AMAZON CLIPPER PREMIUM°Brasilien

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AMAZON CLIPPER PREMIUM°Brasilien
Amazon Clipper Premium° Brasilien
www.azur.de
Die Amazon Clipper
Premium hat den
Rio Negro oft für
sich allein.
Fotos:Sven
Foto:
PR Weniger
Wildes
Amazonien
98 °azur.de 3/2012
Wer eine Flussreise ab Manaus mit der Amazon
Clipper Premium auf Amazonas und Rio Negro unternimmt, hat die einzigartige exotische Flora und
Fauna des brasilianischen Regenwaldes zum Greifen nah.
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99 °
Amazon Clipper Premium° Brasilien
Das Naturerlebnis auf dem Flusssystem
des Amazonas ist einmalig. Baumriesen
und Uferböschung schimmern in den
Farben des Regenwaldes.
Fotos: Sven Weniger
Vogelbeobachtung ist
das Highlight eines
jeden Ausflugs. Die
Nester der Webervögel
hängen wie Laternen
in der Baumkrone.
100 °azur.de
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101 °
Amazon Clipper Premium° Brasilien
Pralles Leben am Amazonas (im Uhrzeigersinn):
Simone und Raimunda mit den Leckereien des Tages.
Seerosenblätter groß wie Wagenräder.
Sandro mixt traumhafte Caipirinhas.
Flussbewohnerin auf dem Weg nach Hause.
Mädchen mit Faultierbaby, zwei, die sich mögen.
Balzende Urwaldechse.
Der Fang eines Morgens.
Große Fische für hungrige Passagiere.
102 °azur.de
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Fotos: Sven Weniger
Kein Tag auf der Amazon Clipper Premium
ist wie der andere. Jeder überrascht mit
unerwarteten Erlebnissen, die den
Passagieren wie Bilder in einem
exotischen Fotoalbum in
Erinnerung bleiben.
Wenn Amazonas
und Rio Negro
zusammentreffen,
vermischen sie sich
nicht, sondern fließen
kilometerlang
nebeneinanderher.
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104 °azur.de
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T
rotz des ein wenig blutleeren Namens ist die
Amazon Clipper Premium
ein traditionelles Flussschiff mit viel Charme. Weiß mit
grünen Streifen, die die vier Decks
voneinander optisch trennen, so
liegt sie auf dem spiegelglatten Wasser. Kapitän Jaime Coelho da Silva
(49) empfängt uns höchstpersönlich in seiner Ausgehuniform. Wir
klettern aus dem Beiboot und werden auf dem Freizeitdeck bei einem
Glas Fruchtcocktail von Christoph
Berquet (52) begrüßt. Er ist unser
zweiter Guide, lebt auch schon lange in Manaus und gibt uns zuerst
einen Überblick zu Schiff, Sicherheitsregeln und Tagesprogramm. Ich
lehne mich in einem der bequemen
Korbstühle zurück und fühle mich
gleich wohl. Dann bekommen wir
unsere Zimmerschlüssel. Das Schiff
hat zwei Kabinendecks. Die acht
Kabinen des Oberdecks unterscheiden sich in Größe und Aufteilung
nicht von denen darunter.
Dicht an dicht
liegen Flussschiffe
am Ufer der
Urwaldstadt Manaus.
Auf dem Markt wird
vor allem mit
Bananen gehandelt.
A
uch die etwas höhere
Lage über der Wasserlinie verbessert die Sicht
nach außen durch die
großen Fenster kaum. Ich beziehe
meine Kabine Nr. 15 auf dem Hauptdeck gleich hinter den beiden Einstiegsplattformen für die Passagiere.
Das ist ein Manko, denn hier liegen
in unmittelbarer Nähe die Schiffsgeneratoren für die Stromerzeugung. 24 Stunden Dauerlärm sind
so garantiert, auch wenn das Schiff
vor Anker liegt und die Maschinen
stehen. Das Rattern der Klimaanlage geht dabei fast unter. Immerhin
ist sie leicht per Hand regulierbar.
Abstellen jedoch geht nicht, das
wird sofort klar. Draußen ist es einfach zu schwül, tags und nachts.
Gott sei Dank habe ich die Ohropax
vom Flug aufgehoben. So wird es
gehen. Die Zweibettkabine ist recht
gemütlich. Platz habe ich genug,
Ablagefläche auch. Im Bad könnte
Shampoo stehen bei einem Schiff
mit dem Zusatz „Premium“. Es fehlt
aber. Dafür finde ich es gut, dass die
Toiletten mit dem natürlich trüben
Flusswasser gespült werden. Das ist
ökologisch sinnvoll. Für Dusche und
Händewaschen in dem kleinen Bad
kommt Frischwasser aus der Leitung. Ich setze mich in meinen Rattansessel und blicke hinaus in die
Tropen.
Bei Manaus ist der Amazonas
drei Kilometer breit. Nur drei, sollte
ich sagen. Denn ganz in der Nähe
stromauf- und stromabwärts sind es
auch schon mal fünfzehn. Und wie
gesagt, wenn er einmal anschwillt,
gibt es kein Halten mehr. An der
engsten Stelle wurde erst vor Kurzem
eine nagelneue Brücke eingeweiht.
Die erste überhaupt. Die Stadt darf
nämlich nur in Richtung Süden
wachsen, hinüber auf die Halbinsel
Iranduba. Ansonsten ist Manaus
von Regenwald eingeschlossen, der
nicht gerodet werden darf.
Die Dschungelmetropole mit
der berühmten Oper ist die einzige
Millionenstadt der Welt, zu der kein
Landweg führt. Hierher kommt man
nur per Schiff oder wie wir im Flugzeug. Manaus ist eine kleine Insel
der Zivilisation, unser Heimathafen inmitten eines Meeres weitgehend unbesiedelter Natur. In einem
der Vorträge, die unsere Guides in
lockerer Folge halten, erklärt uns
Christoph die wichtigsten Fakten.
Es ist ein Potpourri der Höchstleistungen. Unser Fluss ist nicht nur
mit offiziell 6868 Kilometern der
längste, er enthält auch zwanzig
Prozent allen Süßwassers des Planeten. Mit der Menge, die bei Manaus
vorbeirauscht, könnte man alle 28
Sekunden jedem Menschen auf der
Welt einen Liter Wasser geben. Eine
ungeheure Vorstellung.
Kurz darauf, die Amazon Clipper
Premium hat inzwischen Fahrt aufgenommen, folgt schon der nächste
Coup. Mein Amazonas, ich habe ihn
gleich lieb gewonnen, das sind eigentlich zwei Flüsse. Im Osten der
Stadt treffen sich nämlich Rio Negro und Rio Solimões. So nennen
die Brasilianer den Fluss im Oberlauf, der im Rest der Welt Amazonas
heißt. Erst ab Manaus wird er auch
bei ihnen zum Amazonas. Doch
wen kümmert schon Wortklauberei,
wenn er erlebt, wie hier zwei Flusstypen aufeinanderstoßen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Der
Rio Negro, schwarz wie Espresso,
und der Amazonas, braun wie Latte
Macchiato, brauchen ganze elf Kilometer, um ihre Wasser zu vereinigen. So lange fließen sie fast unver-
mischt nebeneinanderher, im selben
Bett – der eine rechts, der andere
links. Ganz wissenschaftlich doziert
Christoph die Gründe – verschiedene
Fließgeschwindigkeit, Temperatur,
Dichte und pH-Wert. Der Amazonas
ist wärmer und schleppt reichlich
Sedimente mit sich. Der Rio Negro,
den wir später wieder flussaufwärts
fahren werden, ist deutlich saurer.
Er zersetzt die Blätter des Regenwaldes, bleibt aber sehr nährstoffarm, was zur Folge hat, dass es dort
wenig Mücken gibt und daher kaum
Malariafälle. Ein schöner Nebeneffekt, den wir auf unserer Reise bald
bestätigen können. Zunächst aber
sind alle einfach nur baff, wie sich
die beiden Flüsse widerspenstig abzustoßen scheinen. Ein Schauspiel,
dem ich stundenlang zuschauen
könnte.
D
ie vielen neuen Eindrücke machen durstig.
Höchste Zeit für die Happy Hour. Nicht irgendeine. Es ist Caipirinha-Stunde und
Sandros großer Auftritt. Der stämmige, kleine Brasilianer gehört zur
neunköpfigen Crew des Schiffes, die
uns gleich zu Beginn an Bord vorgestellt wurde. Das ist nett, denn so
lernen wir die Menschen kennen, die
hinter unserem Reisespaß stehen.
Sandro sorgt dafür, dass die Tische
im Esssaal des Oberdecks tipptopp
arrangiert sind, serviert Getränke,
räumt auf. Aber vor allem mixt er
die göttlichen Limonendrinks, ohne
die kein Brasilienurlaub perfekt
wäre. Zwei Caipis für den Preis von
einer, und das nur heute, da bin ich
dabei. Flink wie ein Wiesel zerteilt
Sandro die giftgrünen Zitrusfrüchte, zerdrückt sie im Glas, Eiswürfel
hinein, weißer Rohrzucker dazu,
Cachaça-Schnaps drüber, rühren,
fertig. Bald sitzen die meisten von
uns oben auf dem Freizeitdeck
gleich neben der Bar in der lauen
Brise des Abends. Vom Horizont nähert sich ein Gewitter, Blitze zucken
dramatisch, der Wind bläht sich zum
Sturm auf, Regen prasselt auf das
schützende Sonnendach. Ich nippe
an meinem Drink. Der Schauer zieht
rasant vorbei. Viertausend Gewitter
entladen sich ständig gleichzeitig
über Amazonien, sagte Christoph.
Noch so eine irre Zahl. Unseres hinterlässt ein dramatisches Panorama
aus dunklen Wolkenhaufen und einem feuerroten Sonnenuntergang.
Mittags und abends gibt es eine
feste Zeremonie. Dann schlägt
Sandro seine Schiffsglocke und ruft
uns 25 Passagiere zum Essen. Am
Abend unserer Ankunft an Bord geschieht das noch gemächlich. Man
steht, plaudert, sucht sich einen
Tisch im Restaurant des Oberdecks,
spaziert mit seinem Teller zum
angerichteten Buffet. Mit zunehmender Reisedauer geht das immer
hurtiger. Zum Ende hin lauern die
Ersten schon fünf Minuten vor dem
Gong am Eingang. Die Schlange vor
der Anrichte reicht in Windeseile
bis zur Treppe mittschiffs. Schuld
daran ist Simone. Die junge Köchin
mit dem feinen Lächeln ist ein Phantom. Kaum jemand bekommt sie
zu sehen, da sie mit ihrer Kollegin
Raimunda ständig in der Kombüse
werkelt. Ach was, zaubert. Ihre Gerichte sind ein Gedicht – alle. Selten habe ich so konstant lecker und
abwechslungsreich gegessen: Geschnetzeltes, Frittiertes, Gebackenes,
Aufläufe. Fisch ebenso wie Huhn,
Rinderbraten und Kürbissuppe,
▼
Mal so groß wie Deutschland. Da
dauert eben alles etwas länger. Erst
in den nächsten Wochen werden die
Fluten hier eintreffen. Wir nicken
beeinduckt.
Wir, das ist eine Reisegruppe des
Veranstalters Lernidee aus Berlin, der
unser Schiff für seine „Flusskreuzfahrt Amazónica“ komplett gechartert hat. Die Gäste aus Deutschland,
Österreich und Luxemburg sind eine
bunte Mischung: Paare, einige Einzelreisende, zwischen Ende vierzig
und Mitte siebzig. Erfahrene Traveller, die mal eine exotische Flusskreuzfahrt machen und nicht auf
einem der Riesenschiffe mit Casino
und Bordanimation den Amazonas
hinaufpflügen wollen. So werden es
mir viele später erzählen. Die richtige
Wahl, wie wir bald feststellen. Nun
aber heißt es erst mal, über den wackligen Steg auf einen Ponton zu balancieren. Dort warten schon die beiden
grasgrünen Beiboote der Amazon
Clipper Premium. Sie werden ab jetzt
unser Tor zur Natur werden und uns
überall hintragen, wo es etwas zu sehen gibt. Einen zünftigeren Beginn
der Abenteuerreise hätte ich mir
nicht vorstellen können.
Fotos: Sven Weniger
D
as wird also
mein Zuhause
für die nächsten Tage sein.
Direkt von meinem Hotel, dem
Tropical Manaus, blicke ich
hinunter auf den großen Strom. Da
liegt sie etwa hundert Meter vom
hell schimmernden Ufer entfernt vor
Anker. Keine Verwechslung ist möglich. Die Amazon Clipper Premium
ist das einzige Schiff weit und breit.
So sind meine ersten Eindrücke am
Amazonas gleich verwirrend. Denn
ich hatte weder die breiten Sandstrände erwartet, die den Fluss auf
beiden Seiten einrahmen, noch, dass
überhaupt kein Verkehr auf dem
Wasser herrscht. Unser Guide Franz
Schuler (46) begrüßt uns im Foyer.
Dann machen wir uns zu Fuß auf
den Weg durch den kleinen Park mit
den zwitschernden Vögeln vor dem
Tropical Manaus. Über die breite Promenade geht es hinab zum
Strand. An der zehn Meter hohen
Ufermauer stehen Markierungen der
Hochwasserstände der letzten Jahre. Für 2009 musste die rote Linie
sogar auf einen Stein in der höher
gelegenen Grünanlage gepinselt
werden. Der Pegel des Amazonas
steigt gut und gerne 16 Meter in
der Regenzeit, belehrt uns Franz.
Er ist Schweizer und vor zwanzig
Jahren in Manaus hängen geblieben, wie er sagt. Seine Witze und der
lustige Tonfall à la Emil werden uns
von nun an immer wieder zum Lachen bringen.
2009 war Rekord, der höchste
Stand seit über hundert Jahren. Nur
jetzt im November, da wir gerade
extremes Niedrigwasser haben, tauchen die Strände auf – eine weitere
Überraschung. Denn 1500 Kilometer
am Oberlauf des Amazonas, wo die
Regenwälder an die Anden stoßen,
hat die Regenzeit schon begonnen.
Doch der längste Fluss der Erde ist
eine unberechenbare Diva. Zu weit
ist sein Einzugsgebiet, fast zwanzig
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Rio Apuau
Ausschnitt
20 km
Brasilien
BRASILIEN
Amazon Clipper Premium° Brasilien
Rio Cuieiras
R
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Ne
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Manaus
Terra Preta
A
ber eigentlich wollte ich
von den Ausflügen erzählen. Gleich nach der ersten
Nacht auf der Amazon
Clipper Premium geht es bei Tagesanbruch auf Entdeckungsfahrt. 6.00
Uhr hatte Franz am Abend zuvor auf
der Tafel für das Tagesprogramm notiert. Da stockte manchem der Atem.
Aber wer etwas sehen will, muss
früh raus. Das merke ich schnell. Die
Tiere sind in der weichen Morgenluft aktiver als in der Schwüle des
Tages. Mit beiden Beibooten fahren
wir in einen natürlichen Verbindungskanal zum riesigen Lago dos
Reis. Gleich zu Beginn begrüßen uns
Seeschwalben mit lautem Geschrei.
Sie sind auf der Jagd. Doch nicht nur
sie. Auch Eisvögel, Ibisse, eine enorme Vielfalt von Reihern tummeln
sich über der Mündung. Der Black
Skimmer pflügt im Flug mit seinem
geöffneten Schnabel durchs Wasser
und packt so seine Beute. Der flache
Kanal ist voller Fische. Wir sehen
sie nur manchmal aus dem dunklen
Wasser springen, die Jäger erspähen sie sofort. Delfine sind ebenfalls
unterwegs. Auch einige Fischer der
nahen Siedlung, deren bunte Holzhäuser sich hoch oben auf der Böschung allmählich aus der Morgendämmerung schälen. So viele Boote,
so viel Action sind selten auf dem
Amazonas. Rabengeier lauern am
Ufer. Papageien aller Größen und
Farben fliegen laut kreischend vorbei. Unsere Kameras laufen heiß. Die
Bootsleute Roberto und Raimundo
zeigen uns Tukane und Fischbussarde, die hoch in den Bäumen sitzen. Sie entdecken die urzeitlichen
Hoatzin-Hühner im Dickicht, sehen
klitzekleine Waldfrösche auf den
Ästen hocken. Ich bin voller Bewunderung für die Fähigkeit der beiden,
ihre Umgebung förmlich zu scannen. Ihnen entgeht weder der Leguan, der starr wie ein Ast wirkt, noch
das Faultier, das sich gleich einem
Termitennest um den Baumstamm
Nur selten sieht man
Kapitän Jaime Coelho
da Silva in seiner
strahlend weißen
Uniform.
Lecker! Dem Papagei
schmeckt die Limone
auch ohne Cachaça.
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schlingt, oder die Gottesanbeterin,
die wie ein Zweig im Unterholz aussieht. Selbst Christoph und Franz
können da nicht mithalten. Und ich,
ich komme mir wie blind vor.
V
ielleicht auch besser so,
denke ich einige Tage
später. Da geht es nämlich stromaufwärts zum
Piranha-Fischen. Ja genau, auf die
mit den Mörderzähnchen haben
wir es abgesehen. Mittlerweile sind
auch die letzten Anzeichen der Zivilisation verschwunden. Oberhalb
von Manaus leben kaum noch Menschen. Wir sind im AnavilhanasNationalpark mit seiner unübersichtlichen Inselwelt angekommen.
Unser Schiff ankert im Rio Cuieiras.
Raimundo fährt uns zum Ufer, Franz
verteilt die Angelleinen mit den
Haken. Still ruht die Wasseroberfläche. Hier soll was los sein? Es ist!
Kaum versinken die Nylonschnüre
in der Brühe, zerrt es auch schon wie
wild an den Fleischstückchen, die
uns Simone als Köder mitgegeben
hat. Im Minutentakt zieht unsere
Gruppe unter ekstatischem „Ich hab
einen!“-Tumult die kleinen, roten
Piranhas aus dem Fluss. Raimundo kommt kaum nach mit dem Abmachen der Haken. Das sollte man
nie selbst versuchen. Rutscht einem
der glitschige Fisch weg, hängt er
garantiert Nanosekunden später
an der Hand. Dann ist Schluss mit
lustig. Die kleinen Piranhas wirft
der Brasilianer wieder in den Fluss.
Die großen finden wir tatsächlich
abends wieder – diesmal als Fischsuppe auf Simones Speiseplan.
Eines Morgens nimmt mich Franz
sogar zum Fischen mit. Wieder sind
wir im Auftrag der Köchin unterwegs. Bis zu vier Meter lang wird der
Piraiba, der größte Fisch hier, und
übertrifft damit deutlich den rosa
Flussdelfin, das größte Säugetier im
Amazonas. Doch der Wels würde
eher uns erlegen als umgekehrt. Also kehren wir nach einer Stunde
mit drei kapitalen Buntbarschen
▼
kleinen Schiffen wie der Amazon
Clipper Premium ist das möglich.
Mit ihrem geringen Tiefgang kann
sie auch in flachere Seitenarme
fahren und sogar am Ufer anlegen.
Am dritten Tag setzt Kapitän Coelho
da Silva unser schwimmendes Zuhause direkt auf den Strand des
Rio Negro. Knirschend kommt der
Dampfer zum Stehen. Es ist ein Badestopp. Einige springen direkt von
Bord in den lauwarmen Fluss. Nicht
gerade erfrischend bei 30 Grad –
Wassertemperatur natürlich, die Luft
ist noch um einiges wärmer. Doch
eine nette Abwechslung, die ich mir
nicht entgehen lasse. An Bord gibt
es nur zwei Mini-Sitzpools. Die sind
anfangs tagelang leer. Auch später werden sie nur mit dem trüben
Flusswasser gefüllt – und wer sitzt
schon gerne in einer großen, vollen
Kaffeetasse. Nein danke.
Fotos: Sven Weniger, Infografik: www.AxelKock.de für AZUR
Salate und Soßen. Dazu gibt es Spezialitäten aus Maniok, Früchten und
Gemüsen, deren Namen ich noch
nie gehört habe. Und ihre Kuchen
und Eistorten – überirdisch. Auf
der Amazon Clipper Premium jongliert man nicht mit kulinarischen
Petitessen. Hier wird herzhaft zugelangt. Passend dazu gibt es keinen
Dresscode. Jeder kommt in der Kleidung, die ihm behagt, und setzt sich
immer mal wieder an einen anderen
Tisch. Nur wenige Gäste glucken
in kleinen Zirkeln zusammen. Niemand wird außen vor gelassen.
Diesen Strauß an Speisen auf
einem so kleinen Schiff immer
auf die Minute genau zu timen, ist
große Kunst. Daher mogle ich mich
alsbald in die Schiffsküche, um
Simones Geheimnis auf die Spur zu
kommen. Da stehen also die beiden
Frauen in ihren Sweatshirts und weißen Hauben. Ein Kofferradio summt,
die Fenster zum Fluss sind offen, die
Kombüse ist klein und zweckmäßig.
Sie koche einfach gerne, sagt Simone, und natürlich nur mit besten
Zutaten. Das war’s, mehr könne sie
dazu nicht sagen. Raimunda grinst.
Welche Bescheidenheit! Also kein
Mysterium, keine Sterne-KochUtensilien. Einfach nur Spaß an der
Arbeit mit Blick auf den Amazonas.
Das ist Inspiration genug.
Das A und O jeder Flusskreuzfahrt in Amazonien sind die Ausflüge in den Regenwald. Nur auf
ona
Lago dos Reis
s
Terra Nova
Auf dem Amazonas durch Brasilien
Auf dem längsten Fluss der Welt durch Amazoniens geheimnisvolle Natur.
LANDESINFOS
Der Regenwald Amazoniens ist etwa 7 Millionen
Quadratkilometer groß. 68
Prozent liegen in Brasilien.
Amazonas heißt auch der
Bundesstaat im Herzen der
Region. Hauptstadt ist die
Urwaldmetropole Manaus
(1,8 Millionen Einwohner).
Dort vereinen sich die
beiden Flüsse Rio Negro, der
aus Kolumbien kommt, und
der Rio Solimões/Amazonas
aus Peru, fließen von hier
aus in den Atlantik. Mit
6868 Kilometern ist der
Amazonas der längste
Fluss der Erde.
Anreise
Die brasilianische TAM fliegt
ab Frankfurt und München
in elf Stunden nach São
Paulo und von dort weiter
nach Manaus. Preis: ab
1276 Euro. Lufthansa fliegt
ebenfalls nach São Paulo.
Reisende müssen dort
aber auf einen TAM-Flug
umsteigen. Lernidee-Bucher
haben alle Transfers, inkl.
Übernachtung im Hotel
Tropical direkt am Bootsanleger, inklusive.
reisezeit & KLIMA
Manaus liegt nur 40 Meter
über dem Meeresspiegel
nahe dem Äquator. Das Klima ist das ganze Jahr über
tropisch schwül. Tagsüber
steigen die Temperaturen
meist über 30 Grad, nachts
fallen sie selten unter 25
Grad. Mit Regenfällen muss
täglich gerechnet werden.
Regenzeit ist Dezember bis
April. Die trockensten Monate sind Juni und Juli. Die
Amazon Clipper Premium
fährt ganzjährig. Lernidee
bietet drei Touren von September bis November an.
GESUNDHEIT
Mücken- und Sonnenschutz
sind ein Muss! Amazonien
ist Malaria-Risikogebiet.
ZEITUNTERSCHIED
Zur MEZ –5 Stunden, in der
europäischen Sommerzeit
–4 Stunden.
WÄHRUNG
Die brasilianische Währung
ist der ReaL (1 BRL =
ca. 0,40 Euro). Tausch in
Banken und an Flughäfen,
aber sehr hohe Gebühren.
Besser Bargeld und Kreditkarten mitnehmen. An Bord
auch MasterCard und Visa.
SOUVENIRS
In Indianerdörfern lokales
Kunsthandwerk. Originell:
der Froschrufimitator aus
Hartholz (auf Terra Nova),
auch die Blasrohre in Terra
Preta. Typisch: der Zuckerrohrschnaps Cachaça.
LESEN & SEHEN
Brasilien, Baedeker Verlag,
25,95 Euro. „Brasilien: Ein
Land der Zukunft”, Insel
Verlag, 10 Euro.
Der Werner
Herzog-Film
„Fitzcarraldo”
mit Klaus Kinski
spielt in Manaus und auf
dem Amazonas,
Arthaus Verlag,
9,99 Euro.
info
www.braziltour.com
www.brasilianischebotschaft.de
SCHÖNE LEGENDE:
Die berühmte Oper von
Manaus ist eigentlich ein
Theater. Es wurde mit viel
Aufwand renoviert.
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azur.de
107 °
zurück, haben, ganz nebenbei, mit
ein paar Totenkopfäffchen gespielt,
einem Indio-Fischer einen neuen
Angelblinker geschenkt, Webervögel beim Nestbau beobachtet, uns
mit der Fotolinse an einen Fischadler
gepirscht – und werden nun von den
anderen an Bord mit großem Hallo
begrüßt. Ein ganz normaler Abenteuertag in Amazonien.
Meine Fahrt auf der Amazon
Clipper Premium ist schon nach
Kurzem übervoll mit Erlebnissen.
Die wenigen Tage sind gefüllt mit
Exkursionen aller Art. Natürlich
auch Landgängen in den Regenwald. Dort verliere ich schnell den
Überblick über die grandiose Vielfalt der Natur. 1500 Vogel-, 6000
Baum-, 2,5 Millionen Insektenarten
– und niemand ist sicher, wie viele
noch auf ihre Entdeckung warten.
Manchmal ist das Tagesprogramm
so dicht, dass kaum noch Zeit zum
Genießen der Schiffsreise selbst
bleibt. Aber natürlich kann jeder den
einen oder anderen der bereits voll
im Reisepreis enthaltenen Ausflüge
auslassen. Außerdem hat der Veranstalter Lernidee sein Kreuzfahrtpaket Amazonien mit Abstechern
in den Pantanal, nach Brasilia und
Rio de Janeiro so umfassend gestaltet, dass mancher einfach gerne mal
eine Pause macht und nur auf dem
Außendeck beim Kaffee sitzt, liest
oder döst. Zum Sonnen ist es allerdings zu heiß. Außerdem sind die
Plastikliegen nicht besonders einladend – und dem Schiff täte es sowieso gut, wenn die Reederei mit
Pinsel und Farbe den sich vielerorts
deutlich abzeichnenden Abnutzungen entgegentreten würde.
Erst wenn es Nacht wird und sich
ein überwältigender Sternenschirm
über dem Amazonas aufspannt, sind
108 °azur.de
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wir wieder alle draußen, auf der
Dachterrasse, an der Reling, auf dem
Außendeck – die Caipi in der Hand.
Ein Genuss ohne Chill-out-Gedudel
hinterm Tresen. Einfach herrlich!
Dann sauge ich diese einmalige Atmosphäre aus Stille und seidiger
Brise auf und fühle mich wie ein
Entdecker. So muss es Werner Herzogs Fitzcarraldo gegangen sein,
denke ich, als er sich von Manaus
den Amazonas stromaufwärts aufmachte, um in Peru ein Opernhaus
zu bauen. Der Regenwald verführt
zum Träumen und Fantasieren.
W
er in einer Region wie
Amazonien unterwegs
ist, muss mit Prog r a m mä nde r u ngen
rechnen. Wasserstände können
schwanken, Regenfälle Bootstouren
und Wanderungen unmöglich machen. Franz, der bei Amazon Clipper
Cruises auch Expeditionsleiter ist,
erklärt, dass feste Routen nicht zu
garantieren sind. Wohl aber, dass es
immer spannend und unterhaltsam
wird, egal, ob das Schiff nun den Rio
Ariau statt den Rio Cuieiras hinauffährt, den Lago January statt den
Lago dos Reis besucht. Dafür sorgen
auch zusätzliche Vorträge an Bord,
in denen sich er und Christoph mit
Themen rund um den Amazonas befassen. Dazu trägt zudem bei, dass
Gäste überall an Bord willkommen
sind, auch dort, wo sie normalerweise nicht hindürfen. So schaue ich
eines Nachmittags einfach mal beim
Kapitän auf der Brücke vorbei. Nun
ja, er weiß, dass ich komme, und hat
sich nochmal in seine schneeweiße
Uniform gesteckt, die normalerweise im Schrank hängt. Denn wenn
er nicht zu repräsentieren hat, und
das kommt eigentlich so gut wie
nie vor, dann läuft er als Jaime im
T-Shirt mit dem Reederei-Logo an
Bord herum wie die anderen Crewmitglieder und wird von keinem der
Passagiere erkannt. Also erklärt mir
Jaime alias Capitão Coelho da Silva
den Tiefenmesser der Amazon Clipper Premium – erstaunlich, denn wir
haben gerade satte 80 Meter Wasser
unterm Kiel – und lässt mich sogar
für einen Moment ans Steuerrad.
Ein überschaubares Risiko, denn ich
schippere ganz allein auf dem an
dieser Stelle acht Kilometer breiten
Rio Negro.
Unser letzter großer Landgang
führt uns in die Indio-Siedlung
Terra Preta. Die Urbevölkerung am
Amazonas hat sich weitgehend assimiliert. Wir erklimmen die hohe
Böschung und stehen auf einem
Plateau mit Holzhütten und einem
weiten Fußballfeld in der Mitte,
auf dem gerade gekickt wird. Es
gibt TV-Anschluss und Handys.
In der Schule werden den Kindern
sowohl die portugiesischen wie indianischen Begriffe ihres Alltags
beigebracht, darauf legt der brasilianische Staat Wert. Dennoch ist
die Dorfgemeinschaft Terra Preta
eine der wenigen verbliebenen
Amazoniens, die sich nicht mit weißen Siedlern vermischt hat. Noch
einmal langen unsere Souvenirjäger zu. Dann heißt es Abschied
nehmen von einer Welt, in der ich
mich fast schon heimisch fühlte. Am Tag der Abreise bekommen
Crew und unsere Guides ihr verdientes Trinkgeld. Obwohl natürlich
freiwillig, geben alle Gäste gerne
die 80 bis 100 Euro Tipp.
Die „Flusskreuzfahrt Amazónica“ mit Lernidee besteht im Kern
aus einer sechstägigen Schiffsreise
ins Herz Amazoniens plus Rahmenprogramm vor- und hinterher. Die
Amazon Clipper Premium ist dafür
ein sehr komfortables Flussschiff,
auf dem die Tradition freundlicher,
persönlicher und umfassender Betreuung gepflegt wird.
Text: Sven Weniger
Kundenservice
Sie wünschen mehr
Informationen?
Dann schicken Sie eine formlose Email an
redaktion@azur.de
Fotos: Sven Weniger
Totenkopfäffchen trauen
sich ganz ungeniert in die
Nähe der Menschen, denn sie
wissen, die haben Bananen.
und bestellen Sie den aktuellen Prospekt
Ihrer Wunschreederei oder abonnieren Sie das
führende Kreuzfahrtmagazin AZUR.