Eine Ära geht zu Ende - Argentinisches Tageblatt
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Eine Ära geht zu Ende - Argentinisches Tageblatt
Inhalt Brutaler Hilferuf Meinung ........................ 4 Die Rohrpost von Bs. As. Ausflüge & Reisen ......... 7 "Memorium" Nürnberg Kultur ............................. 9 Die Bundesmigrantinnen Kultur ........................... 11 Ohne Etat für 2011 Wirtschaftsübersicht .... 18 Rubriken Tabellen ......................... 6 Personalnachrichten ... 16 Wirtschaft .............. 12-16 Sonnabend, 27. November 2010 121. Jahrgang Nr. 31.799 Eine Ära geht zu Ende AHK-Geschäftsführer Dr. Lege in den Ruhestand verabschiedet Von Marcus Christoph Buenos Aires (AT) – Der Beifall war “Noteinsatz” sei dann für Lege ein groß, die lobenden Worte zahlreich. “zweites Lebensprojekt” geworden, Keine Frage: Bei der Auslandshandelsformulierte Wansleben. kammer (AHK) in Bue-nos Aires ging Die Redner - neben den erwähnten am Donnerstag eine Ära zu Ende. ergriffen auch der ehemalige AHKDenn mit Dr. Klaus-Wilhelm Lege verPräsident Dr. Matthias Klein-hempel, abschiedete sich jemand in den RuheAHK-Schatzmeister Marcelo Guckenstand, der als geschäftsführender Viheimer sowie AHK-Beiratsmitglied Dr. zepräsident die deutsche HandelsverThomas Leonhardt das Wort – hoben tretung in der argentinischen Hauptnicht nur Leges berufliche Leistungen, stadt nachhaltig geprägt hat. Als der gesondern auch dessen menschliche Quabürtige Hamburger vor gut fünf Jahlitäten hervor. Eine echte PersönlichFoto: mc ren seinen Posten am Río de la Plata keit, die hanseatische Tugenden verübernahm, habe sich die Niederlassung körpere, wie Kleinhempel beschrieb. Dr. Klaus-Wilhelm Lege und seine Nachfolgerin Barbara Konner. in einem unbefriedigenden Zustand beDie Laudatoren würdigten auch Leges funden, wie Dr. Viktor Klima, der Präsident der deutsch-argentini- besonderes Engagement für die Nachwuchsförderung sowie die Pfleschen AHK, in seiner Laudatio beschrieb. 14 Mitarbeiter und 500 ge der deutschsprachigen Gemeinschaften in Argentinien. assoziierte Unternehmen habe die AHK in Buenos Aires seinerzeit Leges Nachfolge in der Geschäftsführung tritt ab Anfang komgezählt. Nach fünf Jahren Tätigkeit von Lege beschäftigt die Han- menden Jahres Barbara Konner an. Die 42-jährige Kölnerin leitete delsvertretung nun 50 Angestellte und Helfer, die sich um rund 800 zuletzt das Amerika-Referat des Deutschen Industrie- und HandelsBetriebe kümmern. Eine stolze Bilanz. kammertages. Während ihres Politik- und Volkswirtschaftsstudiums Dabei war Lege vor fünf Jahren bereits im Begriff, in den Ruhe- verbrachte sie 1994 ein Jahr in Argentinien. Seitdem war es ihr stand zu gehen, wie Dr. Martin Wansleben, der Hauptgeschäftsfüh- Wunsch, dorthin zurückzukehren. Für Konner ist es das erste Mal, rer des Deutschen Industrie-und Handelskammertages, Revue pas- dass sie eine AHK-Vertretung leiten wird. Sie hat sich für ihre neue sieren ließ. 15 Jahre lang hatte Lege erfolgreich zuvor die AHK in Aufgabe vorgenommen, die deutsch-argentinischen WirtschaftsbeSao Paulo geleitet. Das Ende des beruflichen Wirkens schien eigent- ziehungen weiter zu vertiefen. Ihrem scheidenden Amtsvorgänger lich ausgemacht, als Wansleben an Lege die Bitte richtete, die AHK- gab sie für den neuen Lebensabschnitt ein Zitat von Hermann Hesse Niederlassung in Bue-nos Aires wieder flott zu machen. Aus einem mit auf den Weg: “Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.” “Tag der nationalen Souveränität” Cristina weiht Monument zur Obligado-Seeschlacht ein Buenos Aires (AT/mc) – Im Jahr des Bicentenario steht Geschichte hoch im Kurs. Bereits die Feierlichkeiten zum 200-jährigen Revolutionsfeiertag im Mai boten viel historischen Pomp mit Kostümen. Zu so viel Rückbesinnung passte die Zeremonie, mit der Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner am vorigen Sonnabend den neu ein(Fortsetzung auf Seite 2) Seite 2 Sonnabend, 27. November 2010 (Fortsetzung von Seite 1) geführten “Tag der nationalen Souveränität” feierte. Dieser erinnert an die Seeschlacht an der Vuelta de Obligado; jene Krümmung des Paraná-Flusses, an der sich am 20. November 1845 die Argentinier einer französisch-englischen Flotte entgegenstellten. Unter dem Kommando von Gouverneur Juan Manuel de Rosas und General Lucio Mansilla gelang es den Südamerikanern, die Europäer zumindest zeitweise aufzuhalten und so nationalen Selbstbehauptungswillen zu demonstrieren. Die Argentinier legten dabei Ketten in den Fluss, um die Franzosen und Engländer an der Durchfahrt zu hindern. Entsprechend aus Ketten gestaltet ist das von Rogelio Polesello gestaltete Denkmal, das Cristina zum Beginn des Festaktes am Originalschauplatz nahe der Ortschaft San Pedro (Provinz Buenos Aires) einweihte. Und auch ihre Rede war gespickt mit historischen Anspielungen. Sie rief zur “nationalen Einheit” auf und meinte, dass sich das Vaterland auch gegenwärtig “gegen ausländische Interessen verteidigen” müsse. Auch heutzutage gebe es noch Kolonialismus und nannte in diesem Zusammenhang die unter britischer Hoheit stehenden Malwinen-Inseln. Mit Blick auf die argentinische Gesellschaft sagte die Präsidentin, es gebe gegenwärtig Kreise, die versuchten, “kulturelle Ketten” zu legen. Diese seien unsichtbarer und tiefergehend als die seinerzeit von General Mansilla gelegten. Cristina ließ dabei offen, wen sie für das Legen jener “kulturellen Ketten” zum Schaden der nationalen Interessen verantwortlich machte. In ihrer Foto: Presidencia Cristina scheint Gefallen an historischen Inszenierungen zu finden. Aufzählung nationaler Heroen schloss sie auch ihren jüngst verstorbenen Gatten, den Ex-Präsidenten Néstor Kirchner, ein. Ein Feuerwerk rundete schließlich den Festakt ab. Zwar kamen weniger Besucher, als von den Organisatoren eingeplant. Dennoch dürften es einige Tausend gewesen sein, die den Weg an die Vuelta de Obligado fanden. Der Feiertag wurde erst vor wenigen Wochen per Dekret der Präsidentin eingeführt (wir berichteten). Er soll jedes Jahr am 20. November, dem Jahrestag der historischen Seeschlacht, begangen werden. Kongress auf der Zielgeraden Reformen des Statistikamtes und der privaten Krankenkassen angeschoben Buenos Aires (AT/mc) – Am kommenden Dienstag endet die diesjährige Sitzungsperiode des Kongresses. Klar, dass auf der Zielgeraden noch über zahlreiche Projekte in beiden Kammern des Hohen Hauses diskutiert und abgestimmt wurde. Während in der Deputiertenkammer die Opposition dominierte und die Reform des Statistikamtes INDEC auf den Weg brachte, hat im Senat das Regierungslager die Oberhand zurückgewonnen und mehrere Projekte der Opposition ausgebremst. Was die Deputiertenkammer betrifft, ist das erste Bemerkenswerte, dass diese überhaupt wieder einmal tagte. In den Vorwochen war dies immer wieder gescheitert, da keine Beschlussfähigkeit gegeben war. Die Sitzung am vorigen Mittwoch brachte nun einen Abstimmungserfolg der Opposition, die mit 131 zu 98 Stimmen Änderungen für das Statistikamt INDEC beschloss. Diese müssen aber noch im Senat bestätigt werden. Nach den Vorstellungen der Opposition soll das zuletzt in die Kritik gera- tene Amt künftig finanziell und ökonomisch autark sein sowie den Status einer eigenständigen juristischen Person besitzen. Damit soll eine größere Unabhängigkeit der Behörde von der Regierung erreicht werden. Nicht weiter behandelt wurde der Haushalt für das kommende Jahr. Es läuft also alles auf eine Verlängerung des aktuellen Haushaltes ins nächste Jahr hinaus. Im Senat konnte am späten Mittwochabend in buchstäblich letzter Minute verhindert werden, dass das vor knapp zwei Jahren in der Deputiertenkammer auf den Weg gebrachte Gesetz zur Regelung der privaten Krankenkassen seinen “parlamentarischen Status” verliert. Das Oberhaus verständigte sich einstimmig auf einige Modifizierungen, mit denen das Gesetz zur weiteren Behandlung ans Unterhaus zurückgegeben wurde. Wichtigster Aspekt des Kompromisses: Die finanziellen Reserven der Versicherer müssen nicht zu 50 Prozent aus liquiden Finanzmitteln bestehen, wie es der ursprüngliche Gesetzentwurf vorsah. Die Unternehmen können vielmehr selbst festlegen, wie sie ihre Rücklagen gestalten. Zudem einigten sich die Senatoren darauf, dass sich die gesetzlichen Neuregelungen nicht auf die gewerkschaftlichen Sozialwerke erstrecken. Die Reform sieht vor allem vor, dass der Zugang zu den privaten Krankenkassen erleichtert wird. Es gab bei der Senatssitzung aber auch knappe Abstimmungen. Dabei konnte sich das Regierungslager jeweils gegen die Opposition durchsetzen. So wurde etwa die vorgeschlagene Reform des Richterrates mit 38:31 Stimmen abgelehnt. Absagen erteilte das Regierungslager auch den von der Opposition angeregten Neuregelungen zu den präsidialen Notverordnungen (36:29) und zu den Sondervollmachten des Kabinettschefs für die Zuteilung von Haushaltmitteln (36:33 Stimmen). Diese hatten zwar in der Deputiertenkammer eine Mehrheit gefunden, sind nun aber durch die Senatsentscheidungen - in ihrer ursprünglichen Form - vom Tisch. Seite 3 Sonnabend, 27. November 2010 WOCHENÜBERSICHT Nachtzuschlag für Taxifahrten Gerade erst vor gut einem Monat mussten die Taxikunden in Buenos Aires einen Preisanstieg um 26 Prozent hinnehmen, nun beschloss das Stadtparlament eine weitere Erhöhung. Demnach soll ab Februar nächsten Jahres auf Nachtfahrten ein Preisaufschlag von 20 Prozent erhoben werden. Damit nicht genug: Auch wenn ein Taxi telefonisch bestellt wird, muss zukünftig extra bezahlt werden (3,48 Pesos). Als Argumente für die erneute Verteuerung wurden die erhöhte Kriminalität und ein gesteigertes Unfallrisiko in der Nacht genannt. Außerdem würden auch in anderen Branchen Zuschläge für nächtliche Arbeit gezahlt. Der Nachttarif soll von 22 bis 6 Uhr erhoben werden. Die Neuregelung wurde mit den Stimmen des in der Hauptstadt regierenden Macri-Lagers und den Peronisten beschlossen. Das neue Gesetz sieht des Weiteren vor, dass Taxis höchstens zehn Jahre in Gebrauch sein dürfen. Zudem werden Klimaanlagen verbindlich. Wie die Taxifahrer wollen künftig auch die Busfahrer einen Nachtzuschlag erheben. Alberto Crespo, der Vorsitzende der Vereinigung des städtischen Nahverkehrs, meinte: “Seit Jahren schon fordern wir den Nachtzuschlag. Wir sind verpflichtet, die ganze Nacht über Fahrten anzubieten, obwohl es dann nur wenige Fahrgäste gibt.” Teurer wird auf jeden Fall das Fahren mit Reisebussen. Ab dem kommenden Mittwoch (1. Dezember) müssen Fahrgäste zehn Prozent mehr bezahlen. Der erhöhte Tarif gilt für die Sommersaison. Diplomatische Irritationen Dissonanzen auf diplomatischem Parkett: Zwischen Argentinien und Brasilien scheint derzeit die Chemie nicht richtig zu stimmen. Wie jetzt bekannt wurde, kam es bei einem Treffen am 5. November zwischen Guillermo Moreno, dem argentinischen Staatssekretär für Binnenwirtschaft, und Enio Cordeiro, dem brasilianischen Botschafter in Buenos Aires, offenbar zu einer scharfen verbalen Auseinandersetzung. Die Folge: Verstimmungen auf höchster Ebene. Dies jedenfalls berichtete die Zeitung “Valor Económico” aus Sao Paulo am vorigen Montag. Demnach habe Moreno einen “aggressiven Ton” an den Tag gelegt, was den brasilianischen Diplomaten beleidigt habe. Die Gereiztheiten in der brasilianischen Botschaft entzündeten sich an Wirtschaftsfragen. Die Argentinier – neben Moreno nahm auch Wirtschaftsminister Amado Boudou an der Unterredung teil – drohten den Brasilianern mit protektionistischen Maßnahmen, weil diese den argentinischen Markt mit Produkten zu Dumpingpreisen überfluten würden. Die Gemüter erhitzten sich. Zwar versuchte die brasilianische Botschaft am Dienstag die Wogen etwas zu glätten, indem es offiziell hieß, es habe keine unhöfliche Behandlung seitens der argentinischen Funktionäre gegeben. Doch schrieb die Tageszeitung “Clarín” unter Berufung auf politische Insiderkreise in Brasilia, dass der brasilianische Präsident Lula da Silva direkt mit seiner Amtskollegin Cristina Fernández de Kirchner über den Vorfall sprechen will. CTA zerlegt sich selbst Der Gewerkschaftsdachverband CTA ist im Begriff, sich selbst zu zerlegen. Seit den im September abgehaltenen Vorstandswahlen kommt die Organisation, die eine Alternative zur allmächtigen peronistischen CGT darstellt, nicht zur Ruhe. Nun drohte Pablo Micheli, der Wahlsieger nach der (angefochtenen) Auszählung, offen an, die CTA zu verlassen. “Wir bleiben nicht länger. Es ist vorbei. Wir haben entschieden, eine neue Organisati- on zu gründen”, so Micheli, der als Kritiker der Kirchner-Regierung gilt. Seine Wut zielt vor allem auf Hugo Yasky, den immer noch amtierenden CTA-Chef. Mit diesem könne man nicht mehr zusammenarbeiten. Der Kirchner-Gefolgsmann Yasky hatte die Wahlen nach seiner Niederlage wegen Unregelmäßigkeiten angefochten, woraufhin das Schiedsgericht der CTA in zehn Provinzen Nachwahlen anordnete. Dies scheiterte bislang. Micheli erklärte nun die Gespräche mit Yasky für beendet. Letzterer stufte die Erklärungen Michelis als “echtes Delirium” ein und bezweifelte, dass dieser von seinen Anhängern mandatiert sei, derartige Erklärungen abzugeben. Aus dem Umfeld Michelis war zu vernehmen, diesem sei schlicht der Kragen geplatzt. Der Ausstieg aus der CTA sei nur eine Möglichkeit des weiteren Vorgehens. Neuer Inzest-Fall Weiterer erschütternder Inzest-Fall in Argentinien: In der Provinz Santa Fé ist ein 62-Jähriger verhaftet worden, der seine Tochter 30 Jahre vergewaltigt und mit ihr neun Kinder gezeugt hat. Der Fall sei noch schlimmer, als der des Österreichers Josef Fritzl, sagte Untersuchungsrichter Virgilio Palud am Mittwoch. Fritzl hatte seine Tochter bis 2008 fast 24 Jahre in einem Keller unter seinem Haus in Amstetten gefangen gehalten und dort sieben Kinder mit ihr gezeugt. Die 43-Jährige Argentinierin aus ärmsten Verhältnissen sei von ihrem Vater zwar nicht eingeschlossen, aber ständig bedroht worden. Erst als ihr Vater im Juni wegen Viehdiebstahls festgenommen worden war, habe sie sich aus ihrem Dorf Nicanor Molinos zur Polizei getraut, berichtete die Online-Zeitung “Notife”. Mit Gentests sei nachgewiesen worden, dass acht der insgesamt zehn Kinder der Frau durch die Vergewaltigungen des Vaters gezeugt wurden, sagte der Richter in der nahe gelegenen Stadt Reconquista. Der älteste Sohn hatte sich schon vor den Gentests erschossen, als er erfuhr, dass sein Großvater in Wirklichkeit sein Vater war. DNI im Shoppingcenter Um den DNI zu beantragen, muss man sich künftig nicht mehr direkt an das nationale Personenregister wenden, sondern kann dies alternativ auch in bestimmten Shoppingcentern machen. Diese Neuerung gab Innenminister Florencio Randazzo bekannt. Demnach ist das Ausweisdokument ab sofort auch in den Verkaufszentren Abasto, Alto Avellaneda, Dot Baries, Paseo Alcorta und Buenos Aires erhältlich. Allerdings müssen diejenigen, die den Service dort in Anspruch nehmen, tiefer ins Portemonnaie greifen, als bei einem Antrag direkt bei der Behörde: 85 anstelle der 35 Pesos beim Nationalregister beträgt demnach die Gebühr. Dafür soll der Bürger innerhalb von 15 Tagen seinen neuen DNI haben. Randazzo hofft, dass die Neueinführung Bestand hat, unabhängig von etwaigen Regierungswechseln in der Zukunft. Weitere Shoppingcenter, in denen man den DNI beantragen kann, sollen bald folgen. Der Minister nannte dabei: IMMOBILIEN ZU VERKAUFEN Patio Bullrich, Alto Palermo, SE VENDE Tortuguitas Open Mall, Unicenter, Village Caballito, Dueño Vende Galerías Pacífico, Soleil, Dpto de categoría estilo francés. 202 m. Luminoso. Alto Rosario und Córdoba Totalmente reciclado, Shopping. excelente recepción. (AT/mc/dpa) TE: 15-5922-4115 Seite 4 Sonnabend, 27. November 2010 Die Backpfeife D as politische Geschehen der Vorwoche stand entschieden unter dem Eindruck der Backpfeife, die die Deputierte Gra ciela Camaño ihrem Kollegen Carlos Kunkel im Sitzungssaal des Verfassungsausschusses verabreichte. Das Fernsehen registrierte die Backpfeife, die in mehreren Kanälen landesweit ausgestrahlt wurde. Es war freilich nicht das erste Mal, dass ein Deputierter mit einer Backpfeife geschlagen wurde, wie es dem damaligen Fraktionsvorsitzenden der Justizialisten Jorge Matzkin Mitte der neunziger Jahre erging. Auch in anderen Parlamenten kommt es gelegentlich zu Handgreiflichkeiten der Parlamentarier in Zeiten hitziger Debatten. Aber dass eine Frau einem Mann eine Backpfeife mitten in sein Gesicht verabreicht, muss als politisches Novum festgehalten werden. Graciela Camaño, gebürtig aus der Provinz Chaco und mit dem einflussreichen Gastronomiegewerkschaftsleiter Hugo Barrionuevo verheiratet, der in seiner Heimatprovinz Catamarca Politik treibt und wiederholt Schlagzeilen mit umstrittenen Erklärungen macht, war Arbeitsministerin unter Präsident Duhalde und ist Nationaldeputierte auf eigene Rechnung. Sie ist als tüchtige und arbeitseifrige Parlamentarierin anerkannt. Nicht von ungefähr wurde ihr der Vorsitz des Verfassungsausschusses übertragen, in dem meistens politisch heikle Themen diskutiert werden. Im Fall der Backpfeife stand die Debatte über gescheiterte Versuche von Regierungshandlangern zur Diskussion, die Oppositionsdeputierte überzeugen wollten, ihr Votum gegen das offizielle Budget umzustimmen oder gegebenenfalls den Sitzungssaal anlässlich der Abstimmung zu verlassen, damit sich die Mehrheitsverhältnisse zugunsten der Regierungsfraktion ändern, die alleine keine Mehrheit aufbringt. Dabei sollen auch Versprechungen über bestimmte Vorteile für die Wählerschaft der angesprochenen Deputierten im Spiel gewesen sein. Diese Debatte führte freilich nirgends hin. Die Justiz soll ermitteln, ob die verfassungsmäßigen Privilegien der Parlamentarier verletzt worden waren. Der Deputierte Carlos Kunkel gehört mit seiner Kollegin Diana Conti, beide aktive Mitglieder der Regierungsfraktion, zu den aggressivsten Deputierten. Beide waren bis jetzt Regierungsvertreter im Richterrat („Consejo de la Magistratura“), wo sie widerspenstige Richter mit der Entlassung bedrohten. Nach den jüngsten Wahlen des Rates entfiel die Mehrheit für die Regierung. Kunkel und Conti wurden abgelöst. Kunkel leitet seinen Einfluss auf die siebziger Jahre zurück, als er politischer Mentor der damaligen Jurastudenten Néstor Kirchner und Cristina Fernández war und mit den Montoneros zusammen arbeitete. Im Unterhaus pflegt Kunkel in den Debatten stets einzugreifen und unterbricht die Redner, ohne weder von diesen noch vom Kammervorsitzenden dazu ermächtigt worden zu sein, wie es dem parlamentarischen Usus entspricht. Besonders aggressiv verhält sich Kunkel gegenüber Graciela Camaño, die zu den dissidenten Peronisten und dadurch zur Opposition gehört. Anlass der Backpfeife war eine Verleumdung Kunkels gegen den Gatten Camaños, dem er Korruption vorhielt. Die Deputierte agierte solidarisch mit ihrem Mann, als sie zum sitzenden Kunkel ging und ihm die Backpfeife ins Gesicht verpasste. Kunkel hatte eine Frau angegriffen, was er mit ihrem Gatten nie getan hatte, als er zwei Jahre lang auch Deputierter war. Selbstverständlich bereute Camaño ihre Tat und bat um Entschuldigung. In der öffentlichen Meinung überwogen die Ansichten, dass sie zwar Gewalt verübt hatte, was abzulehnen sei, aber dass ihre Backpfeife immerhin im Angesicht der ständigen Aggressionen Kunkels verständlich erschien. Der Fall wurde politisch ad actas gelegt, ist aber von der parlamentarischen Geschichte Argentiniens nicht mehr wegzudenken. Ob sich Kunkel künftig weniger aggressiv verhalten wird, bleibt abzuwarten und hängt auch weitgehend davon ab, dass die Sitzungspräsidenten im Plenum und in den Ausschüssen sich seine ständigen Unterbrechungen verbitten. Die Backpfeife mag zu Mäßigung führen. Brutaler Hilferuf Von Stefan Kuhn E s ist schon eine Art trauriger Routine. Wann immer das nordkoreanische Regime auf sich aufmerksam machen will, geschieht das mit wilden Drohungen oder Aggressionen. In jüngster Zeit waren das Atomwaffen- oder Raketentests, die Versenkung eines südkoreanischen Patrouillenbootes mit 46 toten Marinesoldaten, oder jetzt der Artillerieangriff auf eine südkoreanische Insel, bei dem am Dienstag zwei Soldaten und zwei Zivilisten starben. Generell haben diese Aktionen nur einen Sinn: Sie sind eine brutale Nachfrage um Hilfe. Pjöngjang will damit Südkorea und den Westen an den Verhandlungstisch bringen und dabei Vergünstigungen wie dringend benötigte Lebensmittel oder Öllieferungen herausschlagen. Bisher hat das ganz gut funktioniert. Niemand will, dass dieses „unberechenbare“ Nordkorea sein Atomprogramm durchzieht. Das Land ist mit mehr als einer Million Mann unter Waffen nach China die zweitgrößte Militärmacht der Region. Das ist schon eine gewaltige Verhandlungsmasse. Dazu kommt, dass der nordkoreanische Herrscher Kim Jong Il mit Peking einen starken Verbündeten hat. Als Vetomacht im UN-Sicherheitsrat hat China bisher alle Sanktionen gegen Nordkorea abgeblockt. Am Ende bekam Kim immer, was er wollte. Das ist vor allem innenpolitisch wichtig. Selbst Nahrungsmittelhilfen kann er auf diese Weise als Siege verkaufen. Es scheint, als ob dem „geliebten Führer“ Kim Jong Il das dieses Mal auch wieder gelingt. Die USA werden zusammen mit Südkorea ein Flottenmanöver in der Nähe der Seegrenze beider koreanischer Staaten durchführen. China übt Kritik, Nordkorea droht und anschließend setzt man sich zusammen mit Japan und Russland an einen Tisch und hilft den Nordkoreanern über die nächsten Monate. Das System könnte man patentieren lassen. Es funktioniert perfekt - allerdings nur, weil China mitspielt. Das wird sich auch nicht so schnell ändern. Zwar strapaziert Kim Jong Il die Geduld seiner wenigen Freunde schon jetzt über Gebühr, und Peking hat auch wenig Interesse, dass mit Nordkorea eine neue Atommacht in der Region entsteht. Auch nicht, dass aus dem kalkulierten Geplänkel ein ernsthafter Konflikt entsteht. Doch die Loyalität zum nördlichen Nachbarn hat viele Gründe. Unter anderem hat man im Koreakrieg gemeinsam gegen die USA gekämpft. Im Großen und Ganzen stoßen Kims Aktionen in Peking wohl weitgehend auf Zustimmung, denn sie provozieren den weltpolitischen Gegner USA und binden Kräfte. Mit der Schiffsversenkung und dem Artilleriebeschuss hat Pjöngjang allerdings auch für China eine Grenze überschritten. Zumindest zeigt man sich in Peking verärgert. Dass Kim Jong Il diese Grenze überschritten hat, könnte auch Rückschlüsse auf die Lage in seinem Land zulassen. Der Herrscher hatte wohl im vergangenen Jahr einen Schlaganfall und soll an Bauch(Fortsetzung auf Seite 5) Seite 5 Sonnabend, 27. November 2010 (Fortsetzung von Seite 4) speicheldrüsenkrebs leiden. Er versucht derzeit, seinen jüngsten Sohn Kim Jong Un als Nachfolger aufzubauen, um die kommunistische Erbdiktatur aufrechtzuerhalten. Der vermutlich 28-Jährige wurde erst vor zwei Monaten zum General ernannt. Es könnte durchaus sein, dass die Militäraktion damit zusammenhängt. Allerdings ist Nordkorea der Idealtypus eines kryptokommunistischen Systems. Über Konflikte in Partei- und Militärführung dringt fast nichts nach außen. Auch die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln ist wohl in letzter Zeit wieder äußerst prekär. Der Winter naht. Für die Ermöglichung von Familienbegegnungen hatte Pjöngjang vom Süden jüngst 500.000 Tonnen Reis verlangt. Das Land braucht Hilfe, und die sollte man ihm verweigern. Nordkorea hat gezeigt, dass es kein seriöser Verhandlungspartner ist. Pjöngjang lässt sich für den Stopp seines Atomprogrammes belohnen und beginnt es von Neuem, um wieder Kapital daraus zu schlagen. Kim Jong Il verkauft immer wieder dasselbe Pferd. Lässt sich der Westen nicht mehr darauf ein, wird das ein rein chinesisches Problem. Schon jetzt fliehen im Winter zehntausende Nordkoreaner über den zugefrorenen Grenzfluss, um in China Arbeit und Brot zu finden. Wenn Südkorea, die USA und Japan nicht mehr helfen, haben die Chinesen ein gigantisches humanitäres Problem. Es beinhaltet 24 Millionen Nordkoreaner und misst exakt 1416 Kilometer, denn so lang ist die Grenze zwischen China und Nordkorea. Peking müsste dann die humanitäre Hilfe alleine schultern oder den Druck auf Pjöngjang erhöhen. Doch das ist auch ein gefährliches Spiel. Man weiß nicht, wie die nordkoreanische Führung reagiert. Ein weiterer Angriff Nordkoreas könnte fatal sein, denn in Südkorea werden die Forderungen nach einem Gegenschlag lauter. Randglossen D ie Opposition hat im Kongress am letzten Sitzungstag kräftige Niederlagen eingefangen. Im Unterhaus weigerte sich die Regierung, auf eine Haushaltsdebatte einzugehen, damit sie wie bisher kraft Notstandsdekreten willkürlich mit Staatsgeldern umgehen kann. Im Senat wurden die von der Deputiertenkammer verabschiedeten Projekte über die Reform des Richterrates und die Abschaffung der Notstandsdekrete bachab geschickt dank der Zustimmung dreier Senatoren, die sonst mit der Opposition abzustimmen pflegten. Dieser Purzelbaum ermöglicht es der Exekutive, weiterhin willkürlich mit Notstandsdekreten Staatsgelder nach eigenem Ermessen zu verteilen, anders als es die Verfassung vorschreibt. Staatsgelder müssen vom Kongress abgesegnet werden, der die Stimme des Volkes vertritt. rückbleiben. P F räsidentin Cristina Kirchner hat die vor mehreren Wochen umlaufende Lesart verwirklicht, als sie einen Weihnachtsbonus von 500 Pesos für Staatsrentner verfügte, die bis 1500 Pesos im Monat als Rente beziehen. Es ging damals um das vom Kongress verabschiedete Gesetz über die Anhebung der Mindestrenten auf 82 Prozent der Mindestlöhne, das die Präsidentin mit ihrem Veto unschädlich machte. Jetzt verschenkt sie rund zwei Milliarden Pesos für diesen einmaligen Bonus, der sich aufs Jahr umgerechnet mit drei bis vier Prozent bescheiden ausnimmt. Nicht nur die Rentner, auch das Weihnachtsgeschäft und der Sommertourismus freuen sich, wenn sich Rentner anschicken, ihren Bonus auszugeben, der die landesübliche halbe Monatsrente, genannt „aguinaldo“, zu Weihnachten etwa verdoppelt. Die nächste Aufbesserung der Renten erfolgt im März 2011, wird aber wie bisher hinter der obwaltenden Inflation zu- E s war ein kleiner Schritt für Be-nedikt, ein großer für die Mensch heit. Der Papst hat eingesehen, dass der Gebrauch von Kondomen manchmal das kleinere Übel ist. Das Oberhaupt der Katholischen Kirche hat jetzt erkannt, dass die Gummidinger nicht nur verhüten, sondern auch vor ansteckenden Krankheiten wie Aids schützen. Im Grunde genommen ist diese medizinische Erkenntnis allerdings kein Fortschritt, der Papst hat lediglich nachvollzogen, was das Gros seiner Glaubensbrüder längst weiß. Gottes Stellvertreter auf Erden muss lange mit sich und seinem Chef gerungen haben. Man kann davon ausgehen, dass es für Benedikt ein großer Schritt war, für die Menschheit ein kleiner. ast jeder Anwalt würde sein Mandat niederlegen, müsste er den Islam vor Gericht verteidigen. Nicht nur islamistische Terroristen arbeiten den Islamkritikern in die Hände, auch gläubige Moslems bestätigen Hetzer wie den niederländischen Politiker Geert Wilders. „Der Islam ist böse“, sagt dieser ganz pauschal. Wenn man dann liest, was in den Lehrbüchern von Englands Islamschulen steht, wird man sprachlos. Dort lernen die Kinder, dass Christen Schweine und Juden Affen sind, dass Dieben die Hand und im Wiederholungsfall der Fuß abgehackt werden muss, oder dass Homosexualität mit dem Tod bestraft wird. Das ist nicht der Islam, möchte man gern entgegnen, die breite Mehrheit der Moslems denkt nicht so. Es wäre schön, wenn sich diese breite Mehrheit auch mal äußern würde, sonst gehen die Argumente gegen Wilders & Co nämlich langsam aus. Sport in Kürze Faustball Brasilien jubelt Es hat für die deutschen Faustball-Damen nicht ganz gereicht: Mit einer 1:3-Niederlage im Finale gegen Brasilien mussten sie sich bei der Weltmeisterschaft in Santiago de Chile mit dem zweiten Platz begnügen. Die Bronze-Medaille sicherte sich das Team aus Österreich, das sich im Spiel um den dritten Platz mit 3:1 gegen die Schweiz durchsetzte. Fünfter wurde Argentinien, das im Platzierungsspiel gegen Gastgeber Chile mit 3:0 die Oberhand behielt. Das deutsche Team schaltete auf seinem Weg ins Endspiel in der Vorschlussrunde die Schweiz mit 3:0 aus. Zuvor hatten die Deutschen mit fünf Siegen den ersten Platz in der Vorrunde erreicht. Dabei gelang ihnen auch ein 3:1-Erfolg gegen den späteren Turniersieger. Fußball Kandidaten für Weltauswahl Frankfurt/Main - Vier deutsche Nationalspieler können sich Hoffnungen auf einen Platz in der Fußball-Weltauswahl 2010 machen. Die FC-Bayern-Stars Philipp Lahm, Thomas Müller und Bastian Schweinsteiger sowie Mesut Özil von Real Madrid stehen auf der am Donnerstag vom Weltverband FIFA veröffentlichten Liste von (Fortsetzung auf Seite 6) Seite 6 Sonnabend, 27. November 2010 Sport in Kürze (Fortsetzung von Seite 5) insgesamt 55 Spielern. Mit elf spanischen Kickern stammen die meisten Nominierten aus dem Land des Weltmeisters. Dahinter folgen Brasilien mit neun und Argentinien mit acht Nominierungen. Letzteres ist durch Walter Samuel, Javier Zanetti, Javier Zanetti, Javier Mascherano, Gonzalo Higuain, Lionel Messi, Diego Milito und Carlos Tevez stark vertreten. Fußball Messi gegen Ronaldo Lissabon - Am 9. Februar 2011 kommt es in London zum Duell der Weltfußballer Cristiano Ronaldo und Lionel Messi. Dann treffen die Nationalmannschaften von Portugal und Argentinien in einem Freundschaftsspiel aufeinander. Beide Teams befinden sich zur Zeit in Topform. Argentinien bezwang zuletzt unter anderem Weltmeister Spanien mit 4:1 und schlug im letzten Testspiel den Erzrivalen Brasilien dank eines Messi-Tores mit 1:0. Portugal fegte die Spanier vergangene Woche mit 4:0 vom Platz. Fußball Spiel gegen Uruguay Frankfurt/Main - Die Neuauflage des kleinen WM-Finales zwischen Deutschland und Uruguay findet wie bereits angekündigt am 29. Mai 2011 in Sinsheim statt. Das Präsidium des Deutschen FußballBundes (DFB) beschloss am Freitag auf seiner Sitzung in Frankfurt, das ursprünglich für 2012 vorgesehene Benefiz-Länderspiel vorzuziehen und damit einen freien Termin im internationalen Spielkalender zu nutzen. (dpa/mc) Fußball - Torneo Apertura 2010 Tabelle 16. Spieltag Freitag: Gimnasia (LP) - Godoy Cruz (Mdza.): 1-3 und Arsenal - San Lorenzo: 2-1. Samstag: Quilmes - All Boys: 2-1 und Banfield - Racing: 1-2. Sonntag: Independiente - Estudiantes: 1-2; River Olimpo (BB): 1-0 und Newell´s - Boca: 1-0. Montag: Huracán - Lanús: 1-2 und Colón (Sta. Fe) Argentinos Juniors: 3-0 Dienstag: 19.10: Velez - Tigre Nächste Spiele: Mittwoch: 19.10: Olimpo - Arsenal. Freitag: Racing - Gimnasia (LP) und All Boys - Banfield. Samstag: Colón (Sta. Fe) - River und Estudiantes Argentinos. Sonntag: Godoy Cruz (Mdza.) - Vélez; Boca - Quilmes; San Lorenzo - Newell´s; Lanús - Independiente; Tigre - Huracán. Abstieg Verein Pkte. Spiele Durchschnitt Arsenal ............... 120 ........... 92 ............ 1,304 Tigre ................... 112 ........... 91 ............ 1,231 River .................. 109 ........... 92 ............ 1,185 Huracán ............. 108 ........... 92 ............ 1,174 Gimnasia (LP) ... 103 ........... 92 ............ 1,120 Olimpo (BB) ........ 14 ........... 16 ............ 0,875 Quilmes ................ 13 ........... 16 ............ 0,813 Relegation Direkter Abstieg Torschützen Silva, S. (Vélez); Martínez, J. (Vélez) und Ramirez, D. (G. Cruz) ......................................... 8 Stracqualursi, D. (Tigre); Palermo, M. (Boca) und Obolo, M. (Arsenal) ........................................... 7 Matos, M (All Boys) ........................................ 6 Leguizamón, L. (Arsenal); Viatri, L. (Boca) ... 5 Pl. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Verein Pkte. Sp. G. U. V. Tore Diff. Estudiantes (La Plata) 36 ..... 16 ... 11 ..... 3 ..... 2 ........ 23:7 ..... +16 Vélez Sarsfield .......... 31 ..... 15 .... 9 ..... 4 ..... 2 ........ 23:8 ..... +15 Arsenal ...................... 28 ..... 16 .... 8 ..... 4 ..... 4 ...... 19:15 ....... +4 Godoy Cruz (Mdza.) . 27 ..... 16 .... 7 ..... 6 ..... 3 ...... 29:18 ..... +11 Racing ....................... 25 ..... 16 .... 7 ..... 4 ..... 5 ...... 22:15 ....... +7 River Plate ................. 25 ..... 16 .... 6 ..... 7 ..... 3 ...... 15:12 ....... +3 Newell´s (Rosario) .... 25 ..... 16 .... 6 ..... 7 ..... 3 ...... 13:10 ....... +3 Lanús ......................... 24 ..... 16 .... 7 ..... 3 ..... 6 ...... 17:20 ........ -3 Argentinos ................. 23 ..... 16 .... 6 ..... 5 ..... 5 ...... 19:15 ....... +4 Colón (Santa Fé) ....... 23 ..... 16 .... 6 ..... 5 ..... 5 ...... 18:25 ........ -7 All Boys .................... 22 ..... 16 .... 6 ..... 4 ..... 6 ...... 19:17 ....... +2 Boca Juniors .............. 20 ..... 16 .... 6 ..... 2 ..... 8 ...... 18:19 ........ -1 San Lorenzo .............. 20 ..... 16 .... 5 ..... 5 ..... 6 ...... 16:18 ........ -2 Banfield ..................... 19 ..... 16 .... 4 ..... 7 ..... 5 ...... 18:15 ....... +3 Tigre .......................... 18 ..... 15 .... 5 ..... 3 ..... 7 ...... 18:20 ........ -2 Olimpo (B. Blanca) ... 14 ..... 16 .... 4 ..... 2 ... 10 ...... 16:24 ........ -8 Quilmes ..................... 13 ..... 16 .... 2 ..... 7 ..... 7 ...... 12:22 ...... -10 Independiente ............ 13 ..... 16 .... 2 ..... 7 ..... 7 ...... 13:24 ...... -11 Huracán ..................... 13 ..... 16 .... 3 ..... 4 ..... 9 ...... 14:28 ...... -14 Gim. y Esgrima (LP) . 11 ..... 16 .... 2 ..... 5 ..... 9 ........ 9:19 ...... -10 Copa Libertadores 2011 Verein Pkte. Spiele. Tor Diff. Estudiantes ............................................. 76 ................ 35 ............... 35 Godoy Cruz ........................................... 64 ................ 35 ............... 25 Argentinos ............................................. 64 ................ 35 ............... 16 Vélez ...................................................... 58 ................ 34 ............... 20 Newell´s ................................................. 55 ................ 35 ............... 17 Racing .................................................... 54 ................ 35 ................. 6 Lanús ..................................................... 53 ................ 35 ................ -1 Banfield ................................................. 51 ................ 35 ................ 11 Independiente ........................................ 47 ................ 35 ................ -5 Arsenal ................................................... 47 ................ 35 .............. -10 Qualifiziert Sonnabend, 27. November 2010 Seite 7 Ausflüge und Reisen Und ab ging die Rohrpost! Das unterirdische Brief- und Telegrammsystem von Buenos Aires Seit der Mensch in zu1928 fertiggestellt. Krause, nehmend grösseren Städten als Sohn deutscher Einwansiedelte, versuchte er, Raum derer in Chivilcoy geboren zu gewinnen, indem er aber in Buenos Aires aufzunächst unterirdische Gängewachsen, erlebte die Inge, Tunnels und zusätzliche betriebnahme des von ihm Wohn- und Lagerstätten geplanten Netzes nicht (angefangen mit Vorratskelmehr. lern) schuf, später auch in Die Red Neumática bedie Höhe baute. sass auf der Plaza de los Rom beispielsweise ist Dos Congresos eine untervon Katakomben regelrecht irdische Zentrale, deren Zuunterhölt. In Paris, das alte gang heute geschlossen ist, Lutetia, baute man in unterund im Palacio de Correos irdischen Steinbrüchen Graden Anfangspunkt der nit, Kalk und Gips ab, depneumatischen Briefspediren Stollenlänge sich heute tion. Vielen mögen noch auf etwa 300 Kilometer bedie gebogenen Bronzeröhläuft. London ist von ren im Hauptsalon des CorSchächten, Tunneln und reo Central in Erinnerung Wassergräben ebenso sein, in welche die KartuHeute geschlossener Eingang zur Zentrale durchzogen wie New York schen mit den innen verder Rohrpost auf dem Kongressplatz. und andere grosse Städte. wahrten Poststücken eingeÜberhaupt: die gewaltigen gothischen Kathedralen umfassten mit führt wurden, um dann durch Druckluft an den Bestimmungsort ihren Krypten, Katakomben, Altarnischen, Hallen und Kellergän- befördert zu werden. Insgesamt gab es vierzehn Stationen eines gen volumenmässig mehr Raum als das oberirdische Gotteshaus. Netzes von 60 Kilometer Länge, allesamt Postämter im Radius Buenos Aires, eine junge Stadt, auf altem Schwemmland ge- des Stadtzentrums. Die Pressluft für die Beförderung der Kartugründet, hat vergleichsweise eine bescheidene Unterwelt. Am be- schen durch die Rohre mit einem Tempo von knapp 45 Stundenkanntesten sind die Tunnel der Manzana de las Luces, heute für kilometern wurde durch eine Kompressoranlage erzeugt. Touristen teilweise zugänglich, über deren Zweck man wenig geTechnisch war das System ausgefeilt und funktionierte weitnaues weiss. Daneben gibt es die U-Bahnlinien, Kanalisationen gehend störungsfrei. Es war für Frisch- und Abwasser sowie Rohrleitungen für spezifische allerdings nur knapp vier JahrZwecke. zehnte lang voll in Betrieb, Kaum bekannt und nur den wenigsten in Erinnerung ist das weil spät seiner Bestimmung pneumatische Postsystem von Buenos Aires, nach jahrzehnte- übergeben und bald vom techlanger Bauzeit 1934 in Betrieb genommen, aber 1971 stillge- nischen Fortschritt überholt. legt. Der Eingang zur Zentrale auf London (seit 1853), Wien (1875), Berlin (1876), Paris, New der Plaza Lorea in unmittelbaYork und viele andere rer Nachbarschaft des KilómeGrossstädte besitzen tro Cero fällt weiter niemanpneumatische Postbeför- dem auf, der nicht über die hisderungssysteme. Bereits torischen Hintergründe der An1887 beauftragte Staats- lage Bescheid weiss. Marlú präsident Miguel Juárez Celman den deutschstämmigen Ingenieur Otto Krause (1856-1920) mit der Einrichtung einer Red Neumática für die innerstädtische Befördung von Briefpost und Telegrammen. Doch das etwa zeitgleich per Gesetz in Auftrag gegebene Hauptpostgebäude, wo Rohrpost-Terminal der Betrieb zentralisiert im Correo Central. werden sollte, wurde erst Seite 8 Sonnabend, 27. November 2010 13 Schüler des Instituto Ballester nehmen am Studierfähigkeitstest „TestAS“ teil Am Samstag, dem 30. Oktober, um 8.00 Uhr fand erstmals in Buenos Aires ein fünfstündiger Test für ausländische Studieninteressierte im Multiple-Choice-Verfahren statt. Eigens dafür wurde ein Testzentrum eingerichtet - im Lehrerbildungsinstitut LENGUAS VIVAS im Zentrum der Hauptstadt. Der Test ist kostenlos und wird in Zukunft weltweit dreimal im Jahr angeboten. Interessenten können alle relevanten Informationen (Modellaufgaben, Anmeldungsmodalitäten, Zeitpunkte etc.) der Homepage (www.testas.de) entnehmen und sich auf den Test vorbereiten. Sieben Schüler der Sekundaria und sechs Auszubildende des BBZ aus unserer Schule - als erste Gruppe aus Argentinien -, wollten wissen, wie ihre Aussichten bei einem möglichen Studium in Deutschland aussehen: Sie mussten dafür verschiedene Module der Prüfung in einer vorgegebenen Zeit bearbeiten. Anhand von Aufgaben, die keine spezifischen Kenntnisse verlangten, ermittelt die Prüfung zunächst die kognitiven Fähigkeiten, die für ein Studium Voraussetzung sind. Eigenschaften wie Motivation, Persönlichkeit und Interessen wurden nicht abgeprüft. Anschließend bekam jeder Teilnehmer Fragen zu seinem vorher gewählten studienfeldspezifischen Schwerpunkt. Dabei konnten die Schüler zwischen Geistes-, Kultur- und Gesellschafts- sowie Ingenieurwissenschaften, Mathematik, Informatik, und Natur- und Wirtschaftswissenschaften auswählen. Ein 30-minütiger Online-Sprachtest, fakultativer Bestandteil des TestAS, fand bereits am Vortag statt. In 4-5 Wochen werden die Ergebnisse den Schülern direkt per EMail bekanntgegeben: Detailliert werden sie über ihre Erfolgsaussichten bei einem möglichen Studium in Deutschland informiert. Das Zertifikat, das die Schüler erhalten, gibt den Hochschulen ein gutes Instrument an die Hand, Studienanwärter auszuwählen, um die Abbrecherquote bei ausländischen Studierenden zu senken. Inzwischen gibt es einige Hochschulen, die gute Testergebnisse als Bonus für die Durchschnittsnote anerkennen. Die ersten spontanen Reaktionen der Teilnehmer im Anschluss an den Test waren durchweg positiv! Nun sind alle gespannt auf die Resultate. Alf Buddecke Studien- und Berufsberater am Instituto Ballester “Essential Killing” gewinnt Goldenen Astor Filmfestival Mar del Plata ging vorigen Samstag zu Ende Mar del Plata (dpa) - “Essential Killing” des polnischen Regisseurs Jerzy Skolimowski ist am vorigen Samstag zum Abschluss des 25. internationalen Filmfestivals in Mar del Plata mit dem Goldenen Astor für den besten Film ausgezeichnet worden. Die Co-Produktion zwischen Polen, Norwegen, Irland und Ungarn erzählt vom Überlebenskampf eines Taliban in polnischer Schneelandschaft. Skolimowski bedankte sich beim Publikum: “Nach unserer harten Arbeit bei minus 35 Grad bekommt uns die menschliche Wärme sehr gut.” Vincent Gallo, der Hauptdarsteller des Films, erhielt einen silbernen Astor als bester Schauspieler. Der russische Film “Silent Souls” räumte gleich zwei Preise ab: einen silbernen Astor für Alexej Fedorchenko als bester Regisseur und einer für Denis Osokin für das beste Drehbuch. Der silberne Astor für die beste weibliche schauspielerische Leistung ging zu gleichen Teilen an Mirela Oprisor und Maria Popistasu, beide Hauptdarstellerinnen des rumänischen Films “Tuesday, After Christmas”. Die Filmschau ist das einzige A-Festival Lateinamerikas. Eine besondere Erwähnung der Jury erhielt die Co-Produktion zwischen Serbien, Deutschland und Schweden “White White World”. Die zweite Erwähnung ging an den argentinischen Gaucho-Streifen “Aballay, el hombre sin miedo”. Der Schweizer Schauspieler Bruno Ganz war bereits am Mittwoch mit einem Astor für sein Lebenswerk ausgezeichnet worden. Der polnische Regisseur Jerzy Skolimowski freute sich über den Gold-Astor für den besten Film. Im internationalen Wettbewerbsprogramm war auch der deutsch-iranische Film “Zeit des Zorns” zu sehen. Weitere deutsche Produktionen unter den insgesamt 314 Filmen in unterschiedlichen Kategorien waren “Die Friseuse” (Doris Dörrie), “Madman’s Dictionary” (Benno Trautmann), “Der Untergang” (Oliver Hirschbiegel), “Der große Kater” (Wolfgang Panzer) und “Die Brücke” (Bernhard Wicki). Sonnabend, 27. November 2010 Seite 9 “Memorium Nürnberger Prozesse” Ausstellungseinweihung mit internationalen Politikern Von Jürgen Ramspeck Nürnberg (AT) - Eine Szene wiederholte sich beinahe jeden Werktag vor dem Nürnberger Gerichtsgebäude: Enttäuschte Touristen, häufig aus Europa, den USA oder Israel, steigen wieder in den Bus. Sie wurden abgewiesen, da der “Schwurgerichtssaal 600” - der Verhandlungsaal der Nürnberger Prozesse - nur am Wochenende für wenige Stunden besichtigt werden konnte. Seit dem 20. November 2010 ist diese Szene passé: Exakt 65 Jahre nach Beginn des Hauptkriegsverbrecherprozesses wurde ein Stockwerk über dem Gerichtssaal die Ausstellung “Memorium Nürnberger Prozesse” eröffnet. In der ersten Reihe des Festakts saßen nebeneinander Repräsentanten der einstigen Kriegsgegner: Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle, der Außenminister der Russischen Föderation, Sergej Lawrow, sowie Roland Dumas, Widerstandskämpfer im Zweiten Weltkrieg und späterer Außenminister Frankreichs. Die USA vertrat der Sonderbotschafter der US-Regierung für Kriegsverbrechen, für Großbritannien kam Kronanwalt Dominic Grieve. Die Politiker würdigten in ihren Reden die Bedeutung der Nürnberger Prozesse als Foto: jr Wiege der Internationalen Rechtssprechung, lobten den Weg der EiDie Original-Anklagebank. nigung Europas und begrüßten die wenn auch späte Einweihung der Ausstellung. In den Bann zog die Zuhörer aber vor allem Benjamin Ferencz. Der heute 90 Jahre alte US-Amerikaner war Chefankläger in einem der Nürnberger Folgeprozesse gegen 24 SS-Führer. Dieser sogenannVon Jürgen Ramspeck te “Einsatzgruppenprozess” fand 1947/48 in eben jenem Saal 600 Und wieder schlug jemand das dunkle Kapitel auf. Als ich 2004 statt, in dem Ferencz 65 Jahre später sagt: “Was ich damals bedauert nach Argentinien kam, wunderte ich mich zunächst noch. Fast habe war, dass ich von keinem einzigen Deutschen Worte des Beimmer, wenn ich meine Heimatstadt Nürnberg erwähnte, antwordauerns oder der Entschuldigung gehört habe, als ich Deutschland teten mir Argentinier: “Ah, el juicio de Núremberg.” Ich wundernach dem Prozess zum letzten Male verließ. Umso mehr bin ich heute mich nicht so sehr über den Inhalt dieses Antwortreflexes, sonte ergriffen und berührt.” dern vielmehr darüber, dass etwa 90 Prozent der Argentinier NürnFerencz sammelte Beweise für Massenmorde der SS in der Sowberg direkt mit den Prozessen verbanden - meine Heimatstadt als jetunion und kritisierte jüngst die USA für das Gefangenenlager auf Schauplatz eines geschichtlichen bedeutenden Ereignisses. Guantánamo. Wie aber ging Nürnberg bislang mit dieser Verantwortung um? Der Völkerrechtler und Träger des Bundesverdientskreuzes setzSamstags und sonntags konnte für wenige Stunden der Schauplatz, te sich in Nürnberg für die Arbeit des Internationalen Strafgerichtsden “Schwurgerichtssaal 600”, besichtigt werden. Mehr nicht. hofs, dessen Arbeit auf dem Verfahren der Nürnberger Prozesse beHeute dient der Saal zwar weiterhin an Wochentagen als Gerichtsruht, ein. Er rief die anwesenden Politiker auf, diese strafrechtlichen saal, aber seit letztem Wochenende - 65 Jahre später - zeigt eine Grundsätze in nationales Recht umzuwandeln: “Tun Sie das! Sie haAusstellung die Bedeutung der Nürnberger Prozesse. ben die Macht! Sorgen Sie dafür, dass unsere Enkel eine bessere Ein Schwerpunkt der Ausstellung: die Nürnberger Prinzipien. Welt erleben, als ich sie erleben musste.” Sie waren Grundlage der Nürnberger Prozesse und sind heute Grundlage für die UN-Kriegsverbrechertribunale und den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag: “Jede Person, die ein völkerrechtliches Verbrechen begeht, ist hierfür strafrechtlich verantwortlich. Auch wenn sein nationales Recht für ein völkerrechtliches Verbrechen keine Strafe androht, ist der Täter nach dem Völkerrecht strafbar. Staatsoberhäupter und Regierungsmitglieder sind für von ihnen begangene völkerrechtliche Verbrechen nach dem Völkerrecht verantwortlich.” Der Internationale Strafgerichtshof arbeitet auf Grundlage des sogenannten “Rom-Statuts”. Staatsoberhäupter müssen sich für systematische Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung - explizit Tötung, Folter, Vergewaltigung oder das zwangsweise Verschwindenlassen von Personen - strafrechtlich verantworten. Vielleicht trägt diese Ausstellung dazu bei, die Nürnberger Prozesse nicht nur als historisches Ereignis in Erinnerung zu rufen, sondern als Geburtsstunde für Recht und Gerechtigkeit. Persönlich wünsche ich mir, dass mir irgendwann in ferner Zukunft ein Argentinier, wenn er von meinem Heimatort hört, antwortet: “Ah, los princiBenjamin Ferencz (rechts) als Chefankläger in einem der Nürnberger Folgeprozesse. pios de Núremberg.” Nürnberg schuf Recht Seite 10 Sonnabend, 27. November 2010 “Facetas de la Mujer”: Fotos von Lisa Franz Buenos Aires (AT/SF) - Es ist die bisher persönlichste Ausstellung der jungen deutschen Fotografin Lisa Franz. Mit der Unterstützung der deutschen Botschaft zeigt die in Argentinien lebende Künstlerin im Prometeus-Saal des Centro Cultural Recoleta noch bis zum 5. Dezember ein Foto-Essay zur inneren Befindlichkeit der Frau in diesem neuen 21. Jahrhundert. Als verbindendes Element aller Fotografien spürt man Lebensfreude. Dabei wird die Frau nicht in ihren verschiedenen Rollen als Mutter oder Karrierefrau oder Intellektuelle oder Fashion-Opfer gezeigt, auch das Alter spielt keine Rolle. Es geht um das “Ich” einer Frau, ihre Persönlichkeit und ihre Empfindungen in bestimmten Momenten, kindlichen, menschlichen, einzigen Momenten: sich tanzend im Kreis drehen und die Luft vorbeirauschen hören, das Schwindelgefühl, die pure Lebensfreude im ganzen, mit dem ganzen Körper spüren; am Strand liegen und träumen und sich vom Geräusch der Wellen wegtragen lassen. Zum Teil stehen alltägliche Fra- gen im Mittelpunkt - welcher Schminktopf?, welche Haarspange?, warum habe ich eigentlich so viele Schuhe?, oder tiefer scheinende, die aber eigentlich die gleichen sind: Magst du dich? Und es werden Archetypen von Frauen dargestellt: Die Kriegerin, die Beschützerin, und das Ideal: die Seiltänzerin, die den Balanceakt fertigbringt, ihr inneres Glück mit ihrer Rolle und ihren Pflichten zu vereinbaren. Vielleicht ist sie nur eine Utopie. Die Frauen in Lisa Franz’ Fotografien sind schön, ob sie nun Models sind oder Mütter, Schwestern oder Freundinnen. Sie fragen sich: Was will ich? Wohin will ich? Sie träumen, sie tanzen, sie zweifeln, sie sind noch unscharf oder haben die Weisheit erreicht, oder sie schauen aus großen Augen aus der Begrenzung ihres Schleiers. Diese unterschiedlichen Frauen aus aller Welt sind zugleich alle Frauen, und alle sind eine: du, ich, sie. “Ich möchte die Schönheit der Menschheit zeigen, ohne ihrer Eitelkeit zu schmeicheln”, schreibt Lisa Franz im Katalog zur Ausstellung. Das gelingt ihr auf einmalige Weise: Ihre Fotos, in denen sie über die abgebildeten Gesichter oder Körper durch Mehrfachbelichtung Elemente anderer Fotografien einbaut, sind vielschichtige Erzählungen: poetisch, selbstvergessen, traumwandlerisch, neugierig und offen. Sie gehen weit über das Oberflächliche hinaus, genau wie es der zweite Titel der Ausstellung verspricht: “Más allá de la superficie”. (Centro Cultural Recoleta, PrometeusSaal, Junín 1930. Mo-Fr 14-21, Sa, So und feiertags 10-21 Uhr. Eintritt frei. Bis 5.12.) Kultur-Notizen Fotoausstellung der Deutschen Botschaft Buenos Aires (AT/SF) - Maradona und Beckenbauer in Siegerpose, Currywurst und Asado, Alfajores und Berliner, der Obelisk und das Brandenburger Tor, und natürlich Tango und Schuhplattler: Auf bunte und spielerische Weise werden in einer Ausstellung großformatiger Fotos spezifische Eigenschaften der deutschen und der argentinischen Nation miteinander in Verbindung gebracht. Die von der Presseabteilung der Deutschen Botschaft organisierte Schau “Argentina y Alemania en el Caleidoscopio” (Argentinien und Deutschland im Kaleidoskop) wurde am Dienstag offiziell vom deutschen Botschafter in Ar- gentinien Günter Knieß eingeweiht, nachdem das ursprüngliche Eröffnungsdatum wegen des Todes von Ex-Präsident Néstor Kirchner verschoben werden musste. Die originellen Großformate hängen entlang der Straße Luis María Campos zwischen Olleros und Gorostiaga; der Besucher kann sich zudem an der Pforte der Deutschen Botschaft (Villanueva 1055) kostenfrei eine dazugehörige Broschüre abholen. Seite 11 Sonnabend, 27. November 2010 Die Bundesmigrantinnen Mittels Plakaten macht das deutsch-argentinische Projekt “Migrantas” öffentlich, was Ausländerinnen in Deutschland fühlen Von David Schneider Berlin (AT) - Das Klischee und Google sagen zu Leinauer - der einzigen Nicht-Argentinierin - und Aleargentinischer Kultur in Deutschland: Steakhaus, Tanjandra López initiieren sie das Projekt “Bundesmiggoschule, Gast auf der Buchmesse und Fußball. Akturantinnen”. Dazu laden sie in Köln, Hamburg und ell stehen mit Demichelis, Sosa, Barrios, Bobadilla Berlin Migrantinnen zu Zeichen-Workshops ein. Mit und Pinola fünf Argentinier bei Erstligisten unter VerBuntstiften bringen die Teilnehmerinnen zu Papier, trag. Sie dürften kaum gemeint sein, wenn CSU-Chef was sie in ihrer neuen Heimat Deutschland empfinHorst Seehofer in der jüngsten Debatte um Migration den. davon spricht, dass “wir keine zusätzliche Zuwande“Bildung, Sprachprobleme, das Zusammenleben rung aus anderen Kulturkreisen nach Deutschland” der Kulturen und die Zerrissenheit zwischen zwei Heibrauchen. maten sind die Themen, die immer wieder vorkomArgentinische Fußballer gelten bei deutschen Bunmen”, gibt Marula Di Como einen Überblick. “Aber desligavereinen als schnell zu integrieren. Dietmar natürlich werden auch aktuelle, eher re-gionale TheBeiersdorfer, der ehemalige Sportchef des Hamburmen aufgegriffen.” In einem anschließenden Arbeitsger Sportvereins, attestiert ihnen, sie hätten eine “ähnschritt verdichten Di Como und ihre Kolleginnen das liche Mentalität wie Europäer”. Und der Münchner handgemalte Rohmaterial zu den eigentlichen PlakatMeistertrainer Ottmar Hitzfeld meint: “Die Argentimotiven. nier passen einfach gut zum deutschen Fußball. Sie “Manchmal entsteht ein Piktogramm aus einer haben einen guten Charakter und sind ehrgeizig.” Zeichnung. Manchmal legen wir mehrere ZeichnunUnter den rund 7,15 Mio. Migranten in Deutschgen übereinander, so dass ein neues Motiv entsteht”, land sind argentinische Fußballer allerdings die Auserläutert Florencia Young die Arbeitsweise. “Zum nahme. In den aktuellen Statistiken des Bundesamtes Abschluss eines jeden Workshops werden einige der für Migration und Flüchtlinge bilden Argentinier, neu entstandenen Piktogramme dann im Stadtraum plaanders als z.B. Türken, Polen und Italiener, keine eikatiert.” gene Gruppe. Stattdessen rangieren sie, ohne Nennung Auf diese Art und Weise erreicht das Kollektiv Foto: (c) Kollektiv migrantas, Berlin ihrer Herkunftsnation gemeinsam mit rund 2,0 Mio. “Migrantas” zweierlei: Zum einen bringt es das Selbst“Deutschland ist kein anderen Menschen unter der Kategorie “Sonstige”. verständnis der Migrantinnen zum Ausdruck. Zum Erst ein Anruf beim Amt ergibt, dass zum letzten klassisches Einwanderungs- anderen hält es der deutschen Aufnahme-Gesellschaft land.” So informiert das Stichtag 4608 Argentinier in Deutschland leben - 2007 Auswärtige Amt potenzielle den Spiegel vor. “Keine Terroristin”, steht unter dem Männer und 2601 Frauen. Doch wirklich verlässlich Zuwanderer. “Migrantas” Bild einer stilisierten Kopftuchträgerin. Und vielleicht sind diese Zahlen nicht. Schließlich besitzen viele setzt sich öffentlich mit den verdeutlicht kein anderes Bild die aktuelle Debatte um Konsequenzen Argentinier europäische Pässe. Reisen sie mit diesem alltäglichen Integration, Kopftuchmädchen, Islamphobie und Isauseinander. nach Deutschland ein, werden sie in den Statistiken lamismus so gut wie dieses. als EU-Ausländer geführt. Für deutsche Bürokraten sind Marula Di So oder so ist erstaunlich, wie oft sich die Aussagen von StatistiComo und Florencia Young daher Italienerinnen. ken mit denen der Werke von “Migrantas” decken. Ausführlich beIm Zuge der argentinischen Wirtschaftskrise wanderten die 1963 richtete das Nachrichtenmagazin “Der Spiegel” jüngst über hochund 1965 in Buenos Aires geborenen Künstlerinnen nach Berlin aus. qualifizierte Migranten. 250.000 bis 500.000 arbeiten in DeutschHier gründeten sie 2002 das “proyecto Ausländer”. In Piktogram- land gar nicht oder nur unter Wert. men, also leicht verständlichen Darstellungen, wie man sie von FlugWährend hochqualifizierte Deutsche mit einer Wahrscheinlichhäfen, Bahnhöfen und Haltestellen kennt, verarbeiten Di Como und keit von 70 Prozent einen passenden Job erhielten, seien es bei EinYoung zunächst ihre eigenen Migrations-Erfahrungen. wanderern nur 49 Prozent. “Migrantinnenjob” betitelt “Migrantas” Es entstehen mehrere Motive mit stilisierten Frauen. Auf dem ei- das Phänomen, wenn Ärztinnen, Ingenieurinnen und Lehrerinnen in nen explodiert einem Strichfräuchen vor lauter neuen Eindrücken Deutschland zu Hilfskräften degradiert werden. Das dazugehörige der Schädel. Auf einem anderen schlägt die weibliche Figur Wur- Piktogramm zeigt ein Zimmermädchen - ausgestattet mit Diplom und zeln und fragt sich gleichzeitig, ob sie dies am richtigen Ort tue. In Doktorhut. Doch trotz aller plakativer Eindringlichkeit thematisiert Kooperation mit einer Werbeagentur plakatieren die Künstlerinnen “Migrantas” auch die so-ziokulturelle Vielfalt. ihre Piktogramme an Plakatwänden, Litfasssäulen und Werbeschau“Je nach Herkunftsland, Bildungsgrad und Status in Deutschland kästen in Buenos Aires. fallen die Probleme der Migrantinnen und folglich auch ihre ZeichIm Sommer 2003, ist Argentinien vom Einwanderer- zum Entsen- nungen sehr unterschiedlich aus”, erläutert Irma Leinauer. Eine nach deland geworden. Daher verwundert es kaum, dass einige Passanten Deutschland geflohene afghanische Analphabetin habe ganz andere die Piktogramme für eine staatliche Kampagne gegen die Auswan- Voraussetzungen als ein EU-Ausländer. Doch auch für letztere ist derung halten. Doch auch trotz derartiger Fehlschlüsse ist die Akti- der deutsche Alltag mitunter gewöhnungsbedürftig. on ein Erfolg. Denn offensichtlich ist es gelungen, eine, wie Young Der mit einem italienischen Pass bei Bayern München spielende und Di Como es nennen, “universell verständliche Sprache der Mig- Martín Demichelis stellt jedenfalls fest: “In Südamerika habe ich ration im öffentlichen Raum zu installieren”. meine Wurzeln: Dort ist mein Land, meine Geschichte, meine FamiEs folgen mehrere inhaltlich ähnliche Aktionen in Berlin. Ab 2007 lie. In Madrid und Barcelona, da fühlst Du Dich gleich ganz anders, inszenieren die beiden Künstlerinnen die Piktogramme dann in an- sie haben auch diese Latino-Mentalität: Sprache, Sitten, Gewohnderen deutschen Großstädten. Zusammen mit ihren Kolleginnen Irma heiten.” Seite 12 Sonnabend, 27. November 2010 LATEINAMERIKANISCHE WIRTSCHAFT Der seit 1999 in Venezuela regierende Hugo Chaves hat seither um die 400 Unternehmen verstaatlicht, der grösste Teil davon in den letzten zwei Jahren. Auserdem wurden 3 Mio. Ha Land, das für den Ackerbau geeignet ist, ohne Entschädigung vom Staat übernommen. Die Handelskammer der USA weist darauf hin, dass bisher nur 9 von 44 enteigeten Unternehmen ihrer Mitglieder eine Entschädigung erhalten haben, die jedoch auch nicht dem Wert der Unternehmen entspricht. Viele staatliche Übernahmen sind im Wesen Konfiksationen. Die meisten verstaatlichten Unternehmen produzieren weniger als vorher und weisen Defizite auf, die die Staatskasse belasten. Das hat u.a. zu erhöhten Importen von Lebensmitteln geführt. Die Beteiligung des jetzt erweiterten Staates am BIP verblieb indessen gemäss privaten Berechnung bei etwa 30%, was auf die gesunkene Leistung der verstaatlichten Unternehmen und auf die allgemeine Expansion der Privatwirtschaft als Folge des Erdölbooms 2004/08 zurückzuführen ist. *** Mexiko verzeichnete im 3. Quartal 2010 ein interanuelles Wirtschaftswachstum von 5,3%, meldet die Landesregierung. Im vo- rausgegangenen Quartal hatte die Steigerung noch 7,6% betragen. Damit pendelt sich das Wachstum der ersten 9 Monate 2010 bei 5,8% ein. *** Das staatliche mexikanische Erdölunternehmen Pemex kündigte an, dass im Februar drei Erdölgebiete ausgeschrieben werden, um in Konzession von Privatunternehmen betrieben zu werden. Es handelt sich um die ersten Konzessionen seit der Verstaatlichung der Erdölwirtschaft im Jahr 1938. *** Kolumbien hat den Verkauf von 9,9% des staatlichen Erdölunternehmens Ecopetrol verfügt. Die staatliche Beteiligung sinkt damit auf 80%. *** Die Unternehmen, die in Chile Kupferbergwerke betreiben, müssen ab 17. Januar höhere Gebühren zahlen. Der Erlös aus der Zunahme ist für die Finanzierung des Aufbaus der vom Erdbeben geschädigten Gegend bestimmt. *** ARGENTINISCHE WIRTSCHAFT Der Dollarkurs schloss am Donnerstag zu $ 4,00, um 0,25% über der Woche zuvor und um 4,44% über Ende 2009. Der Rofex-Terminkurs lag zum 30.12.10 bei $ 4,012, zum 31.3.11 bei $ 4,117, zum 30.6.11 bei $ 4,219, zum 30.9.11 bei $ 4,332 und zum 30.12.11 bei $ 4,424. Der Kurs per Ende November 2011 lag um 10,33% über dem Tageskurs. *** Der Merval-Aktienindex der Börse von Buenos Aires lag am Donnerstag um 2,14% über der Vorwoche. Im Laufe des Jahres ist der Merval-Index um 43,11% gestiegen. *** Die Staatspapiere standen in der Woche ganz im Zeichen der Hausse. Par-Bonds in Pesos stiegen innerhalb einer Woche um 3,55% (+88,14% seit Ende 2009). Discount-Bonds in Pesos stiegen um 7,95% (bzw. + 70,4%), Boden 2014 stiegen um 1,89% (bzw. 29,6%), Boden 2012 stiegen um 0,21% (bzw. +6,84%) und Boden 2013 stiegen um 1,01% (bzw. +12,54%). *** Die Währungsreserven der ZB betrugen zum 12.11.10 u$s 52,26 Mrd., 0,04% unter der Vorwoche und 8,96% über Ende 2009. *** Der Notenumlauf betrug zum 12.11.10 $ 112,81 Mrd., 0,39% über der Vorwoche und 15,04% über Ende 2009. Girodepositen betrugen $ 104,3 Mrd., um 5,42% über der Vorwoche und um 23,47% über Ende 2009, und Spardepositen machten $ 52,73 Mrd. aus, 9,5% weniger als in der Vorwoche und 10,08% mehr als Ende Dezember. *** Die gesamten Pesodepositen des Bankensystems lagen zum 12.11.10 bei $ 311,18 Mrd., um 0,59% über der Vorwoche und um 35,42% über Ende 2009. Fristdepositen lagen mit $ 141,42 Mrd. um 0,67% über der Vorwoche und um 61,68% über Ende Dezember. Dollardepositen betrugen $ 15,99 Mrd., um 0,28% über der Vorwoche und um 34,45% über Ende Dezember. *** Gold wurde letzte Woche in Buenos Aires (Banco Cuidad) bei 18 Karat zu $ 111,45 pro Gramm gehandelt (Vorwoche: $ 111,14) und bei 24 Karat zu $ 159,21 (Vorwoche: $ 171). *** Die Rohstahlproduktion lag im Oktober 2010 mit 468.300 t um 8,8% über dem gleichen Vorjahresmonat. In 10 Monaten 2010 lag die Produktion mit 4,28 Mio. t um33,4% über der gleichen Periode 2009, aber um 12,4% unter 10 Monaten 2008. *** Der Geschäftsführer der Kammer der integrierten Obstproduzenten (CAFI), Marcelo Loyarte, wies darauf hin, dass die Produzenten von Äpfeln und Birnen des Thales vom Rio Negro im Jahr 2011 einen Verlust von umgerechnet u$s 120 Mio. erleiden werden, wenn sich die Bedingungen nicht ändern. Das sei auf lohnbedingte Kostenerhöhungen zurückzuführen, die nicht auf die Exportpreise abgewälzt werden können. Die Branche ist Opfer der Tatsache, dass die Abwertung weit unter den Lohnerhöhungen liegt. *** Die Getreidebörse von Buenos Aires rechnet für die Periode 2010/11 mit einer Weizenernte von 12,7 Mio. t, 70% mehr als im Vorjahr. Bei einem Binnenkonsum von 6 Mio. t, ergibt sich somit ein Exportüberschuss von 6,7 Mio. t, was es notwendig mache, die Kontingentierung abzuschaffen. *** Die Banco Patagonia hat den Treuhandfonds Cetrogar X mit einer Geldaufnahme von $ 21,93 Mio. gebildet. Die Ausgabe der Anteilscheine wurde zu 134% überzeichnet und die Rendite beläuft sich auf 19,50%. *** Der Deputierte Héctor Recalde, der gleichzeitig Berater der Gewerkschaftszentrale CGT ist, befürwortet im Kongress ein Gesetzesprojekt, das den Artikel 30 des Gesetzes über den Arbeitsvertrag dahingehend ändert, dass die Unternehmen solidarisch verantwortlich für andere sind, mit denen sie einen Teil ihrer Tätigkeit verplichten (“outsourcing”). Die Unternehmen, die diese Tätigkeiten verrichten (Reinigung, Instandhaltung, Transport, Reparaturen u.a.), sollen gemäss dem Projekt die gleichen Löhne wie die Unternehmen zahlen, für die sie tätig sind. Bisher wurde nur beanstandet, dass sie Schwarzarbeiter beschäftigen, wobei die Unternehmen, für die sie tätig sind, eine gewisse Kontrolle in diesem Sinn (Fortsetzung auf Seite 12) Sonnabend, 27. November 2010 (Fortsetzung von Seite 11) aus-üben müssen. Die Lohnangleichung, die in vielen Fällen mit einer gewaltigen Erhöhung (eventuell über 100%) verbunden ist, würde eine starke Verteuerung mit sich bringen. Das “outsourcing”, durch das viele Kleinunternehmen geschaffen werden, und andere mehr Arbeit erhalten, würde dadurch einen schweren Schlag erleben. Ausserdem ist die Grenze zwischen “outsourcing” und dem einfachen Kauf von Rohstoffen oder Halbfabrikaten, oder der Verpflichtung bestimmte Dienstleistungen von spezialisierten Unternehmen (wie Buchhaltung, Informatik, Werbung u.a.) sehr verschwommen, so dass es zu einer Unmenge von Konflikten kommen würde. Das Projekt wirkt gegen die Vollbeschäftigung, die nur bei differenzierten Löhnen möglich ist. Bisher hat die Regierung das Projekt nicht unterstützt. *** Die von der Banco Provincia kontrollierte Provincia Leasing hat eine Vereinbarung mit der Banco Nacional de Desarrollo de Brasil (Bndes) geschlossen, die es ihr erlaubt, eine neue Kreditlinie von u$s 20 Mio. zu lancieren. Die Kredite sollen vor allem für den Erwerb von Kapitalgütern bereitgestellt werden. 2009 hatte Bndes insgesamt Darlehen von u$s 72 Mrd. vergeben. *** Die Provinz La Rioja und die chinesische Firma Shandong Gold haben eine Absichtserklärung unterzeichnet, welche die Erforschung und eventuelle Ausbeutung von Gold-Vorkommen in der Hügelkette von Famatina vorsieht. Darin eingeschlossen ist auch der Betrieb der Goldmine “El Oro” im Distrikt Santa Florentina. *** Die Energiegesellschaft Emgasud lässt 43 Windgeneratoren in der Nähe von Rawson, Provinz Chubut, errichten, die eine Gesamtleistung von 77 MW aufbringen. Damit können jährlich Emissionen von 100.000 t CO2 eingespart werden. Die Anlagen werden von der spanischen Vestas Mediterranean gebaut, die für Windenergieanlagen im Mittelmeerraum, Lateinamerika, Karibik und geschätzte 70% aller Windkraftanlagen in Afrika steht. *** Noch vor Ende des Jahres wird das Unternehmen Troy Resources das Laugenbecken an ihrer Silbermine Casposo in der Provinz Catamarca errichtet haben. Im 1. Halbjahr 2011 folgt dann auch die Inbetriebnahme der angeschlossenen Raffinerie, in der das Silber bis zu einem Reinheitsgrad von 99,9% angereichert werden kann. Die Vorkommen in der Mine werden auf 11,1 Mio. Unzen Silber geschätzt. *** Der offizielle Industrieindikator EMI, ermittelt durch das Statistikamt INDEC, weist für Oktober eine inter-anuelle Steigerung der Industrieproduktion von 8,2% aus. Im Vergleich zum Vormonat ist der Indikator um 0,4% gefallen. In 10 Monaten 2010 lag die Industrieproduktion damit um 9,3% über der gleichen Vorjahresperiode.. Die größte Wachstumssparte im Oktober war die Automobilindustrie mit 15,3% (+43,5% in den 10 Monaten). Darüber hinaus meldet INDEC einen Auslastungsgrad der Industrieanlagen von 79,29%. *** Argentiniens Wirtschaftsaktivität, gemessen vom INDEC mit dem Indikator EMAE, ist im September im interanuellen Vergleich um 7,8% gewachsen. 9% Wachstum sind es seit Anfang des Jahres. Alle Sektoren trugen zum Wachstum bei, vorrangig die Industrieproduktion (+9,7% für den September) getragen von der Automobilproduktion (+38,7%). Die Baubranche wuchs um 8,5%. EMAE wird monatlich ermittelt und dient als Grundlage der quartalsweise herausgegebenen offiziellen Ausweisung des Bruttoinlandsproduktes (PBI). *** Seite 13 Im Zusammenhang mit der Rinderzucht werde viel gelogen, sagt Landwirtschaftsminister Julián Domínguez. Seiner Meinung nach ist der Rückgang im Viehbestand auf eine Schwerpunktverschiebung in der landwirtschaftlichen Produktion sowie auf die historische Dürre (2008/09) zurückzuführen. So wurden 14 Mio. Hektar, die eigentlich für die Viehzucht erschlossen waren, in Anbauflächen von Getreide und Ölsaat umgewandelt, weil diese kurzzeitig mehr Ertrag versprochen hätten. Obendrein sei im vergangenen Jahr, so Domínguez, trotz der Dürre eine Rekord-Exportmenge von 780.000 t Rindfleisch ins Ausland verkauft worden. Laut Domínguez beträgt der aktuelle Viehbestand 49 Mio. Tiere. *** Arbeitsminister Tomada kündigte an, dass er eine Busse von 1,35 Mio. gegen die Druckerei des Clarín-Konzerns, “Artes Gráficas Rioplatenses” verhängt hat, weil dieses Unternehmen “die gewerkschaftliche Freiheit systematisch verletzt habe”. Die Unternehmensleitung hat den Fall jedoch ganz anders erklärt. Die Firma hatte ihre Räume für eine gewerkschaftliche Zusammenkunft bereitgestellt, die für den 10. und den 17. September einberufen worden war. In Anwesenheit von Beamten des Arbeitsministeriums beschlossen jedoch die Gewerkschaftsverteter, die Versammlung aufzuheben, ohne einen Grund dafür anzugeben. Die Leitung des ClarínKonzerns hatte damit nichts zu tun. Es handelt sich im Grunde um einen weiteren Schritt bei der systematischen Verfolgung der ClarínGruppe durch die Regierung, die offensichtlich nach dem Tod von NK weitergeht. *** Nachdem der zuständige Richter eine gerichtliche Intervention bei der Firma “Papel Prensa S.A.” verweigerte, hat jetzt der Staatsanwalt Joaquín da Rocha beim Richter Eduardo Malde beantragt, dass sieben Direktoren der Firma (die die Zeitungen “La Nación” und “Clarín” vertreten) und auch der Geschäftsführer abgesetzt werden. Es werden ihnen “grobe und zahlreiche Unregelmässigkeiten” vorgeworfen, die jedoch im Einzelnen nicht aufgeführt werden und in Wirklichkeit nicht bestehen. Das illegale Vorgehen gegen dieses Unternehmen, das eine Zeitungspapierfabrik betreibt, das von Binnenhandelssekretär Guillermo Moreno im Rahmen des Grossangriffes gegen die Zeitungen “Clarín” und “La Nación” geleitet wird, dauert an. Da die Regierung jetzt den Richterrat nicht mehr beherrscht, ist der Efolg dieses totalitären Vorgehens fragwürdig geworden. *** Die ZB hat in dieser Woche Wechsel für $ 1 Mrd. ausgeschrieben, Offerten von $ 1,75 Mrd. erhalten und diese auch vollständig akzeptiert. 84% der Angebote stammten von Nobac. LebacWechsel auf 98 Tage wurden mit 10,95% verzinst, auf 147 Tage mit 11,05%, auf 350 Tage mit 12,7%, auf 497 Tage mit 13,68% und auf 574 Tage mit 14,2%. Nobac auf 274 Tage wurden zum Badlar-Satz plus 1,39 Prozentpunkte verzinst; der Aufschlag betrug bei 364 Tagen 1,95 Punkte, bei 546 Tagen 2,52 Punkte und bei 1.099 Tagen 2,68 Punkte. *** In San Francisco, in der Provinz San Luis, ist jetzt ein neuer (Fortsetzung auf Seite 13) Sonnabend, 27. November 2010 (Fortsetzung von Seite 12) Staudamm eingeweiht worden. Der so entstehende Stausee am Fluß Río Claro wird eine Fläche von 186 Hektar bzw. ein Volumen auf 24 hm3 umfassen und damit zu den größten der Provinz zählen. Mit dem Wasserreservoir kann die landwirtschaftliche Bewässerungsfläche von 400 auf 1200 Hektar ausgedehnt werden. Zudem versorgt der Stausee die örtliche Bevölkerung mit Trinkwasser. Der Bau des Staudamms hatte 19 Monate gedauert und $ 133 Mio. gekostet. Er ist der 15. in der Provinz, 2 weitere befinden sich im Bau. *** Für das 3. Quartal meldet das Statistikamt INDEC eine Arbeitslosenquote von 7,5% an der erwerbsfähigen Bevölkerung. 1,23 Mio. Menschen waren demnach auf der Suche nach Arbeit. Hinzu kommen 1,44 Mio. Unterbeschäftigte, die weniger als 35 Wochenstunden arbeiten und denen ihre Arbeitszeit nicht reicht. Diese jüngsten Zahlen deuten auf eine Erholung des Arbeitsmarktes hin, denn im 3. Quartal 2009 hatte die Arbeitslosenquote noch 9,1% und die Unterbeschäftigtenquote 10,6% betragen. Indec stellt darüber hinaus fest, dass die Arbeitslosenhilfe für Familienoberhäupter (“Plan Jefas y Jefes de Hogar”) keine Auswirkungen mehr auf die Arbeitslosenzahlen hat. Die Bezugszahlen dieses Sozialplans sind stark rückläufig, da viele Bezieher inzwischen Arbeit gefunden haben oder in andere Sozialprogramme ausgewichen sind. *** Durch Notstandsdekret vom Mittwoch hat die Regierung Steuereinnahmen in Höhe von $ 30,25 Mrd. verteilt, die das im Budget vorgesehen Plansoll übertroffen haben. Dieser Betrag kommt zu vorangehenden Verteilungen überschüssiger Fonds für insgesamt $ 18 Mrd. hinzu, die in diesem Jahr verteilt wurden. Die Erweiterungen, die durch Notstandsdekrete in diesem Jahr verfügt wurden, stellen jetzt 18% der im Budget vorgesehenen Ausgaben dar. 2007 betrugen diese zusätzlichen Ausgaben (laut Angaben des Budgetverbandes ASAP) 25% des Plansolls, und 2008 31%. Vom Gesamtbetrag, der jetzt verteilt wird, entfallen $ 10,16 Mrd. aus die ANSeS, $ 5,4 Mrd. auf das Planungsministerium (für Staatsinvestitionen), $ 4,92 Mrd. auf Subventionen, $ 2,33 Mrd. auf Erziehung, $ 2,13 Mrd. auf die Justiz, $ 2,06 Mrd. auf Sozialausgaben, $ 1,14 Mrd. auf Verteidighung, $ 0,6 Mrd. auf Gesundheit, $ 0,4 Mrd. auf den Kongress und $ 1,1 Mrd. auf andere Ausgaben. Ein grosser Teil dieser zusätzlichen Ausgaben entfällt auf Gehaltserhöhungen in den verschiedenen Bereichen des Staates, die im Haushaltsgesetz nicht vorgesehen waren. *** Die Präsidentin Cristina Kirchner gab am Donnerstag bekannt, dass die landesweite Stromlieferung um 2.000 MW erhöht worden sei (auf bestehende 23.000 MW), was durch die neuen Hochspannungsleitungen in Formosa, Salta und Santiago del Estero, sowie durch das neue Kraftwerk in Neu-quén erreicht worden sei. Ausserdem erwähnte sie Ausschreibungen für Wärmekraftwerke in Mendoza, Santa Fé und Buenos Aires. Planungsminister De Vido fügte nachträglich hinzu, dass dank der neuen Leitung von El Bracho (Tucumán) über Cobos nach Resistencia (Chaco) und Formosa, diese Provinz jetzt 1.160 MW erhält, statt der bisherigen 179 MW. *** Der Konzern Pampa Energía, kontrolliert von Marcelo Mindlin, hat am Donnerstag die Erweiterung des Kraftwrkes beim grossen Gaslager Loma de la Lata, Provinz Neuquén, eingeweiht. Es handelt sich um eine Investition von $ 1 Mrd. zwecks Einführung des kombinierten Zyklus, womit die Leistung mit dem gleichen Gaskonsum um 178 MW (auf die bestehenden 369 MW) erhöht wird. Beiläufig kündigte Mindlin Investitionen von $ 400 Mio. für Forschung nach neuen Gaslagern über seine Firma “Pampa Petrolera” Seite 14 an. Hier handle es sich um Ausbeutung von sogenanntem “tight gas”, das in kompakten Sandschichten liegt. *** Anlässlich der Feier zum 43. Jahrestag der Föderation der Frachtunternehmen (Fadeaac) befürwortete die Präsidentin die Ausarbeitung eines Gesetzesprojektes über Regelung der Versicherung von Arbeitsunfällen und –krankheiten (die von den ART-Gesellschaften versichert werden). Sie sagte, dies müsse Teil eines Dialoges der beteiligten Parteien sein und im Sozialabkommen aufgenommen werden, den die Regierung befürwortet (zwischen Regierung, Unternehmern und Gewerkschaften). Sie erklärte, der Arbeiter müsse eine gerechte Entschädigung erhalten und die Unternehmer müssen im Voraus wissen, wie viel sie Unfälle und Krankheiten kosten werden. Sie äusserte Kritik an der Tatsache, dass die Anwälte die Nutzniesser des Systems seien (wie es gegenwärtig der Fall ist). Seit über fünf Jahren befindet sich der Fall in der Schwebe, nachdem der Obeste Gerichtshof einige Artikel des Gesetzes als verfassungswidrig erklärt und auf diese Weise ein Flut von Prozessen herbeigeführt hat. Arbeitsminister Tomada schaut passiv zu, obwohl seit viele Jahren schon eine Lösung besteht, deren Kernpunkt in der Wahl des Arbeitnehmers zwischen der im Gesetz vorgesehenen Entschädigung oder dem Prozessweg besteht, wobei die Wahl die andere Möglichkeit ausschliesst. Es ist auf alle Fälle positiv, dass sich die Präsidentin schliesslich des Problems angenommen hat. *** Über die Banco Galicia ist es der lokalen Fiat Finanzierungsgesellschaft gelungen, Unternehmensanleihen im Umfang von $ 80 Mio. am Markt zu platzieren. Davon sind $ 27 Mio. als Schuldverschreibungen der Serie I mit einer Laufzeit von einem Jahr und einem Zinssatz von 13,25% ausgegeben worden sowie $ 53 Mio. als Schuldverschreibungen der Serie II mit einer Laufzeit von 21 Monaten und einem Zins zu Badlarsatz plus 3,25 Prozentpunkte. Insgesamt waren Offerten von $ 134,9 Mio. eingegangen. Die Fiat Finanzierungsgesellschaft vergibt Autokredite an Käufer, die Fahrzeuge der Konzernmarken Fiat, Chrysler, Iveco, Case und New Holland erwerben. *** Gegen den Willen der Regierung votierte die Deputiertenkammer in ihrer Sitzung am Mittwoch für eine Reform des staatlichen Statistikamtes INDEC. Der Oppositionsblock hatte geschlossen dafür gestimmt. Obwohl die Gesetzesinitiative bereits im August vom Senat befürwortet worden war, wird sie diesem noch einmal zur Entscheidung vorgelegt, da die Deputiertenkammer Änderungen am Gesetzestext vorgenommen hat: Nach dem Willen der Deputierten soll die für INDEC verantworliche Behörde (aktuell das Binnenhandelssekretariat von Guillermo Moreno) schneller als ursprünglich vorgesehen ausgetauscht werden. Das Gesetzesvorhaben umfasst auch die Wiedereinstellung aller INDEC-Funktionäre, die ursprünglich per Auswahlprozess in ihr Amt gelangt waren und seit Dezember 2006 auf politischen Druck ausgetauscht worden waren. Dagegen ist die Reform der umstrittene Messmethode des Preisindex IPC nicht Inhalt des Gesetzes. *** Der Präsident der Argentinischen Bankenvereinigung (ABA), Mario Vicens, schätzt, dass die Argentinier nur jeden 5. Peso ih(Fortsetzung auf Seite 14) Seite 15 Sonnabend, 27. November 2010 (Fortsetzung von Seite 13) res Sparvermögens auf ein Bankkonto legen. Der Rest liegt im Ausland, im Tresor oder irgendwo versteckt zuhause. Trotzdem zog Vicens ein positives Jahresfazit für die Kammermitglieder, zu denen auch ausländische Bankhäuser zählen: Ihm zufolge wächst das Kreditvolumen in Argentinien aktuell um 34% p.a. *** Binnenhandelssekretär Guillermo Moreno hat mit den Inhabern der Exportschlachthöfe vereinbart, dass diese eine monatliche Belieferung von 720 t der 13 volkstümlichen Fleischschnitte an kleine und mittlere Supermärkte im Landesinneren sicherstellen. Die Supermärkte sind Mitglieder in der Argentinischen Kam- mer für Supermärkte (CAS) bzw. der argentinischen Föderation der Supermärkte (FASA). Die Vereinbarung orientiert sich an den bestehenden offiziellen Fleischpreisen: 1Kg “Asado” wird zu $ 10,50 gehandelt, “carne picada” zu $ 6,92, “Carnaza común” zu $ 7,65, “Falda” zu $ 5,18, “Vacío” zu $ 12,65, “Bife ancho” zu $ 11,80, “Cuadrada” zu $ 13,14, Paleta zu $ 10,68, Entraña zu $ 11,83, Roastbeef zu $ 10,07, Matambre zu $ 13,12 und “Hueso con carne” zu $ 2,98. *** Textilunternehmer von Argentinien und Brasilien haben sich auf ein Exportkontingent für brasilianische Betttücher, die nach Argentinien geliefert werden, von 650 t für November und Dezember 2010 und 2.100 t für ganz 2011 geeinigt. Ausserdem soll ein Mindestpreis geachtet werden. Geschäftsnachrichten Mercedes Benz Argentina Dieses Unternehmen hat ein Programm für den Verkauf von wenig gebrauchten Automobilen unter dem Namen “Seleccionados Mercedes Benz” in Gang gesetzt. Es handelt sich dabei im Automobile mit weniger als 5 Jahren, die von Mercedes Benz in 83 Punkten streng geprüft und mit neuen Ersatzteilen repariert werden, wobei dann das Netz der Agenturen ein Garantiezertifikat ausstellt. Nobleza Piccardo mit Dunhill Die lokale Tochtergesellschaft von British American Tobacco hat den Vertrieb der Zigarettenluxusmarke Dunhill aufgenommen. Das Paket wird zu $ 7,50 verkauft, 15% über dem Preis der teuersten lokalen Marken. Bis Juli 2010 wurden die Dunhill-Zigaretten nur in den Vereinigten Staaten, Europa und bestimmten asiatischen Ländern vertrieben. Im September wurde die Produktion vom Konzern in Mexiko aufgenommen, wobei die Fabrik in jenem Land jetzt auch Argentinien beliefert. Anfang dieses Jahres hat die Firma auch die Zigarettenmarke Lucky Strike Click & Roll auf den Markt gebracht, was zeitlich mit der Übersiedlung der Fabrik von San Martín, bei der Bundeshauptstadt, nach dem Vorort Pilar übereinstimmt. Denver Farma Dieses Labor hat in der Vorwoche eine neue Fabrik von 10.000 qm bedeckter Fläche im Vorort Garín eingeweiht, das eine Investition von u$s 11 Mio. für den Bau und die Anlagen, und weitere u$s 5 Mio. für den Kauf von Technologie darstellt. Das Fabrikationsprogramm besteht aus Pillen, flüssigen Medikamenten, Cremen, Produkte für Spritzen und für Sprühgeräte. Die Kapazität beläuft sich auf 30 Mio. Einheiten pro Jahr, und die Belegschaft wird bei 200 Personen liegen. Sol Líneas Aéreas Die argentinische Fluggesellschaft mit Sitz in Rosario wird ihre Flotte im nächsten März von 6 auf 8 Flugzeuge aufstocken. Das meldet das Internetmedium Puntobiz. Mit den Kapazitäten sollen dann neue Flugverbindungen nach Bariloche und Neuquén aufgenommen werden. Außerdem prüfe Sol Líneas Aéreas in einer 2. Phase die Einrichtung von Direktflügen, die das argentinische mit dem chilenischen Patagonien (möglicherweise Puerto Montt oder Temuco) verbinden. Aerolíneas Argentinas Die staatliche argentinische Fluggesellschaft wird ab März 2011 wieder Direktflüge zwischen Buenos Aires und Mexiko-Stadt anbieten. Damit wird Mexiko von Aerolíneas Argentinas zum ersten Mal seit April 2008 wieder direkt angeflogen, als die Airline seinerzeit Cancun aus dem Flugplan gestrichen hatte. Die Flüge werden diens- tags, donnerstags und sonntags Ezeiza um 22:10 Uhr verlassen und um 5:10 Uhr in Mexiko-Stadt landen. Vidriería Argentina (Vasa) Die Unternehmensgruppe NSG und die Gesellschaft Gobain haben ein Grundstück in Exaltación de la Cruz (Provinz Buenos Aires, etwa 80 km nördlich der Bundeshauptstadt) gekauft, um dort eine Fabrik zu errichten. Dort wird die von ihnen kontrollierte Vidriería Argentina (Vasa) eine Glasfabrik errichten, die im 1. Quartal 2014 in Betrieb genommen werden soll. Vasa plant in dem neuen Werk täglich 800 t sogenanntes Floatglas zu produzieren, also Flachglas, das im Bau und in der Automobilproduktion Verwendung findet. Beliefert werden Kunden in Argentinien, Uruguay, Paraguay und Bolivien. Loma Negra Die Leitung dieses Unternehmens, der größte Zementproduzent des Landes, kontrolliert von der brasilianischen Camargo Correa, hat bekanntgegeben, dass er unmittelbar u$s 80 Mio. in die Erweiterung seiner Zementproduktion investieren will. Allein u$s 40 Mio. fließen in das Werk in der Provinz Catamarca, mit dem Ziel, die dortige Produktion um 45% zu steigern. Seit Camargo Correa im Jahr 2005 Loma Negra von der Familie Fortabat erworben hatte, haben die Brasilianer einen Investitionsplan von u$s 300 Mio. umgesetzt. Heute besitzt Loma Negra 9 Zementwerke hierzulande, davon 6 in der Provinz von Buenos Aires, und kontrolliert 45% der gesamten Produktion des Landes. Daneben ist die Gesellschaft Besitzer von Ferrosur Roca. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen 2.700 Personen direkt sowie 6.000 indirekt. Die Investition war in einer Audienz mit Präsidentin Cristina Kirchner am Dienstag angekündigt worden, an der ausser den Unternehmensvertretern Ricardo Lima und Juan Rozas Alconada auch Planungsminister Julio de Vido, Wirtschaftsminister Amado Boudou sowie Industrieministerin Débora Giorgi teilgenommen haben. Cencosud Horst Paulmann hat 0,26% des Unternehmens (das die Supermärkte Jumbo, Disco und den Shopping-Center Unicenter besitzt) für u$s 44 Mio. über die Börse von Santiago de Chile verkauft. Er hält somit jetzt 65,3% des Konzerns. Inversiones Bibiloni Diese Investorengruppe wird u$s 150 Mio. in die Errichtung eines neuen Windparks in Villa María (Provinz Cordoba) investieren. Die Anlage mit einer Gesamtleistung von 60 MW wird in Zusam(Fortsetzung auf Seite 15) Seite 16 Sonnabend, 27. November 2010 (Fortsetzung von Seite 14) menarbeit mit der Gesellschaft M. Torres, einem spanischen Hersteller von Windgeneratoren, gebaut. Das Firmenportfolio von Inversiones Bibiloni umfasst bereits den Yacht Club Puerto Madero, die Waldländereien María José in Misiones, die Erdölförderung Lago de Desierto sowie das öffentliche Transportsystem von Salta. Hitachi Der regionale Produktionspartner von Hitachi, Radio Victoria, wird im nächsten Jahr die Produktion von 3D-Fernsehgeräten der Marke Hitachi in ihrer Fabrik in Feuerland aufnehmen. Nach dem Produktionsstart von Sony im August entsteht damit hierzulande eine zweite Produktionsstätte für die modernen TV-Geräte mit dreidimensionalem Bild. Die Hitachi-Produkte, die ab dem 2. Halbjahr 2011 in den argentinischen Handel gelangen, werden mit einem vorinstallierten Empfangsgerät für Digitales Fernsehen und einer Energiespartechnologie ausgeliefert, die im Vergleich zu Flachbildschirmen bis zu 50% weniger Strom verbraucht. Ermöglicht wird das durch die jüngste Entwicklung von S-LED-Panelen, die dunkle Stellen im Fernsehbild sensorisch erkennen und dort die Leuchtdioden nicht wie herkömmlich abdecken, sondern ganz abschalten. Das verbessere nach Unternehmensangaben auch die Bildqualität. Die Ankündigung fand im Rahmen des 100-jährigen Betriebsjubiläums von Hitachi bzw. dem 40-jährigen Kooperationsjubiläums mit Radio Victoria im Hotel Four Season statt, zu dem unter anderm der Vorstand von Hitachi Consumer Electronics, Shutoku Watanabe, aus Japan angereist war. Die Allianz geht davon aus, dass der argentinische TV-Gerätemarkt (2009: 2,6 Mio. verkaufte Einheiten) von einem allgemein bevorstehenden Austausch der Altgeräte in neue digitale Produkte profitieren wird. Sky Airline Die chilenische Fluggesellschaft Sky Airline, kontrolliert von Jürgen Paulmann, will ihr internationales Flugnetz weiter ausbauen und den Mitbewerber LAN auf der wichtigen Strecke Santiago de ChileBuenos Aires herausfordern. Nachdem Sky Airline diese Strecke bereits seit September zweimal am Tag bedient, wird die Airline ihre Frequenz in Kürze auf 4 Flüge pro Tage erhöhen - sobald der Flughafen Jorge Newbury wieder in Betrieb ist. Bereits vergangene Woche hat die Fluggesellschaft Lima in ihr Flugnetz aufgenommen. liert, wird im Januar 2011 ein neues 4-Sterne-Hotel in der Hauptstadt - im Stadtteil Recoleta - unter dem Namen Dazzler Suites Recoleta eröffnen. Das 65 Zimmer-Hotel ist laut Aussage von FënGeschäftsführer Esteban Bluvol nur der Beginn einer Unternehmensexpansion, die 10 neue Hotels mit ca. 1.400 Zimmern bis 2013 vorsieht. Noch 2011 soll die Eröffnung des Dazzler Cervantes, ebenfalls in der Bundeshauptstadt, erfolgen. Weitere Eröffnungen stehen in Campana, Puerto Madryn und Sierra de la Ventana an. In diesem Zusammenhang gab Bluvol bekannt, dass die Zimmerauslastung seiner Häuser (aktuell 17 mit ca. 1.100 Zimmern) in diesem Jahr bei über 85% liegen wird. 40% der Gäste kommen aus Brasilien. SABMiller übernimmt Isenbeck in Argentinien Die deutsche Warsteiner-Brauerei verkauft 100% ihrer örtlichen Biermarke Isenbeck an den britischen Bierbrauer SABMiller. Was die hiesige Produktion und den Vertrieb der Biermarke Warsteiner anbelangt, die bislang über Isenbeck erfolgt waren, erklärte sich SABMiller bereit, diese im Auftrag weiterzuführen. Dagegen war die Weinsparte Orfila, die War-steiner 2005 erworben hatte, nicht Teil des Geschäfts. Warsteiner hatte die Isenbeck-Fabrik 1994 in Zárate (Provinz Buenos Aires) errichtet und seitdem mehr als u$s 200 Mio. investiert. 2009 betrug der Bierausstoß der Marken Isenbeck und Warsteiner in Argentinien 600.000 hl, was einem Marktanteil von 3% bis 4% entspricht. Mit SABMiller betritt ein Brauerei-Riese mit einen weltweiten Umsatz von u$s 26 Mrd. und 150 Getränkemarken in 60 Ländern den argentinischen Markt. Der Konzern war 2002 aus der Fusion der südafrikanischen South African Breweries und der US-Miller Brewing hervorgegangen und hatte sich zudem 2005 die größte kolumbianische Brauerei Bavaria (u.a. mit der Marke Aguila) einverleibt. Über deren Anteile kontrolliert er seitdem als Mehrheitseigner auch die peruanische Backus. PERSONALNACHRICHTEN Geburtstage im Altersheim „Los Pinos“ Espigare Elsa, am 1.12 (86); Grabherr Charlotte, am 3.12 (91); Born Alice, am 4.12 (92); Gulyas Olga, am 04.12 ( 98); Luna Leonor, am 4.12 (91); Sandra Osvaldo, am 4.12 (84); Voet Nicole, am 21.12 (80), Szklarski Eva, am 25.12 (97); Ezcurra Elsa, am 26.12 (83); García Inés, am 28.12 (93). Todesfälle Fën Hoteles Die Hotelkette, die die Dazzler- und Esplendor-Hotels kontrol- Tomascik Ruth, am 29.10; Hammann Ana, am 4.11; Jäkel Elisabeth, am 19.11; Neumann Juana, am 24.11. Seite 17 Sonnabend, 27. November 2010 Ein Geschenk von $ 500 für Empfänger der Mindestpension Am Mittwoch kündigte Präsidentin Cristina Kirchner an, dass die Pensionäre (“jubilados”) und Hinterbliebenenrentner (“pensionados”), die die Mindestrente beziehen, im Dezember einen Zuschuss von $ 500 erhalten. Das betrifft rund 4 Mio. Rentner (83,6% der gesamten Rentnerzahl des nationalen Systems) und kostet die ANSeS etwas über $ 2 Mrd. Dieser Betrag kommt zur halben Rente (“aguinaldo”) hinzu, die auch im Dezember gezahlt wird, die etwa noch einmal so viel darstellt. Die Nachfrage zu Weihnachten und zum Jahresende, auch für Ferienzwecke, wird somit einen gewaltigen Schub erhalten. Die Regierung der Provinz Buenos Aires hat auch bekanntgegeben, dass die Rentner des provinziellen Systems (ehemalige Provinzbeamte) ebenfalls $ 500 erhalten, sofern sie die Mindestpension beziehen. Fast eine Million Rentner, die über der Mindestpension von $ 1.500 liegen, erhalten keinen Zuschuss. Die Kirchner-Regierungen haben von Anfang an den Akzent auf die Mindestpensionen gesetzt, die ab Mai 2003 18 Mal erhöht wurden, was insgesamt bis März 2010 eine Zunahme von 497% (von $ 150 auf $ 895) ergibt. Im Gesamtdurchschnitt sind die Pensionen hingegen nur um 238% (von $ 342,6 auf $ 1.157,3) erhöht worden. Ab März 2010 sind die Mindestpensionen weiter viel stärker als die höheren angehoben worden. Abgesehen davon wurden vor zwei Jahren 2,6 Mio. Personen pensioniert, die das gesetzliche Pensionierungsalter überschritten hatten, jedoch nur einen Teil oder gar keine Beiträge geleistet hatten. Der geschuldete Betrag wurde dann in Raten von der Pension abgezogen. Da dieser Betrag unverändert bleibt, während die Pensionen zwei Mal pro Jahr erhöht werden, macht er prozentuell immer weniger des Pensionsbetrages aus. Gemäss der offiziellen Information erhielten 2005 nur 5 von 10 Menschen, die das Pensionierungsalter überschritten hatten, eine Pension oder Hinterbleibenenrente, während es heute 9 von 10 sind. Das Rentensystem, das als geschlossenes System für diejenigen gedacht war, die die Beiträge während ihres aktiven Lebens geleistet hatten, wurde unter den Kirchners zu einem System der allgemeinen sozialen Unterstützung der älteren Bevölkerungsschichten umgewandelt, also im Grundkonzept geändert. Gesunkener Handelsbilanzüberschuss Das Statistische Amt (INDEC) hat für die ersten 10 Monate 2010 einen Handelsbilanzüberschuss von u$s 11,43 Mrd. ermittelt, gegen u$s 14,45 Mrd. im Vorjahr. Die Importe lagen in 10 Monaten um 44% und die Exporte um 24% über dem Vorjahr. Die Exporte wurden durch die Rekordernte, vor allem von Sojabohne, und auch durch hohe Kfz-Exporte nach Brasilien angetrieben. Bei den Importen setzte eine starke Zunahme bei Eisenerz und Düngemitteln ein, wobei aber die Zubehörteile für Kapitalgüter um 44% zunahmen, was sich besonders auf Teile für Fernsehapparate und Mobiltelefone bezieht, die in Tierra del Fuego zusammengestellt werden. Die Exporte teilten sich in 10 Monaten 2010 folgendermassen auf: Reine Industrieprodukte (MOI) ............................................. 34% Verarbeitete Landwirtschaftsprodukte (MOA) ...................... 33% Rohstoffe (Landwirtschaft und Bergbau) .............................. 24% Brennstoffe und Energie .......................................................... 9% Die Importe teilten sich folgendermassen auf: Halbfabrikate ......................................................................... 32% Kapitalgüter ........................................................................... 21% Zubehör- und Ersatzteile für Kapitalgüter ............................. 19% Konsumgüter ......................................................................... 12% Brenn- und Schmierstoffe ........................................................ 8% Automobile und Omnibusse .................................................... 8% Beim Export von “reinen Industrieprodukten” entfällt ein grosser Teil auf Automobile, Kleinlaster und Lastwagen, die im Rahmen des kompensierten Austausches nach Brasilien geliefert werden. Diese Exporte werden somit durch Importe ausgeglichen. Dieses System bläht somit den Aussenhandel künstlich auf. Beim Import entfallen 40% auf Kapitalgüter plus ihre Zubehörund Ersatzteile. Das ist ein hoher Anteil, der jedoch höher gewesen wäre, wenn der Konflikt mit dem Pariser Klub vorher gelöst worden wäre und somit die grössten Kapitalgüterexporteure weiche Kredite für diese Exporte hätten gewähren können. Multinationale Unternehmen konnten dieses Hindernis durch Garantien ihrer Mutterhäuser überwinden, rein lokale jedoch nicht. Von den Exporten ging 24% des Gesamtwertes nach dem Mercosur. An zweiter Stelle stehen asiatische Pazifik-Staaten (an erster Stelle China) mit 20%, und danach die EU mit 16% und die NAFTA-Staaten mit 9%. Bei den Importen ist der Anteil des Mercosur mit 32% des Gesamtwertes noch höher. Die asiatischen Pazifikstaaten folgen mit 21%, die UE mit 18% und die NAFTA-Staaten mit 15%. Argentinien hat ein Handelsbilanzdefizit mit Brasilien, das mit dem Überschuss gegenüber China u.a. Staaten mehr als ausgeglichen wird. Das versteckte Defizit des Schatzamtes Das Schatzamt weist für Oktober einen Überschuss von $ 778,6 Mio. aus, verglichen mit einem Defizit von $ 3,40 Mrd. im gleichen Vorjahresmonat. Diese Entwicklung ist vornehmlich auf den Abzug eines Teils des Gewinnes der ZB zurückzuführen, der mit $ 3,12 Mrd. als “Renten aus Staatseigentum” aufgeführt wird. Das Schatzamt selber weist im Oktober ein Defizit von $ 586,4 Mrd. aus, das durch den Überschuss von $ 1.099 Mio. der ANSeS und von $ 219,6 Mio. anderer dezentralisierter Ämter zum genannten Überschuss führt. Ohne den Abzug eines Teils des ZB-Gewinnes, der zum grössten Teil rein buchmässig ist (weil er sich aus dem Betrag ergibt, der in Pesos bei den Devisenreserven als Folge der Abwertung entsteht), hätte Oktober somit mit einem Defizit von $ 2,34 Mrd. abgeschlossen. Ebenfalls ist der Überschuss der ANSeS nur entstanden, weil geschuldete Beträge nicht gezahlt werden, auch in Fällen, in denen ein Urteil des Obersten Gerichtshofes vorliegt. Würde die ANSeS die im Fall Badaro verfügte rückwirkende Indexierung bei analogen Fällen anerkennen, bei denen schon Prozese eingeleitet wurden, dann wäre das Defizit der ANSeS sehr hoch. In 10 Monaten weist das Schatzamt einen Überschuss von $ 5,82 Mrd. aus, zu dem auch die ANSeS wesentlich beigetragen hat, und der auch nach Abzug des ZB-Gewinnes zu einem Defizit wird. Die offizielle Information gibt an, dass das sogenannte “primäre” Ergebnis, also ohne Berücksichtigung der Zinszahlungen, im Oktober einen Überschuss von $ $ 3,06 Mrd. ausweist, gegen $ 0,7 Mrd. im gleichen Vorjahresmonat. In 10 Monaten 2010 betrug der primäre Überschuss $ 23,98 Mrd. Daraus ergibt sich, dass die Zinszahlungen in 10 Monaten $ 18,16 Mrd. betrugen. Die Information des Schatzamtes wird immer dürftiger. Die Mitteilung für die Presse enthält keine Zahlen über die Entwicklung der Ausgaben, sondern nur einen allgemeinen Hinweis über hohe Zuschüsse für die Fertigstellung von Atucha II und für Strassenbau. Seite 18 Sonnabend, 27. November 2010 IWF soll bei neuem Preisindex mitwirken Völlig überraschend hat Wirtschaftsminister Boudou am Dienstag angekündigt, die Regierung habe vom Internationalen Währungsfonds technischen Beistand beantragt, um einen neuen Index der Konsumentenpreise auszuarbeiten. Im Gegensatz zum bestehenden, der nur die Bundeshauptstadt und Umgebung (Gross Buenos Aires) umfasst, soll der neue Index auf landesweiter Grundlage berechnet werden. Diese Ankündigung, die zu Lebzeiten von Néstor Kirchner nicht denkbar gewesen wäre, zeugt von einem radikalen Kurswechsel. Boudou wollte schon vor länger Zeit zivilisierte Beziehungen zum Fonds schrittweise wiederherstellen, wurde jedoch bei Äusserungen in dem Sinn sofort von NK zurechtgepfiffen. Dieser hatte aus dem Abbruch der Beziehungen zum Fonds ein Politikum gemacht, und dies als Symbol für die Selbstständigkeit der Regierungsentscheidungen hingestellt. Boudou ist sich bewusst, dass Argentinien eine Annäherung an den IWF braucht, nicht nur um eventuell Geld auf dem freien Kapitalmarkt aufnehmen zu können, sondern auch, damit Unternehmen bei einer Auslandsgeschäften nicht durch das gestörte Verhältnis um IWF behindert werden, das einen Schatten auf die argentinische Wirtschaft wirft. In diesem Sinn ist auch die Unterredung, die er in Begleitung von Aussenminister Timerman mit hohen Fondsbeamten in der Vorwoche in Washington hatte, ein deutliches Zeichen. Die Beibehaltung des jeden Monat gefälschten Preisindices des INDEC ist international ein Skandal, und Boudou ist sich gewiss bewusst, dass dies nicht fortgesetzt werden kann. Der Fonds würde dies bei einer Revision der argentinischen Finanzen sofort beanstanden, und Argentinien läuft Gefahr, aus der Gruppe der G20 ausgeschlossen zu werden. Fünf nationale Universitäten hatten schon vor über einem Monat ein Gutachten ihrer Fachleute abgegeben, in dem sie den offiziellen Index beanstanden, und zwar mit sehr konkreten Daten und Argumenten. Boudou hatte sich zunächst geweigert, die Vertreter der Uni- versitäten zu empfangen, nachdem sie vorher durch ein Dekret, das seiner Initiative entstammt, beauftragt worden waren, diese Arbeit zu verrichten. Erst letzten Donnerstag, nach über einem Monat, empfing er sie und nahm den Bericht offiziell entgegen, ohne sich über das Thema zu äussern. Die Vertreter der Universitäten fordern eine Zusammenkunft mit Fachleuten des INDEC (eventuell auch anderen), um ihre kritische Analyse vorzulegen. Das werden sie jetzt voraussichtlich mit den IWF-Delegierten tun können. Der Wirtschaftsminister befürchtet offensichtlich, dass die harte Kritik der Universitäten politisch hochgespielt wird und der Regierung in diesem Sinn schadet. Bei Einschaltung des IWF und Ausarbeitung eines völlig neuen Indices, fällt die Kritik am bestehenden Index unter den Tisch. Die Mitwirkung des Fonds soll eine Garantie für einen technisch korrekten Index sein, der allgemein als solcher anerkannt wird. Sehr wahrscheinlich wird der neue Index ab Anfang 2011 berechnet, wobei die Jahre 2007,08,09 und 10 nicht revidiert werden. Das wäre rein technisch schwierig, da die Unterlagen, nämlich die Preiserhebungen für Produkte, die in diesen Jahren nicht mehr berücksichtigt wurden, nicht vorhanden sind. Somit würde eine vierjährige Lücke verbleiben, was Probleme bei Preisvergleichen stellt, die sich auf mehrere Jahre beziehen. Auf diese Weise wird auch der Betrug nicht beseitigt, der an den Inhabern von Staatspapieren in Pesos mit CER-Berichtigung verübt wurde, durch den der Staat einen Betrag von etwa u$s 2 Mrd. gespart hat. Denn der CER-Koeffizient (“coeficiente de estabilización de referencia”) wird auf der Grundlage des Indices der Konsumentenpreise berechnet, bei einer geringen Verschiebung, die mittelfristig das Ergebnis nicht verändert. Die Inhaber dieser Bonds können somit hoffen, zumindest ab nächstem Jahr nicht mehr weiter betrogen zu werden. Über die Vorjahre können sie dann Prozesse gegen den Staat führen, wobei ihnen das Gutachten der Universitäten und in Zukunft wohl auch das des IWF gute Argumente liefern. WIRTSCHAFTSÜBERSICHT Ohne Haushaltsgesetz für 2011 Die Regierung konnte ihr Projekt für den Staatshaushalt im Jahr 2011 im Parlament nicht durchsetzen. Die Opposition wollte Änderungen einführen, aber die Präsidentin Cristina Kirchner hatte die Anweisung erteilt, dass kein Komma geändert werden dürfe. Die radikale Fraktion schlug vor, ausserordentliche Sitzungen einzuberufen, um eine Kompromisslösung zu erreichen, doch die Regierung ging auf diesen vernünftigen Vorschlag nicht ein. Der Minimalkompromiss hätte darin bestanden, dass der Regierungsvorschlag angenommen wird, aber mit einem Zusatzartikel, in dem bestimmt wird, dass Staatseinnahmen, die das budgetäre Plansoll übersteigen, vom Parlament in Rahmen eines Zusatzbudgets verteilt werden. Doch gerade das will die Regierung nicht: denn sie rechnet mit viel höheren Einnahmen, die sie dann zum Teil nach politischen Kriterien verteilen kann, was in einem Wahljahr von grosser Bedeutung ist. Es wird davon ausgegangen, dass je nach Ausmass der Inflation, des Wachstums des BIP, der Ernte von Getreide und Ölsaat des Jahres 2011 und Weltmarktpreise für Sojabohne, Mais u.a. Exportcommodities, der Überschuss zwischen $ 50 und $ 100 Mrd. liegen wird. Doch auf der anderen Seite kommen Gehaltserhöhungen u.a. im Voranschlag nicht berücksichtigte Ausgaben hinzu, die eventuell (besonders wenn die Gehaltserhöhungen aus den Fugen geraten) höher als der zu erwartende Überschuss der laufenden Einnahmen sind. Ohnehin ist der Betrag, den die Regierung für zahlreiche kleinere öffentliche Investitionen aufwenden kann, die viele Bürgermeister befürworten, mit denen Néstor Kirchner Politik betrieb, dieses Mal wegen der starken Beanspruchung der Staatsfinanzen durch Yacyretá und Atucha II beschränkt. Die für 2011 vorgesehene Erhöhung des Yacyretá-Pegels auf 83 Meter, mit einer viel höheren Leistung des Kraftwerkes, und die Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes Atucha II haben erste Priorität, und das kann nicht anders sein, da beide Objekte sich in der Endphase befinden. Nebenbei bemerkt: über die Gesamtkosten dieser beiden Megaobjekte gibt es keine offizielle Information, wobei sie auch die Opposition nicht fordert. Yacyretá dürfte schliesslich über u$s 12 Mrd. kosten, wobei es bei guter Planung und termingemässer Durchführung u$s 4 bis u$s 5 Mrd. hätten sein sollen. Bei Atucha II gelangt man auf etwa u$s 5 Mrd., etwa doppelt so viel wie es hätte sein sollen. Die überhöhten Kosten öffentlicher Investitionen, die ein allgemeines Phänomen sind und im Wesen auf Mangel an Planung, Streckung der Bauzeiten, ständigen Unterbrechungen u.dgl. beruhen, und zum geringeren Teil auf Korruption, sind ein Thema, für das sich das Parlament auch interessie(Fortsetzung auf Seite 18) Sonnabend, 27. November 2010 (Fortsetzung von Seite 17) ren sollte. Denn hier werden jährlich Milliarden Dollar vergeudet. Die bestehende gesetzliche Ordnung sieht eine Lösung für den Fall vor, dass das Haushaltsgesetz nicht oder mit Verspätung verabschiedet wird, wie es schon oft geschehen ist. Die Ausgaben richten sich dann nach den Beträgen, die im vorangehenden Budget vorgesehen sind, wobei sie voraussichtlich wertberichtigt werden. Doch die Regierung kann auf dieser Grundlage bestimmte neue Ausgaben nicht durchführen. Das soll dann durch Notstandsdekrete oder eventuell durch Sondergesetze gelöst werden. Bei Gesetzen, die bestimmte Provinzen oder Tätigkeiten begünstigen, kann die Regierung dabei auch mit Oppositionsstimmen rechnen. Formell ist die Staatsverwaltung ohne Budget für das Jahr 2011 komplizierter. Aber im Grunde erhält die Regierung dabei einen grösseren Entscheidungsspielraum, den sie politisch nutzen kann. Die Opposition hat es bisher versäumt, auf die Budgetproblematik einzugehen. Der Vorschlag einer Oppositionsfraktion, dem Haushalt die Erhöhung der Mindestpensionen auf 82% des Mindestlohnes, plus einer gewaltigen Erhöhung der höheren Renten, einzuverleiben, ist rein demagogisch. Es geht grundsätzlich um etwas anderes, nämlich um die Prüfung der einzelenen Posten der laufenden Ausgaben, um Festsetzung von Prioritäten bei den Staatsinvestitionen, um das Besteuerungsystem und schliesslich um die Aufteilung des Erlöses der nationalen Steuern zwischen dem Nationalstaat und den Provinzen, und dann unter diesen. Die einzelnen Deputierten und Senatoren, und auch ihre Berater, sind nicht in der Lage, diese Arbeit zu verrichten. Sie müssen Wirtschaftsforschungsinstitute, wie FIEL, verpflichten. Einzelheiten des Budgets In diesem Sinn haben private Wirtschaftler eine Budgetanalyse unter dem Namen PEESPA (Programa de Estudios de la Economía del Sector Público Argentina) ausgearbeitet, unter Leitung von Guillermo Sandler (Professor für Staatsfinanzen an der nationalen Universität und ehemaliger Beamter der Budgetabteilung des Schatzamtes), die auf wichtige Aspekte des Haushaltes hinweist. Halten wir folgende fest: Während für die öffentliche Verwaltung mehr oder weniger detaillierte Ausgaben vorgelegt werden, bestehen gegenwärtig 12 Treuhandfonds, die für 2010 Einnahmen und Ausgaben von $ 13,96 Mrd. aufweisen, die 2011 auf $ 29,25 Mrd. steigen. Über diese Ausgaben wird nur global berichtet. Ebenfalls sind verschiedene Ämter nicht im Budget eingeschlossen, an erster Stelle die AFIP. Bei diesen waren im Budget für 2010 Einnahmen und Ausgaben für $ 27,99 Mrd. vorgesehen, die im Voranschlag für 2011 auf $ 62,75 Mrd. steigen. Ein derartiger Sprung verdient eine eingehende Erklärung, die nicht geboten wird. Für Staatsunternehmen waren für 2010 ursprünglich Zuschüsse in Höhe von $ 17,67 Mrd. vorgesehen, die dann im Laufe des Jahres auf $ 37,88 Mrd. erhöht wurden. Für 2011 sind $ 53,23 Mrd. vorgesehen. Auch diese Ausgaben verdienen eine nähere Prüfung. Das Parlament hat ein Budget von $ 2,25 Mrd., und zählt insgesamt mit 11.731 Beamten. Jeder der 72 Senatoren gibt monatlich $ 712.963 aus, und hat 56 Beamte. Jeder Deputierte kann $ 288.568 pro Monat ausgeben und 20 Beamte haben. Bei diesen Mitteln sollte u.a. eine eingehendere Studie des Budgets möglich sein, ebenfalls Sonderstudien über Staatsinvestitionen u.a. Themen. Deputierte und Senatoren müssten sich allerdings dann darum kümmern, dass es unter diesen Beamten auch solche gibt, die fähig sind, derartige Studien durchzuführen. Die Bibliothek des Kongresses hat ein Jahresbudget von $ 190 Mio. und zählt über 1.130 Beamte. Zum Vergleich: die Nationalbib- Seite 19 liothek (die unverhältnismässig grösser ist und viel mehr Besucher hat) hat ein Jahresbudget von $ 57 Mio. und zählt 201 Beamte. Die Druckerei des Kongresses hat ein Jahresbudget von $ 79 Mio. und eine Belegschaft von 502 Menschen, wobei für Papier und Tinte nur $ 727.000 vorgesehen sind. Das bedeutet, dass 99,1% des Budgets für Personalausgaben bestimmt ist. Diese technologisch veraltete Druckerei ist völlig überflüssig; die Arbeit kann von privaten Unternehmen unverhältnismässig billiger und besser erledigt werden. Wenn man den Umfang der Druckereierzeugnisse am Verbrauch von Papier und Tinte misst, dann sollten die Drucksachen des Kongresses jährlich etwa $ 2 Mio. kosten, so dass $ 77 Mio. gespart würden. Das Amt des Kabinettschefs sollte sich, wie es bei dessen Schaffung im Rahmen der Verfassungsreform von 1994 vorgesehen war, nur mit der Koordinierung der verschiedenen Ministerien und bestimmter Ämter, der legalen Beratung des Präsidialamtes und der Legalitätskontrolle, sowie mit der Beziehung der Regierung zum Parlament befassen. Der Kabinettschef sollte grundsätzlich den Präsidenten entlasten. In seiner gegenwärtigen Struktur schliesst dieses Amt eine Kommission für Einsatz von Boden für soziale Wohnung ein, sowie ein Sekretariat für Staatsverwaltung, das Sekretariat für Medien, das Institut für die Staatsverwaltung, eine Abteilung für Berater, ein Komitee für die Durchführung des Plans für die Sanierung des Matanza-Beckens und des Riachuelo-Flusses, ein Sekretariat für Umweltpolitik, ein Unterstaatssekretariat für Förderung der haltbaren Entwicklung und eines für Umwelpolitik und -kontrolle. Ausserdem schliesst das Amt das föderale Komitee für Rundfunk und Fernsehen ein. Das Jahresbudget beträgt $ 3,06 Mrd., mit 1.785 Beamten. Der grösste Teil dieser Funktionen sollte auf die zuständigen Ministerien entfallen. Das Verteidigungsministerium zählt mit einem Budget von $ 15,16 Mrd. und 102.627 militärischen und zivilen Beamten. Bei der geringen Tätigkeit, die die Streiträfte gegenwärtig haben, erscheint dies als hoch. Mit einer Vereinheitlichung der oberen Führung der drei Teilstreitkräfte und der Ausbildungsinstitute könnte viel gespart werden. Wir sind der Meinung, die Streitkräfte sollten sich mit der Drogenbekämpfung befassen, da die Polizei bei dieser Tätigkeit überfordert ist. Damit könnte die grosse Struktur der Streitkräfte nützlich eingesetzt werden. Das Erziehungsministerium hat ein Budget von $ 19,96 Mrd. und zählt 1.447 Beamte. Vom Budget werden $ 13,81 Mrd. für die Universitäten abgezweigt, die autonom sind (also dem Ministerium nicht unterstehen). $ 3 Mrd. werden für den Förderungsfonds für Lehrkräfte eingesetzt, mit dem ein Zusatzgehalt gezahlt wird. Ursprünglich (1999) sollte dieser Fonds nur für Lehrkräfte gezahlt werden, die sich weiter ausbilden und/oder an Schulen tätig sind, die ein gutes Erziehungsniveau ausweisen. Das wurde von der Lehrergewerkschaft CTERA verhindert. Nachdem sowohl die Primarschulen wie die Sekundarschulen und auch die technischen Schulen an die Provinzen (einschliesslich Stadt Buenos Aires) übertragen wurden, erscheint das Erziehungsministerium als aufgebläht. Das Ministerium für Wissenschaft, Technologie und produktive Erneuerung zählt mit einem Budget von $ 2,57 Mrd. und verfügt über 9.992 Beamte. Doch $ 1,57 Mrd. werden auf das Institut Conicet (“Consejo nacional de investigaciones sobre ciencia y tecnología”) übertragen, das die eigentliche Forschungsarbeit verrichtet, wobei beim Ministerium nur 546 Beamte verbleiben. Logisch wäre eine Vereinheitlichung mit dem Erziehungsministerium. Das Ministerium für föderale Planung, öffentliche Investitionen und Dienste, hat ein Budget von $ 54,05 Mrd. und zählt mit 11.162 Beamten. Die Ausgaben werden im Budget global angegeben, soll(Fortsetzung auf Seite 19) Seite 20 Sonnabend, 27. November 2010 (Fortsetzung von Seite 18) ten jedoch näher erläutert werden. Ein grosser Teil der Ausgaben könnte durch Privatisierung und “Outsourcing” abgeschafft oder auf alle Fälle stark verringert werden. Dieses Ministerium schliesst auch die Direktion der Militärfabriken ein, die bis vor einem Jahrzehnt dem Verteidungsministerium unterstellt war. Obwohl der grösste Teil der Unternehmen (und vor allem die wichtigen, wie das Stahlwerk Somisa, heute Siderar) dieses Konzerns unter Menem privatisiert wurde, fehlen noch einige, wobei auch Gebäude (wie das zentrale Verwaltungsgebäude an der Cabildo und das des daneben liegenden geographischen Institutes) ver-äussert werden könnten. Das Gesundheitsministerium zählt über ein Budget von $ 7,39 Mrd. und 7.777 Beamte. Die Hospitäler wurden in den 90er Jahren auf die Provinzen übertragen, so dass nur spezialisierte Institute direkt vom Nationalstaat abhängen. Die Struktur des Ministeriums erscheint aufgebläht. Das Ministerium für soziale Entwicklung hat ein Budget von $ 18,97 Mrd. und 2.009 Beamte. Dieses Ministerium sollte mit dem Gesundheitsministerium vereinheitlicht werden, da sich bestimmte Tätigkeiten überschneiden. Im Einzelnen gibt es noch viel mehr Aspekte des Budgets, die beanstandet werden können, wie die Tatsache, dass für 2011 eine Zunahme der Beamtenzahl des Nationalstaates von 7,5% vorgesehen ist, die schwer zu rechtfertigen ist. Bei Anwendung der Methodologie des Nullbudgets (bei der der Staatshaushalt von Null auf aufgebaut wird, statt auf dem Vorangehenden, womit die strukturellen Fehler beibehalten werden), könnten die Ausgaben bestimmt stark verringert werden. Es besteht jedoch weder bei der Regierung, noch im Parlament, ein politischer Wille in diesem Sinn. Der verwaltete Import Die Industrieministerin Debora Giorgi erklärte, dass die Anwendung der “nicht automatischen Importlizenzen” dieses Jahr erlaubt habe, Importe im Wert von u$s 9,2 Mrd. zu ersetzen. “Die Importe liegen dieses Jahr unter dem Stand von 2008, obwohl die wirtschaftliche Tätigkeit um etwa 10% zugenommen hat”, sagte die Ministerin. Sie wies darauf hin, dass die Anwendung dieses Instrumentes entscheidend für die Entwicklung von Bereichen gewesen sei, die “sensibel” gegenüber Importen seien, wie Schuhe, Spielzeug, Textilien und Haushaltsartikel (Eisschränke, Waschmaschinen u.a.). Auch bei anderen, die nicht als “sensibel” eingestuft werden, wie Landmaschinen und Kapitalgüter im allgemeinen, wurde im Land seit Anwendung der Lizenzen die Fabrikation von Produkten aufgenommen, die vorher importiert wurden. Giorgi gab die Liste der Sektoren bekannt, die am meisten zum Prozess der Importsubstitution beigetragen haben. An erster Stelle liege die Kfz-Industrie (einschliesslich Zulieferanten), die das Defizit ihrer sektoriellen Handelsbilanz in 9 Monaten 2010 um u$s 600 gegenüber dem Vorjahr verringert habe. Auch die Elektronik habe einen Erfolg dieser Art aufgewiesen, mit einer starken Expansion in Tierra del Fuego. Dieses Jahr seien laut Giorgi 11 Mio. Paar Schuhe weniger importiert und 5 Mio. Paare mehr lokal erzeugt worden, womit Argentinien zum zehntgrössten Schuhfabrikanten der Welt aufgestiegen ist. Die Textilindustrie werde dieses Jahr u.a. dank der Importlizenzen um etwa 10% wachsen. Diese Genehmigungen, die bei Importen bestimmter Produkte in jedem Einzelfall eingeholt werden müssen, haben keine legale Grundlage und verstossen gegen die Regelung der Welthandelsorganisation, der sich Argentinien angeschlossen hat, die sie nur für eine Periode von bis zu 60 Tagen zu Kontrollzwecken (bei Waren, bei denen Zweifel über die Art und Qualität besteht) zulässt, aber nicht als Instrument der Importverwaltung. Diese Importbehinderung wurde von der EU, China u.a. Staaten beanstandet und im Fall von China vor einigen Monaten mit der Repressalie beantwortet, dass der Import von argentinischen Sojaöl nicht zugelassen wurde. Ein geharnischter Protest ist auch bei den Verhandlungen Mercosur-EU aufgekommen. Argentinien kann unter diesen Umständen keinen guten Willen von der EU für die Liberalisierung von Importen landwirtschaftlicher Produkte erwarten. Das Problem hat sich dieses Jahr dadurch entschärft, dass der lokale Konsum stark gewachsen ist, so dass der Import die lokale Produktion nicht beeinträchtigt, und auch weil die Lieferanten aus dem Ausland bei Kenntnis einer langen Verzögerung der Zollabfertigung, die Exporte verringert haben, um den Schaden zu vermeiden, den sie dabei erleiden, der in hohen Lagerungsgebühren beim Zollamt und Zinsen besteht. In vielen Fällen wird vor den Lieferungen Auskunft im Industrieministerium über die Verzögerung eingeholt, die bei den “nicht automatischen Lizenzen” besteht. Und wenn diese dahingehend lautet, dass der Import bestimmter Waren wochen- und monatelang verzögert wird, wird von der Lieferung Abstand genommen. Es wird zunehmend schwieriger, ein willkürliches System, wie es das der “nicht automatischen Importlizenzen” ist, beizubehalten. Dass ein illegales System gelegentlich und zeitlich befristet angewendet wird, ist eine Sache; aber dass es als normale Dauermethode betrachtet wird, eine andere. Hinzu kommt jetzt noch die Tatsache, dass der gegenüber der Enwicklung der internen Preise und Löhne stark zurückgebliebene Wechselkurs die importierten Produkte relativ zu den lokal erzeugten verbilligt, was den Import anspornt. Man kann somit erwarten, dass deswegen in höherem Ausmass zu diesem Genehmigungssystem gegriffen wird. Beim Handel mit Brasilien wurden vor Jahren schon freiwillige Importkontingente mit den brasilianischen Unternehmerverbänden vereinbart. Das ist eine pragmatische Lösung, wobei jedoch auch dies von den argentinischen Behörden zum Teil nicht eingehalten wurde, da auch bei Importen innerhalb der vereinbarten Kontingente die nicht automatischen Lizenzen angewendet wurden. Wie weit Kontingente für Waren aus China, die in vielen Fällen den Konfliktfall darstellen, vereinbart werden können, sei dahingestellt. Kontingente sind in der WHO-Ordnung nur als Ausnahme zugelassen, werden jedoch in einigen Fällen permanent angewendet, wie es die USA bei Rindfleisch, Käse und Erdnuss tun. Die argentinische Regierung müsste sich auf alle Fälle gegenüber der WHO um eine Erweiterung der Zulassung von Importkontingenten bemühen. Das wird indessen nicht getan. Diese Regierung hat eben willkürliche Entscheidungen, die keine gesetzliche Grundlage haben, zur Regel gemacht (sozusagen als Bestandteil des “Modells”) und bisher keine Anzeichen gegeben, dass sie dies zu ändern gedenkt. Zum Schluss noch eine Bemerkung: Argentinien weist dank Sojabohne (hohe Ernten und hohe Weltmarktpreise zugleich) einen strukturellen Handelsbilanzüberschuss auf. Unter diesen Umständen lehnen andere Staaten diese willkürliche Importbeschränkung noch mehr ab, die es ihnen nicht erlaubt, das Defizit mindestens zum Teil auszugleichen. Das ist ein Konfliktstoff erster Ordnung.