich des Ziels des Gesetzes, unseriösen IKU das Geschäftsmodell zu entziehen, nicht zielführend. Die Höhe sowie die Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten sei bereits durch die durch das Bundesverfassungsgericht bestätigte Koppelung an das RVG „transparent und nachvollziehbar“ geregelt. Des Weiteren könnten auch unseriöse IKU „problemlos Inkassoregelsätze zur Grundlage für ihre unberechtigten Zahlungsaufforderungen nehmen.“17 Zielführender wäre eine Vorgabe an IKU, Forderungen vor Geltendmachung auf ihre Berechtigung zu prüfen.18 Verschiedene Branchenverbände – wie der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. (BGA), der Deutsche Industrie- und Handelskammertag e.V. (DIHK) sowie der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) - führen an, dass die Höhe der Inkassovergütung faktisch bereits durch die Vergütungssätze der 13 14 Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) begrüßt das Gesetzesvorhaben und verspricht sich „mehr Schutz 11 12 Vgl. hierzu Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG). Vgl. Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz „Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ vom 12.03.2012. 15 16 17 18 „vzbv begrüßt Anti-Abzocke-Gesetz“, veröffentlicht auf der vzbvHomepage am 09.03.2012. „Da die Inkassotätigkeit von einfacherer Art als die traditionelle Anwaltstätigkeit ist, muss für Inkassodienstleistungen – unabhängig davon, ob sie ein Rechtsanwalt oder ein Inkassounternehmen erbringt – eine Maximalgebühr von 0,5 RVG festgeschrieben werden. Um zu vermeiden, dass Bagatellforderungen um ein Vielfaches anschwellen, sollte die Verhältnismäßigkeit zwischen Haupt- und Nebenforderungen – nach Vorbild Österreichs – gesetzlich festgelegt werden.“ vzbv (2012): „Auswertung von Verbraucherbeschwerden zu Zahlungsaufforderungen von Inkassounternehmen“ vom 01.12.2012. Sonderausgabe: Die Welt“ vom 21. März 2012, S. VI Pressemitteilung des BDIU vom 24. Mai 2012. Pressemitteilung des BDIU vom 24. Mai 2012. Marktstudie zum „Management zahlungsgestörter Forderungen“ 11 Rechtsanwälte geregelt ist.19 Der DIHK sowie BITKOM befürchten, dass sich bei der angestrebten Deckelung der Inkassokosten „die Qualität der Leistung bei geringeren Einkommen der Inkassobetriebe nachlassen könnte“20, da der derzeitige Bearbeitungsaufwand nicht mehr kostendeckend aufrechtzuerhalten wäre.21 Die Folge wären höhere Zahlungsausfälle und ein steigenges Insolvenzrisiko insbesondere für mittelständische Unternehmen.22 Sofern Forderungen nicht mehr im vorgerichtlichen Mahnverfahren geltend gemacht werden können, da die tatsächlich anfallenden Kosten nicht mehr durch den Schuldner getragen werden, müssten die Unternehmen die dadurch entstehenden Mehrkosten (Forderungsausfall) in Form höherer Preise an ihre Kunden weitergeben.23 Der ZDH führt des Weiteren an, dass insbesondere mittelständische Unternehmen aufgrund ihrer Mitarbeiterstärke kein internes Forderungsmangement aufrechterhalten können und auf IKU angewiesen sind.24 19 20 21 22 23 24 12 BGA (2012): „BGA Position“ vom 22.03.2012; DIHK (2012): „Stellungnahme zum inoffiziellen RefE eines Gesetzes zur Bekämpfung unseriöser Geschäftspraktiken (Fassung 12.03.2012)“ vom 14.06.2012; ZDH (2012): „Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ aus Mai 2012; BITKOM (2012): „Positionspapier zum Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ vom 18.07.2012. DIHK (2012): „Stellungnahme zum inoffiziellen RefE eines Gesetzes zur Bekämpfung unseriöser Geschäftspraktiken (Fassung 12.03.2012)“ vom 14.06.2012. DIHK (2012): „Stellungnahme zum inoffiziellen RefE eines Gesetzes zur Bekämpfung unseriöser Geschäftspraktiken (Fassung 12.03.2012)“ vom 14.06.2012; BITKOM (2012): „Positionspapier zum Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ vom 18.07.2012. DIHK (2012): „Stellungnahme zum inoffiziellen RefE eines Gesetzes zur Bekämpfung unseriöser Geschäftspraktiken (Fassung 12.03.2012)“ vom 14.06.2012. BITKOM (2012): „Positionspapier um Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ vom 18.07.2012. ZDH (2012): „Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ aus Mai 2012. Gesetzesentwurf zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr: Ferner besteht aktuell ein weiteres Gesetzesvorhaben in Deutschland, welches ebenfalls einen direkten Einfluss auf die Höhe von Inkassokosten haben könnte. So hat die Bundesregierung im Rahmen einer bis März 2013 in deutsches Recht umzusetzenden EU-Richtlinie einen „Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr“ in den Bundestag eingebracht.25 Das Gesetz soll auschließlich für den Geschäfts verkehr sowie Geschäfte zwischen Unternehmen und der öffentlichen Hand gelten, Verbraucher sind nicht betroffen. Kernbestimmungen sind: • Beschränkung der maximalen Zahlungsfrist zwischen zwei Unternehmen auf 60 Tage. Hiervon darf nur abgewichen werden, wenn dieses „für den Gläubiger nicht grob nachteilig ist.“ • Handelt es sich bei dem Schuldner um einen öffentlichen Auftraggeber, darf das maximale Zahlungsziel 30 Tage nicht überschreiten. Hiervon darf nur abgewichen werden, wenn die Vereinbarung „aufgrund der besonderen Natur oder der Merkmale der Vereinbarung sachlich gerechtfertigt ist.“ • Der gesetzliche Verzugszins wird um einen Prozentpunkt erhöht. • Einführung einer Mindestpauschale i.H.v. EURO 40 bei Verzug des Schuldners. Die Pauschale „ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.“ 25 Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung „Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr“ vom 15.08.2012. Kapitel 2: Marktumfeld, Marktteilnehmer und zahlungsgestörtes Forderungsvolumen Zur Einordnung unserer Fragen zu den Bereichen „Kriterien für Beauftragung eines IKU“ sowie „Zielsetzung des Outsourcings“ haben wir nachfolgend das Marktumfeld und die Marktteilnehmer zusammenfassend dargestellt sowie einen Überblick über das zahlungsgestörte Forderungsvolumen gegeben. Marktumfeld Aktuell halten IKU gemäß einer Branchenstudie26 in Deutschland rund Mrd. 55 Euro an Forderungen im Auftrag von Gläubigern, bei einer durchschnittlichen Forderungshöhe von EURO 646.27 Weitere direkte Daten zum Marktumfeld von IKU sind öffentlich nicht verfügbar. Abb. 1 – Gründe für eine schlechte Zahlungsmoral bei Privatpersonen 70% 60% 60% 53% 50% 40% 42% 41% 40% 39% 30% 20% 10% Verbraucher Gemäß einer Umfrage der EOS-Gruppe aus 2012 bei Unternehmen in Deutschland hinsichtlich der Gründe28 für eine schlechte Zahlungsmoral bei Privatpersonen (Verbrauchern) sind „eine bereits bestehende Überschuldung“ (60%), ein „momentaner Liquiditätsengpass“ (53%), „Arbeitslosigkeit“ (41%) sowie die „allgemeine Wirtschaftslage“ (40%) als wesentliche Faktoren anzuführen, weshalb diese ihren Zahlungsverbindlichkeiten nicht mehr nachkommen (können).29 Daneben wurden auch Gründe wie „Vergesslichkeit“ (42%) sowie „vorsätzliches Nichtbezahlen“ (39%) angegeben (Abb. 1). len e ah ez fts tz sä Vo r em lg Al lic ein e he W sN irt ich sc tb ha lo its be Ar rL ne ta en M om lag it ke sig hk lic ss Ve rg e iq ui Üb di er tä sc tse hu ng ld pa un g ss eit 0% Die Haupttätigkeit von IKU liegt in der Beitreibung offener Forderungen ihrer Auftraggeber. Bei der nachfolgenden Analyse der wesentlichen Treiber für eine (zumindest temporär) nicht ausreichende Liquidität des Schuldners wird nach „Verbrauchern“ und „Unternehmen“ unterschieden. Quelle: EOS (2012): 10-Länder Studie „Europäische Zahlungsgewohnheiten” Die Frühjahrsumfrage 2012 des BDIU unter seinen Mitgliedsunternehmen bestätigt sowohl „Überschuldung“ als auch „Arbeitslosigkeit“ als die wesentlichen Ursachen einer schlechten Zahlungsmoral bei Verbauchern.30 26 27 28 29 30 Bülow & Consorten (2012): „Der Inkassomarkt in Deutschland“ Umfrage mit Hilfe eines Fragebogens unter den Mitgliedsunternehmen des BDIU. Die Teilnahmequote wird von Bülow & Consorten mit über 50% angegeben. Die Stichprobenabdeckung („Repräsentativität“) schätzt Bülow & Consorten auf 60 bis 70% für den Gesamtmarkt in Deutschland. Prozentangaben geben die Häufigkeit der Antwort wieder. Mehrfachnennungen waren möglich. EOS (2012): Zehn-Länder-Studie 2012 „Europäische Zahlungsgewohnheiten“. BDIU (2012): „Frühjahrsumfrage 2012“ Marktstudie zum „Management zahlungsgestörter Forderungen“ 13 Allgemeine Wirtschaftslage: Nach zwei Jahren mit Wachstumsraten des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts (BIP) von mindestens drei Prozent (2010: 3,7% und 2011: 3,0%)31 entwickelt sich die allgemeine Wirtschaftslage in Deutschland aktuell schwächer. Die Frühindikatoren „ZEW-Konjunkturerwartungen“ und „ifo-Geschäftsklimaindex“ sind seit mehreren Monaten generell rückläufig.32 Nichtsdestotrotz ist die Verbraucherstimmung in Deutschland gemäß der GFK-Konsumklimastudie für Oktober 2012 weiterhin positiv, insbesondere die Anschaffungsneigung verharrt auf hohem Niveau.33 Die Deutsche Bundesbank sowie mehrere Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten für 2012 aufgrund des schwierigen makroökonomischen Umfelds eine Wachstumsrate von lediglich rund einem Prozent.34 Auch für 2013 erwarten Wirtschaftsforschungsinstitute unisono ein nahezu konstantes Wachstum des BIPs in Höhe von rund einem Prozent.35 Arbeitslosenquote: Das Konjunkturklima der vergangenen Jahre wirkte sich positiv auf die Entwicklung der Arbeitslosenquote aus. Auch für das Jahr 2012 gehen Wirtschaftsforschungsinstitute noch von einem weiteren Rückgang der Arbeitslosenquote aus.36 Für 2013 hingegen erwarten Wirtschaftsforschungsinstitute gemäß aktueller Prog nosen insbesondere aufgrund der sich abschwächenden Konjunktur einen leichten Anstieg (IfW) bzw. gehen von einer Stagnation (IW; IAB) der Arbeitslosenquote aus (Abb. 2).37 31 32 33 34 35 36 37 38 14 Pressekonferenz „Bruttoinlandsprodukt 2011 für Deutschland“ des Statistischen Bundesamts am 11. Januar 2012. Pressemitteilung des ZEW vom 13.11.2012; Ergebnisse des ifo Konjunturtests Oktober 2012 Pressemitteilung der GfK SE vom 26. Oktober 2012. Deutsche Bundesbank Monatsbericht Juni 2012; Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW): „IW-Konjunkturprognose Herbst 2012“ aus September 2012; Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW): „Deutsche Konjunktur im Herbst 2012“ vom 12.09.2012; ifo Konjunkturprognose 2012/2013 vom 28.06.2012. ifo Institut: 1,3% (ifo Konjunkturprognose 2012/2013); IfW: 1,1% („Deutsche Konjunktur im Herbst 2012“ vom 12.09.2012); IW: 0,75% (IW-Konjunkturprognose Herbst 2012 aus September 2012); Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB): 0,8% (IAB-Prognose 2012/2013). IfW: „Deutsche Konjunktur im Herbst 2012“ vom 12.09.2012; IW: „Konjunkturprognose Herbst 2012“ aus September 2012; IAB: „IAB-Prognose 2012/2013“. IfW: „Deutsche Konjunktur im Herbst 2012“ vom 12.09.2012; IW: „Konjunkturprognose Herbst 2012“ aus September 2012; IAB: „IAB-Prognose 2012/2013“. Definition gemäß Bundesagentur für Arbeit. Abb. 2 – Anzahl an Arbeitslosen und Arbeitslosenquote37 2010–2013 Arbeitslose (Tsd. Personen) und Arbeitslosenquote (in %) 3.300 3.200 7,7% 3.100 3.000 7,1% 2.900 6,7% 2.800 2.700 2.600 2010 2011 2012* * Prognose des ifo Instituts Quelle: ifo Konjunkturprognose, 28.06.2012 Gemäß der Überschuldungsstatistik 2010 des statistischen Bundesamts war im Jahr 2010 „Arbeitslosigkeit“ mit 28% der mit Abstand wichtigste Auslöser für die Überschuldung von Privatpersonen. Weitere Auslöser waren bspw. „Trennung, Scheidung, Tod des Partners/der Partnerin“ (14%), „Erkrankung, Sucht, Unfall“ (12%) sowie eine „unwirtschaftliche Haushaltsführung“ (10%). 39 Überschuldungssituation: Der sich abschwächende Trend einer rückläufigen Arbeitslosigkeit, das schwächelnde Konjunkturklima in 2012 sowie die anhaltend hohe Konsumneigung spiegeln sich erwartungsgemäß auch in der Überschuldungssituation40 der Bundesbürger wider. Diese hat sich bei Verbrauchern gemäß dem SchuldnerAtlas 2012 (Creditreform) im Jahr 2012 nach einem Rückgang in 2011 wieder verschlechtert.41 Demnach sind in 2012 (Stichtag 1. Oktober 2012) rund 6,6 Millionen Bundesbürger über 18 Jahren überschuldet und weisen nachhaltige Zahlungsstörungen auf. Dies entspricht einem Anstieg um rund 2,8% im Vergleich zu 2011. Damit bleibt die Schuldnerquote deutlich über dem Tiefstwert von 2009, sodass die Überschuldungssituation der Verbraucher auch vor dem 39 40 41 Pressemitteilung des Statistischen Bundesamts vom 30. August 2012. Eine Überschuldung liegt vor, wenn die Summe der fälligen Zahlungsverpflichtungen seitens des Schuldners auch in absehbarer Zeit nicht beglichen werden kann. Creditreform e.V. (2012): „SchuldnerAtlas Deutschland, Jahr 2012“. Hintergrund der Risiken der nationalen und globalen Konjunkturentwicklung, insbesondere der Europäischen Staatsschuldenkrise, weiterhin als angespannt bezeichnet werden kann (vgl. Abb. 3). Der Anteil der Schuldner mit hoher Überschuldungsintensität liegt in 2012 mit Mio. 3,8 Bundesbürgern (57,5% aller Schuldner) weiterhin auf einem konstanten Niveau. Eine hohe Überschul dungsintensität zeichnet sich durch eine hohe Anzahl miteinander verknüpfter Negativmerkmale, meist juristischen Sachverhalten und unstrittigen Inkasso-Fällen sowie nachhaltigen Zahlungstörungen, aus. Für das Jahr 2011 gelangt die Auswertung des Risikomodells der Schufa Holding AG zu einem ähnlichen Ergebnis.42 Der Anteil der Personen ohne drohende Überschuldung (Risikostufe „Grün“) hat sich im Jahr 2011 um 0,5 Prozentpunkte auf 90,2% im Vergleich zu 2010 leicht verbessert. Für diese Gruppe liegen der Schufa Holding AG keine Hinweise für Zahlungsschwierigkeiten vor. Der Schufa-Kredit-Kompass 2012 zeigt darüber hinaus auch in den kritischen Risikostufen „Gelb“ bis „Rot“ einen leichten Rückgang (vgl. Abb. 4).43 Insolvenzen: Die sinkende Arbeitslosen- als auch die Schuldnerquote führten in 2011 zu einem Rückgang der Verbraucherinsolvenzen im Vergleich zu 2010 um 5,1% auf 103.289 (vgl. Abb. 5). Abb. 4 – Einstufung der Bevölkerung in Deutschland nach dem Schufa-Risikomodell Abb. 3 – Schuldnerquoten in Deutschland 2004–2012 Jahr Einwohner (in Mio.) >18 Jahre Schuldner (in Mio.) Schuldnerquote Schuldnerhaushalte 2004 82,5 67,1 6,5 9,7% 3,1 2005 82,4 67,3 7,0 10,4% 2006 82,3 67,3 7,2 10,7% 2007 82,2 67,6 7,3 2008 82,0 68,0 2009 81,8 68,1 2010 81,7 2011 81,8 2012 81,8 2011 2010 Grün 59,7 90,2% 89,7% 3,3 Gelb 2,5 3,7% 3,7% 3,5 Orange 1,0 1,4% 1,5% 10,9% 3,5 Rot 3,1 4,7% 5,0% 6,9 10,1% 3,4 Gesamt 66,2 100% 99,9%* 6,2 9,1% 3,0 68,3 6,5 9,5% 3,2 68,3 6,4 9,4% 3,2 68,3 6,6 9,7% 3,3 Abb. 5 – Insolvenzverfahren nach Schuldnerarten 2010–2011 Schuldnerart 2011 2010 Veränderung (in %) Unternehmen (einschl. Kleingewerbe) 30.099 31.998 -5,9% 103.289 108.798 -5,1% 26.030 27.662 -5,9% 159.418 168.458 -5,4% Übrige Schuldner Insolvenzen insgesamt Anteile Anzahl Personen (in Mio.) Quelle: Creditreform Schuldner Atlas 2012 Verbraucher Warnstufe Grün: Gelb: Keine Hinweise auf Zahlungsschwierigkeiten Erste Zahlungsschwierigkeiten ggü. bspw. Versandhändlern/Telekommunikationsunternehmen oder eine statistische Wahrscheinlichkeit über 10%, das Probleme bei der Rückzahlung von Krediten auftreten könnten. Orange: Mindestens eine offene Verbindlichkeit ggü. einer Bank, die angemahnt und unbestritten ist. Rot: Kritische finanzielle Lage Quelle: Schufa-Kredit-Kompass 2012 * Die Summe beträgt aufgrund von Rundungen weniger als 100% Quelle: Statistisches Bundesamt 42 43 Schufa Holding AG (2012):“ Schufa Kredit-Kompass 2012“. Für das Jahr 2012 liegt noch kein Jahresbericht der Schufa Holding AG vor. Marktstudie zum „Management zahlungsgestörter Forderungen“ 15 Für den Zeitraum Januar bis August 2012 registrierte das Statistische Bundesamt mit 67.304 Verbraucherinsolvenzen einen Rückgang i.H.v. 3,2% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.44 Korrespond ierend konstatiert Bürgel Wirtschaftsinformationen GmbH & Co. KG einen Rückgang der Privatinsolvenzen im ersten Halbjahr 2012 von 4,7% im Vergleich zum Vorjahresquartal.45 Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass sich der Einfluss einer abschwächenden Konjunktur in der Regel erst mit zeitlicher Verzögerung bemerkbar macht. Überschuldungstrends: Insgesamt lässt sich feststellen, dass sich der positive Trend bei der Überschuldungssituation der Bundesbürger in 2012 nicht fortgesetzt hat. Jüngste Erhebungen zeigen darüber hinaus, dass insbesondere die Überschuldungssituation junger Leute eine negative Entwicklung aufweist. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist die Anzahl bei Personen zwischen 18 und 25 Jahren im ersten Halbjahr um 29,4% auf 5.809 Privatinsolvenzen angestiegen, während die anderen Altersgruppen allesamt einen Rückgang aufweisen, der diesen Anstieg überkompensiert.46 Gemäß der Auswertung von Creditreform (SchuldnerAtlas 2012) ist demnach mehr als ein Viertel aller Schuld ner jünger als 30 Jahre. Insbesondere ein „finanzielles und ökonomisches Analphabetentum“47 gepaart mit vergleichsweise hohen Investitionen in Konsummarken artikel wie bspw. Smartphones mittels Raten- und Kreditkartenkauf werden als Ursachen identifiziert.48 Gemäß Schufa Kredit Kompass weisen die unter 35-Jährigen bei der Kreditrückzahlung die höchsten Ausfallquoten auf. Während der bundesdeutsche Durchschnitt in 2011 bei rund 2,5% lag, betrug die Ausfallquote bei den 18- bis 35-Jährigen zwischen 3,6% und 3,2% (fallend mit steigendem Alter).49 44 45 46 47 48 49 16 Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 09. November 2012. Bürgel (2012): „Schuldenbarometer 1. Halbjahr 2012“. Bürgel (2012): „Schuldenbarometer 1. Halbjahr 2012“. Vgl. Interview mit Prof. Dr. Klaus Hurrelmann, in: Creditreform (2011): „SchuldnerAtlas Deutschland 2011“. Creditreform (2011): „SchuldnerAtlas Deutschland 2011“; Bürgel (2012): „Schuldenbarometer 1. Halbjahr 2012“. Schufa Holding AG (2012): „SchufaKredit-Kompass 2012“ Als Trendindikator für eine drohende Überschuldung von Verbrauchern in Deutschland kann der SchuldnerKlimaIndex50 von Creditreform herangezogen werden. Der Index wird aus den drei Einflussgrößen „Ökonomisches Potenzial“, „Kreditaffinität“ und „Schuldenstress“ gebildet. Hundert oder mehr Punkte kennzeichnen eine eher moderate Überschuldungslage, ein Index unter hundert Punkten zeigt, dass sich die Verbraucher in Deutschland in einer eher angespannten Überschuldungslage befinden. Im aktuell vorliegenden Report (Sommer 2012) hat sich der Index im Vergleich zum Frühjahr 2012 leicht entspannt und liegt bei 110,5 Punkten und somit im positiven Bereich. Die Verbraucher in Deutschland bewerten sowohl ihre aktuelle als auch künftige wirtschaftliche Situation („Ökonomisches Potenzial“) etwas positiver als noch im Frühjahr 2011/2012. Der Teilindikator für den Bereich „Schuldenstress“ hat sich um 8,3 Punkte verbessert, insbesondere durch Anpassungstrategien der Verbraucher wie beispielsweise Sparen und Zurückhaltung bei kreditfinanzierten Anschaffungen. Dies zeigt sich auch in der aktuellen Kreditnutzung der Verbraucher, welche im Vergleich zum Frühjahr abgenommen hat und auf dem niedrigsten Stand seit Herbst 2010 liegt. Gemäß Aussage im SchuldnerAtlas 2012 zeigt der SchuldnerKlimaIndex für Herbst 201251 eine spürbare Zunahme des „Schuldenstress“ (Abb. 6).52 Unternehmen In der Umfrage der EOS-Gruppe aus 2012 wurden neben den oben aufgeführten Gründen einer schlechten Zahlungsmoral von Verbrauchern auch die Gründe einer schlechten Zahlungsmoral von Unternehmen abgefragt. Als Haupttreiber bei Unternehmen für das Nichtzahlen offener Forderungen sind ein „momentaner Liquiditätsengpass“ (58%), die „allgemeine Wirtschaftslage“ (50%) sowie „Zahlungsausfälle bei eigenen Kunden“ (46%) angeführt (Abb. 7).53 50 51 52 53 Creditreform Boniversum (2012): „SchuldnerKlima-Index, Sommer 2012“. Der SchuldnerKlima-Index Deutschland erscheint einmal im Quartal. Er basiert jeweils auf einer bundesweiten und bevölkerungsrepräsentativen Online-Befragung von rund 1.000 Bürgern im Alter zwischen 18 und 69 Jahren. Am 22. November 2012 veröffentlicht. Creditreform (2012): „SchuldnerAtlas Deutschland 2012“. EOS (2012): Zehn-Länder-Studie 2012 „Europäische Zahlungsgewohnheiten“. Analog zu den Gründen bei Verbrauchern wird auch dieses Ergebnis, insbesondere „Zahlungsausfälle bei eigenen Kunden“, durch die Frühjahrsumfrage 2012 des BDIU unterstützt.54 Auffällig ist, dass sowohl die in Abbildung 15 aufgezeigten Hauptauftraggeber von IKU als auch die in der Frühjahrsumfrage 2012 des BDIU identifizierten (nahezu identischen) Branchen, die derzeit die größten Probleme mit dem Zahlungsverhalten ihrer Kunden haben, in der Regel auch einen höheren Anteil an Verbrauchern am Kundenstamm (B2C) haben. Somit kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass oben genannte Indikatoren (Arbeitslosenquote, Schuldnerquoten und Verbraucherinsolvenzen) sowie deren Entwicklung einen erheblichen Einfluss auf die Liquidität der Unternehmen und somit deren eigene Zahlungsfähigkeit haben. Diese Zahlungsfähigkeit wiederum hat Einfluss auf die Fähigkeit zur Begleichung eigener Verbindlichkeiten. Abb. 6 – Entwicklung des SchuldnerKlima-Index sowie seiner Teilindikatoren, Sommer 2012 140 120 100 80 60 40 20 0 Frühjahr 2011 Sommer 2011 Herbst 2011 Winter 2011/12 Frühjahr 2012 Sommer 2012 Index Ökonomisches Potenzial Keditaffinität Schuldenstress 54 55 Abb. 7 – Gründe für eine schlechte Zahlungsmoral bei Unternehmen 70% 60% 58% 50% 40% 30% 50% 46% 31% 27% 27% 26% 20% 10% hn Gr isc ün he de Te c M di om tä e tse nt ng an pa er ss W A irt llg sc e ha m fts ein lag e e be Za i e hl ig un en g en sau Ku sfä nd lle en Lie A fe us ra n nt ut en ze kr n v ed o ite n Re P n ch ro nu fes ng sio sb na ea lit rb ät eit de un r g Ni Vor ch sä tb tzl ez ich ah es len 0% ui Fazit Insgesamt lässt sich festhalten, dass der Haupttreiber für das Nichtbezahlen von eigenen Verbindlichkeiten sowohl bei Verbrauchern als auch bei Unternehmen ein (zumindest temporärer) Liquid itätsengpass ist. Obwohl die Ursachen hierfür zunächst unterschiedlich erschei nen, sind Zusammenhänge mit der Arbeitslosenquote sowie der Anzahl an Insolvenzen erkennbar. Diese Faktoren haben sowohl auf Unternehmen im B2C- als auch im B2B-Geschäft einen signifikanten Einfluss. Verschlechtern sich diese Faktoren, führt das zunächst zu Zahlungsausfällen bei den Unternehmen im B2C-Geschäft, was wiederum bei diesen zu einem Liquiditätsengpass und einer mangelnden Zahlungsfähigkeit führen kann. Da diese auch Kunden der Unternehmen im B2B-Geschäft sind, kann hierdurch ein Kreislauf bei den Unternehmen aus eigenen offenen Forderungen und nicht zahlbaren Verbindlichkeiten entstehen. Quelle: Creditreform Boniversum SchuldnerKlima-Index, Sommer 2012 Liq Wie in Abbildung 5 dargestellt, ist die Anzahl an Unternehmensinsolvenzen in 2011 um rund sechs Prozent auf 30.099 gesunken. Für den Zeitraum Januar bis August 2012 registrierte das Statistische Bundesamt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einen Rückgang der Unternehmensinsolvenzen um 2,9% auf 19.746.55 Quelle: EOS (2012): 10-Länder Studie „Europäische Zahlungsgewohnheiten” BDIU (2012): „Frühjahrsumfrage 2012“. Vgl. Ausführungen zur zeitlichen Verzögerung im Abschnitt zu Insolvenzen bei Verbrauchern. Marktstudie zum „Management zahlungsgestörter Forderungen“ 17 Trotz des weiterhin positiven Trends einer sinkenden Arbeitslosenquote (vgl. Abb. 2), erwartet der BDIU für das Jahr 2012 sowohl einen leichten Anstieg der Verbraucherinsolvenzen auf 105.000 (+1,7% im Vergleich zum Vorjahr) als auch der Unternehmensinsolvenzen auf rund 32.000 (+6% im Vergleich zu 2011).56 Begründet wird dieses durch den BDIU insbesondere mit den zunehmenden negativen Rahmenbedingungen in Europa. Auch der Kreditversicherer Euler Hermes erwartet, dass der positive Trend bei den Unternehmensinsolvenzen endet und geht von einer Stagnation im Gesamtjahr 2012 sowie einem Anstieg von einem Prozent in 2013 aus.57 Bürgel erwartet für das Gesamtjahr 2012 eine leicht steigende Anzahl an Unternehmensinsolvenzen,58 während im Bereich der Privatinsolvenzen ein Rückgang im Vergleich zu 2011 von rund drei Prozent prognostiziert wird.59 60 Marktteilnehmer Aktuell sind rund 1.900 IKU im Rechtsdienstleistungsregister61 registriert, von denen angabegemäß rund 900 als marktaktiv angesehen werden können. Im BDIU sind rund 70% der aktiven IKU Deutschlands organisiert, was einer Anzahl von rund 600 IKU entspricht. Diese repräsentieren circa 90% des Marktvolumens und vertreten mehr als 500.000 Gläubiger aus allen Branchen. Pro Jahr realisieren sie rund Mrd. 5 Euro für ihre Kunden.62 In der Regel wird die Durchsetzung fremder Forderungen sowohl durch Rechtsanwaltskanzleien als auch durch IKU vollzogen. Während Rechtsanwaltskanzleien vorwiegend bei komplexen juristischen Problemen oder strittigen Forderungen eingeschaltet werden und im Bereich des Forderungseinzugs tätig sind, bieten insbesondere die großen IKU neben dem originären Forderungseinzug weitere Dienstleistungen in der Prozesskette des Forderungsmanagements an. 56 57 58 59 60 61 62 18 Pressemitteilung des BDIU vom 24.05.2012. Pressemitteilung von Euler Hermes vom 08. November 2012. Bürgel (2012): „Firmeninsolvenzen 1. Halbjahr 2012“. Bürgel (2012): „Schuldenbarometer 1. Halbjahr 2012“. Vgl. Ausführungen zur zeitlichen Verzögerung im Abschnitt zu Insolvenzen bei Verbrauchern. Vgl. Kapitel 1. Angabe des BDIU Seit dem 01. Juli 2008 ist es IKU erlaubt, ihre Auftraggeber im gerichtlichen Mahnverfahren bis zur Abgabe an das Streitgericht sowie in einigen gerichtlichen Zwangsvollstreckungsverfahren zu vertreten. Dieses war vorher nur Rechtsanwaltskanzleien vorbehalten.63 Im Gegensatz zu den rund 158.000 in der Bundesrechtsanwaltskammer registrierten Rechtsanwälten ist die Anzahl der aktiven IKU am Markt mit rund 900 Unternehmen gering. Die hohe Anzahl an Nachfragern von Inkassodienstleistungen erstreckt sich grundsätzlich von international tätigen Großunternehmen bis hin zu kleinen Familienbetrieben über alle Branchen hinweg. Insgesamt ist die Inkassobranche mittelständisch geprägt, 93% der IKU beschäftigen zwischen einem und 50 Mitarbeitern.64 Innerhalb der IKU stehen den großen, national wie international tätigen, Unternehmen wie arvato infoscore GmbH, Creditreform, EOS-Gruppe, sowie GFKL Financial Services AG eine Vielzahl kleiner bis mittelgroßer IKU gegenüber, welche in der Regel nur in Deutschland aktiv sind. Grundsätzlich bedienen die mittelgroßen bis großen IKU das sogenannte „Masseninkasso“, also die Bearbeitung einer hohen Anzahl von Forderungen mit einer geringen durchschnittlichen Forderungshöhe. Hierbei sind für eine effiziente Bearbeitung unter Berücksichtigung der datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen vergleichs weise hohe Investitionen in IT-Systeme und Infrastruktur notwendig. Neben dem originären Forderungseinzug bieten die größeren IKU weitere Dienstleistungen im Forderungsmanagementprozess an, die von der Fakturierung und dem Debitorenmanagement bis hin zum außergerichtlichen Inkasso sowie – über Kooperationen mit Fachanwaltskanzleien – der gerichtlichen Auseinandersetzung reicht. 63 64 Vgl. „Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts“ vom 12. Dezember 2007. Bülow & Consorten (2012): „Der Inkassomarkt in Deutschland“ Daneben existieren einige spezialisierte Anbieter, die sich ausschließlich auf einzelne Branchen, beispielsweise die Gesundheitsbranche, konzentrieren und durch branchenspezifisches Know-how Wettbewerbsvorteile aufbauen.65 Im Rahmen von Zahlungsverzögerungen oder drohenden Ausfällen ausländischer Schuldner unterhalten die großen IKU weltweite Niederlassungen, während sich kleinere IKU internationalen Netzwerken angeschlossen haben, auf deren Unterstützung im Bedarfsfall zurückgegriffen werden kann. Zahlungsgestörtes Forderungsvolumen Öffentlich zugängliche valide Angaben zu dem Gesamtvolumen zahlungsgestörter Forderungen in Deutschland liegen nicht vor. Im Folgenden werden daher verschiedene Indikatoren herangezogen, die eine Einschätzung diesbezüglich erleichtern können. Zahlungsmoral: Die Zahlungsmoral in Deutschland bewegt sich derzeit auf einem hohen Niveau. Der Index zur Zahlungsmoral von D&B Deutschland, einer Wirtschaftsauskunftei, erreichte im zweiten Quartal 2012 mit 87,8% den bisher höchsten Wert aus Quartalssicht. Auf Monatsbasis ist jedoch ein Rückgang im Juni und Juli 2012 im Vergleich zum bisherigen Höchststand im Mai 2012 zu beobachten.66 Trotz abflauender Konjunktur bleibt die Zahlungsmoral auch im August und September 2012 auf hohem Niveau.67 Der Indexwert gibt den prozentualen Anteil der vereinbarungsgemäßen Zahlungen in der deutschen Wirtschaft wider (Abb. 8). Dieses Ergebnis ist grundsätzlich auch dem DRD-Index von Creditreform zu entnehmen.68 Auch die Auswertung der BDIU Frühjahrsumfrage 2012 unterstützt diese Ergebnisse, 66% der befragten IKU beobachteten keine Abb. 8 – Branchenspezifische Zahlungsmoral in Deutschland Q2/2012 Q2/2012 Vereinbarungsgemäß Q2/2012 vs. Q1/2012 Veränderung Q2/2012 Tage im Verzug Pharma 92,8% -1,2% 7,8 Banken 92,5% 1,1% 4,3 Groß- und Einzelhandel 89,1% 0,3% 6,2 Maschinenbau 88,9% 0,5% 6,0 Verlage und Druckereien 88,5% -0,1% 8,5 Baugewerbe 87,7% -1,2% 5,5 Handwerk 87,7% -0,5% 7,4 Behörden 86,6% 0,2% 6,3 Transport & Logistik 86,0% 0,0% 5,8 Versicherungen 82,6% 1,8% 8,5 Telekommunikaion 82,0% 1,5% 6,7 Automobilindustrie und Zulieferer 81,1% 1,2% 6,8 Gesamt 87,8% 0,1% 6,4 Branche Quelle: D&B Studie „Zahlungsmoral in Deutschland“, 2. Q 2012 66 67 65 Sonderbeilage in der Zeitung „Die Welt“ vom 20.03.2012. 68 D&B (2012): „Zahlungsmoral in Deutschland“, 2. Quartal 2012. Pressemitteilung von D&B vom 12. Oktober 2012. Vgl. Creditreform (2012): „DRD-Index Herbst 2012“. Marktstudie zum „Management zahlungsgestörter Forderungen“ 19 Veränderung des Zahlungsverhaltens, 22% der befragten IKU konstatierten ein im Vergleich zum Herbst 2011 verschlechtertes Zahlungsverhalten der Schuldner und 12% beobachteten eine Verbesserung. Hinsichtlich der Zahlungsmoral von „Verbrauchern“ ist eine leicht negativere Tendenz im Vergleich zu den Ergebnissen bei „Unternehmen“ zu beobachten.69 Insgesamt rechnen 34% der befragten Inkassounternehmen mit einer sich verschlechternden Zahlungsmoral in 2013, während 55% eine im Wesentlichen konstant bleibende Zahlungsmoral prognostizieren (Abb. 9). Auffällig ist sowohl die große Spannbreite der Werte als auch die divergierende Entwicklung zwischen den einzelnen Branchen. Abb. 9 – Zahlungsmoral: Trend 2013 60% 55% 50% 40% 34% 30% Festzuhalten ist, dass sich der Anteil nicht-termingerechter Zahlungen in Deutschland insgesamt seit 2009 um rund 3,7 Prozentpunkte verringert hat, was sich insbesondere auf den um fast vier Prozentpunkte gesunkenen Anteil im B2B-Geschäft zurückzuführen lassen scheint.70 Nichtsdestotrotz liegt dieser Anteil noch rund drei Prozentpunkte über dem Anteil nicht-termingerechter Zahlungen im B2C-Geschäft. Hinsichtlich der Forderungs ausfälle, gemessen am gesamten Forderungsbestand eines Jahres, lässt sich im B2C-Geschäft kein Trend (positiv oder negativ) feststellen, während im B2B-Geschäft der Anteil von 2010 bis 2012 um 0,9 Prozentpunkte gesunken ist. Im Europäischen Vergleich ist festzustellen, dass Deutschland sowohl im Bereich der nicht-termingerechten Zahlungen als auch im Bereich der durchschnittlichen Forderungsausfälle unter dem Durchschnitt liegt. Als weiterer Indikator zur Einschätzung des zahlungsgestörten Forderungsvolumen kann das Volumen der zum Zeitpunkt der Insolvenzantragsstellung bei Gericht ermittelten Forderungen herangezogen werden. Dieses betrug gemäß Statistischen Bundesamt in 2011 rund Mrd. 32 Euro, wovon rund zwei Drittel auf Unternehmen und ca. zwanzig Prozent auf Verbraucher entfallen (vgl. Abb. 11). 20% 10% 11% 0% Eher besser Eher schlechter Nicht viel Veränderung Quelle: BDIU Frühjahrsumfrage 2012 Zahlungsgestörtes Forderungsvolumen: Als Untergrenze können in einem ersten Schritt die aktuell durch IKU bearbeiteten Forderungen in Höhe von Mrd. 55 Euro, zur weiteren Approximation weitere Indikatoren herangezogen werden. Nachfolgend stellen wir tabellarisch die Ergebnisse vergangener Studien aus den Jahren 2009 bis 2012 hinsichtlich der nicht termingerechten Zahlungen und der durchschnittlichen Forderungsausfälle sowohl im B2Cals auch im B2B-Geschäft vor (Abb. 10). Eine Schätzung einer exakten Schadenshöhe resultierend aus Insolvenzen ist aufgrund der Unklarheit, ob alle Forderungen angemeldet worden sind sowie welche Rückflüsse an die Gläubiger realisiert werden können, nicht eindeutig vorzunehmen. Creditreform hat eine Schätzung auf Basis der erfassten Forderungen durch die Insolvenzgerichte, die Registrierung der Insolvenzgelder durch die Bundesagentur für Arbeit sowie Statistiken des Pensionssicherungsvereins vorgenommen und schätzt die Insolvenzschäden in Deutschland für private Gläubiger sowie die öffentliche Hand im Jahr 2011 auf rund Mrd. 23,3 Euro, wovon Mrd. 16,7 Euro auf private Gläubiger entfallen.71 Euler Hermes verzeichnet in 2012 einen Anstieg der Forderungsausfälle um 85% auf Mrd. 37 Euro. In 2013 erwarter Euler Hermes Ausfälle von Mrd. 27 Euro.72 70 71 69 20 BDIU Frühjahrsumfrage 2012. 72 Um aufgrund unterschiedlicher Studienkonzepte eine gewisse Vergleichbarkeit der Zahlen zu gewährleisten, werden in diesem Abschnitt nur die Zahlen der EOS-Gruppe analysiert. Vgl. Creditreform (2012): ):“Insolvenzen in Deutschland, 1. Halbjahr 2012“, S. 2f. Pressemitteilung von Euler Hermes vom 08. November 2012. Abb. 10 – Branchenübergreifender Anteil nicht-termingerechter Zahlungen sowie Forderungsausfälle Studie Anteil nicht-termingerechter Zahlungen B2C B2B Gesamt 2009 n/a n/a 2010 18,6% 2011 17,1% 2012 17,6% Forderungsausfall B2C Gesamt B2C 23,0% n/a n/a 2,1% 24,6% n/a 2,7% 2,8% 2,8% 23,9% 21,0% n/a n/a 1,8% 20,7% 19,3% 2,5% 1,9% n/a 2012 n/a n/a 30,6%* n/a n/a 2,7%* 2012 n/a n/a n/a 2,5%** n/a n/a *inländische Kunden **Ratenkredite Quellen: EOS 10-Länder Studie „Europäische Zahlungsgewohnheiten”, 2009, 2010, 2011 und 2012 Atradius Zahlungsmoralbarometer, Frühjahr 2012 Schufa Kredit Kompass 2012 Abb. 11 – Zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung bei Gericht ermittelte Forderungen 25,0 20,0 EUR Mrd. 20,0 15,0 11,5 0,5 10,0 5,8 0,8 5,0 3,7 0,0 0,8 Unternehmen (einschließlich Kleingewerbe) Unternehmen (einschließlich Kleingewerbe) Natürliche Personen als Gesellschafter u.Ä. Ehemals selbstständig Tätige (Regelinsolvenzverfahren) Übrige Schuldner insgesamt Ehemals selbstständig Tätige (vereinfachtes Verfahren) Verbraucher Nachlässe Quelle: Statistisches Bundesamt, Juli 2012 Marktstudie zum „Management zahlungsgestörter Forderungen“ 21 Kapitel 3: Bedeutung von Inkasso unternehmen für Marktteilnehmer In diesem Kapitel haben wir zum besseren Verständnis der im Rahmen der Umfrage erbetenen Angaben zu Kennziffern und Struktur der zum Inkasso übergebenen Forderungen allgemeine Ausführungen zur Bedeutung von IKU für die Marktteilnehmer dargestellt. Wirtschaftliche Bedeutung Zahlungsverzögerungen und/oder Zahlungsausfälle führen bei den betroffenen Unternehmen u.a. zu Gewinneinbußen und höheren Zinsaufwendungen. Bei einer Umsatzrendite i.H.v. bspw. 3% und einem Forderungsausfall von EURO 3.000 muss ein Unternehmen einen zusätzlichen Umsatz i.H.v. EURO 100.000 generieren, um den Verlust durch den Forderungsausfall zu kompensieren.73 Vor dem Hintergrund, dass Unternehmen in der Regel bei der Preisbildung ihrer Produkte oder Dienstleistungen historische Zahlungsausfälle berücksichtigen, tragen IKU durch die Beitreibung offener Forderungen und somit über die Erhöhung der Beitreibungsquote zur Preisstabilität in der Volkswirtschaft bei.74 IKU unterstützen ihre Auftraggeber durch umfangreiche Maßnahmen, die auf die Reduzierung von Forderungsausfällen (durch Bonitätsprüfungen vor Eingang der Kundenbeziehung) als auch auf die Erhöhung der Beitreibungsquote überfälliger Forderungen zielen. Sie unterstützen die Unternehmen notwendige Liquidität sicherzustellen. Dieses Ergebnis wird auch in der Studie von EOS (2012) deutlich. Osteuropäische Unternehmen setzen weniger stark auf die Zusammenarbeit mit externen Spezialisten im Forderungsmanagement als westeuropäische und sind aufgrund von Zahlungsausfällen oder -verzögerungen in höherem Maße in ihrer Liquidität gefährdet.75 Darüber hinaus entlastet die Beauftragung eines IKU das betriebseigene Personal des Auftraggebers. Diese können sich somit wieder auf das Kerngeschäft konzentrieren und zu betrieblichen Produktivitätssteigerungen beisteuern. Dieses gilt insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen ohne eigenes Mahnwesen. 73 74 75 22 Gemäß der Branchenstudie 2012 von Bülow & Consorten ist rund ein Viertel aller von IKU bearbeiteten Forderungen größer als EURO 10.000. Vgl. bspw. die Pressemittelung des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen vom 11.06.2012. Letztlich wird der Schaden durch Schwarzfahrer in Form höherer Ticketpreise an die Kunden weitergegeben. EOS (2012): Zehn-Länder-Studie 2012 „Europäische Zahlungsgewohnheiten“. In erheblichem Umfang tragen IKU auch zur Entlastung der Gerichte bei. Gemäß der Branchenstudie bearbeiten die IKU in Deutschland derzeit rund 18,8 Millionen Fälle im vor- bzw. außergerichtlichen Bereich. Circa 15,4 Millionen (rd. 82%) dieser Forderungsstreitigkeiten können die IKU angabegemäß ohne gerichtliche Verfahren beilegen.76 Neben den finanziellen Schäden stellen auch die aus einer unverschuldeten, aus einer mangelnden Zahlungsfähigkeit der Kunden resultierenden, durch Insolvenz verursachte Arbeitsplatzverluste einen erheblichen Schaden für die Volkswirtschaft dar (Abb. 12). Laut einer Schätzung von Creditreform sind im ersten Halbjahr 2012 rund 150.000 Arbeitsplätze durch Insolvenzen bedroht, im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Anstieg um 36,6%, wobei hier die Insolvenz von Schlecker zu beachten ist. Wie im Abschnitt „Marktumfeld“ dargestellt sind „hohe Zahlungsausfälle bei eigenen Kunden“ einer der Haupttreiber, weshalb Unternehmen in finanzielle Engpässe und unter Umständen in die Insolvenz geraten können. IKU unterstützen diese Unternehmen beim Forderungseinzug, helfen somit bei der Liquiditätssicherstellung und können daher eine potenzielle Insolvenz mit den damit verbundenen Arbeitsplatzverlusten in einigen Fällen verhindern. Darüber hinaus verschafft die Inkassobranche selbst rund 15.500 Beschäftigten in Deutschland eine wirtschaftliche Existenz.77 Einbindung externer Dienstleister in das Forderungsmanagement Gemäß einer Studie von Atradius aus Dezember 2011 nahmen 37% der deutschen Unternehmen in den letzten zwölf Monaten die Dienstleistungen von IKU zum Forderungseinzug in Anspruch, dies entspricht einem Anstieg um zehn Prozentpunkte zum Vorjahr. Dabei arbeiten 73% dieser Unternehmen lediglich mit einem IKU zusammen, während 27% zwei oder mehrere IKU gleichzeitig beauftragen. 19% der befragten Unternehmen stufen es als wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich ein, dass sie in den nächsten zwei Jahren ihr internes Mahnwesen („first party collections“) ausgliedern werden, wohingegen rund die Hälfte es als unwahrscheinlich oder sehr unwahrscheinlich erachtet.78 76 77 78 Bülow & Consorten (2012): „Der Inkassomarkt in Deutschland“. Bülow & Consorten (2012): „Der Inkassomarkt in Deutschland“. Atradius Collections B.V. (2011): “Global Collection Review”, December 2011. Ein ähnliches Ergebnis liefert eine Studie der EOS-Gruppe aus 2012;79 westeuropäische Unternehmen (61%) setzen deutlich stärker auf die Unterstützung externer Spezialisten als osteuropäische (46%). In Deutschland liegt der Anteil mit 76% über dem westeuropäischen Durchschnitt (Abb. 13). Abb. 12 – Anzahl an Arbeitsplatzverlusten durch Insolvenzen (in Tsd. Personen) 700 600 613 590 605 563 500 521 473 447 440 400 300 200 240 236 2010 2011 100 0 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Quelle: Creditreform „Insolvenzen in Deutschland”, 1. Halbjahr 2012 Abb. 13 – Nutzung externer Dienstleister im Europavergleich 90% 80% 77% 70% 72% 67% 60% 52% 51% 46% 40% 61% 58% 57% 50% 46% 44% 43% 30% 20% 10% 12% itt sc hn a Du rc h a ur op te Os ur op en W es te rit an ni ak ei Gr oß b Slo w d lan ss än m Ru Ru ien en Po l d lan he n an ien iec Gr an hl sc Sp d n rie De ut ga Bu l Be lg ien 0% Quelle: EOS Zehn-Länder Studie 2012 „Europäische Zahlungsgewohnheiten” 79 Befragt wurden 400 Unternehmen in Deutschland, von denen 45% auschließlich im B2B-, 12% auschließlich im B2C- sowie 44% sowohl im B2B- als auch B2C-Geschäft tätig sind. Die Mehrheit der befragten Unternehmen erwirtschaftet einen Umsatz von Mio.5 Euro bis unter Mio.11 Euro im Jahr und beschäftigt unter 100 Mitarbeitern. Marktstudie zum „Management zahlungsgestörter Forderungen“ 23 Dabei ist festzuhalten, dass länderunabhängig die Beitreibung mit Hilfe von „Anwaltskanzleien“ im Gegensatz zur Nutzung von Dienstleistungen von „Mahn-/Inkassounternehmen“ teils deutlich überwiegt. Rund 23,3% der im Rahmen einer weiteren Studie befragten 214 Unternehmen aus Deutschland haben angegeben, in den kommenden Monaten die Beauftragung von IKU zu steigern, um eine höhere Beitreibungsquote bei überfälligen Forderungen zu erreichen und Forderungsausfälle zu reduzieren. Auch andere Tätigkeiten aus dem Serviceportfolio der IKU, wie z.B. Mahnwesen und Bonitätsprüfungen, sollen vermehrt in Anspruch genommen werden (Abb. 14).81 Lediglich 11% der Unternehmen beschäftigten intern Mitarbeiter, die sich ausschließlich mit Inkasso beschäftigen.80 Abb. 14 – Einsatz von geeigneten Instrumenten zum Schutz gegen Forderungsausfall Beauftragung eines IKU 2 Zahlungserfahrungen mit Kunden 2 Mehr Barzahlung 2 Bonität der Abnehmer prüfen 3 23% 51% 19% Rücklagen für uneinbringliche Forderungen 5% Forderungsausfallversicherung 5% 7% 10% 0% 33 69% 10% 38% 5% Kreditwürdigkeit des Abnehmers überwachen 8% 3 37% Aktives Forderungsmanagement Sichere Zahlungsart 65% 36% 22% 53% 3 5% 52% 7% 66% 27% 7% 66% 26% 24% 20% 40% 2 60% 2 5% 60% 7% 60% Mit der Nutzung starten Nutzung steigern Nutzung senken Nicht mehr nutzen 80% 100% Keine Veränderung Quelle: Atradius Zahlungsmoralbarometer, Frühjahr 2012 Anmerkung: Rundungsbedingt kann die Summe von 100% abweichen. 80 24 EOS (2012): Zehn-Länder-Studie 2012 „Europäische Zahlungsgewohnheiten“ 81 Atradius (2012): „Atradius Zahlungsmoralbarometer, Frühjahr 2012“ 82 83 84 85 Bülow & Consorten (2012): „Der Inkassomarkt in Deutschland“. „Welche Branche hat zurzeit besondere Probleme mit dem Zahlungsverhalten der Kunden?“ BDIU (2012): „Frühjahrsumfrage 2012“ Angabe des BDIU. 70% 65% 60% 54% 50% 47% 46% 40% 45% 30% 28% 20% 27% 22% 10% tio n un ika ft ko m m Te le er gi ew irt sc ha ke n Ba n En de l Gr oß - un d Au sa ße nh nd h an an de l l de Ve r lh ze Ein eit nd h su an es sw er ke r en 0% Ge Gründe für die Beauftragung von IKU: Im B2C-Geschäft mit einer Vielzahl an kleinvolumigen Forderungen („Masseninkasso“) ist der hohe Ressourcenaufwand mit niedrigen Beitreibungsquoten bei eigenen Mahnaktivitäten der Gläubiger nicht gerechtfertigt. Insbesondere bei kleineren Unternehmen ist dieser Aufwand kaum kostendeckend zu betreiben. Hinzu kommt, dass die Kosten für externe Dienstleister durch den Schuldner als Verzugsschaden gemäß § 286 BGB in Verbindung mit § 280 BGB zu erstatten sind, während im Gegensatz interne Kosten durch das Unternehmen zu tragen sind. Öffentlich verfügbare Angaben zu den Beitreibungsquoten der Unternehmen bei eigenen Mahnaktivitäten sind nicht vorhanden. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Beitreibungsquote in der Regel deutlich ansteigen sollte, wenn ein spezialisierter Dienstleister mit dem Einzug offener Forderungen beauftragt wird. Der BDIU gibt eine durchschnittliche Beitreibungsquote seiner Mitgliedsunternehmen von über 50% an.85 Abb. 15 – Auftraggeberstruktur der Inkassobranche nd w Dies steht im Einklang mit den Ergebnissen der BDIU Frühjahrsumfrage 2012, in welcher u.a. die in Abbildung 15 aufgeführten Branchen von den befragten IKU als die derzeitigen „Problembranchen“83 identifiziert wurden (Abb. 15).84 Auswahlkriterien für ein IKU: Bei der Auswahl eines IKU lassen sich Unternehmen grundsätzlich von mehreren Kriterien leiten. Gemäß einer Studie von Atradius erfolgt die Auswahl eines IKU durch deutsche Unternehmen anhand von drei Faktoren. Oberste Priorität hat dabei die realisierte „Betreibungsquote“ des IKUs, gefolgt von „Preis“ und „Reputation“.86 Diese Kriterien wurden auch in unserer Umfrage bestätigt.87 Als wesentliche Gründe für den Verzicht der Inanspruchnahme von Dienstleistungen eines IKU wurden die mit der Beauftragung verbundenen „Kosten“ sowie die mögliche „Beeinträchtigung der Kundenbeziehung“ genannt. Ha Auftraggeberstruktur von IKU: Die Hauptauftraggeber von IKU erstrecken sich gemäß der Branchenstudie über verschiedenste Wirtschaftszweige, vom Handwerker über den Versandhandel bis hin zu Telekommunikationsunternehmen.82 Darüber hinaus sind weitere typische Auftraggeber im Bereich der öffentlichen Hand, der Wohnungswirtschaft (inkl. Privatpersonen als Vermieter), Versicherungswirtschaft, Fitnessbranche, Verlage, Dienstleister und Freiberufler zu finden. Quelle: Bülow & Consorten Branchenstudie Inkasso 2012 86 87 Atradius Collections B.V. (2011): “Global Collection Review”, December 2011 Vgl. Kapitel 5. Marktstudie zum „Management zahlungsgestörter Forderungen“ 25 Gläubiger 1 Vertragsverhältnis 2 Hauptforderung Schuldner Verzugsschaden (Mahnkosten, Verzugszinsen, Inkassovergütung) 4 7 en 3 8 g ng itu u hl Za 88 26 Zur Inkassovergütung vgl. Kapitel 1. 6 Inkassounternehmen Za hl un g ng ng tu gü er ov r de ss ka In un ag ftr au Be g un rle hl te za ei W Be Ist der Schuldner jedoch zahlungswillig aber nicht -fähig, vermittelt das IKU zwischen Gläubiger und Schuldner, um eine einvernehmliche Lösung (z.B. Ratenzahlung) herbeizuführen. Die Überwachung der regelmäßigen Ratenzahlung wird anschließend durch das IKU übernommen. Abb. 16 – Prozessdarstellung G fo elte rd n er dm un a g ch un un d g Ve Ha rz up ug t ss ch ad Sobald der Gläubiger das IKU mit der Beitreibung beauftragt und das IKU die Forderung verifiziert hat, macht dieses die Hauptforderung zuzüglich Verzugsschaden (Mahnkosten, Verzugszinsen und Inkassovergütung) beim Schuldner geltend.88 Der Schuldner zahlt die Hauptforderung sowie die Verzugskosten an das IKU, welches den Betrag an den Gläubiger weiterleitet. Der Gläubiger wiederum zahlt die vereinbarte Inkasso vergütung an das IKU. Ein gerichtliches Mahnverfahren gegen den Schuldner wird durch das IKU eingeleitet, sofern der Schuldner trotz verifizierter Forderung nicht zahlungswillig ist. Für eine durch Titulierung 30 Jahre gegen Verjährung gesicherte Forderung übernimmt das IKU sowohl die außergerichtliche Beitreibung als auch im Bedarfsfall die Durchführung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bis hin zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung, soweit das gerichtliche Mahnverfahren oder die gerichtliche Titulierung nicht zum Forderungsausgleich durch den Schuldner geführt hat. Meldet der Schuldner Insolvenz an, übernimmt das IKU die Insolvenzbetreuung und Langzeitüberwachung bis zur Restschuldbefreiung im Privatinsolvenzverfahren (Abb. 16). 5 Darstellung des Prozessablaufs im externen Forderungsmanagement Treten zwei Parteien in ein Vertragsverhältnis ein und der Schuldner ist zum vereinbarten Zahlungszeitpunkt nicht fähig oder willens die Forderung des Gläubigers zu bedienen, beauftragt der Gläubiger ein IKU zur Eintreibung der Forderung. Grundsätzlich existieren somit zwei Rechtsbeziehungen, zum einen das Vertragsverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner sowie zum anderen das Auftragsverhältnis zwischen Gläubiger und IKU. Kapitel 4: Unternehmensumfrage – Analyse Ziel und Design der Befragung Vor dem Hintergrund der verschiedenen Reaktionen auf die aktuelle Gesetzesinitiative zur „Bekämpfung von unseriösen Geschäftspraktiken“ haben wir Auftraggeber von Inkassodienstleistungen aus verschiedenen Branchen im Rahmen der Studie „Management zahlungsgestörter Forderungen“ u.a. zu ihren Erfahrungen, Strategien und Beweggründen im Zusammenhang mit dem Outsourcing von Forderungsmanagementprozessen an externe Dienstleister befragt. Ziel der Befragung ist es, zu verstehen, warum und in welchem Umfang Unternehmen Forderungsmanagementprozesse an Dritte übergeben und welche betriebswirtschaftlichen Konsequenzen derartige Prozesse entfalten. Den Schwerpunkt unserer Umfrage bildeten insbesondere qualitative Kriterien in Bezug auf die Auswahl und Zusammenarbeit mit Inkassounternehmen. Die Studie liefert einen wesentlichen Beitrag zum besseren Verständnis der Integration von Inkassodienstleistungen in den betrieblichen Geschäftsprozessen in Bezug auf das Forderungsmanagement sowie die Relevanz für auslagernde Unternehmen. Wir führten im Juni/Juli 2012 auf Basis eines standardisierten Fragebogens Interviews mit individuell ausgewählten Unternehmen durch. Die Studienteilnehmer wurden ausgewählt anhand ihrer: • Branchenzugehörigkeit • Endverbraucher-Kundenstruktur • Relevanz als Auftraggeber von Inkassodienstleistungen Der Fragebogen widmet sich insgesamt den folgenden zehn Themenkomplexen: • Allgemeine Unternehmensinformationen/ -kennziffern • Struktur des internen kaufmännischen Mahnwesens • Kennziffern und Struktur der zum Inkasso übergebenen Forderungen • Kriterien für die Beauftragung eines Inkassounternehmens • Zielsetzung des Outsourcings. • Interaktion mit dem Inkassounternehmen • Inanspruchnahme exklusiver Kernkompetenzen des Inkassounternehmens • Strategische Aspekte bei Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für das Inkassogeschäft • Auswirkungen auf die Risiko- und Preispolitik bei sinkenden Beitreibungsquoten • Allgemeine und freibleibende Ergänzungen der befragten Unternehmen. Bei der Auswertung unserer strukturierten Interviews haben wir zur Wahrung der Anonymität der Teilnehmer verschiedene Kunden- und Unternehmensangaben in der Studie nicht im Einzelnen ausgewertet. Teilweise wurden diese Informationen aus unternehmenspolitischen Gründen zurückgehalten. Um den unterschiedlichen branchenbezogenen Besonderheiten gerecht zu werden, haben wir die Antworten der jeweiligen Teilnehmer in einem seperaten branchen bezogenen Kontext gesondert gewürdigt. Dadurch konnten wir eine sehr breite Abdeckung des Marktes erreichen. Der den Interviews zugrundeliegende Fragebogen wurde von uns auf Basis eigener Recherchen, unserer Projekterfahrungen in der Inkassobranche sowie vorbereitenden Interviews mit Experten aus der Inkassobranche erstellt. Marktstudie zum „Management zahlungsgestörter Forderungen“ 27 Profil der Teilnehmer Die befragten Unternehmen weisen sehr unterschiedliche Kennziffern aus. So lagen die Umsatzerlöse bzw. Beitragseinnahmen der befragten Unternehmen – ohne Kreditinstitute – auf Basis der erhaltenen Auskünfte für das Geschäftsjahr zwischen Mio. 64 und Mrd. 13,5 Euro. Die Anzahl der Endkunden variierte bei den befragten Unternehmen im Betrachtungszeitraum zwischen Tsd. 185 und Mio. 21. Nicht berücksichtigt wurden dabei Angaben von Unternehmen aus dem Bereich Personenbeförderung, da jede Einzelbeförderung systemtechnisch als neuer Endkunde betrachtet wird. Daneben wiesen die befragten Unternehmen der Branche „Internet/Telekommunikation“ im Durchschnitt rd. Mio. 14 Endkunden, der Branche „Finanzdienstleistungen“ rd. Mio. 9 und der Branche „Handel“ rd. Mio. 10 Endkunden aus. Als Vertriebskanäle werden von den befragten Unternehmen im Wesentlichen das Internet – insbesondere in den Branchen „Internet/Telekommunikation“ und „(Online-) Handel“ – und der mobile Vertrieb einschließlich Außendienst genutzt. Darüber hinaus hat der stationäre Handel bei Unternehmen mit Geschäftsstellen/ Filialen eine große Bedeutung (Abb. 17). Abb. 17 – Vertriebskanäle der Unternehmen Die von den Kunden der befragten Unternehmen genutzten Zahlungsarten betreffen insbesondere das elektronische Lastschriftverfahren sowie die Überweisung (Abb. 18). Hierbei ist anzumerken, dass insbesondere in den Branchen „Internet/Telekommunikation“ überwiegend das Lastschriftverfahren (>90%), sowie in der Branche „(Online-) Handel“ überwiegend Rechnungsstellung (>90%) Anwendung findet. Bei den befragten Unternehmen der Branche „Finanzdienstleistungen“ nutzen rd. 25% die Überweisung und rd. 75% das Lastschriftverfahren. Insgesamt ist festzuhalten, dass die im Rahmen der Studie gewonnenen Erkenntnisse insbesondere vor dem Hintergrund unterschiedlicher Branchenzugehörigkeit, aber auch unterschiedlicher Geschäftsmodelle der befragten Unternehmen, auf einer hohen Heterogenität der betroffenen Endverbraucher basieren. Abb. 18 – Zahlungsarten der Kunden 5% 1% 1% 19% 39% 29% 58% 7% Stationärer Handel Mobiler Vertrieb Call-Center Internet 39% Barkauf Überweisung Lastschrift Kreditkarte (0,46%) Absatzfinanzierung (0,86%) Katalog PayPal etc. (0,14%) Sonstige Sonstiges (0,07%) Anmerkung: Die Summe beträgt aufgrund von Rundungen weniger als 100%. 28 Struktur des internen Mahnwesens Die zu bearbeitende Forderungshöhe im internen kaufmännischen Mahnwesen beträgt im Durchschnitt aller befragten Unternehmen rd. 205 und in der Spitze 540 Euro ohne Berücksichtigung von Kreditinstituten. Die befragten Unternehmen gaben an, dass sie gemäß ihren internen Reporting-Systemen bzw. ihren aus Erfahrungswerten abgeleiteten Schätzungen für das interne kaufmännische Mahnwesen jährliche Kosten in einer Bandbreite von Mio. 0,1 bis Mio. 8,0 Euro kalkulieren. Bezogen auf die im Jahresdurchschnitt neu ins Mahnwesen übergehenden Einzelforderungen gaben die befragten Unternehmen der Branchen „Finanzdienst leistungen“, „(Online-)Handel“ und „Transport/ Personenbeförderung“ an, einen handelsrechtlichen Aufwand für das interne kaufmännische Mahnwesen in einer Bandbreite von rd. 1,30 bis 6,70 Euro bei einem Spitzenwert von 175 Euro zu erzeugen. Der jährliche interne Aufwand der Unternehmen liegt in der Spitze bei 13 Cent je gemahntem Euro sowie im Durchschnitt bei drei Cent je gemahntem Euro. Abb. 19 – Forderungsübergabe nach Tagen 79 Tage IT/Telko 140 Tage FSI 71 Tage Übrige 121 Tage Durchschnitt 0 50 100 4,1 150 Struktur des externen Inkassos Im Gesamtdurchschnitt arbeiten die befragten Unternehmen mit zwei IKU zusammen. Dabei werden in der Branche „Internet/Telekommunikation“ im Durchschnitt drei IKU involviert. Die Studienteilnehmer aus der Finanzdienstleistungs- und der (Online-)Handels-Branche haben jeweils zwei Partner, während die Befragten der übrigen Branchen regelmäßig mit einem Outsourcing partner zusammenarbeiten. Überwiegend bestehen die Verbindungen zwischen den Unternehmen und ihren Dienstleistern seit mehr als fünf Jahren, in Einzelfällen auch deutlich über zehn Jahre. Im Durchschnitt übergeben die Befragten Hauptforderungen in Höhe von rd. Mio. 30 Euro p.a. an die Inkassodienstleister. Nach Branchen betrachtet wurden in der Branche „Internet/Telekommunikation“ rd. Mio. 53 Euro, in der Branche „Finanzdienstleistungen“89 rd. Mio. 47 Euro, im „(Online-)Handel“ rd. Mio. 19 Euro und in den übrigen betrachteten Branchen rd. Mio. 14 Euro an Endkundenforderungen an Inkassodienstleister im Jahr zum Einzug übergeben. Das entspricht bezogen auf den Umsatz bzw. die Bruttobeitragseinnahmen der jeweils an der Studie teilnehmenden Befragten einem durchschnittlichen Anteil von: 193 Tage Handel Im Gesamtdurchschnitt bei allen befragten Unternehmen erfolgt eine Abgabe nach rund vier Monaten, mit einer Bandbreite von frühestens sechs Wochen und längstens einem halben Jahr. Insbesondere der Handel, gefolgt von den Finanzdienstleistungsunternehmen weist eine längere Inhouse-Betreuung auf (Abb. 19). 200 Der Zeitraum der eigenen Klärung der Sachverhalte mit dem Kunden – ohne Einschaltung eines Inkassounternehmens oder Rechtsanwalts – bzw. die Übergabe der gemahnten Forderungen an einen spezialisierten Inkassodienstleister erfolgt bei den befragten Unternehmen auch innerhalb der Branchen zu unterschiedlichen Zeitpunkten. • • • • 1,9% in der Branche „Internet/Telekommunikation“, 1,2% in der Branche „(Online-)Handel“, 0,2% in der Versicherungsbranche und 1,4% in den übrigen Branchen. Nach Bereinigung um außerordentlich hohe bzw. geringe Werte liegt das übergebene Forderungsvolumen im Verhältnis zum Umsatz der befragten Unternehmen im Durchschnitt über alle Branchen bei rd. einem Prozent. Die in Prozentsätzen leicht abweichenden Werte lassen dennoch Tendenzen der Endkunden bei der Priorität der Begleichung ihrer überfälligen Verpflichtungen erken89 Nur Versicherungen. Marktstudie zum „Management zahlungsgestörter Forderungen“ 29 nen, insbesondere bei der Begleichung von Versicherungsforderungen. Die befragten Unternehmen übergeben durchschnittlich rd. 190.000 Endkundenforderungen an Inkassodienstleister. Dabei geben die Unternehmen der Branche „Finanzdienstleistungen“90 im Durchschnitt rd. 125.000 Forderungen pro Jahr ab, während die Befragten der Branche „Internet/Telekommunikation“ rd. 300.000 Forderungen und die befragten Unternehmen der Branche „(Online-)Handel“ durchschnittlich rd. 55.000 Endkundenforderungen abgeben. Die um Forderungen der Branche „Banken“ bereinigte durchschnittlich an IKU übergebene Hauptforderung beträgt rd. 230 Euro (bei einer Bandbreite von 40 Euro bis 482 Euro). Einer aktuellen Branchenstudie des BDIU folgend beträgt die durchschnittliche Forderungshöhe der Inkassowirtschaft 646 Euro91, wobei dies im Gegensatz zu unserer Umfrage auch gewerbliche Schuldner sowie regelmäßig individuelle größere Geschäftsabschlüsse beinhaltet. Im Durchschnitt aller befragten Unternehmen lag die Realisierungsquote der übertragenen Forderungen nach neun Monaten bei rd. 40%, wobei an dieser Stelle Abb. 20 – Realisierungsquote der übergebenen Forderungen 50% 40% 40% 33% 30% 20% 24% 10% 0% Drei Monate Sechs Monate Neun Monate anzumerken ist, dass sechs befragte Unternehmen zur Höhe ihrer Realisierungsquoten keine Angaben gemacht haben (vgl. Abbildung 20). 90 91 30 Nur Versicherungen. Pressemitteilung des BDIU vom 23. August 2012. Insgesamt ergeben Detailanalysen in Bezug auf die Realisierungsquoten je Branche signifikante Abweichungen vom Durchschnittswert. So liegt die Quote nach neun Monaten im schlechtesten Fall bei 2% und im besten Fall bei 60%. Hintergrund hierfür sind neben der erwähnten Branchenspezifika u.a. auch die unterschiedliche Zeitdauer und Intensität der unternehmensinternen Betreibungsbemühungen der Forderungsgläubiger. Detaillierte Branchenbetrachtung Nachfolgend haben wir die Ergebnisse der Studie in Bezug auf die jeweiligen Branchen der befragten Teilnehmer detaillierter betrachtet, wobei wir Angaben zu den Studienergebnissen nicht veröffentlichen, soweit sich hieraus Rückschlüsse auf die befragten Unternehmen ableiten lassen. Weiterhin haben wir zur besseren Einordnung der in Abbildung 10 dargestellten durchschnittlichen Forderungsausfälle und Zahlungsverzögerungen deutscher Unternehmen sowie unseren Umfrageergebnissen branchenspezifische Kennzahlen dargestellt.92 Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die genannten Daten aufgrund von unterbliebenen Angaben einzelner Umfrageteilnehmer nicht ins Verhältnis bzw. in Bezug gesetzt werden können; sofern dies möglich ist, haben wir die entsprechenden Werte angegeben. Die Studienteilnehmer der Branche „Internet/Telekommunikation“ repräsentieren rd. Mio. 14 Endkunden und nutzen als Vertriebskanäle überwiegend Internet bzw. den stationäre Handel. Als primäre Zahlungsart findet das elektronische Lastschriftverfahren Anwendung. Im internen kaufmännischen Mahnwesen sind rd. 76 Mitarbeiter beschäftigt, wobei jährlich rd. 800 Tsd. Einzelforderungen mit einer Forderungshöhe von ca. EURO 135 in die erste kaufmännische Mahnstufe übergeben werden. Eine Forderungsabgabe an ein IKU erfolgt nach rd. 79 Tagen. An IKU werden rd. 297 Tsd. Forderungen übergeben; die Forderungshöhe beträgt ca. 275 Euro. Die übergebenen Hauptforderungen betragen rd. Mio. 53 Euro bzw. machen 1,9% der Umsätze (bei einer Bandbreite zwischen 1,5 und 2,3%) aus, wobei nach neun Monaten rd. 40% durch das Inkasso realisiert werden können. Telekommunikationsunternehmen erwirtschafteten deutschlandweit im Jahr 2011 gemäß Angaben der 92 Branchenspezifische Angaben zu Zahlungsverzögerungen und Forderungsausfällen standen uns nicht zur Verfügung. Bundesnetzagentur einen Umsatz i.H.v. Mrd. 58,5 Euro. Gemäß uns zur Verfügung gestellter interner Auswertungen eines Mitgliedsunternehmens des BDIU lag die durchschnittliche Umsatzrendite in der Telekommu nikation im Jahr 2011 bei hochgerechneten 4,5%. Die Teilnehmer der Branche „Finanzdienstleistungen (Banken und Versicherungen)“ repräsentieren durchschnittlich rd. Mio. 9 Endkunden; wobei als Vertriebskanäle überwiegend der mobile Vertrieb (einschließlich Außendienst) bzw. stationäre Stellen genutzt werden. Das elektronische Lastschriftverfahren findet primäre Anwendung bei der Zahlungsabwicklung, weiterhin die Überweisung. Im internen kaufmännischen Mahnwesen sind rd. 20 Mitarbeiter beschäftigt. Die Abgabe der Forderungen an IKU erfolgt nach rd. 140 Tagen. Die Studienteilnehmer des Subsegments „Versicherungen“ übergeben jährlich rd. Mio. 2 Einzelforderungen mit einer Forderungshöhe von ca. 250 Euro in die erste kaufmännische Mahnstufe. Die Forderungsabgabe an IKU erfolgt nach 115 Tagen. Die Forderungshöhe beträgt ca. 290 Euro. Die Gesamtheit der übergebenen Hauptforderungen machen 0,2% der Brutto beitragseinnahmen aus. Nach neun Monaten realisieren Versicherungen rd. 42% durch die Inanspruchnahme von Inkassodienstleistungen. Gemäß Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. betrugen die Versicherungsbeiträge der Privathaushalte im Jahr 2011 Mrd. 156,9 Euro. Die Studienteilnehmer der Branche „(Online-) Handel“ repräsentieren rd. Mio. 10 Endkunden. Als Vertriebskanäle werden überwiegend das Internet sowie jeweils hälftig Call-Center und Katalogbestellungen genutzt. Zur Zahlung wird fast ausschließlich die Überweisung verwendet. Im internen kaufmännischen Mahnwesen sind rd. 43 Mitarbeiter beschäftigt, wobei jährlich ca. Mio. 1,2 Einzelforderungen mit einer Forderungshöhe von rd. 260 Euro in die erste kaufmännische Mahnstufe übergeben werden. Eine Forderungsabgabe an IKU erfolgt nach rd. 193 Tagen. Die Forderungshöhe beträgt ca. 255 Euro. Die übergebenen Hauptforderungen machen 1,2% der Umsätze aus (bei einer Bandbreite zwischen 0,5 und 2,3%). Nach neun Monaten können rd. 45% durch das Inkasso realisiert werden. Online- und Versandhandelsunternehmen erwirtschafteten deutschlandweit im Jahr 2011 gemäß Angaben des Bundesverbands des Deutschen Versandhandels (bvh) einen Umsatz i.H.v. Mrd. 34,0 Euro. Gemäß uns zur Verfügung gestellten internen Auswertungen eines Mitgliedsunternehmens des BDIU betrug die durchschnittliche Umsatzrendite im Versand- und Interneteinzelhandel im Jahr 2011 hochgerechnet 2,5%. Umfrageteilnehmer aus der Branche der Personenbeförderung weisen aufgrund der systembedingten Erfassung jeder Einzelbeförderung signifikant höhere Kundenzahlen (Transaktionen) aus. Die Studienteilnehmer der Branche „Transport/Personenbeförderung“ geben jährlich ca. 675 Tsd. Einzelforderungen mit einer Forderungshöhe von rd. 40 Euro an IKU ab; die Realisierungsquote beträgt rd. 54% nach neun Monaten. Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) erwirtschaftete deutschlandweit im Jahr 2010 gemäß Angaben des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV)93 im Linienpersonennahverkehr einen Umsatz i.H.v. Mrd. 10,1 Euro. Gemäß uns zur Verfügung gestellten internen Auswertungen eines Mitgliedsunternehmens des BDIU lag die durchschnittliche Umsatzrendite in der Personenbeförderung im Nahverkehr zu Lande (ohne Taxis) im Jahr 2011 bei hochgerechneten 0,4% und für die Personenbeförderung im Eisenbahnfernverkehr bei 2,1%. Kriterien für die Beauftragung eines IKU Die Nachvollziehbarkeit der Prozesse und die Dokumentation der Ergebnisse im Rahmen der Forderungsbearbeitung sowie die Ansässigkeit des Dienstleisters in Deutschland wurden von allen befragten Unternehmen auf einer 5-gliederigen Skala als sehr wichtig bzw. wichtig eingestuft. Darüber hinaus ist die Strategie und Beitreibungsphilosophie des Inkassounternehmens 69% der befragten Unternehmen sehr wichtig, den restlichen Unternehmen wichtig. Ebenfalls war fast allen Umfrageteilnehmern sehr wichtig bzw. wichtig, dass die Dienstleister Mitglied im BDIU sind. Lediglich ein Unternehmen aus der Finanzindustrie hat die Mitgliedschaft im BDIU als neutral eingestuft. Die Möglichkeit der Einflussnahme auf den vorgerichtlichen und gerichtlichen Beitreibungsprozess sowie die 93 Die rund 420 Mitglieder des VDV decken rund 90% des Verkehrsaufkommens und der Verkehrsleistung des Liniennahverkehrs ab. Marktstudie zum „Management zahlungsgestörter Forderungen“ 31 Bereitstellung zusätzlicher Beratungskomponenten des IKU im rechtlichen, organisatorischen und prozessualen Bereich sehen 50 bzw. 44% der befragten Unternehmen als sehr wichtig und jeweils 44% als wichtig an. Ebenso ist den befragten Unternehmen die Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Schuldner im Forderungsmanagement wichtig (Abb. 21). Beabsichtigte Effekte bei der Beauftragung eines externen Inkassospezialisten Als wichtigsten beabsichtigten Effekt für die Beauftragung eines externen Inkassospezialisten wurde unter Verweis auf den hohen Margen- und Konkurrenzdruck die Erzielung von Kosteneinsparungspotenzialen auf Unternehmensseite genannt. Dies war fünf Unternehmen sehr wichtig und weiteren neun noch wichtig; lediglich bei zwei Unternehmen war der Effekt neutral bzw. unwichtig. Dies unterstützt die These, dass der Bedarf an erfolgreicher und damit professioneller Forderungsbeitreibung wesentliche Bedeutung insbesondere für Branchen mit geringen Margen hat. Branchenspezifika waren bei der Erzielung von Kosteneinsparungspotenzialen zu erkennen: (Online-) Handelsunternehmen legten hierauf einen stärkeren Fokus; bei den Internet/ Telekommunikationsunternehmen war eine neutrale Position messbar. Branchenspezifische Unterschiede der befragten Unternehmen bei den Kriterien zur Beauftragung von IKU sind aus den Umfrageergebnissen nicht erkennbar. Im Rahmen einer ergänzenden Diskussion zur Befragung haben uns einzelne Unternehmen mitgeteilt, dass darüber hinaus die Referenzen, der Bekanntheitsgrad sowie die jeweilige Branchenerfahrung der Inkasso unternehmen wesentliche Kriterien darstellen, ebenso wie die Marktstellung und Reputation. Ferner sind an dieser Stelle Kostengesichtspunkte im Vergleich zum gerichtlichen Verfahren, die höhere und absolute Performance der Beitreibung durch das Outsourcing sowie die Konditionengestaltung der IKU zu erwähnen. Die Beauftragung eines Inkassodienstleisters zur stärkeren Fokussierung auf das Kerngeschäft wird von rd. 80% der Unternehmen als wichtig angegeben. Hier sind deutliche branchenspezifische Abweichungen vorhanden: Das Ziel der stärkeren Fokussierung auf das Kerngeschäft haben die befragten Unternehmen der Branche „(Online-) Handel“ durchgehend als sehr wichtig eingestuft, wohingegen die Internet/Telekommunikationsunternehmen dies eher neutral betrachten (Abb. 22). Die Umfrageergebnisse bestätigen den sehr hohen Stellenwert der Qualität und Transparenz der Inkassodienstleistungen bei den Befragten auch in Bezug auf den Schuldner bzw. Endverbraucher. Abb. 21 – Allgemeine Kriterien für die Beauftragung eines Inkassounternehmens IKU ist im Bundesverband Deutscher InkassoUnternehmen (BDIU) organisiert 75% IKU ist in Deutschland ansässig 81% Strategie und Beitreibungsphilosophie des Inkassodienstleisters 31% 94% Möglichkeit der Einflussnahme auf den Beitreibungsprozess (vorgerichtlich/gerichtlich) 6% 50% Bereitstellung zusätzlicher Beratungskomponenten (rechtlich, organisatorisch, prozessual) des Inkassounternehmens 44% 44% 0% Sehr wichtig 6% 44% 20% 40% Wichtig 6% 19% 69% Nachvollziehbarkeit der Prozesse und Dokumentation der Ergebnisse im Rahmen der Forderungsbearbeitung 32 19% 60% Neutral 6% 6% 80% 100% Weniger wichtig Unwichtig Ein verbessertes Liquiditätsmanagement wird überwiegend als wichtig eingestuft; innerhalb der Branchen ergaben sich voneinander abweichende Ergebnisse. Grundsätzlich steigt die Bedeutung jedoch mit der Größe der befragten Einheiten. aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten diesbezüglich keine Alternativen zur Inanspruchnahme externer Dienstleister. Interaktion mit den Inkassounternehmen Bei der Zusammenarbeit mit dem Inkassounternehmen erfolgt die Interaktion überwiegend durch Datenträgeraustausch sowie über den „Live Zugriff‘ (insbesondere im Handel). Die physische Akte nimmt insgesamt einen geringeren Stellenwert ein (Abb. 23). Die Aufrechterhaltung der Kundenbindung ist für Energieversorger, das Verlagswesen sowie Kreditinstitute nicht oder weniger von Bedeutung. In der Telekommunikationsbranche, im Versandhandel sowie der Versicherungswirtschaft war auch in diesen dann erreichten kritischen Phasen einer Geschäftsverbindung die Aufrechterhaltung der Kundenbeziehung ausdrücklich entscheidungsrelevant und somit nur durch absolut professionelles Schuldnermanagement zu erreichen. Zur Erfüllung unternehmensinterner Compliance-Regelungen ist es sehr bedeutend, dass die Forderungsbearbeitung durch die IKU unter Offenlegung revisionssicherer Prozesse erfolgt. Ebenfalls sehr wichtig für den Prozess ist die persönliche Kommunikation zwischen den Mitarbeitern des IKU und dem beauftragenden Unternehmen. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass auskunftsgemäß bestimmte Schuldnerkreise überhaupt erst auf Ansprache durch IKU reagieren, insofern bestehen Abb. 22 – Wesentliche Gründe für die Auswahl eines Inkassounternehmens Einschaltung eines Inkassounternehmens zur stärkeren Fokussierung auf das Kerngeschäft 50% Erzielung von Kosteneinsparungspotenzialen bei der Beauftragung eines Inkassodienstleisters 31% 31% Verbessertes Liquiditätsmanagement im Unternehmen 13% Kundenbindung durch professionelle Schuldnerberatung 56% 38% 0% 20% Sehr wichtig 25% 40% Wichtig Neutral 6% 6% 6% 60% 6% 6% 7% 37% 25% 19% 13% 25% 80% 100% Weniger wichtig Unwichtig Abb. 23 – Bedeutung der Medien bei der Übergabe der Forderung Papierakte 13% 13% 6% Datenträger 68% 69% „Live Zugriff“ 19% 50% 0% 20% Sehr wichtig 25% 40% Wichtig 60% Neutral 6% 6% 6% 19% 80% 100% Weniger wichtig Unwichtig Marktstudie zum „Management zahlungsgestörter Forderungen“ 33 Bei 56% der Befragten ist die Einbindung der Erkenntnisse aus der Analyse und Berichterstattung der IKU in die Unternehmens- und Risikosteuerung wichtig bis sehr wichtig, insbesondere bei (Online-)Handelsunternehmen (Abb. 24). lung) insbesondere auf Seiten der IKU aufrechterhalten werden kann. Diese hohe Automatisierung steht nicht im Widerspruch zu der Bedeutung der persönlichen Kommunikation zwischen den Mitarbeitern des IKU und dem beauftragenden Unternehmen, die bei ca. 90% der Abb. 24 – Interaktion mit IKU Bedeutung der persönlichen Kommunikation der mit der Forderungsbearbeitung befassten Mitarbeiter zwischen Unternehmen und Inkassodienstleister im Beitreibungsprozess 63% 25% Unter Compliance-Gesichtspunkten ist eine Forderungsbearbeitung unter Offenlegung revisionssicherer Prozesse und IT-Systeme, die von unabhängiger Seite (z.B. Zertifizierung oder Testat) bestätigt wird, entscheidungsrelevant. 81% Die aus den Analysen und Berichterstattungen der Inkassounternehmen gewonnenen Erkenntnisse sind Bestandteil der Unternehmens- und Risikosteuerung. 25% 0% 31% 20% Sehr wichtig Die Anzahl der für die Auslagerung notwendigen ITSchnittstellen zwischen IKU und Unternehmen bzw. der kommunizierenden IT-Systeme liegt im Durchschnitt bei zwei (gerundet). In Abhängigkeit der Technisierung der Unternehmen und der Anzahl der beauftragten IKU steigt die Anzahl der Schnittstellen, die ihre höchste Ausprägung in der Internet/Telekommunikationsbranche erreicht. Die Nutzung dieser Vernetzung und der Austausch sind neben dem Forderungsmanagement auf nicht-technischer Seite insbesondere im Rechnungswesen aber auch bei den Datenschutzverantwortlichen stark ausgeprägt. Insgesamt unterstützen diese Strukturen einen kostenminimierenden Beitreibungsprozess, der aber nur durch erhebliche Investitionen in Hard- und Software(-entwick- 25% 40% 60% Neutral Wichtig 6% 6% 13% 6% 13% 6% 80% 100% Weniger wichtig Unwichtig unsererseits befragten Unternehmen einen Bestandteil der laufenden Unternehmensprozesse darstellt. Die Einbindung der unternehmensinternen Abteilungen in die laufende Zusammenarbeit mit den IKU stellt sich bei den Umfrageteilnehmern wie folgt dar: Die Umfrageergebnisse zeigen einen sehr hohen Grad an Vernetzung zwischen den Unternehmen und ihren Dienstleistern. Der sich hier abzeichnende intensive Austausch bestätigt die zuvor erkennbaren sehr hohen Anforderungen an Qualität und Möglichkeiten der Einflußnahme der Unternehmen auf die IKU (Abb. 25). Abb. 25 – Einbindung der unternehmensinternen Abteilungen Forderungsmanagementabteilung 94% Rechnungswesen 75% Anwendungs-IT 56% Sonstige 50% Datenschutzbeauftragter 44% Rechtsabteilung 38% Entwicklungs-IT 38% Steuerabteilung Einkauf 31% 6% 0% 34 20% 40% 60% 80% 100% Inanspruchnahme spezialisierter Dienstleistungen von Inkassounternehmen Neben der teils automatisierten Ansprache der Schuldner durch Brief und E-Mail nimmt die telefonische Kommunikation mit den Schuldnern hohe personelle Ressourcen in Anspruch und stellt angabegemäß ein zentrales Element im Beitreibungsprozess dar. Die persönliche Kommunikation mit den Schuldnern ist die Voraussetzung für individuelle Lösungen, auch im Interesse der Schuldner, die insbesondere aktiv von den Schuldnern sämtlicher befragten Unternehmen genutzt wird. Die aktive Nutzung von Schuldnerportalen erreicht bei Kunden der Telekommunikationsunternehmen im Rahmen unserer Umfrage die höchste Ausprägung, ansonsten sind branchenspezifische Besonderheiten nicht erkennbar. Die Ansprache des Schuldners durch das IKU erfolgt im Wesentlichen durch Brief und Telefonie, sowohl In- als auch Outbound. Die Nutzung von Email, Fax und Online-Schuldnerportalen wird durchschnittlich eher als neutral eingestuft; die Versendung von SMS wird überwiegend weniger genutzt (Abb. 26). Branchenspezifische Abweichungen von der Gesamtbetrachtung bei den Kommunikationsmedien sind in der Branche „Finanzdienstleistungen“ in Bezug auf vermehrte Nutzung von E-Mails sowie in der Branche „Internet/Telekommunikation“ in Bezug auf stärkeren Nutzung von Online-Schuldnerportalen festzustellen. Abb. 26 – Ansprache des Schuldners Brief 93% Fax 50% E-Mail 8% 7% 17% 53% Telefonisch Inbound 33% 8% 31% 84% Telefonisch Outbound 69% SMS 23% Online-Schuldnerportal 23% 15% 0% Trifft voll zu 8% 23% 20% 15% Trifft überwiegend zu 24% 60% Neutral 8% 8% 8% 46% 15% 40% 8% 23% 80% Trifft eher nicht zu 100% Trifft nicht zu Marktstudie zum „Management zahlungsgestörter Forderungen“ 35 Im Rahmen der Umfrage haben wir die Teilnehmer in Bezug auf die Bedeutung der einzelnen Phasen des Beitreibungsprozesses ebenfalls um eine Priorisierung der Phasen gebeten. Die Umfrageteilnehmer haben überwiegend die Priorisierung analog zum Bearbeitungsprozess bestätigt. Alle befragten Unternehmen haben die höchste Bedeutung im Beitreibungsprozess dem vor- und außergerichtlichen Inkasso eingeräumt. Im Durchschnitt ist die Bedeutung der weiteren Betreibungsphasen wichtig (gerichtliches Mahnverfahren) bzw. wichtig bis neutral (Zwangsvollstreckung und die Langzeitverfolgung) (Abb. 27). Weiterhin wird die Adresspflege und -ermittlung, die laufende Unterrichtung über die Dienstleistungsprozesse sowie die Erstellung detaillierter Abrechnungen je Forderung als wichtig angesehen. Größere branchenspezifische Abweichungen lassen sich nicht feststellen. Strategische Aspekte bei Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen Die aktuelle Gesetzesinitiative zur „Bekämpfung von unseriösen Geschäftspraktiken“ des Bundesministeriums der Justiz und die u.a. darin angedachte Neuregelung der Vergütungsordnung für Inkassounternehmen ist den Umfrageteilnehmern zum Zeitpunkt der Durchführung der Umfrage überwiegend bekannt. In wenigen Fällen wurden vor dem Hintergrund dieser Gesetzesinitiative bereits mögliche Auswirkungen auf das eigene Unternehmen analysiert. Es wird bei den IKU ein reduziertes Dienstleistungsangebot und eine geringere Betreuungsintensität, insbesondere im vor- und außergerichtlichen Bereich erwartet (Abb. 29). Branchenspezifische Besonderheiten ergeben sich insbesondere in der höheren Bedeutung der weiteren Betreibungsphasen für die (Online-)Handelsunternehmen im Vergleich zu den übrigen Branchen. Bei der sich den Fragen anschließenden Möglichkeit zu weiteren Anmerkungen hoben die Unternehmen die hohen Erfolgsquoten in der außergerichtlichen Phase hervor, die auch zu einer deutlichen Entlastung staatlicher Instanzen beitrügen und somit letztlich auch weitere Belastungen der Schuldner vermieden werden können. Insgesamt gehen die befragten Unternehmen von einer Erhöhung der Beitreibungskosten bzw. einer Verlängerung der Außenstände sowie überwiegend einer Verlagerung der Beitreibung vom vorgerichtlichen in das gerichtliche Verfahren aus. Ebenso wird teilweise ein negativer Einfluss auf die Realisierungsquote im Beitreibungsprozess angenommen. Bei der Inanspruchnahme von Inkassodienstleistungen haben für die befragten Unternehmen insbesondere die Aufnahme und Überwachung von Zahlungsvereinbarungen, die individuelle Fallbearbeitung unter Berücksichtigung der persönlichen Schuldnersituation sowie die Erreichbarkeit für Gläubiger und Schuldner höchste Priorität (Abb. 28). Abb. 27 – Bedeutung des Prozesses Vor-/außergerichtliches Inkasso 93% Gerichtliches Mahnverfahren 36% Zwangsvollstreckung (Titel) 21% 36% 36% 40% 13% 0% 20% Sehr wichtig 36 43% 21% Langzeit 7% 27% 40% Wichtig 60% Neutral 7% 20% 80% 100% Weniger wichtig Unwichtig In diesem Zusammenhang wird von einigen Umfrageteilnehmern auch die Möglichkeit der Nachverhandlung der zugrundliegenden Verträge sowie Prüfung des teilweise oder vollständigen Insourcings als mögliche Optionen in Erwägung gezogen. Aus der Perspektive der IKU nahmen einige Umfrageteilnehmer an, dass das Interesse an der Annahme von Kleinstforderungen zum Inkasso aus betriebswirtschaftlichen Gründen deutlich abnehmen dürfte und damit eine Verschlechterung der allgemeinen Zahlungsmoral auf Kleinstforderungen nicht ausgeschlossen werden könne. Abb. 28 – Inanspruchnahme von Inkassodienstleistungen 31% Klärung von Reklamationen Adresspflege und -ermittlung 43% 13% 50% 13% 38% 6% 6% 87% Zahlungsvereinbarungen aufnehmen und überwachen Bearbeitung und Überwachung von Regel- und Verbraucherinsolvenzverfahren 19% 13% 55% Individuelle Fallbearbeitung unter Berücksichtigung der persönlichen Situation des Schuldners 13% 81% Erstellung einer detaillierten Abrechnung je Forderung 19% 56% Laufende Unterrichtung über die Dienstleistungsprozesse 31% 31% 13% 50% Erreichbarkeit (Post/Telefonie…) für Gläubiger und Schuldner 13% 81% 0% 20% Sehr wichtig 6% 19% 40% 60% Neutral Wichtig 13% 80% 100% Weniger wichtig Unwichtig Abb. 29 – Auswirkungen einer möglicher Reduzierung der vom Schuldner zu erstattenden Beitreibungskosten Hätte die Gebührenbegrenzung Einfluss auf die Intensität der vorgerichtlichen Forderungsbearbeitung? 40% Würden Sie durch die Gesetzesinitaitive eine Verlagerung der Forderungsbearbeitung vom vorgerichtlichen in das gerichtliche Verfahren erwarten? 37% Hätte diese Gebührenbegrenzung wesentlichen negativen Einfluss auf die Realisierungsquote? 31% 0% 20% Trifft voll zu Trifft nicht zu 13% 13% 19% 21% 25% 19% 24% 40% 60% Trifft überwiegend zu Neutral 13% 13% 13% 80% 6% 13% 100% Trifft eher nicht zu Marktstudie zum „Management zahlungsgestörter Forderungen“ 37 Konsequenzen einer möglichen Gebührenbegrenzung Gefragt wurde nach den erwarteten Auswirkungen einer Begrenzung der Erstattungsfähigkeit der Inkassovergütung, die zu einer faktischen Erlösbegrenzung für IKU führt, auf die Preis- und Risikopolitik der befragten Unternehmen. Eine Auswirkung einer niedrigeren Beitreibungsquote vor dem Hintergrund einer Gebührendeckelung auf die Preispolitik des Unternehmens sehen die befragten Unternehmen überwiegend als zutreffend an. Hier sind keine branchenspezifischen Abweichungen erkennbar. Eine notwendige Weitergabe von steigenden Aufwendungen für die Forderungsbearbeitung und sinkende Beitreibungsquoten an die Kunden sehen die Unternehmen der Internet/Telekommunikation überwiegend als zutreffend an; die übrigen Unternehmen sehen die Weitergabe an Kunden eher neutral bzw. als eher nicht zutreffend an. Es wird teilweise erwartet, dass die Weitergabe an die Kunden nicht in Form einer anteiligen Artikelpreiserhöhung, sondern durch Risikoaufschläge in Form von bspw. höheren Versandkosten für risikobehaftetere Zahlarten erfolgen könnte. Damit würden in letzter Konsequenz vertragskonform handelnde Kunden mit den Ausfallkosten der Kunden belastet, die ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen (können). Insgesamt haben die befragten Unternehmen ein differenziertes Meinungsbild in Bezug auf eine mögliche Gebührenbegrenzung bei überwiegend geringer bzw. neutraler Auswirkung auf ihre Kundenannahmequote, das angebotene Zahlartenangebot sowie die Conversion-Rate und damit auf die Beitreibungsquote und/oder -kosten. Dennoch erwarten 43 bzw. 38% der Unternehmen negative Auswirkungen auf die Annahmequoten sowie das Zahlartenangebot bzw. die Conversion-Rate und dadurch die Erschwerung des Zugangs bzw. den Ausschluss bestimmter Verbrauchergruppen zum oder vom Markt. Insgesamt wird von den Unternehmen mit einer leichten Verschlechterung der Zahlungsmoral im nächsten Jahr gerechnet. Hierbei haben die Unternehmensvertreter der Branchen Internet/Telekommunikation und (Online-)Handel eine etwas schlechtere Einschätzung zur erwarteten Zahlungsmoral abgegeben als die übrigen Branchenvertreter. Reaktionen darauf könnten u.a. die Einführung weiterer Zahlarten sowie eine stärkere Fokussierung auf das Betrugsmanagement und die Neuorganisation des Forderungsmanagements in Frage kommen. Branchenspezifisch sind hier Unterschiede zu sehen; insbesondere die (Online-)Handelsunternehmen sehen sich von den Auswirkungen einer möglichen Neuregelung des Vergütungsregulariums für Inkassodienstleistungen im Rahmen einer faktischen Gebührendeckelung voll bzw. überwiegend betroffen. Ebenso sehen sich die Teilnehmer aus dem Kreis der Internet/Telekommunikation hier bei allen drei Merkmalen überwiegend betroffen (Abb. 30). Abb. 30 – Risiko- und Preispolitik Die Annahmequote wird sinken (restriktivere Kundenkriterien). 29% Zahlartenangebot: Der Anteil von Risiko-Zahlarten (Lastschrift, offene Rechnung, Teilzahlung) wird reduziert. 23% 15% Conversion-Rate: Die Conversion-Rate wird sich aufgrund der notwendigen Änderungen in der Risikopolitik vermindern. 23% 15% 0% 20% Trifft voll zu Trifft nicht zu 38 14% 14% 14% 23% 15% 40% Trifft überwiegend zu 29% 39% 8% 39% 60% Neutral 80% 100% Trifft eher nicht zu Grundsätzlich waren angabegemäß mit leichten zeitlichen Verzögerungen Korrelationen zwischen der wirtschaftlichen Entwicklung und der Zahlungsmoral in der Vergangenheit erkennbar, was auch für die Zukunft erwartet wurde. Diesbezügliche Unterschiede in den Altersklassen der Kunden werden auskunftsgemäß von einigen Unternehmen in der Form erkannt, dass sich das Zahlungsverhalten mit zunehmendem Kundenalter verbessert, allerdings bei einer Gesamtbetrachtung des daraus resultierenden Risikos von keiner wesentlichen Bedeutung. Für die Unternehmen sind jedoch Unterschiede in der Zahlungsmoral in Abhängigkeit der Endprodukte erkennbar. Beispielsweise werden zahlungsgestörte Versicherungsforderungen vor sonstigen fälligen oder gemahnten Forderungen bspw. aus dem Handel beglichen. Ebenso haben Ansprüche aus mobilen Telekommunikationsdienstleistungen einen hohen Stellenwert im Rahmen der Begleichung ausstehender Verpflichtungen, die wiederum auf Ebene der Privatverbraucher in verstärktem Maße von jüngeren Altersgruppen in Anspruch genommen werden. In Bezug auf Rückmeldungen von Kunden nach Beendigung des Inkassoverfahrens erhalten die Unternehmen keine oder nur vereinzelte Rückmeldungen. Sofern die Unternehmen Rückmeldungen erhalten, sind diese sowohl positiv als auch negativ. Diese beziehen sich ausschließlich auf die Durchführung des Inkassoverfahrens an sich und betreffen im positiven Falle eine Lösung der Sachverhalte unter Berücksichtigung der Interessen des Schuldners und der Möglichkeit der Aufrechterhaltung der Unternehmens-/Kundenbeziehung im Gegensatz zur Kündigung der Verbindung. Abschließend ist anzumerken, dass die Höhe der Inkassogebühren überwiegend nicht Gegenstand im negativen Sinne ist. Marktstudie zum „Management zahlungsgestörter Forderungen“ 39 Wo Sie uns finden 10719 Berlin Kurfürstendamm 23 Tel: +49 (0)30 25468 01 06108 Halle (Saale) Bornknechtstraße 5 Tel: +49 (0)345 2199 6 39104 Magdeburg Hasselbachplatz 3 Tel: +49 (0)391 56873 0 01097 Dresden Theresienstraße 29 Tel: +49 (0)351 81101 0 20355 Hamburg Dammtorstraße 12 20354 Hamburg Tel: +49 (0)40 32080 0 68165 Mannheim Reichskanzler-Müller-Straße 25 Tel: +49 (0)621 15901 0 40476 Düsseldorf Schwannstraße 6 Tel: +49 (0)211 8772 01 99084 Erfurt Anger 81 Tel: +49 (0)361 65496 0 60486 Frankfurt am Main Franklinstraße 50 Tel: +49 (0)69 75695 01 Consulting: Franklinstraße 46–48 Tel: +49 (0)69 97137 0 30159 Hannover Georgstraße 52 Tel: +49 (0)511 3023 0 Consulting: Theaterstraße 15 Tel: +49 (0)511 93636 0 50672 Köln Magnusstraße 11 Tel: +49 (0)221 97324 0 04317 Leipzig Seemannstraße 8 Tel: +49 (0)341 992 7000 81669 München Rosenheimer Platz 4 Tel: +49 (0)89 29036 0 90482 Nürnberg Business Tower Ostendstraße 100 Tel: +49 (0)911 23074 0 70597 Stuttgart Löffelstraße 42 Tel: +49 (0)711 16554 01 69190 Walldorf Altrottstraße 31 Tel: +49 (0)6227 7332 60 Ihre Ansprechpartner Für mehr Informationen Jochen Wentzler Partner | Restructuring Services Tel: +49 (0)211 8772 2381 jwentzler@deloitte.de Markus P. Neuhaus Director | Restructuring Services Tel: +49 (0)211 8772 3968 mneuhaus@deloitte.de Für weitere Informationen besuchen Sie unsere Website auf www.deloitte.com/de Diese Veröffentlichung enthält ausschließlich allgemeine Informationen und weder die Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft noch Deloitte Touche Tohmatsu Limited („DTTL“), noch eines der Mitgliedsunternehmen von DTTL oder eines der Tochterunternehmen der vorgenannten Gesellschaften (insgesamt das „Deloitte Netzwerk“) erbringen mittels dieser Veröffentlichung professionelle Beratungs- oder Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Unternehmensberatung, Finanzen, Investitionen, Recht, Steuern oder in sonstigen Gebieten. Diese Veröffentlichung stellt keinen Ersatz für entsprechende professionelle Beratungs- oder Dienstleistungen dar und sollte auch nicht als Grundlage für Entscheidungen oder Handlung dienen, die Ihre Finanzen oder Ihre geschäftlichen Aktivitäten beeinflussen könnten. 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Deloitte bezieht sich auf Deloitte Touche Tohmatsu Limited, eine „private company limited by guarantee“ (Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach britischem Recht), und/oder ihr Netzwerk von Mitgliedsunternehmen. Jedes dieser Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig. Eine detaillierte Beschreibung der rechtlichen Struktur von Deloitte Touche Tohmatsu Limited und ihrer Mitgliedsunternehmen finden Sie auf www.deloitte.com/de/UeberUns. © 2012 Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Stand 12/2012 Marktstudie zum „Management zahlungsgestörter Forderungen“