Bericht 2016 3 - Rechtswissenschaftliche Fakultät

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Bericht 2016 3 - Rechtswissenschaftliche Fakultät
Ich studiere Jura an der Albert-Ludwigsuniversität Freiburg. Dass ich gerne mit dem
Erasmus+ Programm einen Jahr meines Studiums im Ausland verbringen wollte, stand
für mich eigentlich schon seit Studienbeginn fest, entsprechend bewarb ich mich nach
dem vierten Semester beim Erasmus+ Programm. Ursprünglich schwebte mir eher ein
Auslandsjahr in Frankreich vor, da meine Französischkenntnisse zu diesem Zeitpunkt
bereits ganz passabel waren, allerdings erhielt ich dort keinen Platz. So landete ich
letztendlich über die Restplatzvergabe mehr oder weniger ungewollt und zufällig in
Pisa. Mein Erasmusjahr an der Università di Pisa in Italien zu verbringen, stellte sich
aber als wahrer Glückstreffer heraus.
1. Anreise
Für die Anreise nach Pisa entschied ich mich für den Zug, da ich einiges an Gepäck
dabei hatte und so vermeintlich geschickt jegliche Gewichtsbeschränkungen umgehen
konnte. Jedoch würde ich hierzu im Nachhinein eher nicht mehr raten, da sich die Fahrt
doch sehr zog, letztendlich ziemlich teuer war und ich mehrfach umsteigen musste,
was sich mit dem überladenen Backpack und dem restlichen Gepäck eher mühsam
gestaltete. Mittlerweile gibt es zum Beispiel preiswerte Flüge ab dem Euroairport Basel
nach Pisa. Falls du vor hast mit dem Auto nach Pisa zu fahren, was die Anreise
bestimmt um einiges vereinfacht, solltest du dich im Voraus aber auf jeden Fall
informieren, wo du dein Auto parken kannst und welche Straßen sogenannte ZTL
(Zona Trafico Limitato) sind. Jegliche ZTL meidest du besser weiträumig, da man
bereits bei einfachem Befahren saftige Knöllchen kassiert.
2. Vorbereitung
Vorbereitungen traf ich im Grunde nicht allzu viele. Ich hab mich bei meiner
Krankenkasse informiert, ob mein Versicherungsschutz auch im Ausland gilt, was
glücklicherweise der Fall war. Außerdem eröffnete ich ein Konto bei der Deutschen
Bank, um mir die lästigen Abhebegebühren zu ersparen. Diesen Tipp hatte ich selbst
in einem Erfahrungsbericht gelesen und kann es nur weiterempfehlen, da es allein in
Pisa 3 Filialen der Deutschen Bank gibt und auch in allen anderen größeren Städten
in Italien. Ich besuchte zudem beim Sprachlehrinstitut der Uni Freiburg einen
„Italienisch Kompaktkurs“ mit Sprachniveau A1, leider aber sehr halbherzig, weshalb
doch recht wenig hängen blieb und ich mich mit quasi nicht existenten
Italienischkenntnissen auf den Weg nach Pisa machte. Ich war überzeugt, dass ich für
den Anfang schon irgendwie mit Englisch durch kommen werde, dies traf allerdings
nicht wirklich zu, da der Durchschnittsitaliener eher miese Fremdsprachenkenntnisse
besitzt. Mit Französisch und Händen und Füßen hat es letztlich aber doch geklappt,
der Smalltalk fiel anfangs aber doch recht spärlich aus. Von den anderen Freiburgern,
die mit mir in Pisa studierten, weiß ich, dass diese vor Beginn einen Intensivsprachkurs
in Siena besuchten, was beim mir zeitlich leider nicht möglich war. Siena ist nicht nur
eine tolle Stadt, der Sprachkurs soll laut den Erzählungen auch ziemlich amüsant und
auch recht effektiv für die Fremdsprache gewesen sein. Außerdem kontaktierte ich
bereits vor Abreise Dora Mancini, die Erasmuskoordinatorin der juristischen Fakultät
in Pisa und vereinbarte mir ihr ein erstes Treffen.
3. Wohnungssuche
Die Wohnungssuche empfand ich damals als größte Hürde, vermutlich machte ich mir
aber eher wegen der Sprachbarriere so einen Stress. Man muss sich da verglichen mit
Freiburg eigentlich keinen Kopf machen, es war letztendlich recht entspannt eine nette
Bude zu finden. Ich habe von Zuhause aus über die Facebook-gruppen „Cerco casa o
camera in affitto a Pisa“ mit der Zimmersuche begonnen und so bereits vorab einige
Besichtigungstermine vereinbart. Zu einer Besichtigung würde ich auf jeden Fall raten,
gerade Bäder und Küchen sahen oftmals doch deutlich ranziger aus, als man das von
den Freiburger WG’s gewohnt ist und auch die Zimmer hatten in der Realität teilweise
wenig mit den hochgeladenen Fotos aus den Wohnungsanzeigen zu tun. Allerdings
kannst du auch vor Ort das schwarzen Brett der Mensa durchforsten, oder über das
ESN Office nach Wohnungen suchen, diese vermitteln den Erasmusstudenten gute
und meinst zentral gelegene Zimmer. Ich habe in meiner ersten Woche in Pisa
insgesamt 7 Wohnungen besichtigt und bekam trotz meines miserablen Italienischs
am Ende fast bei allen eine Zusage. Manchmal einfach freundlich Lachen und hoffen,
dass es tatsächlich ein Witz und keine Frage war. Allerdings hilft es sicher, sich ein
paar Formulierungen und Begriffe (Caparra=Kaution; Lavatrice=Waschmaschine etc.)
vorher zu notieren, bzw. die wichtigen Fragen, wie beispielsweise zum Mietvertrag,
Kaution oder Nebenkosten bereits im Voraus via Mail oder Facebook zu klären, um
Missverständnisse zu vermeiden. Auch ist es in Italien üblich ein Doppelzimmer mit
einem anderen Studenten zu teilen. Von Studentenwohnheimen habe ich nicht viel
mitbekommen, außer dass einige kirchlich und daher eher konservativ eigestellt waren
und auch die Bahnhofsgegend würde ich persönlich nicht als Wohngegend auswählen.
Falls deine potenzielle Wohnung nicht allzu weit vom Piazza Garibaldi entfernt liegt,
die Mitbewohner passen und im Idealfall noch ein Blick auf den Arno rausspringt,
solltest du definitiv zuschlagen!
Ich habe mir gezielt eine WG mit ausschließlich Italienern gesucht und würde das auch
wieder tun. Zum einen habe ich im Italienisch deutlich schneller Fortschritte gemacht
und meiner Meinung nach bessere Eindrücke von Land und Leuten mitbekommen.
Auch war es so deutlich leichter Kontakte zu Italienern zu knüpfen, als das bei meinen
Freunden aus reinen Erasmus-WG’s der Fall war. Außerdem ist es ganz praktisch, da
die Partys so nicht immer in deiner Küche steigen. Die Mieten für Einzelzimmer sind
im Schnitt ähnlich wie in Freiburg, vielleicht sogar etwas günstiger. Mein Zimmer war
vergleichsweise groß, möbliert und mit Blick auf den Arno. Gezahlt habe ich monatlich
280€ plus ca. 20-30€ Nebenkosten, was aber auch ein Glücksgriff war. Ich hatte selbst
weder Kontakt zu meinem Vermieter noch einen richtigen Mietvertrag, da ich als
Untermieterin die Miete immer an den eigentlichen Mieter überwies und dieser alles
Restliche regelte, hat aber alles problemlos geklappt.
4. Studium und Sprache
Im ersten Semester besuchte ich die Kurse „Filosofia del diritto” bei Professore Greco,
„Storia del diritto romano“ bei Professore Procci, sowie “Istituzioni di diritto privato” bei
Professoressa Cristiani. Im zweiten Semester belegte ich “Diritto costituzionale I” bei
Professore Dal Canto, “Istituzioni di diritto romano“ bei Professoressa Terreni, sowie
„Diritto internazionale“ bei Professore Calamia.
An sich ist man an der Università di Pisa erstmal völlig frei in der Wahl der juristischen
Kurse, so habe ich im ersten Semester hauptsächlich Erstsemestervorlesungen
besucht. Beim Erstellen des Stundenplans ist aber zu beachten, dass die Vorlesungen
in verschiedenen Universitätsgebäude stattfinden. Zum einen zentral gelegen beim
Piazza Cavalieri, häufig finden die Vorlesungen aber auch im Polo Piagge, einem
etwas außerhalb gelegenen Gebäude statt. Für den Fall, dass aufeinanderfolgende
Vorlesungen nicht im selben Gebäude gehalten werden, solltest du auf jeden Fall
ausreichend Zeit einplanen, da man bestimmt 20 min vom Polo Piagge zurück zum
Piazza Cavalieri läuft.
Weiter gibt es zwischen der Universität Freiburg und der Università di Pisa eine
Sondervereinbarung hinsichtlich der ECTS-Punkte. Anders als beispielsweise die
französischen oder spanischen Erasmusstudenten, bekommen wir Freiburger unsere
ECTS Punkte bereits durch Anwesenheit. Es handelt sich also mehr oder weniger
ausschließlich um Sitzscheine. Man sollte nach der ersten Vorlesung den jeweiligen
Professor aufsuchen, ihm das System kurz erklären und beispielsweise eine
Anwesenheitsliste erstellen, die dann nach jeder Vorlesung unterschrieben wird und
die Kursteilnahme belegt.
Diese Vereinbarung zwischen den Fakultäten ist sehr praktisch, da ich im ersten
Semester so keine Prüfungen ablegen musste, was mir hinsichtlich meiner
anfänglichen Verständnisschwierigkeiten in den Vorlesungen doch sehr entgegen
kam. Im zweiten Semester habe ich dann zusätzlich zur Kursteilnahme eine Prüfung
in Diritto internazionale abgelegt und 2 Hausarbeiten (in Diritto internazionale und
Diritto Costituzionale) im Rahmen von jeweils 20.000 Zeichen geschrieben, um mir
den großen Öff anrechnen zu lassen. Die anderen 3 Freiburger haben eine Hausarbeit
im
Rahmen
von
40.000
Zeichen
verfasst,
bezüglich
der
verschiedenen
Anrechnungsmöglichkeiten informiert man sich am besten direkt beim Rechnungsamt.
Bei mir ist die Prüfung der Anrechnung bereits durch und hat offenbar geklappt.
Die Themen für die Hausarbeiten wurden mit beide Male von den Professoren
vorgeschlagen und waren überraschend interessant. Ich schrieb die Hausarbeiten auf
Italienisch, (auch hier erweisen sich italienische Mitbewohner als extrem praktisch,
was das Korrekturlesen angeht) jedoch weiß ich, dass man diese beispielsweise bei
Prof. Martinez auch auf Englisch schreiben kann. Die Prüfungen in Pisa sind
ausschließlich mündlich und die Anforderungen an Erasmusstudenten sind wirklich
gnädig. Insgesamt habe ich ein sehr entspanntes Jahr in Pisa verbracht und musste
vermutlich nur einen Bruchteil des Freiburger Arbeitspensums erfüllen, was mich aber
nicht störte. In akademischer Hinsicht hat mich das Jahr so gesehen vielleicht nicht
unbedingt weitergebracht, ich kann es jedoch trotzdem jedem ans Herz legen, da man
sich persönlich weiter entwickelt und vieles dazu lernt.
Während meines Aufenthalts in Pisa habe ich insgesamt 3 Sprachkurse beim CLI
wahrgenommen, im ersten Semester einen A2 Italienischkurs, im Januar einen
dreiwöchigen B1 Intensivsprachkurs und im zweiten Semester dann B2 Sprachniveau.
Hier ist zu erwähnen, dass man nicht nur sein italienisch verbessert, sondern auch pro
Kurs 4ECTS Punkte bekommt.
Ansprechpartner in Freiburg ist das Auslandsbüro der Rechtswissenschaftlichen
Fakultät in der Erbprinzenstraße 17a mit Frau Schneiders als Koordinator. In Pisa
wurde ich vom Ufficio Rapporti Internazionali betreut. Ansprechpartnerin vor Ort ist
Dora Mancini, die zwar nur italienisch spricht, aber stets geduldig und bemüht war, uns
bei allen Anliegen und möglichen Problemen weiter zu helfen.
5. Leben in Pisa
Pisa mag kulturell zwar deutlich weniger zu bieten haben, als dies beispielsweise in
Florenz oder Rom der Fall ist, jedoch ist es meiner Meinung Ideal für ein Erasmusjahr.
Pisa ist mit seinen knapp 40.000 Studenten, was in etwa die Hälfte der Einwohner
ausmacht, eine extrem junge und lebendige Stadt. Das zeigt sich vor allem abends.
Sobald die Temperaturen einigermaßen passen, spielt sich das Leben auf den
Piazza’s oder den Mauern des Lungarno, entlang des Flussufers ab. Im
Wintersemester gibt es 3 kleiner Clubs, in denen hauptsächlich spanische Musik läuft,
die aber ihren Zweck erfüllen. Außerdem gibt es reichlich nette Bars, Restaurants und
Café’s, die es zu erkunden gilt. Was das Studentenherz höher schlagen lässt, sind auf
jeden Fall die eher niedrigen Preise für Essen und Trinken, sowie die Aperitivo’s, die
an jedem Eck angeboten werden. Man zahlt hierbei seinen Cocktail/Wein/Bier für
meist 5€,6€ und darf sich dann zusätzlich so oft man möchte am gut bestückten Buffet
bedienen. Über das Jahr verteilt gibt es viele Feste, wie beispielsweise das Luminara
Lichterfest, welches man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte. Weiter
organisieren die Studentengruppen ESN und AGEE regelmäßige Aperitivo’s, oder
andere Events und fast jede Woche gibt es in verschiedenen Bar‘s wirklich
ansprechende Gratiskonzerte (meine persönlichen Favoriten die „SuRealistas“). Nicht
zu vergessen ist die gute Lage, mit dem Zug ist man in etwas mehr als einer Stunde
in Florenz, Siena oder Cinque Terre. Das Meer erreicht man mit dem Bus in etwa 2030 Minuten und an sich kann man ab Pisa mit Flixbus, Zug oder auch per Flugzeug
einfach und meist sehr preiswert die Toskana, den Rest Italiens oder auch andere
Länder preiswert erkunden. Also nutz die Zeit und scheffle schon mal ein bisschen
Kohle im Voraus, kann man in jedem Fall gut gebrauchen. Ich habe ein grandioses
Jahr in Pisa verbracht mit tollen Eindrücken, neuen Freundschaften, unvergesslichen
Reisen und Festen. Ein Jahr das ich auf keinen Fall missen wollte und nur jedem
weiterempfehlen kann.